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Lernstraße: „So wurde die Bibel“ - service.bistumlimburg.de

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Szenisches Lesen von Bibeltexten im<br />

Religionsunterricht <strong>de</strong>r Grundschule<br />

Gabriele Theuer<br />

1. Die Ergebnisse <strong>de</strong>r PISA-Stu<strong>die</strong><br />

sowie von IGLU als Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

an <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />

Mit <strong>de</strong>n ernüchtern<strong>de</strong>n Ergebnissen<br />

<strong>de</strong>r im Jahr 2000 durchgeführten internationalen<br />

PISA-Stu<strong>die</strong> an 15jährigen<br />

Schülerinnen und Schülern rückte <strong>die</strong><br />

Lesekompetenz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schüler/<br />

-innen wie<strong>de</strong>r ins öffentliche Bewusstsein.<br />

Lesekompetenz be<strong>de</strong>utet nach PISA<br />

<strong>die</strong> Fähigkeit, „geschriebene Texte unterschiedlicher<br />

Art in ihren Aussagen,<br />

ihren Absichten und ihrer formalen<br />

Struktur zu verstehen und in einen größeren<br />

Zusammenhang einordnen zu<br />

können, sowie in <strong>de</strong>r Lage zu sein, Texte<br />

für verschie<strong>de</strong>ne Zwecke sachgerecht<br />

zu nutzen.“ Sie bil<strong>de</strong>t eine unerlässliche<br />

Bedingung für je<strong>de</strong> Art selbstständigen<br />

Lernens (PISA-Stu<strong>die</strong>, S. 10).<br />

Nach PISA verfügen nun nahezu<br />

23 % <strong>de</strong>r getesteten <strong>de</strong>utschen Schüler/-innen<br />

über eine so gering ausgebil<strong>de</strong>te<br />

Lesekompetenz, dass sie als „potenzielle<br />

Risikogruppe“ eingestuft wer<strong>de</strong>n.<br />

10 % <strong>de</strong>r Schüler/-innen sind we<strong>de</strong>r<br />

in <strong>de</strong>r Lage, in einem Text <strong>die</strong> vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Informationen zu ermitteln,<br />

noch <strong>de</strong>n Hauptgedanken o<strong>de</strong>r <strong>die</strong> Intention<br />

<strong>de</strong>s Autors in einem Text zu erkennen,<br />

selbst dann nicht, wenn es sich<br />

dabei um ein Thema han<strong>de</strong>lt, das ihnen<br />

vertraut ist, o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Hauptgedanke<br />

sehr <strong>de</strong>utlich herausgestellt ist.<br />

Noch weniger sind sie in <strong>de</strong>r Lage, über<br />

einen Text zu reflektieren und seine Aussage<br />

bewerten zu können. Die PISA-<br />

Autoren resümieren: „Mit etwa 20% <strong>de</strong>s<br />

Altersjahrgangs ist <strong>de</strong>r Anteil schwacher<br />

und schwächster Leser in Deutschland<br />

ungewöhnlich groß“ (PISA-Stu<strong>die</strong>,<br />

S. 15). Auch <strong>die</strong> Lesekompetenz <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren (77%) Schüler/-innen ist geringer<br />

entwickelt als <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Schüler/<br />

-innen in mehr als <strong>de</strong>r Hälfte <strong>de</strong>r beteiligten<br />

Län<strong>de</strong>r.<br />

Das schlechte Abschnei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Schülerinnen und Schüler ist<br />

umso alarmieren<strong>de</strong>r, da <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> einen<br />

direkten Zusammenhang zwischen<br />

<strong>de</strong>r Lesekompetenz und allen an<strong>de</strong>ren<br />

für <strong>die</strong> kognitive Entwicklung wichtigen<br />

Kompetenzen belegt. Von <strong>de</strong>r Entfaltung<br />

<strong>de</strong>r Lesekompetenz hängt es ab,<br />

ob und inwieweit sich alle an<strong>de</strong>ren<br />

wichtigen Kompetenzen ebenfalls entwickeln.<br />

Die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Lesekompetenz<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schülerinnen und<br />

Schüler bereits in <strong>de</strong>r Grundschule ist<br />

also von zentraler Be<strong>de</strong>utung.<br />

Nicht ganz so erschreckend wie <strong>die</strong><br />

Ergebnisse von PISA sind <strong>die</strong> einer<br />

weiteren aktuellen internationalen Untersuchung,<br />

genannt IGLU, <strong>die</strong> sich<br />

speziell auf Grundschüler/-innen am<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vierten Jahrgangsstufe bezieht<br />

und <strong>de</strong>ren Ergebnisse im April<br />

2003 erschienen sind. Diese Stu<strong>die</strong> ermittelte<br />

– im Gegensatz zu Pisa – hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>s Leseverständnisses ein relativ<br />

hohes Niveau <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Grundschulkin<strong>de</strong>r<br />

