DAS MAGAZIN Aboausgabe - Kölner Philharmonie
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Pierre Boulez Vladimir Jurowski<br />
Paavo Järvi<br />
Die Geiger Michael Barenboim und Lorenza<br />
Borrani, der Schweizer Bratschist Antoine<br />
Tamestit oder der britische Dirigent Robin<br />
Ticciati, frisch gekürter Leiter des Scottish<br />
Chamber Orchestra, stehen trotz beachtlicher<br />
Meriten noch am Anfang ihrer vielversprechenden<br />
Karriere.<br />
Das Chamber Orchestra of Europe und das<br />
Mahler Chamber Orchestra, in den vergangenen<br />
Jahren bereits feste Größen im <strong>Kölner</strong><br />
Klassiker!-Zyklus, sind zwei Ensembles, die<br />
von Mitgliedern renommierter Jugendorchester<br />
hervorgingen und binnen weniger<br />
Jahre mit klugen, mitreißenden Aufführungen<br />
die internationale Konzertszene eroberten.<br />
Auch die Deutsche Kammerphilharmonie<br />
Bremen, die unter ihrem Dirigenten Paavo<br />
Järvi gerade mit einer Reihe von Beethoven-<br />
Einspielungen für Furore sorgt, hat sich erst<br />
Anfang der 1980er Jahre auf Initiative von<br />
Musikstudenten formiert.<br />
Aber natürlich ist jugendlicher Elan in der<br />
Musik keinesfalls eine Altersfrage, wie der<br />
1946 geborene britische Dirigent und umtriebige<br />
Spezialist für Alte Musik Trevor David<br />
Pinnock unter Beweis stellt. Auch der noch<br />
nicht 40-jährige Vladimir Jurowski darf als arriviert<br />
gelten, in Routine erstarren wird er deshalb<br />
noch lange nicht. Als Chef des London<br />
Philharmonic Orchestra hat der Russe erst<br />
kürzlich nach Ansicht eines Kritikers einen<br />
Strawinsky dirigiert, der wirkte, als habe man<br />
jede einzelne der doch eigentlich sattsam<br />
bekannten Noten zum ersten Mal gehört.<br />
Mit Pierre Boulez und Pierre-Laurent Aimard<br />
sind auch zwei veritable Klassiker der Avantgarde<br />
in der fünfteiligen Konzertreihe vertreten.<br />
Zwei Musikerpersönlichkeiten, die lange<br />
allein für unbedingten, ungeduldigen Fortschrittswillen<br />
standen, die es aber tatsächlich<br />
nie an einer intensiven Auseinandersetzung<br />
mit den Werken der Klassik und Romantik haben<br />
fehlen lassen. Beider unter Kollegen und<br />
Kritikern einhellig bewunderte Meisterschaft<br />
war nie auf schmalspuriges Expertenwissen<br />
gestützt. Ihr Zugriff auf die Gegenwart erfolgte<br />
vielmehr stets aus einem integralen<br />
Verständnis der Tradition, was beide auch<br />
im so genannten Standardrepertoire immer<br />
wieder zu atemberaubenden musikalischen<br />
Einsichten befähigt.<br />
Mozart, Beethoven, Schumann oder Chopin,<br />
ein aufregend neues, ein klassisches Programm.<br />
Manfred Müller<br />
22<br />
23<br />
César Guitérrez<br />
Konzerttermine<br />
21.09.2010 Dienstag 20:00<br />
„Zigeunerliebe“ –<br />
Werke von Johann Strauß, Antonín Dvořák, Emmerich Kálmán,<br />
Franz Lehár, Pablo de Sarasate und Robert Stolz<br />
KölnMusik<br />
13.11.2010 Samstag 20:00<br />
Johann Strauß<br />
„Die Fledermaus“ Operette in drei Akten. Libretto von Richard Genée<br />
nach Karl Haffners Bearbeitung der Komödie „Le Réveillon“<br />
von Henri Meilhac und Ludovic Halévy<br />
Konzertante Aufführung<br />
Westdeutscher Rundfunk<br />
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06.01.2011 Donnerstag 20:00<br />
Johann Strauß<br />
„Prinz Methusalem“ Komische Operette in drei Akten.<br />
Libretto von Carl Treumann<br />
Konzertante Aufführung<br />
KölnMusik<br />
26.04.2011 Dienstag 20:00<br />
Gaetano Donizetti<br />
„Viva la Mamma!“ Le convenienze e le inconvenienze teatrali<br />
(Die Sitten und Unsitten der Leute vom Theater) Farce in einem Akt.<br />
Libretto von Domenico Gilardoni<br />
