(8,00 MB) - .PDF - Wundschuh
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Rund um das Ziegelwerk befanden<br />
sich einige Höfe: Binder<br />
(Wango), Müller (Leiner), Stiegelbauer<br />
(Weiner), Neubauer (Rupp),<br />
Schöpfer, Loahmbauer (Stodola), Pratter<br />
(Glanz). Das Gebäude „Herchbauer“<br />
(Baier) wurde von Mathias Kainz für<br />
seinen Sohn August im Jahre 1911 erbaut.<br />
Am östlichen Rand des Werkes<br />
sind heute noch die „Gartler Teiche“.<br />
Anschließend war der „Klostergarten“.<br />
Die Häuser für die Betriebsleiter wurden<br />
neu gebaut: das „Hütterhaus“, Pregartnerhaus<br />
(heute Dottolo) und das<br />
Haus der Familie Bauer.<br />
Am 15. Juli 1931 gab es so starken Hagelschlag,<br />
dass die meisten Dächer zu<br />
Bruch gingen. Die faustgroßen Hagelschloßen<br />
wogen bis zu 80 Dekagramm.<br />
Die Dächer waren wie Siebe durchlöchert,<br />
rund 440.<strong>00</strong>0 Dachziegel waren<br />
beschädigt. Jeder wollte natürlich so<br />
rasch als möglich neue Ziegel haben,<br />
um sein kaputtes Dach zu reparieren.<br />
Die Dachziegel wurden noch heiß abgegeben.<br />
Leute mit ihren Fuhrwerken<br />
stellten sich bis zum Pratter (Glanz) an,<br />
um Ziegel zu bekommen. Da kam es<br />
natürlich auch vor, dass die Dachziegel<br />
mit frischem Lehm gebrannt wurden,<br />
was den Nachteil hatte, dass diese nicht<br />
sehr haltbar waren und nach einiger<br />
Zeit abblätterten.<br />
Ein Busunternehmer<br />
kommt<br />
Für das Ziegelwerk und das Hütterhaus<br />
wurde vom Werk von der Familie Theresia<br />
und Vinzenz Baier am 10. Jänner<br />
1936 ein Weg gekauft. Das Grundstück<br />
für das Haus wurde am 30. Mai 1936<br />
vom damaligen Ziegelwerkspächter Angelo<br />
Ursella (Udine) vom Ziegelwerk abgekauft,<br />
und er errichtete darauf dieses<br />
für die damalige Zeit doch recht große<br />
Haus. 1940 wurde dieses Haus an das<br />
Ehepaar Eleonore und Johann Hütter<br />
verkauft. Herr Hütter kam aus Pula und<br />
übernahm das Autobusunternehmen<br />
Hoschitz aus Gradenfeld, vergrößerte<br />
und führte von nun an sehr erfolgreich<br />
das „Autobusunternehmen Johann Hütter“.<br />
Eine Wallfahrt nach Mariazell gehörte<br />
früher einfach zum Leben dazu. Mit der<br />
Firma Hütter konnte man dies schon<br />
mit einem Autobus machen! Dieser Bus<br />
wurde mit einem Holzvergaser betrieben.<br />
Er hatte einen Holzaufbau für die<br />
Befeuerung. „Als wir zum Seeberg kamen,<br />
mussten wir alle aussteigen, den<br />
Berg auf Schusters Rappen erwandern,<br />
und dann ging es wieder flott mit dem<br />
Bus weiter. Die Steigung des Seebergs<br />
hätte der Bus sonst nicht geschafft!“.<br />
Auch Ende der 50er-Jahre war es noch<br />
notwendig, das letzte Stück über den<br />
Seeberg zu gehen, da die „neuen“ Busse,<br />
betrieben mit Diesel, noch zu wenig<br />
„Pferdestärken“ hatten, um beladen die<br />
letzte Hürde über den Seeberg zu nehmen.<br />
Als von Herrn Hütter ein neuer Autobus<br />
gekauft wurde, war das eine Sensation!<br />
Mit diesem neuen Autobus ist<br />
Herr Hütter zum Gasthaus Gartler gekommen,<br />
hat die dort anwesenden<br />
