Lernstraße: „So wurde die Bibel“ - service.bistumlimburg.de
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UNTERRICHTSPRAXIS<br />
92<br />
<strong>„So</strong> <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Bibel“</strong><br />
<strong>Lernstraße</strong> mit 18 Stationen<br />
Hinweise zum Einsatz <strong>de</strong>r <strong>Lernstraße</strong><br />
Für ein 4. Schuljahr, das ich seit 3<br />
Jahren unterrichtete, konzipiert, ist<br />
<strong>die</strong> <strong>Lernstraße</strong> eine Form <strong>de</strong>r Freiarbeit,<br />
<strong>die</strong> leistungsdifferenziertes und<br />
selbständiges Arbeiten gewährleistet.<br />
Es setzt voraus, dass <strong>die</strong> Schüler/-innen<br />
<strong>die</strong>se Unterrichtsform gewöhnt<br />
sind. Ansonsten sind längere Erklärungen<br />
<strong>de</strong>r Arbeitsform und Hinweise<br />
auf <strong>die</strong> Einhaltung <strong>de</strong>r Regeln, vielleicht<br />
auch Unterstützung <strong>de</strong>r Lehrerin/<strong>de</strong>s<br />
Lehrers bei einzelnen Stationen<br />
notwendig.<br />
Vorbereitung:<br />
Außer<br />
� <strong>de</strong>n Stationenschil<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r Nummer<br />
und <strong>de</strong>m Thema [A (rot) für<br />
Pflichtstationen, B (gelb) für Wahlstationen,<br />
C (grün) für Zusatzstationen],<br />
� Informations- und Arbeitsblättern<br />
in genügen<strong>de</strong>r Anzahl,<br />
sind noch Materialien für einzelne Stationen<br />
zu besorgen und gegebenenfalls<br />
in DIN A 4 - Größe zu kopieren:<br />
� Station 3<br />
1. Zeitstrahl mit Pfeilen und Zeitabschnitten;<br />
2. Ratekarten (möglichst auf DIN A 4<br />
Karteikarten) zu <strong>de</strong>n einzelnen Personen<br />
enthalten:<br />
– auf <strong>de</strong>r Vor<strong>de</strong>rseite eine kurze Lebensbeschreibung<br />
möglichst mit Bil<strong>de</strong>rn,<br />
so dass eine I<strong>de</strong>ntifizierung<br />
sehr schnell möglich ist. Hilfen dazu<br />
fin<strong>de</strong>t man in:<br />
– Stephen Motyer: 444 Menschen<br />
<strong>de</strong>r Bibel. Das illustrierte who is<br />
who. – Stuttgart. 1998;<br />
– Anneliese Pokrandt: Elementarbibel.<br />
– Lahr. 1998;<br />
– Anne-Laure Fournier le Ray: Das<br />
große Buch vom Christentum.<br />
– Freiburg. 1999;<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
–Walter Prügger: Wer bin ich?<br />
Große Gestalten <strong>de</strong>s Alten Testaments<br />
und ihre Lebensgeschichte.<br />
– Heinsberg. 2002;<br />
– auf <strong>de</strong>r Rückseite <strong>de</strong>n Namen und <strong>die</strong><br />
Lebensdaten und möglichst auch ein<br />
typisches Bild.<br />
� Station 5<br />
Spiele und Rätsel zur Bibel (erhältlich<br />
im Amt für Kath. Religionspädagogik<br />
[RPA] bzw. selbst Kopien<br />
herstellen aus Rätsel- und Spielebüchern).<br />
� Station 6<br />
Steine (weicher Sandstein, Ytong,<br />
Schiefer), Linolmesser o<strong>de</strong>r Meißel,<br />
für <strong>de</strong>n Schiefer reicht eine größere<br />
Büroklammer, Goldbronze, Pinsel.<br />
� Station 7<br />
Ton, alte Zeitungen als Unterlage,<br />
Holzrolle, Nagel.<br />
� Station 8<br />
Informationen zur Geschichte <strong>de</strong>s<br />
Buches<br />
– Bil<strong>de</strong>r einer Schriftrolle und eines<br />
Ko<strong>de</strong>x, z.B. Folie 1 a+b aus: Hans<br />
Eggenberger/Christian Keller/Adrian<br />
Müller/Michael Schwarz/René<br />
Däschler: Die Bibel – überliefert<br />
und gelebt. Ein Me<strong>die</strong>npaket.<br />
Hg.: Katechetisches Institut <strong>de</strong>r<br />
evang.-ref. Lan<strong>de</strong>skirche <strong>de</strong>s Kantons<br />
Zürich in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>r kath. Kirchlichen AV-Me<strong>die</strong>nstelle<br />
Zürich. – Zürich. 1987.<br />
(erhältlich im RPA);<br />
– Papyrus;<br />
– Pergament;<br />
– Buchstabenrätsel aus: Eleonore<br />
von Dincklage (Hg.): Unterwegs<br />
durch <strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17<br />
Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />
Station 8. – Stuttgart. 1996.<br />
� Station 11<br />
Schere, Kleber.<br />
� Station 12<br />
Nach Möglichkeit Dias aus <strong>de</strong>r Reihe:<br />
Das Abenteuer von Qumran<br />
Christa Kuch<br />
(im RPA erhältlich), Diabetrachter,<br />
Schere, Kleber.<br />
� Station 14<br />
Bibelbibliothek im Ordner (Regalbretter<br />
in einen Ordner kleben/<br />
schrauben und <strong>die</strong> einzelnen biblischen<br />
Bücher aus Holzleisten aussägen<br />
und beschriften (notfalls<br />
reicht das Arbeitsblatt).<br />
� Station 15<br />
– Farbstifte, echte Schreibfe<strong>de</strong>r, Tinte,<br />
Goldstifte,<br />
–Vordrucke von Initialen z.B.: Thimothy<br />
Noad/Patricia Seligman:<br />
– Historische Initialen entwerfen<br />
und gestalten. – Augsburg. 2001<br />
o<strong>de</strong>r über Word Art Schriftart<br />
„Old Cologne Regular“ o<strong>de</strong>r „Rothenburg<br />
Decorative“ Buchstaben<br />
hohl ausdrucken. Möglichst <strong>die</strong><br />
Initialen aller Schüler/-innen.<br />
– Kopien von mittelalterlicher Buchmalerei,<br />
z.B.: Das Book of Kells.<br />
Thames & Hudson Ltd. – London.<br />
2000.<br />
– Kopie einer Seite <strong>de</strong>r Gutenberg-<br />
Bibel zum Ausmalen (erhältlich<br />
im Gutenberg-Museum, Mainz).<br />
– Folien Nr. 17, 16, aus: Hans Eggenberger<br />
u.a.: Die Bibel – überliefert<br />
und gelebt. Ein Me<strong>die</strong>npaket<br />
(s. Station 8).<br />
� Station 18<br />
– Bibelstellen auf Karten (möglichst<br />
laminiert) z.B.: Mt 22,37;<br />
Mt 25,40; Mt 5,9; Ps 103,2;<br />
Ps 23,1; Ps 27,1; Ps 28,7; Ps 36,6;<br />
Ps 37,5; Ps 86,11; Mt 11,29;<br />
Mt 1,28; Mt 7,12; Mt 7,7;<br />
Mt 5,44+45; Gen 12,2; Jes 54,10;<br />
Joh 8,12; Joh 11,25; Joh 14,6;<br />
Joh 15,5; Mt 5,5.<br />
–Weißes Papier DIN A 5.<br />
– Farbiges Papier DIN A 4.<br />
Je<strong>de</strong> Schülerin/je<strong>de</strong>r Schüler benötigt<br />
einen Schnellhefter, Schreibmaterialien,<br />
DIN A 4-Papier.
Regeln zur Arbeit mit <strong>de</strong>r <strong>Lernstraße</strong>:<br />
(wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Klasse für alle sichtbar<br />
aufgehängt und vorher vereinbart, insbeson<strong>de</strong>re<br />
für Klassen ohne Freiarbeitserfahrungen)<br />
– Je<strong>de</strong> Schülerin/je<strong>de</strong>r Schüler bringt<br />
für <strong>die</strong> Zeit <strong>de</strong>r Arbeit an <strong>de</strong>r <strong>Lernstraße</strong><br />
nur <strong>de</strong>n Schnellhefter, Mäppchen,<br />
Farbstifte, Schere, Kleber mit.<br />
– Je<strong>de</strong> Schülerin/je<strong>de</strong>r Schüler heftet<br />
seine Laufkarte in <strong>de</strong>n Schnellhefter.<br />
– Die Laufkarte gibt Hinweise auf<br />
<strong>die</strong> einzelnen Stationen <strong>de</strong>r <strong>Lernstraße</strong>.<br />
– Die A-Stationen (rot) müssen in <strong>de</strong>n<br />
ersten Stun<strong>de</strong>n erarbeitet wer<strong>de</strong>n,<br />
von <strong>de</strong>n B-Stationen (gelb) können<br />
4 ausgewählt wer<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> C-Stationen<br />
(grün) sind freiwillig.<br />
– Die Schüler/-innen lesen zunächst<br />
in Ruhe <strong>die</strong> Laufkarte durch. Dann<br />
schauen sie sich <strong>die</strong> Stationen an und<br />
entschei<strong>de</strong>n sich für <strong>die</strong> erste, <strong>die</strong> sie<br />
bearbeiten wollen.<br />
– Eine neue Station darf erst dann begonnen<br />
wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>die</strong> vorherige<br />
been<strong>de</strong>t <strong>wur<strong>de</strong></strong>.<br />
– An einer Station darf immer nur eine/r<br />
arbeiten o<strong>de</strong>r zwei in Partnerarbeit.<br />
Wie Kin<strong>de</strong>r mit Gott re<strong>de</strong>n<br />
Manche Religionsstun<strong>de</strong>n vergisst<br />
man nicht, so wie z.B. <strong>die</strong>se:<br />
Zu Beginn <strong>de</strong>s zweiten Schuljahres<br />
war unser Thema: „Beten –<br />
Auf Gott hören, mit Gott sprechen“.<br />
Ich gab <strong>de</strong>n 28 Kin<strong>de</strong>rn,<br />
<strong>die</strong> gera<strong>de</strong> lesen und schreiben gelernt<br />
hatten, <strong>de</strong>n schwierigen Auftrag,<br />
ein Gebet zu schreiben.<br />
Während manche Kin<strong>de</strong>r noch<br />
Hilfen und Hinweise brauchten,<br />
an<strong>de</strong>re gera<strong>de</strong> ihr Heft aufgeschlagen<br />
hatten, war Ludwig<br />
schon fertig und zeigte mir sein<br />
Gebet:<br />
„Lieber Gott, ich frage mich,<br />
wie du aussiehst. Amen.“<br />
Ich antwortete ihm: „Ja, das<br />
frage ich mich auch. Male doch<br />
noch ein Bild dazu.“<br />
Kurze Zeit später kam Ludwig<br />
schon wie<strong>de</strong>r mit seinem Heft. Er<br />
hatte ein Bild von <strong>de</strong>r Welt gemalt<br />
und mitten hinein zwei Augen Nase<br />
und Mund, allerdings nur ganz<br />
schwach ange<strong>de</strong>utet mit Bleistift.<br />
Ich sagte: „Das fin<strong>de</strong> ich prima,<br />
<strong>de</strong>in Bild. Es ist eine ganz tolle<br />
I<strong>de</strong>e. Aber du kannst es noch besser<br />
malen, so richtig schön bunt.“<br />
Ludwig schaute mich ratlos an<br />
und antwortete: „Das kann ich<br />
doch nicht. Welche<br />
Farben soll<br />
ich <strong>de</strong>nn nehmen?<br />
Ich weiß doch<br />
nicht, wie er aussieht.“<br />
Ich kapitulierte:<br />
„Ja, dann<br />
musst du es wohl<br />
so lassen.“ Ludwig<br />
erklärte sich<br />
bereit, <strong>de</strong>m Bild<br />
einen bunten Rahmen<br />
zu machen<br />
und <strong>de</strong>n Text noch<br />
bunt zu unterlegen.<br />
Als ich <strong>die</strong><br />
Stun<strong>de</strong> reflektierte,<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong> mir bewusst,<br />
dass Ludwig<br />
mir sein Bild<br />
von Gott erklärt<br />
hatte: Man kann<br />
Gott in seiner<br />
Schöpfung wahrnehmen.<br />
Aber man<br />
muss schon sehr<br />
aufmerksam sein,<br />
um ihn zu sehen. Leicht ist er zu<br />
übersehen. Man kann ihn sich<br />
auch nicht selbst ausmalen, mit<br />
<strong>de</strong>n Farben, <strong>die</strong> man gerne hätte.<br />
– Schüler/-innen, <strong>die</strong> Stationenarbeit<br />
nicht gewöhnt sind, brauchen Zeit,<br />
um sich mit <strong>de</strong>r Arbeitsform vertraut<br />
zu machen. Hilfestellung ist<br />
auch notwendig, damit sie <strong>de</strong>n vorgesehenen<br />
Zeitrahmen einhalten<br />
und ihre „Pflichtstationen“ erarbeiten.<br />
Die „Kür-Stationen“ sind reizvoller.<br />
– Wer mit <strong>de</strong>r Arbeit an einer Station<br />
fertig ist, räumt alle Materialien<br />
wie<strong>de</strong>r or<strong>de</strong>ntlich zusammen.<br />
Gott bleibt für uns Menschen eine<br />
Frage, ein Geheimnis.<br />
Christa Kuch<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
93
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
94<br />
Name:<br />
Laufkarte für <strong>die</strong> <strong>Lernstraße</strong>: <strong>„So</strong> <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Bibel“</strong><br />
Station Bedingungen Kurze Inhaltsangabe/Ergebnis<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
6.<br />
7.<br />
8.<br />
9.<br />
10.<br />
11.<br />
12.<br />
13.<br />
14.<br />
15.<br />
16.<br />
17.<br />
Das Buch <strong>de</strong>r<br />
Bücher B<br />
Menschen erzählen ihre Erfahrungen<br />
mit Gott A<br />
Erzählungen von Gott wer<strong>de</strong>n über viele<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rte wörtlich weitergegeben B<br />
Die Entstehung <strong>de</strong>r Schrift<br />
- Bildzeichen<br />
- Von <strong>de</strong>r Bildschrift zur Lautschrift<br />
A (rot) = Diese Station musst du in <strong>de</strong>n ersten Stun<strong>de</strong>n durchlaufen<br />
B (gelb) = Diese Stationen kannst du wählen. Min<strong>de</strong>stens 4 solltest du erarbeiten.<br />
C (grün) = Zusatzstation. Nicht verpflichtend.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
A<br />
Rätsel und Spiele<br />
zur Bibel C<br />
Wichtige Texte (Gesetze) wer<strong>de</strong>n in<br />
Stein gehauen C<br />
Wichtige Texte wer<strong>de</strong>n auf Tontafeln<br />
geschrieben C<br />
Damit schrieb man zur Zeit <strong>de</strong>s Neuen<br />
Testaments (Papyrus, Pergament) B<br />
Hebräisch, <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r<br />
Israeliten A<br />
Die Sprache <strong>de</strong>s<br />
Neuen Testaments A<br />
Wie <strong>die</strong> hebräische Bibel<br />
entstand A<br />
Das Abenteuer von<br />
Qumran C<br />
Wie das<br />
Neue Testament entstand A<br />
Die Bibel, eine<br />
Bibliothek A<br />
Kostbarkeiten aus<br />
<strong>de</strong>m Mittelalter B<br />
Übersetzungen <strong>de</strong>r<br />
Bibel B<br />
Wie man eine<br />
Bibelstelle fin<strong>de</strong>t A<br />
18. Meine<br />
Bibelstelle B<br />
Kann immer wie<strong>de</strong>r<br />
besucht wer<strong>de</strong>n<br />
Kann öfter besucht<br />
wer<strong>de</strong>n
Arbeitsauftrag:<br />
Lies dir das Merkblatt: „Das Buch <strong>de</strong>r Rekor<strong>de</strong>“ durch und fülle das Arbeitsblatt aus!<br />
Das Wort „<strong>Bibel“</strong> heißt ins Deutsche übersetzt:<br />
Die Bibel ist das Buch <strong>de</strong>r Rekor<strong>de</strong>. Es ist zum Beispiel das:<br />
Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>de</strong>r Welt <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>de</strong>r Welt <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>de</strong>r Welt <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>de</strong>r Welt <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Du kannst auch noch versuchen, das Textpuzzle zusammenzusetzen.<br />
Das Buch <strong>de</strong>r Bücher<br />
Station 1<br />
Das Buch <strong>de</strong>r Bücher<br />
Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />
Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />
Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />
Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />
Unser <strong>de</strong>utsches Wort „<strong>Bibel“</strong> kommt vom griechischen Wort „Biblion“ = das Buch und vom lateinischen<br />
Wort „Biblia“ = <strong>die</strong> Bücher. Die Bibel – <strong>die</strong> Heilige Schrift <strong>de</strong>r Christen – war über Jahrhun<strong>de</strong>rte das<br />
wichtigste Buch <strong>de</strong>r Welt. Daher erklärt sich <strong>de</strong>r Name „Das Buch“.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
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UNTERRICHTSPRAXIS<br />
96<br />
Merkblatt<br />
1. Kein an<strong>de</strong>res Buch hat so lange<br />
Zeit gebraucht, bis es geschrieben<br />
war: 1600 Jahre.<br />
2. Die Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong> von mehr als 40<br />
Autoren *) geschrieben, <strong>die</strong> sich<br />
gar nicht kannten.<br />
3. Die Autoren <strong>de</strong>r Bibel waren ganz<br />
unterschiedlich: Könige und<br />
Fürsten, Dichter und Denker,<br />
Propheten und Politiker, Bauern<br />
und Fischer.<br />
4. Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>wur<strong>de</strong></strong> über<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rte so oft und so genau<br />
immer wie<strong>de</strong>r abgeschrieben.<br />
5. Kein an<strong>de</strong>res Buch <strong>wur<strong>de</strong></strong> in so<br />
viele Sprachen übersetzt.<br />
6. Kein an<strong>de</strong>res Buch wird in fast allen<br />
Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Welt gelesen.<br />
7. An keinem an<strong>de</strong>ren Buch haben<br />
so viele Wissenschaftler geforscht<br />
wie an <strong>de</strong>r Bibel.<br />
Wissenschaftler ent<strong>de</strong>cken alte Handschrift<br />
Die Bibel ist auch das Buch <strong>de</strong>r Rekor<strong>de</strong><br />
Ein Textpuzzle<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Die Geschichten <strong>de</strong>r Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong>n zuerst auf Papyrus o<strong>de</strong>r<br />
Pergament geschrieben. Von solchen alten Handschriften fin-<br />
<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Forscherinnen und Forscher manchmal nur kleine<br />
Stückchen, <strong>die</strong> sie erst mühsam<br />
wie ein Puzzlespiel zusammenset-<br />
8. Von keinem an<strong>de</strong>ren Buch gibt es<br />
so viele archäologische **) Fundstücke<br />
wie von <strong>de</strong>r Bibel.<br />
9. Früher <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel handgeschrieben<br />
auf Pergament ***) mit<br />
selbstgemachten Farben aus gemahlenen<br />
E<strong>de</strong>lsteinen und mit<br />
Gold. Diese Bibeln waren sehr<br />
teuer und kostbar. Nur Könige<br />
und reiche Klöster konnten sich<br />
eine solche Bibel leisten. Wenige<br />
<strong>die</strong>ser Bibeln sind bis heute erhalten.<br />
Sie wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Schatzkammern<br />
<strong>de</strong>r Museen aufbewahrt.<br />
Die kostbarste Handschrift<br />
<strong>de</strong>s 12. Jahrhun<strong>de</strong>rts ist<br />
das Evangeliar Heinrichs <strong>de</strong>s Löwen.<br />
8 kg Gold <strong>wur<strong>de</strong></strong>n bei <strong>de</strong>r<br />
Herstellung verwen<strong>de</strong>t. Dieses<br />
Buch <strong>wur<strong>de</strong></strong> 1983 von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik<br />
für 32,5 Millionen<br />
zen müssen.<br />
Manche <strong>die</strong>ser Stücke sind über<br />
2000 Jahre alt. Solche Schriften<br />
hat man zum Beispiel in <strong>de</strong>n Fels-<br />
höhlen von Qumran am Toten Meer<br />
DM (16,3 Mill. €) gekauft. Es ist<br />
das teuerste Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />
10. Die Bibel war das erste gedruckte<br />
Buch <strong>de</strong>r Welt: um das Jahr 1440<br />
von Johannes Gutenberg in<br />
Mainz.<br />
11. Heute gibt es <strong>die</strong> ganze Bibel auf<br />
einer CD o<strong>de</strong>r sogar auf einem<br />
Dia: das kleinste Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />
12. Die Bibel ist das meist verfilmte<br />
Buch <strong>de</strong>r Welt.<br />
Kennst du <strong>die</strong>se Wörter?<br />
*) Autoren = Menschen, <strong>die</strong> Bücher schreiben.<br />
**)<br />
archäologisch = etwas aus uralter Zeit Gefun<strong>de</strong>nes.<br />
***)<br />
Pergament = Haut von Tieren (Le<strong>de</strong>r), <strong>die</strong> man als<br />
Schriftstück zubereitete.<br />
� Hinweis für <strong>de</strong>n Lehrer: Text kopieren, vergrößern auf DIN A 4 und als Puzzle zerschnei<strong>de</strong>n, dann <strong>die</strong> einzelnen Teile auf ein Blatt<br />
kleben und als Materialsatz für <strong>die</strong> Schüler kopieren.<br />
ent<strong>de</strong>ckt. Sie waren dort in großen<br />
Tonkrügen aufbewahrt. Im Lauf <strong>de</strong>r<br />
Jahre waren aber viele Schriftrol-<br />
len in winzige Stückchen zerfallen.<br />
Die Forscher wollen nun wissen, um was für Texte aus <strong>de</strong>r<br />
Bibel es sich han<strong>de</strong>lt. Deshalb müssen sie nun <strong>die</strong>se alten<br />
Schriften zusammensetzen, entziffern und übersetzen. Dann<br />
erst kann man sehen, was in <strong>de</strong>n alten Handschriften steht und<br />
ob unsere heutige Bibel mit <strong>die</strong>sen Texten übereinstimmt.<br />
Durch solche Handschriftenfun<strong>de</strong> wissen wir heute, dass sich<br />
<strong>de</strong>r Text <strong>de</strong>r Bibel in <strong>de</strong>n 2000 Jahren kaum verän<strong>de</strong>rt hat.<br />
Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): UUntteerwweegs ddurcchh diiee Bibel.. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />
– Stuttgart. 1996. Station 14. © 1996 by Hänssler-Verlag, D-71087 Holzgerlingen
Arbeitsauftrag:<br />
1. Höre dir <strong>die</strong> Geschichte „Ist <strong>de</strong>r Mond ein Gott?“ auf <strong>de</strong>r Kassette an o<strong>de</strong>r lies sie!<br />
2. Das Loblied auf Gott, <strong>de</strong>n Schöpfer, das <strong>die</strong> Priester vor ungefähr 2500 Jahren gedichtet haben, fin<strong>de</strong>n wir heute noch<br />
auf <strong>de</strong>n ersten Seiten <strong>de</strong>r Bibel. Es ist recht lange geraten und heute schwer zu verstehen. Deshalb ist <strong>de</strong>r Text hier mit<br />
verschie<strong>de</strong>nen Schriften geschrieben.<br />
Nimm ihn dir. Lies ihn durch.<br />
Versuche dann, <strong>die</strong> Aufgaben auf Deinem Arbeitsblatt zu bearbeiten.<br />
Ihr könnt euch gegenseitig helfen.<br />
3. Lies das Merkblatt: Menschen erzählen ihre Erfahrungen mit Gott!<br />
Arbeitsblatt:<br />
Station 2<br />
Menschen erzählen ihre Erfahrungen mit Gott<br />
Das Schöpfungslied ist keine Geschichte, son<strong>de</strong>rn wie ein Lied mit 7 Strophen geschrieben. Welche Satzteile wie<strong>de</strong>rholen<br />
sich öfter?<br />
Warum schreiben <strong>die</strong> Priester das Schöpfungslied auf?<br />
Schreibe mit eigenen Worten, warum <strong>die</strong> Priester ihre Erfahrungen mit Gott weitererzählen möchten:<br />
Wie wür<strong>de</strong>st du heute ein solches Lob auf <strong>die</strong> Schöpfung schreiben?<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
97
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