(Mittelwert: 539 Punkte von<br />

insgesamt 650 Punkten; rund 2/3 <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r erreichen Testwerte zwischen<br />

472 und 606 Punkten, <strong>die</strong> mittleren 50 %<br />

liegen überwiegend im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Kompetenzstufe III [implizit im Text erhaltene<br />

Sachverhalte aufgrund <strong>de</strong>s Kontextes<br />

erschließen] von insgesamt vier<br />

Kompetenzstufen; vgl. Bos, S. 7.10f.).<br />

Allerdings erreichen mehr als ein<br />

Drittel aller Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Jahrgangs<br />

höchstens <strong>die</strong> Kompetenzstufe II (angegebene<br />

Sachverhalte aus einer Textpassage<br />

erschließen); nur wenige erreichen<br />

<strong>die</strong> Stufe IV (mehrere Textpassagen<br />

sinnvoll miteinan<strong>de</strong>r in Beziehung<br />

setzen). Es gibt also am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Grundschulzeit<br />

eine nicht unerhebliche Anzahl<br />

von Kin<strong>de</strong>rn, <strong>die</strong> offensichtlich<br />

während <strong>de</strong>r Grundschulzeit nicht <strong>die</strong><br />

notwendige Unterstützung zur Entwicklung<br />

ihrer Lesekompetenzen er-<br />

hielten (Bos, S.14). Diese Schülerinnen<br />

und Schüler bedürfen einer gezielter<br />

För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Leseverständnisses sowie<br />

zunächst ihrer Lesemotivation.<br />

Im Unterschied zu PISA untersuchte<br />

IGLU neben <strong>de</strong>r Fähigkeit, Informationen<br />

aus Texten zu ermitteln, auch <strong>die</strong><br />

„Literarische Erfahrung“ <strong>de</strong>r Grundschulkin<strong>de</strong>r.<br />

Dies meint, dass sich <strong>die</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r in <strong>die</strong> Figuren <strong>de</strong>r Erzählung hinein<strong>de</strong>nken<br />

und -fühlen können, dass sie<br />

Gefallen am sprachlichen Ausdruck<br />

fin<strong>de</strong>n und Freu<strong>de</strong> am Lesen haben.<br />

(Spinner, S. 10). IGLU geht davon aus,<br />

dass es bei Grundschulkin<strong>de</strong>rn mehr auf<br />

eine grundlegen<strong>de</strong>, allgemeine Vertrautheit<br />

mit <strong>de</strong>m Lesen ankommt und dass<br />

altersgemäße erzählen<strong>de</strong> Texte eine wesentliche<br />

Rolle spielen. Daher fragte<br />

IGLU auch nach <strong>de</strong>n Gefühlen <strong>de</strong>r Figuren,<br />

nach Grün<strong>de</strong>n für <strong>die</strong>se Gefühle,<br />

nach <strong>de</strong>n Gedanken <strong>de</strong>r Figuren u.Ä.<br />

Die „literarische Erfahrung“ entspricht<br />

zum einen <strong>de</strong>r Zielsetzung <strong>de</strong>s<br />

Deutschunterrichts – einem lebendigen<br />

Umgang mit literarischen Texten,<br />

<strong>de</strong>r <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung von Phantasie und<br />

Einfühlung einschließt und <strong>die</strong> Freu<strong>de</strong><br />

an sprachlicher Gestaltung weckt –<br />

schließt aber auch überfachliche Bildungsziele<br />

wie <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Vorstellungsfähigkeit,<br />

<strong>de</strong>r Reflexion auf<br />

menschliche Verhaltensmotive und <strong>de</strong>s<br />

Einfühlungsvermögens ein.<br />

Hier sind v.a. jene Unterrichtsfächer<br />

herausgefor<strong>de</strong>rt, in <strong>de</strong>nen nicht <strong>die</strong><br />

Vermittlung instrumentellen Wissens<br />

im Zentrum steht, son<strong>de</strong>rn <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung<br />

jener Fähigkeiten, <strong>die</strong> auf das Innewer<strong>de</strong>n,<br />

das Wahrnehmen und Deuten<br />

<strong>de</strong>r Welt gerichtet sind. Eine beson<strong>de</strong>re<br />

Rolle spielt dabei <strong>de</strong>r Religionsunterricht,<br />

da es hier wesentlich darum<br />

geht, (biblische) Texte sinnentnehmend<br />

lesen zu lernen und zu sich selbst in Beziehung<br />

zu setzen. Im Religionsunterricht<br />

steht somit <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung jener<br />

INFORMATIONEN 32 2/2003<br />

UNTERRICHTSPRAXIS<br />

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