03.12.2012 Aufrufe

Lernstraße: „So wurde die Bibel“ - service.bistumlimburg.de

Lernstraße: „So wurde die Bibel“ - service.bistumlimburg.de

Lernstraße: „So wurde die Bibel“ - service.bistumlimburg.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

92<br />

<strong>„So</strong> <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Bibel“</strong><br />

<strong>Lernstraße</strong> mit 18 Stationen<br />

Hinweise zum Einsatz <strong>de</strong>r <strong>Lernstraße</strong><br />

Für ein 4. Schuljahr, das ich seit 3<br />

Jahren unterrichtete, konzipiert, ist<br />

<strong>die</strong> <strong>Lernstraße</strong> eine Form <strong>de</strong>r Freiarbeit,<br />

<strong>die</strong> leistungsdifferenziertes und<br />

selbständiges Arbeiten gewährleistet.<br />

Es setzt voraus, dass <strong>die</strong> Schüler/-innen<br />

<strong>die</strong>se Unterrichtsform gewöhnt<br />

sind. Ansonsten sind längere Erklärungen<br />

<strong>de</strong>r Arbeitsform und Hinweise<br />

auf <strong>die</strong> Einhaltung <strong>de</strong>r Regeln, vielleicht<br />

auch Unterstützung <strong>de</strong>r Lehrerin/<strong>de</strong>s<br />

Lehrers bei einzelnen Stationen<br />

notwendig.<br />

Vorbereitung:<br />

Außer<br />

� <strong>de</strong>n Stationenschil<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r Nummer<br />

und <strong>de</strong>m Thema [A (rot) für<br />

Pflichtstationen, B (gelb) für Wahlstationen,<br />

C (grün) für Zusatzstationen],<br />

� Informations- und Arbeitsblättern<br />

in genügen<strong>de</strong>r Anzahl,<br />

sind noch Materialien für einzelne Stationen<br />

zu besorgen und gegebenenfalls<br />

in DIN A 4 - Größe zu kopieren:<br />

� Station 3<br />

1. Zeitstrahl mit Pfeilen und Zeitabschnitten;<br />

2. Ratekarten (möglichst auf DIN A 4<br />

Karteikarten) zu <strong>de</strong>n einzelnen Personen<br />

enthalten:<br />

– auf <strong>de</strong>r Vor<strong>de</strong>rseite eine kurze Lebensbeschreibung<br />

möglichst mit Bil<strong>de</strong>rn,<br />

so dass eine I<strong>de</strong>ntifizierung<br />

sehr schnell möglich ist. Hilfen dazu<br />

fin<strong>de</strong>t man in:<br />

– Stephen Motyer: 444 Menschen<br />

<strong>de</strong>r Bibel. Das illustrierte who is<br />

who. – Stuttgart. 1998;<br />

– Anneliese Pokrandt: Elementarbibel.<br />

– Lahr. 1998;<br />

– Anne-Laure Fournier le Ray: Das<br />

große Buch vom Christentum.<br />

– Freiburg. 1999;<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

–Walter Prügger: Wer bin ich?<br />

Große Gestalten <strong>de</strong>s Alten Testaments<br />

und ihre Lebensgeschichte.<br />

– Heinsberg. 2002;<br />

– auf <strong>de</strong>r Rückseite <strong>de</strong>n Namen und <strong>die</strong><br />

Lebensdaten und möglichst auch ein<br />

typisches Bild.<br />

� Station 5<br />

Spiele und Rätsel zur Bibel (erhältlich<br />

im Amt für Kath. Religionspädagogik<br />

[RPA] bzw. selbst Kopien<br />

herstellen aus Rätsel- und Spielebüchern).<br />

� Station 6<br />

Steine (weicher Sandstein, Ytong,<br />

Schiefer), Linolmesser o<strong>de</strong>r Meißel,<br />

für <strong>de</strong>n Schiefer reicht eine größere<br />

Büroklammer, Goldbronze, Pinsel.<br />

� Station 7<br />

Ton, alte Zeitungen als Unterlage,<br />

Holzrolle, Nagel.<br />

� Station 8<br />

Informationen zur Geschichte <strong>de</strong>s<br />

Buches<br />

– Bil<strong>de</strong>r einer Schriftrolle und eines<br />

Ko<strong>de</strong>x, z.B. Folie 1 a+b aus: Hans<br />

Eggenberger/Christian Keller/Adrian<br />

Müller/Michael Schwarz/René<br />

Däschler: Die Bibel – überliefert<br />

und gelebt. Ein Me<strong>die</strong>npaket.<br />

Hg.: Katechetisches Institut <strong>de</strong>r<br />

evang.-ref. Lan<strong>de</strong>skirche <strong>de</strong>s Kantons<br />

Zürich in Zusammenarbeit<br />

mit <strong>de</strong>r kath. Kirchlichen AV-Me<strong>die</strong>nstelle<br />

Zürich. – Zürich. 1987.<br />

(erhältlich im RPA);<br />

– Papyrus;<br />

– Pergament;<br />

– Buchstabenrätsel aus: Eleonore<br />

von Dincklage (Hg.): Unterwegs<br />

durch <strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17<br />

Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />

Station 8. – Stuttgart. 1996.<br />

� Station 11<br />

Schere, Kleber.<br />

� Station 12<br />

Nach Möglichkeit Dias aus <strong>de</strong>r Reihe:<br />

Das Abenteuer von Qumran<br />

Christa Kuch<br />

(im RPA erhältlich), Diabetrachter,<br />

Schere, Kleber.<br />

� Station 14<br />

Bibelbibliothek im Ordner (Regalbretter<br />

in einen Ordner kleben/<br />

schrauben und <strong>die</strong> einzelnen biblischen<br />

Bücher aus Holzleisten aussägen<br />

und beschriften (notfalls<br />

reicht das Arbeitsblatt).<br />

� Station 15<br />

– Farbstifte, echte Schreibfe<strong>de</strong>r, Tinte,<br />

Goldstifte,<br />

–Vordrucke von Initialen z.B.: Thimothy<br />

Noad/Patricia Seligman:<br />

– Historische Initialen entwerfen<br />

und gestalten. – Augsburg. 2001<br />

o<strong>de</strong>r über Word Art Schriftart<br />

„Old Cologne Regular“ o<strong>de</strong>r „Rothenburg<br />

Decorative“ Buchstaben<br />

hohl ausdrucken. Möglichst <strong>die</strong><br />

Initialen aller Schüler/-innen.<br />

– Kopien von mittelalterlicher Buchmalerei,<br />

z.B.: Das Book of Kells.<br />

Thames & Hudson Ltd. – London.<br />

2000.<br />

– Kopie einer Seite <strong>de</strong>r Gutenberg-<br />

Bibel zum Ausmalen (erhältlich<br />

im Gutenberg-Museum, Mainz).<br />

– Folien Nr. 17, 16, aus: Hans Eggenberger<br />

u.a.: Die Bibel – überliefert<br />

und gelebt. Ein Me<strong>die</strong>npaket<br />

(s. Station 8).<br />

� Station 18<br />

– Bibelstellen auf Karten (möglichst<br />

laminiert) z.B.: Mt 22,37;<br />

Mt 25,40; Mt 5,9; Ps 103,2;<br />

Ps 23,1; Ps 27,1; Ps 28,7; Ps 36,6;<br />

Ps 37,5; Ps 86,11; Mt 11,29;<br />

Mt 1,28; Mt 7,12; Mt 7,7;<br />

Mt 5,44+45; Gen 12,2; Jes 54,10;<br />

Joh 8,12; Joh 11,25; Joh 14,6;<br />

Joh 15,5; Mt 5,5.<br />

–Weißes Papier DIN A 5.<br />

– Farbiges Papier DIN A 4.<br />

Je<strong>de</strong> Schülerin/je<strong>de</strong>r Schüler benötigt<br />

einen Schnellhefter, Schreibmaterialien,<br />

DIN A 4-Papier.


Regeln zur Arbeit mit <strong>de</strong>r <strong>Lernstraße</strong>:<br />

(wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Klasse für alle sichtbar<br />

aufgehängt und vorher vereinbart, insbeson<strong>de</strong>re<br />

für Klassen ohne Freiarbeitserfahrungen)<br />

– Je<strong>de</strong> Schülerin/je<strong>de</strong>r Schüler bringt<br />

für <strong>die</strong> Zeit <strong>de</strong>r Arbeit an <strong>de</strong>r <strong>Lernstraße</strong><br />

nur <strong>de</strong>n Schnellhefter, Mäppchen,<br />

Farbstifte, Schere, Kleber mit.<br />

– Je<strong>de</strong> Schülerin/je<strong>de</strong>r Schüler heftet<br />

seine Laufkarte in <strong>de</strong>n Schnellhefter.<br />

– Die Laufkarte gibt Hinweise auf<br />

<strong>die</strong> einzelnen Stationen <strong>de</strong>r <strong>Lernstraße</strong>.<br />

– Die A-Stationen (rot) müssen in <strong>de</strong>n<br />

ersten Stun<strong>de</strong>n erarbeitet wer<strong>de</strong>n,<br />

von <strong>de</strong>n B-Stationen (gelb) können<br />

4 ausgewählt wer<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> C-Stationen<br />

(grün) sind freiwillig.<br />

– Die Schüler/-innen lesen zunächst<br />

in Ruhe <strong>die</strong> Laufkarte durch. Dann<br />

schauen sie sich <strong>die</strong> Stationen an und<br />

entschei<strong>de</strong>n sich für <strong>die</strong> erste, <strong>die</strong> sie<br />

bearbeiten wollen.<br />

– Eine neue Station darf erst dann begonnen<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>die</strong> vorherige<br />

been<strong>de</strong>t <strong>wur<strong>de</strong></strong>.<br />

– An einer Station darf immer nur eine/r<br />

arbeiten o<strong>de</strong>r zwei in Partnerarbeit.<br />

Wie Kin<strong>de</strong>r mit Gott re<strong>de</strong>n<br />

Manche Religionsstun<strong>de</strong>n vergisst<br />

man nicht, so wie z.B. <strong>die</strong>se:<br />

Zu Beginn <strong>de</strong>s zweiten Schuljahres<br />

war unser Thema: „Beten –<br />

Auf Gott hören, mit Gott sprechen“.<br />

Ich gab <strong>de</strong>n 28 Kin<strong>de</strong>rn,<br />

<strong>die</strong> gera<strong>de</strong> lesen und schreiben gelernt<br />

hatten, <strong>de</strong>n schwierigen Auftrag,<br />

ein Gebet zu schreiben.<br />

Während manche Kin<strong>de</strong>r noch<br />

Hilfen und Hinweise brauchten,<br />

an<strong>de</strong>re gera<strong>de</strong> ihr Heft aufgeschlagen<br />

hatten, war Ludwig<br />

schon fertig und zeigte mir sein<br />

Gebet:<br />

„Lieber Gott, ich frage mich,<br />

wie du aussiehst. Amen.“<br />

Ich antwortete ihm: „Ja, das<br />

frage ich mich auch. Male doch<br />

noch ein Bild dazu.“<br />

Kurze Zeit später kam Ludwig<br />

schon wie<strong>de</strong>r mit seinem Heft. Er<br />

hatte ein Bild von <strong>de</strong>r Welt gemalt<br />

und mitten hinein zwei Augen Nase<br />

und Mund, allerdings nur ganz<br />

schwach ange<strong>de</strong>utet mit Bleistift.<br />

Ich sagte: „Das fin<strong>de</strong> ich prima,<br />

<strong>de</strong>in Bild. Es ist eine ganz tolle<br />

I<strong>de</strong>e. Aber du kannst es noch besser<br />

malen, so richtig schön bunt.“<br />

Ludwig schaute mich ratlos an<br />

und antwortete: „Das kann ich<br />

doch nicht. Welche<br />

Farben soll<br />

ich <strong>de</strong>nn nehmen?<br />

Ich weiß doch<br />

nicht, wie er aussieht.“<br />

Ich kapitulierte:<br />

„Ja, dann<br />

musst du es wohl<br />

so lassen.“ Ludwig<br />

erklärte sich<br />

bereit, <strong>de</strong>m Bild<br />

einen bunten Rahmen<br />

zu machen<br />

und <strong>de</strong>n Text noch<br />

bunt zu unterlegen.<br />

Als ich <strong>die</strong><br />

Stun<strong>de</strong> reflektierte,<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong> mir bewusst,<br />

dass Ludwig<br />

mir sein Bild<br />

von Gott erklärt<br />

hatte: Man kann<br />

Gott in seiner<br />

Schöpfung wahrnehmen.<br />

Aber man<br />

muss schon sehr<br />

aufmerksam sein,<br />

um ihn zu sehen. Leicht ist er zu<br />

übersehen. Man kann ihn sich<br />

auch nicht selbst ausmalen, mit<br />

<strong>de</strong>n Farben, <strong>die</strong> man gerne hätte.<br />

– Schüler/-innen, <strong>die</strong> Stationenarbeit<br />

nicht gewöhnt sind, brauchen Zeit,<br />

um sich mit <strong>de</strong>r Arbeitsform vertraut<br />

zu machen. Hilfestellung ist<br />

auch notwendig, damit sie <strong>de</strong>n vorgesehenen<br />

Zeitrahmen einhalten<br />

und ihre „Pflichtstationen“ erarbeiten.<br />

Die „Kür-Stationen“ sind reizvoller.<br />

– Wer mit <strong>de</strong>r Arbeit an einer Station<br />

fertig ist, räumt alle Materialien<br />

wie<strong>de</strong>r or<strong>de</strong>ntlich zusammen.<br />

Gott bleibt für uns Menschen eine<br />

Frage, ein Geheimnis.<br />

Christa Kuch<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

93


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

94<br />

Name:<br />

Laufkarte für <strong>die</strong> <strong>Lernstraße</strong>: <strong>„So</strong> <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Bibel“</strong><br />

Station Bedingungen Kurze Inhaltsangabe/Ergebnis<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

6.<br />

7.<br />

8.<br />

9.<br />

10.<br />

11.<br />

12.<br />

13.<br />

14.<br />

15.<br />

16.<br />

17.<br />

Das Buch <strong>de</strong>r<br />

Bücher B<br />

Menschen erzählen ihre Erfahrungen<br />

mit Gott A<br />

Erzählungen von Gott wer<strong>de</strong>n über viele<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rte wörtlich weitergegeben B<br />

Die Entstehung <strong>de</strong>r Schrift<br />

- Bildzeichen<br />

- Von <strong>de</strong>r Bildschrift zur Lautschrift<br />

A (rot) = Diese Station musst du in <strong>de</strong>n ersten Stun<strong>de</strong>n durchlaufen<br />

B (gelb) = Diese Stationen kannst du wählen. Min<strong>de</strong>stens 4 solltest du erarbeiten.<br />

C (grün) = Zusatzstation. Nicht verpflichtend.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

A<br />

Rätsel und Spiele<br />

zur Bibel C<br />

Wichtige Texte (Gesetze) wer<strong>de</strong>n in<br />

Stein gehauen C<br />

Wichtige Texte wer<strong>de</strong>n auf Tontafeln<br />

geschrieben C<br />

Damit schrieb man zur Zeit <strong>de</strong>s Neuen<br />

Testaments (Papyrus, Pergament) B<br />

Hebräisch, <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r<br />

Israeliten A<br />

Die Sprache <strong>de</strong>s<br />

Neuen Testaments A<br />

Wie <strong>die</strong> hebräische Bibel<br />

entstand A<br />

Das Abenteuer von<br />

Qumran C<br />

Wie das<br />

Neue Testament entstand A<br />

Die Bibel, eine<br />

Bibliothek A<br />

Kostbarkeiten aus<br />

<strong>de</strong>m Mittelalter B<br />

Übersetzungen <strong>de</strong>r<br />

Bibel B<br />

Wie man eine<br />

Bibelstelle fin<strong>de</strong>t A<br />

18. Meine<br />

Bibelstelle B<br />

Kann immer wie<strong>de</strong>r<br />

besucht wer<strong>de</strong>n<br />

Kann öfter besucht<br />

wer<strong>de</strong>n


Arbeitsauftrag:<br />

Lies dir das Merkblatt: „Das Buch <strong>de</strong>r Rekor<strong>de</strong>“ durch und fülle das Arbeitsblatt aus!<br />

Das Wort „<strong>Bibel“</strong> heißt ins Deutsche übersetzt:<br />

Die Bibel ist das Buch <strong>de</strong>r Rekor<strong>de</strong>. Es ist zum Beispiel das:<br />

Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>de</strong>r Welt <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>de</strong>r Welt <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>de</strong>r Welt <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>de</strong>r Welt <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Du kannst auch noch versuchen, das Textpuzzle zusammenzusetzen.<br />

Das Buch <strong>de</strong>r Bücher<br />

Station 1<br />

Das Buch <strong>de</strong>r Bücher<br />

Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />

Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />

Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />

Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />

Unser <strong>de</strong>utsches Wort „<strong>Bibel“</strong> kommt vom griechischen Wort „Biblion“ = das Buch und vom lateinischen<br />

Wort „Biblia“ = <strong>die</strong> Bücher. Die Bibel – <strong>die</strong> Heilige Schrift <strong>de</strong>r Christen – war über Jahrhun<strong>de</strong>rte das<br />

wichtigste Buch <strong>de</strong>r Welt. Daher erklärt sich <strong>de</strong>r Name „Das Buch“.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

95


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

96<br />

Merkblatt<br />

1. Kein an<strong>de</strong>res Buch hat so lange<br />

Zeit gebraucht, bis es geschrieben<br />

war: 1600 Jahre.<br />

2. Die Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong> von mehr als 40<br />

Autoren *) geschrieben, <strong>die</strong> sich<br />

gar nicht kannten.<br />

3. Die Autoren <strong>de</strong>r Bibel waren ganz<br />

unterschiedlich: Könige und<br />

Fürsten, Dichter und Denker,<br />

Propheten und Politiker, Bauern<br />

und Fischer.<br />

4. Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>wur<strong>de</strong></strong> über<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rte so oft und so genau<br />

immer wie<strong>de</strong>r abgeschrieben.<br />

5. Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>wur<strong>de</strong></strong> in so<br />

viele Sprachen übersetzt.<br />

6. Kein an<strong>de</strong>res Buch wird in fast allen<br />

Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Welt gelesen.<br />

7. An keinem an<strong>de</strong>ren Buch haben<br />

so viele Wissenschaftler geforscht<br />

wie an <strong>de</strong>r Bibel.<br />

Wissenschaftler ent<strong>de</strong>cken alte Handschrift<br />

Die Bibel ist auch das Buch <strong>de</strong>r Rekor<strong>de</strong><br />

Ein Textpuzzle<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Die Geschichten <strong>de</strong>r Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong>n zuerst auf Papyrus o<strong>de</strong>r<br />

Pergament geschrieben. Von solchen alten Handschriften fin-<br />

<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Forscherinnen und Forscher manchmal nur kleine<br />

Stückchen, <strong>die</strong> sie erst mühsam<br />

wie ein Puzzlespiel zusammenset-<br />

8. Von keinem an<strong>de</strong>ren Buch gibt es<br />

so viele archäologische **) Fundstücke<br />

wie von <strong>de</strong>r Bibel.<br />

9. Früher <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel handgeschrieben<br />

auf Pergament ***) mit<br />

selbstgemachten Farben aus gemahlenen<br />

E<strong>de</strong>lsteinen und mit<br />

Gold. Diese Bibeln waren sehr<br />

teuer und kostbar. Nur Könige<br />

und reiche Klöster konnten sich<br />

eine solche Bibel leisten. Wenige<br />

<strong>die</strong>ser Bibeln sind bis heute erhalten.<br />

Sie wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Schatzkammern<br />

<strong>de</strong>r Museen aufbewahrt.<br />

Die kostbarste Handschrift<br />

<strong>de</strong>s 12. Jahrhun<strong>de</strong>rts ist<br />

das Evangeliar Heinrichs <strong>de</strong>s Löwen.<br />

8 kg Gold <strong>wur<strong>de</strong></strong>n bei <strong>de</strong>r<br />

Herstellung verwen<strong>de</strong>t. Dieses<br />

Buch <strong>wur<strong>de</strong></strong> 1983 von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

für 32,5 Millionen<br />

zen müssen.<br />

Manche <strong>die</strong>ser Stücke sind über<br />

2000 Jahre alt. Solche Schriften<br />

hat man zum Beispiel in <strong>de</strong>n Fels-<br />

höhlen von Qumran am Toten Meer<br />

DM (16,3 Mill. €) gekauft. Es ist<br />

das teuerste Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />

10. Die Bibel war das erste gedruckte<br />

Buch <strong>de</strong>r Welt: um das Jahr 1440<br />

von Johannes Gutenberg in<br />

Mainz.<br />

11. Heute gibt es <strong>die</strong> ganze Bibel auf<br />

einer CD o<strong>de</strong>r sogar auf einem<br />

Dia: das kleinste Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />

12. Die Bibel ist das meist verfilmte<br />

Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />

Kennst du <strong>die</strong>se Wörter?<br />

*) Autoren = Menschen, <strong>die</strong> Bücher schreiben.<br />

**)<br />

archäologisch = etwas aus uralter Zeit Gefun<strong>de</strong>nes.<br />

***)<br />

Pergament = Haut von Tieren (Le<strong>de</strong>r), <strong>die</strong> man als<br />

Schriftstück zubereitete.<br />

� Hinweis für <strong>de</strong>n Lehrer: Text kopieren, vergrößern auf DIN A 4 und als Puzzle zerschnei<strong>de</strong>n, dann <strong>die</strong> einzelnen Teile auf ein Blatt<br />

kleben und als Materialsatz für <strong>die</strong> Schüler kopieren.<br />

ent<strong>de</strong>ckt. Sie waren dort in großen<br />

Tonkrügen aufbewahrt. Im Lauf <strong>de</strong>r<br />

Jahre waren aber viele Schriftrol-<br />

len in winzige Stückchen zerfallen.<br />

Die Forscher wollen nun wissen, um was für Texte aus <strong>de</strong>r<br />

Bibel es sich han<strong>de</strong>lt. Deshalb müssen sie nun <strong>die</strong>se alten<br />

Schriften zusammensetzen, entziffern und übersetzen. Dann<br />

erst kann man sehen, was in <strong>de</strong>n alten Handschriften steht und<br />

ob unsere heutige Bibel mit <strong>die</strong>sen Texten übereinstimmt.<br />

Durch solche Handschriftenfun<strong>de</strong> wissen wir heute, dass sich<br />

<strong>de</strong>r Text <strong>de</strong>r Bibel in <strong>de</strong>n 2000 Jahren kaum verän<strong>de</strong>rt hat.<br />

Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): UUntteerwweegs ddurcchh diiee Bibel.. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />

– Stuttgart. 1996. Station 14. © 1996 by Hänssler-Verlag, D-71087 Holzgerlingen


Arbeitsauftrag:<br />

1. Höre dir <strong>die</strong> Geschichte „Ist <strong>de</strong>r Mond ein Gott?“ auf <strong>de</strong>r Kassette an o<strong>de</strong>r lies sie!<br />

