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«Heimat» ischt: s'Lebe i öserem Land - Heimatschutz AR

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«Prüfet alles und behaltet das Beste»<br />

Der Teufener Kirchturm mit dem schlanken Spitzhelm wächst 65 Meter in den<br />

Himmel und wird nur vom Hundwiler Kirchturm überragt. Drinnen überrascht<br />

ein eleganter Festsaal – offen, licht, säulenfrei.<br />

Hans Ulrich Grubenmann übernahm den Bau (1776-1779) nur unter der<br />

Bedingung, «dass man was baufällig niederreisse». Ein unprovinzieller Elan<br />

zeichnete ihn aus, ein Wille zum Weitgespannten, zum Leichten, Schwebenden.<br />

Er baute die kühnsten Brücken, die prächtigsten Kirchen. Letztes Jahr,<br />

zum 300. Geburtstag, ermunterte Ludwig Hasler in seiner Festrede, den<br />

Baumeister nicht nur zu verehren, sondern ihn ernst zu nehmen, etwas von<br />

seiner Mentalität in der eigenen fortzupflanzen, seinen Geist in die Gegenwart<br />

zu retten. Also: «mehr Stolz, mehr Selbstbewusstsein, mehr Schwung,<br />

mehr Beschwingtheit».<br />

Zwar trifft man von Schönengrund bis Lutzenberg viel einstigen Schwung:<br />

Kirchen, Dorfplätze, Gassen, vorbildlich restaurierte Ortsbilder. Daneben<br />

verlottert Altes und lieblos Neues. Jedenfalls stellt sich die Frage auf<br />

Schritt und Tritt: Wo blieb das einst untrügliche Gefühl der Zimmermannsleute<br />

für Proportionen, Formen, Materialien? Wo weht noch ein Hauch<br />

von Grubenmanns Geist?<br />

Er weht! Am Zeichentisch des Herisauer Holzbauingenieurs Hermann Blumer<br />

zum Beispiel. Entwickelte ein geniales Verbindungssystem für Holztragwerke.<br />

Ein Passionierter, Tüftler, Erfinder. Löst scheinbar Unlösbares. Überspannte<br />

das Museum Centre Pompidou im französischen Metz mit einem<br />

spektakulären Dach. Die geschwungene 8000-Quadratmeter-Fläche setzt<br />

sich aus sechseckigen Modulen zusammen wie das Rohrgeflecht eines chine-<br />

Was bedeutet mir<br />

<strong>Heimatschutz</strong>?<br />

06 Juni<br />

sischen Huts. Das hölzerne Ereignis gipfelt in einer Höhe von 77 Metern,<br />

der sechseckige Komplex erinnert an ein gigantisches Zirkuszelt. Ein plastisches<br />

Abenteuer auch die Dachkonstruktion für ein Golf Resort in Südkorea:<br />

himmelwärts strebende Baumstruktur mit ineinander laufenden Baumkronen.<br />

Laut Blumer sind die Grenzen für Spannweiten und Höhen längst<br />

nicht erreicht.<br />

Solche Bauten mögen ein paar Nummern zu gross sein für appenzellische<br />

Verhältnisse. «Auf das Kleine und Echte sind wir stolz», schreibt <strong>Land</strong>ammann<br />

Jakob Brunnschweiler in der jüngsten Imagebroschüre. Klingt nicht<br />

nach Grubenmann. Doch auch Brunnschweiler – Ingenieur und Präsident<br />

der Grubenmann-Stiftung – fordert mehr Mut, alte Häuser abzureissen,<br />

Neues zu bauen – wider denkmalpflegerische Ängste, kulturelle Identität<br />

einzubüssen.<br />

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Identität, Heimat sind nicht nur an Vertrautes<br />

gekoppelt. Die Welt ist eine andere – das Appenzellervolk hat sich<br />

mit ihr gewandelt. Salomon Schlatter, Architekt und erster Grubenmann-<br />

Forscher, lobte 1922 in seiner Schrift über das Appenzellerhaus die alten<br />

Baumeister, die fremde Formen «in weiser Auswahl ins gut Appenzellische»<br />

übersetzten. Zu beurteilen sei einzig, ob das Neue «zu uns passt<br />

und sich unserem Bau- und <strong>Land</strong>escharakter einfügen lässt». Und zwar<br />

nicht nach dem Motto «Mer wönd nütz Neu’s, oms Guggers nüd», sondern<br />

nach demjenigen «Prüfet alles und behaltet das Beste.»<br />

Franziska Schläpfer<br />

H E I M AT S C H U T Z BETRACHTUNG<br />

Stefan Frischknecht,<br />

Gemeindepräsident<br />

Urnäsch<br />

Zu unserer Umgebung gehören die <strong>Land</strong>schaft und<br />

deren Bebauung, deren Gestaltung durch die Art<br />

der Bepflanzung sowie die Gebäude, die in ihr eingebettet<br />

sind. Das Hauptthema, um das sich der<br />

<strong>Heimatschutz</strong> kümmert, ist die Baukultur, also die<br />

Geschichte und Entwicklung von orts- und regionaltypischen<br />

Gebäuden.<br />

Heimat ist für mich da, wo ich mich wohlfühle, wo<br />

ich mich auskenne. Dazu gehört die Umgebung<br />

mit all ihren Inhalten, der <strong>Land</strong>schaft mit ihrer Bebauung,<br />

die «heemeligen» Gebäude ebenso wie<br />

die tiefgrünen Wälder und Wiesen. Der <strong>Heimatschutz</strong><br />

versucht, Hausbesitzer zum Erhalt und zur<br />

Pflege von typischen Gebäudeteilen zu motivieren<br />

und hilft mit, Wege dafür zu finden. Das gilt auch<br />

für Gebäudegruppen, die als gewachsene Einheit<br />

wahrgenommen werden.<br />

Prägende Häuserzeilen mit<br />

«Grubenmannkirche» in Teufen<br />

<strong>Heimatschutz</strong> erachte ich auch als Gratwanderung.<br />

Nicht alles, was alt ist, ist automatisch schützenswert.<br />

Jede Generation muss innerhalb eines gewissen<br />

Rahmens die Möglichkeit haben, die vorhandene<br />

Bausubstanz geänderten Begebenheiten anzupassen<br />

und zeit- und bedürfnisgerechte<br />

Neuerungen vornehmen können.<br />

In diesem Sinn betrachte ich die Feriendorfsiedlung<br />

in Urnäsch – modern, funktional, der Topografie<br />

des Baugrundstückes ideal angepasst und erst<br />

noch aus einheimischem Holz erbaut – als gelungenes<br />

Beispiel.<br />

Die Festlegung, wo wie weit angepasst und umgestaltet<br />

werden kann, ist eine sehr delikate, aber<br />

auch ungeheuer wichtige Aufgabe. Dafür wünsche<br />

ich dem jubilierenden <strong>Heimatschutz</strong> weiterhin viel<br />

Fingerspitzengefühl.<br />

Seiten 14/15<br />

<strong>«Heimat»</strong> <strong>ischt</strong>:<br />

mini Gmänd<br />

prägende Gebäude wie Kirche,<br />

Schulhaus usw.<br />

06 Juni<br />

06 Waldstatt 06 Wald<br />

06 Urnäsch 06 Teufen 06 Grub<br />

06 Herisau 06 Bühler 06 Heiden<br />

06 Schwellbrunn 06 Gais 06 Wolfhalden<br />

06 Hundwil 06 Speicher 06 Lutzenberg<br />

06 Stein 06 Trogen 06 Walzenhausen<br />

06 Schönengrund 06 Rehetobel 06 Reute

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