98<br />
Ist <strong>de</strong>r Mond ein Gott?<br />
Daniel und Jakob sitzen auf <strong>de</strong>n<br />
Stufen <strong>de</strong>s prachtvollen Tempels und<br />
schauen auf das bunte Treiben <strong>de</strong>r vielen<br />
Menschen in <strong>de</strong>r riesigen Stadt Babylon.<br />
Der Tempel ist <strong>de</strong>m Gott Marduk<br />
geweiht. Marduk gilt bei <strong>de</strong>n Babyloniern<br />
als <strong>de</strong>r König von <strong>de</strong>n vielen<br />
Göttern, <strong>die</strong> von <strong>de</strong>n Babyloniern verehrt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Daniel und Jakob sind keine Babylonier;<br />
sie sind Ju<strong>de</strong>n aus Jerusalem.<br />
Vor zehn Jahren hatte <strong>de</strong>r mächtige König<br />
von Babylon <strong>die</strong> Stadt Jerusalem<br />
erobert und <strong>die</strong> meisten Bewohner als<br />
Gefangene in das Land <strong>de</strong>r Babylonier<br />
verschleppt. Und nun lebten sie hier in<br />
<strong>de</strong>r Frem<strong>de</strong>, fern von ihrer Heimat, unter<br />
frem<strong>de</strong>n Menschen, <strong>die</strong> an<strong>de</strong>re Götter<br />
anbeteten. Sie sind traurig und sehnen<br />
sich zurück nach Jerusalem und<br />
<strong>de</strong>m Tempel Jahwes. Doch auch <strong>de</strong>r ist<br />
zerstört. Die Ju<strong>de</strong>n in Babylon treffen<br />
sich immer wie<strong>de</strong>r am Sabbat zum Gottes<strong>die</strong>nst.<br />
Auch Daniel und Jakob kommen<br />
an je<strong>de</strong>m Sabbat. Der Sabbat war<br />
<strong>de</strong>r Tag, <strong>de</strong>r Jahwe, <strong>de</strong>m Gott Israels,<br />
geweiht ist. Er soll an <strong>de</strong>n Bund erinnern,<br />
<strong>de</strong>n das Volk Israel mit Gott hat.<br />
Ein Priester predigt: „Wir sind selber<br />
schuld, dass so großes Unheil über unser<br />
Volk gekommen ist. Denn wir haben<br />
uns nicht an <strong>de</strong>n Bund gehalten,<br />
<strong>de</strong>n wir mit Gott hatten. Wir haben <strong>de</strong>n<br />
Bund gebrochen, weil wir nicht auf<br />
Jahwe gehört haben.“<br />
Das haben <strong>die</strong> Ju<strong>de</strong>n inzwischen<br />
eingesehen, wenigstens <strong>die</strong> meisten.<br />
Doch, wie soll es weitergehen? Wird<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
das Unheil bleiben? Die Priester trösten<br />
<strong>die</strong> Ju<strong>de</strong>n: „Gott wird uns nicht fallen<br />
lassen. Er wird uns retten; <strong>de</strong>nn er<br />
ist barmherzig. Doch wir müssen uns<br />
bessern. Wir müssen umkehren. Wir<br />
müssen Gottes Gebote halten. Ganz<br />
genau. Und vor allem: Wir müssen <strong>de</strong>m<br />
Gott Israels treu bleiben und dürfen<br />
nicht anfangen, <strong>die</strong> Götter <strong>de</strong>r Babylonier<br />
zu verehren. Nur Jahwe ist Gott,<br />
er allein.“<br />
Nach <strong>de</strong>m Gottes<strong>die</strong>nst treffen Daniel<br />
und Jakob <strong>de</strong>n Priester Esdras. Sie<br />
kennen ihn gut und unterhalten sich oft<br />
mit ihm. „Du hast recht mit <strong>de</strong>m, was<br />
du eben im Gottes<strong>die</strong>nst gesagt hast“,<br />
sagen sie zu ihm. „Wir waren heute<br />
morgen am Marduktempel und haben<br />
beobachtet, dass auch einige von uns<br />
Ju<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Tempel gingen, um Marduk<br />
anzubeten.“ „Das ist schlimm“,<br />
sagt <strong>de</strong>r Priester. „Sie meinen, Marduk<br />
wür<strong>de</strong> ihnen helfen, weil er als so<br />
mächtig gilt.“ Jakob unterbricht ihn:<br />
„Ja, das stimmt. Die Babylonier erzählen,<br />
dass Marduk <strong>die</strong> Meeresgöttin Tiamat<br />
erschlagen und aus ihrem Körper<br />
<strong>de</strong>n Himmel erschaffen hat. Und Marduk<br />
soll auch <strong>de</strong>n bösen Gott Kingu erschlagen<br />
haben und aus seinem Blut<br />
<strong>die</strong> Menschen erschaffen haben. Deshalb<br />
sind <strong>die</strong> Menschen so böse.“<br />
„Und?“, <strong>de</strong>r Priester schaut ihn fragend<br />
an: „Glaubst du so etwas auch? Du<br />
weißt doch, dass nur Jahwe Gott ist und<br />
dass alles von ihm kommt. Nicht Marduk,<br />
son<strong>de</strong>rn Jahwe hat <strong>de</strong>n Himmel<br />
und <strong>die</strong> Er<strong>de</strong>, <strong>die</strong> Sonne, <strong>de</strong>n Mond und<br />
<strong>die</strong> Sterne und das Meer und <strong>die</strong> Berge<br />
erschaffen.“<br />
Jakob überlegt: „Die Babylonier sagen<br />
aber, dass Sonne, Mond und Sterne<br />
göttliche Mächte sind. Ist <strong>de</strong>r Mond<br />
wirklich ein Gott?“ „Nun <strong>de</strong>nke doch<br />
einmal genau nach!“, antwortet <strong>de</strong>r<br />
Priester, „Wie kann <strong>de</strong>r Mond ein Gott<br />
sein? Der Mond ist nichts weiter als eine<br />
Lampe am Himmel, genau wie <strong>die</strong><br />
Sonne. Die Sonne ist für <strong>de</strong>n Tag da;<br />
und <strong>de</strong>r Mond soll uns Menschen in <strong>de</strong>r<br />
Nacht leuchten. Es sind Dinge, <strong>die</strong> Gott<br />
für uns geschaffen hat. Mehr nicht!<br />
Gott hat sie uns gegeben; sie sind für<br />
uns da. Aber sie sind keine Götter. Sie<br />
sind Geschöpfe Gottes.“ Daniel hat<br />
aufmerksam zugehört, als <strong>de</strong>r Priester<br />
das erklärte. <strong>„So</strong> gut wie du“, sagt er<br />
bewun<strong>de</strong>rnd, „hat mir das noch keiner<br />
erklärt. Jetzt verstehe ich das alles viel<br />
besser. Das solltet ihr Priester auch <strong>de</strong>n<br />
an<strong>de</strong>ren Ju<strong>de</strong>n aus unserer Gemein<strong>de</strong><br />
einmal so erklären. Dann wer<strong>de</strong>n sie<br />
unserem Gott besser treu bleiben“. Jakob<br />
nickt: „Ja, vielleicht könnt ihr<br />
Priester einmal aufschreiben, was Jahwe<br />
alles erschaffen hat: <strong>die</strong> Sonne, <strong>de</strong>n<br />
Mond, <strong>die</strong> Berge, <strong>die</strong> Wasser in <strong>de</strong>n<br />
Wolken, <strong>die</strong> Wasser im Meer, <strong>die</strong> Fische,<br />
<strong>die</strong> Tiere auf <strong>de</strong>m Feld. Vielleicht<br />
könnt ihr ein Gedicht daraus machen<br />
o<strong>de</strong>r ein Loblied!“<br />
Jakob hat sich in Begeisterung gere<strong>de</strong>t,<br />
Daniel bremst ihn etwas ab:<br />
„Das gäbe aber ein langes Gedicht mit<br />
vielen hun<strong>de</strong>rt Strophen.“ Der Priester<br />
<strong>de</strong>nkt nach. „Das ist ein guter Vorschlag.<br />
Wir können ja ein Lied mit sieben<br />
Strophen machen; genau so viele<br />
Strophen wie <strong>die</strong> Woche Tage hat. Und<br />
wenn wir das Lied gemeinsam am Sabbat<br />
singen, dann wer<strong>de</strong>n auch alle daran<br />
erinnert, dass wir sechs Tage arbeiten<br />
sollen, am siebenten Tag aber ruhen<br />
sollen. So hat es Gott befohlen. Ich<br />
wer<strong>de</strong> einmal mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Priestern<br />
darüber sprechen.“<br />
Aus: Günther Weber: Wie wir Menschen leben 4. Ein<br />
Religionsbuch für das vierte Schuljahr. – Freiburg.<br />
4. Auflage. 1992. S. 66-67. © Verlag Her<strong>de</strong>r
Schöpfungslied (aus Gen 1,1-2,3)<br />
Im Anfang schuf Gott Himmel und<br />
Er<strong>de</strong>; <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> aber war wüst und wirr,<br />
Finsternis lag über <strong>de</strong>r Urflut.<br />
Gott sprach: Es wer<strong>de</strong> Licht. Und es<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong> Licht.<br />
Gott sah, dass das Licht gut war und Gott<br />
nannte das Licht Tag, und <strong>die</strong> Finsternis<br />
nannte er Nacht.<br />
Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Morgen: erster Tag.<br />
Dann sprach Gott: Ein Gewölbe entstehe<br />
mitten im Wasser und schei<strong>de</strong><br />
Wasser von Wasser.<br />
Und Gott nannte das Gewölbe Himmel.<br />
Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Morgen: zweiter Tag.<br />
Dann sprach Gott: Das Wasser unterhalb<br />
<strong>de</strong>s Himmels sammle sich an einem<br />
Ort, damit das Trockene sichtbar<br />
wer<strong>de</strong>. So geschah es. Das Trockene<br />
nannte Gott Land, und das angesammelte<br />
Wasser nannte er Meer. Gott sah,<br />
dass es gut war.<br />
Dann sprach Gott: Das Land lasse<br />
junges Grün wachsen, alle Arten von<br />
Pflanzen, <strong>die</strong> Samen tragen, und von<br />
Bäumen, <strong>die</strong> auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> Früchte bringen<br />
mit ihrem Samen darin. So geschah<br />
es. Gott sah, dass es gut war.<br />
Merkblatt<br />
Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Morgen: dritter Tag.<br />
Dann sprach Gott: Lichter sollen am<br />
Himmelsgewölbe sein, um Tag und<br />
Nacht zu schei<strong>de</strong>n.<br />
Sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe<br />
sein, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> Er<strong>de</strong> hin leuchten. So<br />
geschah es.<br />
Gott machte <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n großen Lichter,<br />
das größere, das über <strong>de</strong>n Tag herrscht,<br />
das kleinere, das über <strong>die</strong> Nacht<br />
herrscht, auch <strong>die</strong> Sterne. Gott sah,<br />
dass es gut war.<br />
Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Morgen: vierter Tag.<br />
Dann sprach Gott: Das Wasser wimmele<br />
von lebendigen Wesen, und Vögel<br />
sollen über <strong>de</strong>m Land am Himmelsgewölbe<br />
dahinfliegen. Gott sah, dass es<br />
gut war.<br />
Gott segnete sie und sprach: Seid<br />
fruchtbar, und vermehrt euch, und bevölkert<br />
das Wasser im Meer, und <strong>die</strong><br />
Vögel sollen sich auf <strong>de</strong>m Land vermehren.<br />
Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Morgen: fünfter Tag.<br />
Dann sprach Gott: Das Land bringe<br />
alle Arten von lebendigen Wesen her-<br />
Menschen erzählen ihre Erfahrungen mit Gott<br />
Die Bibel ist nicht so entstan<strong>de</strong>n wie<br />
heute Bücher entstehen. Heutige Bücher<br />
wer<strong>de</strong>n Satz für Satz gedacht und<br />
geschrieben, meist mit Hilfe eines<br />
Computers.<br />
Bevor <strong>die</strong> Bibel geschrieben <strong>wur<strong>de</strong></strong>,<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong> sie gesprochen: laut, wortwörtlich<br />
von Eltern zu Kin<strong>de</strong>rn und<br />
Enkelkin<strong>de</strong>rn. Sie ist „Wort Gottes“<br />
als gesprochenes, nicht als gedachtes<br />
Wort.<br />
Die Anfänge <strong>de</strong>r Bibel reichen in eine<br />
Zeit zurück, in <strong>de</strong>r <strong>die</strong> Buchstaben-<br />
schrift noch nicht erfun<strong>de</strong>n war. Natürlich<br />
wollten <strong>die</strong> Menschen auch damals<br />
ihre Erfahrungen weitergeben, Gesetze<br />
und Regeln aufstellen, Lie<strong>de</strong>r und Geschichten<br />
behalten.<br />
Darum fassten sie alles, was ihnen<br />
wichtig war, in feste Sprachformen. Sie<br />
hatten dafür ein gutes Gedächtnis. Was<br />
ihnen überliefert wor<strong>de</strong>n war, gaben sie<br />
wortwörtlich an ihre Kin<strong>de</strong>r und Kin<strong>de</strong>skin<strong>de</strong>r<br />
weiter. Über Jahrtausen<strong>de</strong><br />
gab es bei allen Menschen nur eine<br />
„mündliche Überlieferung“.<br />
vor, von Vieh, von Kriechtieren und von<br />
Tieren <strong>de</strong>s Fel<strong>de</strong>s. So geschah es. Gott<br />
sah, dass es gut war.<br />
Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen<br />
machen als unser Abbild, uns<br />
ähnlich. Gott schuf also <strong>de</strong>n Menschen<br />
als sein Abbild; als Abbild<br />
Gottes schuf er ihn. Als Mann und<br />
Frau schuf er sie. Gott segnete sie,<br />
und Gott sprach zu ihnen: Seid<br />
fruchtbar, und vermehrt euch, bevölkert<br />
<strong>die</strong> Er<strong>de</strong>.<br />
Dann sprach Gott: Hiermit übergebe<br />
ich euch alle Pflanzen auf <strong>de</strong>r ganzen<br />
Er<strong>de</strong>, <strong>die</strong> Samen tragen, und alle Bäume<br />
mit samenhaltigen Früchten. Euch<br />
sollen sie zur Nahrung <strong>die</strong>nen.<br />
So geschah es.<br />
Gott sah alles an, was er gemacht hatte:<br />
Es war sehr gut.<br />
Es <strong>wur<strong>de</strong></strong> Abend, und es <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
Morgen: <strong>de</strong>r sechste Tag.<br />
Am siebten Tag vollen<strong>de</strong>te Gott das<br />
Werk, das er geschaffen hatte, und er<br />
ruhte am siebten Tag, nach<strong>de</strong>m er sein<br />
ganzes Werk vollbracht hatte.<br />
Und Gott segnete <strong>de</strong>n siebten Tag<br />
und erklärte ihn für heilig; <strong>de</strong>nn an<br />
ihm ruhte Gott, nach<strong>de</strong>m er das ganze<br />
Werk <strong>de</strong>r Schöpfung vollen<strong>de</strong>t<br />
hatte.<br />
Dabei hatte das gesprochene Wort<br />
einen hohen Rang. Es durfte nicht verän<strong>de</strong>rt<br />
wer<strong>de</strong>n. Noch in späteren Zeiten,<br />
als es schon <strong>die</strong> Schrift gab, fand das<br />
gesprochene Wort höhere Achtung als<br />
das geschriebene. Bei uns ist es heute<br />
genau umgekehrt.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
99
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
100<br />
Was Menschen mit Gott erlebt haben<br />
und was sie von Gott weitererzählen<br />
wollten, das haben sie nicht sofort<br />
aufgeschrieben.<br />
Wenn wir an <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>r Bibel gehen<br />
wollen, dann müssen wir 4000 Jahre<br />
zurückgehen. Damals gab es natürlich<br />
noch keine Computer, keine Kopierer, ja<br />
Arbeitsauftrag:<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Station 3<br />
Erzählungen von Gott wer<strong>de</strong>n über viele<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rte weitergegeben<br />
man kannte noch nicht einmal Papier.<br />
Erst vor ungefähr 3000 Jahren <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />
<strong>die</strong> ersten Texte <strong>de</strong>r Bibel auf Buchrollen<br />
aufgeschrieben. Diese Texte <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />
immer wie<strong>de</strong>r abgeschrieben,<br />
manchmal auch geän<strong>de</strong>rt, ergänzt und<br />
neue dazugeschrieben und das 2500<br />
Jahre lang. Erst als vor über 500 Jahren<br />
Johannes Gutenberg <strong>de</strong>n Buchdruck erfand,<br />
konnte man viele Bücher drucken.<br />
Wenn man einmal eine Seite <strong>de</strong>r Bibel<br />
abschreibt, dann kann man ungefähr<br />
ahnen, welche Arbeit es war, <strong>die</strong> Bibel<br />
über Jahrtausen<strong>de</strong> immer wie<strong>de</strong>r abzuschreiben<br />
und sie so an spätere Generationen<br />
weiterzugeben.<br />
1. Lege <strong>de</strong>n Zeitstrahl in einer gera<strong>de</strong>n Linie aus:<br />
� Orientiere dich, wo unser heutiges Datum ist.<br />
� Suche <strong>de</strong>in Geburtsjahr.<br />
� Suche das Jahr 0. Es gibt das Jahr <strong>de</strong>r Geburt Christi an. Davor sind <strong>die</strong> Jahre vor Christus (v.Chr.) und danach <strong>die</strong><br />
Jahre nach Christus (n.Chr.).<br />
2. Ordne <strong>die</strong> roten Zeitabschnittskärtchen von <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>r Bibel <strong>de</strong>n einzelnen Jahren o<strong>de</strong>r Jahrhun<strong>de</strong>rten zu.<br />
3. Im Religionsunterricht hast du inzwischen schon einige wichtige Personen <strong>de</strong>r Bibel und <strong>de</strong>r Kirche kennen gelernt<br />
(z.B. Abraham, Josef von Ägypten, Mose, Josua, Samuel, König David, König Salomon, Prophet Elia, Prophet Daniel,<br />
Jesus, Apostel Petrus, Apostel Paulus, Kaiser Konstantin, Martin Luther).<br />
� Lege <strong>die</strong> Rate-Karten vor dich auf <strong>de</strong>n Tisch, so dass je<strong>de</strong> Karte mit <strong>de</strong>m Satz beginnt: „Kennst du <strong>die</strong>se Person ...?!“<br />
(Nicht schummeln!)<br />
� Suche dir <strong>die</strong> Personen aus, <strong>die</strong> du (vom Religionsunterricht) kennst und <strong>de</strong>ren Namen du raten kannst.<br />
� Drehe <strong>die</strong> Karte um. Dort fin<strong>de</strong>st du <strong>die</strong> Lösung und Arbeitsaufträge.<br />
� Wie viele Personen hast du erraten? Trage sie in <strong>de</strong>ine Laufkarte ein!<br />
Zeitabschnitte <strong>de</strong>r Bibelentstehung<br />
1800 – 1000 vor Christus (v. Chr.)<br />
Das Alte Testament (AT) <strong>wur<strong>de</strong></strong> in hebräischer Sprache mündlich überliefert.<br />
1000 – 100 vor Christus (v. Chr.)<br />
Das Alte Testament (AT) <strong>wur<strong>de</strong></strong> in hebräischer Sprache schriftlich überliefert.<br />
Von ungefähr 0 – 30 nach Christus (n. Chr.)<br />
lebte Jesus Christus.<br />
Um 50 – 120 nach Christus (n. Chr.)<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong> das Neue Testament (NT) in griechischer Sprache aufgeschrieben.<br />
Von 120 nach Christus (n. Chr.) – bis heute<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel zuerst von Hand und dann durch <strong>de</strong>n Buchdruck immer wie<strong>de</strong>r vervielfältigt.
2000<br />
v. Chr.<br />
1900<br />
v. Chr.<br />
1800<br />
v. Chr.<br />
Bitte trage per Hand <strong>die</strong> Zahlen im Abstand von hun<strong>de</strong>rt Jahren von<br />
2000 v. Chr. bis 2100 n. Chr. in <strong>die</strong> großen Spalten <strong>de</strong>s Zeitstrahls ein.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
101
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
102<br />
Arbeitsauftrag:<br />
Die Entstehung <strong>de</strong>r Schrift<br />
Eine indianische Bildgeschichte<br />
Die älteste Schrift ist eine Bil<strong>de</strong>rschrift.<br />
Wenn Kin<strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>r malen, erzählen<br />
sie damit auch Geschichten.<br />
Hier ist eine indianische Bil<strong>de</strong>rschrift,<br />
spiralförmig angelegt. Diese Erzählspirale<br />
muss von innen nach außen gelesen<br />
wer<strong>de</strong>n. Versuche <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />
Lesevorschlag Schritt für Schritt an <strong>de</strong>r<br />
Bildfolge zu erklären:<br />
Ein Indianer und seine Frau (mit<br />
Rock) haben Streit miteinan<strong>de</strong>r. Er<br />
will zur Jagd gehen, aber sie ist dagegen.<br />
Trotz<strong>de</strong>m nimmt er seine Waffen,<br />
Pfeil und Bogen, und geht in <strong>de</strong>n<br />
Wald. Dabei gerät er in ein heftiges<br />
Unwetter und sucht eine Zuflucht. Er<br />
ent<strong>de</strong>ckt zwei Indianertipis, in je<strong>de</strong>m<br />
Zelt ist ein einsamer kranker Mensch.<br />
Darum bleibt er nicht dort, son<strong>de</strong>rn<br />
geht weiter und kommt zu einem<br />
Fluss. Dort fängt er einen Fisch; er<br />
Mo<strong>de</strong>rne Bildzeichen<br />
Die indianische Bildgeschichte<br />
können Menschen aller Sprachen verstehen.<br />
Buchstaben-Schriften setzen dagegen<br />
Sprachkenntnisse voraus. Auch<br />
wenn ich lesen kann, kann ich doch<br />
noch nicht ein französisches Buch lesen.<br />
Weil heute aber oft Menschen aus<br />
vielen Sprachen zusammenkommen,<br />
zum Beispiel beim Sport, auf Flughäfen,<br />
an Bahnhöfen, hat man eine neue<br />
Bil<strong>de</strong>rschrift erfun<strong>de</strong>n, sogenannte<br />
Piktogramme, <strong>die</strong> ebenfalls je<strong>de</strong>r „le-<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Station 4<br />
Die Entstehung <strong>de</strong>r Schrift<br />
– Bildzeichen –<br />
– Von <strong>de</strong>r Bildschrift zur Lautschrift –<br />
isst ihn und verweilt noch zwei Tage<br />
an <strong>die</strong>sem Ort.<br />
Dann setzt er seinen Weg fort und<br />
fin<strong>de</strong>t <strong>die</strong> Spur eines Bären. Er fin<strong>de</strong>t<br />
und tötet <strong>de</strong>n Bären und hat nun eine<br />
üppige Mahlzeit. Danach zieht er weiter<br />
und kommt zu einem indianischen<br />
sen“ kann. Was be<strong>de</strong>uten obige Bildzeichen?<br />
Von <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>rschrift zur Lautschrift<br />
Der Weg von <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>rschrift zum<br />
Buchstaben war eine große Leistung.<br />
Statt <strong>de</strong>r zahllosen Bildzeichen versuchte<br />
man, <strong>die</strong> Sprachlaute aufzuschreiben.<br />
Man zählte <strong>die</strong> Laute, <strong>die</strong><br />
Zeltdorf, glaubt aber, dass es Fein<strong>de</strong><br />
sind, läuft darum weiter, bis er zu einem<br />
See kommt. Als er um <strong>de</strong>n See herumgegangen<br />
ist, sieht er einen Hirsch. Er<br />
erlegt ihn und kehrt mit <strong>de</strong>r Beute zu<br />
seiner Frau zurück.<br />
man beim Sprechen hörte; es waren etwa<br />
zwei Dutzend.<br />
Sobald man Zeichen für <strong>die</strong>se Laute<br />
hatte, konnte man alles schreiben. Die<br />
vielen hun<strong>de</strong>rt Bildzeichen <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />
überflüssig. Und so entstan<strong>de</strong>n <strong>die</strong> neuen<br />
Lautzeichen.<br />
Man wählte kurze Wörter mit verschie<strong>de</strong>nen<br />
Anfangslauten, für je<strong>de</strong>n<br />
Laut eines.
