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Glaube und Vernunft aus islamischer Perspektive - Ahmadiyya ...

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<strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong><strong>aus</strong> <strong>islamischer</strong> <strong>Perspektive</strong>


<strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong><strong>aus</strong> <strong>islamischer</strong> <strong>Perspektive</strong>Antwort auf die Regensburger Vorlesungvom Papst Benedikt XVI.Her<strong>aus</strong>gegeben von Haider Ali ZafarVerlag der Islam3


Die Deutsche Bibliothek – CIP-EinheitsaufnahmeHrsg. Zafar, Haider Ali:<strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>. Aus <strong>islamischer</strong> <strong>Perspektive</strong> /Hrsg. Haider Ali Zafar. – Frankfurt: Verlag der Islam,2007ISBN 978-3-932244-87-7ISBN 978-3-932244-87-7Original<strong>aus</strong>gabe.Alle Rechte vorbehalten© Verlag der Islam, Frankfurt am Main, 2007Druck: CPI books, UlmPrinted in Germany4


„Der Gott des Islam ist jener Gott, den man im Spiegel derNaturgesetze <strong>und</strong> der Schöpfung sieht. Der Islam stelltkeinen neuen Gott vor, sondern jenen Gott, der durch dasinnere Licht <strong>und</strong> das Gewissen <strong>und</strong> die Himmel <strong>und</strong> dieErde erkannt wird.“Hazrat Mirza Ghulam Ahmad, Friede sei auf ihm,(MaºmÙÝa ištiharÁt, Band II, S. 310f.)5


Teil IAnsprachen von Hazrat Mirza Masroor Ahmad KhalifatulMassih V. Oberhaupt der weltweiten <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim JamaatTeil II1 Muhammad Ilyas Majoka, Eine Analyse derPapstvorlesung2 Muhammad Ilyas Munir, Lehre des Islam über denÉihÁd3 Muhammad Dawood Majoka, Kriege in der Zeit desPropheten781031594 Dr. Abdur Rahman Bhutta, Andersgläubige im Islam 1905 Naveed Hameed, <strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong> <strong>aus</strong> <strong>islamischer</strong><strong>Perspektive</strong>6 Dr. Abdur Rahman Bhutta, Islam – Religion desWissens <strong>und</strong> der Argumente7 Muhammad Dawood Majoka, Mir Abdul Latif, Was hatder Heilige Prophet Neues gebracht?2032222357


Teil I:.....................................................................................................17Ansprachen von Hazrat Mirza Masroor Ahmad KhalifatulMassih V., Oberhaupt der weltweiten <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat...............................................................................................................171 Antwort auf die Kritik am Islam in der Papstvorlesung .....182 Wege zum Weltfrieden in der Lehre des Islam .................... 453 Das Recht auf Selbstverteidigung im Islam.......................... 59Teil II ................................................................................................... 771 Eine Analyse der Papstvorlesung ........................................... 781.1 Historischer Kontext von Manuels Dialog .................811.2 Kritik des Papstes am Islam .......................................... 821.3 Erste Dialoge mit christlichen Königen ..................... 861.4 Schlussfolgerungen......................................................... 921.5 Christliche Autoritäten <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>........................ 941.6 Regeln für den interreligiösen Dialog ......................... 992 Lehre des Islam über den ÉihÁd...........................................1032.1 Der Terminus des ÉihÁd............................................. 1062.1.1 Die Etymologie des Wortes „ÉihÁd“ .......................1062.1.2 ÉihÁd in der islamischen Terminologie..................1078


2.2 Gleichsetzung des ÉihÁd mit „Heiliger Krieg“.........1122.3 Begriffe des ÉihÁd zu Beginn des Islam..................... 1132.4 Erlaubt der Islam Zwang in <strong>Glaube</strong>nsdingen?.......... 1162.5 Zeitpunkt der Offenbarung von 2, 257 ...................... 1192.6 Zustand der Muslime zu Beginn der Verteidigung . 1202.7 Hintergr<strong>und</strong> der Verteidigungskriege........................ 1222.7.1 Verfolgung der Muslime mit äußerster Brutalität..1232.7.2 Agitation unter den Stämmen gegen die Muslime 1242.7.3 Beseitigung der Verfolgung <strong>aus</strong> <strong>Glaube</strong>nsgründen 1262.8 Erlaubnis zur Selbstverteidigung.................................1272.9 Anweisungen bezüglich eines Verteidigungskriegs...1282.10 Verse in Bezug auf Kriegssituation .............................1322.11 Abschließende Bemerkung:..........................................1573 Kriege in der Zeit des Propheten ..........................................1593.1 Lehren des Islam in Bezug auf den Krieg.................. 1603.2 Vorwurf der Kriege um Geld <strong>und</strong> Land.....................1723.3 Vorwurf der Zwangsanwendung in der Religion......1783.4 Die Zweite Ankunft des Verheißenen Messias ..........1884 Andersgläubige im Islam....................................................... 1904.1 Schriftbesitzer <strong>und</strong> Heiden im Heiligen QurÞÁn..... 1904.2 Fre<strong>und</strong>lichkeit gegenüber Andersgläubigen ..............1934.3 Die Frage der „Éizya“ ...................................................1964.4 Behandlung von Schriftbesitzern <strong>und</strong> Heiden ........ 2019


5 <strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong> <strong>aus</strong> <strong>islamischer</strong> <strong>Perspektive</strong> ............ 2035.1 Transzendenz................................................................. 2035.2 Gott-Mensch-Beziehung .............................................. 2055.3 Gotteshandeln <strong>und</strong> Vernünftigkeit im Islam...........2085.4 Kann Gott unvernünftig handeln? ............................ 2105.5 Ibn Íazms Zitat.............................................................2135.6 Vorherbestimmung gegen Willensfreiheit .................2185.7 Christentum <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>.........................................2206 Islam - Religion des Wissens <strong>und</strong> der Argumente .............2226.1 Argumente <strong>und</strong> Beweise im Heiligen QurÞÁn..........2246.2 Die Bedeutung von Wissen im Islam ........................ 2286.3 Der Heilige QurÞÁn – Wissen <strong>und</strong> Weisheit............. 2327 Was hat der Heilige Prophet Neues gebracht? ....................2357.1 <strong>Glaube</strong>............................................................................. 2377.1.1 Gottesbild......................................................................2377.1.2 Die Stellung des Menschen ........................................2417.1.3 Das jenseitige Leben des Menschen ......................... 2427.2 Verhaltensnormen ........................................................2467.2.1 Gesellschaftlicher Umgang........................................ 2477.2.2 Wirtschaft ..................................................................... 2517.2.3 Politik ............................................................................2587.2.4 Frauen............................................................................2637.3 Spirituelle Entwicklung des Menschen ..................... 2687.3.1 Fortsetzung der wörtlichen Offenbarung............... 26910


7.3.2 Die Lehre en miniature..............................................2707.3.3 Das Gebet .....................................................................2767.3.4 Mittel Gott zu erreichen ............................................2787.3.5 Die spirituellen Zustände des Menschen................2807.4 Schlussbemerkung ........................................................2828 Anhang .................................................................................... 2859 Literaturverzeichnis ...............................................................28710 Index........................................................................................29211


VorwortDer Dialog zwischen dem Islam <strong>und</strong> dem Christentum ist dasGebot der St<strong>und</strong>e. Seine Notwendigkeit wird immer wiederhervorgehoben. Keiner will darauf verzichten. Aber er will auchnicht recht in Gang kommen. Welche sind die Ursachen dafür?Ein Gr<strong>und</strong> scheint wohl darin zu liegen, dass man mit einemsolchen Aust<strong>aus</strong>ch zwischen zwei Religionen allzu hoheErwartungen verknüpft. Vielleicht müssen nach Jahrh<strong>und</strong>ertender Distanz <strong>und</strong> der Differenzen schlicht noch sehr viele Schrittegetan werden, um zueinander zu finden <strong>und</strong> durch Gespräch <strong>und</strong>Kommunikation den Zustand zu erreichen, den man auch redlichals interreligiösen Frieden bezeichnen kann. Unbestritten ist indesauch die Tatsache, dass der Weg zum Weltfrieden über deninterreligiösen Frieden verläuft.Der akademische Aust<strong>aus</strong>ch über <strong>Glaube</strong>nsinhalte kannGr<strong>und</strong>lagen für ein gegenseitiges Verständnis legen. In der Praxisjedoch scheint das gemeinsame Handeln für die hohenmoralischen Ziele in der Gesellschaft, die wohl allen Religionenzueigen sind, von größerer Bedeutung zu sein. Wenn man mitvereinten Kräften für das Gute in allen Bereichen des Lebenseintritt, kann der Prozess der Annäherung außerordentlichbeschleunigt werden.Das Wichtigste für das Kennenlernen <strong>und</strong> Zueinanderfinden istder gegenseitige Respekt. Der Heilige QurÞÁn fordert die Muslimeauf, dass sie sich auch gegenüber den Gottheiten der Polytheistensensibel verhalten müssen. Sonst fühlte sich die andere Seiteprovoziert <strong>und</strong> würde vielleicht eine Reaktion zeigen, die einemnicht lieb ist.Die Vorlesung von Papst Benedikt XVI., die der Gegenstand diesesBuches ist, behandelt den Dialog nicht an erster Stelle, sondernbetont die Notwendigkeit einer Übereinstimmung von <strong>Glaube</strong>n<strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>. Dass die Religion den Irrationalismus ablehnensoll, ist eine Sichtweise, die zu begrüßen ist. Jeder Äußerung, sei12


sie religiöser oder anderer Natur, die im Widerspruch zurRationalität steht, ist mit Skepsis zu begegnen.Die <strong>Vernunft</strong>, im Alltag praktiziert, führt zur Angemessenheit. Siesoll unser Gradmesser sein, an dem wir das Gute der Handlungenfeststellen können. Dieses Gute soll nicht nur das Ideal bleiben,sondern fest in der Realität verankert sein. Dies ist das Ziel, dasder Islam im Hinblick auf das Zusammenleben in der Gesellschaftfür seine Anhänger steckt. Nur die sichere Erkenntnis Gottesermöglicht es dem Menschen, immer <strong>und</strong> in jeder Lebenslage amGuten festzuhalten. Gott hat den Menschen laut Islam nurerschaffen, damit er IHM diene, Ihn erkenne <strong>und</strong> in seinem LebenSeine Eigenschaften reflektiere. Eine Eigenschaft Gottes ist auchSeine Weisheit. Er hat nichts ohne Zweck erschaffen.Deswegen ist jeder Mensch gehalten, in seinen Worten <strong>und</strong> Tatenweise zu sein. Denn die Weisheit reflektiert die von Gottgeschaffene Ordnung. Und jede Art des Unfriedens ist eineEntfernung von dieser Weisheit, ist ein Verstoß gegen SeineOrdnung.Der Name der Religion des Islam selbst ist Programm: Er bedeutetFrieden. Jede Spielart des Islam, die von diesem Programmabweicht, ist sicherlich nicht Islam. Unfrieden <strong>und</strong> Unordnungsind das Gegenteil vom Islam. Eine Darstellung der ReligionMuÎammads (S), die diesem Konzept widerspricht, muss daherkorrigiert werden. Das ist die vornehmste Aufgabe der Muslimeweltweit.In der Regensburger Vorlesung vom Papst sind Sätze enthalten,die im Islam offenbar etwas anders sehen wollen als eine Religiondes Friedens. Deshalb werden in dem vorliegenden Band dieangesprochenen Aspekte in aller Ausführlichkeit behandelt.Damit soll der islamische Standpunkt einem möglichst weitenPublikum zugänglich gemacht werden. Es handelt sich aber nichtum eine umfangreiche Darstellung des Prophetenlebens oder derInhalte des QurÞÁn. Vielmehr sind die vom Papst aufgeworfenenFragen in allgemein verständlicher Form beantwortet worden. Der13


Sinn <strong>und</strong> Zweck dieser Arbeit liegt darin, die islamische<strong>Perspektive</strong> klar darzulegen.Am Anfang dieses Bands werden drei Ansprachen (khutbas) vomOberhaupt der weltweiten <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat, HazratMirza Masroor Ahmad, möge Allah seine Hand stärken,publiziert. Daran schließt sich eine in sieben Kapitel gegliederteStellungnahme auf die Papstvorlesung. Hazrat Khalifatul Massihbetraute den Her<strong>aus</strong>geber mit der Aufgabe, gemeinsam mit einemAutorenkolleg die verschiedenen Aspekte der islamischen Lehre,die in der Vorlesung angesprochen wurden, detailliert darzulegen.Mukhtar A. Cheema, Mubarak. A. Tanweer <strong>und</strong> zahlreiche andereKollegen haben an der Vorbereitung dieses Bands mitgewirkt.Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt.Abschließend beten wir, möge Allah vielen die Herzen öffnen <strong>und</strong>sie in die Lage versetzen, Einblicke in das wahre <strong>und</strong> wirklicheWesen des Islam zu erhalten. Amen.Haider Ali ZafarLeitender Imam der<strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat Deutschland e. V.14


Anmerkung:Auf den Namen des Heiligen Propheten MuÎammad (S) folgt inKlammern der Buchstabe „(S)“, als Abkürzung für das Segensgebet „SallÁAllahu Ýalaihi wa-sallam“, d.h. Frieden <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm.Die Abkürzung „(A)“ steht für „Ýalaihi SalÁm“ <strong>und</strong> bedeutet „Friede seiauf ihm“. Sie folgt auf die Namen übriger Propheten. „(R)“ hinter demNamen der Gefährten steht für „RaÃi-Allahu ÝanhÙ bzw. ÝanhÁ“, d. h.möge Allah Gefallen haben an ihm bzw. an ihr. Die Umschrift derarabischen bzw. urdusprachigen Wörter folgt den Vorgaben derDeutschen Morgenländischen Gesellschaft (DMG).15


Teil I:Ansprachen vonHazrat Mirza Masroor AhmadKhalifatul Massih V.,Oberhaupt der weltweiten <strong>Ahmadiyya</strong>Muslim Jamaat17


1 Antwort auf die Kritik am Islam inder PapstvorlesungÜbersetzung der Freitagsansprache von Hazrat Mirza Masroor Ahmad,Oberhaupt der weltweiten <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat vom 15.09.2006Gestern wurde in den Nachrichten gemeldet, dass der Papst ineiner Vorlesung, die er an einer Universität in Deutschland hielt,einige Lehren des Islams <strong>und</strong> des Heiligen QurÞÁn erwähnt hat. Erhat über den Heiligen Propheten, Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seienauf ihm, unter Verweis auf einen anderen Autor Dinge gesagt, dienicht im Entferntesten etwas mit dem Islam zu tun haben. Diesentspricht ihrer bekannten Vorgehensweise: Sie sagen was siewollen, <strong>und</strong> berufen sich dabei geschickt auf andere, um selbstnicht verantwortlich gemacht zu werden. Auf dieselbe Weise hatder Papst einige Äußerungen gemacht <strong>und</strong> versucht, einenfalschen Eindruck über den Heiligen QurÞÁn, den Islam <strong>und</strong> denGründer des Islams, Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm, zuerwecken. Dies hat einerseits die Muslime in Unruhe versetzt.Andererseits zeigen solche Ereignisse auch, was jene, (die solcheÄußerungen von sich geben) in ihrem Inneren über den Islamempfinden. Angesichts der Stellung des Papstes ist eine Äußerungmit einem solchen Inhalt nicht angemessen, selbst wenn sie unterBezugnahme auf einen anderen gemacht wurde.Derzeit werden in der Welt, <strong>und</strong> auch im Westen, auf die eineoder andere Weise Hassgefühle gegen Muslime geschürt. Daherwurde mit dieser Äußerung zusätzlich Öl ins Feuer gegossen. Eswäre ratsamer gewesen, darauf hinzuweisen, dass es unter denMuslimen übel gesinnte Organisationen gibt, die Gewalt18


anwenden, doch entsprechen diese Handlungen nicht der Lehredes Islams. Dies hätte dem Frieden in der Welt gedient, für denalle zusammenarbeiten müssen, damit unschuldige Menschen vorSchaden <strong>und</strong> Zerstörung bewahrt werden. Stattdessen hat derPapst seine Anhänger in die Richtung gewiesen, dass die Lehre desIslams selbst für alles verantwortlich sei. Ich war der Auffassung,dass der Papst eine weise <strong>und</strong> gelehrte Persönlichkeit ist <strong>und</strong> einwenig Wissen vom Islam besitzt. Doch mit dieser Äußerung hat erseine völlige Ahnungslosigkeit offenbart. Er beansprucht jaStellvertreter Jesu zu sein. Dann hätte er sich entsprechend seineneigenen <strong>Glaube</strong>nsüberzeugungen darum bemühen müssen, denFrieden in der Welt zu fördern. Denn bekanntlich hat Jesusgelehrt, selbst den Feind gut zu behandeln.Es ist zunächst festzuhalten, dass (in der besagten Vorlesung) demHeiligen Propheten MuÎammad (S), <strong>und</strong> dem QurÞÁn unrichtigeDinge unterstellt worden sind, was ja einige Muslime provozierthat. Nun, als Reaktion darauf werden solche Muslime, die ihreGefühle nicht kontrollieren können, unangemessene Dinge tun,so dass sie wiederum Gelegenheit für noch mehr Propagandahaben werden. – Zudem wird dadurch unter den Anhängern desPapstes, die im Westen leben <strong>und</strong> den Islam als eineextremistische Religion ansehen, der Hass gegen die MuslimezunehmenMöge Allah seine Barmherzigkeit zeigen <strong>und</strong> die Welt vorUnfrieden schützen. Das muss das Gebet der Ahmadis sein. Siesollen, Allah um Hilfe bittend, in ihrem jeweiligen Land auf dieaufgeworfenen Fragen antworten. Wir haben nur diese zweiWaffen, die wir einsetzen können (nämlich Gebet <strong>und</strong>intellektuelle Auseinandersetzung). Nie hat ein Ahmadi eineandere Reaktion gezeigt <strong>und</strong> wird es auch niemals tun,InschAllah.Ich werde nun die Einwände zusammenfassen, die der Papst gegenden QurÞÁn <strong>und</strong> den Heiligen Propheten MuÎammad (S),erhoben hat. Diese Details haben wir <strong>aus</strong> Deutschlandangefordert. Er sagt, er hätte einen Dialog gelesen, dessen Text voneinem Universitätsprofessor publiziert wurde. Dieser Dialog soll19