Konzertante Aufführung<br />
KölnMusik<br />
25.06.2011 Samstag 20:00<br />
Eduard Künneke<br />
„Glückliche Reise“ op. 29. Operette in drei Akten.<br />
Libretto von Max Bertuch und Kurt Schwabach<br />
Konzertante Aufführung<br />
Westdeutscher Rundfunk<br />
€ 60,– 80,– 105,– 135,– 160,–<br />
105,– Chorempore (Z)<br />
„Operette und ...“<br />
Sorgfältige<br />
Sorglosigkeit<br />
Bekanntes und Unbekanntes aus dem<br />
Reich der meisterhaften Unterhaltung<br />
Die so genannte „leichte Muse“ ist ein schweres Unterfangen. Es erfordert<br />
große Anstrengung, den Anschein von Leichtigkeit zu erwecken.<br />
Und nichts darf das Publikum von diesen Mühen merken, denn nur so<br />
wird es auf hohem Niveau unterhalten. Die erfolgreiche Reihe „Operette<br />
und …“ will diesem Anspruch weiterhin gerecht werden und präsentiert<br />
erneut eine attraktive Auswahl aus dieser Königsdisziplin der musikalischen<br />
Vergnügung.<br />
Wenn auch der Walzerkönig Johann Strauß (Sohn) nie wirklich zum Operettenkönig<br />
aufstieg, kann dennoch seine „Fledermaus“ als die Königin<br />
der Operette bezeichnet werden. Dieses unsterbliche Meisterwerk voll<br />
sprühender Champagnerlaune wurde gerade deshalb zum Inbegriff gehobenen<br />
Zeitvertreibs, weil es walzerselig und mit einem unwiderstehlichen<br />
Lächeln die Verlogenheit des Großbürgertums vor dem Hintergrund<br />
des gewaltigen Börsenkrachs des Jahres 1873 vorführt. Am Rande<br />
des Abgrunds wurde immer schon am schwungvollsten getanzt, und<br />
der Erfolg der „Fledermaus“ ist bis zum heutigen Tag ungebrochen. Doch<br />
ließ sich der „Fledermaus“-Coup – obwohl der durchaus produktive Musikdramatiker<br />
Strauß noch weitere 13 Operetten komponierte – nicht so<br />
leicht wiederholen. Oft lag es an den mangelhaften Textbüchern, dass<br />
diesen Werken kein allzu langes Bühnenleben beschieden war. Das ist<br />
insofern bedauerlich, als dadurch zahlreiche musikalische Perlen verloren<br />
zu gehen drohen, die – wie im Falle der Kleinstaatensatire „Prinz Methusalem“<br />
– eine höchst lohnende Wiederentdeckung darstellen. „Der<br />
Zigeunerbaron“ hingegen erfreut sich beständig großer Beliebtheit. Die<br />
romantische Exotik des fahrenden Volkes, dessen Bühnenklischee freilich<br />
nicht viel mit dem tatsächlichen Schicksal der Roma und Sinti gemeinsam<br />
hat, inspirierte auch weiterhin große Operettenkomponisten wie<br />
Emmerich Kálmán oder Franz Lehár. „Zigeunerliebe“ nennt sich folglich<br />
jenes Programm, das aus den schönsten und mitreißendsten Melodien<br />
jenes Sujets zusammengestellt ist. Dass darunter auch Werke von Antonín<br />
Dvořák zu finden sind, unterstreicht einmal mehr, dass auch so genannte<br />
Unterhaltungskomponisten wie Strauß oder Lehár ausdrücklich<br />
in die Reihe der großen musikalischen Meister zu stellen sind.<br />
Die Entwicklung der Operette war auch im 20. Jahrhundert von ungeheurer<br />
Vielfalt gekennzeichnet. Einer ihrer originellsten Exponenten war<br />
Eduard Künneke, dessen Werke über den „Vetter aus Dingsda“ hinaus in<br />
jüngster Zeit immer wieder ihren Weg auf die Bühne finden. So war nach<br />
„Lady Hamilton“ zuletzt „Die Ehe im Kreise“ an der Oper Köln mit dem<br />
WDR Rundfunkorchester Köln zu erleben, das sich nun mit Künnekes<br />
„Glücklicher Reise“ der großen Sehnsucht der Goldenen Zwanziger widmet.<br />
Als besondere musikalische Delikatesse führt die Reise von „Operette<br />
und …“ schließlich zu den Wurzeln der ebenso charmanten wie<br />
witzigen italienischen Spieloper: Gaetano Donizettis „Viva la Mamma!“ ist<br />
eine der geistreichsten und vergnüglichsten Backstage-Komödien, die<br />
jemals für die Opernbühne komponiert wurden.<br />
Oliver Binder