Hier sind vier Beispiele:<br />
Zu <strong>die</strong>sen häufigen Wörtern kannten<br />
<strong>die</strong> meisten Leute <strong>die</strong> Bildzeichen:<br />
Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r frem<strong>de</strong>n Wörter ist<br />
nicht schwer zu erraten.<br />
Trage ein, was <strong>die</strong> Bildzeichen darstellen.<br />
Nun stehen <strong>die</strong>se Zeichen nicht<br />
mehr für Sachen, son<strong>de</strong>rn nur noch für<br />
<strong>die</strong> Anfangslaute.<br />
Wir können also lesen: . . . .<br />
DALETH ALEPH NUN KAPH<br />
FISCH STIERKOPF SCHLANGE HAND<br />
Die vier „Bil<strong>de</strong>r“, <strong>die</strong> jetzt als Buchstaben <strong>die</strong>nen, lassen sich auch für an<strong>de</strong>re Wörter zusammenstellen:<br />
Im Laufe <strong>de</strong>r Zeit <strong>wur<strong>de</strong></strong>n <strong>die</strong> Buchstaben weiter vereinfacht:<br />
Die ursprüngliche Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Bildzeichen ging verloren:<br />
Dann kehrten <strong>die</strong> Griechen <strong>die</strong> Schreibrichtung um:<br />
In<strong>de</strong>r und Araber machten <strong>die</strong>se Kehrtwendung nicht mit. Sie lesen und schreiben bis heute von rechts nach links.<br />
Aus: Hubertus Halbfas: Unterrichtswerk für <strong>die</strong> Sekundarstufe I. Religionsbuch für das 5. Schuljahr. Arbeitsheft. Düsseldorf 1993. S. 30-33. © Patmos Verlag, Düsseldorf<br />
Arbeitsauftrag:<br />
Suche dir genügend Mitspieler und probiert ein Spiel aus.<br />
Station 5<br />
Rätsel und Spiele zur Bibel<br />
Suche dir ein Rätsel – und wenn nötig eine Partnerin/einen Partner – und versuche es zu lösen.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
103
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
104<br />
Station 6<br />
Wichtige Texte (Gesetze) wer<strong>de</strong>n in Stein gehauen<br />
Auf <strong>de</strong>m Friedhof sehen wir oft<br />
Grabsteine, <strong>die</strong> <strong>de</strong>n Namen und<br />
manchmal auch noch Sterbe- und Geburtstag<br />
o<strong>de</strong>r Beruf angeben. In alter<br />
Zeit hat man wichtige Texte – wie zum<br />
Der Stein von Rosette war <strong>de</strong>r Schlüssel,<br />
<strong>de</strong>r das Geheimnis <strong>de</strong>r Hieroglyphen<br />
erschloss. Der Text ist ein Erlass<br />
<strong>de</strong>s Königs Ptolemäus von 196 v. Chr.<br />
in zwei Sprachen (Ägyptisch und<br />
Griechisch) aber drei Schriften:<br />
Hieroglyphen (oben)<br />
Demotisch (Mitte)<br />
Griechisch (unten)<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Beispiel Gesetze – in Stein eingeritzt<br />
o<strong>de</strong>r gemeißelt, damit <strong>de</strong>r Text für je<strong>de</strong>n<br />
sichtbar ist und unverän<strong>de</strong>rt erhalten<br />
bleibt.<br />
Arbeitsauftrag:<br />
Auf Bil<strong>de</strong>rn sieht man oft, wie Mose<br />
<strong>die</strong> 10 Gebote auf 2 Steinplatten trägt.<br />
Man erkennt <strong>die</strong> 10 Gebote an <strong>de</strong>n römischen<br />
Zahlen:<br />
1. Stein:<br />
(Gebote, <strong>die</strong> das Verhalten zu Gott<br />
beinhalten)<br />
I<br />
II<br />
III<br />
2. Stein:<br />
(Gebote, <strong>die</strong> das Verhalten <strong>de</strong>r<br />
Menschen zueinan<strong>de</strong>r beinhalten)<br />
IV<br />
V<br />
VI<br />
VII<br />
VIII<br />
IX<br />
X<br />
Ritze in <strong>die</strong> Steintafeln <strong>die</strong> römischen<br />
Zahlen <strong>de</strong>r 10 Gebote ein. Male <strong>die</strong> Zahlen<br />
mit Goldfarbe aus.
Arbeitsauftrag:<br />
Arbeitsauftrag:<br />
Station 7<br />
Wichtige Texte wer<strong>de</strong>n auf Tontafeln geschrieben<br />
Bei Ausgrabungen im Zweistromland, <strong>de</strong>m heutigen Irak, <strong>wur<strong>de</strong></strong>n <strong>die</strong> ältesten erhaltenen Inschriften <strong>de</strong>r Welt aus <strong>de</strong>r Zeit<br />
3000 v. Chr. gefun<strong>de</strong>n. Tontafeln waren in <strong>die</strong>sen Län<strong>de</strong>rn das Schreibmaterial.<br />
In <strong>die</strong> weichen Tontafeln <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>de</strong>r Text eingeritzt.<br />
Die Tontafeln <strong>wur<strong>de</strong></strong>n durch Trocknen o<strong>de</strong>r Brennen gehärtet.<br />
Walze ein Stück Ton glatt und forme es als Tafel. Dann ritze einen Bibelvers in <strong>de</strong>n Ton ein und stelle <strong>die</strong> Tafel zum<br />
Trocknen weg.<br />
Die Tafel kann, wenn sie trocken ist, im Brennofen gebrannt wer<strong>de</strong>n (gibt es in <strong>de</strong>n meisten Schulen).<br />
1. Lies <strong>die</strong> Info-Karten :<br />
� „Die Geschichte <strong>de</strong>s Buches“;<br />
� „Papyrus“.<br />
2. Schau dir <strong>die</strong> Abbildung an<br />
� <strong>de</strong>r Pergament-Schriftrolle;<br />
� <strong>de</strong>s Ko<strong>de</strong>x Papyrus.<br />
Station 8<br />
Damit schrieb man zur Zeit <strong>de</strong>s Neuen<br />
Testamentes (Papyrus, Pergament)<br />
3. Fühle das Papyrusblatt an und halte es gegen das Licht, ebenso das Pergamentblatt.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
105
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
106<br />
Infokarte<br />
Die Geschichte <strong>de</strong>s Buches<br />
Das älteste Papier <strong>wur<strong>de</strong></strong> aus <strong>de</strong>n<br />
Stengeln einer schilfartigen Pflanze,<br />
<strong>de</strong>m Papyrus, hergestellt (Abb.1).<br />
Das Papyrusmark <strong>wur<strong>de</strong></strong> kreuzweise<br />
aufeinan<strong>de</strong>r gelegt und fest zusammengeklopft.<br />
Diese Papyrusblätter setzte man in<br />
langen Streifen zusammen, dann <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />
sie beschrieben und zur Aufbewahrung<br />
aufgerollt. Solche Schriftrollen<br />
waren <strong>die</strong> ersten „Bücher“ (Abb.2). Sie<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong>n in Tonkrügen aufbewahrt.<br />
Zum Schreiben benutzte man Rohrfe<strong>de</strong>rn<br />
aus Schilf und Tinte, <strong>die</strong> aus verschie<strong>de</strong>nen<br />
Pflanzen, Ruß und Wasser<br />
hergestellt <strong>wur<strong>de</strong></strong>n.<br />
Infokarte<br />
„Papyrus“<br />
Bereits im 3. Jahrtausend benutzten <strong>die</strong> Ägypter Papyrus<br />
als Schreibmaterial. Papyrus, eine Schilfart,<br />
wächst am Ufer <strong>de</strong>s Nil (Bild 1). Das Mark <strong>de</strong>r Stengel<br />
wird in dünne Streifen geschnitten (Bild 2). Diese<br />
Streifen wer<strong>de</strong>n in mehreren Schichten kreuzweise<br />
übereinan<strong>de</strong>r gelegt (Bild 3).<br />
Anschließend wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Papyruslagen gepresst,<br />
getrocknet und geglättet (Bil<strong>de</strong>r 4 + 5). Mehrere Blätter<br />
können zu einer Rolle zusammengeklebt wer<strong>de</strong>n. Zum<br />
Schreiben benutzten <strong>die</strong> Ägypter Rohrfer<strong>de</strong>rn aus<br />
Schilf und Tinte aus Ruß und Wasser (Bild 6).<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Da Papyrus teuer war, nahm man für<br />
alltägliche Aufschriebe einfache Tonscherben,<br />
<strong>die</strong> es überall in großen Mengen<br />
gab, und wie sie schon 2000 Jahre<br />
vor Christus benutzt wor<strong>de</strong>n waren.<br />
Assyrer, Griechen und Römer benutzten<br />
auch Schreibtafeln aus Holz,<br />
<strong>die</strong> mit Wachs beschichtet waren. Später<br />
schrieb man auf Pergament, das ist<br />
beson<strong>de</strong>rs behan<strong>de</strong>lte Ziegen- o<strong>de</strong>r<br />
Schafshaut.<br />
Etwa im 2. Jahrhun<strong>de</strong>rt nach Christus<br />
band man <strong>die</strong> Papyrusblätter zu einer Art<br />
Buch zusammen, <strong>de</strong>m Co<strong>de</strong>x (Abb. 3).<br />
1947 ent<strong>de</strong>ckte ein Hirtenjunge in<br />
<strong>de</strong>r Wüste Juda durch Zufall uralte<br />
Schriftrollen. Er suchte in <strong>de</strong>n Höhlen<br />
von Qumran (Abb. 4) nach seinen<br />
Schafen. Dabei stieß er auf viele merkwürdige<br />
Tonkrüge. Als <strong>de</strong>r Junge <strong>die</strong><br />
Krüge öffnete, enthielten sie kostbare<br />
Schriftrollen. Sie <strong>wur<strong>de</strong></strong>n bald weltberühmt.<br />
Die Wissenschaftler erkannten,<br />
dass es sich hier um biblische Handschriften<br />
han<strong>de</strong>lte, <strong>die</strong> aus <strong>de</strong>r Zeit 200<br />
vor Christus stammten.<br />
Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch<br />
<strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />
– Stuttgart. 1996. Station 8. © 1996 by Hänssler-<br />
Verlag, D-71087 Holzgerlingen<br />
Aus: Hans Freu<strong>de</strong>nberg: Freiarbeit mit Religionsunterricht<br />
praktisch. Materialien für <strong>die</strong> Grundschule.<br />
Band 1. – Göttingen 2000. S. 143. © Van<strong>de</strong>nhoeck<br />
& Ruprecht, Göttingen
Arbeitsauftrag:<br />
Die Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong> in frem<strong>de</strong>n Sprachen geschrieben.<br />
Das Alte Testament (=AT) entstand in Israel. Dort sprachen und schrieben <strong>die</strong><br />
Menschen hebräisch. Wir nennen <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n ersten Teil <strong>de</strong>r Bibel – das Alte<br />
Testament – auch Hebräische Bibel.<br />
Hebräisch,<br />
<strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r Israeliten<br />
An<strong>de</strong>re Län<strong>de</strong>r, an<strong>de</strong>re Schriften – in Israel schreibt man von<br />
sknil hcan sthcer<br />
( ).<br />
Und man schreibt mit Buchstaben, <strong>die</strong> alle in ein Quadrat passen wür<strong>de</strong>n. Im<br />
hebräischen Alphabet gibt es nur Konsonanten (Mitlaute). Die Vokale (Selbstlaute)<br />
wer<strong>de</strong>n als kleine Zeichen über o<strong>de</strong>r unter <strong>die</strong> Buchstaben gesetzt.<br />
Versuche, <strong>die</strong> folgen<strong>de</strong>n Worte zu lesen:<br />
Station 9<br />
Hebräisch, <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r Israeliten<br />
– so heißt ihr Land<br />
– so begrüßen sie sich<br />
Wenn du möchtest, kannst du jetzt <strong>de</strong>inen Namen mit hebräischen Buchstaben<br />
schreiben:<br />
Das hebräische Alphabet<br />
Hier kannst du nachsehen, wie <strong>die</strong><br />
hebräischen Buchstaben geschrieben<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Das hebräische Alphabet umfasst eigentlich<br />
nur <strong>die</strong> Konsonanten. Erst<br />
später, etwa im 7. Jahrhun<strong>de</strong>rt, ergänzten<br />
jüdische Gelehrte Zeichen für <strong>die</strong><br />
Vokale. Diese <strong>wur<strong>de</strong></strong>n im Text unter<br />
<strong>die</strong> Konsonanten gesetzt.<br />
Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch<br />
<strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />
– Stuttgart. 1996. Station 7. © 1996 by Hänssler-<br />
Verlag, D-71087 Holzgerlingen<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
107
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
108<br />
Arbeitsauftrag:<br />
Das Neue Testament (= NT ) <strong>wur<strong>de</strong></strong> in griechisch geschrieben. Wir nennen es<br />
<strong>de</strong>shalb auch <strong>die</strong> Griechische Bibel.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Griechisch,<br />
<strong>die</strong> Weltsprache im römischen Reich<br />
Die Menschen, <strong>die</strong> Jesus nachfolgten und an Jesus als ihren Heiland glaubten,<br />
nannten sich Christen. Zunächst gab es nur in Israel Christen, bald schon aber,<br />
waren Christen im ganzen römischen Reich zu fin<strong>de</strong>n. Die „Weltsprache“, <strong>die</strong><br />
Sprache mit <strong>de</strong>r man sich im ganzen römischen Reich verständigen konnte, war<br />
damals Griechisch.<br />
Deshalb verwen<strong>de</strong>ten auch <strong>die</strong> Christen Griechisch als ihre Sprache. Paulus, <strong>de</strong>r<br />
sich sehr engagierte hatte, dass möglichst viele Menschen <strong>die</strong> frohe Botschaft von<br />
Jesus Christus kennen lernen, schrieb <strong>de</strong>n christlichen Gemein<strong>de</strong>n in Griechisch.<br />
1. Versuche, <strong>die</strong> folgen<strong>de</strong>n Namen zu lesen<br />
Ιησους<br />
Μαρια<br />
Παυλος<br />
Station 10<br />
Die Sprache <strong>de</strong>s Neuen Testaments<br />
2. Schreibe <strong>de</strong>inen Namen in griechischen Buchstaben:<br />
Das griechische Alphabet<br />
Hier kannst du nachsehen, wie <strong>die</strong><br />
griechischen Buchstaben geschrieben<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Manche Laute wer<strong>de</strong>n aus zusammengesetzten<br />
Buchstaben gebil<strong>de</strong>t:<br />
ου = u<br />
Ein Häkchen vor o<strong>de</strong>r über <strong>de</strong>m Anfangsbuchstaben<br />
ist das H, zum Beispiel:<br />
‘∝ = Ha.<br />
Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch<br />
<strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />
– Stuttgart. 1996. Station 7. © 1996 by Hänssler-<br />
Verlag, D-71087 Holzgerlingen
Arbeitsauftrag:<br />
1. Die ältesten biblischen Geschichten<br />
entstan<strong>de</strong>n in einer Zeit, in <strong>de</strong>r man<br />
noch nicht schreiben konnte. Sie<br />
konnten <strong>de</strong>shalb nur mündlich weitergegeben<br />
wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m sie erzählt<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong>n. Der Großvater und<br />
<strong>die</strong> Großmutter erzählten ihrer Familie,<br />
<strong>de</strong>r Vater und <strong>die</strong> Mutter ihren<br />
Kin<strong>de</strong>rn. Sie erzählten immer<br />
und immer wie<strong>de</strong>r, bis <strong>die</strong> Kin<strong>de</strong>r<br />
<strong>die</strong> Geschichten mit genau <strong>de</strong>nselben<br />
Worten erzählten, wie sie schon<br />
<strong>de</strong>r Urururgroßvater und <strong>die</strong> Ururururgroßmutter<br />
vor 100 Jahren erzählt<br />
hatten. Auch Lie<strong>de</strong>r und Gebete<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong>n so in <strong>de</strong>r Familie gelernt<br />
und weitergegeben.<br />
Station 11<br />
Wie <strong>die</strong> hebräische Bibel entstand<br />
Lies das Merkblatt: „Wie <strong>die</strong> hebräische Bibel entstand“!<br />
Merkblatt<br />
2. Dann <strong>wur<strong>de</strong></strong>n einzelne Geschichten,<br />
Gebete und Gesetze aufgeschrieben.<br />
3. Erst zur Zeit <strong>de</strong>s Königs David <strong>wur<strong>de</strong></strong>n<br />
Schreiber (Redakteure) beauftragt,<br />
Schriften zu sammeln und in<br />
Buchrollen zusammenzuschreiben.<br />
Das war sehr viel Arbeit und auch<br />
teuer. Die Buchrollen waren wertvoll<br />
und <strong>wur<strong>de</strong></strong>n gesammelt. Was<br />
wir heute Altes Testament (AT)<br />
o<strong>de</strong>r hebräische Bibel nennen, ist<br />
also kein einheitliches Buch, son<strong>de</strong>rn<br />
eine Sammlung unterschiedlicher<br />
Buchrollen, <strong>die</strong> über einen<br />
Zeitraum von fast 1000 Jahren geschrieben<br />
wor<strong>de</strong>n sind. Nach ihren<br />
Inhalten fasste man <strong>die</strong> Buchrollen<br />
zu Gruppen zusammen:<br />
� Die ersten fünf Bücher <strong>de</strong>r Bibel<br />
(Tora);<br />
� Geschichtliche Bücher (Erzählungen<br />
von <strong>de</strong>n Königen);<br />
� Psalmen (Lie<strong>de</strong>r, Gedichte und<br />
Gebete);<br />
� Weisheitsbücher (Sprichwörter<br />
und Lehrweisheiten);<br />
� Prophetische Bücher (Leben<br />
und Re<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Propheten);<br />
4. Noch viel später stellte man dann<br />
fest, was zur hebräischen Bibel gehört.<br />
Man nennt das <strong>die</strong> Kanonbildung<br />
o<strong>de</strong>r Kanonisierung.<br />
Jetzt kannst du auf <strong>de</strong>m Arbeitsblatt<br />
Bil<strong>de</strong>r und Texte zuordnen:<br />
Redaktion <strong>de</strong>r<br />
Überlieferung<br />
Kanonisierung<br />
<strong>de</strong>r Schriften<br />
Mündliche<br />
Überlieferung<br />
Schriftliche<br />
Überlieferung<br />
Im 2. Arbeitsauftrag gibt’s was zu<br />
schnippeln und zu kleben !<br />
Aus: Francois Traudisch/Christoph Goldmann: Folienatlas<br />
Religion. Serie 2: Altes Testament. Foliensatz XI.<br />
–Freiburg. 1975. © Verlag Her<strong>de</strong>r<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
109
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
110<br />
Arbeitsauftrag:<br />
Lei<strong>de</strong>r ist hier einiges durcheinan<strong>de</strong>rgeraten. Schnei<strong>de</strong> alle Bil<strong>de</strong>r und Erklärungen aus und bringe sie in <strong>die</strong> richtige Reihenfolge.<br />
Die Buchstaben im rechten unteren Eck <strong>de</strong>r Kästchen ergeben ein Lösungswort. Klebe alles in <strong>de</strong>inen Ordner ein.<br />
Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch <strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe. – Stuttgart. 1996. Station 6. © 1996 by Hänssler-Verlag,<br />
D-71087 Holzgerlingen<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003
Arbeitsauftrag:<br />
Lest <strong>die</strong> Infokarte: „Die Schriftrollen am Toten Meer“ mit verteilten Rollen mehrere Male durch!<br />
Malt <strong>die</strong> Bil<strong>de</strong>r aus. Stellt dann aus <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn und <strong>de</strong>m Text eine Zeitungsseite zusammen.<br />
Infokarte<br />
Bild l<br />
An einem heißen Sommertag ziehen<br />
Beduinen mit ihren Schaf- und Ziegenher<strong>de</strong>n<br />
durch <strong>die</strong> einsame und karge<br />
Steppe nordwestlich <strong>de</strong>s Toten Meeres.<br />
Im Flusstal bei Qumran schlagen sie ihre<br />
Zelte auf. Ein paar Tage wollen sie hier<br />
bleiben und ihre Tiere wei<strong>de</strong>n lassen.<br />
Bild 2<br />
Früh am Morgen zieht Muhammad<br />
mit seiner Ziegenher<strong>de</strong> los. Der Beduinenjunge<br />
ist erst 15 Jahre alt. Doch bei<br />
<strong>de</strong>n Beduinen müssen auch 15-Jährige<br />
schon mithelfen. Muhammad sucht einen<br />
Wei<strong>de</strong>platz für <strong>die</strong> Her<strong>de</strong>. Im<br />
Schatten einer Schirmakazie kann er<br />
<strong>die</strong> Tiere beobachten, in <strong>die</strong> Ferne sehen<br />
-und davon träumen, unverhofft einen<br />
verborgenen Schatz zu fin<strong>de</strong>n, von<br />
<strong>de</strong>m <strong>die</strong> Alten abends am Lagerfeuer so<br />
spannend erzählen.<br />
Bild 3<br />
Herabpoltern<strong>de</strong> Steine schrecken <strong>de</strong>n<br />
jungen Hirten aus seinem schönen<br />
Traum: Eine Ziege hat sich weiter oben<br />
in <strong>de</strong>n zerklüfteten Felsen verstiegen und<br />
eine Steinlawine ausgelöst. Muhammad<br />
schaut angestrengt an <strong>de</strong>r Felswand<br />
hoch: Wenige Meter neben seiner Ziege<br />
ent<strong>de</strong>ckt er ein Loch, kaum größer als <strong>de</strong>r<br />
Kopf eines Menschen. Das Loch scheint<br />
in eine Höhle zu führen. Muhammad hat<br />
längst seine Ziege vergessen; er ist ganz<br />
aufgeregt. Schnaubend erreicht er <strong>die</strong><br />
seltsam geformte Öffnung. Er schirmt<br />
<strong>die</strong> Augen gegen <strong>die</strong> blen<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Sonne<br />
Station 12<br />
Das Abenteuer von Qumran<br />
Die Schriftrollen am Toten Meer<br />
ab, doch das Höhlendunkel ist undurchdringlich.<br />
Er wirft einen Stein durch <strong>die</strong><br />
Öffnung – klirrend zerbricht etwas<br />
Bild 4<br />
Neugierig zwängt sich <strong>de</strong>r Junge<br />
durch <strong>de</strong>n schmalen Eingang. Im Dämmerlicht<br />
erspäht er mehrere etwa 60 cm<br />
hohe Tonkrüge. Ob in ihnen wirklich geheimnisvolle<br />
Schätze verborgen sind?<br />
Vorsichtig öffnet er <strong>de</strong>n Deckel <strong>de</strong>s<br />
ersten Kruges: Leer! Der zweite Krug:<br />
Leer! Muhammad ist enttäuscht!<br />
Bild 5<br />
Doch im dritten Krug stößt er auf<br />
ein Bün<strong>de</strong>l staubiger Lappen. Er zieht<br />
es heraus. Beim Berühren zerfällt das<br />
Leinen, das im Innern eine braune Pergament-Rolle<br />
birgt. Was soll er bloß mit<br />
<strong>die</strong>sem alten Le<strong>de</strong>r anfangen? Er will<br />
<strong>die</strong> Rolle schon wegwerfen, da ent<strong>de</strong>ckt<br />
er Buchstaben und Schriftzüge. Er kann<br />
sie nicht entziffern. Wie fast alle Beduinen<br />
hat Muhammad nie lesen und<br />
schreiben gelernt. Auch an<strong>de</strong>ren Krügen<br />
entnimmt <strong>de</strong>r Hirte alte Pergament-<br />
Rollen. Er trägt sie abends ins Lager –<br />
vielleicht kauft Schumacher Kando in<br />
Bethlehem das alte, gut erhaltene Le<strong>de</strong>r,<br />
um es zu Sandalen zu verarbeiten.<br />
Bild 6<br />
Durch Zufall hören Altertumsforscher<br />
in Jerusalem von Muhammads<br />
Fund in <strong>de</strong>n Bergen am Toten Meer. Sie<br />
untersuchen <strong>die</strong> Rollen mit ihren merkwürdigen<br />
Schriftzeichen und wer<strong>de</strong>n<br />
ganz erregt: Diese alten, handgeschriebenen<br />