zwischen einem gelehrten Kaiser <strong>und</strong> einem Perser im Jahre 1391in Ankara stattgef<strong>und</strong>en haben. Dieser christliche Gelehrte hatschließlich den Dialog aufgeschrieben. Der Papst gibt auch zu,dass dieser Dialog von dem Christen selbst verfasst wurde; dahersind darin seine eigenen Äußerungen häufiger anzutreffen. (Hiererkennt man auch ihre Ehrlichkeit. Die Worte des muslimischenGesprächspartners kommen zu kurz im Vergleich zu seineneigenen Worten.)Kurzum, er erhebt folgende Fragen: Er sagt, er werde in seinerVorlesung folgenden Punkt ansprechen. Der Kaiser erwähnt hierden ÉihÁd – <strong>und</strong> er wusste sicherlich, dass es im Islam keinenZwang im <strong>Glaube</strong>n gibt; er bezieht sich auf die Sura al-Baqra, Vers256. Dann sagt er, der Kaiser kannte sicherlich auch die späterenLehren in Bezug auf den Heiligen Krieg. Im QurÞÁn gebe es dieLehre zur unterschiedlichen Behandlung von Schriftbesitzern <strong>und</strong>Ungläubigen (dies ist seine eigene Auffassung). Der Kaiser stelleseinem Gesprächspartner in erstaunlich schroffer Form diegr<strong>und</strong>legende Frage: „Was hat die Religion mit Gewalt zu tun?“Weiter sagt er: Zeig mir doch, was MuÎammad (S) Neues gebrachthat. Es gebe da nur Schlechtes <strong>und</strong> Inhumanes. Zudem habe derProphet gelehrt, dass seine Religion mit Gewalt zu verbreiten sei.(Gott bewahre.) Die Worte des Kaisers zitierend, sagt Papst:Warum ist es vernunftwidrig, Religion mit Gewalt zu verbreiten.Eine solche Lehre ist dem Wesen Gottes <strong>und</strong> der Seele zuwider.Gott finde keinen Gefallen am Blutvergießen. Es widerspreche der<strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> dem Wesen Gottes. Der <strong>Glaube</strong> sei eine Frucht derSeele, <strong>und</strong> nicht des Körpers.Weiter führt er <strong>aus</strong>: Für den Kaiser sei dieser Satz evident, da er ingriechischer Philosophie aufgewachsen sei. Im Islam sei Gottabsolut transzendent. Er sei nicht an eine unserer Kategoriengeb<strong>und</strong>en, sei es die der <strong>Vernunft</strong>. Dann zitiert er unterBezugnahme auf einen Islamwissenschaftler den (muslimischenGelehrten) Ibn Íazm, der gesagt haben soll: Nichts kann Gottverpflichten, uns die Wahrheit zu offenbaren. Und wenn Er will,muss der Mensch auch Götzendienst betreiben (es fragt sich, obIbn Íazm das tatsächlich gesagt hat, es gibt keine Referenz).20


Wie ich bereits sagte, gibt der Papst selbst zu, in diesem Dialogseien die Worte des Kaisers detaillierter wiedergegeben als dieAntworten des muslimischen Gelehrten. Und der Christ, der dieseGeschichte aufgeschrieben hat, hat offenbar die Argumente deranderen Seite nicht gebührend berücksichtigt, da er sich alsüberlegen zeigen wollte. Es liegt auf der Hand, dass er dabei nichtgerecht vorgegangen ist. Wie dem auch sei. Was wir Muslime, wirAhmadis denken, darüber werde ich Ihnen anhand des QurÞÁn<strong>und</strong> von Beispielen <strong>aus</strong> dem Leben des Propheten, Friede <strong>und</strong>Segen Allahs seien auf ihm, kurz referieren. Ausführlich kanndarauf nicht eingegangen werden. Es werden – InschAllah –Antworten für den Papst verfasst. Man wird versuchen, ihm diesezukommen zu lassen, damit er die richtige Lehre des Islamkennen lernt, falls er sie bisher noch nicht kannte. Dazu gibt esdie Vor<strong>aus</strong>setzung, dass der Papst entsprechend seiner Stellung dieAntworten vorurteilsfrei studiert <strong>und</strong> darüber nachdenkt.Wir bringen Jesus Christus großen Respekt entgegen. Wir glauben,dass er ein Prophet Gottes war. Wir glauben an alle Propheten, diezu verschiedenen Völkern gekommen sind <strong>und</strong> empfinden großenRespekt für sie. Auch die Christen sollten auf die Gefühle derMuslime Rücksicht nehmen <strong>und</strong> den Heiligen ProphetenMuÎammad (S) ehren <strong>und</strong> respektieren. Wie ich dargelegt habe,sagt der Papst unter Berufung auf den Kaiser, dass dieser den Vers256 der Sure al-Baqra kannte. Dieser Vers lautet so: „Es gibt keinenZwang im <strong>Glaube</strong>n (2, 257). Er sagt, diese Sura gehöre zu derAnfangsperiode. Das ist nicht ganz richtig. Die Sura wurde in denersten beiden Jahren in Medina offenbart. Dann sagt der Papst,der Kaiser habe auch die späteren Suren <strong>und</strong> die spätere Lehre desÉihÁd gekannt. Ob er diese wirklich kannte, ist schwer zu sagen.Sicher ist, dass er keine vorurteilsfreie Betrachtungsweise besaß. Ersagt, es gebe im QurÞÁn die Anweisung, die Ungläubigen <strong>und</strong> dieSchriftbesitzer unterschiedlich zu behandeln. Aber der Zwanghabe doch mit der Religion nichts zu tun. In den Lehren desHeiligen Propheten MuÎammad (S) werde man – Gott bewahre –nur Schlechtes <strong>und</strong> Inhumanes finden, <strong>und</strong> weiter nichts. DerProphet (S) hätte auch gelehrt, seine Religion müsse mit Gewaltverbreitet werden. Zunächst unterstellt er dem Islam bestimmteLehren, die mit dem Islam absolut nichts zu tun haben, <strong>und</strong> dann21


folgert er dar<strong>aus</strong>, diese vermeintlichen Lehren seienvernunftwidrig, die mit der Gerechtigkeit Gottes nichtübereinstimmten. Er (der Kaiser) sagt, um ein vernunftbegabtesWesen zu überzeugen, würden Gewalt oder Waffen nicht benötigt.Er hat völlig Recht, dass eine vernünftige Person Gewalt oderWaffen nicht nötig hat. Aber heutzutage sieht man, dass ihreGroßmächte <strong>aus</strong> einer Entfernung von mehreren T<strong>aus</strong>end Meilenheranreisen, um mit Gewalt in die Angelegenheiten andererNationen einzugreifen. Dazu nahm der Papst keine Stellung. –Zuerst sollten sie den eigenen Leuten erklären, was sie richtigmachen <strong>und</strong> was falsch.Hat man denn die historischen Kriege des Christentumsübersehen? Wer ist für diese Gewalttaten verantwortlich, wer fürdie Geschehnisse in Spanien? Es fand dort eine Inquisition statt,deren Einzelheiten ich hier nicht schildern werde, aber sie habennatürlich genaue Kenntnis davon.Dann heißt es, der Kaiser wusste auch über die späteren Lehren(des Islam) Bescheid. Im Gegenteil, jener Gelehrte (Kaiser) scheintkein Wissen darüber zu haben, wie die Lehre des Islams über dieVerbreitung der Religion ist. Was der Islam zu diesem Zweckwirklich vorschreibt, darüber werde ich im Folgenden berichten.Der Islam ist eine Naturreligion. Sicher hat er nicht gelehrt, dassman die eine Wange hinhält, wenn man auf die andere geschlagenwird. Diejenigen aber, denen diese Lehre gegeben wurde, solltensich fragen, inwieweit sie diese Lehre praktizieren. Das sindeigentlich die Mängel ihrer Lehre, die in der heutigen Zeit dieChristen vom Christentum entfernt haben. Kaum jemand gehtsonntags in die Kirche außer den älteren Männern <strong>und</strong> Frauen.Sie haben angefangen, Kirchen für andere (außerkirchliche)Veranstaltungen zu vermieten. Im Westen sieht man anzahlreichen Orten, dass Kirchen zum Verkauf stehen.Edwin Lewis, ein amerikanischer Professor, schrieb, dass dieMenschen im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert nicht bereit sind, Jesus als Gottanzuerkennen. Sir Cyril, Präsident des St. Johns College inOxford schreibt, dass man nicht vergessen darf, dass ein Großteil22


der Männer <strong>und</strong> Frauen in Europa <strong>und</strong> den USA nicht mehr andas Christentum glaubt. Vielleicht wäre es richtig, wenn mansagte, dass die meisten keine Christen mehr sind. Auch überAfrika gibt es ähnliche Meinungen. Sie geben selbst zu, dass dieLehre allmählich verschwindet, sie wissen dies ganz genau. Daherbleibt ihnen nur ein Ausweg, nämlich mit falschen Praktiken denIslam zu diffamieren.Was hat eigentlich die angebliche Lehre des Islams überZwangsanwendung, auf die Nicht-Muslime verweisen, mit derRealität zu tun? Es wird behauptet, dass der Kaiser die Gebote desQurÞÁns kannte. Nun, sie sollen aufmerksam schauen, was derQurÞÁn hierzu sagt:„Die Wahrheit ist es von deinem Herrn. Lass darum gläubigsein, der will, <strong>und</strong> den ungläubig sein, der will.“ (18, 30)Allah ließ den Heiligen Propheten MuÎammad (S) verkünden,dass der Islam die Wahrheit von Ihm ist, so möge jener, der will,daran glauben, <strong>und</strong> der nicht will, möge nicht glauben. Denn esgibt das Gebot: In <strong>Glaube</strong>nsdingen soll kein Zwang sein.“ (2, 257)Dann heißt es im Heiligen QurÞÁn:„Sprich: „O ihr Menschen, nun ist die Wahrheit zu euchgekommen von eurem Herrn. Wer nun dem rechten Wegfolgt, der folgt ihm allein zum Heil seiner eigenen Seele, <strong>und</strong>wer in die Irre geht, der geht nur zu seinem eigenen Schadenirre. Und ich bin nicht ein Hüter über euch.“ (10, 109)Der Heilige Prophet, Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm, hatvorgelebt, wie diese Lehre umzusetzen ist. So haben AnÒÁr, (dieEinwohner von Medina, die den Islam angenommen hatten),früher den BanÙ NazÐr ihre Kinder kurz nach deren Geburt23


gegeben. Später wurden die BanÙ NazÐr wegen einigerVerfehlungen dazu verpflichtet, die Stadt zu verlassen, <strong>und</strong> dieAnÒÁr wollten nun ihre Kinder von ihnen zurückhaben. DerHeilige Prophet, Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm, sagtedarauf: Was ihr gegeben habt, könnt ihr jetzt nichtzurückverlangen. 1 In <strong>Glaube</strong>nsdingen gibt es keinen Zwang. DieKinder werden bei ihnen [BanÙ NazÐr] bleiben.Dies war die Lehre des Heiligen Propheten (S). Die Nachfolger<strong>und</strong> Gefährten des Propheten (S) hatten diese Lehre verinnerlicht<strong>und</strong> befolgt. So überliefert ein Sklave von Hazrat ÝUmar (r) selbst,dass Hazrat ÝUmar ihn mehrmals aufforderte, den Islamanzunehmen. Er sagt, ich weigerte mich immer. Darauf sagteHazrat ÝUmar: Das ist rechtens, denn im <strong>Glaube</strong>n gibt es keinenZwang. Als sein Todeszeitpunkt nahte, sagte Hazrat ÝUmar zudem Sklaven: Du bist frei, nun kannst du gehen, wohin du willst.– Das ist Lehre der <strong>Glaube</strong>nsfreiheit im Islam <strong>und</strong> ihre praktischeUmsetzung. Nicht einmal ein Sklave wurde genötigt. Und derPapst sagt, im Islam gebe es Zwang <strong>und</strong> gr<strong>aus</strong>ame Behandlung.Dann ist im QurÞÁn zu lesen:„…sprich zu jenen, denen das Buch gegeben ward, <strong>und</strong> zu denAnalphabeten: „Habt ihr euch ergeben?“ Haben sie sichergeben, dann sind sie sicher auf dem rechten Weg, wenden siesich aber zurück, dann obliegt dir nur die Verkündigung; <strong>und</strong>Allah achtet wohl der Diener.“ (3, 21)Das bedeutet, das Urteil <strong>und</strong> die Bestrafung liegen allein in GottesHand; Er weiß am besten, wie mit diesen Menschen umzugehenist. Das sind die entsprechenden Anweisungen. Der Vers, den icheben vorgelesen habe, stammt <strong>aus</strong> der Zeit nach der Eroberungvon Mekka, <strong>aus</strong> einer Zeit also, als die Muslime Macht besaßen.1 D. h. diese Kinder sind jüdisch, sie dürfen nicht gegen ihren Willen zum Islambekehrt werden24


Deswegen sollte man keine fadenscheinigen Einwände erheben,sondern vom Verstand <strong>und</strong> Objektivität Gebrauch machen. ImIslam gibt es kein einziges Beispiel von Zwangsbekehrung.Dem Heiligen Propheten (S) wird vorgeworfen, er hätte Zwangangewendet. Im Gegenteil, es war für ihn nicht einmal akzeptabel,dass jemand auch nur zum Schein den <strong>Glaube</strong>n annimmt. Es wirdüberliefert, dass ein Gefangener fragte, weshalb er gefangengehalten werde, er sei doch Muslim Der Prophet (S) sagte zu ihm,wenn er den <strong>Glaube</strong>n vor der Gefangennahme angenommen hätte,wäre dies richtig gewesen. Nun, so der Prophet zu ihm, alsKriegsgefangener willst du Muslim werden, nur um <strong>aus</strong> derGefangenschaft freizukommen. Der Prophet (S) wollte ihn alsonicht zwangsweise zum Islam konvertieren. Er wollte, dass dieMenschen <strong>aus</strong> ganzem Herzen den <strong>Glaube</strong>n an Gott annehmen.Daher wurde dieser Gefangene gegen die Freilassung von zweiMuslimen in die Freiheit entlassen.Der Islam erlaubt den Krieg nur, solange der Feind einenAngriffskrieg führt oder die Muslime durch Zwang von ihrem<strong>Glaube</strong>n abbringen will (Fitna). Wenn diese schwierige Zeitvorüber ist, dann haben die Muslime kein Recht, Krieg zu führen.Im QurÞÁn sagt Allah Ta’ala:„…bis die Verfolgung aufgehört hat <strong>und</strong> der <strong>Glaube</strong>n an Allah(frei) ist 2 . Wenn sie jedoch ablassen, dann (wisset), dass keineFeindschaft erlaubt ist, außer wider die Ungerechten.“ (2, 194)In Bezug auf den Vers, in dem es heißt, dass der Kampf gegenAggressoren so lange erlaubt ist, solange die Verfolgung andauert,gibt es die folgende Überlieferung: Hazrat Ibn ÝUmar (R) 3 sagt:„Dieses Gebot Gottes haben wir wie folgt umgesetzt: In der Zeit2 Das heißt, niemand muss <strong>aus</strong> Furcht vor Verfolgung seinen <strong>Glaube</strong>n aufgeben3 Sohn von Hazrat ÝUmar, ÝAbdullah (R)25


des Propheten gab es anfangs sehr wenige Muslime. Wer den Islamannahm, wurde durch die Ungläubigen wegen des Islams gr<strong>aus</strong>ambehandelt. Manche wurden ermordet, manche gefangengenommen. So haben wir so lange Krieg geführt, bis die Zahl <strong>und</strong>Macht der Muslime groß genug war <strong>und</strong> die neuen Muslime nichtmehr verfolgt wurden. Als niemand wegen seines <strong>Glaube</strong>nsverfolgt wurde, ließen wir die Sache auf sich beruhen.“ 4Dann sagt Allah Ta’ala im QurÞÁn:„O die ihr glaubt! Seid standhaft in Allahs Sache, bezeugendin Gerechtigkeit! Und die Feindseligkeit eines Volkes soll euchnicht verleiten, anders denn gerecht zu handeln. Seid gerecht,das ist näher der Gottesfurcht. Und fürchtet Allah; wahrlich,Allah ist k<strong>und</strong>ig eures Tuns.“ (5, 9)Diese Gerechtigkeit war es, die in der Zeit des Heiligen ProphetenMuÎammad (S) eine Revolution <strong>aus</strong>löste; (<strong>und</strong> auch später gab eseine Revolution). Wenn man sich das Leben der Gefährtenanschaut <strong>und</strong> untersucht, so wird man feststellen, dass dervollständige Wandel in ihrem Leben derartig war, dass er nichtdurch Zwang herbeigeführt werden kann, sondern dadurch, dassHerzen verändert werden, <strong>und</strong> dadurch, dass man seinen Feind sogütig behandelt, dass er zu einem Bew<strong>und</strong>erer wird. Bei derfriedlichen Einnahme von Mekka (durch den Propheten (S) warein erbitterter Todfeind des Islam, Ikrima, <strong>aus</strong> der Stadtgeflüchtet. Seine Ehefrau bat den Propheten (S) darum, ihm zuvergeben. Der Prophet (S) vergab ihm daraufhin. DieseVerzeihung revolutionierte das Leben Ikrimas völlig. DieseRevolution kam nicht durch das Schwert zustande. Er wurde soglaubensstark, wie man dies nur durch Liebe werden kann. Die4 D.h.: Wir führten keinen Krieg mehr26


