Merkblatt Wir lesen <strong>die</strong> Bibel heute in unserer Sprache. Aber das ist eigentlich nicht selbstverständlich. Die Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong> zuerst in hebräischer und griechischer Sprache geschrieben. Außer<strong>de</strong>m hat es weit über 1000 Jahre gedauert, bis alle Schriften <strong>de</strong>r Bibel geschrieben waren. Die meisten Christen, <strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> Bibel interessierten, wohnten im römischen Reich. Die Sprache war zunächst Griechisch, später Latein. Also <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel ins Lateinische übersetzt und immer wie<strong>de</strong>r abgeschrieben. Lesen konnten <strong>die</strong> Bibel nur <strong>die</strong> Leute, <strong>die</strong> Latein gelernt hatten, meistens <strong>die</strong> Priester und Mönche. Sie lasen <strong>de</strong>n Leuten <strong>die</strong> lateinischen Bibeltexte vor und erklärten sie in Deutsch o<strong>de</strong>r Englisch o<strong>de</strong>r Französisch ... Merkblatt Übersetzungen <strong>de</strong>r Bibel Viele Künstler malten biblische Geschichten an <strong>die</strong> Kirchenwän<strong>de</strong>, so dass <strong>die</strong> armen Leute, <strong>die</strong> keine Bücher hatten, sich <strong>die</strong> Geschichten anschauen konnten. Martin Luther übersetzte 1522 <strong>die</strong> Bibel in <strong>die</strong> <strong>de</strong>utsche Sprache. Das ganz Beson<strong>de</strong>re war, dass er <strong>die</strong> Bibel so übersetzte, wie <strong>die</strong> Leute gesprochen haben. Luther wollte, dass <strong>die</strong> Menschen <strong>die</strong> Bibel in ihrer Sprache verstehen konnten. Bis heute ist Luthers Bibelübersetzung überliefert. Es ist auch heute noch nicht einfach, <strong>die</strong> Bibel zu übersetzen, auch wenn man <strong>die</strong> hebräische und griechische Sprache kann. Vor 3000 bis 2000 Jahren sah <strong>die</strong> Welt ganz an<strong>de</strong>rs aus als heute. Viele Dinge von damals kennen wir heute gar nicht mehr. Viele Die Kunst, <strong>die</strong> Bibel zu übersetzen 1522 übersetzte Martin Luther das Neue Testament ins Deutsche. 1534 hatte er <strong>die</strong> ganze Bibel übersetzt. Zu seiner Zeit gab es allerdings kein Wörterbuch für <strong>die</strong> Rechtschreibung, in <strong>de</strong>m man nachschlagen kann, wie ein Wort zu schreiben ist. Denn Deutschland war ein Flickenteppich von Fürstentümern. Um von Bad Homburg nach Frankfurt zu gelangen, musste man fünf Grenzen passieren. Weil Deutschland aber in unzählige kleinere und größere Län<strong>de</strong>reien zersplittert war, gab es ebenso viele <strong>de</strong>utsche Sprachen. Um nun <strong>die</strong> Bibel möglichst gut ins Deutsche zu übertragen, hat Martin Luther, wie er selbst sagte, „<strong>de</strong>n Leuten aufs Maul geschaut“. Das heißt, er hat genau hingehört, wie man auf <strong>de</strong>r Straße miteinan<strong>de</strong>r sprach, und hat dann versucht, <strong>die</strong> Bibel in <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r Menschen auf <strong>de</strong>r Straße zu übertragen. Das war beson<strong>de</strong>rs schwierig, weil es in Deutschland viele <strong>de</strong>utsche Sprachen und <strong>de</strong>mentsprechend viele <strong>de</strong>utsche Schreibweisen gab. Da knapp hun<strong>de</strong>rt Jahre zuvor <strong>de</strong>r Buchdruck von Johannes Gutenberg erfun<strong>de</strong>n war, konnte <strong>die</strong> Bibelübersetzung von Martin Luther gedruckt wer<strong>de</strong>n. Man musste nicht mehr je<strong>de</strong> einzelne Bibel mühsam von Hand abschreiben, was Wochen o<strong>de</strong>r Monate dauerte. Ein Buchdrucker setzte je<strong>de</strong> Seite <strong>de</strong>r Bibel aus einzelnen Buchstaben in Spiegelschrift zusammen und konnte dann <strong>die</strong> einzelne Bibelseite so oft drucken, wie man wollte. Die Zeit, <strong>die</strong> man dann für eine einzelne Seite brauchte, war viel geringer als wenn man sie von Hand abgeschrieben hätte. Daher <strong>wur<strong>de</strong></strong>n <strong>die</strong> Bibeln billiger Dinge, <strong>die</strong> wir heute haben, kannte man damals noch nicht. Heute ist <strong>die</strong> Bibel in fast alle Sprachen <strong>de</strong>r Welt übersetzt. und konnten von viel mehr Leuten gekauft und gelesen wer<strong>de</strong>n. Da viele Menschen <strong>die</strong> Bibel lesen wollten, verbreitete sich <strong>die</strong> Übersetzung von Martin Luther über ganz Deutschland mit all seinen Fürstentümern hinweg, und man lernte anhand <strong>de</strong>r Bibel in allen <strong>de</strong>utschen Län<strong>de</strong>rn eine gemeinsame Schriftsprache. INFORMATIONEN 32 2/2003 UNTERRICHTSPRAXIS 117
UNTERRICHTSPRAXIS 118 Zehn verschie<strong>de</strong>ne Bibelübersetzungen von Markus 1,1-4 Aus: Hans Freu<strong>de</strong>nberg: Freiarbeit mit Religionsunterricht praktisch. Materialien für <strong>die</strong> Grundschule. Band 1. – Vergrößern auf DIN A 3 – Göttingen. 2000. S. 140. © Van<strong>de</strong>nhoeck & Ruprecht, Göttingen INFORMATIONEN 32 2/2003