Rollen sind mit Gold nicht zu bezahlen!<br />
Vor ihnen liegen 2000 Jahre alte<br />
kostbare Bibelhandschriften <strong>de</strong>s Alten<br />
Testaments. Sie sind trotz ihres Alters<br />
hervorragend erhalten, weil <strong>die</strong> Krüge,<br />
<strong>die</strong> sie bargen, sorgfältig versiegelt waren.<br />
Tatsächlich ist Muhammad auf einen<br />
Schatz gestoßen, doch ganz an<strong>de</strong>rs, als er<br />
es unter <strong>de</strong>r Akazie geträumt hatte. Die<br />
sensationelle Ent<strong>de</strong>ckung lockt Wissenschaftler<br />
aus aller Welt ans Tote Meer.<br />
Zehn an<strong>de</strong>re Höhlen mit weiteren<br />
Schriftrollen wer<strong>de</strong>n ent<strong>de</strong>ckt. Sie alle<br />
gehörten zur Bibliothek <strong>de</strong>s nahe gelegenen<br />
Klosters Qumran. Als 70 Jahre vor<br />
Christi Geburt Krieg ausbrach und römische<br />
Soldaten vorrückten, versteckten<br />
<strong>die</strong> Qumran-Mönche <strong>die</strong> Schriftrollen in<br />
<strong>de</strong>n unwegsamen Bergen hinter ihrem<br />
Hauptquartier. Das Kostbarste, das sie<br />
besaßen, sollte auf keinen Fall <strong>de</strong>n heidnischen<br />
Fein<strong>de</strong>n in <strong>die</strong> Hän<strong>de</strong> fallen!<br />
Aus: Hans Freu<strong>de</strong>nberg: Freiarbeit mit Religionsunterricht<br />
praktisch. Materialien für <strong>die</strong> Grundschule.<br />
Band 1. – Göttingen. 2000. S. 141/142. © Van<strong>de</strong>nhoeck<br />
& Ruprecht, Göttingen<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
111
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
112<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003
Arbeitsauftrag:<br />
Auch das Neue Testament (NT) –<br />
<strong>die</strong> griechische Bibel – ist nicht von einem<br />
Autor erdacht wor<strong>de</strong>n. Jesus<br />
selbst hat keine Schriften hinterlassen.<br />
Er hat auch nicht seinen Jüngern <strong>de</strong>n<br />
Auftrag gegeben, mitzuschreiben, was<br />
er sagte und tat. Es hat über 100 Jahre<br />
gedauert, bis das NT so war, wie wir es<br />
heute kennen. Wir können auf <strong>die</strong>sem<br />
Weg vier Abschnitte unterschei<strong>de</strong>n:<br />
1. Abschnitt ( ca. 27-30 n.Chr.)<br />
Jesus verkün<strong>de</strong>t <strong>die</strong> Frohe Botschaft<br />
vom Reich Gottes und wirkt<br />
machtvolle Taten. Er wird gekreuzigt<br />
und <strong>die</strong> Jünger erleben: Jesus ist auferstan<strong>de</strong>n<br />
und hat uns seinen Geist gesen<strong>de</strong>t.<br />
Station 13<br />
Wie das Neue Testament entstand<br />
Lies das Merkblatt: „Wie das Neue Testament entstand“!<br />
Jetzt kannst du auf <strong>de</strong>m Arbeitsblatt Bil<strong>de</strong>r und Texte zuordnen:<br />
Merkblatt<br />
Christi<br />
Geburt<br />
30 n. Chr.<br />
50 n. Chr.<br />
100 n. Chr.<br />
2. Abschnitt ( ca. 30-50 n.Chr.)<br />
Die Jünger Jesu erzählen weiter,<br />
was sie gesehen und gehört haben. Sie<br />
treffen sich am Sonntag zum Abendmahl,<br />
erzählen von Jesus und seiner<br />
Botschaft. Die Apostel reisen in viele<br />
Städte und Gemein<strong>de</strong>n und erzählen<br />
<strong>die</strong> Frohe Botschaft weiter. Sie taufen<br />
neue „Christen“ und unterrichten sie<br />
im Glauben an Jesus.<br />
3. Abschnitt ( ca. 50-70 n.Chr.)<br />
Einige fangen an, aufzuschreiben,<br />
was sie von Jesus wissen. So entstehen<br />
kleine Sammlungen von Jesu Worten<br />
und Jesu Taten, von seinem Tod und<br />
seiner Auferstehung. Die Apostel<br />
schreiben Briefe an <strong>die</strong> Christen in <strong>de</strong>n<br />
Gemein<strong>de</strong>n, <strong>die</strong> sie besucht haben.<br />
4. Abschnitt ( ca. 70-100 n.Chr.)<br />
Die Briefe <strong>de</strong>r Apostel wer<strong>de</strong>n gesammelt<br />
und immer wie<strong>de</strong>r abgeschrieben<br />
und weitergegeben.<br />
Die vier Evangelien entstehen. Um 70<br />
n.Chr. sammelt Markus als erster Worte<br />
und Taten von Jesus und schreibt<br />
sein Evangelium.<br />
– Um 80 schreibt Matthäus sein<br />
Evangelium.<br />
– Um 90 entsteht das Lukasevangelium.<br />
– Um 100 ist das Johannesevangelium<br />
fertig.<br />
Schriftliche<br />
Aufzeichnungen<br />
Mündliche Überlieferung<br />
Leben Jesu<br />
Sammlung <strong>de</strong>r Briefe<br />
Abfassung <strong>de</strong>r Evangelien<br />
Aus: Francois Traudisch/Christoph Goldmann: Folienatlas<br />
Religion. Serie 1: Neues Testament. Foliensatz 1<br />
– Freiburg. 1974. © Verlag Her<strong>de</strong>r<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
113
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
114<br />
Arbeitsauftrag:<br />
Die Bibel ist eine Bibliothek mit 73 Büchern.<br />
1. Nimm dir eine Bibel und schlage das Inhaltsverzeichnis auf.<br />
2. Dann nimm dir <strong>de</strong>n Ordner „Die Bibelbibliothek“ und schlage ihn auf. Kippe <strong>die</strong> „Bücher“ aus <strong>de</strong>m Regal auf <strong>de</strong>n Tisch.<br />
3. Nun sortiere <strong>die</strong> Biblischen Bücher in <strong>de</strong>r richtigen Reihenfolge in das „Regal“. Du kannst dich am Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>de</strong>r Bibel orientieren.<br />
4. Ergänze auf <strong>de</strong>m Arbeitsblatt <strong>die</strong> fehlen<strong>de</strong>n Bücher.<br />
Arbeitsblatt<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Station 14<br />
Die Bibel, eine Bibliothek<br />
Nach: Michael Schwarz/Adrian Müller/Hans Eggenberger/Immanuel Leuschner: Die Bibell – überliefert und gellebtt.<br />
Unterrichtshilfen. – Zürich. 1987. Kopiervorlage 33. © Theologischer Verlag Zürich
Arbeitsauftrag:<br />
1. Lies das Merkblatt „Buchmalerei“!<br />
2. Schau dir in Büchern <strong>die</strong> wun<strong>de</strong>rschönen Kopien aus mittelalterlichen Bibeln an.<br />
3. Die Anfangsbuchstaben – Initialen – <strong>wur<strong>de</strong></strong>n immer beson<strong>de</strong>rs schön gestaltet. Suche dir einen Buchstaben aus und<br />
versuche, ihn so schön zu malen wie in <strong>de</strong>n Vorlagen.<br />
4. Benutze <strong>die</strong> Schreibfe<strong>de</strong>r und Tinte und schreibe <strong>de</strong>inen Namen.<br />
5. Du kannst aber auch versuchen, eine Kopie <strong>de</strong>r 1. Seite <strong>de</strong>r Gutenbergbibel auszumalen.<br />
Merkblatt<br />
Buchmalerei<br />
Station 15<br />
Kostbarkeiten aus <strong>de</strong>m Mittelalter<br />
Im Mittelalter waren <strong>die</strong> Mönche bemüht, <strong>die</strong><br />
Bibel als das „Buch <strong>de</strong>r Bücher“ beson<strong>de</strong>rs kostbar<br />
und würdig auszustatten. Ihre beson<strong>de</strong>re Mühe galt<br />
<strong>de</strong>m ersten Buchstaben eines Buches o<strong>de</strong>r eines Kapitels<br />
(Initiale), <strong>de</strong>m sie häufig eine ganze Seite<br />
widmeten.<br />
Selbstverständlich konnten sich nur reiche Leute<br />
wie Fürsten, Könige und Kaiser solche kostbaren<br />
Bibeln anfertigen lassen. Für <strong>die</strong> einfachen Leute<br />
gab es seit <strong>de</strong>m 13. Jahrhun<strong>de</strong>rt sogenannte „Armenbibeln“,<br />
<strong>die</strong> neben <strong>de</strong>m Text auch eine große Zahl<br />
von Bil<strong>de</strong>rn enthielten.<br />
Auch an <strong>de</strong>n Buch<strong>de</strong>ckeln zeigt sich <strong>die</strong> Ehrfurcht,<br />
mit <strong>de</strong>r <strong>die</strong> Menschen <strong>de</strong>s Mittelalters <strong>de</strong>r Bibel begegneten.<br />
Das Photo gibt <strong>de</strong>n „Gol<strong>de</strong>nen Ko<strong>de</strong>x“ von<br />
St. Emmeram aus <strong>de</strong>m 9. Jahrhun<strong>de</strong>rt wie<strong>de</strong>r. Er trägt<br />
seinen Namen zu Recht, <strong>de</strong>nn sein Einband besteht<br />
aus reinem Gold und ist mit über hun<strong>de</strong>rt Perlen und<br />
über achtzig E<strong>de</strong>lsteinen besetzt.<br />
Als erstes größeres Werk <strong>de</strong>r Buchdruckerkunst<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel im Jahre 1455 durch Johannes Gutenberg<br />
gedruckt. Er fertigte 150 Exemplare an, etwa<br />
30 auf Pergament und 120 auf Papier. Für je<strong>de</strong><br />
Pergament-Bibel benötigte er <strong>die</strong> Häute von 170<br />
Kälbern. Die Anfangsbuchstaben und Zierleisten<br />
sind handgemalt.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
115
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
116<br />
Arbeitsauftrag:<br />
1. Lies das Merkblatt:<br />
� „Eine bahnbrechen<strong>de</strong> Erfindung“;<br />
� „Übersetzungen <strong>de</strong>r <strong>Bibel“</strong>;<br />
� „Die Kunst, <strong>die</strong> Bibel zu übersetzen“.<br />
2. Schau dir <strong>die</strong> Zehn verschie<strong>de</strong>nen Bibelübersetzungen von Markus l, 1-4 an.<br />
3. Schreibe Dinge auf, <strong>die</strong> es zur Zeit <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>r Bibel (vor 3000-2000 Jahren) noch nicht gab:<br />
4. Fallen dir auch Dinge ein, <strong>die</strong> es damals gab, aber heute nicht mehr?<br />
Merkblatt<br />
Gedruckt <strong>wur<strong>de</strong></strong> schon vor Gutenberg<br />
per Holzdruck. Hierbei <strong>wur<strong>de</strong></strong> Papier auf<br />
<strong>de</strong>n bearbeiteten und mit Farbe versehenen<br />
Holzstock gelegt und abgerieben – ein aufwändiges<br />
und langwieriges Verfahren.<br />
Grundgedanke <strong>de</strong>r Erfindung Gutenbergs<br />
war <strong>die</strong> Zerlegung <strong>de</strong>s Textes in alle Einzelelemente<br />
wie Klein- und Großbuchstaben,<br />
Satzzeichen, Ligaturen und Abkürzungen,<br />
wie sie aus <strong>de</strong>r Tradition <strong>de</strong>r mittelalterlichen<br />
Schreiber allgemein üblich waren.<br />
Diese Einzelelemente <strong>wur<strong>de</strong></strong>n als seitenverkehrte<br />
Lettern in beliebiger Anzahl gegossen,<br />
schließlich zu Wörtern, Zeilen und Seiten<br />
zusammengefügt. Urform o<strong>de</strong>r Prototyp<br />
für je<strong>de</strong>n Buchstaben war <strong>de</strong>r Stempel. In<br />
<strong>die</strong> Stirnseite eines Stahlstifts <strong>wur<strong>de</strong></strong> das<br />
Zeichen geschnitten, so dass sich ein seitenverkehrtes<br />
präzises Relief ergab. Nun <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Station 16<br />
Übersetzungen <strong>de</strong>r Bibel<br />
Eine bahnbrechen<strong>de</strong> Erfindung<br />
<strong>de</strong>r jeweilige Stempel, <strong>die</strong> Patrize, in einen<br />
rechteckigen Block aus weicherem Metall,<br />
in <strong>de</strong>r Regel wohl Kupfer, „abgeschlagen“,<br />
d. h. senkrecht mit <strong>de</strong>m Schlag eines Hammers<br />
eingetieft. Die so erzeugte Matrize<br />
musste nachbearbeitet und begradigt wer<strong>de</strong>n,<br />
so dass eine rechtwinkliger Kubus mit<br />
gera<strong>de</strong>n Seiten entstand. Das seitenrichtige<br />
Bild sollte eine einheitliche Tiefe haben,<br />
weshalb <strong>die</strong> Oberfläche mit einer Feile bearbeitet<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong>. Um <strong>de</strong>n Guss einer Letter zu<br />
bewerkstelligen, entwickelte Gutenberg das<br />
Handgießinstrument. Zwei Teile umschließen<br />
einen rechteckigen Gießkanal, <strong>de</strong>ssen<br />
eines En<strong>de</strong> durch Einsetzen <strong>de</strong>r Matrize verschlossen<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong>. Nach <strong>de</strong>m Guss <strong>de</strong>r Lettern<br />
im Handgießinstrument musste <strong>de</strong>r Angusszapfen<br />
entfernt wer<strong>de</strong>n. Je<strong>de</strong> Letter hatte<br />
eine <strong>„So</strong>llbruchstelle“, so dass alle Let-<br />
tern automatisch <strong>die</strong> gleiche Höhe erhielten.<br />
Das Handgießinstrument, <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>utendste<br />
Teil <strong>de</strong>r Erfindung, ermöglichte es, im<br />
schnellen Wechsel <strong>die</strong> jeweils benötigten<br />
Mengen an unterschiedlichsten Lettern zu<br />
gießen. Das Gussmetall war eine Legierung<br />
aus Blei, Zinn und weiteren Beimischungen,<br />
<strong>die</strong> ein schnelles Erkalten und eine ausreichen<strong>de</strong><br />
Dauerhaftigkeit unter <strong>de</strong>m hohen<br />
Druck <strong>de</strong>r Presse gewährleistete. Die Druckerpresse,<br />
<strong>die</strong> gegenüber <strong>de</strong>m bis dahin bekannten<br />
Reiberdruck eine enorme Beschleunigung<br />
<strong>de</strong>s Druckvorgangs bewirkte,<br />
war eine Spin<strong>de</strong>lpresse mit spezieller Ausrüstung<br />
für <strong>die</strong> effektive und gleichmäßige<br />
Übertragung <strong>de</strong>s Druckbil<strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r Form<br />
auf das Papier o<strong>de</strong>r auch das Pergament.<br />
Aus: www.gutenberg.<strong>de</strong>/erfindung.htm am 20.02.2003
Merkblatt<br />
Wir lesen <strong>die</strong> Bibel heute in unserer<br />
Sprache. Aber das ist eigentlich<br />
nicht selbstverständlich. Die Bibel<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong> zuerst in hebräischer und griechischer<br />
Sprache geschrieben. Außer<strong>de</strong>m<br />
hat es weit über 1000 Jahre gedauert,<br />
bis alle Schriften <strong>de</strong>r Bibel geschrieben<br />
waren. Die meisten Christen,<br />
<strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> Bibel interessierten,<br />
wohnten im römischen Reich.<br />
Die Sprache war zunächst Griechisch,<br />
später Latein. Also <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> Bibel<br />
ins Lateinische übersetzt und immer<br />
wie<strong>de</strong>r abgeschrieben. Lesen konnten<br />
<strong>die</strong> Bibel nur <strong>die</strong> Leute, <strong>die</strong> Latein gelernt<br />
hatten, meistens <strong>die</strong> Priester und<br />
Mönche. Sie lasen <strong>de</strong>n Leuten <strong>die</strong> lateinischen<br />
Bibeltexte vor und erklärten<br />
sie in Deutsch o<strong>de</strong>r Englisch o<strong>de</strong>r<br />
Französisch ...<br />
Merkblatt<br />
Übersetzungen <strong>de</strong>r Bibel<br />
Viele Künstler malten biblische<br />
Geschichten an <strong>die</strong> Kirchenwän<strong>de</strong>, so<br />
dass <strong>die</strong> armen Leute, <strong>die</strong> keine Bücher<br />
hatten, sich <strong>die</strong> Geschichten anschauen<br />
konnten.<br />
Martin Luther übersetzte 1522 <strong>die</strong><br />
Bibel in <strong>die</strong> <strong>de</strong>utsche Sprache. Das<br />
ganz Beson<strong>de</strong>re war, dass er <strong>die</strong> Bibel<br />
so übersetzte, wie <strong>die</strong> Leute gesprochen<br />
haben. Luther wollte, dass <strong>die</strong><br />
Menschen <strong>die</strong> Bibel in ihrer Sprache<br />
verstehen konnten. Bis heute ist Luthers<br />
Bibelübersetzung überliefert.<br />
Es ist auch heute noch nicht einfach,<br />
<strong>die</strong> Bibel zu übersetzen, auch<br />
wenn man <strong>die</strong> hebräische und griechische<br />
Sprache kann. Vor 3000 bis<br />
2000 Jahren sah <strong>die</strong> Welt ganz an<strong>de</strong>rs<br />
aus als heute. Viele Dinge von damals<br />
kennen wir heute gar nicht mehr. Viele<br />
Die Kunst, <strong>die</strong> Bibel zu übersetzen<br />
1522 übersetzte Martin Luther das<br />
Neue Testament ins Deutsche. 1534<br />
hatte er <strong>die</strong> ganze Bibel übersetzt. Zu<br />
seiner Zeit gab es allerdings kein Wörterbuch<br />
für <strong>die</strong> Rechtschreibung, in<br />
<strong>de</strong>m man nachschlagen kann, wie ein<br />
Wort zu schreiben ist. Denn Deutschland<br />
war ein Flickenteppich von Fürstentümern.<br />
Um von Bad Homburg<br />
nach Frankfurt zu gelangen, musste<br />
man fünf Grenzen passieren.<br />
Weil Deutschland aber in unzählige<br />
kleinere und größere Län<strong>de</strong>reien<br />
zersplittert war, gab es ebenso viele<br />
<strong>de</strong>utsche Sprachen. Um nun <strong>die</strong> Bibel<br />
möglichst gut ins Deutsche zu übertragen,<br />
hat Martin Luther, wie er selbst<br />
sagte, „<strong>de</strong>n Leuten aufs Maul geschaut“.<br />
Das heißt, er hat genau hingehört,<br />
wie man auf <strong>de</strong>r Straße miteinan<strong>de</strong>r<br />
sprach, und hat dann versucht, <strong>die</strong><br />
Bibel in <strong>die</strong> Sprache <strong>de</strong>r Menschen auf<br />
<strong>de</strong>r Straße zu übertragen. Das war beson<strong>de</strong>rs<br />
schwierig, weil es in Deutschland<br />
viele <strong>de</strong>utsche Sprachen und<br />
<strong>de</strong>mentsprechend viele <strong>de</strong>utsche<br />
Schreibweisen gab.<br />
Da knapp hun<strong>de</strong>rt Jahre zuvor <strong>de</strong>r<br />
Buchdruck von Johannes Gutenberg<br />
erfun<strong>de</strong>n war, konnte <strong>die</strong> Bibelübersetzung<br />
von Martin Luther gedruckt<br />
wer<strong>de</strong>n. Man musste nicht mehr je<strong>de</strong><br />
einzelne Bibel mühsam von Hand abschreiben,<br />
was Wochen o<strong>de</strong>r Monate<br />
dauerte.<br />
Ein Buchdrucker setzte je<strong>de</strong> Seite<br />
<strong>de</strong>r Bibel aus einzelnen Buchstaben in<br />
Spiegelschrift zusammen und konnte<br />
dann <strong>die</strong> einzelne Bibelseite so oft<br />
drucken, wie man wollte. Die Zeit,<br />
<strong>die</strong> man dann für eine einzelne Seite<br />
brauchte, war viel geringer als wenn<br />
man sie von Hand abgeschrieben hätte.<br />
Daher <strong>wur<strong>de</strong></strong>n <strong>die</strong> Bibeln billiger<br />
Dinge, <strong>die</strong> wir heute haben, kannte man<br />
damals noch nicht.<br />
Heute ist <strong>die</strong> Bibel in fast alle Sprachen<br />
<strong>de</strong>r Welt übersetzt.<br />
und konnten von viel mehr Leuten gekauft<br />
und gelesen wer<strong>de</strong>n.<br />
Da viele Menschen <strong>die</strong> Bibel lesen<br />
wollten, verbreitete sich <strong>die</strong> Übersetzung<br />
von Martin Luther über ganz<br />
Deutschland mit all seinen Fürstentümern<br />
hinweg, und man lernte anhand<br />
<strong>de</strong>r Bibel in allen <strong>de</strong>utschen Län<strong>de</strong>rn<br />
eine gemeinsame Schriftsprache.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
117
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
118<br />
Zehn verschie<strong>de</strong>ne Bibelübersetzungen von Markus 1,1-4<br />
Aus: Hans Freu<strong>de</strong>nberg: Freiarbeit mit Religionsunterricht praktisch. Materialien für <strong>die</strong> Grundschule. Band 1. – Vergrößern auf DIN A 3 – Göttingen. 2000. S. 140.<br />
© Van<strong>de</strong>nhoeck & Ruprecht, Göttingen<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003
Arbeitsauftrag:<br />
Station 17<br />
Wie fin<strong>de</strong> ich eine Bibelstelle?<br />
Es gibt unzählige verschie<strong>de</strong>ne Bibelausgaben.<br />
Wenn in einer Klasse fast je<strong>de</strong> Schülerin und je<strong>de</strong>r Schüler eine an<strong>de</strong>re Bibelausgabe hat, dann kann man nicht einfach sagen:<br />
„Schlage auf Seite 28!“. Deshalb muss man wissen, wie <strong>die</strong> Bibel aufgebaut ist.<br />
Lies zuerst <strong>de</strong>n Text: „Wie fin<strong>de</strong> ich eine Bibelstelle?“<br />
Jetzt kannst du sicher ohne Schwierigkeiten <strong>de</strong>in Arbeitsblatt Biblische „Viechereien“ lösen.<br />
Wie fin<strong>de</strong> ich eine Bibelstelle?<br />
1. Zuerst schlage ich das Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>de</strong>r Bibel auf.<br />
(Achtung: Manche Bibeln haben<br />
getrennte Inhaltsverzeichnisse für<br />
das Alte und das Neue Testament.<br />
Das Inhaltsverzeichnis für das Neue<br />
Testament steht dann dort, wo das<br />
Neue Testament anfängt.)<br />
2. Ich suche das genannte Buch (also<br />
z.B. Lukas) im Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>de</strong>s Alten Testaments (AT) o<strong>de</strong>r<br />
Neuen Testaments (NT). Ich schlage<br />
<strong>die</strong> Seite auf, auf <strong>de</strong>r es beginnt.<br />
(Achtung: Das Neue Testament beginnt<br />
wie<strong>de</strong>r mit Seite 1!)<br />
3. Nun suche ich das angegebene<br />
Kapitel (z.B. Kapitel 19). Oben<br />
auf je<strong>de</strong>r Seite stehen <strong>die</strong> Kapitelzahlen.<br />
4. Wenn ich das Kapitel gefun<strong>de</strong>n habe,<br />
suche ich darin <strong>de</strong>n angegebenen<br />
Vers (z.B. Vers 2). Die Verse<br />
erkennt man an <strong>de</strong>n kleinen Zahlen<br />
vor <strong>de</strong>n Sätzen.<br />
Vers<br />
Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch<br />
<strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe.<br />
– Stuttgart. 1996. Station 3. © 1996 by Hänssler-<br />
Verlag, D-71087 Holzgerlingen<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
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UNTERRICHTSPRAXIS<br />
120<br />
Biblische „Viechereien“<br />
Biblische „Viechereien“<br />
In <strong>de</strong>r Bibel gibt es auch allerhand Tierisches:<br />
Suche in <strong>de</strong>r Bibel <strong>die</strong> Tiere, <strong>die</strong> sich hinter <strong>de</strong>n angegebenen Bibelstellen verbergen und trage sie ein (Beachte: ä, ö, ü = ae,<br />
