Schwerpunktthema - stiftung scheuern
Schwerpunktthema - stiftung scheuern
Schwerpunktthema - stiftung scheuern
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die christliche Patientenvorsorge<br />
Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen,<br />
auf dass wir klug werden.<br />
(Psalm 90,12)<br />
von Pfarrerin Andrea Beiner<br />
Die Angst vor einem langen Leiden zum<br />
Ende des Lebens und vor möglicherwei‑<br />
se damit einhergehenden würdelosen<br />
Begleiterscheinungen hat in den vergangenen<br />
Jahren neue Instrumente hervorgebracht, die in<br />
dem Fall, dass der Mensch seine Angelegenhei‑<br />
ten nicht mehr selbst regeln kann, Ärzten, An‑<br />
gehörigen oder anderen vertrauenswürdigen<br />
Menschen eine Hilfe an die Hand geben, um in<br />
seinem Sinne für ihn zu entscheiden: die Patien‑<br />
tenverfügung, die Betreuungsverfügung und<br />
die Vorsorgevollmacht.<br />
In der Patientenverfügung kann der Mensch,<br />
wenn er sich im Vollbesitz seiner geistigen Kräf‑<br />
te befindet, für den Fall einer späteren Einwilli‑<br />
gungsunfähigkeit, seine Wünsche in Bezug auf<br />
eine medizinische Behandlung, Nichtbehand‑<br />
lung oder Behandlungsbegrenzung angesichts<br />
einer aussichtslosen Erkrankung in der letzten<br />
Lebensphase oder bei nicht behebbarem Aus‑<br />
fall lebenswichtiger Funktionen des Körpers äu‑<br />
ßern. Eine einmal aufgesetzte Patientenverfü‑<br />
gung sollte regelmäßig durch Datum und Unter‑<br />
schrift bestätigt werden und von Zeugen oder<br />
einem Notar beglaubigt werden. Außerdem<br />
sollten Angehörige und der Hausarzt über die<br />
Abfassung einer solchen Verfügung informiert<br />
sein.<br />
Da jeder medizinischen Behandlung ein Be‑<br />
handlungsvertrag (auch mündlich abzuschlie‑<br />
ßen) zugrunde liegt, bei dem der Patient die Zu‑<br />
stimmung zu dieser erteilen muss, wird eine Pa‑<br />
tientenverfügung als Willensäußerung des Pati‑<br />
enten im Falle, dass er sich selbst nicht mehr<br />
äußern kann, von den Ärzten akzeptiert.<br />
Auch die Betreuungsverfügung und die Vorsor‑<br />
gevollmacht, aufgesetzt in gesunden Tagen, die‑<br />
nen dazu, im Sinne der Selbstbestimmung eine<br />
schriftliche Willenserklärung abzugeben für den<br />
Fall der späteren Einwilligungsunfähigkeit.<br />
In der Betreuungsverfügung wird dem Vor‑<br />
mundschaftsgericht ein zukünftiger Betreuer<br />
vorgeschlagen, der im Fall der eintretenden Ein‑<br />
willigungsunfähigkeit für den betroffenen Men‑<br />
schen entscheiden soll. Mit der Vorsorgevoll‑<br />
macht wird ein Mensch, der den Willen dessen,<br />
der sie ausstellt, gut kennt, dazu befugt, im Fal‑<br />
le, dass der Vollmachtsgeber sich nicht mehr äu‑<br />
ßern kann, Entscheidungen im Sinne des Voll‑<br />
machtgebers zu treffen.<br />
Alle drei Instrumente sollen davor schützen,<br />
dass derjenige, der sie nutzt, bei Eintritt der<br />
Einwilligungsunfähigkeit in seinem Recht auf<br />
Selbstbestimmung übergangen wird, da er sich<br />
selbst nicht mehr gegen unerwünschte Über‑<br />
griffe anderer auf seine Person wehren kann.<br />
In den letzten Jahren haben die unterschied‑<br />
lichsten Organisationen wie Hospizvereine, Ärz‑<br />
tekammern u. a. Formulare für Patientenverfü‑<br />
gungen erstellt. Die Nachfrage ist enorm. Das<br />
zeigt, dass erstaunlich viele Menschen bereit<br />
sind, über ihr Sterben, wie sie es sich wünschen,<br />