Herzen waren so voller Aufrichtigkeit, die nur durch die Liebeerreicht werden kann. Die Menschen zeigten solcheOpferbereitschaft, die ohne eine völlige Wandelung im Innerennicht möglich ist. Für die Ehre des Islam bewiesen die Menschenein solches Bewusstsein, das man ohne ein tiefes Verständnisdieser Lehre nicht entwickeln kann. Die Gefährten zeigten solchesEhrgefühl <strong>und</strong> solche Liebe, dass die Geschichte voll ist mit denentsprechenden Begebenheiten. Ikrima (R), von dem ich ebensprach, hatte früher in jeder Schlacht gegen den HeiligenPropheten, Frieden <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm, gekämpft. Erhat mit all seinen Kräften versucht, den Islam <strong>aus</strong>zulöschen. AlsMekka fiel, flüchtete er von dort, weil er es für eine Schmach hielt,unter der Regierung des Propheten, Frieden <strong>und</strong> Segen Allahsseien auf ihm, zu leben. Dann wurde er Muslim <strong>und</strong> so aufrichtig,dass er in der Zeit von Hazrat AbÙ Bakr (R) mit großer Tapferkeitgegen die Rebellen kämpfte. In einer Schlacht kam zu einemstarken Sturmangriff des Feindes, <strong>und</strong> es wird berichtet, dass dieMenschen so abgeschlachtet wurden, wie das Gras durch dieSichel geschnitten wird. In diesem gefährlichen Augenblick drangIkrima (R) mit seinen Begleitern in die Mitte des gegnerischenHeeres. Einige mahnten ihn zur Vorsicht, es sei nicht derZeitpunkt, in das feindliche Heer einzudringen. Ikrima hörtenicht auf diese Mahnrufe. Er marschierte mit den Worten voran:Ich habe für Laat <strong>und</strong> Uzza 5 gegen den Propheten, Friede sei aufihm, gekämpft. Heute werde ich bei dem Kampf für Allah nichtzurückbleiben. Als nach der Schlacht seine Leiche gef<strong>und</strong>enwurde, sah man, dass sie wie durchsiebt <strong>und</strong> voll war mit Schwert<strong>und</strong>Lanzenw<strong>und</strong>en.Über Ikrimas Opferbereitschaft wird berichtet, dass er immer diegesamte Kriegsbeute, die er bekam, an die Armen teilte. Erspendete ohne zu zögern für die Belange der Religion. – Nun, sowaren die Herzen verändert worden, <strong>und</strong> solche Veränderungenkönnen nicht durch ein Schwert erreicht werden. 65 Mekkanische Gottheiten6 Vgl. Werke: Assaba, assad al-ghaba u. atai’ab27


Die Nicht-Muslime erheben den Einwand, dass Menschenzwangskonvertiert wurden. Wir haben bereits gesehen, wie dieLehre des Heiligen Propheten (S) diesbezüglich war. Es wirdüberliefert, dass der Prophet (S) sagte: „Wenn ein Nicht-Muslim,der durch einen mündlichen oder anderweitigen Vertrag Bürgerdes islamischen Staats geworden ist, von einem Muslim getötetwird, so wird dieser (Muslim) nicht nur weltliche Strafe erleiden,sondern wird im Jenseits sich nicht an der Brise des Paradieseserfreuen können.“Wie war das Beispiel der Nachfolger des Propheten (S)? Es wirdüberliefert, dass Hazrat ÝUmar an einem Ort vorüberkam, wo dieNicht-Muslime in harscher Weise zur Zahlung der Éizya (Steuer)aufgefordert wurden. Hazrat ÝUmar (R) blieb stehen <strong>und</strong> fragteempört, was da los sei. Es wurde geantwortet, dass diese Leutekeine Éizya zahlen wollten <strong>und</strong> sagten, dass sie dazu die Kraftnicht hätten. Darauf wies Hazrat ÝUmar (R) an: Es gibt keinenGr<strong>und</strong>, ihnen eine Last aufzubürden, die sie nicht tragen können.Lass sie in Ruhe. Ich habe den Propheten, Friede <strong>und</strong> Segen Allahsseien auf ihm, sagen gehört, dass jemand, der anderen ein Leidzufügt, am Jüngsten Tag unter der Strafe Gottes stehen wird. –Darauf wurde diesen Nicht-Muslimen die Steuer erlassen. 7Hazrat ÝUmar (R) war aufgr<strong>und</strong> der eindringlichen Anweisungendes Heiligen Propheten (S) sehr um seine nicht-muslimischenBürger besorgt. Vor seinem Tod schrieb er ein Testament fürseinen Nachfolger. Darin schrieb er: Ich weise den Khalifa, dernach mir kommt, an, dass er mit den nicht-MuslimischenBürgern der islamischen Regierung gütig <strong>und</strong> mild umgehen soll,ihre Verträge erfüllen, sie beschützen <strong>und</strong> für sie gegen ihrenFeind kämpfen soll; <strong>und</strong> er darf ihnen keine Last aufbürden, diesie nicht tragen können 8 .Wenn Nicht-Muslime zwangskonvertiert worden wären, wiekönnte dann diese Situation möglich sein. Mit den Juden vonKhaibar hatte der Prophet einen Vertrag geschlossen. Der Prophetفی من تجب عليہ الجزيۃ ul-Khiraj, 7 Kitab) فضل8 Kitab ul-Khiraj S. 7228


(S) entsandte stets seinen Gefährten ÝAbdullah bin Rawaha (R) zuihnen, um von ihnen Tribut einzuziehen. Bei der Teilung derErnte ging er so mild vor, dass er die Ernte in zwei Teile aufteilte<strong>und</strong> dann zu ihnen sagte: ihr könnt den Teil nehmen, der euchgefällt. Und den Rest nahm er als Steuer mit. 9Wie ich bereits erwähnt habe, hat Hazrat ÝUmar (R) gemäß derLehre <strong>und</strong> dem Vorbild des Heiligen Propheten, Friede <strong>und</strong> SegenAllahs seien auf ihm, sich sehr darum bemüht, seinen nicht-Muslimischen Untertanen ihre Rechte <strong>und</strong> Erleichterungen zuverschaffen. Er wies seine Gouverneure an, sich besonders um dieBelange der nicht-muslimischen Bürger zu kümmern. Ererk<strong>und</strong>igte sich persönlich nach etwaigen Schwierigkeiten für dieNicht-Muslime. Als eine Delegation der Nicht-Muslime HazratÝUmar aufsuchte, stellte er ihnen zuallererst die Frage, ob siedurch die Muslime irgendwelche Schwierigkeiten erfahren hätten.Sie antworteten, wir haben von Seiten der Muslime nur guteBehandlung <strong>und</strong> Vertragstreue erfahren. 10Als Syrien erobert wurde, zogen die Muslime von den christlichenSyrern Steuer ein. Aber nach kurzer Zeit kam die Gefahr desKriegs durch das Römische Reich wieder auf. Der islamischeAmÐr, Hazrat AbÙ ÝUbaida (R), zahlte die gesamte eingezogeneSteuer an die christliche Bevölkerung zurück. Er sagte ihnen,wegen des Krieges können wir eure Rechte nicht einhalten,deshalb ist es für uns nicht zulässig, dieses Geld einzubehalten.Daraufhin beteten die Christen für die Muslime <strong>und</strong> sagten:Möget ihr die Römer besiegen <strong>und</strong> wieder Herrscher über diesesLand werden. 11 Auf diese Weise verfuhren die Muslime. Als sie siesiegreich zurückkehrten, nahmen sie wieder Steuern ein, wiefrüher. Von Zwang kann keine Rede sein.Wenn diejenigen, die die Heilige Persönlichkeit des ProphetenMuÎammad (S) angreifen, diese Ereignisse vorurteilsfrei zurKenntnis nehmen <strong>und</strong> die Geschichte studieren, dann werden sie9 AbÙ DÁwÙd, Kitab al-BuyÙÝ10 Tabari, Band V., S. 256011 Kitab ul-Khiraj AbÙ Yousuf, S. 80-82, Futuh al-Buldaan, S. 14629


feststellen, wie gütig der Prophet (S) zu den Nicht-Muslimen war.Wenn er jemand zum Islam einlud, so tat er dies mit Liebe <strong>und</strong>Sanftmut, weil er darin den Vorteil für den anderen sah. In einerÜberlieferung wird berichtet, dass der Heilige Prophet, Frieden<strong>und</strong> Segen seien auf ihm, <strong>und</strong> seine Gefährten selbst zu der Zeit,in der sie Macht <strong>und</strong> Herrschaft hatten, auf die Empfindungender Nicht-Muslime sehr viel Rücksicht nahmen. In Medina wurdeein junger Jude krank. Als der Heilige Prophet (S) davon erfuhr,so besuchte er ihn, um nach seinem Wohlergehen zu fragen. Erstellte fest, dass es ihm schlecht ging. Er lud ihn zum Islam ein.Diese Einladung zeigte auf ihn eine Wirkung. Aber sein Vater warauch anwesend, deshalb schaute er mit einem fragenden Blick zuihm. Der Vater sagte, wenn du die Einladung (zum Islam)annehmen willst, so habe ich nichts dagegen. Darauf sagte derJunge das islamische <strong>Glaube</strong>nsbekenntnis auf <strong>und</strong> wurde Muslim.Dies erfreute den Propheten sehr. Er sagte, Gott sei dank, dasseine Seele vor dem Feuer gerettet wurde. 12Anhand von einigen Begebenheiten habe ich die Lehre des QurÞÁn<strong>und</strong> das Beispiel des Propheten (S) geschildert. Diese Beispieleenthüllen die Wahrheit über solche Einwände wie, der Islam seidurch Gewalt verbreitet worden. Es ist klar, wie sich der Islam<strong>aus</strong>gebreitet hat. Dagegen bringen die Geschehnisse in Spanien,die ich eingangs erwähnte, die Wahrheit über diese Leute – (dieEinwände erheben - AdÜ) – ans Licht.Was objektiv denkende christliche Orientalisten hierzu sagen,dazu will ich auch einige Beispiel vorlegen.Thomas Carlyle schreibt:„Unsere gegenwärtige Meinung über MuÎammad (S) lautet,dass er ein intriganter Betrüger gewesen sei, die Verkörperungder Unwahrheit, dass seine Religion nur <strong>aus</strong> Schwindelbestehe – all dies stellt sich allmählich als unhaltbar her<strong>aus</strong>.Die Lügen, die wohlmeinende Eiferer über diesen Mann12 BuÌÁri, KitÁb ul-¹anÁÞiz30


verbreitet haben, sind im Gr<strong>und</strong>e schändlich nur für unsselbst … Es ist an der Zeit, all dies abzulehnen. Die Wortedieses Mannes (d. h. des Heiligen Propheten) sind mittlerweileseit 1200 Jahren Leitung für 180 Millionen Menschen... AnMuÎammads (S) Wort glaubt heute eine größere Zahl vonMenschen als an irgendein anderes Wort. Sollen wir denken,dass es eine schlechte Zauberei war, für die so viele Geschöpfedes Allmächtigen gelebt haben <strong>und</strong> gestorben sind. Ich, fürmeinen Teil, bin nicht bereit, diese Annahme zu akzeptieren. 13Sir William Muir, der teilweise auch Dinge geschrieben hat, dieauf Vorurteilen <strong>und</strong> Fehlern beruhen, schreibt:„Wir können offen eingestehen, dass (der Heilige ProphetMuÎammad (S) viele Formen des Aberglaubens, die die(arabische) Halbinsel verdunkelten, für immer <strong>aus</strong>gemerzt hat… Auch mangelte es (dem Islam) nicht an sozialen Tugenden.Der Islam kann auf einen Grad der Enthaltsamkeit stolz sein,welcher keinem anderen <strong>Glaube</strong>n bekannt ist.“ 14Edward Gibbon schreibt:„Die letzte Überlegung in Bezug auf den Charakter des(Heiligen Propheten) MuÎammad (S) ist der Nutzen oderNachteil seiner Lehre für den Wohlstand der Bevölkerung.Seine erbittertsten <strong>und</strong> engstirnigsten Gegner <strong>und</strong> auchJuden <strong>und</strong> Christen werden, selbst wenn sie ihn nicht alseinen wahren Propheten anerkennen, gewiss die Aussagezulassen, dass er eine nützliche Lehre gebracht habe, selbstwenn sie sagen, dass diese ihrer eigenen unterlegen sei (d. h. siegeben zu, dass der Islam die beste Religion nach ihrer eigenensei – Referent) … Blutopfer (an Götzen) wurden abgeschafft,an ihre Stelle traten lobenswerte <strong>und</strong> unschuldige Arten derAndacht: Gebet, Fasten <strong>und</strong> Almosen … Er hauchte den13 Thomas Carlyle, 'On Heros-Worship and the Heroic in History' Pages 43fUniversity of Nebraska Press, 196614 Sir William Muir 'The Life of MuÎammad' Vol. IV. Page 534.KessingerPublishing. Edition 200331


Gläubigen den Geist der Mildtätigkeit <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>schaft ein,empfahl die Ausübung sozialer Tugenden. Durch seineGesetze <strong>und</strong> Vorschriften schaffte er die Rache <strong>und</strong> dieUnterdrückung von Witwen <strong>und</strong> Waisen ab. VerfeindeteStämme wurden als gläubige <strong>und</strong> gehorsame Anhängervereint. Ihre Tapferkeit, die sie bei den Kämpfenuntereinander verschwendeten, konnte mit voller Energiegegen einen äußeren Feind gerichtet werden.“ 15John Devonport hat geschrieben:„Es ist ein großer Fehler anzunehmen, dass der <strong>Glaube</strong>, dender QurÞÁn lehrte, gewaltsam verbreitet worden sei. Jene, dievorurteilsfrei sind, werden offen anerkennen, dassMuÎammads (S) Religion das Menschenopfer abschaffte <strong>und</strong>stattdessen Gottesanbetung <strong>und</strong> Mildtätigkeit lehrte; sie ließdas Bewusstsein für Freigebigkeit <strong>und</strong> gesellschaftlicheHarmonie entstehen, <strong>und</strong> verdrängte die Feindseligkeit <strong>und</strong>ewige Streitereien. Der Prophet (S) war ein wahrer Segen fürden Osten. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e war es für ihn nicht nötig,jene blutigen Mittel einzusetzen, welche Moses ohneAusnahme gebrauchte, um den Götzendienst abzuschaffen.“Devonport schreibt weiter: „Der Prophet war eine vorzüglicheKraft, die der Allmächtige zur Verfügung stellte, um den<strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> die Probleme der Menschen positiv zubeeinflussen. Daher ist es unangebracht, ihn in Unwissenheitzu beleidigen <strong>und</strong> zu verschmähen.“ 16Edward Gibbon sagt auch:„Der Prophet erklärte die Kriege der Muslime als heilig; abervon den verschiedenen Vorschriften <strong>und</strong> Beispielen <strong>aus</strong>seinem Leben suchten sich die Kalifen die Lehren derToleranz <strong>aus</strong> … Arabien war ein Tempel <strong>und</strong> ein Besitz vonMuÎammads (S) Gott … Die Polytheisten <strong>und</strong> Götzendiener,15 Edward Gibbon'The History of the Decline and Fall of the Roman EmpireVol. V. Page 23116 Devonport 'An Apology for Muhammad and the QurÞÁn'. 186932