2. Das Loblied auf Gott, <strong>de</strong>n Schöpfer, das <strong>die</strong> Priester vor ungefähr 2500 Jahren gedichtet haben, fin<strong>de</strong>n wir heute noch<br />

auf <strong>de</strong>n ersten Seiten <strong>de</strong>r Bibel. Es ist recht lange geraten und heute schwer zu verstehen. Deshalb ist <strong>de</strong>r Text hier mit<br />

verschie<strong>de</strong>nen Schriften geschrieben.<br />

Nimm ihn dir. Lies ihn durch.<br />

Versuche dann, <strong>die</strong> Aufgaben auf Deinem Arbeitsblatt zu bearbeiten.<br />

Ihr könnt euch gegenseitig helfen.<br />

3. Lies das Merkblatt: Menschen erzählen ihre Erfahrungen mit Gott!<br />

Arbeitsblatt:<br />

Station 2<br />

Menschen erzählen ihre Erfahrungen mit Gott<br />

Das Schöpfungslied ist keine Geschichte, son<strong>de</strong>rn wie ein Lied mit 7 Strophen geschrieben. Welche Satzteile wie<strong>de</strong>rholen<br />

sich öfter?<br />

Warum schreiben <strong>die</strong> Priester das Schöpfungslied auf?<br />

Schreibe mit eigenen Worten, warum <strong>die</strong> Priester ihre Erfahrungen mit Gott weitererzählen möchten:<br />

Wie wür<strong>de</strong>st du heute ein solches Lob auf <strong>die</strong> Schöpfung schreiben?<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

97


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

98<br />

Ist <strong>de</strong>r Mond ein Gott?<br />

Daniel und Jakob sitzen auf <strong>de</strong>n<br />

Stufen <strong>de</strong>s prachtvollen Tempels und<br />

schauen auf das bunte Treiben <strong>de</strong>r vielen<br />

Menschen in <strong>de</strong>r riesigen Stadt Babylon.<br />

Der Tempel ist <strong>de</strong>m Gott Marduk<br />

geweiht. Marduk gilt bei <strong>de</strong>n Babyloniern<br />

als <strong>de</strong>r König von <strong>de</strong>n vielen<br />

Göttern, <strong>die</strong> von <strong>de</strong>n Babyloniern verehrt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Daniel und Jakob sind keine Babylonier;<br />

sie sind Ju<strong>de</strong>n aus Jerusalem.<br />

Vor zehn Jahren hatte <strong>de</strong>r mächtige König<br />

von Babylon <strong>die</strong> Stadt Jerusalem<br />

erobert und <strong>die</strong> meisten Bewohner als<br />

Gefangene in das Land <strong>de</strong>r Babylonier<br />

verschleppt. Und nun lebten sie hier in<br />

<strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong>, fern von ihrer Heimat, unter<br />

frem<strong>de</strong>n Menschen, <strong>die</strong> an<strong>de</strong>re Götter<br />

anbeteten. Sie sind traurig und sehnen<br />

sich zurück nach Jerusalem und<br />

<strong>de</strong>m Tempel Jahwes. Doch auch <strong>de</strong>r ist<br />

zerstört. Die Ju<strong>de</strong>n in Babylon treffen<br />

sich immer wie<strong>de</strong>r am Sabbat zum Gottes<strong>die</strong>nst.<br />

Auch Daniel und Jakob kommen<br />

an je<strong>de</strong>m Sabbat. Der Sabbat war<br />

<strong>de</strong>r Tag, <strong>de</strong>r Jahwe, <strong>de</strong>m Gott Israels,<br />

geweiht ist. Er soll an <strong>de</strong>n Bund erinnern,<br />

<strong>de</strong>n das Volk Israel mit Gott hat.<br />

Ein Priester predigt: „Wir sind selber<br />

schuld, dass so großes Unheil über unser<br />

Volk gekommen ist. Denn wir haben<br />

uns nicht an <strong>de</strong>n Bund gehalten,<br />

<strong>de</strong>n wir mit Gott hatten. Wir haben <strong>de</strong>n<br />

Bund gebrochen, weil wir nicht auf<br />

Jahwe gehört haben.“<br />

Das haben <strong>die</strong> Ju<strong>de</strong>n inzwischen<br />

eingesehen, wenigstens <strong>die</strong> meisten.<br />

Doch, wie soll es weitergehen? Wird<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

das Unheil bleiben? Die Priester trösten<br />

<strong>die</strong> Ju<strong>de</strong>n: „Gott wird uns nicht fallen<br />

lassen. Er wird uns retten; <strong>de</strong>nn er<br />

ist barmherzig. Doch wir müssen uns<br />

bessern. Wir müssen umkehren. Wir<br />

müssen Gottes Gebote halten. Ganz<br />

genau. Und vor allem: Wir müssen <strong>de</strong>m<br />

Gott Israels treu bleiben und dürfen<br />

nicht anfangen, <strong>die</strong> Götter <strong>de</strong>r Babylonier<br />

zu verehren. Nur Jahwe ist Gott,<br />

er allein.“<br />

Nach <strong>de</strong>m Gottes<strong>die</strong>nst treffen Daniel<br />

und Jakob <strong>de</strong>n Priester Esdras. Sie<br />

kennen ihn gut und unterhalten sich oft<br />

mit ihm. „Du hast recht mit <strong>de</strong>m, was<br />

du eben im Gottes<strong>die</strong>nst gesagt hast“,<br />

sagen sie zu ihm. „Wir waren heute<br />

morgen am Marduktempel und haben<br />

beobachtet, dass auch einige von uns<br />

Ju<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Tempel gingen, um Marduk<br />

anzubeten.“ „Das ist schlimm“,<br />

sagt <strong>de</strong>r Priester. „Sie meinen, Marduk<br />

wür<strong>de</strong> ihnen helfen, weil er als so<br />

mächtig gilt.“ Jakob unterbricht ihn:<br />

„Ja, das stimmt. Die Babylonier erzählen,<br />

dass Marduk <strong>die</strong> Meeresgöttin Tiamat<br />

erschlagen und aus ihrem Körper<br />

<strong>de</strong>n Himmel erschaffen hat. Und Marduk<br />

soll auch <strong>de</strong>n bösen Gott Kingu erschlagen<br />

haben und aus seinem Blut<br />

<strong>die</strong> Menschen erschaffen haben. Deshalb<br />

sind <strong>die</strong> Menschen so böse.“<br />

„Und?“, <strong>de</strong>r Priester schaut ihn fragend<br />

an: „Glaubst du so etwas auch? Du<br />

weißt doch, dass nur Jahwe Gott ist und<br />

dass alles von ihm kommt. Nicht Marduk,<br />

son<strong>de</strong>rn Jahwe hat <strong>de</strong>n Himmel<br />

und <strong>die</strong> Er<strong>de</strong>, <strong>die</strong> Sonne, <strong>de</strong>n Mond und<br />

<strong>die</strong> Sterne und das Meer und <strong>die</strong> Berge<br />

erschaffen.“<br />

Jakob überlegt: „Die Babylonier sagen<br />

aber, dass Sonne, Mond und Sterne<br />

göttliche Mächte sind. Ist <strong>de</strong>r Mond<br />

wirklich ein Gott?“ „Nun <strong>de</strong>nke doch<br />

einmal genau nach!“, antwortet <strong>de</strong>r<br />

Priester, „Wie kann <strong>de</strong>r Mond ein Gott<br />

sein? Der Mond ist nichts weiter als eine<br />

Lampe am Himmel, genau wie <strong>die</strong><br />

Sonne. Die Sonne ist für <strong>de</strong>n Tag da;<br />

und <strong>de</strong>r Mond soll uns Menschen in <strong>de</strong>r<br />

Nacht leuchten. Es sind Dinge, <strong>die</strong> Gott<br />

für uns geschaffen hat. Mehr nicht!<br />

Gott hat sie uns gegeben; sie sind für<br />

uns da. Aber sie sind keine Götter. Sie<br />

sind Geschöpfe Gottes.“ Daniel hat<br />

aufmerksam zugehört, als <strong>de</strong>r Priester<br />

das erklärte. <strong>„So</strong> gut wie du“, sagt er<br />

bewun<strong>de</strong>rnd, „hat mir das noch keiner<br />

erklärt. Jetzt verstehe ich das alles viel<br />

besser. Das solltet ihr Priester auch <strong>de</strong>n<br />

an<strong>de</strong>ren Ju<strong>de</strong>n aus unserer Gemein<strong>de</strong><br />

einmal so erklären. Dann wer<strong>de</strong>n sie<br />

unserem Gott besser treu bleiben“. Jakob<br />

nickt: „Ja, vielleicht könnt ihr<br />

Priester einmal aufschreiben, was Jahwe<br />

alles erschaffen hat: <strong>die</strong> Sonne, <strong>de</strong>n<br />

Mond, <strong>die</strong> Berge, <strong>die</strong> Wasser in <strong>de</strong>n<br />

Wolken, <strong>die</strong> Wasser im Meer, <strong>die</strong> Fische,<br />

<strong>die</strong> Tiere auf <strong>de</strong>m Feld. Vielleicht<br />

könnt ihr ein Gedicht daraus machen<br />

o<strong>de</strong>r ein Loblied!“<br />

Jakob hat sich in Begeisterung gere<strong>de</strong>t,<br />

Daniel bremst ihn etwas ab:<br />

„Das gäbe aber ein langes Gedicht mit<br />

vielen hun<strong>de</strong>rt Strophen.“ Der Priester<br />

<strong>de</strong>nkt nach. „Das ist ein guter Vorschlag.<br />

Wir können ja ein Lied mit sieben<br />

Strophen machen; genau so viele<br />

Strophen wie <strong>die</strong> Woche Tage hat. Und<br />

wenn wir das Lied gemeinsam am Sabbat<br />

singen, dann wer<strong>de</strong>n auch alle daran<br />

erinnert, dass wir sechs Tage arbeiten<br />

sollen, am siebenten Tag aber ruhen<br />

sollen. So hat es Gott befohlen. Ich<br />

wer<strong>de</strong> einmal mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Priestern<br />

darüber sprechen.“<br />

Aus: Günther Weber: Wie wir Menschen leben 4. Ein<br />

Religionsbuch für das vierte Schuljahr. – Freiburg.<br />

4. Auflage. 1992. S. 66-67. © Verlag Her<strong>de</strong>r


Schöpfungslied (aus Gen 1,1-2,3)<br />

Im Anfang schuf Gott Himmel und<br />

Er<strong>de</strong>; <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> aber war wüst und wirr,<br />

Finsternis lag über <strong>de</strong>r Urflut.<br />

Gott sprach: Es wer<strong>de</strong> Licht. Und es<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong> Licht.<br />

Gott sah, dass das Licht gut war und Gott<br />

nannte das Licht Tag, und <strong>die</strong> Finsternis<br />

nannte er Nacht.<br />

Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Morgen: erster Tag.<br />

Dann sprach Gott: Ein Gewölbe entstehe<br />

mitten im Wasser und schei<strong>de</strong><br />

Wasser von Wasser.<br />

Und Gott nannte das Gewölbe Himmel.<br />

Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Morgen: zweiter Tag.<br />

Dann sprach Gott: Das Wasser unterhalb<br />

<strong>de</strong>s Himmels sammle sich an einem<br />

Ort, damit das Trockene sichtbar<br />

wer<strong>de</strong>. So geschah es. Das Trockene<br />

nannte Gott Land, und das angesammelte<br />

Wasser nannte er Meer. Gott sah,<br />

dass es gut war.<br />

Dann sprach Gott: Das Land lasse<br />

junges Grün wachsen, alle Arten von<br />

Pflanzen, <strong>die</strong> Samen tragen, und von<br />

Bäumen, <strong>die</strong> auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> Früchte bringen<br />

mit ihrem Samen darin. So geschah<br />

es. Gott sah, dass es gut war.<br />

Merkblatt<br />

Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Morgen: dritter Tag.<br />

Dann sprach Gott: Lichter sollen am<br />

Himmelsgewölbe sein, um Tag und<br />

Nacht zu schei<strong>de</strong>n.<br />

Sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe<br />

sein, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> hin leuchten. So<br />

geschah es.<br />

Gott machte <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n großen Lichter,<br />

das größere, das über <strong>de</strong>n Tag herrscht,<br />

das kleinere, das über <strong>die</strong> Nacht<br />

herrscht, auch <strong>die</strong> Sterne. Gott sah,<br />

dass es gut war.<br />

Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Morgen: vierter Tag.<br />

Dann sprach Gott: Das Wasser wimmele<br />

von lebendigen Wesen, und Vögel<br />

sollen über <strong>de</strong>m Land am Himmelsgewölbe<br />

dahinfliegen. Gott sah, dass es<br />

gut war.<br />

Gott segnete sie und sprach: Seid<br />

fruchtbar, und vermehrt euch, und bevölkert<br />

das Wasser im Meer, und <strong>die</strong><br />

Vögel sollen sich auf <strong>de</strong>m Land vermehren.<br />

Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Morgen: fünfter Tag.<br />

Dann sprach Gott: Das Land bringe<br />

alle Arten von lebendigen Wesen her-<br />

Menschen erzählen ihre Erfahrungen mit Gott<br />

Die Bibel ist nicht so entstan<strong>de</strong>n wie<br />

heute Bücher entstehen. Heutige Bücher<br />

wer<strong>de</strong>n Satz für Satz gedacht und<br />

geschrieben, meist mit Hilfe eines<br />

Computers.<br />

Bevor <strong>die</strong> Bibel geschrieben <strong>wur<strong>de</strong></strong>,<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong> sie gesprochen: laut, wortwörtlich<br />

von Eltern zu Kin<strong>de</strong>rn und<br />

Enkelkin<strong>de</strong>rn. Sie ist „Wort Gottes“<br />

als gesprochenes, nicht als gedachtes<br />

Wort.<br />

Die Anfänge <strong>de</strong>r Bibel reichen in eine<br />

Zeit zurück, in <strong>de</strong>r <strong>die</strong> Buchstaben-<br />

schrift noch nicht erfun<strong>de</strong>n war. Natürlich<br />

wollten <strong>die</strong> Menschen auch damals<br />

ihre Erfahrungen weitergeben, Gesetze<br />

und Regeln aufstellen, Lie<strong>de</strong>r und Geschichten<br />

behalten.<br />

Darum fassten sie alles, was ihnen<br />

wichtig war, in feste Sprachformen. Sie<br />

hatten dafür ein gutes Gedächtnis. Was<br />

ihnen überliefert wor<strong>de</strong>n war, gaben sie<br />

wortwörtlich an ihre Kin<strong>de</strong>r und Kin<strong>de</strong>skin<strong>de</strong>r<br />

weiter. Über Jahrtausen<strong>de</strong><br />

gab es bei allen Menschen nur eine<br />

„mündliche Überlieferung“.<br />

vor, von Vieh, von Kriechtieren und von<br />

Tieren <strong>de</strong>s Fel<strong>de</strong>s. So geschah es. Gott<br />

sah, dass es gut war.<br />

Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen<br />

machen als unser Abbild, uns<br />

ähnlich. Gott schuf also <strong>de</strong>n Menschen<br />

als sein Abbild; als Abbild<br />

Gottes schuf er ihn. Als Mann und<br />

Frau schuf er sie. Gott segnete sie,<br />

und Gott sprach zu ihnen: Seid<br />

fruchtbar, und vermehrt euch, bevölkert<br />

<strong>die</strong> Er<strong>de</strong>.<br />

Dann sprach Gott: Hiermit übergebe<br />

ich euch alle Pflanzen auf <strong>de</strong>r ganzen<br />

Er<strong>de</strong>, <strong>die</strong> Samen tragen, und alle Bäume<br />

mit samenhaltigen Früchten. Euch<br />

sollen sie zur Nahrung <strong>die</strong>nen.<br />

So geschah es.<br />

Gott sah alles an, was er gemacht hatte:<br />

Es war sehr gut.<br />

Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

Morgen: <strong>de</strong>r sechste Tag.<br />

Am siebten Tag vollen<strong>de</strong>te Gott das<br />

Werk, das er geschaffen hatte, und er<br />

ruhte am siebten Tag, nach<strong>de</strong>m er sein<br />

ganzes Werk vollbracht hatte.<br />

Und Gott segnete <strong>de</strong>n siebten Tag<br />

und erklärte ihn für heilig; <strong>de</strong>nn an<br />

ihm ruhte Gott, nach<strong>de</strong>m er das ganze<br />

Werk <strong>de</strong>r Schöpfung vollen<strong>de</strong>t<br />

hatte.<br />

Dabei hatte das gesprochene Wort<br />

einen hohen Rang. Es durfte nicht verän<strong>de</strong>rt<br />

wer<strong>de</strong>n. Noch in späteren Zeiten,<br />

als es schon <strong>die</strong> Schrift gab, fand das<br />

gesprochene Wort höhere Achtung als<br />

das geschriebene. Bei uns ist es heute<br />

genau umgekehrt.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

99


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

100<br />

Was Menschen mit Gott erlebt haben<br />

und was sie von Gott weitererzählen<br />

wollten, das haben sie nicht sofort<br />

aufgeschrieben.<br />

Wenn wir an <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>r Bibel gehen<br />

wollen, dann müssen wir 4000 Jahre<br />

zurückgehen. Damals gab es natürlich<br />

noch keine Computer, keine Kopierer, ja<br />

Arbeitsauftrag:<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Station 3<br />

Erzählungen von Gott wer<strong>de</strong>n über viele<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rte weitergegeben<br />

man kannte noch nicht einmal Papier.<br />

Erst vor ungefähr 3000 Jahren <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />

<strong>die</strong> ersten Texte <strong>de</strong>r Bibel auf Buchrollen<br />

aufgeschrieben. Diese Texte <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />

immer wie<strong>de</strong>r abgeschrieben,<br />

manchmal auch geän<strong>de</strong>rt, ergänzt und<br />

neue dazugeschrieben und das 2500<br />

Jahre lang. Erst als vor über 500 Jahren<br />

Johannes Gutenberg <strong>de</strong>n Buchdruck erfand,<br />

konnte man viele Bücher drucken.<br />

Wenn man einmal eine Seite <strong>de</strong>r Bibel<br />

abschreibt, dann kann man ungefähr<br />

ahnen, welche Arbeit es war, <strong>die</strong> Bibel<br />

über Jahrtausen<strong>de</strong> immer wie<strong>de</strong>r abzuschreiben<br />

und sie so an spätere Generationen<br />

weiterzugeben.<br />

1. Lege <strong>de</strong>n Zeitstrahl in einer gera<strong>de</strong>n Linie aus:<br />

� Orientiere dich, wo unser heutiges Datum ist.<br />

� Suche <strong>de</strong>in Geburtsjahr.<br />

� Suche das Jahr 0. Es gibt das Jahr <strong>de</strong>r Geburt Christi an. Davor sind <strong>die</strong> Jahre vor Christus (v.Chr.) und danach <strong>die</strong><br />

Jahre nach Christus (n.Chr.).<br />

2. Ordne <strong>die</strong> roten Zeitabschnittskärtchen von <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>r Bibel <strong>de</strong>n einzelnen Jahren o<strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rten zu.<br />

3. Im Religionsunterricht hast du inzwischen schon einige wichtige Personen <strong>de</strong>r Bibel und <strong>de</strong>r Kirche kennen gelernt<br />

(z.B. Abraham, Josef von Ägypten, Mose, Josua, Samuel, König David, König Salomon, Prophet Elia, Prophet Daniel,<br />

Jesus, Apostel Petrus, Apostel Paulus, Kaiser Konstantin, Martin Luther).<br />

� Lege <strong>die</strong> Rate-Karten vor dich auf <strong>de</strong>n Tisch, so dass je<strong>de</strong> Karte mit <strong>de</strong>m Satz beginnt: „Kennst du <strong>die</strong>se Person ...?!“<br />

(Nicht schummeln!)<br />

� Suche dir <strong>die</strong> Personen aus, <strong>die</strong> du (vom Religionsunterricht) kennst und <strong>de</strong>ren Namen du raten kannst.<br />

� Drehe <strong>die</strong> Karte um. Dort fin<strong>de</strong>st du <strong>die</strong> Lösung und Arbeitsaufträge.<br />

� Wie viele Personen hast du erraten? Trage sie in <strong>de</strong>ine Laufkarte ein!<br />

Zeitabschnitte <strong>de</strong>r Bibelentstehung<br />

1800 – 1000 vor Christus (v. Chr.)<br />

Das Alte Testament (AT) <strong>wur<strong>de</strong></strong> in hebräischer Sprache mündlich überliefert.<br />

1000 – 100 vor Christus (v. Chr.)<br />

Das Alte Testament (AT) <strong>wur<strong>de</strong></strong> in hebräischer Sprache schriftlich überliefert.<br />

Von ungefähr 0 – 30 nach Christus (n. Chr.)<br />

lebte Jesus Christus.<br />

Um 50 – 120 nach Christus (n. Chr.)<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong> das Neue Testament (NT) in griechischer Sprache aufgeschrieben.<br />

Von 120 nach Christus (n. Chr.) – bis heute<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel zuerst von Hand und dann durch <strong>de</strong>n Buchdruck immer wie<strong>de</strong>r vervielfältigt.