oe, ue). Die fett umran<strong>de</strong>ten Kästchen ergeben ein Lösungswort, das Du unten eintragen musst. Trage <strong>die</strong> Buchstaben in <strong>de</strong>n<br />
grau hinterlegten Kästchen in <strong>de</strong>r richtigen Reihenfolge unten bei <strong>de</strong>r Bibelstelle __ 7,1 ein. Schlage dort nach und kontrolliere<br />
Dein Lösungswort.<br />
Lukas 15,4: Davon hat einer ziemlich viele<br />
Psalm 104,21: Sie brüllen nach Raub<br />
Lukas 16,21: Sie belästigen <strong>de</strong>n armen Lazarus<br />
Sprüche 6,6: Der Faule kann von ihr lernen<br />
3. Mose 11,7: Das soll ein frommer Ju<strong>de</strong> nicht essen<br />
Johannes 3,14: Sie wird von Mose erhöht<br />
Offenbarung 12,3: Ein böser Geselle<br />
Matthäus 6,19: Was <strong>de</strong>r Rost nicht frißt, das fressen sie<br />
Markus 6,38: Zwei davon sind dabei<br />
Lukas 11,12: Kein guter Ersatz für ein Ei<br />
2. Mose 7,28: Hüpferlinge, <strong>die</strong> im Nil zu viel wer<strong>de</strong>n<br />
2. Mose 16,13: Ein schmackhaftes Fe<strong>de</strong>rvieh<br />
Bibelstelle:<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
7,1<br />
Lösungswort:<br />
Was steht über sie im Bibellexikon?<br />
Aus: Eleonore von Dincklage (Hg.): Unterwegs durch <strong>die</strong> Bibel. <strong>Lernstraße</strong> in 17 Stationen für <strong>die</strong> Sekundarstufe. – Stuttgart. 1996. Station 3. © 1996 by Hänssler-Verlag,<br />
D-71087 Holzgerlingen
Arbeitsauftrag:<br />
Suche dir ein Bibelwort, das dir gefällt.<br />
Überlege dir, was dir <strong>die</strong>ses Bibelwort sagt.<br />
Lies jeman<strong>de</strong>m <strong>de</strong>in Bibelwort vor und erzähle ihm, was dir an <strong>de</strong>inem Bibelwort wichtig ist.<br />
Lerne das Bibelwort auswendig.<br />
Station 18<br />
Meine Bibelstelle<br />
Schreibe <strong>de</strong>in Bibelwort in ganz schöner Schrift auf. Suche dir einen farblich passen<strong>de</strong>n Rahmen und klebe <strong>de</strong>in Blatt als<br />
Bild auf.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
121
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
122<br />
Test – <strong>Lernstraße</strong>: <strong>„So</strong> <strong>wur<strong>de</strong></strong> <strong>die</strong> <strong>Bibel“</strong><br />
Name: Klasse:<br />
1. Hier stimmt manches nicht. Streiche alle falschen Aussagen durch!<br />
–Viele Bibeltexte gab es lange Zeit nur als gesprochenes Wort (Erzählungen, Lie<strong>de</strong>r).<br />
– Jesus hat sich zuerst einmal alles notiert, was er <strong>de</strong>n Menschen sagen wollte.<br />
– Menschen, <strong>die</strong> nicht lesen können, haben oft ein besser trainiertes Gedächtnis.<br />
– Jesus hat nichts aufgeschrieben. Was wir von ihm wissen, stammt allein aus mündlicher Überlieferung.<br />
– „<strong>Bibel“</strong> heißt ins Deutsche übersetzt: „Das Buch“.<br />
– Gott brauchte nur 7 Tage, um <strong>die</strong> Welt zu erschaffen. Das wissen wir heute zum Glück genau, weil Moses uns das so aufgeschrieben<br />
hat.<br />
2. Erst durch <strong>die</strong> Erfindung <strong>de</strong>r <strong>wur<strong>de</strong></strong> es möglich, Gedanken und<br />
Erfahrungen mit Gott aufzuschreiben.<br />
3. Die ältesten „Schriften“ waren keine Buchstabenschriften, son<strong>de</strong>rn:<br />
4. Die Bibel <strong>wur<strong>de</strong></strong> ursprünglich in zwei Sprachen geschrieben:<br />
das AT in und das NT in .<br />
5. Die Bibel ist kein einheitliches Buch, sie besteht aus Einzelschriften, <strong>die</strong><br />
zu Zeiten entstan<strong>de</strong>n sind.<br />
6. Die Bibel ist eigentliche eine ganze Bibliothek. Sie besteht aus vielen .<br />
Um eine Bibelstelle zu fin<strong>de</strong>n, sind alle Bücher <strong>de</strong>r Bibel in und eingeteilt.<br />
7. Suche <strong>die</strong>se Bibelstellen und trage ein:<br />
Mt 6,34 „<br />
und Lk 6,31 „<br />
Vielleicht kannst du einige <strong>die</strong>ser Wörter gebrauchen:<br />
Bildzeichen – Büchern – Computer – Griechisch – Hebräisch – Kapitel – Lateinisch – Schrift – verschie<strong>de</strong>nen – Verse<br />
– vielen – Zimmern<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
“.<br />
“.
Szenisches Lesen von Bibeltexten im<br />
Religionsunterricht <strong>de</strong>r Grundschule<br />
Gabriele Theuer<br />
1. Die Ergebnisse <strong>de</strong>r PISA-Stu<strong>die</strong><br />
sowie von IGLU als Herausfor<strong>de</strong>rung<br />
an <strong>de</strong>n Religionsunterricht<br />
Mit <strong>de</strong>n ernüchtern<strong>de</strong>n Ergebnissen<br />
<strong>de</strong>r im Jahr 2000 durchgeführten internationalen<br />
PISA-Stu<strong>die</strong> an 15jährigen<br />
Schülerinnen und Schülern rückte <strong>die</strong><br />
Lesekompetenz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schüler/<br />
-innen wie<strong>de</strong>r ins öffentliche Bewusstsein.<br />
Lesekompetenz be<strong>de</strong>utet nach PISA<br />
<strong>die</strong> Fähigkeit, „geschriebene Texte unterschiedlicher<br />
Art in ihren Aussagen,<br />
ihren Absichten und ihrer formalen<br />
Struktur zu verstehen und in einen größeren<br />
Zusammenhang einordnen zu<br />
können, sowie in <strong>de</strong>r Lage zu sein, Texte<br />
für verschie<strong>de</strong>ne Zwecke sachgerecht<br />
zu nutzen.“ Sie bil<strong>de</strong>t eine unerlässliche<br />
Bedingung für je<strong>de</strong> Art selbstständigen<br />
Lernens (PISA-Stu<strong>die</strong>, S. 10).<br />
Nach PISA verfügen nun nahezu<br />
23 % <strong>de</strong>r getesteten <strong>de</strong>utschen Schüler/-innen<br />
über eine so gering ausgebil<strong>de</strong>te<br />
Lesekompetenz, dass sie als „potenzielle<br />
Risikogruppe“ eingestuft wer<strong>de</strong>n.<br />
10 % <strong>de</strong>r Schüler/-innen sind we<strong>de</strong>r<br />
in <strong>de</strong>r Lage, in einem Text <strong>die</strong> vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Informationen zu ermitteln,<br />
noch <strong>de</strong>n Hauptgedanken o<strong>de</strong>r <strong>die</strong> Intention<br />
<strong>de</strong>s Autors in einem Text zu erkennen,<br />
selbst dann nicht, wenn es sich<br />
dabei um ein Thema han<strong>de</strong>lt, das ihnen<br />
vertraut ist, o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Hauptgedanke<br />
sehr <strong>de</strong>utlich herausgestellt ist.<br />
Noch weniger sind sie in <strong>de</strong>r Lage, über<br />
einen Text zu reflektieren und seine Aussage<br />
bewerten zu können. Die PISA-<br />
Autoren resümieren: „Mit etwa 20% <strong>de</strong>s<br />
Altersjahrgangs ist <strong>de</strong>r Anteil schwacher<br />
und schwächster Leser in Deutschland<br />
ungewöhnlich groß“ (PISA-Stu<strong>die</strong>,<br />
S. 15). Auch <strong>die</strong> Lesekompetenz <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>ren (77%) Schüler/-innen ist geringer<br />
entwickelt als <strong>die</strong> <strong>de</strong>r Schüler/<br />
-innen in mehr als <strong>de</strong>r Hälfte <strong>de</strong>r beteiligten<br />
Län<strong>de</strong>r.<br />
Das schlechte Abschnei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen Schülerinnen und Schüler ist<br />
umso alarmieren<strong>de</strong>r, da <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> einen<br />
direkten Zusammenhang zwischen<br />
<strong>de</strong>r Lesekompetenz und allen an<strong>de</strong>ren<br />
für <strong>die</strong> kognitive Entwicklung wichtigen<br />
Kompetenzen belegt. Von <strong>de</strong>r Entfaltung<br />
<strong>de</strong>r Lesekompetenz hängt es ab,<br />
ob und inwieweit sich alle an<strong>de</strong>ren<br />
wichtigen Kompetenzen ebenfalls entwickeln.<br />
Die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Lesekompetenz<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schülerinnen und<br />
Schüler bereits in <strong>de</strong>r Grundschule ist<br />
also von zentraler Be<strong>de</strong>utung.<br />
Nicht ganz so erschreckend wie <strong>die</strong><br />
Ergebnisse von PISA sind <strong>die</strong> einer<br />
weiteren aktuellen internationalen Untersuchung,<br />
genannt IGLU, <strong>die</strong> sich<br />
speziell auf Grundschüler/-innen am<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vierten Jahrgangsstufe bezieht<br />
und <strong>de</strong>ren Ergebnisse im April<br />
2003 erschienen sind. Diese Stu<strong>die</strong> ermittelte<br />
– im Gegensatz zu Pisa – hinsichtlich<br />
<strong>de</strong>s Leseverständnisses ein relativ<br />
hohes Niveau <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Grundschulkin<strong>de</strong>r<br />
(Mittelwert: 539 Punkte von<br />
insgesamt 650 Punkten; rund 2/3 <strong>de</strong>r<br />
Kin<strong>de</strong>r erreichen Testwerte zwischen<br />
472 und 606 Punkten, <strong>die</strong> mittleren 50 %<br />
liegen überwiegend im Bereich <strong>de</strong>r<br />
Kompetenzstufe III [implizit im Text erhaltene<br />
Sachverhalte aufgrund <strong>de</strong>s Kontextes<br />
erschließen] von insgesamt vier<br />
Kompetenzstufen; vgl. Bos, S. 7.10f.).<br />
Allerdings erreichen mehr als ein<br />
Drittel aller Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Jahrgangs<br />
höchstens <strong>die</strong> Kompetenzstufe II (angegebene<br />
Sachverhalte aus einer Textpassage<br />
erschließen); nur wenige erreichen<br />
<strong>die</strong> Stufe IV (mehrere Textpassagen<br />
sinnvoll miteinan<strong>de</strong>r in Beziehung<br />
setzen). Es gibt also am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Grundschulzeit<br />
eine nicht unerhebliche Anzahl<br />
von Kin<strong>de</strong>rn, <strong>die</strong> offensichtlich<br />
während <strong>de</strong>r Grundschulzeit nicht <strong>die</strong><br />
notwendige Unterstützung zur Entwicklung<br />
ihrer Lesekompetenzen er-<br />
hielten (Bos, S.14). Diese Schülerinnen<br />
und Schüler bedürfen einer gezielter<br />
För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Leseverständnisses sowie<br />
zunächst ihrer Lesemotivation.<br />
Im Unterschied zu PISA untersuchte<br />
IGLU neben <strong>de</strong>r Fähigkeit, Informationen<br />
aus Texten zu ermitteln, auch <strong>die</strong><br />
„Literarische Erfahrung“ <strong>de</strong>r Grundschulkin<strong>de</strong>r.<br />
Dies meint, dass sich <strong>die</strong><br />
Kin<strong>de</strong>r in <strong>die</strong> Figuren <strong>de</strong>r Erzählung hinein<strong>de</strong>nken<br />
und -fühlen können, dass sie<br />
Gefallen am sprachlichen Ausdruck<br />
fin<strong>de</strong>n und Freu<strong>de</strong> am Lesen haben.<br />
(Spinner, S. 10). IGLU geht davon aus,<br />
dass es bei Grundschulkin<strong>de</strong>rn mehr auf<br />
eine grundlegen<strong>de</strong>, allgemeine Vertrautheit<br />
mit <strong>de</strong>m Lesen ankommt und dass<br />
altersgemäße erzählen<strong>de</strong> Texte eine wesentliche<br />
Rolle spielen. Daher fragte<br />
IGLU auch nach <strong>de</strong>n Gefühlen <strong>de</strong>r Figuren,<br />
nach Grün<strong>de</strong>n für <strong>die</strong>se Gefühle,<br />
nach <strong>de</strong>n Gedanken <strong>de</strong>r Figuren u.Ä.<br />
Die „literarische Erfahrung“ entspricht<br />
zum einen <strong>de</strong>r Zielsetzung <strong>de</strong>s<br />
Deutschunterrichts – einem lebendigen<br />
Umgang mit literarischen Texten,<br />
<strong>de</strong>r <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung von Phantasie und<br />
Einfühlung einschließt und <strong>die</strong> Freu<strong>de</strong><br />
an sprachlicher Gestaltung weckt –<br />
schließt aber auch überfachliche Bildungsziele<br />
wie <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Vorstellungsfähigkeit,<br />
<strong>de</strong>r Reflexion auf<br />
menschliche Verhaltensmotive und <strong>de</strong>s<br />
Einfühlungsvermögens ein.<br />
Hier sind v.a. jene Unterrichtsfächer<br />
herausgefor<strong>de</strong>rt, in <strong>de</strong>nen nicht <strong>die</strong><br />
Vermittlung instrumentellen Wissens<br />
im Zentrum steht, son<strong>de</strong>rn <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung<br />
jener Fähigkeiten, <strong>die</strong> auf das Innewer<strong>de</strong>n,<br />
das Wahrnehmen und Deuten<br />
<strong>de</strong>r Welt gerichtet sind. Eine beson<strong>de</strong>re<br />
Rolle spielt dabei <strong>de</strong>r Religionsunterricht,<br />
da es hier wesentlich darum<br />
geht, (biblische) Texte sinnentnehmend<br />
lesen zu lernen und zu sich selbst in Beziehung<br />
zu setzen. Im Religionsunterricht<br />
steht somit <strong>die</strong> För<strong>de</strong>rung jener<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
123
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
124<br />
Faktoren, <strong>die</strong> laut Pisa wie auch laut<br />
IGLU <strong>die</strong> Lesefertigkeit ausmachen,<br />
im Zentrum <strong>de</strong>r Unterrichtsprozesse.<br />
Religiöse und biblische Texte sind dabei<br />
von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung, <strong>de</strong>nn<br />
sie sind per se so angelegt, dass sie <strong>die</strong><br />
Schüler/-innen zur Reflexion, zum Hinein<strong>de</strong>nken<br />
und -fühlen in frem<strong>de</strong> Personen,<br />
zum Überschreiten ihrer Erfahrungsräume<br />
sowie zum Innewer<strong>de</strong>n, zur<br />
Beziehung auf sich selbst herausfor<strong>de</strong>rn.<br />
Es kommt nun darauf an, bei <strong>de</strong>n<br />
Grundschulkin<strong>de</strong>rn das Interesse an<br />
Bibeltexten zu wecken und ihre Motivation<br />
zum Lesen <strong>de</strong>r biblischen Texte<br />
zu för<strong>de</strong>rn. Als eine vielversprechen<strong>de</strong><br />
Möglichkeit bietet sich hier das szenische<br />
Lesen von Bibeltexten an.<br />
2. Szenisches Lesen von Bibeltexten<br />
– Ablauf<br />
Das szenische Lesen ist eine beson<strong>de</strong>re<br />
Form von rollenverteiltem Lesen.<br />
In<strong>de</strong>m es <strong>de</strong>n Text im wörtlichen Sinn<br />
vor Augen stellt, macht es sehr gut<br />
Textzusammenhänge, <strong>die</strong> Entwicklung<br />
<strong>de</strong>r Erzählung und vor allem <strong>die</strong> Beziehungen<br />
<strong>de</strong>r Personen sichtbar.<br />
2.1.Vorstufe: rollenverteiltes Lesen von<br />
Bibeltexten<br />
Um biblische Erzählungen mit<br />
Grundschulkin<strong>de</strong>rn szenisch zu lesen,<br />
ist es notwendig, bei <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r<br />
Metho<strong>de</strong> in mehreren Schritten vorzugehen:<br />
Eine Vorstufe ist das rollenverteilte<br />
Lesen <strong>de</strong>r biblischen Texte. Ein Erzähltext,<br />
in <strong>de</strong>m mehrere Personen auftreten<br />
und zu Wort kommen, wird von<br />
mehreren Schülern bzw. Schülerinnen<br />
gelesen.<br />
Zunächst wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Rollen verteilt.<br />
Ein Schüler bzw. eine Schülerin<br />
liest <strong>de</strong>n Erzähler. Die wörtlichen Re<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>njenigen gelesen,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> entsprechen<strong>de</strong> biblische Person<br />
„verkörpern“. Personengruppen können<br />
von zwei bis drei Schülern gleichzeitig<br />
gelesen wer<strong>de</strong>n.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Wichtig ist, dass <strong>die</strong> Schüler/-innen<br />
<strong>de</strong>n Text (in einer altersgemäßen Sprache)<br />
gut geglie<strong>de</strong>rt erhalten, am besten<br />
auf einem Textblatt, und dass <strong>die</strong> wörtlichen<br />
Re<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich herausgestellt<br />
sind (z.B. Beginn einer neuen Zeile –<br />
einrücken).<br />
Beson<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r<br />
Metho<strong>de</strong>, vor allem, wenn <strong>die</strong>se Art <strong>de</strong>s<br />
Lesens von biblischen Erzählungen<br />
<strong>de</strong>n Grundschulkin<strong>de</strong>rn noch wenig<br />
vertraut ist, ist es hilfreich, wenn <strong>de</strong>r<br />
Lehrer, <strong>die</strong> Lehrerin <strong>die</strong> Äußerungen<br />
<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Personen auf <strong>de</strong>n<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Textblättern jeweils<br />
markiert und <strong>die</strong>se Textblätter dann an<br />
<strong>die</strong> Schüler/-innen verteilt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> jeweilige<br />
Rolle lesen.<br />
Diese Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Lesens von biblischen<br />
Erzählungen bietet mehrere<br />
Vorteile gegenüber <strong>de</strong>m herkömmlichen<br />
Lesen: Der Text wird lebendiger<br />
aufgenommen, <strong>die</strong> Dialoge wer<strong>de</strong>n<br />
„sicht“barer, <strong>die</strong> Charaktere treten<br />
<strong>de</strong>utlicher hervor. Zu<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong><br />
Schüler/-innen zu einer eigenen Stellungnahme<br />
motiviert. Durch das Verkörpern<br />
einer <strong>de</strong>r biblischen Personen<br />
wird <strong>die</strong> I<strong>de</strong>ntifikation bzw. <strong>die</strong> persönliche<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>die</strong>ser<br />
Person erleichtert.<br />
2.2.Durchführung <strong>de</strong>s szenischen<br />
Lesens<br />
1. Schritt: Rollenverteiltes Lesen <strong>de</strong>s<br />
Bibeltextes (s.o.)<br />
2. Schritt: In <strong>die</strong> Rolle hineinfin<strong>de</strong>n<br />
Nach<strong>de</strong>m <strong>die</strong> biblische Erzählung<br />
ein erstes Mal gelesen <strong>wur<strong>de</strong></strong>, tragen<br />
<strong>die</strong> Schüler/-innen <strong>die</strong> dort genannten<br />
Personen sowie einige Merkmale von<br />
<strong>die</strong>sen zusammen, <strong>die</strong> ihnen während<br />
<strong>de</strong>s Lesens aufgefallen sind. Der Lehrer,<br />
<strong>die</strong> Lehrerin hält <strong>die</strong> Äußerungen<br />
stichpunktartig an <strong>de</strong>r Tafel bzw. am<br />
OHP fest und ergänzt sie ggf.<br />
Anschließend wer<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Schüler/-innen,<br />
<strong>die</strong> eine <strong>de</strong>r biblischen Personen<br />
verkörpern, durch gezielte Impulse<br />
angeleitet, sich in <strong>die</strong> genannten<br />
Personen bzw. in eine <strong>die</strong>ser Personen<br />
hineinzuversetzen (z.B. „Überlege,<br />
wie Du N.N. beschreiben wür<strong>de</strong>st.<br />
Versuche, dich so hinzustellen, wie du<br />
meinst, dass N.N. stehen wür<strong>de</strong> ...“).<br />
Es empfiehlt sich, dass dazu alle Schüler/-innen<br />
für ca. 2-3 Minuten ruhig<br />
wer<strong>de</strong>n und evtl. <strong>die</strong> Augen schließen.<br />
3. Schritt: Rollenverteiltes Lesen <strong>de</strong>s<br />
Bibeltextes mit Gesten und Bewegungen<br />
– Szenisches Lesen<br />
Wie beim rollenverteilten Lesen<br />
wird <strong>de</strong>r Bibeltext beim szenischen Lesen<br />
in verschie<strong>de</strong>nen Rollen gelesen.<br />
Zusätzlich drücken <strong>die</strong> Schüler/-innen,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Äußerungen <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
Personen lesen, alle nachvollziehbaren<br />
Gesten und Bewegungen <strong>de</strong>s Textes<br />
mit Gesten bzw. durch Körperhaltung<br />
o<strong>de</strong>r Bewegungen aus (z.B. oben – unten,<br />
Distanz – Nähe, Aggression – Zuwendung).<br />
Der Bibeltext wird so im<br />
Körperausdruck, in Haltungen, Gesten<br />
und Raumbewegungen sichtbar.<br />
Wichtig ist, dass <strong>de</strong>r Lehrer/<strong>die</strong><br />
Lehrerin <strong>de</strong>n Schülern/-innen vor Beginn<br />
<strong>de</strong>s Szenischen Lesens einige<br />
Hinweise gibt, dass <strong>die</strong>se Form <strong>de</strong>s<br />
Textlesens gewählt wird, um ihnen zu<br />
erleichtern, <strong>die</strong> biblische Erzählung<br />
besser zu verstehen. Es soll nicht darum<br />
gehen, „eine Show abzuziehen“<br />
o<strong>de</strong>r sich über an<strong>de</strong>re zu amüsieren.<br />
Es empfiehlt sich, dass zunächst <strong>de</strong>r<br />
Lehrer, <strong>die</strong> Lehrerin <strong>die</strong> Rolle <strong>de</strong>s Erzählers<br />
übernimmt. So kann während<br />
<strong>de</strong>s Lesens etwas Regie geführt wer<strong>de</strong>n,<br />
in<strong>de</strong>m bestimmte Bewegungsanweisungen<br />
im Text betont bzw. gegebenenfalls<br />
nochmals wie<strong>de</strong>rholt (z.B.:<br />
„da drehte Maria sich um“; „da wen<strong>de</strong>te<br />
Jesus sich ihm/ihr zu“) wer<strong>de</strong>n.<br />
Am besten sitzen alle Schüler/-innen<br />
in einem großen Halbkreis. Die<br />
agieren<strong>de</strong>n Schülerinnen und Schüler<br />
stehen an verschie<strong>de</strong>nen Orten vor <strong>de</strong>r<br />
Klasse, so dass alle einen guten Blick<br />
auf das Textgeschehen haben. Die<br />
Schülerinnen und Schüler, <strong>die</strong> keine<br />
Rolle übernommen haben, lesen nicht<br />
selbst im Text mit, son<strong>de</strong>rn sehen und<br />
hören genau hin, wo und wie sich das<br />
Textgeschehen vollzieht.