die ihn nicht erkannten, könnten gesetzlich von seinenVerehrern getötet werden; doch seine weise Vorgehensweiseverpflichtete sie zu einem gerechten Umgang mit ihnen.“ 17Tolstoi schrieb:„Es kann daran keinen Zweifel geben, dass der ProphetMuÎammad (S) einer der größten Reformer war, der sichgroße Verdienste für die menschliche Gesellschaft erworbenhat. Es genügt zu sagen, dass er eine ganze Nation zum Lichtder Wahrheit führte <strong>und</strong> sie zu Anhängern von Ruhe <strong>und</strong>Frieden machte. Er bevorzugte ein asketisches Leben <strong>und</strong>vermied Blutvergießen <strong>und</strong> menschliche Opfer. Er zeigteihnen den Weg zum Fortschritt <strong>und</strong> zur Zivilisation. Das isteine her<strong>aus</strong>ragende Leistung, die nur der erzielen kann, demStärke verliehen wird. Dieser Mensch verdient Respekt <strong>und</strong>Ehre.“ 18George Bernard Shaw hat gesagt, dass die mittelalterlichenMönche <strong>aus</strong> Unwissen oder Vorurteil her<strong>aus</strong> ein schrecklichesBild des Islams gezeichnet hätten. Nicht nur dies, sie hätten auchüber den Propheten (S) beleidigende Worte geäußert. Er habe überalle diese Dinge genauestens studiert <strong>und</strong> sei zu dem Schlussgelangt, dass der Prophet MuÎammad (S) der Retter derMenschheit genannt werden müsse.Rev. Bosworth Smith schrieb:„Er (MuÎammad (S)) war sowohl ein Oberhaupt des Staatesals auch der religiösen Gemeinde (Kirche). Somit waren Papst<strong>und</strong> Kaiser in ihm vereint. Doch er war Papst ohne päpstlicheAnmaßungen, <strong>und</strong> Kaiser ohne Legionen. Ohne eine reguläreArmee, ohne eine Leibgarde, ohne Polizei, ohne festgelegtesStaatseinkommen. Wenn jemand wahrhaft im Namen Gottes17 Edward Gibbon'The History of the Decline and Fall of the Roman Empire'Vol. V. Page 315.Penguins Classics, 1st published 1788.this edition 199618 http://www.islaam.net/main/display.php?id=1392&category=12Stand 7.11.200733


egierte, so war es MuÎammad (S), denn er hatte jeglicheMacht, ohne die dazu nötigen Mittel.“ 19Pringle Kennedy schrieb:MuÎammad (S) war, um es zugespitzt zu formulieren, derMann der St<strong>und</strong>e. Um seinen w<strong>und</strong>erbaren Erfolg verstehenzu können, muss man die Bedingungen seiner Zeit studieren.Als er geboren wurde, waren seit Jesus Christus fünfeinhalbJahrh<strong>und</strong>erte vergangen. Damals hatten die alten Religionender Griechen <strong>und</strong> Römer <strong>und</strong> die h<strong>und</strong>ert<strong>und</strong>ein Staaten umdas Mittelmeer ihre Vitalität verloren. An ihre Stelle trat einlebendiger Cäsarismus. Die Religion des Römischen Reichesbestand darin, den Staat, den der Kaiser verkörperte, zuverehren. Es gab auch andere Religionen, aber sie müsstengleichzeitig diesen Kult akzeptieren oder sogar dessenÜberlegenheit eingestehen. Der Cäsarismus konnte auch nichtzufriedenstellen. Die Religionen <strong>und</strong> Aberglauben des Ostens(in Ägypten, Syrien, Persien), waren für viele in der römischenWelt ansprechend <strong>und</strong> hatten viele Fürsprecher. Der fataleFehler vieler dieser Religionen war, dass sie in vielerleiHinsicht so unbedeutend (Ignorable) waren … Als dasChristentum zu Beginn des vierten Jahrh<strong>und</strong>erts denCäsarismus eroberte, wurde es selbst quasi zum Cäsarismus.Es war nicht mehr das reine Bekenntnis, das etwa 300 Jahrezuvor gelehrt wurde. Es verlor die Spiritualität, wurderitualisiert <strong>und</strong> materialistisch.Doch wie all das in wenigen Jahren verändert wurde, wie biszum 650 n. Chr. ein Großteil dieser Welt völlig anders wurdeals es zuvor gewesen war: Das ist eines der bemerkenswertestenKapitel der menschlichen Geschichte … Dieser w<strong>und</strong>erbareWechsel … folgte auf einen Mann – wenn er nicht garhauptsächlich von diesem <strong>aus</strong>gelöst wurde: Dieser Mann warder Prophet (S) von Mekka. (trotz gegenteiligen Meinungenvon extremistischen Christen <strong>und</strong> voreingenommenOrientalisten), kann man nicht bestreiten, welche immense19 R. Bosworth Smith ‘Muhammad and Muhammadanism’. Page 262.34


Wirkung das Leben des Propheten auf die Geschichte dieserWelt <strong>aus</strong>übte. (Man muss zugestehen, dass seine Revolutiondas beste Beispiel für einen Wandel ist, der durch einenMenschen herbeigeführt wurde.“ 20Samuel P. Scott schrieb:„Wenn das Ziel einer Religion darin besteht, der MoralGeltung zu verschaffen, das Übel <strong>aus</strong>zumerzen, dasmenschliche Glück zu fördern, den menschlichen Intellekt zuerweitern – wenn dem Menschen seine guten Taten nutzensollen an dem großen Tage, da alle Menschheit zu ihrerletzten Abrechnung gerufen wird: dann ist es weder unwichtignoch unvernünftig zu akzeptieren, dass MuÎammad (S) in derTat ein Apostel Gottes war. 21Es gibt viele Zitate, aber ich will mich kurz fassen:Ruth Cranston führt <strong>aus</strong>:“MuÎammad (S) hat niemals einen Krieg oder Blutvergießenangefangen. Jeder Krieg, den er kämpfte, war defensiv. Wenner kämpfte, dann nur, um zu überleben. Er kämpfte mit denWaffen <strong>und</strong> in der Art <strong>und</strong> Weise, wie es zu seiner Zeit üblichwar. – „Christliche“ Nationen, die heute 140 MillionenMenschen umfassen (1949), <strong>und</strong> die jüngst 120,000 hilfloseZivilisten mit einer einzigen Bombe töteten, haben absolutkeine Berechtigung, einem Führer etwas vorwerfen, in dessenSchlachten im schlimmsten Falle fünf bis sechs H<strong>und</strong>ertMenschen fielen. Die Opfer, die (es bei diesen Schlachten)gab, <strong>und</strong> zwar in der blutrünstigen <strong>und</strong> dunklen Zeit dessiebten Jahrh<strong>und</strong>ertes, wirken kindisch im Vergleich zu denvon uns verursachten Opfern in diesem fortgeschrittenen <strong>und</strong>aufgeklärten Zeitalter. Ganz zu schweigen von denMassenschlachtungen während der Inquisition <strong>und</strong> derKreuzzüge, als die christlichen Krieger stolz feststellten, dass20 Pringle Kennedy ‘Arabian Society at the Time of Muhammad. Pages; 8, 10, 18, 21.21 S. P. Scott, 'History of The Moorish Empire in Europe.' Page 12635


sie knöcheltief im Blut der muslimischen Ungläubigenliefen. 22Dann schreibt Devonport:Es kann mit Gewissheit <strong>und</strong> absoluter Sicherheit gesagtwerden, dass, wenn statt der muslimischen Freiheitskämpfer<strong>und</strong> den Türken, die westlichen Prinzen über Asien geherrschthätten, sie die Muslime nicht mit jener religiösen Toleranzbehandelt hätten, die Muslime gegenüber dem Christentumzeigten. Dies beruht darauf, dass das Christentum selbstgegenüber den eigenen <strong>Glaube</strong>nsgenossen mit Gr<strong>aus</strong>amkeit<strong>und</strong> voller Vorurteil <strong>und</strong> Brutalität vorgegangen ist. 23Der Verheißene Messias 24 , Friede sei auf ihm, schreibt:„Der Leser des Aufsatzes hat den Einwand erhoben, dass imQurÞÁn geboten werde, andere mit Zwang zum Islam zukonvertieren. Es hat den Anschein, dass diese Person wederselbständig denken kann, noch über <strong>aus</strong>reichend Wissenverfügt. Er betreibt lediglich Lobhudelei der christlichenPriester. Denn diese haben aufgr<strong>und</strong> ihres Grolls <strong>und</strong>Vorurteils, gemäß ihrer Gewohnheit, in ihren Bücherngeschrieben, dass der Islam eine Zwangskonvertierung gebiete.Dieser <strong>und</strong> seine Brüder haben ohne eigene Nachforschungden erf<strong>und</strong>enen Vorwurf der Priester wiederholt. Im QurÞÁngibt es ganz eindeutig diesen Vers: Es soll kein Zwang im<strong>Glaube</strong>n sein. (2, 257). Der Unterschied zwischen derWahrheit <strong>und</strong> Falschheit ist ganz offenbar, deswegen ist einZwang nicht notwendig. Es ist verw<strong>und</strong>erlich, dass zwar derQurÞÁn ganz <strong>aus</strong>drücklich davon spricht, dass es im <strong>Glaube</strong>nkeinen Zwang geben darf, aber jene, deren Herzen wegenGrolls <strong>und</strong> Feindseligkeit verdunkelt sind, nicht aufhören, dasGotteswort anzugreifen. – Nun zitieren wir einen weiteren22 Ruth Cranston ' World Faith', p:155 Ayer publishing, 194923John Devonport, ibid.24 Hazrat Mirza Ghulam Ahmad (1835-1908), der Verheißene Messias <strong>und</strong> Mahdi desIslam, Gründer der <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat36


Vers <strong>und</strong> fordern die Autoren auf, gerecht <strong>und</strong> mitGottesfurcht zu urteilen, ob dieser Vers den Zwang lehrt, oderob er nicht das Verbot des Zwangs unterstreicht. Und dieserVers lautet:„Und wenn einer der Götzendiener bei dir Schutz sucht, danngewähre ihm Schutz, bis er Allahs Wort vernehmen kann;hierauf lasse ihn die Stätte seiner Sicherheit erreichen. Diesweil sie ein unwissendes Volk sind.“ (9, 6)Diese Erleichterung ist für die Betreffenden deswegennotwendig, weil sie den Islam nicht wirklich kennen. Wennnun der QurÞÁn den Zwang erlaubt hätte, so wäre in ihmnicht die Lehre enthalten, dass wenn ein Ungläubiger denQurÞÁn hören will <strong>und</strong> nicht bereit ist, den Islamanzunehmen, er zum Ort seiner Sicherheit gebracht werdensoll. Stattdessen hätte der QurÞÁn gelehrt, sobald ihr einenGötzendiener in eurer Gewalt habt, bekehrt ihn sofort mitZwang zum Islam. 25Die nächste Frage, die er (der Papst) erhoben hat, lautet, dass derGott des Islam ein solcher Gott ist, den die <strong>Vernunft</strong> nichtakzeptiert. Aber der Gott des Islam ist ein solcher Gott, der dieMenschen um Erkenntnis über seine Existenz zu gewinnen, zumGebrauch des Verstandes aufruft. Wenn die Vorstellung überallvorhanden ist, dass es einen Schöpfer des Himmels <strong>und</strong> der Erdegibt, so muss man auch akzeptieren, dass Er Allmächtig ist. Mansoll nicht das Gottesbild im Islam verspotten, sondern von<strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Reflexion Gebrauch machen.Der Verheißene Messias, Friede sei auf ihm, sagt:25 ¥ašma-e MaÝrifat, RuÎÁni ËazÁÞin, Band 23, Seiten 232f.37


„Der Gott des Islam ist jener Gott, den man im Spiegel derNaturgesetze <strong>und</strong> Schöpfung sieht. Der Islam stellt keinenneuen Gott vor, sondern jenen Gott, der durch das innereLicht <strong>und</strong> das Gewissen <strong>und</strong> die Himmel <strong>und</strong> die Erdeerkannt wird.“ 26An einer anderen Stelle sagt der Verheißene Messias (A):„Der Gott, zu Dem uns der QurÞÁn ruft, hat folgendeEigenschaften: ‚Gott ist Einzig, niemand ist der Anbetung<strong>und</strong> des Gehorsams würdig außer Ihm; wenn Er nicht ohnePartner wäre, so hätte ein anderer Ihn vielleicht überwältigt.Dieser würde immer eine Gefahr sein für die Göttlichkeit. Esheißt im QurÞÁn, dass keiner anbetungswürdig ist außer Ihm.Dies bedeutet, dass Er ein solch Vollkommener Gott ist <strong>und</strong>seine Vorzüge <strong>und</strong> Vollkommenheiten so hoch <strong>und</strong> erhabensind, dass wenn man unter den Existierenden einen Gottwegen vollkommener Eigenschaften <strong>aus</strong>suchen wollte, <strong>und</strong>sich vorzüglichste <strong>und</strong> erhabenste Eigenschaften Gottesvorstellte, so würde man feststellen, dass Jener Gott derErhabenste <strong>und</strong> Höchste ist, <strong>und</strong> niemand erhabener ist alsEr: Er ist also jener Gott, an dessen Anbetung geringere Wesenteilhaben zu lassen größte Ungerechtigkeit ist.“Der Islam ist rein von jeglichem Širk 27 . Diese Ungerechtigkeit aberbegehen die Christen, die einen Propheten Gottes als Gotthingestellt haben.Dann sagt der Verheißene Messias (A):„Er ist Kenner des Verborgenen. Er kennt Sein Wesen selbst.Keiner kann sein Wesen umfassen. Wir können dieBeschaffenheit der Sonne <strong>und</strong> des Monds <strong>und</strong> aller Geschöpfesehen, aber können nicht die Beschaffenheit Gottes sehen.Dann heißt es, er ist Kenner des Sichtbaren. Nichts ist vorseinem Blick verborgen. Es ist nicht zulässig, dass Er zwar26 MaºmÙÝa ištiharÁt, Band II, S. 310f.27 Gott Teilhaber beigesellen38


Gott genannt wird, aber in Bezug auf das Wissen der Dingeunachtsam ist. Er hat jedes Körnchen dieses Universums imBlick. Aber der Mensch ist dazu nicht imstande. Er weiß,wann er dieses Schöpfungssystem zerstört <strong>und</strong> das JüngsteGericht einberuft. Außer Ihm ist es keinem bekannt, wanndies geschehen wird. Er ist jener Gott, der alle dieseZeitpunkte kennt. Dann heißt es: Er ist Gnadenreich. Dasheißt, bevor Lebewesen zu existieren <strong>und</strong> zu handelnbeginnen, beschert Er Ihnen die Mittel für ihr Wohlergehen,<strong>und</strong> zwar nur <strong>aus</strong> Seiner Gnade her<strong>aus</strong>, <strong>und</strong> nicht <strong>aus</strong> einerErwartung her<strong>aus</strong> oder als eine Belohnung für ihre Taten. Sohat Er die Sonne <strong>und</strong> die Erde vor unserer Existenz <strong>und</strong> vorder Existenz unserer Taten für uns erschaffen. Diese Gabewird im Gottesbuch „RaÎmÁniyyat“ (Gnädigsein) genannt.Wegen Dieser Eigenschaft Gottes wird Er der Gnadenreichegenannt. Dann wird Er Ar-RaÎÐm genannt. Das heißt, guteTaten vergilt Er mit besserem Lohn <strong>und</strong> lässt die Mühedesjenigen, der sich bemüht, nicht verloren gehen. Wegendieses Wirkens wird Er Ar-RaÎÐm genannt. Diese Eigenschaftwird als RaÎÐmiyyat bezeichnet. Dann heißt es: MalikiYaumid-DÐn. Jegliche Belohnung ist in der Hand Gottes. Erhat keinen Bevollmächtigten, dem Er die Herrschaft überHimmel <strong>und</strong> Erde übergeben hätte <strong>und</strong> sich von all demzurückgezogen hätte, <strong>und</strong> selbst tatenlos wäre; <strong>und</strong> dass dieserBevollmächtigte berechtigt wäre, jede Belohnung <strong>und</strong>Bestrafung <strong>aus</strong>zuteilen.“Also, Er ist nicht bedürftig. Er ist Besitzer aller Kräfte. Gott hat esnicht nötig, ein Konzil zu bilden, um von ihm Unterstützung zuerhalten. Wenn es um <strong>Vernunft</strong> geht, <strong>und</strong> um den Vorwurf, dassdas Gottesbild im Islam nicht mit <strong>Vernunft</strong> übereinstimme, dannist zu sagen, dass ihr Gottesbild eher der <strong>Vernunft</strong> widerspricht;sie haben drei Götter; Gott funktioniert quasi wie eindemokratisches Gremium. Wenn einer der drei nichteinverstanden wäre, wird es schwierig, eine Entscheidung zutreffen.Der Verheißene Messias, Friede sei auf ihm, sagt weiter: „Er istKönig <strong>und</strong> Heilig. Das heißt, Er ist ein solcher König, dessen39


Dasein von jeglichem Makel frei ist. Die menschlicheHerrschaft ist offensichtlich nicht frei von Makel. Wenn zumBeispiel alle Bevölkerung <strong>aus</strong>wandert <strong>und</strong> in ein anderes Landzieht, so wird die menschliche Herrschaft nicht mehrexistieren. Oder wenn alle Untertanen verhungern, wer wirddann die königliche Steuer zahlen. Und wenn einige von denUntertanen mit ihm diskutieren, was ihn von den Untertanen<strong>aus</strong>zeichnet – welche besondere Fähigkeit kann er dannvorweisen. Doch Gottes Herrschaft ist nicht derartig. Er kannin einem Augenblick das ganze Land zerstören <strong>und</strong> neueSchöpfungen hervorbringen. Wäre Er nicht Schöpfer <strong>und</strong>Allmächtig, so könnte Er Seine Herrschaft nicht ohneUnrecht <strong>aus</strong>üben. Denn wenn Er der Welt einmal Vergebung<strong>und</strong> Erlösung gegeben hätte, woher hätte Er dann eine andereWelt bekommen. Hätte Er die Erlösten nochmals ergriffen<strong>und</strong> durch Unrecht Seine Vergebung <strong>und</strong> Erlösung wiederaufgehoben? Das hätte seiner Göttlichkeit Abbruch getan. Wieweltliche Könige wäre er ein Herrscher mit Makeln, die fürdie Welt Gesetze erlassen <strong>und</strong> sich immer wieder empören<strong>und</strong> entrüsten, <strong>und</strong> wenn in den Augenblicken ihrerSelbstsucht sie feststellen, dass ohne Unrecht keinAuskommen ist, dann machen sie das Unrecht zu ihrerMuttermilch.“ 28„Das königliche Gesetz lässt zu, dass für die Errettung einesSchiffes die Insassen eines Bootes dem Tod übergeben werden.Aber Gott ist in einem solchen Fall nicht genötigt. Kurzum,wenn Gott nicht der Allmächtige wäre, Der <strong>aus</strong> dem Nichtserschafft, so hätte Er entweder gleich schwachen FürstenUnrecht getan, statt Seine Allmacht zu zeigen, oder Er hättesich so der Gerechtigkeit unterworfen, dass Er sich von derGöttlichkeit verabschiedet hätte. Aber Gottes Schiff fährt mitallen Seinen Mächten <strong>und</strong> mit vollkommener Gerechtigkeit.28 Das heißt, das Unrecht trinken sie wie die Muttermilch. Der Gott des Islamsist frei von jeglichem Unrecht. AdÜ40