2000<br />

v. Chr.<br />

1900<br />

v. Chr.<br />

1800<br />

v. Chr.<br />

Bitte trage per Hand <strong>die</strong> Zahlen im Abstand von hun<strong>de</strong>rt Jahren von<br />

2000 v. Chr. bis 2100 n. Chr. in <strong>die</strong> großen Spalten <strong>de</strong>s Zeitstrahls ein.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

101


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

102<br />

Arbeitsauftrag:<br />

Die Entstehung <strong>de</strong>r Schrift<br />

Eine indianische Bildgeschichte<br />

Die älteste Schrift ist eine Bil<strong>de</strong>rschrift.<br />

Wenn Kin<strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>r malen, erzählen<br />

sie damit auch Geschichten.<br />

Hier ist eine indianische Bil<strong>de</strong>rschrift,<br />

spiralförmig angelegt. Diese Erzählspirale<br />

muss von innen nach außen gelesen<br />

wer<strong>de</strong>n. Versuche <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />

Lesevorschlag Schritt für Schritt an <strong>de</strong>r<br />

Bildfolge zu erklären:<br />

Ein Indianer und seine Frau (mit<br />

Rock) haben Streit miteinan<strong>de</strong>r. Er<br />

will zur Jagd gehen, aber sie ist dagegen.<br />

Trotz<strong>de</strong>m nimmt er seine Waffen,<br />

Pfeil und Bogen, und geht in <strong>de</strong>n<br />

Wald. Dabei gerät er in ein heftiges<br />

Unwetter und sucht eine Zuflucht. Er<br />

ent<strong>de</strong>ckt zwei Indianertipis, in je<strong>de</strong>m<br />

Zelt ist ein einsamer kranker Mensch.<br />

Darum bleibt er nicht dort, son<strong>de</strong>rn<br />

geht weiter und kommt zu einem<br />

Fluss. Dort fängt er einen Fisch; er<br />

Mo<strong>de</strong>rne Bildzeichen<br />

Die indianische Bildgeschichte<br />

können Menschen aller Sprachen verstehen.<br />

Buchstaben-Schriften setzen dagegen<br />

Sprachkenntnisse voraus. Auch<br />

wenn ich lesen kann, kann ich doch<br />

noch nicht ein französisches Buch lesen.<br />

Weil heute aber oft Menschen aus<br />

vielen Sprachen zusammenkommen,<br />

zum Beispiel beim Sport, auf Flughäfen,<br />

an Bahnhöfen, hat man eine neue<br />

Bil<strong>de</strong>rschrift erfun<strong>de</strong>n, sogenannte<br />

Piktogramme, <strong>die</strong> ebenfalls je<strong>de</strong>r „le-<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Station 4<br />

Die Entstehung <strong>de</strong>r Schrift<br />

– Bildzeichen –<br />

– Von <strong>de</strong>r Bildschrift zur Lautschrift –<br />

isst ihn und verweilt noch zwei Tage<br />

an <strong>die</strong>sem Ort.<br />

Dann setzt er seinen Weg fort und<br />

fin<strong>de</strong>t <strong>die</strong> Spur eines Bären. Er fin<strong>de</strong>t<br />

und tötet <strong>de</strong>n Bären und hat nun eine<br />

üppige Mahlzeit. Danach zieht er weiter<br />

und kommt zu einem indianischen<br />

sen“ kann. Was be<strong>de</strong>uten obige Bildzeichen?<br />

Von <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>rschrift zur Lautschrift<br />

Der Weg von <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>rschrift zum<br />

Buchstaben war eine große Leistung.<br />

Statt <strong>de</strong>r zahllosen Bildzeichen versuchte<br />

man, <strong>die</strong> Sprachlaute aufzuschreiben.<br />

Man zählte <strong>die</strong> Laute, <strong>die</strong><br />

Zeltdorf, glaubt aber, dass es Fein<strong>de</strong><br />

sind, läuft darum weiter, bis er zu einem<br />

See kommt. Als er um <strong>de</strong>n See herumgegangen<br />

ist, sieht er einen Hirsch. Er<br />

erlegt ihn und kehrt mit <strong>de</strong>r Beute zu<br />

seiner Frau zurück.<br />

man beim Sprechen hörte; es waren etwa<br />

zwei Dutzend.<br />

Sobald man Zeichen für <strong>die</strong>se Laute<br />

hatte, konnte man alles schreiben. Die<br />

vielen hun<strong>de</strong>rt Bildzeichen <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />

überflüssig. Und so entstan<strong>de</strong>n <strong>die</strong> neuen<br />

Lautzeichen.<br />

Man wählte kurze Wörter mit verschie<strong>de</strong>nen<br />

Anfangslauten, für je<strong>de</strong>n<br />

Laut eines.


Hier sind vier Beispiele:<br />

Zu <strong>die</strong>sen häufigen Wörtern kannten<br />

<strong>die</strong> meisten Leute <strong>die</strong> Bildzeichen:<br />

Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r frem<strong>de</strong>n Wörter ist<br />

nicht schwer zu erraten.<br />

Trage ein, was <strong>die</strong> Bildzeichen darstellen.<br />

Nun stehen <strong>die</strong>se Zeichen nicht<br />

mehr für Sachen, son<strong>de</strong>rn nur noch für<br />

<strong>die</strong> Anfangslaute.<br />

Wir können also lesen: . . . .<br />

DALETH ALEPH NUN KAPH<br />

FISCH STIERKOPF SCHLANGE HAND<br />

Die vier „Bil<strong>de</strong>r“, <strong>die</strong> jetzt als Buchstaben <strong>die</strong>nen, lassen sich auch für an<strong>de</strong>re Wörter zusammenstellen:<br />

Im Laufe <strong>de</strong>r Zeit <strong>wur<strong>de</strong></strong>n <strong>die</strong> Buchstaben weiter vereinfacht:<br />

Die ursprüngliche Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Bildzeichen ging verloren:<br />

Dann kehrten <strong>die</strong> Griechen <strong>die</strong> Schreibrichtung um:<br />

In<strong>de</strong>r und Araber machten <strong>die</strong>se Kehrtwendung nicht mit. Sie lesen und schreiben bis heute von rechts nach links.<br />

Aus: Hubertus Halbfas: Unterrichtswerk für <strong>die</strong> Sekundarstufe I. Religionsbuch für das 5. Schuljahr. Arbeitsheft. Düsseldorf 1993. S. 30-33. © Patmos Verlag, Düsseldorf<br />

Arbeitsauftrag:<br />

Suche dir genügend Mitspieler und probiert ein Spiel aus.<br />

Station 5<br />

Rätsel und Spiele zur Bibel<br />

Suche dir ein Rätsel – und wenn nötig eine Partnerin/einen Partner – und versuche es zu lösen.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

103


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

104<br />

Station 6<br />

Wichtige Texte (Gesetze) wer<strong>de</strong>n in Stein gehauen<br />

Auf <strong>de</strong>m Friedhof sehen wir oft<br />

Grabsteine, <strong>die</strong> <strong>de</strong>n Namen und<br />

manchmal auch noch Sterbe- und Geburtstag<br />

o<strong>de</strong>r Beruf angeben. In alter<br />

Zeit hat man wichtige Texte – wie zum<br />

Der Stein von Rosette war <strong>de</strong>r Schlüssel,<br />

<strong>de</strong>r das Geheimnis <strong>de</strong>r Hieroglyphen<br />

erschloss. Der Text ist ein Erlass<br />

<strong>de</strong>s Königs Ptolemäus von 196 v. Chr.<br />

in zwei Sprachen (Ägyptisch und<br />

Griechisch) aber drei Schriften:<br />

Hieroglyphen (oben)<br />

Demotisch (Mitte)<br />

Griechisch (unten)<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Beispiel Gesetze – in Stein eingeritzt<br />

o<strong>de</strong>r gemeißelt, damit <strong>de</strong>r Text für je<strong>de</strong>n<br />

sichtbar ist und unverän<strong>de</strong>rt erhalten<br />

bleibt.<br />

Arbeitsauftrag:<br />

Auf Bil<strong>de</strong>rn sieht man oft, wie Mose<br />

<strong>die</strong> 10 Gebote auf 2 Steinplatten trägt.<br />

Man erkennt <strong>die</strong> 10 Gebote an <strong>de</strong>n römischen<br />

Zahlen:<br />

1. Stein:<br />

(Gebote, <strong>die</strong> das Verhalten zu Gott<br />

beinhalten)<br />

I<br />

II<br />

III<br />

2. Stein:<br />

(Gebote, <strong>die</strong> das Verhalten <strong>de</strong>r<br />

Menschen zueinan<strong>de</strong>r beinhalten)<br />

IV<br />

V<br />

VI<br />

VII<br />

VIII<br />

IX<br />

X<br />

Ritze in <strong>die</strong> Steintafeln <strong>die</strong> römischen<br />

Zahlen <strong>de</strong>r 10 Gebote ein. Male <strong>die</strong> Zahlen<br />

mit Goldfarbe aus.


Arbeitsauftrag:<br />

Arbeitsauftrag:<br />

Station 7<br />

Wichtige Texte wer<strong>de</strong>n auf Tontafeln geschrieben<br />

Bei Ausgrabungen im Zweistromland, <strong>de</strong>m heutigen Irak, <strong>wur<strong>de</strong></strong>n <strong>die</strong> ältesten erhaltenen Inschriften <strong>de</strong>r Welt aus <strong>de</strong>r Zeit<br />

3000 v. Chr. gefun<strong>de</strong>n. Tontafeln waren in <strong>die</strong>sen Län<strong>de</strong>rn das Schreibmaterial.<br />

In <strong>die</strong> weichen Tontafeln <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>de</strong>r Text eingeritzt.<br />

Die Tontafeln <strong>wur<strong>de</strong></strong>n durch Trocknen o<strong>de</strong>r Brennen gehärtet.<br />

Walze ein Stück Ton glatt und forme es als Tafel. Dann ritze einen Bibelvers in <strong>de</strong>n Ton ein und stelle <strong>die</strong> Tafel zum<br />

Trocknen weg.<br />

Die Tafel kann, wenn sie trocken ist, im Brennofen gebrannt wer<strong>de</strong>n (gibt es in <strong>de</strong>n meisten Schulen).<br />

1. Lies <strong>die</strong> Info-Karten :<br />

� „Die Geschichte <strong>de</strong>s Buches“;<br />

� „Papyrus“.<br />

2. Schau dir <strong>die</strong> Abbildung an<br />

� <strong>de</strong>r Pergament-Schriftrolle;<br />

� <strong>de</strong>s Ko<strong>de</strong>x Papyrus.<br />

Station 8<br />

Damit schrieb man zur Zeit <strong>de</strong>s Neuen<br />

Testamentes (Papyrus, Pergament)<br />

3. Fühle das Papyrusblatt an und halte es gegen das Licht, ebenso das Pergamentblatt.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

105


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

106<br />

Infokarte<br />

Die Geschichte <strong>de</strong>s Buches<br />

Das älteste Papier <strong>wur<strong>de</strong></strong> aus <strong>de</strong>n<br />

Stengeln einer schilfartigen Pflanze,<br />

<strong>de</strong>m Papyrus, hergestellt (Abb.1).<br />

Das Papyrusmark <strong>wur<strong>de</strong></strong> kreuzweise<br />

aufeinan<strong>de</strong>r gelegt und fest zusammengeklopft.<br />

Diese Papyrusblätter setzte man in<br />

langen Streifen zusammen, dann <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />

sie beschrieben und zur Aufbewahrung<br />

aufgerollt. Solche Schriftrollen<br />

waren <strong>die</strong> ersten „Bücher“ (Abb.2). Sie<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong>n in Tonkrügen aufbewahrt.<br />

Zum Schreiben benutzte man Rohrfe<strong>de</strong>rn<br />

aus Schilf und Tinte, <strong>die</strong> aus verschie<strong>de</strong>nen<br />

Pflanzen, Ruß und Wasser<br />

hergestellt <strong>wur<strong>de</strong></strong>n.<br />

Infokarte<br />

„Papyrus“<br />

Bereits im 3. Jahrtausend benutzten <strong>die</strong> Ägypter Papyrus<br />

als Schreibmaterial. Papyrus, eine Schilfart,<br />

wächst am Ufer <strong>de</strong>s Nil (Bild 1). Das Mark <strong>de</strong>r Stengel<br />

wird in dünne Streifen geschnitten (Bild 2). Diese<br />

Streifen wer<strong>de</strong>n in mehreren Schichten kreuzweise<br />

übereinan<strong>de</strong>r gelegt (Bild 3).<br />

Anschließend wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Papyruslagen gepresst,<br />

getrocknet und geglättet (Bil<strong>de</strong>r 4 + 5). Mehrere Blätter<br />

können zu einer Rolle zusammengeklebt wer<strong>de</strong>n. Zum<br />

Schreiben benutzten <strong>die</strong> Ägypter Rohrfer<strong>de</strong>rn aus<br />

Schilf und Tinte aus Ruß und Wasser (Bild 6).<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Da Papyrus teuer war, nahm man für<br />

alltägliche Aufschriebe einfache Tonscherben,<br />

<strong>die</strong> es überall in großen Mengen<br />

gab, und wie sie schon 2000 Jahre<br />

vor Christus benutzt wor<strong>de</strong>n waren.<br />

Assyrer, Griechen und Römer benutzten<br />

auch Schreibtafeln aus Holz,<br />

<strong>die</strong> mit Wachs beschichtet waren. Später<br />

schrieb man auf Pergament, das ist<br />

beson<strong>de</strong>rs behan<strong>de</strong>lte Ziegen- o<strong>de</strong>r<br />

Schafshaut.<br />

Etwa im 2. Jahrhun<strong>de</strong>rt nach Christus<br />

band man <strong>die</strong> Papyrusblätter zu einer Art<br />

Buch zusammen, <strong>de</strong>m Co<strong>de</strong>x (Abb. 3).<br />

1947 ent<strong>de</strong>ckte ein Hirtenjunge in<br />

<strong>de</strong>r Wüste Juda durch Zufall uralte<br />

Schriftrollen. Er suchte in <strong>de</strong>n Höhlen<br />

von Qumran (Abb. 4) nach seinen<br />

Schafen. Dabei stieß er auf viele merkwürdige<br />

Tonkrüge. Als <strong>de</strong>r Junge <strong>die</strong><br />

Krüge öffnete, enthielten sie kostbare<br />

Schriftrollen. Sie <strong>wur<strong>de</strong></strong>n bald weltberühmt.<br />

Die Wissenschaftler erkannten,<br />

dass es sich hier um biblische Handschriften<br />

han<strong>de</strong>lte, <strong>die</strong> aus <strong>de</strong>r Zeit 200<br />

vor Christus stammten.<br />

Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch<br />

<strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />

– Stuttgart. 1996. Station 8. © 1996 by Hänssler-<br />

Verlag, D-71087 Holzgerlingen<br />

Aus: Hans Freu<strong>de</strong>nberg: Freiarbeit mit Religionsunterricht<br />

praktisch. Materialien für <strong>die</strong> Grundschule.<br />

Band 1. – Göttingen 2000. S. 143. © Van<strong>de</strong>nhoeck<br />

& Ruprecht, Göttingen


Arbeitsauftrag:<br />

Die Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong> in frem<strong>de</strong>n Sprachen geschrieben.<br />

Das Alte Testament (=AT) entstand in Israel. Dort sprachen und schrieben <strong>die</strong><br />

Menschen hebräisch. Wir nennen <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n ersten Teil <strong>de</strong>r Bibel – das Alte<br />

Testament – auch Hebräische Bibel.<br />

Hebräisch,<br />

<strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r Israeliten<br />

An<strong>de</strong>re Län<strong>de</strong>r, an<strong>de</strong>re Schriften – in Israel schreibt man von<br />

sknil hcan sthcer<br />

( ).<br />

Und man schreibt mit Buchstaben, <strong>die</strong> alle in ein Quadrat passen wür<strong>de</strong>n. Im<br />

hebräischen Alphabet gibt es nur Konsonanten (Mitlaute). Die Vokale (Selbstlaute)<br />

wer<strong>de</strong>n als kleine Zeichen über o<strong>de</strong>r unter <strong>die</strong> Buchstaben gesetzt.<br />

Versuche, <strong>die</strong> folgen<strong>de</strong>n Worte zu lesen:<br />

Station 9<br />

Hebräisch, <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r Israeliten<br />

– so heißt ihr Land<br />

– so begrüßen sie sich<br />

Wenn du möchtest, kannst du jetzt <strong>de</strong>inen Namen mit hebräischen Buchstaben<br />

schreiben:<br />

Das hebräische Alphabet<br />

Hier kannst du nachsehen, wie <strong>die</strong><br />

hebräischen Buchstaben geschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Das hebräische Alphabet umfasst eigentlich<br />

nur <strong>die</strong> Konsonanten. Erst<br />

später, etwa im 7. Jahrhun<strong>de</strong>rt, ergänzten<br />

jüdische Gelehrte Zeichen für <strong>die</strong><br />

Vokale. Diese <strong>wur<strong>de</strong></strong>n im Text unter<br />

<strong>die</strong> Konsonanten gesetzt.<br />

Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch<br />

<strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />

– Stuttgart. 1996. Station 7. © 1996 by Hänssler-<br />

Verlag, D-71087 Holzgerlingen<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

107


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

108<br />

Arbeitsauftrag:<br />

Das Neue Testament (= NT ) <strong>wur<strong>de</strong></strong> in griechisch geschrieben. Wir nennen es<br />

<strong>de</strong>shalb auch <strong>die</strong> Griechische Bibel.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Griechisch,<br />

<strong>die</strong> Weltsprache im römischen Reich<br />

Die Menschen, <strong>die</strong> Jesus nachfolgten und an Jesus als ihren Heiland glaubten,<br />

nannten sich Christen. Zunächst gab es nur in Israel Christen, bald schon aber,<br />

waren Christen im ganzen römischen Reich zu fin<strong>de</strong>n. Die „Weltsprache“, <strong>die</strong><br />

Sprache mit <strong>de</strong>r man sich im ganzen römischen Reich verständigen konnte, war<br />

damals Griechisch.<br />

Deshalb verwen<strong>de</strong>ten auch <strong>die</strong> Christen Griechisch als ihre Sprache. Paulus, <strong>de</strong>r<br />

sich sehr engagierte hatte, dass möglichst viele Menschen <strong>die</strong> frohe Botschaft von<br />

Jesus Christus kennen lernen, schrieb <strong>de</strong>n christlichen Gemein<strong>de</strong>n in Griechisch.<br />

1. Versuche, <strong>die</strong> folgen<strong>de</strong>n Namen zu lesen<br />

Ιησους<br />

Μαρια<br />

Παυλος<br />

Station 10<br />

Die Sprache <strong>de</strong>s Neuen Testaments<br />

2. Schreibe <strong>de</strong>inen Namen in griechischen Buchstaben:<br />

Das griechische Alphabet<br />

Hier kannst du nachsehen, wie <strong>die</strong><br />

griechischen Buchstaben geschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Manche Laute wer<strong>de</strong>n aus zusammengesetzten<br />

Buchstaben gebil<strong>de</strong>t:<br />

ου = u<br />

Ein Häkchen vor o<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>m Anfangsbuchstaben<br />

ist das H, zum Beispiel:<br />

‘∝ = Ha.<br />

Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch<br />

<strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />

– Stuttgart. 1996. Station 7. © 1996 by Hänssler-<br />

Verlag, D-71087 Holzgerlingen


Arbeitsauftrag:<br />

1. Die ältesten biblischen Geschichten<br />

entstan<strong>de</strong>n in einer Zeit, in <strong>de</strong>r man<br />

noch nicht schreiben konnte. Sie<br />

konnten <strong>de</strong>shalb nur mündlich weitergegeben<br />

wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m sie erzählt<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong>n. Der Großvater und<br />

<strong>die</strong> Großmutter erzählten ihrer Familie,<br />

<strong>de</strong>r Vater und <strong>die</strong> Mutter ihren<br />

Kin<strong>de</strong>rn. Sie erzählten immer<br />

und immer wie<strong>de</strong>r, bis <strong>die</strong> Kin<strong>de</strong>r<br />

<strong>die</strong> Geschichten mit genau <strong>de</strong>nselben<br />

Worten erzählten, wie sie schon<br />

<strong>de</strong>r Urururgroßvater und <strong>die</strong> Ururururgroßmutter<br />

vor 100 Jahren erzählt<br />

hatten. Auch Lie<strong>de</strong>r und Gebete<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong>n so in <strong>de</strong>r Familie gelernt<br />

und weitergegeben.<br />

Station 11<br />

Wie <strong>die</strong> hebräische Bibel entstand<br />

Lies das Merkblatt: „Wie <strong>die</strong> hebräische Bibel entstand“!<br />

Merkblatt<br />

2. Dann <strong>wur<strong>de</strong></strong>n einzelne Geschichten,<br />

Gebete und Gesetze aufgeschrieben.<br />

3. Erst zur Zeit <strong>de</strong>s Königs David <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />

Schreiber (Redakteure) beauftragt,<br />

Schriften zu sammeln und in<br />

Buchrollen zusammenzuschreiben.<br />

Das war sehr viel Arbeit und auch<br />

teuer. Die Buchrollen waren wertvoll<br />

und <strong>wur<strong>de</strong></strong>n gesammelt. Was<br />

wir heute Altes Testament (AT)<br />

o<strong>de</strong>r hebräische Bibel nennen, ist<br />

also kein einheitliches Buch, son<strong>de</strong>rn<br />

eine Sammlung unterschiedlicher<br />

Buchrollen, <strong>die</strong> über einen<br />

Zeitraum von fast 1000 Jahren geschrieben<br />

wor<strong>de</strong>n sind. Nach ihren<br />

Inhalten fasste man <strong>die</strong> Buchrollen<br />

zu Gruppen zusammen:<br />

� Die ersten fünf Bücher <strong>de</strong>r Bibel<br />

(Tora);<br />

� Geschichtliche Bücher (Erzählungen<br />

von <strong>de</strong>n Königen);<br />

� Psalmen (Lie<strong>de</strong>r, Gedichte und<br />

Gebete);<br />

� Weisheitsbücher (Sprichwörter<br />

und Lehrweisheiten);<br />

� Prophetische Bücher (Leben<br />

und Re<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Propheten);<br />

4. Noch viel später stellte man dann<br />

fest, was zur hebräischen Bibel gehört.<br />

Man nennt das <strong>die</strong> Kanonbildung<br />

o<strong>de</strong>r Kanonisierung.<br />

Jetzt kannst du auf <strong>de</strong>m Arbeitsblatt<br />

Bil<strong>de</strong>r und Texte zuordnen:<br />

Redaktion <strong>de</strong>r<br />

Überlieferung<br />

Kanonisierung<br />

<strong>de</strong>r Schriften<br />

Mündliche<br />

Überlieferung<br />

Schriftliche<br />

Überlieferung<br />

Im 2. Arbeitsauftrag gibt’s was zu<br />

schnippeln und zu kleben !<br />

Aus: Francois Traudisch/Christoph Goldmann: Folienatlas<br />

Religion. Serie 2: Altes Testament. Foliensatz XI.<br />

–Freiburg. 1975. © Verlag Her<strong>de</strong>r<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

109


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

110<br />

Arbeitsauftrag:<br />

Lei<strong>de</strong>r ist hier einiges durcheinan<strong>de</strong>rgeraten. Schnei<strong>de</strong> alle Bil<strong>de</strong>r und Erklärungen aus und bringe sie in <strong>die</strong> richtige Reihenfolge.<br />

Die Buchstaben im rechten unteren Eck <strong>de</strong>r Kästchen ergeben ein Lösungswort. Klebe alles in <strong>de</strong>inen Ordner ein.<br />

Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch <strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe. – Stuttgart. 1996. Station 6. © 1996 by Hänssler-Verlag,<br />

D-71087 Holzgerlingen<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003


Arbeitsauftrag:<br />

Lest <strong>die</strong> Infokarte: „Die Schriftrollen am Toten Meer“ mit verteilten Rollen mehrere Male durch!<br />

Malt <strong>die</strong> Bil<strong>de</strong>r aus. Stellt dann aus <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>m Text eine Zeitungsseite zusammen.<br />

Infokarte<br />

Bild l<br />

An einem heißen Sommertag ziehen<br />

Beduinen mit ihren Schaf- und Ziegenher<strong>de</strong>n<br />

durch <strong>die</strong> einsame und karge<br />

Steppe nordwestlich <strong>de</strong>s Toten Meeres.<br />

Im Flusstal bei Qumran schlagen sie ihre<br />

Zelte auf. Ein paar Tage wollen sie hier<br />

bleiben und ihre Tiere wei<strong>de</strong>n lassen.<br />

Bild 2<br />

Früh am Morgen zieht Muhammad<br />

mit seiner Ziegenher<strong>de</strong> los. Der Beduinenjunge<br />

ist erst 15 Jahre alt. Doch bei<br />

<strong>de</strong>n Beduinen müssen auch 15-Jährige<br />

schon mithelfen. Muhammad sucht einen<br />

Wei<strong>de</strong>platz für <strong>die</strong> Her<strong>de</strong>. Im<br />