Um Störungen von Seiten <strong>de</strong>r Zuschauen<strong>de</strong>n<br />
vorzubeugen, empfiehlt es<br />
sich, <strong>de</strong>n Beobachter/-innen zu ver<strong>de</strong>utlichen,<br />
wie wichtig es ist, dass sie<br />
das Geschehen gut beobachten, und ihnen<br />
klare Beobachtungsaufträge zu geben<br />
(z.B.: Wie stehen <strong>die</strong> Personen am<br />
Anfang zusammen? Wie am En<strong>de</strong>? Bewegen<br />
sie sich aufeinan<strong>de</strong>r zu o<strong>de</strong>r<br />
voneinan<strong>de</strong>r weg? ...). Diese Beobachtungsaufträge<br />
wer<strong>de</strong>n dann im folgen<strong>de</strong>n<br />
Auswertungsgespräch aufgegriffen<br />
(s.u.).<br />
4. Schritt: Den Ablauf wie<strong>de</strong>rholen<br />
Um <strong>die</strong> Bewegungen <strong>de</strong>s Textes<br />
<strong>de</strong>utlich vor Augen zu stellen, empfiehlt<br />
es sich manchmal, im Anschluss<br />
an das Szenische Lesen <strong>die</strong> Bewegungen<br />
<strong>de</strong>s Textes in ihrer Abfolge gleich<br />
noch einmal wie<strong>de</strong>rholend in <strong>de</strong>n<br />
Raum zu stellen. Die Schüler und<br />
Schülerinnen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> biblischen Personen<br />
gelesen und verkörpert haben,<br />
spielen stumm noch einmal <strong>die</strong> Bewegungen,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong>se Personen im Lauf<br />
<strong>de</strong>r Erzählung ausführen. Dies erleichtert<br />
<strong>de</strong>n Zuschauer/-innen, <strong>de</strong>n<br />
Gesamtablauf <strong>de</strong>r Bewegung <strong>de</strong>r biblischen<br />
Erzählung vom Anfang bis<br />
zum Schluss noch besser nachzuvollziehen.<br />
5. Schritt: Aus <strong>de</strong>r Rolle heraustreten<br />
Im Anschluss an das Szenische Lesen<br />
ist es notwendig, dass alle Schüler/<br />
-innen, <strong>die</strong> eine biblische Person verkörpert<br />
haben, bewusst aus ihrer Rolle<br />
heraustreten. Eine Möglichkeit ist z.B.,<br />
<strong>die</strong> Rolle wie einen Overall abzustreifen<br />
(von <strong>de</strong>r Schulter abwärts, erst über<br />
<strong>de</strong>n rechten, dann über <strong>de</strong>n linken Arm<br />
abstreifen, danach über <strong>de</strong>n Oberkörper<br />
und <strong>de</strong>n Bauch, über bei<strong>de</strong> Beine<br />
herunterziehen, schließlich mit <strong>de</strong>m<br />
rechten und danach mit <strong>de</strong>m linken Fuß<br />
heraustreten und danach das „Kleidungsstück“<br />
hinter sich ablegen, z.B.<br />
über <strong>die</strong> Stuhllehne). Alle Schüler/-innen<br />
recken und strecken sich und versammeln<br />
sich dann im Stuhlkreis zum<br />
Auswertungsgespräch.<br />
6. Schritt: Auswertungsgespräch<br />
Zunächst äußern <strong>die</strong> Schüler/-innen,<br />
<strong>die</strong> eine Rolle übernommen haben,<br />
wie es ihnen in <strong>de</strong>r Rolle erging,<br />
wie sie sich als betreffen<strong>de</strong> biblische<br />
Figur fühlten und was ihnen durch <strong>die</strong><br />
Darstellung an <strong>die</strong>ser Person aufgefallen<br />
ist. Anschließend tragen <strong>die</strong> Beobachterinnen<br />
und Beobachter zusammen,<br />
was sie an Textbewegungen<br />
wahrgenommen haben. Hilfreich sind<br />
hier einige strukturieren<strong>de</strong> Impulsfragen<br />
<strong>de</strong>s Lehrer/<strong>de</strong>r Lehrerin:<br />
– Was haben wir gehört? Welche Bewegungen<br />
haben wir gesehen?<br />
– Mit wem und womit fängt <strong>die</strong> Erzählung<br />
an? Mit wem und womit<br />
hört sie auf?<br />
– Wie stehen <strong>die</strong> Personen am Anfang<br />
<strong>de</strong>r Geschichte zusammen? Wie am<br />
En<strong>de</strong>? Bewegen sie sich voneinan<strong>de</strong>r<br />
weg o<strong>de</strong>r aufeinan<strong>de</strong>r zu?<br />
Im Anschluss an <strong>die</strong>se Auswertungsrun<strong>de</strong><br />
können entwe<strong>de</strong>r im Unterrichtsgespräch<br />
o<strong>de</strong>r mit Hilfe von gezielten<br />
Arbeitsaufträgen in (evtl. arbeitsteiliger)<br />
Gruppenarbeit einige wesentliche<br />
Aspekte <strong>de</strong>r biblischen Erzählung<br />
weiter vertieft wer<strong>de</strong>n. Es lohnt<br />
sich, dabei immer wie<strong>de</strong>r einige aus<br />
<strong>de</strong>m Szenischen Lesen gewonnenen<br />
Beobachtungen in Erinnerung zu rufen.<br />
2.3. Erweiterungsmöglichkeit: Gedanken<br />
und Gefühle <strong>de</strong>r biblischen<br />
Personen<br />
Diese Erweiterungsmöglichkeit bietet<br />
sich an, wenn eine I<strong>de</strong>ntifikation mit<br />
<strong>de</strong>n Personen <strong>de</strong>r biblischen Erzählung<br />
angestrebt wird, wenn es darum geht,<br />
sich in <strong>die</strong> Gedanken und Gefühle <strong>de</strong>r<br />
han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Personen einzufühlen.<br />
Diese Ergänzungsmöglichkeit kann<br />
sinnvoll nach <strong>de</strong>m ersten Szenischen<br />
Lesen eingesetzt wer<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Text mit Gesten und Bewegungen wie<strong>de</strong>rgegeben<br />
<strong>wur<strong>de</strong></strong>. Nun können sich –<br />
in einem zweiten Durchgang – hinter <strong>die</strong><br />
Akteure, <strong>die</strong> das Textgeschehen darstellen,<br />
weitere Schülerinnen und Schüler<br />
stellen, welche <strong>die</strong> „Gefühle“ und „Gedanken“<br />
<strong>de</strong>r biblischen Personen wie<strong>de</strong>rgeben,<br />
<strong>die</strong> sie bei ihnen vermuten.<br />
Bei <strong>die</strong>ser Metho<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n unsere<br />
eigenen Projektionen, <strong>die</strong> wir beim Lesen<br />
in <strong>die</strong> Geschichte hineinlegen,<br />
sichtbar gemacht und getrennt vom<br />
Text gesehen. Im Vor<strong>de</strong>rgrund wird <strong>die</strong><br />
Textebene, im Hintergrund <strong>die</strong> Gefühls-<br />
und Erfahrungsebene <strong>de</strong>r Schüler/-innen<br />
sichtbar.<br />
Hier wird jeweils nach kleinen Sinnabschnitten<br />
(1-3 Verse) <strong>die</strong> Lesung<br />
durch <strong>de</strong>n Lehrer, <strong>die</strong> Lehrerin gestoppt,<br />
und <strong>die</strong> betreffen<strong>de</strong>n Schüler/-innen<br />
wer<strong>de</strong>n zur Äußerung <strong>de</strong>r „Gedanken“<br />
und „Gefühle“ <strong>de</strong>r jeweiligen biblischen<br />
Person aufgefor<strong>de</strong>rt: „Ich <strong>de</strong>nke o<strong>de</strong>r<br />
fühle als Jakob, als Sara, als Petrus ...“.<br />
Diese Variante eignet sich beson<strong>de</strong>rs<br />
gut bei Texten mit starken Gefühlsregungen<br />
o<strong>de</strong>r bei gefühlsmäßig<br />
vorbelasteten Texten, bei <strong>de</strong>nen damit<br />
zu rechnen ist, dass viele Vorurteile<br />
schon ins Verständnis <strong>de</strong>s Textes hineingetragen<br />
wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>nen<br />
(Ab-)Wertungen von biblischen Personen<br />
im Spiel sind (z.B. <strong>die</strong> Erzählung<br />
von <strong>de</strong>r „Sün<strong>de</strong>rin“ (Lk 7,36-50 / Mt<br />
26,6-13 / Mk 14,3-9), von Zachäus (Lk<br />
19,1-10) o<strong>de</strong>r das Gleichnis vom verlorenen<br />
Sohn (Lk 15,11-32) o<strong>de</strong>r vom<br />
Pharisäer und Zöllner (Lk 18,10-14).<br />
Allerdings erfor<strong>de</strong>rt <strong>die</strong>se Variante<br />
großes Einfühlungsvermögen und pädagogisches<br />
Geschick <strong>de</strong>r Leitung sowie<br />
eine empathische Atmosphäre (s.u.).<br />
3. Vorteile und mögliche Gefahren<br />
und Grenzen <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong><br />
Das Szenische Lesen ist eine anschauliche<br />
und <strong>die</strong> Grundschulkin<strong>de</strong>r<br />
ansprechen<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Texterarbeitung,<br />
bei <strong>de</strong>r es gelingt, <strong>die</strong> Schülerinnen<br />
und Schüler in <strong>die</strong> biblische Erzählung<br />
einzubeziehen und mit ihr ins<br />
Gespräch zu bringen. Sie bleibt – im<br />
Unterschied zum freien Rollenspiel,<br />
bei <strong>de</strong>m wir viel Eigenes in <strong>de</strong>n Text<br />
eintragen – beim Text und seinen<br />
Strukturen, seinen Bewegungen, seinen<br />
Räumen.<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
125
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
126<br />
Das Szenische Lesen macht sehr<br />
gut Textzusammenhänge und vor allem<br />
Entwicklungen und Beziehungen von<br />
Personen sichtbar. Oft zeigt <strong>die</strong> Metho<strong>de</strong><br />
unmittelbar, allein dadurch, dass wir<br />
uns <strong>de</strong>n Text im wörtlichen Sinn vor<br />
Augen stellen, wohin uns eine biblische<br />
Erzählung bewegen will.<br />
Bei <strong>de</strong>r Ergänzungsmöglichkeit<br />
durch eigene Gedanken und Gefühle<br />
muss <strong>de</strong>r Lehrer/<strong>die</strong> Lehrerin damit<br />
rechnen, dass bei <strong>de</strong>n Schüler/-innen<br />
bislang verdrängte innere Erfahrungen<br />
aufbrechen können. Der Lehrer, <strong>die</strong><br />
Lehrerin muss daher kompetent genug<br />
sein, junge Menschen zu begleiten, bei<br />
<strong>de</strong>nen persönliche Erfahrungen und<br />
Gefühle aufbrechen und behutsam und<br />
sensibel damit umgehen.<br />
Es ist zu<strong>de</strong>m schwierig und erfor<strong>de</strong>rt<br />
große pädagogische und psychologische<br />
Kompetenz <strong>de</strong>s Lehrers/<strong>de</strong>r<br />
Lehrerin, nach <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r Erzählung<br />
mit <strong>de</strong>n Schülern/-innen auszuwerten,<br />
welcher Art ihre eigenen<br />
Projektionen im Vergleich zum Text<br />
sind. Bei <strong>de</strong>r Ergänzungsmöglichkeit<br />
besteht daher <strong>die</strong> Gefahr, dass <strong>die</strong> subjektiven<br />
Äußerungen <strong>de</strong>r Schülerinnen<br />
und Schüler als Textbotschaft missverstan<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n können.<br />
4. Praxisbeispiel: Der gestohlene<br />
Segen (Gen 27)<br />
Um <strong>die</strong> Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Szenischen<br />
Lesens zu illustrieren, soll abschließend<br />
ein Praxisbeispiel skizziert wer<strong>de</strong>n: Der<br />
„gestohlene Segen“ und seine Auswirkungen<br />
auf das Familiengefüge.<br />
Rollen: Isaak, Rebekka, Jakob und<br />
Esau.<br />
Das Szenische Lesen führt gut <strong>die</strong><br />
Verän<strong>de</strong>rungen im Familiengefüge vor<br />
Augen:<br />
– Die Ausgangsposition zeigt eine<br />
enge Beziehung zwischen <strong>de</strong>m Vater<br />
Isaak und <strong>de</strong>m Erstgeborenen<br />
Esau sowie eine zwischen Mutter<br />
Rebekka und <strong>de</strong>m Zweitgeborenen<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Jakob. Letztere setzt sich schließlich<br />
durch, weshalb <strong>de</strong>r Text mit<br />
<strong>die</strong>ser en<strong>de</strong>t; das spannungsreiche<br />
Geschehen entwickelt sich also auf<br />
<strong>die</strong>se Konstellation zu.<br />
– Der „Patriarch“ Isaak bewegt sich<br />
selber nicht vom Platz, son<strong>de</strong>rn lässt<br />
alle zu sich kommen; gera<strong>de</strong> dadurch<br />
ist aber sein Aktionsradius im Vergleich<br />
zu <strong>de</strong>m Rebekkas sehr klein.<br />
– Im Unterschied zu Isaak ist Jakob<br />
ständig in Bewegung, aber immer<br />
in Zuordnung auf Bezugspersonen<br />
hin (Rebekka, Isaak), in<strong>de</strong>m er <strong>die</strong><br />
ihm gegebenen Handlungsanweisungen<br />
ausführt. Die absolute Hörigkeit<br />
Jakobs auf Rebekka hin<br />
kommt in seinen Gesten sehr gut<br />
zum Ausdruck. Auch beim Vater tut<br />
er nur, was ihm gesagt wird.<br />
– Esau bewegt sich zunächst nur<br />
vom Vater her und auf <strong>de</strong>n Vater zu.<br />
Als ihm <strong>de</strong>r Vater nichts mehr zu<br />
geben hat, lebt er seine Aggression<br />
gegen <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r (eigenständig?)<br />
aus; er wen<strong>de</strong>t sich aber nicht gegen<br />
<strong>de</strong>n Vater.<br />
– Fast alle Impulse im Text gehen<br />
ausschließlich von Rebekka aus.<br />
Sie will auch <strong>die</strong> Folgen tragen (<strong>de</strong>n<br />
Fluch Gottes). Selbst am Schluss<br />
bemerkt sie als erste <strong>die</strong> Mordabsichten<br />
Esaus und weiß wie<strong>de</strong>r <strong>die</strong><br />
Lösung, <strong>de</strong>r Jakob folgen soll: <strong>die</strong><br />
Flucht zu ihrem Bru<strong>de</strong>r Laban.<br />
Diese Beobachtungen können im<br />
Gespräch aufgegriffen und zu <strong>de</strong>n Konsequenzen<br />
<strong>de</strong>s Betrugs weitergeführt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
– Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Textes stehen alle Familienmitglie<strong>de</strong>r<br />
isoliert da:<br />
– Jakob ist auf <strong>de</strong>r Flucht.<br />
– Rebekka, <strong>die</strong> alles für ihren Lieblingssohn<br />
tat, bleibt alleine zurück,<br />
entfrem<strong>de</strong>t von ihrem Mann und<br />
von ihrem ersten Sohn, <strong>die</strong> sie bei<strong>de</strong><br />
hintergangen hat.<br />
– Esau ist draußen, vom Vater im<br />
Stich gelassen (<strong>de</strong>r sich an <strong>die</strong> Normen<br />
hält und nur einen Segen vergibt),<br />
von <strong>de</strong>r Mutter hintergangen,<br />
vom Bru<strong>de</strong>r ausgestochen.<br />
– Isaak kann seiner Frau (und seinem<br />
jüngeren Sohn) nicht mehr trauen;<br />
<strong>de</strong>n Erstgeborenen, <strong>de</strong>r ihm nahe<br />
stand, hat er enttäuscht und (unabsichtlich)<br />
<strong>de</strong>ssen beraubt, was er<br />
ihm mitgeben wollte.<br />
– Folgerichtig bricht das Familiengefüge<br />
auseinan<strong>de</strong>r: Jakob flieht,<br />
Esau geht später weg. Dies birgt<br />
– trotz schmerzhafter Prozesse –<br />
aber zugleich <strong>die</strong> Chance zur Neuund<br />
Weiterentwicklung.<br />
Dr. Gabriele Theuer ist Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Lehrstuhl für<br />
Religionspädagogik <strong>de</strong>r Johann Wolfgang<br />
Goethe-Universität, Frankfurt.<br />
Literatur<br />
W. Bos u.a. (Hg.): Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen<br />
am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vierten Jahrgangsstufe im internationalen<br />
Vergleich, Münster 2003.<br />
Vgl. <strong>de</strong>rs.: Erste Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen<br />
am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vierten Jahrgangsstufe im internationalen<br />
Vergleich. Zusammenfassung ausgewählter Ergebnisse:<br />
http://www.erzwiss.uni-hamburg.<strong>de</strong>/IGLU/home.html.<br />
Grundmann, Hilmar: Die Ergebnisse <strong>de</strong>r PISA-Stu<strong>die</strong><br />
als Herausfor<strong>de</strong>rung für <strong>de</strong>n Religionsunterricht:<br />
www.rpi-loccum.<strong>de</strong>/pisagru.html, 27.03.2003.<br />
Hecht, Anneliese: Bibel erfahren. Metho<strong>de</strong>n ganzheitlicher<br />
Bibelarbeit, Stuttgart 2001.<br />
Kaspar H. Spinner: Lesekompetenz – Was untersuchte<br />
IGLU und was nicht? in: „Und nun also IGLU“, April<br />
2003, S. 10-12.