Dann heißt es: (Gott ist) SalÁm. Das bedeutet, Gottes Wesenist frei von Ungemach, Mängeln oder Leiderfahrungen. ImGegenteil, Er ist derjenige, der Frieden <strong>und</strong> Sicherheitgewährt. Die Bedeutung dieser Eigenschaft ist eindeutig. Dennwäre Er selbst in Unglück geraten, von Menschen getötetworden <strong>und</strong> in seinen Vorsätzen erfolglos geblieben, wiekönnte ein solch schlechtes Vorbild den Menschen Sicherheitgeben darüber, dass dieser Gott vor Unglück retten könnte.Über falsche Götter sagt Gott im QurÞÁn:„Gewiss, jene, die ihr anruft statt Allah, werden in keinerWeise vermögen, (auch nur) eine Fliege zu erschaffen, wennsie sich dazu auch zusammentäten. Und wenn die Fliegeihnen etwas raubte, sie können es ihr nicht entreißen.Schwach ist der Suchende wie der Gesuchte.“ (22, 74f.)Dann heißt es, dass Gott Frieden schenkt, <strong>und</strong> Beweise fürseine Vollkommenheiten <strong>und</strong> seine Einheit liefert. Damitwird darauf angespielt, dass derjenige, der an den wahren Gottglaubt, sich in keiner Zusammenkunft die Blöße geben wird.Denn er verfügt über überwältigende Argumente. Aber wer aneinen erf<strong>und</strong>enen Gott glaubt, der sieht sich großenSchwierigkeiten gegenüber. Er liefert keine Argumente,sondern umgibt allen Unsinn mit der Aura des Geheimnisses,damit will er sich vor Spott schützen <strong>und</strong> die erwiesenenFehler verstecken kann.Dann heißt es: Er ist Beschützer aller Wesen, Er überwältigtalle, Er bringt missratene Angelegenheiten in Ordnung, <strong>und</strong>sein Wesen ist sich selbst genügend. Dann heißt es, Er istAllah, Er hat Körper <strong>und</strong> Seelen erschaffen, <strong>und</strong> Er ist es, derim Mutterleib das Aussehen des Kindes formt. Alleerdenklichen guten Namen sind Seine. Dann heißt es, die41


himmlischen Wesen gedenken der Heiligkeit Gottes, <strong>und</strong> dieirdischen Wesen tun dies auch. Laut diesem Vers gibt es auchin den himmlischen Sphären Lebewesen. Diese müssen derGöttlichen Leitung folgen. Dann heißt es, Gott hat die Macht,alles zu tun, was Er will. Dies ist ein beruhigendes Momentfür Seine Verehrer. Wenn Gott nicht allmächtig wäre, welcheHoffnung darf man dann in Ihn setzen. Dann heißt es: Er istderjenige, der für das Gedeihen <strong>und</strong> die Entwicklung allerSchöpfung sorgt rabb ‏.(رب)‏ Er ist Gnädig, Barmherzig, <strong>und</strong>Herrscher am Tag des Jüngsten Gerichts. Diese Berechtigung,nämlich über den Jüngsten Tag zu verfügen, hat erniemandem gegeben. Er hört den Ruf jedes Rufenden, <strong>und</strong>antwortet ihm. Das heißt, er erhört <strong>und</strong> akzeptiert die Gebete.Dann heißt es: Er ist der Lebendige, <strong>und</strong> durch Ihn kann dasLeben existieren. Dies ist deswegen gesagt worden, dass wennEr nicht von Ewigkeit zu Ewigkeit existieren würde, so würdeman sich ständig fragen, wann Er sterben würde, vielleichtkönnte Er sogar vor uns sterben. Dann sollen wir sagen: Gottist der Einzige; Er hat weder einen Vater, noch einen Sohn, esgibt keinen, der Ihm gleichen wäre, noch hat Er einen, der29ہم جنس)‏ ) wäre. von Seiner GattungDer Verheißene Messias, Friede sei auf ihm, sagt: „Man darffolgendes nicht vergessen: die als Christentum bekannteReligion ist keine christliche, sondern paulinische Religion.Christus hat an keiner Stelle die Dreieinigkeit gelehrt. Solangeer lebte, hat er die Lehre eines einzigen Gottes vertreten, nebendem kein anderer Gott sein kann. Nach seinem Tode hat auchsein Bruder Jakob, der sein Stellvertreter <strong>und</strong> ein Heiliger war,die Einheit Gottes gelehrt. Paulus hat sich ohne Gr<strong>und</strong> gegendiesen Heiligen gewandt <strong>und</strong> hat angefangen, gegen seinerichtigen <strong>Glaube</strong>nsauffassungen zu predigen. Letztlich istPaulus in diesem Bestreben so weit gegangen, dass er eine neuereligiöse Lehre erfand, <strong>und</strong> seine Gemeinde dazu brachte, derThora völlig den Gehorsam zu verweigern. Er lehrte, imChristentum sei das Gesetz nach dem Sühneopfer Christinicht mehr nötig. Das Blut Christi genüge, um die Sünden zu29 Philosophie der Lehren des Islam42


eseitigen, die Befolgung der Thora sei nicht erforderlich.Dann führte er in diese Religion eine weitere Unreinheit ein,nämlich er erlaubte den Verzehr des Schweinefleisches.Dagegen hatte Jesus das Schwein als unrein bezeichnet.Deshalb ist in den Evangelien sein Wort verzeichnet, mandürfe seine Perlen nicht vor die Säue werfen. Wenn Jesus dieheilige Lehre mit einer Perle vergleicht, dann geht dar<strong>aus</strong> klarhervor, dass er im Gegensatz dazu das Schwein als unreinansieht. In Wahrheit ist es so, dass unter den Griechen derVerzehr des Schweinefleisches üblich war, wie es heute imgesamten Europa der Fall ist. Paulus hat, um die Herzen derGriechen zu gewinnen, das Schwein für seine Gemeinde fürerlaubt erklärt. In der Thora heißt es hingegen, das Schweinsei für immer <strong>und</strong> ewig verboten. Es zu berühren sei sogarunerlaubt. Kurzum, alle Übel in dieser Religion sind aufPaulus zurückzuführen. 30Der Papst hat ja angemerkt, dass zwischen dem Griechentum <strong>und</strong>dem <strong>Glaube</strong>n, der auf der Bibel beruhe, eine tiefeÜbereinstimmung bestehe. In Wirklichkeit ist es nicht dieReligion Christi, sondern es war ein Versuch, die Griechen zugewinnen. Die gerechten Christen wissen dies <strong>und</strong> sagen ganzoffen, wie das Gottesbild des Islams sei. Edward Gibbon schreibtdazu:Der <strong>Glaube</strong> MuÎammads (S) ist frei von Zweifel oderZweideutigkeit. Der QurÞÁn ist ein großartiges Zeugnis für dieEinheit Gottes … Der Prophet von Mekka lehnte dieAnbetung von Götzen <strong>und</strong> Menschen, von Sternen <strong>und</strong>Planeten ab, <strong>und</strong> zwar <strong>aus</strong> rationalen Gründen… Das erstePrinzip der Offenbarung <strong>und</strong> Rationalität wurde durch dieStimme MuÎammads (S) bestätigt. Von Marokko bis Indienzeichnet seine Anhänger die Tatsache <strong>aus</strong>, dass sie als Vertreterder Einheit Gottes gelten (i. O. Unitarians). 3130 Quelle des Christentums, S. 36-3731Edward Gibbon The History of the Decline and Fall of the Roman Empire"Vol V , Page 177-17843


Das ist der Gott des Islam, der denjenigen, der vernünftig denkt,zu der Überzeugung bringt, dass im Gott des Islam rationale <strong>und</strong>vernünftige Argumente zu finden sind.Abschließend sage ich zu jedem Ahmadi folgendes: Es werdenimmer neue Fronten gegen den Islam gebildet. Durch dieseSituation können wir nur dann erfolgreich hindurchgehen, wennwir uns vor Gott niederbeugen <strong>und</strong> Ihn um Hilfe bitten. RufenSie zu Gott stärker als früher. Er möge die Zeichen seinerAllmacht zeigen. Die Welt möge von falschen Göttern erlöstwerden. Wenn diese Menschen heute wegen ihrer Macht <strong>und</strong> ihresReichtums überheblich werden <strong>und</strong> den Islam angreifen, dannwerden die Pfeile unserer Gebete, InschAllah, diese Arroganzbrechen. Rufen Sie zu dem Gott, der Gott des Universums ist, .Der der Herr der Welten ist, Der der Gott des MuÎammadRasÙlullah 32 ist: Damit bald die Herrschaft dieses einzigen Gottes,der keine Partner hat, in der Welt errichtet wird. Diemuslimischen Länder müssen auch daran denken, ihre marginalenDifferenzen zu beseitigen. Sie sollten sich vereinen <strong>und</strong> sichdarum bemühen, den Namen des Propheten MuÎammad (S) zuerhöhen. Sie sollten aufhören, Dinge zu tun, die dann denanderen die Gelegenheit geben, mit dem Finger auf sie zu zeigen.Möge Allah ihnen helfen.32 Gesandter Allahs44


2 Wege zum Weltfrieden in der Lehredes IslamÜbersetzung der Freitagsansprache von Hazrat Mirza Masroor Ahmad,Oberhaupt der weltweiten <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat vom 22.06.2007Wenn sich überall in der Welt Unfrieden verbreitet, <strong>und</strong> manüberall den Mangel an Sicherheit feststellt, dann sendet Gott – wiewir wissen – seine Gesandten, um seine Schöpfung zu leiten <strong>und</strong>seine Diener vor dem Unheil zu bewahren. Die Gesandten werdenentsandt, wenn auf der Erde überhaupt keine Gottesfurcht mehrbleibt. Wir haben gesehen: vor 1400 Jahren, als es keineGottesfurcht mehr auf der Welt gab, das Meer <strong>und</strong> die Erde vondem Unheil erdrückt wurden, hat Gott dem Heiligen Propheten,Frieden <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm, sein letztes Gesetzoffenbart <strong>und</strong> dafür gesorgt, die Welt vor diesem Unheil zubewahren. Gott hat dem Heiligen Propheten, Frieden <strong>und</strong> SegenAllahs seien auf ihm, den QurÞÁn offenbart. Damit wies Er unsden Weg, wie die Rechte Gottes <strong>und</strong> der Mitmenschen erfülltwerden können. Dieser Weg war entweder bei den Anhängernfrüherer Propheten in Vergessenheit geraten, oder es wurden denfrüheren Propheten keine solchen Anweisungen mit solch hohenStandards gegeben. Was die Götzendiener anbelangt, hatten siebereits den Gipfel der Unwissenheit erklommen. Also wurden wirdurch den QurÞÁn auf das wichtigste im Leben hingewiesen:nämlich Gottesfurcht (TaqwÁ). TaqwÁ ist etwas äußerst wichtiges.Wenn der Mensch sie begreift, kann er in seiner Person GöttlicheEigenschaften entwickeln, er kann Göttliche Eigenschaften inseiner Person reflektieren <strong>und</strong> dafür sorgen, dass diese sich in derWelt verbreiten.Der Verheißene Messias, Friede sei auf ihm, weist auf diesewichtige Eigenschaft in einer seiner Schriften hin:45


„Im Vergleich zu anderen Geboten wird im QurÞÁn mit sehrviel Nachdruck zur Einhaltung der Gottesfurcht (TaqwÁ) <strong>und</strong>Enthaltsamkeit gerufen. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist folgender: DieGottesfurcht (TaqwÁ) gewährt die Kraft, jede schlechte Tat zumeiden. Und sie regt uns an, zu jeder guten Tat zu eilen. DasGeheimnis für diesen besonders hohen Nachdruck liegt darin,dass die TaqwÁ für den Menschen in jeder Hinsicht sozusagenein Amulett der Sicherheit darstellt; sie ist die feste Burg, inder man vor jeglicher Versuchung ‏(فتنہ)‏ beschützt ist. Eingottesfürchtiger Mensch kann vor vielerlei nutzlosen <strong>und</strong>gefährlichen Konflikten bewahrt werden, in die andere geraten<strong>und</strong> sich bisweilen ins Verderben stürzen; die Eilfertigkeit <strong>und</strong>der Argwohn solcher Leute führen zur Zwietracht in derGemeinschaft <strong>und</strong> geben den Gegnern Anlass zur Kritik.“ 33Deshalb ist die Gottesfurcht die Gr<strong>und</strong>lage der Religion. Solangesie das Handeln der Muslime bestimmte, konnten sie dieBotschaft Gottes in die Welt tragen <strong>und</strong> reine Seelen konnten sichzu ihnen gesellen. Aus Arabien stammend, breitete sich der Islamin andere Regionen Asiens <strong>aus</strong>. Er verbreitete sich im fernenOsten, <strong>und</strong> auch Afrika hatte Anteil an seinen Segnungen, <strong>und</strong>auch in Europa wurde die Fahne des Islams gehisst. Aber als dieGottesfurcht (TaqwÁ) immer mehr verschwand, als der spirituelleFrieden den Egoismen weichen musste, als an die Stelle der Liebe<strong>und</strong> Zuneigung Hass, Groll <strong>und</strong> Argwohn traten, wurden dieMuslime der Gnaden <strong>und</strong> Segnungen beraubt, die Gott für jenebestimmt hat, die Gottesfurcht im Herzen tragen. Aber wie ichbereits sagte, hat Allah, um die Verderbnis auf dem Meer <strong>und</strong> aufdem Lande zu beseitigen, dem Heiligen ProphetenMuÎammad (S) die entsprechende Lehre gegeben. Diese Lehre istes heute, die Dunkelheit ins Licht verwandeln wird. Diese Lehreist es heute, die den Unfrieden in der Welt durch ihre Botschaftdes Friedens beseitigen wird. All dies ist denjenigen, die keineGottesfurcht mehr im Herzen hatten, verloren gegangen. AberGott hat das Versprechen, das er dem letzten Gesetz bringendenPropheten, MuÎammad (S), machte, nicht zurückgenommen: dass33 Ayyam-us-Sulh, RuÎÁni ËazÁÞin, Seite. 34246


nämlich der Islam letztlich die Oberhand über alle anderenReligionen gewinnen werde. Diejenigen sind dieser Gnadeverlustig gegangen, die keine Gottesfurcht haben, aber dieReligion des Islam hat keineswegs an Bedeutung verloren. Heutehat Gott für die Wiedergeburt (Renaissance) des Islams denwahren Liebhaber des Heiligen Propheten (S) bestimmt. Heutemüssen diejenigen, die an den Verheißenen Messias (A) glauben,dieses verloren gegangene Erbe der Muslime zurückholen, indemsie die richtige Lehre des Islam leben <strong>und</strong> ihre Herzen mitGottesfurcht erfüllen.Es ist also die Verantwortung eines jeden Ahmadis, dieseBotschaft des Friedens in alle Richtungen zu verbreiten. Er solljeden Einzelnen in seinem Herzen davon überzeugen, dass derIslam keine Religion der Gewalt, sondern der Vorreiter fürgegenseitige Liebe <strong>und</strong> Zuneigung ist. Die Lehre des Islam fördertauf jeder Ebene den Frieden <strong>und</strong> die Sicherheit. Der Islam hateine schöne Lehre gegeben, wie Völker <strong>und</strong> Nationenuntereinander im Frieden leben können. Dagegen kann weder dasmenschliche Denken ankommen, noch die Lehre einer anderenReligion. Wenn diese schöne Lehre befolgt wird, kann der Friedenin der Welt wiederhergestellt werden.Nach dem zweiten Weltkrieg ist eine weitere Organisation namens„Vereinte Nationen“ (UNO) aufgetreten, um internationalenFrieden zu sichern. Aber wir sehen, dass es dieser Organisationgen<strong>aus</strong>o wie ihrer Vorgängerin [Völkerb<strong>und</strong>] ergeht. WichtigeGeistesgrößen setzten ihre Köpfe zusammen, um mit großerPlanung diese Organisation zu schaffen. Viele Ausschüsse wurdengebildet. Der Sicherheitsrat sollte den Weltfrieden erhalten <strong>und</strong>Konflikte lösen. Für die Untersuchung ökonomischerAngelegenheiten, die ja auch zu Konflikten führen können, wurdeebenfalls ein Rat gebildet. Der internationale Gerichtshof wurdegeschaffen. Trotz alldem kann jeder selbst beobachten, was in derWelt heute geschieht. Dieser Misserfolg beruht auf dem Mangel anGottesfurcht. In der UNO haben sich einige Nationen überandere gestellt – wohl wegen ihres Reichtums, ihrer Intelligenz,ihrer Macht, ihrer Wissenschaft, oder wegen ihrer Hybris(Überheblichkeit) oder weil sie sich als Vorreiter für Frieden <strong>und</strong>47