Schatten einer Schirmakazie kann er<br />

<strong>die</strong> Tiere beobachten, in <strong>die</strong> Ferne sehen<br />

-und davon träumen, unverhofft einen<br />

verborgenen Schatz zu fin<strong>de</strong>n, von<br />

<strong>de</strong>m <strong>die</strong> Alten abends am Lagerfeuer so<br />

spannend erzählen.<br />

Bild 3<br />

Herabpoltern<strong>de</strong> Steine schrecken <strong>de</strong>n<br />

jungen Hirten aus seinem schönen<br />

Traum: Eine Ziege hat sich weiter oben<br />

in <strong>de</strong>n zerklüfteten Felsen verstiegen und<br />

eine Steinlawine ausgelöst. Muhammad<br />

schaut angestrengt an <strong>de</strong>r Felswand<br />

hoch: Wenige Meter neben seiner Ziege<br />

ent<strong>de</strong>ckt er ein Loch, kaum größer als <strong>de</strong>r<br />

Kopf eines Menschen. Das Loch scheint<br />

in eine Höhle zu führen. Muhammad hat<br />

längst seine Ziege vergessen; er ist ganz<br />

aufgeregt. Schnaubend erreicht er <strong>die</strong><br />

seltsam geformte Öffnung. Er schirmt<br />

<strong>die</strong> Augen gegen <strong>die</strong> blen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Sonne<br />

Station 12<br />

Das Abenteuer von Qumran<br />

Die Schriftrollen am Toten Meer<br />

ab, doch das Höhlendunkel ist undurchdringlich.<br />

Er wirft einen Stein durch <strong>die</strong><br />

Öffnung – klirrend zerbricht etwas<br />

Bild 4<br />

Neugierig zwängt sich <strong>de</strong>r Junge<br />

durch <strong>de</strong>n schmalen Eingang. Im Dämmerlicht<br />

erspäht er mehrere etwa 60 cm<br />

hohe Tonkrüge. Ob in ihnen wirklich geheimnisvolle<br />

Schätze verborgen sind?<br />

Vorsichtig öffnet er <strong>de</strong>n Deckel <strong>de</strong>s<br />

ersten Kruges: Leer! Der zweite Krug:<br />

Leer! Muhammad ist enttäuscht!<br />

Bild 5<br />

Doch im dritten Krug stößt er auf<br />

ein Bün<strong>de</strong>l staubiger Lappen. Er zieht<br />

es heraus. Beim Berühren zerfällt das<br />

Leinen, das im Innern eine braune Pergament-Rolle<br />

birgt. Was soll er bloß mit<br />

<strong>die</strong>sem alten Le<strong>de</strong>r anfangen? Er will<br />

<strong>die</strong> Rolle schon wegwerfen, da ent<strong>de</strong>ckt<br />

er Buchstaben und Schriftzüge. Er kann<br />

sie nicht entziffern. Wie fast alle Beduinen<br />

hat Muhammad nie lesen und<br />

schreiben gelernt. Auch an<strong>de</strong>ren Krügen<br />

entnimmt <strong>de</strong>r Hirte alte Pergament-<br />

Rollen. Er trägt sie abends ins Lager –<br />

vielleicht kauft Schumacher Kando in<br />

Bethlehem das alte, gut erhaltene Le<strong>de</strong>r,<br />

um es zu Sandalen zu verarbeiten.<br />

Bild 6<br />

Durch Zufall hören Altertumsforscher<br />

in Jerusalem von Muhammads<br />

Fund in <strong>de</strong>n Bergen am Toten Meer. Sie<br />

untersuchen <strong>die</strong> Rollen mit ihren merkwürdigen<br />

Schriftzeichen und wer<strong>de</strong>n<br />

ganz erregt: Diese alten, handgeschriebenen<br />

Rollen sind mit Gold nicht zu bezahlen!<br />

Vor ihnen liegen 2000 Jahre alte<br />

kostbare Bibelhandschriften <strong>de</strong>s Alten<br />

Testaments. Sie sind trotz ihres Alters<br />

hervorragend erhalten, weil <strong>die</strong> Krüge,<br />

<strong>die</strong> sie bargen, sorgfältig versiegelt waren.<br />

Tatsächlich ist Muhammad auf einen<br />

Schatz gestoßen, doch ganz an<strong>de</strong>rs, als er<br />

es unter <strong>de</strong>r Akazie geträumt hatte. Die<br />

sensationelle Ent<strong>de</strong>ckung lockt Wissenschaftler<br />

aus aller Welt ans Tote Meer.<br />

Zehn an<strong>de</strong>re Höhlen mit weiteren<br />

Schriftrollen wer<strong>de</strong>n ent<strong>de</strong>ckt. Sie alle<br />

gehörten zur Bibliothek <strong>de</strong>s nahe gelegenen<br />

Klosters Qumran. Als 70 Jahre vor<br />

Christi Geburt Krieg ausbrach und römische<br />

Soldaten vorrückten, versteckten<br />

<strong>die</strong> Qumran-Mönche <strong>die</strong> Schriftrollen in<br />

<strong>de</strong>n unwegsamen Bergen hinter ihrem<br />

Hauptquartier. Das Kostbarste, das sie<br />

besaßen, sollte auf keinen Fall <strong>de</strong>n heidnischen<br />

Fein<strong>de</strong>n in <strong>die</strong> Hän<strong>de</strong> fallen!<br />

Aus: Hans Freu<strong>de</strong>nberg: Freiarbeit mit Religionsunterricht<br />

praktisch. Materialien für <strong>die</strong> Grundschule.<br />

Band 1. – Göttingen. 2000. S. 141/142. © Van<strong>de</strong>nhoeck<br />

& Ruprecht, Göttingen<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

111


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

112<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003


Arbeitsauftrag:<br />

Auch das Neue Testament (NT) –<br />

<strong>die</strong> griechische Bibel – ist nicht von einem<br />

Autor erdacht wor<strong>de</strong>n. Jesus<br />

selbst hat keine Schriften hinterlassen.<br />

Er hat auch nicht seinen Jüngern <strong>de</strong>n<br />

Auftrag gegeben, mitzuschreiben, was<br />

er sagte und tat. Es hat über 100 Jahre<br />

gedauert, bis das NT so war, wie wir es<br />

heute kennen. Wir können auf <strong>die</strong>sem<br />

Weg vier Abschnitte unterschei<strong>de</strong>n:<br />

1. Abschnitt ( ca. 27-30 n.Chr.)<br />

Jesus verkün<strong>de</strong>t <strong>die</strong> Frohe Botschaft<br />

vom Reich Gottes und wirkt<br />

machtvolle Taten. Er wird gekreuzigt<br />

und <strong>die</strong> Jünger erleben: Jesus ist auferstan<strong>de</strong>n<br />

und hat uns seinen Geist gesen<strong>de</strong>t.<br />

Station 13<br />

Wie das Neue Testament entstand<br />

Lies das Merkblatt: „Wie das Neue Testament entstand“!<br />

Jetzt kannst du auf <strong>de</strong>m Arbeitsblatt Bil<strong>de</strong>r und Texte zuordnen:<br />

Merkblatt<br />

Christi<br />

Geburt<br />

30 n. Chr.<br />

50 n. Chr.<br />

100 n. Chr.<br />

2. Abschnitt ( ca. 30-50 n.Chr.)<br />

Die Jünger Jesu erzählen weiter,<br />

was sie gesehen und gehört haben. Sie<br />

treffen sich am Sonntag zum Abendmahl,<br />

erzählen von Jesus und seiner<br />

Botschaft. Die Apostel reisen in viele<br />

Städte und Gemein<strong>de</strong>n und erzählen<br />

<strong>die</strong> Frohe Botschaft weiter. Sie taufen<br />

neue „Christen“ und unterrichten sie<br />

im Glauben an Jesus.<br />

3. Abschnitt ( ca. 50-70 n.Chr.)<br />

Einige fangen an, aufzuschreiben,<br />

was sie von Jesus wissen. So entstehen<br />

kleine Sammlungen von Jesu Worten<br />

und Jesu Taten, von seinem Tod und<br />

seiner Auferstehung. Die Apostel<br />

schreiben Briefe an <strong>die</strong> Christen in <strong>de</strong>n<br />

Gemein<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> sie besucht haben.<br />

4. Abschnitt ( ca. 70-100 n.Chr.)<br />

Die Briefe <strong>de</strong>r Apostel wer<strong>de</strong>n gesammelt<br />

und immer wie<strong>de</strong>r abgeschrieben<br />

und weitergegeben.<br />

Die vier Evangelien entstehen. Um 70<br />

n.Chr. sammelt Markus als erster Worte<br />

und Taten von Jesus und schreibt<br />

sein Evangelium.<br />

– Um 80 schreibt Matthäus sein<br />

Evangelium.<br />

– Um 90 entsteht das Lukasevangelium.<br />

– Um 100 ist das Johannesevangelium<br />

fertig.<br />

Schriftliche<br />

Aufzeichnungen<br />

Mündliche Überlieferung<br />

Leben Jesu<br />

Sammlung <strong>de</strong>r Briefe<br />

Abfassung <strong>de</strong>r Evangelien<br />

Aus: Francois Traudisch/Christoph Goldmann: Folienatlas<br />

Religion. Serie 1: Neues Testament. Foliensatz 1<br />

– Freiburg. 1974. © Verlag Her<strong>de</strong>r<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

113


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

114<br />

Arbeitsauftrag:<br />

Die Bibel ist eine Bibliothek mit 73 Büchern.<br />

1. Nimm dir eine Bibel und schlage das Inhaltsverzeichnis auf.<br />

2. Dann nimm dir <strong>de</strong>n Ordner „Die Bibelbibliothek“ und schlage ihn auf. Kippe <strong>die</strong> „Bücher“ aus <strong>de</strong>m Regal auf <strong>de</strong>n Tisch.<br />

3. Nun sortiere <strong>die</strong> Biblischen Bücher in <strong>de</strong>r richtigen Reihenfolge in das „Regal“. Du kannst dich am Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>de</strong>r Bibel orientieren.<br />

4. Ergänze auf <strong>de</strong>m Arbeitsblatt <strong>die</strong> fehlen<strong>de</strong>n Bücher.<br />

Arbeitsblatt<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Station 14<br />

Die Bibel, eine Bibliothek<br />

Nach: Michael Schwarz/Adrian Müller/Hans Eggenberger/Immanuel Leuschner: Die Bibell – überliefert und gellebtt.<br />

Unterrichtshilfen. – Zürich. 1987. Kopiervorlage 33. © Theologischer Verlag Zürich


Arbeitsauftrag:<br />

1. Lies das Merkblatt „Buchmalerei“!<br />

2. Schau dir in Büchern <strong>die</strong> wun<strong>de</strong>rschönen Kopien aus mittelalterlichen Bibeln an.<br />

3. Die Anfangsbuchstaben – Initialen – <strong>wur<strong>de</strong></strong>n immer beson<strong>de</strong>rs schön gestaltet. Suche dir einen Buchstaben aus und<br />

versuche, ihn so schön zu malen wie in <strong>de</strong>n Vorlagen.<br />

4. Benutze <strong>die</strong> Schreibfe<strong>de</strong>r und Tinte und schreibe <strong>de</strong>inen Namen.<br />

5. Du kannst aber auch versuchen, eine Kopie <strong>de</strong>r 1. Seite <strong>de</strong>r Gutenbergbibel auszumalen.<br />

Merkblatt<br />

Buchmalerei<br />

Station 15<br />

Kostbarkeiten aus <strong>de</strong>m Mittelalter<br />

Im Mittelalter waren <strong>die</strong> Mönche bemüht, <strong>die</strong><br />

Bibel als das „Buch <strong>de</strong>r Bücher“ beson<strong>de</strong>rs kostbar<br />

und würdig auszustatten. Ihre beson<strong>de</strong>re Mühe galt<br />

<strong>de</strong>m ersten Buchstaben eines Buches o<strong>de</strong>r eines Kapitels<br />

(Initiale), <strong>de</strong>m sie häufig eine ganze Seite<br />

widmeten.<br />

Selbstverständlich konnten sich nur reiche Leute<br />

wie Fürsten, Könige und Kaiser solche kostbaren<br />

Bibeln anfertigen lassen. Für <strong>die</strong> einfachen Leute<br />

gab es seit <strong>de</strong>m 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt sogenannte „Armenbibeln“,<br />

<strong>die</strong> neben <strong>de</strong>m Text auch eine große Zahl<br />

von Bil<strong>de</strong>rn enthielten.<br />

Auch an <strong>de</strong>n Buch<strong>de</strong>ckeln zeigt sich <strong>die</strong> Ehrfurcht,<br />

mit <strong>de</strong>r <strong>die</strong> Menschen <strong>de</strong>s Mittelalters <strong>de</strong>r Bibel begegneten.<br />

Das Photo gibt <strong>de</strong>n „Gol<strong>de</strong>nen Ko<strong>de</strong>x“ von<br />

St. Emmeram aus <strong>de</strong>m 9. Jahrhun<strong>de</strong>rt wie<strong>de</strong>r. Er trägt<br />

seinen Namen zu Recht, <strong>de</strong>nn sein Einband besteht<br />

aus reinem Gold und ist mit über hun<strong>de</strong>rt Perlen und<br />

über achtzig E<strong>de</strong>lsteinen besetzt.<br />

Als erstes größeres Werk <strong>de</strong>r Buchdruckerkunst<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel im Jahre 1455 durch Johannes Gutenberg<br />

gedruckt. Er fertigte 150 Exemplare an, etwa<br />

30 auf Pergament und 120 auf Papier. Für je<strong>de</strong><br />

Pergament-Bibel benötigte er <strong>die</strong> Häute von 170<br />

Kälbern. Die Anfangsbuchstaben und Zierleisten<br />

sind handgemalt.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

115


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

116<br />

Arbeitsauftrag:<br />

1. Lies das Merkblatt:<br />

� „Eine bahnbrechen<strong>de</strong> Erfindung“;<br />

� „Übersetzungen <strong>de</strong>r <strong>Bibel“</strong>;<br />

� „Die Kunst, <strong>die</strong> Bibel zu übersetzen“.<br />

2. Schau dir <strong>die</strong> Zehn verschie<strong>de</strong>nen Bibelübersetzungen von Markus l, 1-4 an.<br />

3. Schreibe Dinge auf, <strong>die</strong> es zur Zeit <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>r Bibel (vor 3000-2000 Jahren) noch nicht gab:<br />

4. Fallen dir auch Dinge ein, <strong>die</strong> es damals gab, aber heute nicht mehr?<br />

Merkblatt<br />

Gedruckt <strong>wur<strong>de</strong></strong> schon vor Gutenberg<br />

per Holzdruck. Hierbei <strong>wur<strong>de</strong></strong> Papier auf<br />

<strong>de</strong>n bearbeiteten und mit Farbe versehenen<br />

Holzstock gelegt und abgerieben – ein aufwändiges<br />

und langwieriges Verfahren.<br />

Grundgedanke <strong>de</strong>r Erfindung Gutenbergs<br />

war <strong>die</strong> Zerlegung <strong>de</strong>s Textes in alle Einzelelemente<br />

wie Klein- und Großbuchstaben,<br />

Satzzeichen, Ligaturen und Abkürzungen,<br />

wie sie aus <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>r mittelalterlichen<br />

Schreiber allgemein üblich waren.<br />

Diese Einzelelemente <strong>wur<strong>de</strong></strong>n als seitenverkehrte<br />

Lettern in beliebiger Anzahl gegossen,<br />

schließlich zu Wörtern, Zeilen und Seiten<br />

zusammengefügt. Urform o<strong>de</strong>r Prototyp<br />

für je<strong>de</strong>n Buchstaben war <strong>de</strong>r Stempel. In<br />

<strong>die</strong> Stirnseite eines Stahlstifts <strong>wur<strong>de</strong></strong> das<br />

Zeichen geschnitten, so dass sich ein seitenverkehrtes<br />

präzises Relief ergab. Nun <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Station 16<br />

Übersetzungen <strong>de</strong>r Bibel<br />

Eine bahnbrechen<strong>de</strong> Erfindung<br />

<strong>de</strong>r jeweilige Stempel, <strong>die</strong> Patrize, in einen<br />

rechteckigen Block aus weicherem Metall,<br />

in <strong>de</strong>r Regel wohl Kupfer, „abgeschlagen“,<br />

d. h. senkrecht mit <strong>de</strong>m Schlag eines Hammers<br />

eingetieft. Die so erzeugte Matrize<br />

musste nachbearbeitet und begradigt wer<strong>de</strong>n,<br />

so dass eine rechtwinkliger Kubus mit<br />

gera<strong>de</strong>n Seiten entstand. Das seitenrichtige<br />

Bild sollte eine einheitliche Tiefe haben,<br />

weshalb <strong>die</strong> Oberfläche mit einer Feile bearbeitet<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong>. Um <strong>de</strong>n Guss einer Letter zu<br />

bewerkstelligen, entwickelte Gutenberg das<br />

Handgießinstrument. Zwei Teile umschließen<br />

einen rechteckigen Gießkanal, <strong>de</strong>ssen<br />

eines En<strong>de</strong> durch Einsetzen <strong>de</strong>r Matrize verschlossen<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong>. Nach <strong>de</strong>m Guss <strong>de</strong>r Lettern<br />

im Handgießinstrument musste <strong>de</strong>r Angusszapfen<br />

entfernt wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong> Letter hatte<br />

eine <strong>„So</strong>llbruchstelle“, so dass alle Let-<br />

tern automatisch <strong>die</strong> gleiche Höhe erhielten.<br />

Das Handgießinstrument, <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendste<br />

Teil <strong>de</strong>r Erfindung, ermöglichte es, im<br />

schnellen Wechsel <strong>die</strong> jeweils benötigten<br />

Mengen an unterschiedlichsten Lettern zu<br />

gießen. Das Gussmetall war eine Legierung<br />

aus Blei, Zinn und weiteren Beimischungen,<br />

<strong>die</strong> ein schnelles Erkalten und eine ausreichen<strong>de</strong><br />

Dauerhaftigkeit unter <strong>de</strong>m hohen<br />

Druck <strong>de</strong>r Presse gewährleistete. Die Druckerpresse,<br />

<strong>die</strong> gegenüber <strong>de</strong>m bis dahin bekannten<br />

Reiberdruck eine enorme Beschleunigung<br />

<strong>de</strong>s Druckvorgangs bewirkte,<br />

war eine Spin<strong>de</strong>lpresse mit spezieller Ausrüstung<br />

für <strong>die</strong> effektive und gleichmäßige<br />

Übertragung <strong>de</strong>s Druckbil<strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r Form<br />

auf das Papier o<strong>de</strong>r auch das Pergament.<br />

Aus: www.gutenberg.<strong>de</strong>/erfindung.htm am 20.02.2003


Merkblatt<br />

Wir lesen <strong>die</strong> Bibel heute in unserer<br />

Sprache. Aber das ist eigentlich<br />

nicht selbstverständlich. Die Bibel<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong> zuerst in hebräischer und griechischer<br />

Sprache geschrieben. Außer<strong>de</strong>m<br />

hat es weit über 1000 Jahre gedauert,<br />

bis alle Schriften <strong>de</strong>r Bibel geschrieben<br />

waren. Die meisten Christen,<br />

<strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> Bibel interessierten,<br />

wohnten im römischen Reich.<br />

Die Sprache war zunächst Griechisch,<br />

später Latein. Also <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel<br />

ins Lateinische übersetzt und immer<br />

wie<strong>de</strong>r abgeschrieben. Lesen konnten<br />

<strong>die</strong> Bibel nur <strong>die</strong> Leute, <strong>die</strong> Latein gelernt<br />

hatten, meistens <strong>die</strong> Priester und<br />

Mönche. Sie lasen <strong>de</strong>n Leuten <strong>die</strong> lateinischen<br />

Bibeltexte vor und erklärten<br />

sie in Deutsch o<strong>de</strong>r Englisch o<strong>de</strong>r<br />

Französisch ...<br />

Merkblatt<br />

Übersetzungen <strong>de</strong>r Bibel<br />

Viele Künstler malten biblische<br />

Geschichten an <strong>die</strong> Kirchenwän<strong>de</strong>, so<br />

dass <strong>die</strong> armen Leute, <strong>die</strong> keine Bücher<br />

hatten, sich <strong>die</strong> Geschichten anschauen<br />

konnten.<br />

Martin Luther übersetzte 1522 <strong>die</strong><br />

Bibel in <strong>die</strong> <strong>de</strong>utsche Sprache. Das<br />

ganz Beson<strong>de</strong>re war, dass er <strong>die</strong> Bibel<br />

so übersetzte, wie <strong>die</strong> Leute gesprochen<br />

haben. Luther wollte, dass <strong>die</strong><br />

Menschen <strong>die</strong> Bibel in ihrer Sprache<br />

verstehen konnten. Bis heute ist Luthers<br />

Bibelübersetzung überliefert.<br />

Es ist auch heute noch nicht einfach,<br />

<strong>die</strong> Bibel zu übersetzen, auch<br />

wenn man <strong>die</strong> hebräische und griechische<br />

Sprache kann. Vor 3000 bis<br />

2000 Jahren sah <strong>die</strong> Welt ganz an<strong>de</strong>rs<br />

aus als heute. Viele Dinge von damals<br />

kennen wir heute gar nicht mehr. Viele<br />

Die Kunst, <strong>die</strong> Bibel zu übersetzen<br />

1522 übersetzte Martin Luther das<br />

Neue Testament ins Deutsche. 1534<br />

hatte er <strong>die</strong> ganze Bibel übersetzt. Zu<br />

seiner Zeit gab es allerdings kein Wörterbuch<br />

für <strong>die</strong> Rechtschreibung, in<br />

<strong>de</strong>m man nachschlagen kann, wie ein<br />

Wort zu schreiben ist. Denn Deutschland<br />

war ein Flickenteppich von Fürstentümern.<br />

Um von Bad Homburg<br />

nach Frankfurt zu gelangen, musste<br />

man fünf Grenzen passieren.<br />

Weil Deutschland aber in unzählige<br />

kleinere und größere Län<strong>de</strong>reien<br />

zersplittert war, gab es ebenso viele<br />

<strong>de</strong>utsche Sprachen. Um nun <strong>die</strong> Bibel<br />

möglichst gut ins Deutsche zu übertragen,<br />

hat Martin Luther, wie er selbst<br />

sagte, „<strong>de</strong>n Leuten aufs Maul geschaut“.<br />

Das heißt, er hat genau hingehört,<br />

wie man auf <strong>de</strong>r Straße miteinan<strong>de</strong>r<br />

sprach, und hat dann versucht, <strong>die</strong><br />

Bibel in <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r Menschen auf<br />

<strong>de</strong>r Straße zu übertragen. Das war beson<strong>de</strong>rs<br />

schwierig, weil es in Deutschland<br />

viele <strong>de</strong>utsche Sprachen und<br />

<strong>de</strong>mentsprechend viele <strong>de</strong>utsche<br />

Schreibweisen gab.<br />

Da knapp hun<strong>de</strong>rt Jahre zuvor <strong>de</strong>r<br />

Buchdruck von Johannes Gutenberg<br />

erfun<strong>de</strong>n war, konnte <strong>die</strong> Bibelübersetzung<br />

von Martin Luther gedruckt<br />

wer<strong>de</strong>n. Man musste nicht mehr je<strong>de</strong><br />

einzelne Bibel mühsam von Hand abschreiben,<br />

was Wochen o<strong>de</strong>r Monate<br />

dauerte.<br />

Ein Buchdrucker setzte je<strong>de</strong> Seite<br />

<strong>de</strong>r Bibel aus einzelnen Buchstaben in<br />

Spiegelschrift zusammen und konnte<br />

dann <strong>die</strong> einzelne Bibelseite so oft<br />

drucken, wie man wollte. Die Zeit,<br />

<strong>die</strong> man dann für eine einzelne Seite<br />

brauchte, war viel geringer als wenn<br />

man sie von Hand abgeschrieben hätte.<br />

Daher <strong>wur<strong>de</strong></strong>n <strong>die</strong> Bibeln billiger<br />