Drehbuch: Bibel<br />
Biblische Geschichten als Filmerzählungen Franz Günther Weyrich<br />
„Ich suche einen guten Film über<br />
das Leben Jesu. Meine Schüler wissen<br />
immer weniger über ihre Religion, und<br />
auch von <strong>de</strong>n grundlegen<strong>de</strong>n Texten<br />
aus <strong>de</strong>r Bibel kann ich kaum noch<br />
Kenntnisse voraussetzen. Die biblischen<br />
Texte im Unterricht zu lesen, ist<br />
auch nur sehr begrenzt möglich; sie<br />
gelten als schwer und wenig interessant.<br />
Da wäre ein Film sicher eine gute<br />
und auch bei Schülern beliebte Alternative,<br />
und sie bekämen so in relativ kurzer<br />
Zeit einen umfassen<strong>de</strong>n Überblick<br />
über das Leben Jesu.“<br />
Solche und ähnliche Anfragen sind<br />
in Me<strong>die</strong>nstellen zunehmend häufiger<br />
zu hören. Und als Verantwortlicher für<br />
eine solche Stelle wird man entsprechen<strong>de</strong><br />
Materialien bereithalten und<br />
seine „Kundschaft“ be<strong>die</strong>nen können.<br />
Nicht nur <strong>die</strong> Evangelientexte <strong>de</strong>s Neuen<br />
Testaments, auch viele alttestamentliche<br />
Erzählungen sind inzwischen<br />
Filmstoffe gewor<strong>de</strong>n. Von ersten kurzen<br />
Filmen über das Leben Jesu noch<br />
aus <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rtagen <strong>de</strong>s Kinos über <strong>die</strong><br />
monumentalen Bibelfilme <strong>de</strong>s amerikanischen<br />
Films <strong>de</strong>r 50er und 60er Jahre<br />
bis hin zu <strong>de</strong>m bislang umfassendsten<br />
Projekt, <strong>de</strong>r Verfilmung <strong>de</strong>r Bibel von<br />
<strong>de</strong>r Genesis bis zur Apostelgeschichte,<br />
ist mittlerweile fast <strong>de</strong>r gesamte Kosmos<br />
biblischer Geschichten auch auf<br />
Zelluloid (bzw. Vi<strong>de</strong>oband) gebannt.<br />
An Material mangelt es also nicht.<br />
Doch ich muss gestehen (das soll aber<br />
nieman<strong>de</strong>n von solchen Anfragen abhalten),<br />
keiner <strong>die</strong>ser Filme ist ein<br />
wirklich geeignetes Material für eine<br />
solche Anfrage. Das heißt nicht, dass<br />
solche Filme nicht sinnvoll im Religionsunterricht<br />
einzusetzen wären, aber<br />
eben nicht als „Ersatz“ für biblische<br />
Texte. An<strong>de</strong>rs gesagt: Ohne <strong>die</strong> Bibel<br />
geht es nicht, und wenn Spielfilme (und<br />
nur um solche geht es hier) in <strong>die</strong>sen<br />
Zusammenhängen Verwendung fin<strong>de</strong>n,<br />
dann als „Kontrast- o<strong>de</strong>r Vergleichs-<br />
König <strong>de</strong>r Könige © Cinetext<br />
Folie“ für Bibeltexte. Filme können dabei<br />
<strong>de</strong>n Blick schärfen für <strong>de</strong>n Charakter<br />
<strong>die</strong>ser Texte als Offenbarungstexte<br />
und vielleicht auch neu motivieren, sie<br />
(wie<strong>de</strong>r) zu lesen. Wenn <strong>die</strong>s gelänge,<br />
so wäre <strong>die</strong>s viel – Filme sind aber keine<br />
Alternative zur biblischen Lektüre<br />
und auch als Material zur Information<br />
über biblische Personen m.E. nur begrenzt<br />
brauchbar. Für <strong>die</strong> Frage, welcher<br />
Film für <strong>de</strong>n Unterricht geeignet<br />
und wie bzw. mit welcher Zielsetzung<br />
er einzusetzen ist, scheint es mir sinnvoll,<br />
das Verhältnis Bibeltext/Film näher<br />
zu bestimmen. Dabei lassen sich<br />
zumin<strong>de</strong>st drei Gruppen von Filmen<br />
ausmachen.<br />
1. Die Bibel als Filmerzählung –<br />
Die klassischen Bibelfilme<br />
Fragt man nach bekannten Bibelfilmen<br />
so wür<strong>de</strong> man wohl Filmtitel wie<br />
DIE BIBEL (I 1965), DIE 10 GEBOTE<br />
(USA 1925 bzw. 1956), KÖNIG DER KÖ-<br />
NIGE (USA 1960), DIE GRÖßTE GE-<br />
SCHICHTE ALLER ZEITEN (USA 1963)<br />
o<strong>de</strong>r auch JESUS VON NAZARETH (I 1989)<br />
und KÖNIG DAVID (USA 1984) genannt<br />
bekommen. Allen <strong>die</strong>sen Filmen ist gemeinsam,<br />
dass sie biblische Texte<br />
gleichsam als Vorlage für ein Drehbuch<br />
benutzen, das dann in Bil<strong>de</strong>r umgesetzt<br />
wird. Das heißt, aus erzählen<strong>de</strong>n Texten<br />
wird eine Filmerzählung, eine<br />
Handlung wird in dramatische Bil<strong>de</strong>r<br />
umgesetzt. Man sollte sich dabei bewusst<br />
machen, worin das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Kriterium für Auswahl und Umsetzung<br />
<strong>de</strong>r biblischen Texte liegt: Es geht<br />
hier we<strong>de</strong>r darum, so etwas wie einen<br />
historisch korrekten Ablauf von Ereignissen<br />
darzustellen (und das hat sicher<br />
nichts mit <strong>de</strong>m Scheitern <strong>de</strong>r „Leben-<br />
Jesu-Forschung“ zu tun), noch geht es<br />
darum, <strong>die</strong> Botschaft, das Kerygma<br />
biblischer Texte im Medium Film zu<br />
vermitteln (vermutlich kennt keiner <strong>de</strong>r<br />
Drehbuchautoren <strong>de</strong>n Namen Rudolf<br />
Bultmann). Die zentralen Kriterien<br />
sind keine theologischen o<strong>de</strong>r religionspädagogischen,<br />
son<strong>de</strong>rn dramaturgische:<br />
Es geht darum, aus <strong>de</strong>m Stoff<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
127
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
128<br />
Bibel – Die Schöpfung © Cinetext<br />
einen Film zu machen, <strong>de</strong>r unterhaltsam,<br />
spannend, bewegend ist und <strong>de</strong>r<br />
<strong>die</strong> Menschen ins Kino, weniger aber in<br />
<strong>die</strong> Kirche lockt. Damit ist auch aus<br />
solchen Filmen direkt we<strong>de</strong>r historisch<br />
noch theologisch etwas für einen Religionsunterricht<br />
zu erheben. Wohl aber<br />
kann man mit spezifischen Fragestellungen<br />
an einen Vergleich Film – Bibeltext<br />
herangehen: Welches Gottesbild ist<br />
jeweils erkennbar? Welche Gottesbeziehung?<br />
Welche Funktion/Be<strong>de</strong>utung<br />
haben Wun<strong>de</strong>r, und wie wer<strong>de</strong>n sie verstan<strong>de</strong>n/dargestellt?<br />
Worin besteht das<br />
„Außergewöhnliche“ einer Figur / <strong>de</strong>r<br />
Person Jesus? u.v.m. Eine solche Vorgehensweise<br />
hat nicht nur eine religionspädagogische,<br />
son<strong>de</strong>rn auch eine<br />
me<strong>die</strong>nkritische bzw. -pädagogische<br />
Dimension, insofern als dadurch <strong>de</strong>utlich<br />
wer<strong>de</strong>n kann, dass <strong>die</strong> Umsetzung<br />
eines Stoffes in ein an<strong>de</strong>res Medium<br />
immer zugleich auch Auswirkungen<br />
auf <strong>de</strong>ssen „Inhalte“ hat.<br />
Das Gesagte gilt auch, wenngleich<br />
mit Einschränkungen, für zwei Filme,<br />
<strong>die</strong> man sicher auch als Bibelfilme im<br />
besagten Sinn bezeichnen kann, <strong>die</strong><br />
aber wohl kaum als rein kommerzielle<br />
Produkte verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können.<br />
Sie sind m.E. <strong>die</strong> mit Abstand interessantesten<br />
Bibelfilme. Die Re<strong>de</strong> ist von<br />
DAS ERSTE EVANGELIUM NACH MATTHÄUS<br />
(I/F 1964) von Pier Paolo Pasolini und<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
DER MESSIAS (I/F 1975) von Roberto<br />
Rosselini. Bei<strong>de</strong> liefern eine sehr spezifische<br />
und individuelle Deutung <strong>de</strong>r<br />
Person Jesus von Nazareth, <strong>die</strong> aber<br />
vielleicht weniger an <strong>de</strong>r Botschaft <strong>de</strong>r<br />
Texte als an <strong>de</strong>r Persönlichkeit <strong>de</strong>s<br />
Künstlers orientiert ist. Pasolinis Film<br />
bietet darüber hinaus <strong>de</strong>n Vorzug, sich<br />
auf einen Evangelientext zu beschränken.<br />
Auch hier wird man mit einem<br />
Vergleich unter einer übergeordneten<br />
Fragestellung (Jesusbild <strong>de</strong>s Films –<br />
<strong>de</strong>s Evangeliums) sinnvoll arbeiten<br />
können, jedoch ist <strong>die</strong>s wohl nur in <strong>de</strong>r<br />
Sek II leistbar. Zu<strong>de</strong>m sind bei<strong>de</strong> Filme<br />
zwar ästhetisch reizvoller, aber wesentlich<br />
„undramatischer“ als <strong>die</strong> genannten<br />
und damit für viele Schüler „unattraktiver“.<br />
2. Die Bibel im Film erzählt –<br />
Genesis von Ermanno Olmi<br />
Bei <strong>de</strong>r eingangs erwähnten Reihe<br />
von Bibelverfilmungen von <strong>de</strong>r Genesis<br />
bis zum Neuen Testament, von <strong>de</strong>r<br />
mehrere Filme bereits im <strong>de</strong>utschen<br />
Fernsehen zu sehen waren, nimmt <strong>de</strong>r<br />
erste eine Son<strong>de</strong>rstellung ein: Der Film<br />
GENESIS (D/I 1993), unter <strong>de</strong>r Regie <strong>de</strong>s<br />
italienischen Regisseurs Ermanno Olmi,<br />
überwiegend in Marokko gedreht,<br />
nähert sich <strong>de</strong>m narrativen und theolo-<br />
gischen Kosmos <strong>de</strong>s Buches Genesis<br />
auf eine für einen Spielfilm ungewöhnliche<br />
Weise. Olmi, <strong>de</strong>r mit Dokumentarfilmen<br />
seine Laufbahn begann, trat<br />
ab En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 50er Jahre mit Spielfilmen<br />
auf, <strong>die</strong> <strong>de</strong>m italienischen Neorealismus<br />
verpflichtet waren und zunehmend<br />
auch <strong>de</strong>zi<strong>die</strong>rt religiöse, christliche<br />
Themen aufgriffen. Vielleicht ist<br />
<strong>die</strong>s auch <strong>de</strong>r biographische Hintergrund<br />
für seine Herangehensweise an<br />
<strong>die</strong> Erzählungen <strong>de</strong>s Buches Genesis.<br />
Auf <strong>de</strong>n ersten Blick sind es zwei<br />
Momente, mit <strong>de</strong>nen sich Olmis Film<br />
von an<strong>de</strong>ren Bibelverfilmungen absetzt.<br />
Zum einen macht Olmi sie als Erzählungen<br />
kenntlich: Von <strong>de</strong>n Schöpfungsgeschichten<br />
bis zu Noah und <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sschluss<br />
erzählt ein alter Noma<strong>de</strong> einem<br />
Hirtenjungen. Damit verweist Olmi<br />
nicht nur auf <strong>die</strong> Erzähltraditionen <strong>die</strong>ser<br />
Geschichten, son<strong>de</strong>rn konterkariert damit<br />
zugleich auch jenen „dramaturgischen<br />
Naturalismus“, <strong>de</strong>r klassischen<br />
Bibelverfilmungen (und auch <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />
Filme <strong>die</strong>ser Reihe) eigen ist.<br />
Obwohl Kain o<strong>de</strong>r Noah beispielsweise<br />
im Film als Personen zu sehen sind, wer<strong>de</strong>n<br />
sie vom Zuschauer wohl kaum in <strong>de</strong>r<br />
sonst üblichen Weise mit <strong>de</strong>n biblischen<br />
Figuren, von <strong>de</strong>nen <strong>die</strong> Texte erzählen,<br />
i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n. Dass <strong>die</strong>s gelingt,<br />
hat aber auch mit <strong>de</strong>m zweiten beson<strong>de</strong>ren<br />
Moment <strong>de</strong>s Films zu tun. Olmi setzt<br />
<strong>die</strong> Erzählungen nicht in <strong>de</strong>r gängigen<br />
Weise in Film-Handlung um. Seine Erzählweise<br />
ist sehr zurückgenommen und<br />
undramatisch (so ist beispielsweise <strong>de</strong>r<br />
Bru<strong>de</strong>rmord gar nicht im Bild zu sehen),<br />
und er durchbricht <strong>de</strong>n narrativen Fluss<br />
immer wie<strong>de</strong>r durch Naturaufnahmen,<br />
aber auch mit assoziativen Bil<strong>de</strong>rn aus<br />
<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Welt. Der ikonographische<br />
Kosmos <strong>de</strong>r Erzählungen wird immer<br />
wie<strong>de</strong>r aufgebrochen und damit <strong>die</strong><br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Erzählungen vom Damals<br />
ins Heute verlagert: Was über <strong>de</strong>n<br />
„Anfang“ erzählt wird, sagt weniger etwas<br />
über <strong>de</strong>n „Hergang“, son<strong>de</strong>rn über<br />
<strong>de</strong>n „Fortgang“, ja über <strong>de</strong>n „Ausgang“<br />
<strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Menschen und <strong>de</strong>r<br />
Welt mit Gott.<br />
Es ist hier nicht <strong>de</strong>r Raum <strong>die</strong> theologischen<br />
Linien und <strong>die</strong> ästhetische
Konzeption <strong>de</strong>s Films nachzuzeichnen 1 ,<br />
aus religionspädagogischer Perspektive<br />
sei an <strong>die</strong>ser Stelle aber noch Folgen<strong>de</strong>s<br />
angemerkt: Den Film im Ganzen<br />
im Unterricht einzusetzen, setzt ein<br />
interessiertes und aufnahmefähiges Publikum<br />
voraus. Der eher meditative<br />
<strong>de</strong>nn dramatische Charakter <strong>de</strong>s Films<br />
erfor<strong>de</strong>rt schon eine <strong>de</strong>utliche Bereitschaft,<br />
sich auf eine bildstarke, aber<br />
handlungsarme Konzeption einzulassen.<br />
Für eine Erarbeitung <strong>de</strong>r theologischen<br />
Fragen ist <strong>de</strong>r Film aber m.E.<br />
sehr gut geeignet. Dies wird wohl nur<br />
in <strong>de</strong>r Sek II zu leisten sein. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Seite scheint es mir aber auch gut<br />
möglich, <strong>de</strong>n Film nur in einzelnen Abschnitten<br />
einzusetzen. Durch seine im<br />
Kern klare Glie<strong>de</strong>rung (Schöpfung –<br />
Para<strong>die</strong>s – Kain und Abel – Noah) und<br />
<strong>de</strong>n weitgehen<strong>de</strong>n Verzicht auf durchgängige<br />
Figuren und <strong>de</strong>ren Psychologisierung<br />
kann man auch mit solchen<br />
„Bruchstücken“ im RU arbeiten. Dies<br />
wird wahrscheinlich sogar auch im Bereich<br />
<strong>de</strong>r Primarstufe möglich sein, wo<br />
<strong>die</strong> Schönheit <strong>de</strong>r Film-Bil<strong>de</strong>r noch<br />
einmal eine ganz eigene Wirkung entfalten<br />
kann.<br />
3. Die Bibel als Folie für <strong>die</strong><br />
Filmerzählung –<br />
NAZARIN von Luis Buñuel<br />
Filme <strong>die</strong>ser Kategorie sind sicher<br />
keine „Bibelfilme“ im engeren Sinn.<br />
Hier geht es nicht darum, eine biblische<br />
Erzählung in eine dramatische Filmhandlung<br />
umzusetzen, son<strong>de</strong>rn <strong>die</strong> Verbindung<br />
zwischen Film und Text ist<br />
wesentlich indirekter. Nicht selten bedarf<br />
es beim Zuschauer mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />
umfangreicher Bibelkenntnisse,<br />
um eine solche Verbindung überhaupt<br />
herzustellen. In <strong>die</strong>se Kategorie gehören<br />
etwa Filme wie JESUS VON MONTREAL<br />
(Kan. 1989) von Denys Arcand, DIE<br />
LETZTE VERSUCHUNG CHRISTI (USA<br />
1988) von Martin Scorsese, THE GAR-<br />
DEN (GB/BRD 1989) von Derek Jarman,<br />
MARIA UND JOSEF (F 1985) von<br />
Jean-Luc Godard, <strong>de</strong>r DEKALOG-FILM-<br />
ZYKLUS (Pol./BRD 1988) von Krzysztof<br />
Kieslowski und nicht zuletzt auch<br />
Monty Pythons DAS LEBEN DES BRIAN<br />
(GB 1970) von Terry Jones, <strong>de</strong>r wie<br />
auch Scorseses Verfilmung <strong>de</strong>s Katzantzakis-Romans<br />
häufig als Bibelfilm<br />
missverstan<strong>de</strong>n <strong>wur<strong>de</strong></strong>.<br />
Filme <strong>die</strong>ser Kategorie liefern m. E.<br />
<strong>die</strong> mit Abstand interessantesten Ansatzpunkte<br />
für <strong>de</strong>n Religionsunterricht.<br />
Dabei sollte man sich als Religionslehrer<br />
allerdings eine Frage ganz zu Beginn<br />
<strong>de</strong>r Vorbereitung stellen: Ist das<br />
Verhältnis Film/Bibel ein eher affirmatives<br />
o<strong>de</strong>r ein adversatives? An<strong>de</strong>rs gesagt:<br />
Eröffnet <strong>de</strong>r Film für Zuschauer/<br />
-innen/<strong>die</strong> Schüler/-innen Zugänge zur<br />
biblischen Botschaft, o<strong>de</strong>r steht <strong>de</strong>r<br />
Film in Kontrast zur christlichen Deutung<br />
<strong>de</strong>r Texte bzw. kann er als Kritik<br />
an ihr verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n? Damit soll<br />
jedoch nicht suggeriert wer<strong>de</strong>n, dass eine<br />
Zuordnung zur zweiten Gruppe gegen<br />
einen Einsatz im Unterricht spricht,<br />
wohl aber, dass mit einem solchen Film<br />
an<strong>de</strong>rs im Unterricht gearbeitet wer<strong>de</strong>n<br />
muss. Auch sollte man sich in <strong>de</strong>r Beantwortung<br />
<strong>die</strong>ser Frage nicht vorschnell<br />
am Urteil einer Kritik orientieren,<br />
<strong>die</strong> ausschließlich <strong>de</strong>ssen dogmatische<br />
o<strong>de</strong>r historische „Korrektheit“ beurteilt.<br />
Ein Film wie MARIA UND JOSEF,<br />
heftig angefein<strong>de</strong>t ob seiner vermeintlich<br />
blasphemischen Darstellung einer<br />
nackten Maria, ist we<strong>de</strong>r obszön noch<br />
blasphemisch, son<strong>de</strong>rn eine sensible<br />
und virtuose Meditation über das Geheimnis<br />
<strong>de</strong>r Schöpfung und <strong>de</strong>s Lebens<br />
wie <strong>de</strong>r Liebe, <strong>die</strong> <strong>de</strong>r biblischen Botschaft<br />
allemal näher ist als <strong>de</strong>r Bibelkitsch<br />
mancher unverdächtiger Filme.<br />
Eine Romanverfilmung wie DIE LETZTE<br />
VERSUCHUNG CHRISTI, auch <strong>die</strong>se heftig<br />
kritisiert wegen einer nicht züchtig<br />
verhüllten Maria und <strong>de</strong>r so ganz „unbiblischen“<br />
Versuchungsvision <strong>de</strong>s sterben<strong>de</strong>n<br />
Christus am Kreuz, ist – bei allen<br />
Schwächen – vielleicht näher und<br />
allemal konkreter am Geheimnis <strong>de</strong>s<br />
„wahren Menschenseins Jesu Christi“<br />
als <strong>die</strong> entrückten und aseptischen Jesusdarstellungen<br />
an<strong>de</strong>rer Filme. Und<br />
nicht zuletzt: Selbst ein Film wie Monty<br />
Pythons DAS LEBEN DES BRIAN, bei<br />
<strong>de</strong>m ich <strong>de</strong>n Vorwurf <strong>de</strong>r Blasphemie<br />
zwar nicht teilen, wohl aber noch am<br />
ehesten nachvollziehen kann, liefert in<br />
seinen stärksten Momenten eine Kritik<br />
an bestimmten Erscheinungsformen <strong>de</strong>r<br />
Religion, <strong>die</strong> auch <strong>de</strong>r dogmatisch geschulte<br />
Christ nachvollziehen und nachsprechen<br />
kann.<br />
Aus <strong>die</strong>ser zweiten Abteilung – Filme,<br />
<strong>die</strong> biblische Texte in (religions-)<br />
kritischer Absicht aufgreifen – sei nun<br />
einer etwas ausführlicher vorgestellt,<br />
<strong>de</strong>r m.E. zu ganz verschie<strong>de</strong>nen Themen<br />
<strong>de</strong>s RU sinnvoll eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />
kann und <strong>de</strong>r vermutlich wenig be-<br />
Nazarin © Cinetext<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
129
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
130<br />
kannt ist. Es han<strong>de</strong>lt sich um <strong>de</strong>n Film<br />
NAZARIN <strong>de</strong>s spanischen Regisseurs<br />
Luis Buñuel. Buñuel, <strong>de</strong>r sich in seiner<br />
Autobiographie einmal als „Atheist<br />
von Gottes Gna<strong>de</strong>n“ bezeichnet hat,<br />
galt noch bis vor wenigen Jahrzehnten<br />
als Regisseur, <strong>de</strong>ssen Filme von kirchlichen<br />
Stellen als für <strong>de</strong>n Katholiken<br />
„abzuraten“ bezeichnet <strong>wur<strong>de</strong></strong>n. In <strong>de</strong>r<br />
Tat sind Kritik, ja Spott gegenüber Kirche<br />
und Christentum Motive, <strong>die</strong> fast<br />
alle Filme Buñuels durchziehen, häufig<br />
eher am Ran<strong>de</strong>, in einigen Fällen aber<br />
auch zentrale Elemente seiner Filme,<br />
so etwa in SIMON IN DER WÜSTE, DIE<br />
MILCHSTRASSE o<strong>de</strong>r VIRIDIANA.<br />
Von <strong>die</strong>sen Filmen unterschei<strong>de</strong>t<br />
sich NAZARIN wohl vor allem dadurch,<br />