Sicherheit ansehen. Es gibt dauerhafte Mitgliedschaft <strong>und</strong>vorübergehende Mitgliedschaft. Dieses zweierlei Maß kannniemals zu Gerechtigkeit führen. Ihnen fehlt die spirituelleEinsicht, die Hilfe Gottes <strong>und</strong> Gottesfurcht. Wenn eineGroßmacht das Sonderrecht genießt, die Mehrheitsmeinung zuüberstimmen, dann kann ein solches Sonderrecht niemals dieSicherheit fördern. Wenn in der Welt die Sicherheit gefördertwird, dann durch die Lehre, die Allah Ta’ala dem HeiligenPropheten MuÎammad (S) gewährt hat. Eine Bedingung dabei istdie Einhaltung der Gottesfurcht. Ich will einige Beispiele dafürhier vorlegen:Dass alle Nationen <strong>aus</strong> Menschen bestehen <strong>und</strong> gleich sind,darüber lehrt uns der QurÞÁn:„O ihr Menschen, Wir haben euch von Mann <strong>und</strong> Weiberschaffen <strong>und</strong> euch zu Völkern <strong>und</strong> Stämmen gemacht, dassihr einander kennen möchtet. Wahrlich, der Angesehenstevon euch ist vor Allah der, der unter euch am meistengottesfürchtig ist. Siehe, Allah ist allwissend, aller Dingek<strong>und</strong>ig.“ (49, 14)Das ist die Lehre des Islams für die Brüderlichkeit unter denMenschen. Um diese Brüderlichkeit <strong>und</strong> Frieden in der Welt zufestigen, hat Allah jedem Gläubigen, der gottesfürchtig ist,geboten, diese Lehre der Brüderlichkeit minutiös zu befolgen <strong>und</strong>in der Welt zu verbreiten. Nur dieses Gebot kann zu gegenseitigerLiebe <strong>und</strong> Achtung sowie zu brüderlicher Beziehung allerMenschen untereinander führen. Sie können noch so vieleSicherheitsräte bilden, aber sie werden es nicht erreichen, dieUnzufriedenheit in der Welt zu beseitigen, weil mächtigeNationen mehr Rechte beanspruchen als andere. Für denWeltfrieden kann nur dann garantiert werden, dieUnzufriedenheit kann nur dann beseitigt werden, wenn diefalsche <strong>und</strong> ungerechte Vorstellung von nationaler Überlegenheit48


<strong>aus</strong>gemerzt wird. Diese Unzufriedenheit kann nicht aufhören zuexistieren, solange die überhebliche Vorstellung von nationaler<strong>und</strong> rassistischer Überlegenheit <strong>aus</strong> dem Hirn <strong>und</strong> Herz derMenschen nicht verschwindet. Der Frieden kann in der Weltnicht geschaffen werden, solange jene, die wegen ihrer Rasse,Nation oder ihres Landes einen Mehrwertigkeitskomplex haben,<strong>und</strong> die Regierungen sich nicht davon überzeugen, dass wir alleKinder Adams sind; wir sind gemäß den Naturgesetzen <strong>aus</strong> derVereinigung von Mann <strong>und</strong> Frau hervorgegangen. Wir sind alsMenschen vor Gott gleich. Wenn jemand in den Augen Gotteshöher ist, dann wegen seiner Gottesfurcht. Und darüber hat Gottselbst am besten Kenntnis. Keiner kann den Standard der eigenenGottesfurcht selbst bestimmen, sehen oder überprüfen. Gott sagt,dass du etwa einem anderen überlegen sein könntest, hängt nichtvon deiner Rasse, Nation oder Hautfarbe <strong>und</strong> deinem Reichtumab, noch von deiner hohen Stellung in der Gesellschaft. Nochkann eine Nation Überlegenheit beanspruchen, weil sie überandere schwächere Menschen regiert. In den Augen der Welt mages eine große Bedeutung haben, ob man Macht oder Herrschafthat, aber für Gott hat das keine Bedeutung. Was von Gott nichtanerkannt wird,– auch wenn es für einen vermeintlich gutenZweck eingesetzt wird – kann auf keinen Fall Erfolg haben. DerIslam lehrt, dass alle Menschen wie eine Familie sind. Wenn siewie eine Familie zusammenleben, dann werden sie füreinandersorgen, wie es eine Familie tut, unter deren Mitgliedern Liebe <strong>und</strong>Zuneigung ist. Gott hat in diesem Vers erklärt, dass Völker <strong>und</strong>Stämme deswegen da sind, damit die Menschen einandererkennen können: Dieser ist Pakistaner, er ist Engländer, er istDeutscher, er ist Afrikaner. Aber als Menschen sind sie alle gleich.Die Armen haben gen<strong>aus</strong>o Gefühle wie die Reichen, die Europäerhaben dieselben Gefühle wie die Afrikaner. Die Bewohner desOstens haben dieselben Gefühle wie die Bewohner des Westens.Deswegen ist laut QurÞÁn auf die gegenseitigen Gefühle Rücksichtzu nehmen. Wenn ihr die gegenseitigen Gefühle respektiert, sowerdet ihr im Frieden leben, das lehrt der QurÞÁn. Kurz, in jedeNation hat Gott eine besondere Eigenschaft gelegt, jede hat ihreBesonderheiten, davon müssen die Menschen profitieren, damitsie die Liebe <strong>und</strong> Zuneigung untereinander erhalten können.49


Gemäß dem Islam sind das die Maßstäbe für einen dauerhaftenFrieden. Wie ich schon sagte, kann man noch so vieleSicherheitsräte formieren, noch so viele Organisationen bilden, siekönnen niemals dauerhaft für Frieden <strong>und</strong> Sicherheit sorgen.Diese Lehre des QurÞÁns ist nicht nur eine theoretischeVorstellung, sondern der Heilige Prophet, Friede <strong>und</strong> Segen Allahsseien auf ihm, hat diese Lehre selbst vorgelebt. Er zeigteZuneigung für die Armen, zeigte Liebe zu den Sklaven, denEntrechteten verhalf er zu ihrem Recht, zu einer Stellung in derGesellschaft. Hazrat BilÁl war ein afrikanischer Sklave. Man hatteihm zur Freiheit verholfen. Aber in der Gesellschaft genoss erkeine hohe Stellung. Durch die Behandlung des HeiligenPropheten (S) gelangte er jedoch zu einem solch hohen sozialenRang, dass selbst Hazrat ÝUmar ihn als „sayyadnÁ BilÁl (unserMeister BilÁl)“ anredete. Das ist also der Weg, wie man fürdauerhaften Frieden sorgen kann.Anlässlich der letzten Pilgerfahrt hat der Prophet (S) in allerDeutlichkeit erklärt, dass alle Menschen Kinder Adams sind.Deswegen hat ein Araber keinen Vorzug über einen Nicht-Araber,ebensowenig hat ein Nicht-Araber Vorzug über einen Araber.„Gen<strong>aus</strong>o ist eure Hautfarbe oder Rasse kein Gr<strong>und</strong>, dass ihr euchüberlegen fühlt“, so der Prophet (S). Diese schöne Gesellschaft hatder Heilige Prophet, Friede sei auf ihm, geschaffen. Und genaudiese Gesellschaft muss die Gemeinde des Verheißenen Messiasheute gemäß den Anweisungen des Heiligen Propheten (S)schaffen.Für den internationalen Frieden hat Gott ein Gebot erlassen, dasauch jene Kritiker verstummen lässt (er gibt ihnen eine zufriedenstellende Antwort), die behaupten, der Islam sei mit Schwertverbreitet worden <strong>und</strong> habe Gewalt gelehrt. Im Gegenteil, Gottgebietet in Bezug auf jene, die die Muslime nicht bedrängen oderbekämpfen — unter bestimmten Umständen waren Muslimegezwungen, Krieg zu führen, die Details können hier nichtbesprochen werden — also denen gegenüber, die das Schwertgegen die Muslime nicht erheben, ist nicht nur jegliche Härteverboten; im Gegenteil sind die Muslime gehalten, mit ihnengütig umzugehen, ihnen Wohltaten zu erweisen, im Umgang mit50


ihnen alle Erfordernisse der Gerechtigkeit zu erfüllen – gleich obsie Christen oder Juden sind oder einer anderen Religionangehören. Der Verheißene Messias (A) sagt diesbezüglich:„Es gibt keinen Zweifel daran, dass ihr ihnen[Andersgläubigen] Wohltaten erweisen sollt; seid gütig zuihnen <strong>und</strong> behandelt sie auf gerechte Art, denn Gott liebtMenschen, die so handeln.“ 34Dies ist gemäß dem Gebot des QurÞÁns, wo Allah Ta’ala sagt:„Allah verbietet euch nicht, gegen jene, die euch nichtbekämpft haben des <strong>Glaube</strong>ns wegen <strong>und</strong> euch nicht <strong>aus</strong>euren Heimstätten vertrieben haben, gütig zu sein <strong>und</strong> billigmit ihnen zu verfahren; Allah liebt die Billigkeit Zeigenden.“(60, 9).Hier wird auf das QurÞÁnische Gebot verwiesen, das an andererStelle steht, nämlich, wenn die Muslime das Schwert erhebenmüssen, um Unfrieden einzudämmen, dann ist es ihnen gestattet.Wenn Menschen für Unrecht <strong>und</strong> Unfrieden sorgen <strong>und</strong> dasSchwert gegen die Muslime erheben, dann dürfen die Muslimeihnen als eine Nation <strong>und</strong> als Regierung Krieg erklären. DieseErlaubnis darf jedoch nicht missbraucht werden. Wer nicht gegendie Muslime kämpft, sie nicht bedrängt, keinen Krieg gegen sieführt, <strong>und</strong> nicht darauf <strong>aus</strong> ist, sie <strong>aus</strong>zulöschen – ihnengegenüber sind die Muslime verpflichtet, alle Anforderungen derGerechtigkeit zu erfüllen, ihnen Gutes zu tun <strong>und</strong> gütig mit ihnenzu verfahren. Dafür wird den Muslimen versprochen, dass Gottsie lieben wird. Ob nun eine Kriegserklärung oder eine Erklärungder Missbilligung <strong>aus</strong>gesprochen wird, diese Regel gilt nur fürjene, die nichts zu tun haben in der Welt, außer Unfrieden zustiften. Deswegen erlaubt Allah nicht, mit solchen Menschen34 Nur-ul-QurÞÁn, 2, RuÎÁnÐ ËazÁÞin Band 9, Seite 43551


Fre<strong>und</strong>schaft zu schließen oder sie zu lieben. Aber wenn jemandfriedlich ist, dann haben die Muslime keine Erlaubnis, ohneGr<strong>und</strong> seinen Frieden zu stören. Hier muss auch klargestelltwerden, dass es die Aufgabe einer Regierung ist, eineKriegserklärung abzugeben oder Reaktion zu zeigen. Wenn jeder,der zu einer kleinen oder großen Gruppe gehört, dieses Recht fürsich beanspruchen würde, so würde es dadurch unter derRegierung des Staats zu Landfriedensbruch kommen. Das ist es,was heute jene verursachen, die zu Extremisten geworden sind. Siezerstören den Frieden im eigenen Lande <strong>und</strong> bringen dadurch denIslam <strong>und</strong> die Muslime in Verruf.Es gibt ein weiteres Gebot Gottes, das für den internationalenFrieden <strong>und</strong> für interreligiöse Beziehungen von großerWichtigkeit ist. Gott sagt:„Und schmähet nicht die, welche sie statt Allah anrufen, sonstwürden sie <strong>aus</strong> Groll Allah schmähen ohne Wissen.“ (6, 109)Der Verheißene Messias, Friede sei auf ihm, schreibt zu diesemVers: „Im QurÞÁn hat Gott so viel Wert auf Respekt <strong>und</strong>Höflichkeit gelegt, dass es dort heißt: „Und schmähet nicht die,welche sie statt Allah anrufen, sonst würden sie <strong>aus</strong> Groll Allahschmähen ohne Wissen.“ (s.o.) Nun schaut, obwohl nach GottesLehre die Götzen nichts sind, ermahnt uns Gott zu einemrespektablen Umgang, denn hier wird zu den Muslimen gesagt:Ihr dürft keine schlechten Worte über die Götzen sagen, vielmehrsollt ihr den anderen euren Standpunkt auf eine ruhige Art <strong>und</strong>Weise erklären. Ansonsten könnte die andere Seite provoziertwerden <strong>und</strong> anfangen, Gott zu beleidigen; <strong>und</strong> in diesem Fallwerdet ihr selbst Auslöser für diese Beleidigung sein.“ 35Das ist das Gebot des Islams für den Frieden in der Gesellschaft<strong>und</strong> in der Welt. Wenn man auf jeden Schmutz mit Schmutzreagiert, so ist dies gleichbedeutend damit, dass man sich selbst35 PaiÈÁm-e-SulÎ, RuÎÁni ËazÁÞin, Seite 460f.52


mit eigenen Händen beschmutzt: Die Gegner sagen etwas, <strong>und</strong> ihrgreift ihre Götzen an, als Reaktion darauf können sie Gottangreifen. Mit diesem extremen Beispiel wird den Muslimenklargemacht, dass sie bei ihren Gesprächen weise vorgehen sollten.Es ist nicht erlaubt, dass ihr feige oder leisetreterisch werden. Aberverliert das Gebot zu „schöner Ermahnung“ 36 nicht <strong>aus</strong> denAugen.Wie ich bereits sagte, Gott lehrt hier: „Wenn man unangemessenreagieren würde, so würden die anderen (den wahren) Gottangreifen. Der Muslim achtet sehr auf sein Ehrgefühl für Gott,<strong>und</strong> so sollte es auch sein. Eine falsche Reaktion wird manletztlich bereuen <strong>und</strong> verantwortlich dafür sein, dass Gottbeschimpft würde. Wenn man also die Persönlichkeiten, Heiligen<strong>und</strong> Führer der anderen schmäht, so könnte dies eine übertriebeneReaktion provozieren. Ebenfalls hat einer ÍadÐ× zufolge derHeilige Prophet (S) gesagt: Beschimpft eure Väter nicht. Darauffragte jemand, wer beschimpft denn seine Eltern. Der HeiligeProphet (S) sagte: Wenn ihr euch über den Vater eines anderenherabwürdigend äußert, so wird er als Reaktion euren Vaterbeschimpfen. Deswegen ist dies gen<strong>aus</strong>o, als ob ihr euren eigenenVater beschimpfen würdet. Im Interesse des Friedens lehrt dies derIslam. So ist der Götzendienst (Širk) im Islam die schwerste Sünde<strong>und</strong> Gott sagt darüber, dass Er sie nicht vergibt, dennoch heißt esüber diejenigen, die Götzendienst treiben, dass man mit ihneneinen respektablen Umgang pflegen soll. Der Muslim soll sich sobenehmen, dass seine Verhaltsweise die Moral eines wahrenMuslims reflektiert.Heute ist jeder Muslim verpflichtet, diese schöne Lehrebekanntzumachen. Was nun die Frage betrifft, wie mit denenumzugehen ist, die den Islam verspotten, so heißt es über sie imQurÞÁn, Gott lässt sie in ihrem Unglück ihre Taten als schönerscheinen. Sie nehmen an, dass sie sich sehr gut benehmen. ImJenseits werden sie wieder zu Gott zurückkehren. Dann wird Allahsie darüber unterrichten, was sie getan haben. Er wird sie36 QurÞÁn 16, 12653


entsprechend ihrem Verdienst behandeln. Diesbezüglich sagtAllah Ta’ala:„Werfet, ihr beide, in die Hölle einen jeden <strong>und</strong>ankbarenFeind (der Wahrheit), den Behinderer des Guten, denÜbertreter, den Zweifler, der einen anderen Gott setzte nebenAllah. Werfet denn, ihr beide, ihn in die schreckliche Pein!“(50, 25-27)Gott wird dies den Wächtern der Hölle sagen, sie werden imJenseits dieser Behandlung unterworfen. Wenn Gott etwas sichselbst vorbehalten hat, so müssen wir uns darüber keinKopfzerbrechen bereiten.Derzeit wird viel über Rushdie diskutiert. Solche Menschen, dieeigentlich keine religiöse Überzeugung haben, verehren dochirgendeinen Gott. Sie machen weltliche Organisationen, wichtigePersönlichkeiten oder Regierungen zu Gott. Allah Ta’ala hat fürsie etwas vorbestimmt. Wenn welche unter den Muslimen (<strong>aus</strong>Protest) Zerstörungen anrichten oder versuchen,Selbstmordanschläge zu rechtfertigen oder andere Reaktionenvorschlagen, dann sollte man wissen, dass all dies eine falscheVorstellung von der islamischen Moral vermitteln wird. Wirwerden nur dieses falsche Bild des Islam abgeben <strong>und</strong> werdennichts anders tun, als durch diese Zerstörungen uns selbst zuschaden. Rushdies unflätige Äußerungen, die er gegen den Islam,den Heiligen Propheten (S), sogar gegen Engel <strong>und</strong> Gott getan hat,liegen Jahre zurück. Diese Handlungen entsprechen seiner Natur<strong>und</strong> er setzt sie fort. Wenn aufgr<strong>und</strong> dieser Äußerungen oder <strong>aus</strong>welchen Gründen auch immer eine Regierung ihm eineAuszeichnung oder einen Titel verleiht, <strong>und</strong> dabei die Gefühle derMuslime ignoriert – so ist ihre Sache Gott überlassen. Gott sagt,Er wird sich selber um sie kümmern. Außerdem: Es ist nicht so,dass es überhaupt keine anständigen Menschen mehr in Europagibt. Es gibt viele, die an all dem Kritik geübt haben. Ein54