Dinge, <strong>die</strong> wir heute haben, kannte man<br />

damals noch nicht.<br />

Heute ist <strong>die</strong> Bibel in fast alle Sprachen<br />

<strong>de</strong>r Welt übersetzt.<br />

und konnten von viel mehr Leuten gekauft<br />

und gelesen wer<strong>de</strong>n.<br />

Da viele Menschen <strong>die</strong> Bibel lesen<br />

wollten, verbreitete sich <strong>die</strong> Übersetzung<br />

von Martin Luther über ganz<br />

Deutschland mit all seinen Fürstentümern<br />

hinweg, und man lernte anhand<br />

<strong>de</strong>r Bibel in allen <strong>de</strong>utschen Län<strong>de</strong>rn<br />

eine gemeinsame Schriftsprache.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

117


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

118<br />

Zehn verschie<strong>de</strong>ne Bibelübersetzungen von Markus 1,1-4<br />

Aus: Hans Freu<strong>de</strong>nberg: Freiarbeit mit Religionsunterricht praktisch. Materialien für <strong>die</strong> Grundschule. Band 1. – Vergrößern auf DIN A 3 – Göttingen. 2000. S. 140.<br />

© Van<strong>de</strong>nhoeck & Ruprecht, Göttingen<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003


Arbeitsauftrag:<br />

Station 17<br />

Wie fin<strong>de</strong> ich eine Bibelstelle?<br />

Es gibt unzählige verschie<strong>de</strong>ne Bibelausgaben.<br />

Wenn in einer Klasse fast je<strong>de</strong> Schülerin und je<strong>de</strong>r Schüler eine an<strong>de</strong>re Bibelausgabe hat, dann kann man nicht einfach sagen:<br />

„Schlage auf Seite 28!“. Deshalb muss man wissen, wie <strong>die</strong> Bibel aufgebaut ist.<br />

Lies zuerst <strong>de</strong>n Text: „Wie fin<strong>de</strong> ich eine Bibelstelle?“<br />

Jetzt kannst du sicher ohne Schwierigkeiten <strong>de</strong>in Arbeitsblatt Biblische „Viechereien“ lösen.<br />

Wie fin<strong>de</strong> ich eine Bibelstelle?<br />

1. Zuerst schlage ich das Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>de</strong>r Bibel auf.<br />

(Achtung: Manche Bibeln haben<br />

getrennte Inhaltsverzeichnisse für<br />

das Alte und das Neue Testament.<br />

Das Inhaltsverzeichnis für das Neue<br />

Testament steht dann dort, wo das<br />

Neue Testament anfängt.)<br />

2. Ich suche das genannte Buch (also<br />

z.B. Lukas) im Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>de</strong>s Alten Testaments (AT) o<strong>de</strong>r<br />

Neuen Testaments (NT). Ich schlage<br />

<strong>die</strong> Seite auf, auf <strong>de</strong>r es beginnt.<br />

(Achtung: Das Neue Testament beginnt<br />

wie<strong>de</strong>r mit Seite 1!)<br />

3. Nun suche ich das angegebene<br />

Kapitel (z.B. Kapitel 19). Oben<br />

auf je<strong>de</strong>r Seite stehen <strong>die</strong> Kapitelzahlen.<br />

4. Wenn ich das Kapitel gefun<strong>de</strong>n habe,<br />

suche ich darin <strong>de</strong>n angegebenen<br />

Vers (z.B. Vers 2). Die Verse<br />

erkennt man an <strong>de</strong>n kleinen Zahlen<br />

vor <strong>de</strong>n Sätzen.<br />

Vers<br />

Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch<br />

<strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />

– Stuttgart. 1996. Station 3. © 1996 by Hänssler-<br />

Verlag, D-71087 Holzgerlingen<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

119


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

120<br />

Biblische „Viechereien“<br />

Biblische „Viechereien“<br />

In <strong>de</strong>r Bibel gibt es auch allerhand Tierisches:<br />

Suche in <strong>de</strong>r Bibel <strong>die</strong> Tiere, <strong>die</strong> sich hinter <strong>de</strong>n angegebenen Bibelstellen verbergen und trage sie ein (Beachte: ä, ö, ü = ae,<br />

oe, ue). Die fett umran<strong>de</strong>ten Kästchen ergeben ein Lösungswort, das Du unten eintragen musst. Trage <strong>die</strong> Buchstaben in <strong>de</strong>n<br />

grau hinterlegten Kästchen in <strong>de</strong>r richtigen Reihenfolge unten bei <strong>de</strong>r Bibelstelle __ 7,1 ein. Schlage dort nach und kontrolliere<br />

Dein Lösungswort.<br />

Lukas 15,4: Davon hat einer ziemlich viele<br />

Psalm 104,21: Sie brüllen nach Raub<br />

Lukas 16,21: Sie belästigen <strong>de</strong>n armen Lazarus<br />

Sprüche 6,6: Der Faule kann von ihr lernen<br />

3. Mose 11,7: Das soll ein frommer Ju<strong>de</strong> nicht essen<br />

Johannes 3,14: Sie wird von Mose erhöht<br />

Offenbarung 12,3: Ein böser Geselle<br />

Matthäus 6,19: Was <strong>de</strong>r Rost nicht frißt, das fressen sie<br />

Markus 6,38: Zwei davon sind dabei<br />

Lukas 11,12: Kein guter Ersatz für ein Ei<br />

2. Mose 7,28: Hüpferlinge, <strong>die</strong> im Nil zu viel wer<strong>de</strong>n<br />

2. Mose 16,13: Ein schmackhaftes Fe<strong>de</strong>rvieh<br />

Bibelstelle:<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

7,1<br />

Lösungswort:<br />

Was steht über sie im Bibellexikon?<br />

Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch <strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe. – Stuttgart. 1996. Station 3. © 1996 by Hänssler-Verlag,<br />

D-71087 Holzgerlingen


Arbeitsauftrag:<br />

Suche dir ein Bibelwort, das dir gefällt.<br />

Überlege dir, was dir <strong>die</strong>ses Bibelwort sagt.<br />

Lies jeman<strong>de</strong>m <strong>de</strong>in Bibelwort vor und erzähle ihm, was dir an <strong>de</strong>inem Bibelwort wichtig ist.<br />

Lerne das Bibelwort auswendig.<br />

Station 18<br />

Meine Bibelstelle<br />

Schreibe <strong>de</strong>in Bibelwort in ganz schöner Schrift auf. Suche dir einen farblich passen<strong>de</strong>n Rahmen und klebe <strong>de</strong>in Blatt als<br />

Bild auf.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

121


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

122<br />

Test – <strong>Lernstraße</strong>: <strong>„So</strong> <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Bibel“</strong><br />

Name: Klasse:<br />

1. Hier stimmt manches nicht. Streiche alle falschen Aussagen durch!<br />

–Viele Bibeltexte gab es lange Zeit nur als gesprochenes Wort (Erzählungen, Lie<strong>de</strong>r).<br />

– Jesus hat sich zuerst einmal alles notiert, was er <strong>de</strong>n Menschen sagen wollte.<br />

– Menschen, <strong>die</strong> nicht lesen können, haben oft ein besser trainiertes Gedächtnis.<br />

– Jesus hat nichts aufgeschrieben. Was wir von ihm wissen, stammt allein aus mündlicher Überlieferung.<br />

– „<strong>Bibel“</strong> heißt ins Deutsche übersetzt: „Das Buch“.<br />

– Gott brauchte nur 7 Tage, um <strong>die</strong> Welt zu erschaffen. Das wissen wir heute zum Glück genau, weil Moses uns das so aufgeschrieben<br />

hat.<br />

2. Erst durch <strong>die</strong> Erfindung <strong>de</strong>r <strong>wur<strong>de</strong></strong> es möglich, Gedanken und<br />

Erfahrungen mit Gott aufzuschreiben.<br />

3. Die ältesten „Schriften“ waren keine Buchstabenschriften, son<strong>de</strong>rn:<br />

4. Die Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong> ursprünglich in zwei Sprachen geschrieben:<br />

das AT in und das NT in .<br />

5. Die Bibel ist kein einheitliches Buch, sie besteht aus Einzelschriften, <strong>die</strong><br />

zu Zeiten entstan<strong>de</strong>n sind.<br />

6. Die Bibel ist eigentliche eine ganze Bibliothek. Sie besteht aus vielen .<br />

Um eine Bibelstelle zu fin<strong>de</strong>n, sind alle Bücher <strong>de</strong>r Bibel in und eingeteilt.<br />

7. Suche <strong>die</strong>se Bibelstellen und trage ein:<br />

Mt 6,34 „<br />

und Lk 6,31 „<br />

Vielleicht kannst du einige <strong>die</strong>ser Wörter gebrauchen:<br />

Bildzeichen – Büchern – Computer – Griechisch – Hebräisch – Kapitel – Lateinisch – Schrift – verschie<strong>de</strong>nen – Verse<br />

– vielen – Zimmern<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

“.<br />

“.


Szenisches Lesen von Bibeltexten im<br />

Religionsunterricht <strong>de</strong>r Grundschule<br />

Gabriele Theuer<br />

1. Die Ergebnisse <strong>de</strong>r PISA-Stu<strong>die</strong><br />

sowie von IGLU als Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

an <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />

Mit <strong>de</strong>n ernüchtern<strong>de</strong>n Ergebnissen<br />

<strong>de</strong>r im Jahr 2000 durchgeführten internationalen<br />

PISA-Stu<strong>die</strong> an 15jährigen<br />

Schülerinnen und Schülern rückte <strong>die</strong><br />

Lesekompetenz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schüler/<br />

-innen wie<strong>de</strong>r ins öffentliche Bewusstsein.<br />

Lesekompetenz be<strong>de</strong>utet nach PISA<br />

<strong>die</strong> Fähigkeit, „geschriebene Texte unterschiedlicher<br />

Art in ihren Aussagen,<br />

ihren Absichten und ihrer formalen<br />

Struktur zu verstehen und in einen größeren<br />

Zusammenhang einordnen zu<br />

können, sowie in <strong>de</strong>r Lage zu sein, Texte<br />

für verschie<strong>de</strong>ne Zwecke sachgerecht<br />

zu nutzen.“ Sie bil<strong>de</strong>t eine unerlässliche<br />

Bedingung für je<strong>de</strong> Art selbstständigen<br />

Lernens (PISA-Stu<strong>die</strong>, S. 10).<br />

Nach PISA verfügen nun nahezu<br />

23 % <strong>de</strong>r getesteten <strong>de</strong>utschen Schüler/-innen<br />

über eine so gering ausgebil<strong>de</strong>te<br />

Lesekompetenz, dass sie als „potenzielle<br />

Risikogruppe“ eingestuft wer<strong>de</strong>n.<br />

10 % <strong>de</strong>r Schüler/-innen sind we<strong>de</strong>r<br />

in <strong>de</strong>r Lage, in einem Text <strong>die</strong> vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Informationen zu ermitteln,<br />

noch <strong>de</strong>n Hauptgedanken o<strong>de</strong>r <strong>die</strong> Intention<br />

<strong>de</strong>s Autors in einem Text zu erkennen,<br />

selbst dann nicht, wenn es sich<br />

dabei um ein Thema han<strong>de</strong>lt, das ihnen<br />

vertraut ist, o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Hauptgedanke<br />

sehr <strong>de</strong>utlich herausgestellt ist.<br />

Noch weniger sind sie in <strong>de</strong>r Lage, über<br />

einen Text zu reflektieren und seine Aussage<br />

bewerten zu können. Die PISA-<br />

Autoren resümieren: „Mit etwa 20% <strong>de</strong>s<br />

Altersjahrgangs ist <strong>de</strong>r Anteil schwacher<br />

und schwächster Leser in Deutschland<br />

ungewöhnlich groß“ (PISA-Stu<strong>die</strong>,<br />

S. 15). Auch <strong>die</strong> Lesekompetenz <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren (77%) Schüler/-innen ist geringer<br />

entwickelt als <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Schüler/<br />

-innen in mehr als <strong>de</strong>r Hälfte <strong>de</strong>r beteiligten<br />

Län<strong>de</strong>r.<br />

Das schlechte Abschnei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Schülerinnen und Schüler ist<br />

umso alarmieren<strong>de</strong>r, da <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> einen<br />

direkten Zusammenhang zwischen<br />

<strong>de</strong>r Lesekompetenz und allen an<strong>de</strong>ren<br />

für <strong>die</strong> kognitive Entwicklung wichtigen<br />

Kompetenzen belegt. Von <strong>de</strong>r Entfaltung<br />

<strong>de</strong>r Lesekompetenz hängt es ab,<br />

ob und inwieweit sich alle an<strong>de</strong>ren<br />

wichtigen Kompetenzen ebenfalls entwickeln.<br />

Die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Lesekompetenz<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schülerinnen und<br />

Schüler bereits in <strong>de</strong>r Grundschule ist<br />

also von zentraler Be<strong>de</strong>utung.<br />

Nicht ganz so erschreckend wie <strong>die</strong><br />

Ergebnisse von PISA sind <strong>die</strong> einer<br />

weiteren aktuellen internationalen Untersuchung,<br />

genannt IGLU, <strong>die</strong> sich<br />

speziell auf Grundschüler/-innen am<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vierten Jahrgangsstufe bezieht<br />

und <strong>de</strong>ren Ergebnisse im April<br />

2003 erschienen sind. Diese Stu<strong>die</strong> ermittelte<br />

– im Gegensatz zu Pisa – hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>s Leseverständnisses ein relativ<br />

hohes Niveau <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Grundschulkin<strong>de</strong>r<br />

(Mittelwert: 539 Punkte von<br />

insgesamt 650 Punkten; rund 2/3 <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r erreichen Testwerte zwischen<br />

472 und 606 Punkten, <strong>die</strong> mittleren 50 %<br />

liegen überwiegend im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Kompetenzstufe III [implizit im Text erhaltene<br />

Sachverhalte aufgrund <strong>de</strong>s Kontextes<br />

erschließen] von insgesamt vier<br />

Kompetenzstufen; vgl. Bos, S. 7.10f.).<br />

Allerdings erreichen mehr als ein<br />

Drittel aller Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Jahrgangs<br />

höchstens <strong>die</strong> Kompetenzstufe II (angegebene<br />

Sachverhalte aus einer Textpassage<br />

erschließen); nur wenige erreichen<br />

<strong>die</strong> Stufe IV (mehrere Textpassagen<br />

sinnvoll miteinan<strong>de</strong>r in Beziehung<br />

setzen). Es gibt also am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Grundschulzeit<br />

eine nicht unerhebliche Anzahl<br />

von Kin<strong>de</strong>rn, <strong>die</strong> offensichtlich<br />

während <strong>de</strong>r Grundschulzeit nicht <strong>die</strong><br />

notwendige Unterstützung zur Entwicklung<br />

ihrer Lesekompetenzen er-<br />

hielten (Bos, S.14). Diese Schülerinnen<br />

und Schüler bedürfen einer gezielter<br />

För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Leseverständnisses sowie<br />

zunächst ihrer Lesemotivation.<br />

Im Unterschied zu PISA untersuchte<br />

IGLU neben <strong>de</strong>r Fähigkeit, Informationen<br />

aus Texten zu ermitteln, auch <strong>die</strong><br />

„Literarische Erfahrung“ <strong>de</strong>r Grundschulkin<strong>de</strong>r.<br />

Dies meint, dass sich <strong>die</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r in <strong>die</strong> Figuren <strong>de</strong>r Erzählung hinein<strong>de</strong>nken<br />

und -fühlen können, dass sie<br />

Gefallen am sprachlichen Ausdruck<br />

fin<strong>de</strong>n und Freu<strong>de</strong> am Lesen haben.<br />

(Spinner, S. 10). IGLU geht davon aus,<br />

dass es bei Grundschulkin<strong>de</strong>rn mehr auf<br />

eine grundlegen<strong>de</strong>, allgemeine Vertrautheit<br />

mit <strong>de</strong>m Lesen ankommt und dass<br />

altersgemäße erzählen<strong>de</strong> Texte eine wesentliche<br />

Rolle spielen. Daher fragte<br />

IGLU auch nach <strong>de</strong>n Gefühlen <strong>de</strong>r Figuren,<br />

nach Grün<strong>de</strong>n für <strong>die</strong>se Gefühle,<br />

nach <strong>de</strong>n Gedanken <strong>de</strong>r Figuren u.Ä.<br />

Die „literarische Erfahrung“ entspricht<br />

zum einen <strong>de</strong>r Zielsetzung <strong>de</strong>s<br />

Deutschunterrichts – einem lebendigen<br />

Umgang mit literarischen Texten,<br />

<strong>de</strong>r <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung von Phantasie und<br />

Einfühlung einschließt und <strong>die</strong> Freu<strong>de</strong><br />

an sprachlicher Gestaltung weckt –<br />

schließt aber auch überfachliche Bildungsziele<br />

wie <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Vorstellungsfähigkeit,<br />

<strong>de</strong>r Reflexion auf<br />

menschliche Verhaltensmotive und <strong>de</strong>s<br />

Einfühlungsvermögens ein.<br />

Hier sind v.a. jene Unterrichtsfächer<br />

herausgefor<strong>de</strong>rt, in <strong>de</strong>nen nicht <strong>die</strong><br />

Vermittlung instrumentellen Wissens<br />

im Zentrum steht, son<strong>de</strong>rn <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung<br />

jener Fähigkeiten, <strong>die</strong> auf das Innewer<strong>de</strong>n,<br />

das Wahrnehmen und Deuten<br />

<strong>de</strong>r Welt gerichtet sind. Eine beson<strong>de</strong>re<br />

Rolle spielt dabei <strong>de</strong>r Religionsunterricht,<br />

da es hier wesentlich darum<br />

geht, (biblische) Texte sinnentnehmend<br />

lesen zu lernen und zu sich selbst in Beziehung<br />

zu setzen. Im Religionsunterricht<br />

steht somit <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung jener<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

123


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

124<br />

Faktoren, <strong>die</strong> laut Pisa wie auch laut<br />

IGLU <strong>die</strong> Lesefertigkeit ausmachen,<br />

im Zentrum <strong>de</strong>r Unterrichtsprozesse.<br />

Religiöse und biblische Texte sind dabei<br />

von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung, <strong>de</strong>nn<br />

sie sind per se so angelegt, dass sie <strong>die</strong><br />

Schüler/-innen zur Reflexion, zum Hinein<strong>de</strong>nken<br />

und -fühlen in frem<strong>de</strong> Personen,<br />

zum Überschreiten ihrer Erfahrungsräume<br />

sowie zum Innewer<strong>de</strong>n, zur<br />

Beziehung auf sich selbst herausfor<strong>de</strong>rn.<br />

Es kommt nun darauf an, bei <strong>de</strong>n<br />

Grundschulkin<strong>de</strong>rn das Interesse an<br />

Bibeltexten zu wecken und ihre Motivation<br />

zum Lesen <strong>de</strong>r biblischen Texte<br />

zu för<strong>de</strong>rn. Als eine vielversprechen<strong>de</strong><br />

Möglichkeit bietet sich hier das szenische<br />

Lesen von Bibeltexten an.<br />

2. Szenisches Lesen von Bibeltexten<br />

– Ablauf<br />

Das szenische Lesen ist eine beson<strong>de</strong>re<br />

Form von rollenverteiltem Lesen.<br />

In<strong>de</strong>m es <strong>de</strong>n Text im wörtlichen Sinn<br />

vor Augen stellt, macht es sehr gut<br />

Textzusammenhänge, <strong>die</strong> Entwicklung<br />

<strong>de</strong>r Erzählung und vor allem <strong>die</strong> Beziehungen<br />

<strong>de</strong>r Personen sichtbar.<br />

2.1.Vorstufe: rollenverteiltes Lesen von<br />

Bibeltexten<br />

Um biblische Erzählungen mit<br />

Grundschulkin<strong>de</strong>rn szenisch zu lesen,<br />

ist es notwendig, bei <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r<br />

Metho<strong>de</strong> in mehreren Schritten vorzugehen:<br />

Eine Vorstufe ist das rollenverteilte<br />

Lesen <strong>de</strong>r biblischen Texte. Ein Erzähltext,<br />

in <strong>de</strong>m mehrere Personen auftreten<br />

und zu Wort kommen, wird von<br />

mehreren Schülern bzw. Schülerinnen<br />

gelesen.<br />

Zunächst wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Rollen verteilt.<br />

Ein Schüler bzw. eine Schülerin<br />

liest <strong>de</strong>n Erzähler. Die wörtlichen Re<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>njenigen gelesen,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> entsprechen<strong>de</strong> biblische Person<br />

„verkörpern“. Personengruppen können<br />

von zwei bis drei Schülern gleichzeitig<br />

gelesen wer<strong>de</strong>n.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Wichtig ist, dass <strong>die</strong> Schüler/-innen<br />

<strong>de</strong>n Text (in einer altersgemäßen Sprache)<br />

gut geglie<strong>de</strong>rt erhalten, am besten<br />

auf einem Textblatt, und dass <strong>die</strong> wörtlichen<br />

Re<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich herausgestellt<br />

sind (z.B. Beginn einer neuen Zeile –<br />

einrücken).<br />

Beson<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r<br />

Metho<strong>de</strong>, vor allem, wenn <strong>die</strong>se Art <strong>de</strong>s<br />

Lesens von biblischen Erzählungen<br />

<strong>de</strong>n Grundschulkin<strong>de</strong>rn noch wenig<br />

vertraut ist, ist es hilfreich, wenn <strong>de</strong>r<br />

Lehrer, <strong>die</strong> Lehrerin <strong>die</strong> Äußerungen<br />

<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Personen auf <strong>de</strong>n<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Textblättern jeweils<br />

markiert und <strong>die</strong>se Textblätter dann an<br />

<strong>die</strong> Schüler/-innen verteilt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> jeweilige<br />

Rolle lesen.<br />

Diese Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Lesens von biblischen<br />

Erzählungen bietet mehrere<br />

Vorteile gegenüber <strong>de</strong>m herkömmlichen<br />

Lesen: Der Text wird lebendiger<br />

aufgenommen, <strong>die</strong> Dialoge wer<strong>de</strong>n<br />

„sicht“barer, <strong>die</strong> Charaktere treten<br />

<strong>de</strong>utlicher hervor. Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong><br />

Schüler/-innen zu einer eigenen Stellungnahme<br />

motiviert. Durch das Verkörpern<br />

einer <strong>de</strong>r biblischen Personen<br />

wird <strong>die</strong> I<strong>de</strong>ntifikation bzw. <strong>die</strong> persönliche<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>die</strong>ser<br />