dass Buñuel sich hier sehr ernsthaft und<br />
tiefgründig mit <strong>de</strong>m Christentum auseinan<strong>de</strong>rsetzt<br />
und zwar sowohl im Hinblick<br />
auf seine „sichtbare Erscheinungsform“,<br />
<strong>die</strong> Kirche, als auch in Bezug<br />
auf <strong>de</strong>ren I<strong>de</strong>ale und Ansprüche. Es ist<br />
leicht, eine solche Kirchenkritik von<br />
<strong>de</strong>r Differenz zwischen Anspruch und<br />
Wirklichkeit her zu formulieren (und<br />
vielleicht auch ebenso leicht, <strong>die</strong>se Kritik<br />
„abzutun“), schwieriger hingegen,<br />
wenn sie das I<strong>de</strong>al, <strong>de</strong>n Anspruch selbst<br />
berührt, noch dazu in einem Bereich,<br />
<strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> auch von außen betrachtet<br />
eine <strong>de</strong>r großen Stärken <strong>de</strong>r christlichen<br />
Kirchen ausmacht: ihr soziales<br />
Engagement, ihre karitative Arbeit.<br />
Genau das tut Buñuel, und das macht<br />
m.E. seinen Film, trotz einer gewissen<br />
Patina, <strong>die</strong> er nach über 45 Jahren natürlich<br />
angesetzt hat, noch immer aktuell<br />
und be<strong>de</strong>nkenswert.<br />
Haupt- und Titelfigur <strong>de</strong>s Films, <strong>de</strong>r<br />
1958 in Mexiko produziert und auf <strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong>n Filmfestspielen in Cannes<br />
prämiert <strong>wur<strong>de</strong></strong>, ist ein katholischer<br />
Priester, Padre Nazario, <strong>de</strong>r im Armenviertel<br />
eines Dorfes irgendwo in Mexiko<br />
gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
lebt. Deutlich setzt Buñuel <strong>die</strong>se Figur<br />
von an<strong>de</strong>ren Priester-Figuren seines<br />
Films ab: Nazario verzichtet auf je<strong>de</strong>n<br />
unnützen Besitz und erst Recht auf<br />
Reichtümer. Alles was er bekommt und<br />
nicht zum Leben braucht, gibt er <strong>de</strong>n<br />
Armen, <strong>die</strong> beständig vor seiner Tür<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
stehen. Er hat dadurch schon einen gewissen<br />
Ruf, so dass sich gelegentlich<br />
auch einmal Angehörige <strong>de</strong>r Oberschicht,<br />
<strong>de</strong>r Politik in <strong>die</strong>sem Viertel sehen<br />
lassen, um sich <strong>die</strong>sen „seltsamen<br />
Heiligen“ aus <strong>de</strong>r Nähe anzusehen,<br />
nicht ohne abschließend eine Spen<strong>de</strong> zu<br />
hinterlassen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ser dann entwe<strong>de</strong>r<br />
sogleich an einen Bettler weitergibt<br />
o<strong>de</strong>r sich stehlen lässt. Eines Tages steht<br />
Andara, eine Prostituierte, vor <strong>de</strong>r Tür.<br />
Sie hat in einem Streit mit einer Kollegin<br />
<strong>die</strong>se nie<strong>de</strong>rgestochen und <strong>wur<strong>de</strong></strong><br />
selbst dabei verletzt. Nun bittet sie Nazario<br />
um Zuflucht. Nur wi<strong>de</strong>rwillig<br />
nimmt Nazaio sie auf und auch nur bis<br />
sie wie<strong>de</strong>r gesund ist, vielleicht auch in<br />
<strong>de</strong>r Hoffnung, <strong>die</strong>se „Sün<strong>de</strong>rin“ zu einem<br />
besseren Leben bekehren zu können.<br />
Doch das ungleiche Paar bleibt<br />
nicht unent<strong>de</strong>ckt. Bald spricht man<br />
schon davon, dass ein Pater mit einer<br />
Prostituierten unter einem Dach lebt.<br />
Um einer Ent<strong>de</strong>ckung durch <strong>die</strong> Polizei<br />
zuvor zu kommen, flüchtet Andara und<br />
vernichtet alle Spuren in <strong>de</strong>r Wohnung,<br />
in<strong>de</strong>m sie <strong>die</strong>se in Brand steckt. Hilfe<br />
bei <strong>die</strong>ser Brandstiftung, wenn auch unfreiwillige,<br />
erhält sie dabei von einer<br />
jungen Frau aus <strong>de</strong>r Nachbarschaft.<br />
Beatriz lei<strong>de</strong>t unter <strong>de</strong>r schroffen Zurückweisung<br />
ihres Geliebten – ein Macho<br />
reinsten Wassers –, <strong>de</strong>m sie offenbar<br />
nicht willig genug ist, weshalb sie<br />
schon einen (wenngleich eher halbherzigen)<br />
Selbstmordversuch verübt hat.<br />
Nach <strong>de</strong>m Brand wird Padre Nazario<br />
vor seinen Vorgesetzten, Don Angel, zitiert,<br />
gut situiert und angesehen, <strong>de</strong>r ihm<br />
eine Tasse Schokola<strong>de</strong> anbietet, um ihm<br />
dann zu eröffnen, dass er das Dorf zu<br />
verlassen habe. Er persönlich wisse<br />
zwar um Nazarios Unschuld, doch aufgrund<br />
<strong>de</strong>r Umstän<strong>de</strong> sei er nicht länger<br />
als Priester tragbar. Er wer<strong>de</strong> zwar nicht<br />
seines Amtes enthoben, dürfe sich aber<br />
nicht als Priester zu erkennen geben.<br />
Nazario lässt <strong>die</strong> Tasse Schokola<strong>de</strong> unberührt<br />
stehen und geht – gehorsam und<br />
ohne erkennbaren Groll.<br />
Erste Station auf seiner nun folgen<strong>de</strong>n<br />
Wan<strong>de</strong>rschaft, <strong>die</strong> Buñuel zunehmend<br />
als Kreuzweg inszeniert, ist eine<br />
Gruppe Bauarbeiter. Nazario bittet um<br />
Arbeit, und als <strong>de</strong>r Vorarbeiter ihm kein<br />
Geld zusagen kann, bietet Nazario an,<br />
für ein warmes Essen zu arbeiten. Dies<br />
ruft <strong>de</strong>n Groll <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Arbeiter hervor:<br />
Es herrscht große Arbeitslosigkeit<br />
und ein Mann, <strong>de</strong>r nur für Essen arbeitet,<br />
verdirbt nicht nur <strong>die</strong> Löhne, son<strong>de</strong>rn<br />
verhin<strong>de</strong>rt auch, dass an<strong>de</strong>re Arbeit fin<strong>de</strong>n.<br />
Die Arbeiter machen ihm versteckt<br />
aber <strong>de</strong>utlich klar, dass er hier nicht erwünscht<br />
sei, und Nazario verlässt <strong>die</strong><br />
Baustelle. Nach <strong>de</strong>ssen Abgang stellt <strong>de</strong>r<br />
Aufseher seine Arbeiter zur Re<strong>de</strong> und<br />
zieht schließlich auch eine Pistole. Pater<br />
Nazario, schon weit weg vom Geschehen,<br />
hört aus <strong>de</strong>r Ferne einen Schuss.<br />
Auf seinem Weg trifft er auch Beatriz<br />
und Andara wie<strong>de</strong>r, <strong>die</strong> sich ihm<br />
anschließen. Obwohl er ihre Begleitung<br />
ablehnt, geben sie nicht auf, und<br />
ihm gelingt es nicht, sie abzuschütteln.<br />
Andara bittet ihn zu einem kranken<br />
Kind in ihrem Dorf: Er solle ein „Wun<strong>de</strong>r“<br />
wirken und es wie<strong>de</strong>r gesund machen.<br />
Nazario, <strong>de</strong>r um <strong>die</strong> „Wun<strong>de</strong>rund<br />
Abergläubigkeit“ <strong>de</strong>r Menschen<br />
weiß, lehnt <strong>die</strong>s zunächst ab, erklärt<br />
sich aber dann doch bereit, am Bett <strong>de</strong>s<br />
Kin<strong>de</strong>s um Gottes Hilfe zu beten. Dort<br />
angekommen, sieht er sich mit Befrem<strong>de</strong>n<br />
zunehmend in <strong>die</strong> Rolle eines<br />
Wun<strong>de</strong>rheilers gedrängt, und alle Bemühungen,<br />
Gott als <strong>de</strong>n „einzigen, <strong>de</strong>r<br />
<strong>die</strong>ses Kind retten kann“, darzustellen,<br />
scheitern letztlich. Als das Kind am<br />
nächsten Tag wie<strong>de</strong>r gesund ist, ist Nazario<br />
für alle <strong>de</strong>r „Wun<strong>de</strong>rheiler“.<br />
Nächste Station auf ihrem Weg ist<br />
ein Dorf, in <strong>de</strong>m <strong>die</strong> Pest wütet. Nazario<br />
ist sofort bereit zu helfen, aber Andara<br />
fügt sich nur wi<strong>de</strong>rwillig. Doch sie<br />
können nur wenig tun, <strong>die</strong> meisten<br />
Menschen sind bereits tot. Als Nazario<br />
in einem Haus eine sterben<strong>de</strong> Frau fin<strong>de</strong>t,<br />
will er ihr <strong>die</strong> Beichte abnehmen<br />
und <strong>die</strong> letzte Ölung spen<strong>de</strong>n. Sie aber<br />
verlangt immer nur nach ihrem Geliebten.<br />
Auf seine fast schon verzweifelte<br />
Bitte, zu bereuen, zu beichten, um so<br />
ins ewige himmlische Leben einzugehen,<br />
erhält er nur <strong>die</strong> lapidare Antwort:<br />
„Kein Himmel. Juan!“ Als eben <strong>die</strong>ser<br />
ins Haus tritt, verjagt er <strong>die</strong> ungebetenen<br />
Gäste und umarmt seine Frau.
Doch nicht nur <strong>de</strong>n Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s auch seinen „Jüngerinnen“<br />
Beatriz und Andara versucht er, <strong>die</strong><br />
christliche Botschaft nahezubringen: Er<br />
predigt ihnen von <strong>de</strong>r „reinen Liebe“,<br />
<strong>de</strong>r Liebe, <strong>die</strong> sich auf alle Menschen<br />
richtet. Seine Botschaft von <strong>de</strong>r christlichen<br />
„caritas“ scheint aber nur bei Beatriz<br />
auf fruchtbaren Bo<strong>de</strong>n zu fallen –<br />
für sie scheinbar ein Gegenmo<strong>de</strong>ll zur<br />
„amor“, <strong>die</strong> sie bereits leidvoll erfahren<br />
hat –, während Andara nicht nur vom<br />
Verständnis, son<strong>de</strong>rn auch von <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
her sich damit schwer tut.<br />
Der letzte Teil <strong>de</strong>s Films beginnt<br />
mit <strong>de</strong>r Verhaftung Nazarins und Andaras,<br />
<strong>die</strong> sich ihr mit Gewalt zu wi<strong>de</strong>rsetzen<br />
versucht und von Nazario <strong>de</strong>shalb<br />
zurechtgewiesen wird. Beatriz begleitet<br />
freiwillig „ihren Heiligen“, <strong>de</strong>r auf<br />
<strong>de</strong>m Weg zum Gefängnis <strong>de</strong>m Spott an<strong>de</strong>rer<br />
Mitgefangener ausgesetzt ist. Ein<br />
Vierter im Bun<strong>de</strong> ist Ujo, ein „hässlicher<br />
Zwerg“, <strong>de</strong>r sich in Andara verliebt<br />
hat („du bist hässlich, trotz<strong>de</strong>m<br />
mag ich dich“). Doch <strong>die</strong>ser Bund<br />
Zum an<strong>de</strong>ren ist wohl auch erkennbar,<br />
dass Buñuels Film ein „Thesenfilm“<br />
ist: Weniger in <strong>de</strong>r „Psychologie<br />
<strong>de</strong>r Figuren“ als in Strukturen und<br />
Konstellationen <strong>de</strong>s Films artikuliert<br />
sich Buñuels Kritik an Kirche und<br />
Dogma. Aus einer Gegenüberstellung<br />
<strong>de</strong>r Hauptfigur mit <strong>de</strong>n Personengruppen<br />
<strong>de</strong>s Films, lässt sich <strong>die</strong>s m.E. auch<br />
im Unterricht erarbeiten.<br />
Eine Leitfrage für Schüler kann dabei<br />
eine Gegenüberstellung Szenenbe-<br />
bricht am En<strong>de</strong> auseinan<strong>de</strong>r: Andara<br />
wird – von Ujo begleitet – mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />
Gefangenen abtransportiert. Beatriz,<br />
<strong>die</strong> ihrer Mutter von <strong>de</strong>r „reinen<br />
Liebe“ und Nazarin vorschwärmt,<br />
muss erkennen, dass ihr Verhältnis zu<br />
Nazario ein erotisches ist und bricht zusammen.<br />
Sie wird – obwohl ein weiteres<br />
Mal von ihrem Geliebten ge<strong>de</strong>mütigt,<br />
<strong>de</strong>r sie um Wasser bittet, nur um es<br />
vor ihr auszuschütten – zu ihm zurückkehren.<br />
Und Nazarios Scheitern kulminiert<br />
in einer Szene im Gefängnis:<br />
Auch hier wird er von Mitgefangenen<br />
drangsaliert und kann nur noch mit<br />
Mühe seine Friedfertigkeit aufrechterhalten,<br />
bis ihm ein Mitgefangener zu<br />
Hilfe kommt. Als er <strong>die</strong>sen daraufhin<br />
als „guten Menschen“ bezeichnet,<br />
muss er erfahren, dass er einem<br />
Schwerverbrecher <strong>die</strong>se Hilfe verdankt,<br />
<strong>de</strong>r Nazarios ethische Orientierung<br />
zusammenbrechen lässt: „Ja, du<br />
bist gut und ich bin schlecht, aber was<br />
macht das für einen Unterschied? Wir<br />
können bei<strong>de</strong> nichts än<strong>de</strong>rn!“ Am<br />
Biblische Bezugspunkte Pater Nazario – Jesus<br />
· Sammlung <strong>de</strong>r Jünger (� Frauen, <strong>die</strong> aber trotz seiner Ablehnung mitkommen wollen)<br />
· Kritik <strong>de</strong>r Mächtigen (� Priester, Offizier)<br />
· Unbedingte Parteinahme für <strong>die</strong> Armen (� Bauer, <strong>de</strong>r nicht grüßt, � Umgang mit Huren)<br />
· Besitzlosigkeit (� gibt alles, was er hat, <strong>de</strong>n Armen)<br />
· Predigt <strong>de</strong>r Nächstenliebe (� Beatriz)<br />
· Verweigerung eines Zeichens (� Frauen mit <strong>de</strong>m kranken Mädchen – Lk)<br />
· Verhaftungsszene (� Ablehnung <strong>de</strong>r Gewalt)<br />
· Gang nach Golgatha (� Schlusssequenz)<br />
· Verhöhnung und Spott (� Mitgefangene)<br />
· Aussehen (� Stirnkranz)<br />
· Verhalten gegenüber Kranken (� Pestkranke – Aussätzige)<br />
ginn – Szenenen<strong>de</strong> sein. Fast durchgängiges<br />
Prinzip in Buñuels Film ist,<br />
seine Hauptfigur mit „besten Absichten“<br />
in eine Situation hinein gehen zu<br />
lassen. In fast allen Szenen en<strong>de</strong>t <strong>die</strong>s<br />
nicht nur entgegen <strong>de</strong>ssen Erwartungen,<br />
son<strong>de</strong>rn häufig völlig <strong>de</strong>solat (�<br />
Aufnahme Andaras in sein Haus, Baustelle,<br />
pestkranke Frau u.a.m.). Im Anschluss<br />
daran wäre dann nach <strong>de</strong>n<br />
Grün<strong>de</strong>n für <strong>die</strong>se Entwicklung zu fragen,<br />
womit sich Buñuels kichen- bzw.<br />
nächsten Tag wird Nazario allein, nur<br />
von einem Polizisten begleitet, abgeführt.<br />
Auf <strong>de</strong>m Weg begegnen sie einer<br />
Frau, <strong>die</strong> bei<strong>de</strong>n Dürsten<strong>de</strong>n eine Ananas<br />
anbietet. Nazario weicht vor <strong>die</strong>ser<br />
Geste zunächst zurück, nimmt dann<br />
aber <strong>die</strong> Gabe zögernd an. Mit <strong>de</strong>r Ananas<br />
im Arm geht er mit verzweifeltem<br />
Gesichtsausdruck weiter. Seinen Gang<br />
begleiten Trommeln ( <strong>die</strong> einzige „Off-<br />
Musik“ im ganzen Film!), und dami<br />
en<strong>de</strong>t auch <strong>de</strong>r Film.<br />
Diese etwas ausführliche Inhaltangabe<br />
macht wohl <strong>de</strong>utlich, wie Buñuel<br />
mit <strong>de</strong>n neutestamentlichen Texten umgeht:<br />
Die Geschichte seines Paters Nazario<br />
wird immer stärker <strong>de</strong>r Passionsgeschichte<br />
Jesu angenähert und man<br />
wird eine Reihe von Parallelen ausmachen<br />
können, nicht selten aber auch in<br />
charakteristischer „Umkehr“. So wird<br />
etwa aus <strong>de</strong>r Sammlung <strong>de</strong>r Jünger das<br />
„Nachlaufen <strong>de</strong>r Jüngerinnen“, und auch<br />
mit <strong>de</strong>r biblischen Erzählung von <strong>de</strong>n<br />
Jungfrauen am Brunnen geht Buñuel<br />
kontrapunktisch um.<br />
christentumskritische Position näher<br />
bestimmen lässt.<br />
Von hier aus kann unter verschie<strong>de</strong>nen<br />
Perspektiven weitergearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />
In einer kirchengeschichtlichen<br />
Einheit könnte gefragt wer<strong>de</strong>n, ob bzw.<br />
wo solche Kritik berechtigt war (und<br />
vielleicht noch ist) und wie damit umzugehen<br />
ist. Unter einer ethischen Perspektive<br />
könnte <strong>die</strong> Gegenüberstellung<br />
von Gesinnungs- und Verantwortungsethik<br />
(neu) thematisiert wer<strong>de</strong>n. Im<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
131
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
132<br />
<strong>„So</strong>rge“ um sozialen Status<br />
(� Entlassung Nazarios)<br />
reiche, angesehene Kirche<br />
(� Schokola<strong>de</strong>)<br />
Rahmen <strong>de</strong>r Beschäftigung mit Fragen<br />
von Mission und Entwicklungshilfe wäre<br />
zu fragen, wie kirchliche Arbeit in<br />
<strong>die</strong>sem Feld heute gera<strong>de</strong> <strong>die</strong>se Kritik<br />
aufgreift, um effektive Arbeit leisten zu<br />
können. Darüber hinaus ließen sich auch<br />
Begriffe wie „strukturelle Sün<strong>de</strong>“, „Erbsün<strong>de</strong>“,<br />
„Dogma vs. Dogmatismus“,<br />
„Befreiung“ u.a.m. mit <strong>die</strong>sem Film angehen.<br />
Und nicht zuletzt wäre zu fragen,<br />
ob <strong>die</strong>se Kritik, gemessen an heutiger<br />
Wahrnehmung von Kirche und Christentum,<br />
<strong>de</strong>nn (noch) berechtigt erscheint,<br />
bzw. welche Be<strong>de</strong>utung sie für<br />
INFORMATIONEN 32 2/2003<br />
Kirche Pater Nazario Volk (Reaktionen/Folgen)<br />
Abkehr von jesuanischen I<strong>de</strong>alen<br />
(� Reichtum / Besitz / Macht)<br />
predigt und praktiziert Nächstenliebe wollen „geschlechtliche“ Liebe, bzw.<br />
sind nur dazu fähig (� Beatriz)<br />
Predigt vom jenseitigen Himmelreich /<br />
Trost angesichts <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s<br />
mein eigenes Glaubens- und Kirchenverständnis<br />
hat.<br />
Zugegeben: Der Film ist schon eine<br />
harte Herausfor<strong>de</strong>rung, sowohl für Lehrer<br />
als auch für Schüler. Fast 50 Jahre<br />
alt, in schwarzweiß gedreht, in<br />
Deutschland nur in <strong>de</strong>r Originalfassung<br />
mit <strong>de</strong>utschen Untertiteln aufgeführt,<br />
und auch Buñuels Obsessionen, seine<br />
Neigung zu Surrealismus und Groteske<br />
sind sicher nicht „je<strong>de</strong>rmanns Sache“.<br />
Und <strong>de</strong>nnoch lohnt ein solcher Gang in<br />
jene vielleicht schon etwas staubige<br />
Kammer <strong>de</strong>r Filmgeschichte – für <strong>de</strong>n<br />
wollen keinen jenseitigen Trost, son<strong>de</strong>rn<br />
<strong>die</strong>sseitige Liebe<br />
(� pestkranke Frau)<br />
Verzicht auf Reichtum und Besitz schädigt Arbeiter (Wirtschaftssystem)<br />
Nachfolge Jesu / „Güte“ Jesu als einzig<br />
erstrebenswertes I<strong>de</strong>al<br />
Buñuels Kritik am Christentum/Katholizismus<br />
„Güte“ kein Garant für „Erfolg“ <strong>de</strong>r<br />
Nächstenliebe (� „gut o<strong>de</strong>r schlecht –<br />
kein Unterschied“)<br />
Filmliebhaber, für <strong>de</strong>n Theologen, für<br />
<strong>de</strong>n Menschen, <strong>de</strong>r religiös zu fragen<br />
nicht verlernt hat (o<strong>de</strong>r lernen will).<br />
Franz Günther Weyrich ist Leiter <strong>de</strong>s<br />
Amtes für katholische Religionspädagogik<br />
in Wetzlar.<br />
Anmerkung<br />
1<br />
Einen guten ersten Überblick hierzu gibt <strong>de</strong>r Aufsatz<br />
von Hans Gerhold: Genesis – Die Schöpfung, in:<br />
Walter Zahner (Hg.): Die Bibel: Das Alte Testament<br />
– Die Filme: Genesis – Die Schöpfung, Abraham,<br />
Jakob, Josef. – München u. Frankfurt/M. 1995. S. 42-52.<br />
Der Band liegt ebenso wie <strong>de</strong>r Film (als VHS-Kassette)<br />
bei <strong>de</strong>n Ämtern für katholische Religionspädagogik<br />
<strong>de</strong>r jeweiligen Bezirke vor.<br />
· „I<strong>de</strong>alistisches“ Menschenbild <strong>de</strong>r christlichen Religion: Menschen können ethische Ansprüche nicht erfüllen<br />
bzw. wollen sie nicht erfüllen („Weltfremdheit“ <strong>de</strong>s Christentums).<br />
· Transzen<strong>de</strong>nz be<strong>de</strong>utet nicht automatisches humanes Han<strong>de</strong>ln, Glaube nicht notwendigerweise Güte.<br />
· Strukturen <strong>de</strong>r Welt verhin<strong>de</strong>rn, dass ethisches Han<strong>de</strong>ln (das angestrebte Gute) auch tatsächlich zum Wohl <strong>de</strong>r<br />
Menschen beiträgt (Wi<strong>de</strong>rspruch von Anspruch und Realität) � Verantwortungsethik vs. Gesinnungsethik.<br />
· Abkehr <strong>de</strong>r (Amts-)Kirche von <strong>de</strong>r jesuanischen Botschaft (� Pakt mit <strong>de</strong>n Mächtigen).<br />
Jetzt bitte schon vormerken!<br />
45. Limburger Kreuzwoche<br />
Tag <strong>de</strong>r Religionspädagogik 2003<br />
Der Sinn für <strong>die</strong> Fülle.<br />
Mystagogie und Religionsunterricht – Ein Wi<strong>de</strong>rspruch?<br />
Dienstag, 9. September 2003<br />
Bald mehr unter: www.religionsunterricht-bil<strong>de</strong>t.<strong>de</strong>