Parlamentsabgeordneter hat kritisiert, dass (die Verleihung vonRitterschaft an Rushdie) nur den Frieden in der Welt zerstören<strong>und</strong> sonst kein Ziel erreichen werde. Vor zehn, zwölf Jahren hatteer dieses Buch geschrieben. Es muss vielmehr gesagt werden, dassman ihn dieses Buch hat schreiben lassen, denn dies ist heuteerwiesen, dass sich dahinter eine fremde Hand verbirgt. Auchdamals hatten hiesige Kommentatoren gemeint, dass es bewiesensei, dass hinter diesem Buch jemand anders stecke, Rushdie seinicht allein vorgegangen. Es sei eine schwerwiegendeVerschwörung gegen den Islam. Um die Menschen gegen denIslam aufzubringen, hat man geplant, die muslimische Welt aufeine bestimmte Weise zu provozieren, um dann dar<strong>aus</strong> noch mehrKapital zu schlagen. Die Muslime aber bieten ihnen selbstAngriffsflächen. Es hat keinen Zweck, ein paar Protestmärschedurchzuführen <strong>und</strong> dann die Sache auf sich beruhen zu lassen.Das ist eine schwere Verschwörung. Durch das Verbrennen vonFlaggen, Fotografien <strong>und</strong> Puppen oder durch Protestmärschekann man dieser Verschwörung kein Ende setzen. Durch solcheAktionen werden eher die anderen ihre Ziele erreichen. Dadurchwerden sie in ihrem Trugschluss bestärkt, der Islam als Religionerlaube solche Aktivitäten. Auf ihr derartiges Treiben sollten dieMuslime eine wirklich sinnvolle Reaktion zeigen. Und diesebesteht darin, dass wir die Lehre des Islam in weit<strong>aus</strong> stärkeremMaße befolgen, als dies bisher der Fall war. Das wird die Kritikervon selbst verstummen lassen. Beten Sie um Segnungen für denHeiligen Propheten (S). Dies wird die Umma (die Gemeinschaftder Muslime) spirituell verbessern. Erklären Sie der Welt, wie dieLebensweise des Propheten tatsächlich war. Aber diese Aufgabenkann heute in Wirklichkeit nur der Ahmadi erfüllen. Denn er hatan den wahren Liebhaber des Heiligen Propheten (S) geglaubt(d.h. an den Verheißenen Messias). Wenn heute jemand denEinwänden der Gegner begegnen kann, dann nur die Ahmadis.Wenn heute jemand die schöne Lehre des Islam der Welt zeigenkann, dann nur die Ahmadis. Deshalb ist es heute mehr denn jeeine Pflicht der Ahmadis, stärker als früher um Segnungen für denPropheten (S) zu beten. Als Rushdie das berüchtigte Buchverfasste, da ließ Hazrat Khalifatul Massih IV. Herrn ArshadAhmadi ein Buch schreiben, das den Titel trug: „Rushdie –Haunted by His Unholy Ghost“. Das Buch war vergriffen bzw.55


nur ganz wenige Exemplare waren vorhanden. Es ist nun aneinigen Stellen verändert worden, ein Kapitel ist hinzugefügtworden. Hazrat Khalifatul Massih IV. hatte dem Autor einigeAnweisungen dazu gegeben. Ich sagte ihm, er soll das Buchnochmals publizieren lassen. Vor kurzem hat ein Verlag – an denNamen kann ich mich nicht erinnern – dieses Buch publiziert<strong>und</strong> vermarktet es auch selbst. Auch die Jamaat wird dieses Buchdrucken <strong>und</strong> es wird bald vorliegen. Und die Urdu-Übersetzungdieses Buches liegt ebenfalls vor. Man sollte dieses Buch dengebildeten <strong>und</strong> ernsthaften Menschen zu lesen geben, so dass dieWelt die Wahrheit erfährt. Durch einen solchen Dienst werdendie Menschen die hohen moralischen Werte des Islams kennenlernen. Sie wird auch über die wahren Wege erfahren, um dieKonflikte der Welt zu lösen.Nun, im QurÞÁn gebietet Allah, dass der Weltfrieden von derGerechtigkeit abhängig ist. Wie hoch der eigene Standard anGerechtigkeit sein soll, beschreibt der QurÞÁn.„O die ihr glaubt! Seid standhaft in Allahs Sache, bezeugendin Gerechtigkeit! Und die Feindseligkeit eines Volkes soll euchnicht verleiten, anders denn gerecht zu handeln. Seid gerecht,das ist näher der Gottesfurcht. Und fürchtet Allah; wahrlich,Allah ist k<strong>und</strong>ig eures Tuns.“ (5, 9)Diesen Vers erläuternd, sagt der Verheißene Messias, Friede sei aufihm:„Die Feindschaft zu einem feindseligen Volk soll euch nichtvon Gerechtigkeit abhalten. Seid gerecht, denn darin liegt dieGottesfurcht (TaqwÁ).“ …. (der Verheißene Messias (A) sagtweiter): „Es gibt Menschen, die nicht in Frieden lassen, diebedrängen, Massaker anrichten, verfolgen, <strong>und</strong> Kinder <strong>und</strong>56


Frauen töten: Zu einem solchen Volk gehörten diemekkanischen Ungläubigen. Sie wissen, wie es ist, gegenüberderart gr<strong>aus</strong>amen Menschen Gerechtigkeit zu üben. Aber derQurÞÁn erlaubt es nicht einmal, die Rechte solcher Todfeindezu missachten. Er ermahnt, an Gerechtigkeit <strong>und</strong> Wahrheitfestzuhalten.. …. Ich sage die Wahrheit, dass es leichter ist,mit dem Feind fre<strong>und</strong>lich umzugehen, aber es ist schwieriger,seine Rechte zu schützen <strong>und</strong> vor Gericht die Gerechtigkeitnicht <strong>aus</strong> der Hand zu geben – das ist äußerst schwierig <strong>und</strong>nur denjenigen möglich, die wahren Mut besitzen.“ Weitersagt der Verheißene Messias (A): „Hier legt uns Gott nicht dieLiebe, sondern den Maßstab der Liebe ans Herz. Wer seinenTodfeind gerecht behandelt <strong>und</strong> Wahrheit <strong>und</strong> Gerechtigkeitnicht <strong>aus</strong> den Augen verliert, der ist derjenige, der wirklichliebt.“ 37Der Verheißene Messias (A) sagt, dass Gott uns nicht zur Liebeaufruft, sondern uns befiehlt: Der Standard eurer Liebe muss sehrhoch sein. Es gab welche, die ihre Feindschaft auf die Spitzetrieben – <strong>und</strong> erinnern Sie sich an die extreme Feindschaft, mitder die Mekkaner den Muslimen begegneten: sie mordeten <strong>und</strong>gingen äußerst gr<strong>aus</strong>am vor – auch solchen Gewalttätern müssenMuslime Gerechtigkeit widerfahren lassen. Dadurch wächst auchdie Liebe. Hier wird die Botschaft des Friedens verkündet, die derWelt fürwahr Frieden <strong>und</strong> Sicherheit bringen kann.So ist die wahre Lehre des Islams <strong>und</strong> so sind die Maßstäbe, die siesetzt. Wenn man wahrhaftig liebt, so wird man auch dieAnforderungen der Gerechtigkeit erfüllen <strong>und</strong> Frieden stiften.Entsprechend war die vorbildliche Lebensweise des Propheten. Sieließ große Führer von Mekka in den Islam eintreten. Sie wurde zueiner Zuflucht für die Feinde. „Heute trifft euch keinen Tadel“ 38 ,diese Worte des Propheten (S) haben damals <strong>und</strong> für immer denDuft des Friedens verbreitet. Das ist die höchste spirituelleStellung, von der die Sicherheit in der Welt abhängig ist.37 Nur-ul-QurÞÁn 2, RuÎÁnÐ ËazÁÞin Band 9, S. 41038 Als der Prophet friedlich in Mekka einzog, vergab er seinen Verfolgern mitden Worten: „Heute trifft euch kein Tadel“57


Anderenfalls würden die vielen großen Regierungen, die gerechtsind, zu Spielzeugen in den Händen der Verschwörer werden. Siewerden den Anweisungen solcher Organisationen folgen, in derenHänden die wirtschaftliche Macht ist. Äußerlich behaupten sie,den Frieden stiften zu wollen, aber praktisch sorgen sie fürUnfrieden auf dem Land <strong>und</strong> dem Meer.In diesem Kontext habe ich einige Gebote des QurÞÁns vorgelegt,die die vorzügliche islamische Lehre widerspiegeln. Möge Allahbald jene Tage kommen lassen, da in der Welt auch Regierungenentstehen, die das wahre Bild des Islams zeigen. Mögen solchemuslimische Regierungschefs kommen, die sich in den Schutz deswahren Liebhabers des Heiligen Propheten MuÎammad (S) <strong>und</strong>Imams der Zeit begeben <strong>und</strong> die wahre islamische Lehre desFriedens praktizieren; die sich nach der Gottesfurcht richten.Um dieses Ziel zu erreichen, soll der Ahmadi inbrünstig beten,das ist seine Aufgabe heute. Möge Allah unsere Gebete akzeptieren<strong>und</strong> die Erde zu einer Welt voller Liebe, Sicherheit <strong>und</strong> Friedenmachen, <strong>und</strong> möge es nur einen Gott in der Welt geben: Gott, DerEinzige, ohne Seinesgleichen.58


3 Das Recht auf Selbstverteidigung imIslamÜbersetzung der Freitagsansprache von Hazrat Mirza Masroor Ahmad,Oberhaupt der weltweiten <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat vom 29.06.2007In der Freitagsansprache der letzten Woche habe ich über dieLehre des Islam gesprochen, die für Verbesserung, Gerechtigkeit,Frieden, Verständigung <strong>und</strong> Sicherheit sorgen kann, <strong>und</strong> ich habedazu die Gebote des QurÞÁns beschrieben. Demzufolge kann inder Welt die Versöhnung <strong>und</strong> Sicherheit nur erreicht werden,wenn den Anforderungen der Gerechtigkeit Genüge getan wird.Die Vor<strong>aus</strong>setzung dafür ist aber die Gottesfurcht (taqwÁ). ImQurÞÁn wird so häufig <strong>und</strong> eindringlich zur Ausübung derGottesfurcht ermahnt, dass man sich gar nicht vorstellen kann,dass ein Gläubiger jemals zum Unfrieden anstiften könnte.In diesem Zusammenhang erwähnte ich das Gebot <strong>aus</strong> demQurÞÁn, wonach die Muslime weder als Einzelne noch aufRegierungsebene berechtigt sind, gegen ein Volk aufgr<strong>und</strong> einerFeindschaft ungerecht zu handeln. Der Islam lehrt, mit jedemVolk eine solche Beziehung aufzubauen <strong>und</strong> zu pflegen, die aufden Gr<strong>und</strong>sätzen der Friedfertigkeit <strong>und</strong> Versöhnungsbereitschaftberuht; <strong>aus</strong>genommen sind Völker, die den Muslimen einen Kriegaufzuzwingen.In Bezug auf dieses Thema werde ich die Lehren des QurÞÁnbesprechen, <strong>und</strong> zwar, weshalb der QurÞÁn den Krieg gestattet <strong>und</strong>wo er dabei die Grenzen zieht; <strong>und</strong> welche Konsequenzen <strong>und</strong>schreckliche Folgen es hätte, wenn in bestimmten Situationenkein Krieg geführt wird, wie es die frühen Muslime tun mussten.Dar<strong>aus</strong> wird man lernen, dass die Erlaubnis zum Krieg demFrieden <strong>und</strong> der Sicherheit diente, <strong>und</strong> es nicht darum ging, inder Welt Unfrieden zu stiften <strong>und</strong> Konflikte zu schüren. Das59


Nun schauen wir uns an, wie die Lehre des QurÞÁns in Bezug aufdie verschiedenen Kriegssituationen ist. Angesichts dieser Lehrewird auch einer mit gewöhnlicher Intelligenz feststellen können,dass wenn den Muslimen damals nicht erlaubt worden wäre, sichmit Waffen zu verteidigen, der Frieden zerstört worden wäre <strong>und</strong>es keine Garantie für die Sicherheit gegeben hätte. Diese Lehre istso vorzüglich, dass, wie ich schon sagte, die Lehre einer anderenReligion den Vergleich mit ihr nicht aufnehmen kann, sei sie dasChristentum oder Judentum oder eine andere Religion. –Im QurÞÁn sagt Allah Ta’ala:„Erlaubnis (sich zu verteidigen) ist denen gegeben, die bekämpftwerden, weil ihnen Unrecht geschah – <strong>und</strong> Allah hat fürwahr dieMacht, ihnen zu helfen.“ (22, 40).Weiter heißt es:„…Jenen, die schuldlos <strong>aus</strong> ihren Häusern vertrieben wurden,nur weil sie sprachen: ‚Unser Herr ist Allah.’ Und würdeAllah nicht die einen Menschen durch die anderen im Zaumhalten, so wären gewiss Klöster <strong>und</strong> Kirchen <strong>und</strong> Synagogen<strong>und</strong> Moscheen niedergerissen worden, worin der Name Allahsoft genannt wird. Allah wird sicherlich dem beistehen, derIhm beisteht. Allah ist fürwahr allmächtig, gewaltig.“ (22, 41)Die Erlaubnis ist deshalb gegeben worden, weil es für das Unrecht,das den Muslimen geschah, <strong>und</strong> für die Morde an ihnen keineBerechtigung gab. Sie verfügten über eine eigene Regierung. Wennjemand nun angriff oder sie töten wollte, dann durften sie61


kämpfen <strong>und</strong> Vergeltung üben. Oder als Regierung sollten sie denAngreifer bestrafen.Das zweite, worauf hier Bezug genommen wird, ist die Tatsache,dass sie gr<strong>und</strong>los <strong>aus</strong> ihren Häusern vertrieben wurden. Was istihre Schuld? Nur, dass sie sagen, unser Herr ist Allah.Dann sagt Allah: Wenn es diese Erlaubnis nicht gegeben hätte, dieden Muslimen nach einer langen Periode von Verfolgung <strong>und</strong>Leiden erteilt wurde, dann hätte man überall auf der Welt nurUnfrieden <strong>und</strong> Anarchie gesehen.Es erging auch das folgende gr<strong>und</strong>sätzliche Gebot: Wenn ein Volkdurch ein anderes Volk über lange Zeit massiv verfolgt wird, dannist den Verfolgten gestattet – sofern sie über eine eigene Regierungverfügen <strong>und</strong> daher die Berechtigung für Krieg haben – gegen dieVerfolger zu kämpfen. Der Sinn <strong>und</strong> Zweck davon ist, dass dieAggressionen beendet werden. Auf keinen Fall darf <strong>aus</strong> Racheübertrieben vorgegangen werden. Diesem wird ein Riegelvorgeschoben. Dieses weise Gebot sorgt auch für den Schutz vonanderen Religionen. Es wird hier gesagt, dass wenn dieseSelbstverteidigung nicht erlaubt wäre, so wäre das Gottesh<strong>aus</strong>jeder Religion durch die Hände der Übeltäter zerstört worden.Dies hätte geradewegs zu mehr Hass geführt <strong>und</strong> es hätte keinenFrieden mehr auf der Erde gegeben. Gott sagt hier, dass es immererlaubt ist, den Übeltäter von seiner Übeltat abzuhalten.Vorwürfe, die in dieser Beziehung der Regierung des Islamsgemacht werden, sind unberechtigt. Wenn gr<strong>und</strong>lose Gewaltüberhand nimmt, so muss zu ihrer Beseitigung die Staatsmachteingreifen. Der Islam zwingt niemand des <strong>Glaube</strong>ns wegen, das istnicht erlaubt. Niemals wurde jemand gezwungen, den Islamanzunehmen, noch ist es gestattet, es gibt kein entsprechendesGebot. Der <strong>Glaube</strong> ist eine Gewissensentscheidung jedesEinzelnen. Deshalb hat jeder das Recht, sein Leben nach seinem<strong>Glaube</strong>n zu führen. In diesem Vers wird den Muslimen aucheingeschärft, dass, wenn sie Regierungsmacht haben, sie <strong>aus</strong>Unrecht keine Klöster, Kirchen <strong>und</strong> Synagogen niederreißendürfen, sonst würden die anderen mit gleicher Münze heimzahlen62