und was auf gar keinen Fall geschehen soll,<br />
nachzudenken.<br />
Im Sommer 1999 haben die Deutsche Bi‑<br />
schofskonferenz und der Rat der Evangelischen<br />
Kirche in Deutschland in Verbindung mit den<br />
übrigen Mitglieds‑ und Gastkirchen der Arbeits‑<br />
gemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutsch‑<br />
land eine Handreichung und ein Formular für<br />
eine christliche Patientenverfügung herausge‑<br />
geben, da sie der Überzeugung sind, dass Gott,<br />
der uns das Leben geschenkt hat, den Menschen<br />
befähigt, sein Leben – auch in der letzten Phase<br />
– verantwortlich und selbstbestimmt zu gestal‑<br />
ten. Seither sind Handreichung und Formular<br />
zweimal überarbeitet worden.<br />
Formen aktiver Sterbehilfe werden in dieser<br />
Patientenvorsorge ausdrücklich abgelehnt. Der<br />
Unterschied zwischen aktiver und passiver Ster‑<br />
behilfe liegt darin, dass bei der aktiven Sterbe‑<br />
hilfe ein Mensch gezielt getötet wird (z. B. durch<br />
eine Tablette oder eine Infusion), während die<br />
passive Sterbehilfe auf ein menschenwürdiges<br />
Sterben abzielt durch den Verzicht auf eine le‑<br />
bensverlängernde Behandlung bei einem un‑<br />
heilbar kranken Menschen, der sich im Sterben<br />
befindet. Indirekte Sterbehilfe wird geleistet,<br />
wenn tödlich Kranken schmerzlindernde Medi‑<br />
kamente gegeben werden, die als unbeabsich‑<br />
tigte Nebenfolge den Todeseintritt beschleuni‑<br />
gen können. Formen der passiven und indirek‑<br />
ten Sterbehilfe werden in Deutschland für recht‑<br />
lich und ethisch zulässig gehalten.<br />
Die christliche Patientenvorsorge ist dem<br />
christlichen Glauben verpflichtet. Dieser achtet<br />
das Leben und die einzigartige Würde des Men‑<br />
schen als Gottes unantastbare Gabe, die auch<br />
im Sterben zu respektieren ist, und weiß sich von<br />
der Auferstehungshoffnung getragen.<br />
Diese christliche Patientenvorsorge mit Hand‑<br />
reichung und dem Formular einer Vorsorgevoll‑<br />
macht, Betreuungsverfügung und Patientenver‑<br />
fügung können Sie im Internet herunterladen:<br />
www.ekd.de/download/patientenvorsorge.pdf.<br />
Steht ein Mensch unter gesetzlicher Betreuung,<br />
muss geprüft werden, ob er selbst noch in der<br />
Lage ist, eine Patientenverfügung zu erstellen.<br />
Er muss dazu einwilligungsfähig sein. Die De‑<br />
finition der Einwilligungsfähigkeit bedeutet,<br />
dass ein Mensch im Grundsatz den Sinn und<br />
Zweck der Patientenverfügung erkennen muss.<br />
Ist die Einwilligungsfähigkeit nicht klar erkenn‑<br />
bar, muss im Zweifelsfall eine fachmedizinische<br />
Untersuchung dazu durchgeführt werden. Da<br />
es sich bei der Patientenverfügung um eine<br />
„höchstpersönliche Rechtsangelegenheit“ han‑<br />
delt, darf ein gesetzlicher Betreuer für seinen<br />
Betreuten keine Entscheidungen treffen.<br />
Es ist sehr klug und weise, sich mit den Fragen<br />
der Begrenztheit des eigenen Lebens rechtzei‑<br />
tig zu befassen.<br />
Gedenken unserer verstorbenen Bewohner<br />
Günter Westerich, 71 Jahre, verstorben am 31.07.2011, Karl-Todt-Haus<br />
Gerhard Wilhelm Bremser, 65 Jahre, verstorben am 05.09.2011, Schloss Laurenburg<br />
Norbert Paul Carrere, 62 Jahre, verstorben am 24.10.2011, Horny-Haus 1/3<br />
50 2012 | Ausgabe 21 2012 | Ausgabe 21<br />
51<br />
Foto: Bernd S. – fotolia.com