Person erleichtert.<br />

2.2.Durchführung <strong>de</strong>s szenischen<br />

Lesens<br />

1. Schritt: Rollenverteiltes Lesen <strong>de</strong>s<br />

Bibeltextes (s.o.)<br />

2. Schritt: In <strong>die</strong> Rolle hineinfin<strong>de</strong>n<br />

Nach<strong>de</strong>m <strong>die</strong> biblische Erzählung<br />

ein erstes Mal gelesen <strong>wur<strong>de</strong></strong>, tragen<br />

<strong>die</strong> Schüler/-innen <strong>die</strong> dort genannten<br />

Personen sowie einige Merkmale von<br />

<strong>die</strong>sen zusammen, <strong>die</strong> ihnen während<br />

<strong>de</strong>s Lesens aufgefallen sind. Der Lehrer,<br />

<strong>die</strong> Lehrerin hält <strong>die</strong> Äußerungen<br />

stichpunktartig an <strong>de</strong>r Tafel bzw. am<br />

OHP fest und ergänzt sie ggf.<br />

Anschließend wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Schüler/-innen,<br />

<strong>die</strong> eine <strong>de</strong>r biblischen Personen<br />

verkörpern, durch gezielte Impulse<br />

angeleitet, sich in <strong>die</strong> genannten<br />

Personen bzw. in eine <strong>die</strong>ser Personen<br />

hineinzuversetzen (z.B. „Überlege,<br />

wie Du N.N. beschreiben wür<strong>de</strong>st.<br />

Versuche, dich so hinzustellen, wie du<br />

meinst, dass N.N. stehen wür<strong>de</strong> ...“).<br />

Es empfiehlt sich, dass dazu alle Schüler/-innen<br />

für ca. 2-3 Minuten ruhig<br />

wer<strong>de</strong>n und evtl. <strong>die</strong> Augen schließen.<br />

3. Schritt: Rollenverteiltes Lesen <strong>de</strong>s<br />

Bibeltextes mit Gesten und Bewegungen<br />

– Szenisches Lesen<br />

Wie beim rollenverteilten Lesen<br />

wird <strong>de</strong>r Bibeltext beim szenischen Lesen<br />

in verschie<strong>de</strong>nen Rollen gelesen.<br />

Zusätzlich drücken <strong>die</strong> Schüler/-innen,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Äußerungen <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />

Personen lesen, alle nachvollziehbaren<br />

Gesten und Bewegungen <strong>de</strong>s Textes<br />

mit Gesten bzw. durch Körperhaltung<br />

o<strong>de</strong>r Bewegungen aus (z.B. oben – unten,<br />

Distanz – Nähe, Aggression – Zuwendung).<br />

Der Bibeltext wird so im<br />

Körperausdruck, in Haltungen, Gesten<br />

und Raumbewegungen sichtbar.<br />

Wichtig ist, dass <strong>de</strong>r Lehrer/<strong>die</strong><br />

Lehrerin <strong>de</strong>n Schülern/-innen vor Beginn<br />

<strong>de</strong>s Szenischen Lesens einige<br />

Hinweise gibt, dass <strong>die</strong>se Form <strong>de</strong>s<br />

Textlesens gewählt wird, um ihnen zu<br />

erleichtern, <strong>die</strong> biblische Erzählung<br />

besser zu verstehen. Es soll nicht darum<br />

gehen, „eine Show abzuziehen“<br />

o<strong>de</strong>r sich über an<strong>de</strong>re zu amüsieren.<br />

Es empfiehlt sich, dass zunächst <strong>de</strong>r<br />

Lehrer, <strong>die</strong> Lehrerin <strong>die</strong> Rolle <strong>de</strong>s Erzählers<br />

übernimmt. So kann während<br />

<strong>de</strong>s Lesens etwas Regie geführt wer<strong>de</strong>n,<br />

in<strong>de</strong>m bestimmte Bewegungsanweisungen<br />

im Text betont bzw. gegebenenfalls<br />

nochmals wie<strong>de</strong>rholt (z.B.:<br />

„da drehte Maria sich um“; „da wen<strong>de</strong>te<br />

Jesus sich ihm/ihr zu“) wer<strong>de</strong>n.<br />

Am besten sitzen alle Schüler/-innen<br />

in einem großen Halbkreis. Die<br />

agieren<strong>de</strong>n Schülerinnen und Schüler<br />

stehen an verschie<strong>de</strong>nen Orten vor <strong>de</strong>r<br />

Klasse, so dass alle einen guten Blick<br />

auf das Textgeschehen haben. Die<br />

Schülerinnen und Schüler, <strong>die</strong> keine<br />

Rolle übernommen haben, lesen nicht<br />

selbst im Text mit, son<strong>de</strong>rn sehen und<br />

hören genau hin, wo und wie sich das<br />

Textgeschehen vollzieht.


Um Störungen von Seiten <strong>de</strong>r Zuschauen<strong>de</strong>n<br />

vorzubeugen, empfiehlt es<br />

sich, <strong>de</strong>n Beobachter/-innen zu ver<strong>de</strong>utlichen,<br />

wie wichtig es ist, dass sie<br />

das Geschehen gut beobachten, und ihnen<br />

klare Beobachtungsaufträge zu geben<br />

(z.B.: Wie stehen <strong>die</strong> Personen am<br />

Anfang zusammen? Wie am En<strong>de</strong>? Bewegen<br />

sie sich aufeinan<strong>de</strong>r zu o<strong>de</strong>r<br />

voneinan<strong>de</strong>r weg? ...). Diese Beobachtungsaufträge<br />

wer<strong>de</strong>n dann im folgen<strong>de</strong>n<br />

Auswertungsgespräch aufgegriffen<br />

(s.u.).<br />

4. Schritt: Den Ablauf wie<strong>de</strong>rholen<br />

Um <strong>die</strong> Bewegungen <strong>de</strong>s Textes<br />

<strong>de</strong>utlich vor Augen zu stellen, empfiehlt<br />

es sich manchmal, im Anschluss<br />

an das Szenische Lesen <strong>die</strong> Bewegungen<br />

<strong>de</strong>s Textes in ihrer Abfolge gleich<br />

noch einmal wie<strong>de</strong>rholend in <strong>de</strong>n<br />

Raum zu stellen. Die Schüler und<br />

Schülerinnen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> biblischen Personen<br />

gelesen und verkörpert haben,<br />

spielen stumm noch einmal <strong>die</strong> Bewegungen,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong>se Personen im Lauf<br />

<strong>de</strong>r Erzählung ausführen. Dies erleichtert<br />

<strong>de</strong>n Zuschauer/-innen, <strong>de</strong>n<br />

Gesamtablauf <strong>de</strong>r Bewegung <strong>de</strong>r biblischen<br />

Erzählung vom Anfang bis<br />

zum Schluss noch besser nachzuvollziehen.<br />

5. Schritt: Aus <strong>de</strong>r Rolle heraustreten<br />

Im Anschluss an das Szenische Lesen<br />

ist es notwendig, dass alle Schüler/<br />

-innen, <strong>die</strong> eine biblische Person verkörpert<br />

haben, bewusst aus ihrer Rolle<br />

heraustreten. Eine Möglichkeit ist z.B.,<br />

<strong>die</strong> Rolle wie einen Overall abzustreifen<br />

(von <strong>de</strong>r Schulter abwärts, erst über<br />

<strong>de</strong>n rechten, dann über <strong>de</strong>n linken Arm<br />

abstreifen, danach über <strong>de</strong>n Oberkörper<br />

und <strong>de</strong>n Bauch, über bei<strong>de</strong> Beine<br />

herunterziehen, schließlich mit <strong>de</strong>m<br />

rechten und danach mit <strong>de</strong>m linken Fuß<br />

heraustreten und danach das „Kleidungsstück“<br />

hinter sich ablegen, z.B.<br />

über <strong>die</strong> Stuhllehne). Alle Schüler/-innen<br />

recken und strecken sich und versammeln<br />

sich dann im Stuhlkreis zum<br />

Auswertungsgespräch.<br />

6. Schritt: Auswertungsgespräch<br />

Zunächst äußern <strong>die</strong> Schüler/-innen,<br />

<strong>die</strong> eine Rolle übernommen haben,<br />

wie es ihnen in <strong>de</strong>r Rolle erging,<br />

wie sie sich als betreffen<strong>de</strong> biblische<br />

Figur fühlten und was ihnen durch <strong>die</strong><br />

Darstellung an <strong>die</strong>ser Person aufgefallen<br />

ist. Anschließend tragen <strong>die</strong> Beobachterinnen<br />

und Beobachter zusammen,<br />

was sie an Textbewegungen<br />

wahrgenommen haben. Hilfreich sind<br />

hier einige strukturieren<strong>de</strong> Impulsfragen<br />

<strong>de</strong>s Lehrer/<strong>de</strong>r Lehrerin:<br />

– Was haben wir gehört? Welche Bewegungen<br />

haben wir gesehen?<br />

– Mit wem und womit fängt <strong>die</strong> Erzählung<br />

an? Mit wem und womit<br />

hört sie auf?<br />

– Wie stehen <strong>die</strong> Personen am Anfang<br />

<strong>de</strong>r Geschichte zusammen? Wie am<br />

En<strong>de</strong>? Bewegen sie sich voneinan<strong>de</strong>r<br />

weg o<strong>de</strong>r aufeinan<strong>de</strong>r zu?<br />

Im Anschluss an <strong>die</strong>se Auswertungsrun<strong>de</strong><br />

können entwe<strong>de</strong>r im Unterrichtsgespräch<br />

o<strong>de</strong>r mit Hilfe von gezielten<br />

Arbeitsaufträgen in (evtl. arbeitsteiliger)<br />

Gruppenarbeit einige wesentliche<br />

Aspekte <strong>de</strong>r biblischen Erzählung<br />

weiter vertieft wer<strong>de</strong>n. Es lohnt<br />

sich, dabei immer wie<strong>de</strong>r einige aus<br />

<strong>de</strong>m Szenischen Lesen gewonnenen<br />

Beobachtungen in Erinnerung zu rufen.<br />

2.3. Erweiterungsmöglichkeit: Gedanken<br />

und Gefühle <strong>de</strong>r biblischen<br />

Personen<br />

Diese Erweiterungsmöglichkeit bietet<br />

sich an, wenn eine I<strong>de</strong>ntifikation mit<br />

<strong>de</strong>n Personen <strong>de</strong>r biblischen Erzählung<br />

angestrebt wird, wenn es darum geht,<br />

sich in <strong>die</strong> Gedanken und Gefühle <strong>de</strong>r<br />

han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Personen einzufühlen.<br />

Diese Ergänzungsmöglichkeit kann<br />

sinnvoll nach <strong>de</strong>m ersten Szenischen<br />

Lesen eingesetzt wer<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />

Text mit Gesten und Bewegungen wie<strong>de</strong>rgegeben<br />

<strong>wur<strong>de</strong></strong>. Nun können sich –<br />

in einem zweiten Durchgang – hinter <strong>die</strong><br />

Akteure, <strong>die</strong> das Textgeschehen darstellen,<br />

weitere Schülerinnen und Schüler<br />

stellen, welche <strong>die</strong> „Gefühle“ und „Gedanken“<br />

<strong>de</strong>r biblischen Personen wie<strong>de</strong>rgeben,<br />

<strong>die</strong> sie bei ihnen vermuten.<br />

Bei <strong>die</strong>ser Metho<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n unsere<br />

eigenen Projektionen, <strong>die</strong> wir beim Lesen<br />

in <strong>die</strong> Geschichte hineinlegen,<br />

sichtbar gemacht und getrennt vom<br />

Text gesehen. Im Vor<strong>de</strong>rgrund wird <strong>die</strong><br />

Textebene, im Hintergrund <strong>die</strong> Gefühls-<br />

und Erfahrungsebene <strong>de</strong>r Schüler/-innen<br />

sichtbar.<br />

Hier wird jeweils nach kleinen Sinnabschnitten<br />

(1-3 Verse) <strong>die</strong> Lesung<br />

durch <strong>de</strong>n Lehrer, <strong>die</strong> Lehrerin gestoppt,<br />

und <strong>die</strong> betreffen<strong>de</strong>n Schüler/-innen<br />

wer<strong>de</strong>n zur Äußerung <strong>de</strong>r „Gedanken“<br />

und „Gefühle“ <strong>de</strong>r jeweiligen biblischen<br />

Person aufgefor<strong>de</strong>rt: „Ich <strong>de</strong>nke o<strong>de</strong>r<br />

fühle als Jakob, als Sara, als Petrus ...“.<br />

Diese Variante eignet sich beson<strong>de</strong>rs<br />

gut bei Texten mit starken Gefühlsregungen<br />

o<strong>de</strong>r bei gefühlsmäßig<br />

vorbelasteten Texten, bei <strong>de</strong>nen damit<br />

zu rechnen ist, dass viele Vorurteile<br />

schon ins Verständnis <strong>de</strong>s Textes hineingetragen<br />

wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>nen<br />

(Ab-)Wertungen von biblischen Personen<br />

im Spiel sind (z.B. <strong>die</strong> Erzählung<br />

von <strong>de</strong>r „Sün<strong>de</strong>rin“ (Lk 7,36-50 / Mt<br />

26,6-13 / Mk 14,3-9), von Zachäus (Lk<br />

19,1-10) o<strong>de</strong>r das Gleichnis vom verlorenen<br />

Sohn (Lk 15,11-32) o<strong>de</strong>r vom<br />

Pharisäer und Zöllner (Lk 18,10-14).<br />

Allerdings erfor<strong>de</strong>rt <strong>die</strong>se Variante<br />

großes Einfühlungsvermögen und pädagogisches<br />

Geschick <strong>de</strong>r Leitung sowie<br />

eine empathische Atmosphäre (s.u.).<br />

3. Vorteile und mögliche Gefahren<br />

und Grenzen <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong><br />

Das Szenische Lesen ist eine anschauliche<br />

und <strong>die</strong> Grundschulkin<strong>de</strong>r<br />

ansprechen<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Texterarbeitung,<br />

bei <strong>de</strong>r es gelingt, <strong>die</strong> Schülerinnen<br />

und Schüler in <strong>die</strong> biblische Erzählung<br />

einzubeziehen und mit ihr ins<br />

Gespräch zu bringen. Sie bleibt – im<br />

Unterschied zum freien Rollenspiel,<br />

bei <strong>de</strong>m wir viel Eigenes in <strong>de</strong>n Text<br />

eintragen – beim Text und seinen<br />

Strukturen, seinen Bewegungen, seinen<br />

Räumen.<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

125


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

126<br />

Das Szenische Lesen macht sehr<br />

gut Textzusammenhänge und vor allem<br />

Entwicklungen und Beziehungen von<br />

Personen sichtbar. Oft zeigt <strong>die</strong> Metho<strong>de</strong><br />

unmittelbar, allein dadurch, dass wir<br />

uns <strong>de</strong>n Text im wörtlichen Sinn vor<br />

Augen stellen, wohin uns eine biblische<br />

Erzählung bewegen will.<br />

Bei <strong>de</strong>r Ergänzungsmöglichkeit<br />

durch eigene Gedanken und Gefühle<br />

muss <strong>de</strong>r Lehrer/<strong>die</strong> Lehrerin damit<br />

rechnen, dass bei <strong>de</strong>n Schüler/-innen<br />

bislang verdrängte innere Erfahrungen<br />

aufbrechen können. Der Lehrer, <strong>die</strong><br />

Lehrerin muss daher kompetent genug<br />

sein, junge Menschen zu begleiten, bei<br />

<strong>de</strong>nen persönliche Erfahrungen und<br />

Gefühle aufbrechen und behutsam und<br />

sensibel damit umgehen.<br />

Es ist zu<strong>de</strong>m schwierig und erfor<strong>de</strong>rt<br />

große pädagogische und psychologische<br />

Kompetenz <strong>de</strong>s Lehrers/<strong>de</strong>r<br />

Lehrerin, nach <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r Erzählung<br />

mit <strong>de</strong>n Schülern/-innen auszuwerten,<br />

welcher Art ihre eigenen<br />

Projektionen im Vergleich zum Text<br />

sind. Bei <strong>de</strong>r Ergänzungsmöglichkeit<br />

besteht daher <strong>die</strong> Gefahr, dass <strong>die</strong> subjektiven<br />

Äußerungen <strong>de</strong>r Schülerinnen<br />

und Schüler als Textbotschaft missverstan<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n können.<br />

4. Praxisbeispiel: Der gestohlene<br />

Segen (Gen 27)<br />

Um <strong>die</strong> Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Szenischen<br />

Lesens zu illustrieren, soll abschließend<br />

ein Praxisbeispiel skizziert wer<strong>de</strong>n: Der<br />

„gestohlene Segen“ und seine Auswirkungen<br />

auf das Familiengefüge.<br />

Rollen: Isaak, Rebekka, Jakob und<br />

Esau.<br />

Das Szenische Lesen führt gut <strong>die</strong><br />

Verän<strong>de</strong>rungen im Familiengefüge vor<br />

Augen:<br />

– Die Ausgangsposition zeigt eine<br />

enge Beziehung zwischen <strong>de</strong>m Vater<br />

Isaak und <strong>de</strong>m Erstgeborenen<br />

Esau sowie eine zwischen Mutter<br />

Rebekka und <strong>de</strong>m Zweitgeborenen<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Jakob. Letztere setzt sich schließlich<br />

durch, weshalb <strong>de</strong>r Text mit<br />

<strong>die</strong>ser en<strong>de</strong>t; das spannungsreiche<br />

Geschehen entwickelt sich also auf<br />

<strong>die</strong>se Konstellation zu.<br />

– Der „Patriarch“ Isaak bewegt sich<br />

selber nicht vom Platz, son<strong>de</strong>rn lässt<br />

alle zu sich kommen; gera<strong>de</strong> dadurch<br />

ist aber sein Aktionsradius im Vergleich<br />

zu <strong>de</strong>m Rebekkas sehr klein.<br />

– Im Unterschied zu Isaak ist Jakob<br />

ständig in Bewegung, aber immer<br />

in Zuordnung auf Bezugspersonen<br />

hin (Rebekka, Isaak), in<strong>de</strong>m er <strong>die</strong><br />

ihm gegebenen Handlungsanweisungen<br />

ausführt. Die absolute Hörigkeit<br />

Jakobs auf Rebekka hin<br />

kommt in seinen Gesten sehr gut<br />

zum Ausdruck. Auch beim Vater tut<br />

er nur, was ihm gesagt wird.<br />

– Esau bewegt sich zunächst nur<br />

vom Vater her und auf <strong>de</strong>n Vater zu.<br />

Als ihm <strong>de</strong>r Vater nichts mehr zu<br />

geben hat, lebt er seine Aggression<br />

gegen <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r (eigenständig?)<br />

aus; er wen<strong>de</strong>t sich aber nicht gegen<br />

<strong>de</strong>n Vater.<br />

– Fast alle Impulse im Text gehen<br />

ausschließlich von Rebekka aus.<br />

Sie will auch <strong>die</strong> Folgen tragen (<strong>de</strong>n<br />

Fluch Gottes). Selbst am Schluss<br />

bemerkt sie als erste <strong>die</strong> Mordabsichten<br />

Esaus und weiß wie<strong>de</strong>r <strong>die</strong><br />

Lösung, <strong>de</strong>r Jakob folgen soll: <strong>die</strong><br />

Flucht zu ihrem Bru<strong>de</strong>r Laban.<br />

Diese Beobachtungen können im<br />

Gespräch aufgegriffen und zu <strong>de</strong>n Konsequenzen<br />

<strong>de</strong>s Betrugs weitergeführt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

– Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Textes stehen alle Familienmitglie<strong>de</strong>r<br />

isoliert da:<br />

– Jakob ist auf <strong>de</strong>r Flucht.<br />

– Rebekka, <strong>die</strong> alles für ihren Lieblingssohn<br />

tat, bleibt alleine zurück,<br />

entfrem<strong>de</strong>t von ihrem Mann und<br />

von ihrem ersten Sohn, <strong>die</strong> sie bei<strong>de</strong><br />

hintergangen hat.<br />

– Esau ist draußen, vom Vater im<br />

Stich gelassen (<strong>de</strong>r sich an <strong>die</strong> Normen<br />

hält und nur einen Segen vergibt),<br />

von <strong>de</strong>r Mutter hintergangen,<br />

vom Bru<strong>de</strong>r ausgestochen.<br />

– Isaak kann seiner Frau (und seinem<br />

jüngeren Sohn) nicht mehr trauen;<br />

<strong>de</strong>n Erstgeborenen, <strong>de</strong>r ihm nahe<br />

stand, hat er enttäuscht und (unabsichtlich)<br />

<strong>de</strong>ssen beraubt, was er<br />

ihm mitgeben wollte.<br />

– Folgerichtig bricht das Familiengefüge<br />

auseinan<strong>de</strong>r: Jakob flieht,<br />

Esau geht später weg. Dies birgt<br />

– trotz schmerzhafter Prozesse –<br />

aber zugleich <strong>die</strong> Chance zur Neuund<br />

Weiterentwicklung.<br />

Dr. Gabriele Theuer ist Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin am Lehrstuhl für<br />

Religionspädagogik <strong>de</strong>r Johann Wolfgang<br />

Goethe-Universität, Frankfurt.<br />

Literatur<br />

W. Bos u.a. (Hg.): Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen<br />

am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vierten Jahrgangsstufe im internationalen<br />

Vergleich, Münster 2003.<br />

Vgl. <strong>de</strong>rs.: Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen<br />

am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vierten Jahrgangsstufe im internationalen<br />

Vergleich. Zusammenfassung ausgewählter Ergebnisse:<br />

http://www.erzwiss.uni-hamburg.<strong>de</strong>/IGLU/home.html.<br />

Grundmann, Hilmar: Die Ergebnisse <strong>de</strong>r PISA-Stu<strong>die</strong><br />

als Herausfor<strong>de</strong>rung für <strong>de</strong>n Religionsunterricht:<br />

www.rpi-loccum.<strong>de</strong>/pisagru.html, 27.03.2003.<br />

Hecht, Anneliese: Bibel erfahren. Metho<strong>de</strong>n ganzheitlicher<br />

Bibelarbeit, Stuttgart 2001.<br />

Kaspar H. Spinner: Lesekompetenz – Was untersuchte<br />

IGLU und was nicht? in: „Und nun also IGLU“, April<br />

2003, S. 10-12.