Gäste und auch die Wirtsleute eingepackt,<br />
und die fröhliche Runde fuhr<br />
nach Unterpremstätten zum Gasthaus<br />
Gessner (Heimat von Frau Hütter). Nach<br />
einigen gemütlichen Umtrunken fuhr<br />
die lustige Gesellschaft wieder heim<br />
nach <strong>Wundschuh</strong>: der neue Autobus<br />
war eingeweiht!<br />
Der erste firmeneigene LKW des Ziegelwerkes<br />
wurde ebenfalls noch mit Holzgas<br />
betrieben. Auf dem Anhänger war<br />
der Kessel angebracht und das Holz<br />
oder die Kohle. Wenn der Fahrer merkte,<br />
dass der Druck abfiel, musste er stehen<br />
bleiben und nachheizen, dann ging<br />
die Fahrt wieder weiter.<br />
Die Polentakruste<br />
Dass das Zusammenleben mit den ausländischen<br />
Arbeitern nicht nur negative<br />
Seiten hatte, beweisen Erzählungen von<br />
ehemaligen Arbeitern. So können sich<br />
einige noch gut daran erinnern, dass sie<br />
als Kinder oft zu den Italienern gegangen<br />
sind, um die Polentakrusten zu<br />
essen. Die Polenta wurde meist in<br />
„Reindln“ gebacken, dadurch entstand<br />
eine Kruste. Von den Italienern wurde<br />
nur der weiche Teil der Polenta gegessen,<br />
die Kruste durften die Kinder der<br />
„hiesigen“ Familien essen. Das war in<br />
der damaligen Zeit ein kleines Geschenk<br />
und vor allem ein Erlebnis für die Kinder.<br />
Wie gut es diesen Kindern damals<br />
geschmeckt hat, habe ich an der Begeisterung<br />
bei den Erzählungen dieser Personen<br />
noch erkennen können!<br />
Auch die Familie Högler wohnte im Ziegelwerk.<br />
Maria Högler kochte für die<br />
russischen Gefangenen. Gegen Ende<br />
des Krieges gab ihr ein Gefangener einen<br />
in russischer Sprache beschriebenen<br />
Zettel und gab zu verstehen, sie solle<br />
im Falle einer russischen Besatzung diesen<br />
Zettel dem „Kommissär“ geben. Als<br />
die Besatzer begannen, die Kästen und<br />
12<br />
Gemeindezeitung <strong>Wundschuh</strong> : Nr. 2/2010<br />
Laden in der Wohnung der Familie<br />
Högler auszuräumen und die Wohnung<br />
verwüsten wollten, ging Frau Högler<br />
mit diesem Zettel zum „Kommissär“. Sofort<br />
befahl er seinen Leuten, mit der<br />
Verwüstung aufzuhören, und sie quartierten<br />
sich in Ruhe im „Hütterhaus“<br />
ein. Es war von nun an ein relativ friedliches<br />
Zusammenleben möglich. Frau<br />
Högler durfte in der Küche für die Russen<br />
helfen, und man hatte nichts mehr<br />
zu befürchten. Ihr Sohn Johann durfte<br />
zu den Russen gehen und war als Bub<br />
sehr stolz, wenn er bei der Waffenreinigung<br />
helfen durfte. Gegessen haben<br />
die russischen Besatzer im Sommer unter<br />
dem vor dem Personalhaus stehenden<br />
alten Apfelbaum. Dadurch wurde<br />
dieser Platz zum Zentrum.<br />
„Vor dem Personalhaus war ein Bankerl,<br />
auf dem wir immer gesessen sind, der<br />
alte Apfelbaum war da, unser Garten<br />
war auch vor dem Haus, eingezäunt<br />
mit einem Bretterzaun. Platz und Gelegenheit<br />
zum Spielen hatten wir genug.<br />
Wir hatten es als Arbeiterkinder für die<br />
damalige Zeit doch auch schön und gut.“<br />
Der Alltag<br />
Die Mütter oder Frauen brachten den<br />
Brennern (12 Stunden-Schichten) einmal