Drehbuch: Bibel<br />

Biblische Geschichten als Filmerzählungen Franz Günther Weyrich<br />

„Ich suche einen guten Film über<br />

das Leben Jesu. Meine Schüler wissen<br />

immer weniger über ihre Religion, und<br />

auch von <strong>de</strong>n grundlegen<strong>de</strong>n Texten<br />

aus <strong>de</strong>r Bibel kann ich kaum noch<br />

Kenntnisse voraussetzen. Die biblischen<br />

Texte im Unterricht zu lesen, ist<br />

auch nur sehr begrenzt möglich; sie<br />

gelten als schwer und wenig interessant.<br />

Da wäre ein Film sicher eine gute<br />

und auch bei Schülern beliebte Alternative,<br />

und sie bekämen so in relativ kurzer<br />

Zeit einen umfassen<strong>de</strong>n Überblick<br />

über das Leben Jesu.“<br />

Solche und ähnliche Anfragen sind<br />

in Me<strong>die</strong>nstellen zunehmend häufiger<br />

zu hören. Und als Verantwortlicher für<br />

eine solche Stelle wird man entsprechen<strong>de</strong><br />

Materialien bereithalten und<br />

seine „Kundschaft“ be<strong>die</strong>nen können.<br />

Nicht nur <strong>die</strong> Evangelientexte <strong>de</strong>s Neuen<br />

Testaments, auch viele alttestamentliche<br />

Erzählungen sind inzwischen<br />

Filmstoffe gewor<strong>de</strong>n. Von ersten kurzen<br />

Filmen über das Leben Jesu noch<br />

aus <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rtagen <strong>de</strong>s Kinos über <strong>die</strong><br />

monumentalen Bibelfilme <strong>de</strong>s amerikanischen<br />

Films <strong>de</strong>r 50er und 60er Jahre<br />

bis hin zu <strong>de</strong>m bislang umfassendsten<br />

Projekt, <strong>de</strong>r Verfilmung <strong>de</strong>r Bibel von<br />

<strong>de</strong>r Genesis bis zur Apostelgeschichte,<br />

ist mittlerweile fast <strong>de</strong>r gesamte Kosmos<br />

biblischer Geschichten auch auf<br />

Zelluloid (bzw. Vi<strong>de</strong>oband) gebannt.<br />

An Material mangelt es also nicht.<br />

Doch ich muss gestehen (das soll aber<br />

nieman<strong>de</strong>n von solchen Anfragen abhalten),<br />

keiner <strong>die</strong>ser Filme ist ein<br />

wirklich geeignetes Material für eine<br />

solche Anfrage. Das heißt nicht, dass<br />

solche Filme nicht sinnvoll im Religionsunterricht<br />

einzusetzen wären, aber<br />

eben nicht als „Ersatz“ für biblische<br />

Texte. An<strong>de</strong>rs gesagt: Ohne <strong>die</strong> Bibel<br />

geht es nicht, und wenn Spielfilme (und<br />

nur um solche geht es hier) in <strong>die</strong>sen<br />

Zusammenhängen Verwendung fin<strong>de</strong>n,<br />

dann als „Kontrast- o<strong>de</strong>r Vergleichs-<br />

König <strong>de</strong>r Könige © Cinetext<br />

Folie“ für Bibeltexte. Filme können dabei<br />

<strong>de</strong>n Blick schärfen für <strong>de</strong>n Charakter<br />

<strong>die</strong>ser Texte als Offenbarungstexte<br />

und vielleicht auch neu motivieren, sie<br />

(wie<strong>de</strong>r) zu lesen. Wenn <strong>die</strong>s gelänge,<br />

so wäre <strong>die</strong>s viel – Filme sind aber keine<br />

Alternative zur biblischen Lektüre<br />

und auch als Material zur Information<br />

über biblische Personen m.E. nur begrenzt<br />

brauchbar. Für <strong>die</strong> Frage, welcher<br />

Film für <strong>de</strong>n Unterricht geeignet<br />

und wie bzw. mit welcher Zielsetzung<br />

er einzusetzen ist, scheint es mir sinnvoll,<br />

das Verhältnis Bibeltext/Film näher<br />

zu bestimmen. Dabei lassen sich<br />

zumin<strong>de</strong>st drei Gruppen von Filmen<br />

ausmachen.<br />

1. Die Bibel als Filmerzählung –<br />

Die klassischen Bibelfilme<br />

Fragt man nach bekannten Bibelfilmen<br />

so wür<strong>de</strong> man wohl Filmtitel wie<br />

DIE BIBEL (I 1965), DIE 10 GEBOTE<br />

(USA 1925 bzw. 1956), KÖNIG DER KÖ-<br />

NIGE (USA 1960), DIE GRÖßTE GE-<br />

SCHICHTE ALLER ZEITEN (USA 1963)<br />

o<strong>de</strong>r auch JESUS VON NAZARETH (I 1989)<br />

und KÖNIG DAVID (USA 1984) genannt<br />

bekommen. Allen <strong>die</strong>sen Filmen ist gemeinsam,<br />

dass sie biblische Texte<br />

gleichsam als Vorlage für ein Drehbuch<br />

benutzen, das dann in Bil<strong>de</strong>r umgesetzt<br />

wird. Das heißt, aus erzählen<strong>de</strong>n Texten<br />

wird eine Filmerzählung, eine<br />

Handlung wird in dramatische Bil<strong>de</strong>r<br />

umgesetzt. Man sollte sich dabei bewusst<br />

machen, worin das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Kriterium für Auswahl und Umsetzung<br />

<strong>de</strong>r biblischen Texte liegt: Es geht<br />

hier we<strong>de</strong>r darum, so etwas wie einen<br />

historisch korrekten Ablauf von Ereignissen<br />

darzustellen (und das hat sicher<br />

nichts mit <strong>de</strong>m Scheitern <strong>de</strong>r „Leben-<br />

Jesu-Forschung“ zu tun), noch geht es<br />

darum, <strong>die</strong> Botschaft, das Kerygma<br />

biblischer Texte im Medium Film zu<br />

vermitteln (vermutlich kennt keiner <strong>de</strong>r<br />

Drehbuchautoren <strong>de</strong>n Namen Rudolf<br />

Bultmann). Die zentralen Kriterien<br />

sind keine theologischen o<strong>de</strong>r religionspädagogischen,<br />

son<strong>de</strong>rn dramaturgische:<br />

Es geht darum, aus <strong>de</strong>m Stoff<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

127


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

128<br />

Bibel – Die Schöpfung © Cinetext<br />

einen Film zu machen, <strong>de</strong>r unterhaltsam,<br />

spannend, bewegend ist und <strong>de</strong>r<br />

<strong>die</strong> Menschen ins Kino, weniger aber in<br />

<strong>die</strong> Kirche lockt. Damit ist auch aus<br />

solchen Filmen direkt we<strong>de</strong>r historisch<br />

noch theologisch etwas für einen Religionsunterricht<br />

zu erheben. Wohl aber<br />

kann man mit spezifischen Fragestellungen<br />

an einen Vergleich Film – Bibeltext<br />

herangehen: Welches Gottesbild ist<br />

jeweils erkennbar? Welche Gottesbeziehung?<br />

Welche Funktion/Be<strong>de</strong>utung<br />

haben Wun<strong>de</strong>r, und wie wer<strong>de</strong>n sie verstan<strong>de</strong>n/dargestellt?<br />

Worin besteht das<br />

„Außergewöhnliche“ einer Figur / <strong>de</strong>r<br />

Person Jesus? u.v.m. Eine solche Vorgehensweise<br />

hat nicht nur eine religionspädagogische,<br />

son<strong>de</strong>rn auch eine<br />

me<strong>die</strong>nkritische bzw. -pädagogische<br />

Dimension, insofern als dadurch <strong>de</strong>utlich<br />

wer<strong>de</strong>n kann, dass <strong>die</strong> Umsetzung<br />

eines Stoffes in ein an<strong>de</strong>res Medium<br />

immer zugleich auch Auswirkungen<br />

auf <strong>de</strong>ssen „Inhalte“ hat.<br />

Das Gesagte gilt auch, wenngleich<br />

mit Einschränkungen, für zwei Filme,<br />

<strong>die</strong> man sicher auch als Bibelfilme im<br />

besagten Sinn bezeichnen kann, <strong>die</strong><br />

aber wohl kaum als rein kommerzielle<br />

Produkte verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können.<br />

Sie sind m.E. <strong>die</strong> mit Abstand interessantesten<br />

Bibelfilme. Die Re<strong>de</strong> ist von<br />

DAS ERSTE EVANGELIUM NACH MATTHÄUS<br />

(I/F 1964) von Pier Paolo Pasolini und<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

DER MESSIAS (I/F 1975) von Roberto<br />

Rosselini. Bei<strong>de</strong> liefern eine sehr spezifische<br />

und individuelle Deutung <strong>de</strong>r<br />

Person Jesus von Nazareth, <strong>die</strong> aber<br />

vielleicht weniger an <strong>de</strong>r Botschaft <strong>de</strong>r<br />

Texte als an <strong>de</strong>r Persönlichkeit <strong>de</strong>s<br />

Künstlers orientiert ist. Pasolinis Film<br />

bietet darüber hinaus <strong>de</strong>n Vorzug, sich<br />

auf einen Evangelientext zu beschränken.<br />

Auch hier wird man mit einem<br />

Vergleich unter einer übergeordneten<br />

Fragestellung (Jesusbild <strong>de</strong>s Films –<br />

<strong>de</strong>s Evangeliums) sinnvoll arbeiten<br />

können, jedoch ist <strong>die</strong>s wohl nur in <strong>de</strong>r<br />

Sek II leistbar. Zu<strong>de</strong>m sind bei<strong>de</strong> Filme<br />

zwar ästhetisch reizvoller, aber wesentlich<br />

„undramatischer“ als <strong>die</strong> genannten<br />

und damit für viele Schüler „unattraktiver“.<br />

2. Die Bibel im Film erzählt –<br />

Genesis von Ermanno Olmi<br />

Bei <strong>de</strong>r eingangs erwähnten Reihe<br />

von Bibelverfilmungen von <strong>de</strong>r Genesis<br />

bis zum Neuen Testament, von <strong>de</strong>r<br />

mehrere Filme bereits im <strong>de</strong>utschen<br />

Fernsehen zu sehen waren, nimmt <strong>de</strong>r<br />

erste eine Son<strong>de</strong>rstellung ein: Der Film<br />

GENESIS (D/I 1993), unter <strong>de</strong>r Regie <strong>de</strong>s<br />

italienischen Regisseurs Ermanno Olmi,<br />

überwiegend in Marokko gedreht,<br />

nähert sich <strong>de</strong>m narrativen und theolo-<br />

gischen Kosmos <strong>de</strong>s Buches Genesis<br />

auf eine für einen Spielfilm ungewöhnliche<br />

Weise. Olmi, <strong>de</strong>r mit Dokumentarfilmen<br />

seine Laufbahn begann, trat<br />

ab En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 50er Jahre mit Spielfilmen<br />

auf, <strong>die</strong> <strong>de</strong>m italienischen Neorealismus<br />

verpflichtet waren und zunehmend<br />

auch <strong>de</strong>zi<strong>die</strong>rt religiöse, christliche<br />

Themen aufgriffen. Vielleicht ist<br />

<strong>die</strong>s auch <strong>de</strong>r biographische Hintergrund<br />

für seine Herangehensweise an<br />

<strong>die</strong> Erzählungen <strong>de</strong>s Buches Genesis.<br />

Auf <strong>de</strong>n ersten Blick sind es zwei<br />

Momente, mit <strong>de</strong>nen sich Olmis Film<br />

von an<strong>de</strong>ren Bibelverfilmungen absetzt.<br />

Zum einen macht Olmi sie als Erzählungen<br />

kenntlich: Von <strong>de</strong>n Schöpfungsgeschichten<br />

bis zu Noah und <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sschluss<br />

erzählt ein alter Noma<strong>de</strong> einem<br />

Hirtenjungen. Damit verweist Olmi<br />

nicht nur auf <strong>die</strong> Erzähltraditionen <strong>die</strong>ser<br />

Geschichten, son<strong>de</strong>rn konterkariert damit<br />

zugleich auch jenen „dramaturgischen<br />

Naturalismus“, <strong>de</strong>r klassischen<br />

Bibelverfilmungen (und auch <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />

Filme <strong>die</strong>ser Reihe) eigen ist.<br />

Obwohl Kain o<strong>de</strong>r Noah beispielsweise<br />

im Film als Personen zu sehen sind, wer<strong>de</strong>n<br />

sie vom Zuschauer wohl kaum in <strong>de</strong>r<br />

sonst üblichen Weise mit <strong>de</strong>n biblischen<br />

Figuren, von <strong>de</strong>nen <strong>die</strong> Texte erzählen,<br />

i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n. Dass <strong>die</strong>s gelingt,<br />

hat aber auch mit <strong>de</strong>m zweiten beson<strong>de</strong>ren<br />

Moment <strong>de</strong>s Films zu tun. Olmi setzt<br />

<strong>die</strong> Erzählungen nicht in <strong>de</strong>r gängigen<br />

Weise in Film-Handlung um. Seine Erzählweise<br />

ist sehr zurückgenommen und<br />

undramatisch (so ist beispielsweise <strong>de</strong>r<br />

Bru<strong>de</strong>rmord gar nicht im Bild zu sehen),<br />

und er durchbricht <strong>de</strong>n narrativen Fluss<br />

immer wie<strong>de</strong>r durch Naturaufnahmen,<br />

aber auch mit assoziativen Bil<strong>de</strong>rn aus<br />

<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Welt. Der ikonographische<br />

Kosmos <strong>de</strong>r Erzählungen wird immer<br />

wie<strong>de</strong>r aufgebrochen und damit <strong>die</strong><br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Erzählungen vom Damals<br />

ins Heute verlagert: Was über <strong>de</strong>n<br />

„Anfang“ erzählt wird, sagt weniger etwas<br />

über <strong>de</strong>n „Hergang“, son<strong>de</strong>rn über<br />

<strong>de</strong>n „Fortgang“, ja über <strong>de</strong>n „Ausgang“<br />

<strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Menschen und <strong>de</strong>r<br />

Welt mit Gott.<br />

Es ist hier nicht <strong>de</strong>r Raum <strong>die</strong> theologischen<br />

Linien und <strong>die</strong> ästhetische


Konzeption <strong>de</strong>s Films nachzuzeichnen 1 ,<br />

aus religionspädagogischer Perspektive<br />

sei an <strong>die</strong>ser Stelle aber noch Folgen<strong>de</strong>s<br />

angemerkt: Den Film im Ganzen<br />

im Unterricht einzusetzen, setzt ein<br />

interessiertes und aufnahmefähiges Publikum<br />

voraus. Der eher meditative<br />

<strong>de</strong>nn dramatische Charakter <strong>de</strong>s Films<br />

erfor<strong>de</strong>rt schon eine <strong>de</strong>utliche Bereitschaft,<br />

sich auf eine bildstarke, aber<br />

handlungsarme Konzeption einzulassen.<br />

Für eine Erarbeitung <strong>de</strong>r theologischen<br />

Fragen ist <strong>de</strong>r Film aber m.E.<br />

sehr gut geeignet. Dies wird wohl nur<br />

in <strong>de</strong>r Sek II zu leisten sein. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

Seite scheint es mir aber auch gut<br />

möglich, <strong>de</strong>n Film nur in einzelnen Abschnitten<br />

einzusetzen. Durch seine im<br />

Kern klare Glie<strong>de</strong>rung (Schöpfung –<br />

Para<strong>die</strong>s – Kain und Abel – Noah) und<br />

<strong>de</strong>n weitgehen<strong>de</strong>n Verzicht auf durchgängige<br />

Figuren und <strong>de</strong>ren Psychologisierung<br />

kann man auch mit solchen<br />

„Bruchstücken“ im RU arbeiten. Dies<br />

wird wahrscheinlich sogar auch im Bereich<br />

<strong>de</strong>r Primarstufe möglich sein, wo<br />

<strong>die</strong> Schönheit <strong>de</strong>r Film-Bil<strong>de</strong>r noch<br />

einmal eine ganz eigene Wirkung entfalten<br />

kann.<br />

3. Die Bibel als Folie für <strong>die</strong><br />

Filmerzählung –<br />

NAZARIN von Luis Buñuel<br />

Filme <strong>die</strong>ser Kategorie sind sicher<br />

keine „Bibelfilme“ im engeren Sinn.<br />

Hier geht es nicht darum, eine biblische<br />

Erzählung in eine dramatische Filmhandlung<br />

umzusetzen, son<strong>de</strong>rn <strong>die</strong> Verbindung<br />

zwischen Film und Text ist<br />

wesentlich indirekter. Nicht selten bedarf<br />

es beim Zuschauer mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />

umfangreicher Bibelkenntnisse,<br />

um eine solche Verbindung überhaupt<br />

herzustellen. In <strong>die</strong>se Kategorie gehören<br />

etwa Filme wie JESUS VON MONTREAL<br />

(Kan. 1989) von Denys Arcand, DIE<br />

LETZTE VERSUCHUNG CHRISTI (USA<br />

1988) von Martin Scorsese, THE GAR-<br />

DEN (GB/BRD 1989) von Derek Jarman,<br />

MARIA UND JOSEF (F 1985) von<br />

Jean-Luc Godard, <strong>de</strong>r DEKALOG-FILM-<br />

ZYKLUS (Pol./BRD 1988) von Krzysztof<br />

Kieslowski und nicht zuletzt auch<br />

Monty Pythons DAS LEBEN DES BRIAN<br />

(GB 1970) von Terry Jones, <strong>de</strong>r wie<br />

auch Scorseses Verfilmung <strong>de</strong>s Katzantzakis-Romans<br />

häufig als Bibelfilm<br />

missverstan<strong>de</strong>n <strong>wur<strong>de</strong></strong>.<br />

Filme <strong>die</strong>ser Kategorie liefern m. E.<br />

<strong>die</strong> mit Abstand interessantesten Ansatzpunkte<br />

für <strong>de</strong>n Religionsunterricht.<br />

Dabei sollte man sich als Religionslehrer<br />

allerdings eine Frage ganz zu Beginn<br />

<strong>de</strong>r Vorbereitung stellen: Ist das<br />

Verhältnis Film/Bibel ein eher affirmatives<br />

o<strong>de</strong>r ein adversatives? An<strong>de</strong>rs gesagt:<br />

Eröffnet <strong>de</strong>r Film für Zuschauer/<br />

-innen/<strong>die</strong> Schüler/-innen Zugänge zur<br />

biblischen Botschaft, o<strong>de</strong>r steht <strong>de</strong>r<br />

Film in Kontrast zur christlichen Deutung<br />

<strong>de</strong>r Texte bzw. kann er als Kritik<br />

an ihr verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n? Damit soll<br />

jedoch nicht suggeriert wer<strong>de</strong>n, dass eine<br />

Zuordnung zur zweiten Gruppe gegen<br />

einen Einsatz im Unterricht spricht,<br />

wohl aber, dass mit einem solchen Film<br />

an<strong>de</strong>rs im Unterricht gearbeitet wer<strong>de</strong>n<br />

muss. Auch sollte man sich in <strong>de</strong>r Beantwortung<br />

<strong>die</strong>ser Frage nicht vorschnell<br />

am Urteil einer Kritik orientieren,<br />

<strong>die</strong> ausschließlich <strong>de</strong>ssen dogmatische<br />

o<strong>de</strong>r historische „Korrektheit“ beurteilt.<br />

Ein Film wie MARIA UND JOSEF,<br />

heftig angefein<strong>de</strong>t ob seiner vermeintlich<br />

blasphemischen Darstellung einer<br />

nackten Maria, ist we<strong>de</strong>r obszön noch<br />

blasphemisch, son<strong>de</strong>rn eine sensible<br />

und virtuose Meditation über das Geheimnis<br />

<strong>de</strong>r Schöpfung und <strong>de</strong>s Lebens<br />

wie <strong>de</strong>r Liebe, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r biblischen Botschaft<br />

allemal näher ist als <strong>de</strong>r Bibelkitsch<br />

mancher unverdächtiger Filme.<br />

Eine Romanverfilmung wie DIE LETZTE<br />

VERSUCHUNG CHRISTI, auch <strong>die</strong>se heftig<br />

kritisiert wegen einer nicht züchtig<br />

verhüllten Maria und <strong>de</strong>r so ganz „unbiblischen“<br />

Versuchungsvision <strong>de</strong>s sterben<strong>de</strong>n<br />

Christus am Kreuz, ist – bei allen<br />

Schwächen – vielleicht näher und<br />

allemal konkreter am Geheimnis <strong>de</strong>s<br />

„wahren Menschenseins Jesu Christi“<br />

als <strong>die</strong> entrückten und aseptischen Jesusdarstellungen<br />

an<strong>de</strong>rer Filme. Und<br />

nicht zuletzt: Selbst ein Film wie Monty<br />

Pythons DAS LEBEN DES BRIAN, bei<br />

<strong>de</strong>m ich <strong>de</strong>n Vorwurf <strong>de</strong>r Blasphemie<br />

zwar nicht teilen, wohl aber noch am<br />

ehesten nachvollziehen kann, liefert in<br />

seinen stärksten Momenten eine Kritik<br />

an bestimmten Erscheinungsformen <strong>de</strong>r<br />

Religion, <strong>die</strong> auch <strong>de</strong>r dogmatisch geschulte<br />

Christ nachvollziehen und nachsprechen<br />

kann.<br />

Aus <strong>die</strong>ser zweiten Abteilung – Filme,<br />

<strong>die</strong> biblische Texte in (religions-)<br />

kritischer Absicht aufgreifen – sei nun<br />

einer etwas ausführlicher vorgestellt,<br />

<strong>de</strong>r m.E. zu ganz verschie<strong>de</strong>nen Themen<br />

<strong>de</strong>s RU sinnvoll eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

kann und <strong>de</strong>r vermutlich wenig be-<br />

Nazarin © Cinetext<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

129


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

130<br />

kannt ist. Es han<strong>de</strong>lt sich um <strong>de</strong>n Film<br />

NAZARIN <strong>de</strong>s spanischen Regisseurs<br />

Luis Buñuel. Buñuel, <strong>de</strong>r sich in seiner<br />

Autobiographie einmal als „Atheist<br />

von Gottes Gna<strong>de</strong>n“ bezeichnet hat,<br />

galt noch bis vor wenigen Jahrzehnten<br />

als Regisseur, <strong>de</strong>ssen Filme von kirchlichen<br />

Stellen als für <strong>de</strong>n Katholiken<br />

„abzuraten“ bezeichnet <strong>wur<strong>de</strong></strong>n. In <strong>de</strong>r<br />

Tat sind Kritik, ja Spott gegenüber Kirche<br />

und Christentum Motive, <strong>die</strong> fast<br />

alle Filme Buñuels durchziehen, häufig<br />

eher am Ran<strong>de</strong>, in einigen Fällen aber<br />

auch zentrale Elemente seiner Filme,<br />

so etwa in SIMON IN DER WÜSTE, DIE<br />

MILCHSTRASSE o<strong>de</strong>r VIRIDIANA.<br />

Von <strong>die</strong>sen Filmen unterschei<strong>de</strong>t<br />

sich NAZARIN wohl vor allem dadurch,<br />

dass Buñuel sich hier sehr ernsthaft und<br />

tiefgründig mit <strong>de</strong>m Christentum auseinan<strong>de</strong>rsetzt<br />

und zwar sowohl im Hinblick<br />

auf seine „sichtbare Erscheinungsform“,<br />

<strong>die</strong> Kirche, als auch in Bezug<br />

auf <strong>de</strong>ren I<strong>de</strong>ale und Ansprüche. Es ist<br />

leicht, eine solche Kirchenkritik von<br />

<strong>de</strong>r Differenz zwischen Anspruch und<br />

Wirklichkeit her zu formulieren (und<br />

vielleicht auch ebenso leicht, <strong>die</strong>se Kritik<br />

„abzutun“), schwieriger hingegen,<br />

wenn sie das I<strong>de</strong>al, <strong>de</strong>n Anspruch selbst<br />

berührt, noch dazu in einem Bereich,<br />

<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> auch von außen betrachtet<br />

eine <strong>de</strong>r großen Stärken <strong>de</strong>r christlichen<br />

Kirchen ausmacht: ihr soziales<br />

Engagement, ihre karitative Arbeit.<br />

Genau das tut Buñuel, und das macht<br />

m.E. seinen Film, trotz einer gewissen<br />

Patina, <strong>die</strong> er nach über 45 Jahren natürlich<br />

angesetzt hat, noch immer aktuell<br />

und be<strong>de</strong>nkenswert.<br />

Haupt- und Titelfigur <strong>de</strong>s Films, <strong>de</strong>r<br />

1958 in Mexiko produziert und auf <strong>de</strong>n<br />

folgen<strong>de</strong>n Filmfestspielen in Cannes<br />

prämiert <strong>wur<strong>de</strong></strong>, ist ein katholischer<br />

Priester, Padre Nazario, <strong>de</strong>r im Armenviertel<br />

eines Dorfes irgendwo in Mexiko<br />

gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

lebt. Deutlich setzt Buñuel <strong>die</strong>se Figur<br />

von an<strong>de</strong>ren Priester-Figuren seines<br />

Films ab: Nazario verzichtet auf je<strong>de</strong>n<br />

unnützen Besitz und erst Recht auf<br />

Reichtümer. Alles was er bekommt und<br />

nicht zum Leben braucht, gibt er <strong>de</strong>n<br />

Armen, <strong>die</strong> beständig vor seiner Tür<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

stehen. Er hat dadurch schon einen gewissen<br />

Ruf, so dass sich gelegentlich<br />

auch einmal Angehörige <strong>de</strong>r Oberschicht,<br />

<strong>de</strong>r Politik in <strong>die</strong>sem Viertel sehen<br />

lassen, um sich <strong>die</strong>sen „seltsamen<br />

Heiligen“ aus <strong>de</strong>r Nähe anzusehen,<br />

nicht ohne abschließend eine Spen<strong>de</strong> zu<br />

hinterlassen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser dann entwe<strong>de</strong>r<br />

sogleich an einen Bettler weitergibt<br />

o<strong>de</strong>r sich stehlen lässt. Eines Tages steht<br />

Andara, eine Prostituierte, vor <strong>de</strong>r Tür.<br />

Sie hat in einem Streit mit einer Kollegin<br />

<strong>die</strong>se nie<strong>de</strong>rgestochen und <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />

selbst dabei verletzt. Nun bittet sie Nazario<br />

um Zuflucht. Nur wi<strong>de</strong>rwillig<br />

nimmt Nazaio sie auf und auch nur bis<br />

sie wie<strong>de</strong>r gesund ist, vielleicht auch in<br />

<strong>de</strong>r Hoffnung, <strong>die</strong>se „Sün<strong>de</strong>rin“ zu einem<br />

besseren Leben bekehren zu können.<br />

Doch das ungleiche Paar bleibt<br />

nicht unent<strong>de</strong>ckt. Bald spricht man<br />

schon davon, dass ein Pater mit einer<br />

Prostituierten unter einem Dach lebt.<br />

Um einer Ent<strong>de</strong>ckung durch <strong>die</strong> Polizei<br />

zuvor zu kommen, flüchtet Andara und<br />

vernichtet alle Spuren in <strong>de</strong>r Wohnung,<br />

in<strong>de</strong>m sie <strong>die</strong>se in Brand steckt. Hilfe<br />

bei <strong>die</strong>ser Brandstiftung, wenn auch unfreiwillige,<br />

erhält sie dabei von einer<br />

jungen Frau aus <strong>de</strong>r Nachbarschaft.<br />

Beatriz lei<strong>de</strong>t unter <strong>de</strong>r schroffen Zurückweisung<br />

ihres Geliebten – ein Macho<br />

reinsten Wassers –, <strong>de</strong>m sie offenbar<br />

nicht willig genug ist, weshalb sie<br />

schon einen (wenngleich eher halbherzigen)<br />

Selbstmordversuch verübt hat.<br />

Nach <strong>de</strong>m Brand wird Padre Nazario<br />

vor seinen Vorgesetzten, Don Angel, zitiert,<br />

gut situiert und angesehen, <strong>de</strong>r ihm<br />

eine Tasse Schokola<strong>de</strong> anbietet, um ihm<br />

dann zu eröffnen, dass er das Dorf zu<br />

verlassen habe. Er persönlich wisse<br />

zwar um Nazarios Unschuld, doch aufgrund<br />

<strong>de</strong>r Umstän<strong>de</strong> sei er nicht länger<br />

als Priester tragbar. Er wer<strong>de</strong> zwar nicht<br />

seines Amtes enthoben, dürfe sich aber<br />

nicht als Priester zu erkennen geben.<br />

Nazario lässt <strong>die</strong> Tasse Schokola<strong>de</strong> unberührt<br />

stehen und geht – gehorsam und<br />

ohne erkennbaren Groll.<br />

Erste Station auf seiner nun folgen<strong>de</strong>n<br />

Wan<strong>de</strong>rschaft, <strong>die</strong> Buñuel zunehmend<br />

als Kreuzweg inszeniert, ist eine<br />

Gruppe Bauarbeiter. Nazario bittet um<br />

Arbeit, und als <strong>de</strong>r Vorarbeiter ihm kein<br />

Geld zusagen kann, bietet Nazario an,<br />

für ein warmes Essen zu arbeiten. Dies<br />

ruft <strong>de</strong>n Groll <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Arbeiter hervor:<br />

Es herrscht große Arbeitslosigkeit<br />

und ein Mann, <strong>de</strong>r nur für Essen arbeitet,<br />

verdirbt nicht nur <strong>die</strong> Löhne, son<strong>de</strong>rn<br />

verhin<strong>de</strong>rt auch, dass an<strong>de</strong>re Arbeit fin<strong>de</strong>n.<br />

Die Arbeiter machen ihm versteckt<br />

aber <strong>de</strong>utlich klar, dass er hier nicht erwünscht<br />

sei, und Nazario verlässt <strong>die</strong><br />

Baustelle. Nach <strong>de</strong>ssen Abgang stellt <strong>de</strong>r<br />

Aufseher seine Arbeiter zur Re<strong>de</strong> und<br />

zieht schließlich auch eine Pistole. Pater<br />

Nazario, schon weit weg vom Geschehen,<br />

hört aus <strong>de</strong>r Ferne einen Schuss.<br />

Auf seinem Weg trifft er auch Beatriz<br />

und Andara wie<strong>de</strong>r, <strong>die</strong> sich ihm<br />

anschließen. Obwohl er ihre Begleitung<br />

ablehnt, geben sie nicht auf, und<br />

ihm gelingt es nicht, sie abzuschütteln.<br />

Andara bittet ihn zu einem kranken<br />

Kind in ihrem Dorf: Er solle ein „Wun<strong>de</strong>r“<br />

wirken und es wie<strong>de</strong>r gesund machen.<br />

Nazario, <strong>de</strong>r um <strong>die</strong> „Wun<strong>de</strong>rund<br />

Abergläubigkeit“ <strong>de</strong>r Menschen<br />

weiß, lehnt <strong>die</strong>s zunächst ab, erklärt<br />

sich aber dann doch bereit, am Bett <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong>de</strong>s um Gottes Hilfe zu beten. Dort<br />

angekommen, sieht er sich mit Befrem<strong>de</strong>n<br />

zunehmend in <strong>die</strong> Rolle eines<br />

Wun<strong>de</strong>rheilers gedrängt, und alle Bemühungen,<br />

Gott als <strong>de</strong>n „einzigen, <strong>de</strong>r<br />

<strong>die</strong>ses Kind retten kann“, darzustellen,<br />

scheitern letztlich. Als das Kind am<br />

nächsten Tag wie<strong>de</strong>r gesund ist, ist Nazario<br />

für alle <strong>de</strong>r „Wun<strong>de</strong>rheiler“.<br />

Nächste Station auf ihrem Weg ist<br />

ein Dorf, in <strong>de</strong>m <strong>die</strong> Pest wütet. Nazario<br />

ist sofort bereit zu helfen, aber Andara<br />

fügt sich nur wi<strong>de</strong>rwillig. Doch sie<br />

können nur wenig tun, <strong>die</strong> meisten<br />

Menschen sind bereits tot. Als Nazario<br />

in einem Haus eine sterben<strong>de</strong> Frau fin<strong>de</strong>t,<br />

will er ihr <strong>die</strong> Beichte abnehmen<br />

und <strong>die</strong> letzte Ölung spen<strong>de</strong>n. Sie aber<br />

verlangt immer nur nach ihrem Geliebten.<br />

Auf seine fast schon verzweifelte<br />

Bitte, zu bereuen, zu beichten, um so<br />

ins ewige himmlische Leben einzugehen,<br />

erhält er nur <strong>die</strong> lapidare Antwort:<br />

„Kein Himmel. Juan!“ Als eben <strong>die</strong>ser<br />

ins Haus tritt, verjagt er <strong>die</strong> ungebetenen<br />

Gäste und umarmt seine Frau.


Doch nicht nur <strong>de</strong>n Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s auch seinen „Jüngerinnen“<br />

Beatriz und Andara versucht er, <strong>die</strong><br />

christliche Botschaft nahezubringen: Er<br />

predigt ihnen von <strong>de</strong>r „reinen Liebe“,<br />

<strong>de</strong>r Liebe, <strong>die</strong> sich auf alle Menschen<br />

richtet. Seine Botschaft von <strong>de</strong>r christlichen<br />

„caritas“ scheint aber nur bei Beatriz<br />

auf fruchtbaren Bo<strong>de</strong>n zu fallen –<br />

für sie scheinbar ein Gegenmo<strong>de</strong>ll zur<br />

„amor“, <strong>die</strong> sie bereits leidvoll erfahren<br />

hat –, während Andara nicht nur vom<br />

Verständnis, son<strong>de</strong>rn auch von <strong>de</strong>r Umsetzung<br />

her sich damit schwer tut.<br />

Der letzte Teil <strong>de</strong>s Films beginnt<br />

mit <strong>de</strong>r Verhaftung Nazarins und Andaras,<br />

<strong>die</strong> sich ihr mit Gewalt zu wi<strong>de</strong>rsetzen<br />

versucht und von Nazario <strong>de</strong>shalb<br />

zurechtgewiesen wird. Beatriz begleitet<br />

freiwillig „ihren Heiligen“, <strong>de</strong>r auf<br />

<strong>de</strong>m Weg zum Gefängnis <strong>de</strong>m Spott an<strong>de</strong>rer<br />

Mitgefangener ausgesetzt ist. Ein<br />

Vierter im Bun<strong>de</strong> ist Ujo, ein „hässlicher<br />

Zwerg“, <strong>de</strong>r sich in Andara verliebt<br />

hat („du bist hässlich, trotz<strong>de</strong>m<br />

mag ich dich“). Doch <strong>die</strong>ser Bund<br />

Zum an<strong>de</strong>ren ist wohl auch erkennbar,<br />

dass Buñuels Film ein „Thesenfilm“<br />

ist: Weniger in <strong>de</strong>r „Psychologie<br />

<strong>de</strong>r Figuren“ als in Strukturen und<br />

Konstellationen <strong>de</strong>s Films artikuliert<br />

sich Buñuels Kritik an Kirche und<br />

Dogma. Aus einer Gegenüberstellung<br />

<strong>de</strong>r Hauptfigur mit <strong>de</strong>n Personengruppen<br />

<strong>de</strong>s Films, lässt sich <strong>die</strong>s m.E. auch<br />

im Unterricht erarbeiten.<br />

Eine Leitfrage für Schüler kann dabei<br />

eine Gegenüberstellung Szenenbe-<br />

bricht am En<strong>de</strong> auseinan<strong>de</strong>r: Andara<br />

wird – von Ujo begleitet – mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />

Gefangenen abtransportiert. Beatriz,<br />

<strong>die</strong> ihrer Mutter von <strong>de</strong>r „reinen<br />

Liebe“ und Nazarin vorschwärmt,<br />

muss erkennen, dass ihr Verhältnis zu<br />

Nazario ein erotisches ist und bricht zusammen.<br />

Sie wird – obwohl ein weiteres<br />

Mal von ihrem Geliebten ge<strong>de</strong>mütigt,<br />

<strong>de</strong>r sie um Wasser bittet, nur um es<br />

vor ihr auszuschütten – zu ihm zurückkehren.<br />

Und Nazarios Scheitern kulminiert<br />

in einer Szene im Gefängnis:<br />

Auch hier wird er von Mitgefangenen<br />

drangsaliert und kann nur noch mit<br />

Mühe seine Friedfertigkeit aufrechterhalten,<br />

bis ihm ein Mitgefangener zu<br />

Hilfe kommt. Als er <strong>die</strong>sen daraufhin<br />

als „guten Menschen“ bezeichnet,<br />

muss er erfahren, dass er einem<br />

Schwerverbrecher <strong>die</strong>se Hilfe verdankt,<br />

<strong>de</strong>r Nazarios ethische Orientierung<br />

zusammenbrechen lässt: „Ja, du<br />

bist gut und ich bin schlecht, aber was<br />

macht das für einen Unterschied? Wir<br />

können bei<strong>de</strong> nichts än<strong>de</strong>rn!“ Am<br />

Biblische Bezugspunkte Pater Nazario – Jesus<br />

· Sammlung <strong>de</strong>r Jünger (� Frauen, <strong>die</strong> aber trotz seiner Ablehnung mitkommen wollen)<br />

· Kritik <strong>de</strong>r Mächtigen (� Priester, Offizier)<br />

· Unbedingte Parteinahme für <strong>die</strong> Armen (� Bauer, <strong>de</strong>r nicht grüßt, � Umgang mit Huren)<br />

· Besitzlosigkeit (� gibt alles, was er hat, <strong>de</strong>n Armen)<br />

· Predigt <strong>de</strong>r Nächstenliebe (� Beatriz)<br />

· Verweigerung eines Zeichens (� Frauen mit <strong>de</strong>m kranken Mädchen – Lk)<br />

· Verhaftungsszene (� Ablehnung <strong>de</strong>r Gewalt)<br />

· Gang nach Golgatha (� Schlusssequenz)<br />

· Verhöhnung und Spott (� Mitgefangene)<br />

· Aussehen (� Stirnkranz)<br />

· Verhalten gegenüber Kranken (� Pestkranke – Aussätzige)<br />

ginn – Szenenen<strong>de</strong> sein. Fast durchgängiges<br />

Prinzip in Buñuels Film ist,<br />

seine Hauptfigur mit „besten Absichten“<br />

in eine Situation hinein gehen zu<br />

lassen. In fast allen Szenen en<strong>de</strong>t <strong>die</strong>s<br />

nicht nur entgegen <strong>de</strong>ssen Erwartungen,<br />

son<strong>de</strong>rn häufig völlig <strong>de</strong>solat (�<br />

Aufnahme Andaras in sein Haus, Baustelle,<br />

pestkranke Frau u.a.m.). Im Anschluss<br />

daran wäre dann nach <strong>de</strong>n<br />

Grün<strong>de</strong>n für <strong>die</strong>se Entwicklung zu fragen,<br />

womit sich Buñuels kichen- bzw.<br />

nächsten Tag wird Nazario allein, nur<br />

von einem Polizisten begleitet, abgeführt.<br />

Auf <strong>de</strong>m Weg begegnen sie einer<br />

Frau, <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n Dürsten<strong>de</strong>n eine Ananas<br />

anbietet. Nazario weicht vor <strong>die</strong>ser<br />

Geste zunächst zurück, nimmt dann<br />

aber <strong>die</strong> Gabe zögernd an. Mit <strong>de</strong>r Ananas<br />

im Arm geht er mit verzweifeltem<br />

Gesichtsausdruck weiter. Seinen Gang<br />

begleiten Trommeln ( <strong>die</strong> einzige „Off-<br />

Musik“ im ganzen Film!), und dami<br />

en<strong>de</strong>t auch <strong>de</strong>r Film.<br />

Diese etwas ausführliche Inhaltangabe<br />

macht wohl <strong>de</strong>utlich, wie Buñuel<br />

mit <strong>de</strong>n neutestamentlichen Texten umgeht:<br />

Die Geschichte seines Paters Nazario<br />

wird immer stärker <strong>de</strong>r Passionsgeschichte<br />

Jesu angenähert und man<br />

wird eine Reihe von Parallelen ausmachen<br />

können, nicht selten aber auch in<br />

charakteristischer „Umkehr“. So wird<br />

etwa aus <strong>de</strong>r Sammlung <strong>de</strong>r Jünger das<br />

„Nachlaufen <strong>de</strong>r Jüngerinnen“, und auch<br />

mit <strong>de</strong>r biblischen Erzählung von <strong>de</strong>n<br />

Jungfrauen am Brunnen geht Buñuel<br />

kontrapunktisch um.<br />

christentumskritische Position näher<br />

bestimmen lässt.<br />

Von hier aus kann unter verschie<strong>de</strong>nen<br />

Perspektiven weitergearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />

In einer kirchengeschichtlichen<br />

Einheit könnte gefragt wer<strong>de</strong>n, ob bzw.<br />

wo solche Kritik berechtigt war (und<br />

vielleicht noch ist) und wie damit umzugehen<br />

ist. Unter einer ethischen Perspektive<br />

könnte <strong>die</strong> Gegenüberstellung<br />

von Gesinnungs- und Verantwortungsethik<br />

(neu) thematisiert wer<strong>de</strong>n. Im<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

131


UNTERRICHTSPRAXIS<br />

132<br />

<strong>„So</strong>rge“ um sozialen Status<br />

(� Entlassung Nazarios)<br />

reiche, angesehene Kirche<br />

(� Schokola<strong>de</strong>)<br />

Rahmen <strong>de</strong>r Beschäftigung mit Fragen<br />

von Mission und Entwicklungshilfe wäre<br />

zu fragen, wie kirchliche Arbeit in<br />

<strong>die</strong>sem Feld heute gera<strong>de</strong> <strong>die</strong>se Kritik<br />

aufgreift, um effektive Arbeit leisten zu<br />

können. Darüber hinaus ließen sich auch<br />

Begriffe wie „strukturelle Sün<strong>de</strong>“, „Erbsün<strong>de</strong>“,<br />

„Dogma vs. Dogmatismus“,<br />

„Befreiung“ u.a.m. mit <strong>die</strong>sem Film angehen.<br />

Und nicht zuletzt wäre zu fragen,<br />

ob <strong>die</strong>se Kritik, gemessen an heutiger<br />

Wahrnehmung von Kirche und Christentum,<br />

<strong>de</strong>nn (noch) berechtigt erscheint,<br />

bzw. welche Be<strong>de</strong>utung sie für<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

Kirche Pater Nazario Volk (Reaktionen/Folgen)<br />

Abkehr von jesuanischen I<strong>de</strong>alen<br />

(� Reichtum / Besitz / Macht)<br />

predigt und praktiziert Nächstenliebe wollen „geschlechtliche“ Liebe, bzw.<br />

sind nur dazu fähig (� Beatriz)<br />

Predigt vom jenseitigen Himmelreich /<br />

Trost angesichts <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s<br />

mein eigenes Glaubens- und Kirchenverständnis<br />

hat.<br />

Zugegeben: Der Film ist schon eine<br />

harte Herausfor<strong>de</strong>rung, sowohl für Lehrer<br />

als auch für Schüler. Fast 50 Jahre<br />

alt, in schwarzweiß gedreht, in<br />

Deutschland nur in <strong>de</strong>r Originalfassung<br />

mit <strong>de</strong>utschen Untertiteln aufgeführt,<br />

und auch Buñuels Obsessionen, seine<br />

Neigung zu Surrealismus und Groteske<br />

sind sicher nicht „je<strong>de</strong>rmanns Sache“.<br />

Und <strong>de</strong>nnoch lohnt ein solcher Gang in<br />

jene vielleicht schon etwas staubige<br />

Kammer <strong>de</strong>r Filmgeschichte – für <strong>de</strong>n<br />

wollen keinen jenseitigen Trost, son<strong>de</strong>rn<br />

<strong>die</strong>sseitige Liebe<br />

(� pestkranke Frau)<br />

Verzicht auf Reichtum und Besitz schädigt Arbeiter (Wirtschaftssystem)<br />

Nachfolge Jesu / „Güte“ Jesu als einzig<br />

erstrebenswertes I<strong>de</strong>al<br />

Buñuels Kritik am Christentum/Katholizismus<br />

„Güte“ kein Garant für „Erfolg“ <strong>de</strong>r<br />

Nächstenliebe (� „gut o<strong>de</strong>r schlecht –<br />

kein Unterschied“)<br />

Filmliebhaber, für <strong>de</strong>n Theologen, für<br />

<strong>de</strong>n Menschen, <strong>de</strong>r religiös zu fragen<br />

nicht verlernt hat (o<strong>de</strong>r lernen will).<br />

Franz Günther Weyrich ist Leiter <strong>de</strong>s<br />

Amtes für katholische Religionspädagogik<br />

in Wetzlar.<br />

Anmerkung<br />

1<br />

Einen guten ersten Überblick hierzu gibt <strong>de</strong>r Aufsatz<br />

von Hans Gerhold: Genesis – Die Schöpfung, in:<br />

Walter Zahner (Hg.): Die Bibel: Das Alte Testament<br />

– Die Filme: Genesis – Die Schöpfung, Abraham,<br />

Jakob, Josef. – München u. Frankfurt/M. 1995. S. 42-52.<br />

Der Band liegt ebenso wie <strong>de</strong>r Film (als VHS-Kassette)<br />

bei <strong>de</strong>n Ämtern für katholische Religionspädagogik<br />

<strong>de</strong>r jeweiligen Bezirke vor.<br />

· „I<strong>de</strong>alistisches“ Menschenbild <strong>de</strong>r christlichen Religion: Menschen können ethische Ansprüche nicht erfüllen<br />

bzw. wollen sie nicht erfüllen („Weltfremdheit“ <strong>de</strong>s Christentums).<br />

· Transzen<strong>de</strong>nz be<strong>de</strong>utet nicht automatisches humanes Han<strong>de</strong>ln, Glaube nicht notwendigerweise Güte.<br />

· Strukturen <strong>de</strong>r Welt verhin<strong>de</strong>rn, dass ethisches Han<strong>de</strong>ln (das angestrebte Gute) auch tatsächlich zum Wohl <strong>de</strong>r<br />

Menschen beiträgt (Wi<strong>de</strong>rspruch von Anspruch und Realität) � Verantwortungsethik vs. Gesinnungsethik.<br />

· Abkehr <strong>de</strong>r (Amts-)Kirche von <strong>de</strong>r jesuanischen Botschaft (� Pakt mit <strong>de</strong>n Mächtigen).<br />

Jetzt bitte schon vormerken!<br />

45. Limburger Kreuzwoche<br />

Tag <strong>de</strong>r Religionspädagogik 2003<br />

Der Sinn für <strong>die</strong> Fülle.<br />

Mystagogie und Religionsunterricht – Ein Wi<strong>de</strong>rspruch?<br />

Dienstag, 9. September 2003<br />

Bald mehr unter: www.religionsunterricht-bil<strong>de</strong>t.<strong>de</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!