<strong>und</strong> ihre Moscheen zerstören; auf ein Unrecht wird das anderefolgen <strong>und</strong> dies wird zu immer mehr Konflikten führen.Unglücklicherweise gibt es in einigen islamischen Ländern – auchin Pakistan – auf eigenen Nutzen bedachte Mullahs, die denChristen im Namen des Islam Ultimaten geben. Jüngst war einesolche Meldung in den Zeitungen zu lesen. In ¥Ársaddah 39 gabensie den Christen das Ultimatum, sie mögen zum Islam übertreten,sonst würden sie getötet oder ihre Kirche würde zerstört. Voreinigen Jahren waren dort Kirchen zerstört worden. Diese Dingebringen den Islam in Verruf. Sie geben den Gegnern dieGelegenheit, mit dem Finger auf den Islam zu zeigen. Überallmüssen sich die Muslime beschämt fühlen, weil die Muslime imGr<strong>und</strong>e aufgehört haben, den Geboten Allahs zu folgen.Allah verspricht, dass Er helfen wird, wenn Muslime sich dafüreinsetzen, Unfrieden <strong>und</strong> Aggression zu beenden. Heute könnenwir bei keiner muslimischen Regierung Zeichen für GottesUnterstützung sehen. Sie sind in einem erbärmlichen Zustand.Ahmadis werden ja auch (durch einige islamische Regierungen -AdÜ) verfolgt. Es wird oft versucht, ihre Moscheenniederzureißen, an manchen Orten waren diese Versucheerfolgreich. Alle diese Taten bedeuten Ungehorsam gegenüberGott. Deswegen verlieren sie immer mehr den Segen Gottes.Schauen Sie, wie die Lage in Pakistan ist. Wie ich schon sagte,allen Ländern ergeht es ähnlich. Wenn die Regierungen dieseunwissenden Mullahs nicht im Zaum halten, so wäre das eineKriegserklärung gegen Gott. Was die Ahmadis anbelangt, siehalten sich an die Anweisungen des Verheißenen Messias, Friedesei auf ihm, <strong>und</strong> reagieren auf Unhöflichkeit nicht in derselbenArt <strong>und</strong> Weise. Sie halten sich an die Gesetze der Länder, in denensie leben, <strong>und</strong> ertragen auch Unrecht, wo es ihnen geschieht. Inder Zeit des Verheißenen Messias (Friede sei auf ihm) ist esohnehin verboten, Kriege mit Waffen zu führen. Ahmadis dürfennicht auf Gewalt mit Gewalt reagieren. Doch Allah wird gemäßseinem Versprechen uns zu Hilfe kommen.39 Kleinstadt in der Nordwestlichen Grenzprovinz (NWFP) nahe Peschawar63


In allen islamischen Ländern, wo Ahmadis verfolgt werden <strong>und</strong>wo Gesetze gegen sie verabschiedet werden, müssen dieRegierungen endlich aufwachen. Denn Gott gebietet im QurÞÁn:„Und würde Allah nicht die einen Menschen durch die anderenim Zaum halten…“ (22, 41).Dieser Befehl könnte diesen Muslimen wegen ihrerUndankbarkeit zum Verhängnis werden. Allah hat nicht gesagt,dass das Gebot, sich mit Waffen zu verteidigen, nur für Muslimegilt, <strong>und</strong> dass nur sie die Erlaubnis haben, wenn sie verfolgtwerden. Im Gegenteil, das gilt für alle Religionen. Wenn eine vonihnen Unrecht erdulden muss, so wird Gott etwas für sie tun. DieAhmadis sind ja nicht nur Muslime, sondern glauben an denImam der Zeit, der gemäß den Prophezeiungen des HeiligenPropheten (S) erschienen ist. Somit befolgen wir die Gebote desHeiligen Propheten (S) in bester Weise. Ahmadis sind diejenigen,in deren Herzen die Kalima LÁilÁha Ill-Allahu MuÎammadurRasulullah am stärksten verwurzelt ist, <strong>und</strong> die Geist dieses<strong>Glaube</strong>nsbekenntnisses verstehen <strong>und</strong> daran am meisten glauben.Indem bestimmte Muslime die Ahmadis verfolgen <strong>und</strong> ihreMoscheen niederreißen, ziehen sie sich die Missbilligung zu, diein der folgenden ÍadÐ× steht: Wer einen anderen Muslim angreift,ist selbst kein Muslim. Wie ich schon sagte, die Definition einesMuslims lautet, dass er von der Kalima LÁilÁha Ill-AllahuMuÎammadur Rasulullah überzeugt ist <strong>und</strong> daran glaubt. DieJamaat des Verheißenen Messias wird gegen niemand Gewaltanwenden. Wir leben unter verschiedenen Regierungen, aberhaben selbst keine Regierung. Außerdem ist der ÉihÁd in der Zeitdes Verheißenen Messias ohnehin verboten worden, <strong>und</strong> zwar indem Sinne, dass man nicht einmal Härte zeigen darf. Wir würdennormalerweise niemals Gewalt anwenden, geschweige denn, dasswir gegen diejenigen handgreiflich werden, die die Kalimarezitieren <strong>und</strong> sich als Anhänger des Heiligen Propheten (S)bezeichnen. Sie mögen nach ihrem Gutdünken handeln, aber wirgeben ihnen die Botschaft des Friedens. Wir sind überzeugt, dassdie Tage nicht fern sind, da Gott selbst solche Umstände schaffenwird, die unserer Verfolgung ein Ende setzen werden. Wenn nicht64


heute, dann morgen. Der Ahmadi wird InschAllah überall dieLuft der Freiheit atmen. Wenn diese Regierungen <strong>und</strong> ihreUnruhestifter mit ihrem Treiben nicht aufhören, dann wird Allahgemäß Seiner Vorherbestimmung Leute zu ihrer Bestrafungschicken, <strong>und</strong> wir befürchten natürlich auch, dass diese dann beiihrem Vorgehen die Grenzen überschreiten könnten. Es könnte jasein, dass unter ihnen viele sind, die ihr Handeln nicht nach<strong>islamischer</strong> Lehre <strong>aus</strong>richten, für sie gibt es keine Grenzen, siewerden sich nicht mäßigen. Sie können alle Grenzenüberschreiten. Wir müssen für die, die uns verfolgen, auch beten,möge Allah sie in die Lage versetzen, ihren Verstand zugebrauchen. Diese Botschaft beruhigt die verfolgten <strong>und</strong>bedrängten Muslime. Aber für jene, die sich zwar als Muslimebezeichnen <strong>und</strong> trotzdem nicht aufhören, ist darin eine Warnung.Wie bereits angedeutet, hat Allah in dem obigen Vers jedem dieGewähr für seine Sicherheit gegeben. Wer Muslim ist <strong>und</strong>trotzdem nicht dementsprechend handelt, wird von derBestrafung erfasst werden. Die sich Muslime nennen, sollten allesvermeiden, was den Islam in Verruf bringt, <strong>und</strong> sie sollten vondieser Lehre profitieren, dass wir uns verändern müssen <strong>und</strong> nochstärker die Gebote Gottes befolgen werden, sonst würde uns dieHilfe Gottes niemals zuteil werden. Mögen die Muslime diesbegreifen. Mögen sie gemäß diesem Gebot jeden Verfolgtenverteidigen <strong>und</strong> jeden Verfolger von seinem Unrecht abhalten.Denn die Sicherheit der Muslime ist, wie ich sagte, davonabhängig.Im nächsten Vers sagt Allah Ta’ala:„Jenen, die, wenn Wir sie auf der Erde ansiedelten [oder ihnenMacht gaben], das Gebet verrichten <strong>und</strong> die ÅakÁt zahlen<strong>und</strong> Gutes gebieten <strong>und</strong> Böses verbieten würden. Und beiAllah ruht der Ausgang aller Dinge.“65


So verhalten sich jene (die wahre Muslime sind). Wenn sie an dieMacht gelangen, wenn sie durch Gotteshilfe die Übeltäterbesiegen, wenn sie eine eigene Regierung haben, unter der sie nachislamischen Vorschriften leben können, dann müssen sie sichselbst überprüfen <strong>und</strong> in Erinnerung rufen, dass sie alles durchGottes Gnade erhalten haben. Sie sagen zu sich: Wir dürfen nichtwie jene werden, die die anderen ihrer Freiheit berauben. Vielmehrwird von einer islamischen Regierung erwartet, dass sie Meinungs<strong>und</strong>Gewissensfreiheit für alle Bürger gewährt, ohne eine Religionoder Menschen mit anderen Zugehörigkeiten zu diskriminieren<strong>und</strong> dass jeder sich frei an der Landespolitik beteiligen kann, wofür alle Bürger die gleichen Chancen auf Entwicklung bestehen.Das ist die Aufgabe der islamischen Regierungen. Dieseislamischen Methoden der Staatsführung wird man erst lernen<strong>und</strong> die Rechte der Bürger erst dann erfüllen können, wenn mansich immer vor Augen hält, dass Gott einen sieht. Wenn ich dieRechte eines anderen missachte, so könnte mich Gott ergreifen,weil Er alles sieht. Daher muss ein Muslim, wenn er Regierung<strong>und</strong> Macht hat <strong>und</strong> in Frieden <strong>und</strong> Sicherheit lebt, zu einemwahren Gottesdiener werden. Ohne diese Eigenschaft, ohneGebete zu verrichten, kann Gottesfurcht nicht in den Herzen Fußfassen. Richtige Gebete sind solche, die mit wahrer Gottesfurcht<strong>und</strong> TaqwÁ verrichtet werden. Sonst hat Gott gesagt, dass es vieleBeter gibt, auf die Gottes Verderbnis fällt. Ihre Gebete werden inkeiner Weise angenommen. Die Frage ist also, verrichten wirunsere Gebete so, wie es diejenigen tun, die Gottes Gebotebefolgen. Außerdem muss man auch finanzielle Opfer leisten,statt den anderen das Geld wegzunehmen. Überdies müssen sie zuguten Taten rufen <strong>und</strong> von schlechten abhalten. Alle dieseAufgaben können ohne Gottesfurcht nicht erfüllt werden.Zusammenfassend kann man sagen, dass eine islamischeRegierung, nachdem sie Macht erlangt hat, nicht dazu übergehendarf, die Macht durch unrechtmäßige Mittel zu vergrößern.Vielmehr soll sie ohne Unterscheidung von Religion oder Rassedie Rechte aller Bürger schützen <strong>und</strong> die Armen zu einer besserengesellschaftlichen Stellung verhelfen. Das ist ihre Aufgabe, so dassin der Gesellschaft <strong>und</strong> im Lande eine Atmosphäre von Frieden<strong>und</strong> Sicherheit herrscht. Insbesondere hat diese Regierung die66


Pflicht, dafür zu garantieren, dass jeder Bürger nach seinemGewissen eine Religion seiner Wahl befolgen kann <strong>und</strong> seineGebete verrichten kann <strong>und</strong> dass die Gotteshäuser geschütztwerden. Das garantiert für den Frieden <strong>und</strong> Sicherheit.Es ist die Pflicht aller islamischen Regierungen, dieses Bild desIslams der ganzen Welt zu vermitteln. Die <strong>Ahmadiyya</strong> MuslimJamaat hat keine Regierungsmacht, wir können nur dafür beten,dass Gott ihnen die Kraft gibt, den wahren Islam vorzuleben. DerIslam wird ja <strong>aus</strong> allen Richtungen attackiert. Dies beruht auffalschen Vorstellungen vom Islam <strong>und</strong> auf dem Fehlverhalten derMuslime. Wenn die muslimischen Regierungen so vorgehen wiebeschrieben, können die falschen Vorstellungen <strong>aus</strong> den Köpfender Menschen <strong>aus</strong>gemerzt werden.Dann sagt Gott, die Erlaubnis zum Krieg wird den islamischenRegierungen <strong>aus</strong> den vorgenannten Gründen erteilt. Doch trotzdieser Erlaubnis gibt es viele Einschränkungen. Es gibt Regeln<strong>und</strong> Pflichten. Es ist kein Freibrief zum Töten. Wie bereitserwähnt, es gibt folgendes Gebot: „Wenn der Feind gegen euchAggressionen <strong>aus</strong>übt, dann dürft ihr nicht selbst zum Aggressorwerden; ihr müsst die Kriegshandlungen darauf beschränken, dassdie Aggression beendet wird. Die islamische Regierung darf selbstkeine Aggression begehen.Im QurÞÁn sagt Allah Ta’ala:„Und tötet sie (während des Krieges), wo immer ihr auf siestoßt, <strong>und</strong> vertreibt sie von dort, von wo sie euch vertrieben;denn Verfolgung ist ärger als Totschlag. Bekämpft sie abernicht bei der Heiligen Moschee, solange sie euch dort nichtangreifen. Doch wenn sie euch angreifen, dann kämpft widersie; das ist die Vergeltung für die Ungläubigen.“ (2, 192)67


Dann heißt es:„Wenn sie jedoch ablassen, dann ist Allah allvergebend,barmherzig.“ (2, 193)Und weiter:„Und bekämpfet sie, bis die Verfolgung aufgehört hat <strong>und</strong> der<strong>Glaube</strong>n an Allah (frei) ist. Wenn sie jedoch ablassen, dann(wisset), dass keine Feindschaft erlaubt ist, außer wider dieUngerechten.“ (2, 194)Diese islamische Lehre beruht auf Gerechtigkeit, die die Sicherheitfördert. Der Krieg soll im Namen Gottes geführt werden. Und beieiner Handlung, die im Namen Gottes verrichtet wird, darf nichtssein, was im Geringsten ungerecht ist. Daher ist unter demAusdruck, „kämpfet auf Allahs Weg“, gemeint, dass man gegenjene kämpfen soll, die vom Gebet abhalten, Gr<strong>aus</strong>amkeitenverüben <strong>und</strong> – wie schon erwähnt –, erst dann, wenn dieGräueltaten <strong>und</strong> Übergriffe überhand genommen haben. Beidiesen Kämpfen sollte man <strong>aus</strong>schließlich das betreffende GebotGottes im Auge haben. Ein Krieg, der zur Selbstbereicherung oderzur Ausweitung der eigenen Herrschaft geführt wird, ist im Islamabsolut verboten.Darüber hin<strong>aus</strong> ermahnt uns der QurÞÁn: Der Krieg ist zulässig,wenn der Feind zuerst angreift. Wenn gegen ein Volk Krieggeführt wird, so ist nicht jeder Angehörige dieses Volkesautomatisch ein Feind. Wer so vorgeht, der überschreitet dieGrenzen, <strong>und</strong> dies gefällt Gott nicht. Krieg ist nur gegen jeneerlaubt, die als Angehörige der Armee gegenübertreten.68


Ein weiteres Gebot lautet, dass man den Krieg einschränken muss.Es ist nicht erlaubt, zur Bestrafung des Feindes den Krieg<strong>aus</strong>zuweiten. Auch ist es verboten, in der Nähe von GotteshäusernKrieg zu führen, es sei denn, der Feind zwingt dazu. Dadurchwird <strong>aus</strong>geschlossen, dass Gotteshäuser zu Schaden kommen.Deshalb gebot der Heilige Prophet (S) den Angehörigen seinesHeeres, Gotteshäuser oder Kirchen besonders zu schützen, siekeineswegs zu beschädigen oder gar zerstören. Eine Schlacht inder Umgebung von der Masºid al-ÍarÁm kommtselbstverständlich absolut nicht in Frage. Es ist das H<strong>aus</strong> Allahs.Es soll alle Völker in Frieden zu einer einzigen Gemeinschaft(ummatun wÁhida) vereinen. Die Heiligkeit dieses Ortes darfunter keinen Umständen angetastet werden, außer wenn dieMuslime hier angegriffen werden. Dann sind sie genötigt, zuihrer Verteidigung von Waffen Gebrauch zu machen.Allah hat also den Krieg nur erlaubt, um Unfrieden <strong>aus</strong> der Weltzu schaffen. Wenn Verfolgung (fitna) oder Aggression aufgehörthaben, dann gebietet der QurÞÁn den Muslimen, alle Maßnahmengegen den Feind einzustellen. Wenn die Religionsfreiheit gewährtwird, sollen keinerlei Kriege werden, etwa für politische Zwecke.So lautet die Lehre des Islams. Hätte der IslamZwangsbekehrungen beabsichtigt, so gäbe es nicht die Anweisung:„Wenn sie jedoch ablassen, dann (wisset), dass keine Feindschafterlaubt ist.“ Es gibt also keine Berechtigung, Vorwände für dieFortsetzung des Krieges zu suchen. Jeder hat das Recht,entsprechend seiner Religion zu leben. Krieg ist nur dann erlaubt,wenn der Feind Krieg führt <strong>und</strong> nicht, um sie zu bekehren.Allah sagt im QurÞÁn auch:„Sprich zu denen, die ungläubig sind: Wenn sie abstehen,dann wird ihnen das Vergangene verziehen; kehren sie aberzurück, dann, wahrlich, ist das Beispiel der Früheren schon dagewesen.“ (8, 39)69


Dann:„Und kämpfet wider sie, bis keine Verfolgung mehr ist <strong>und</strong>aller <strong>Glaube</strong> auf Allah gerichtet ist. Stehen sie jedoch ab, dann,wahrlich, sieht Allah sehr wohl, was sie tun. (8, 40)Und:„Und wenn sie den Rücken kehren, dann wisset, dass Allaheuer Beschützer ist; welch <strong>aus</strong>gezeichneter Beschützer <strong>und</strong>welch <strong>aus</strong>gezeichneter Helfer!“ (8, 41)Also hat Gott den Heiligen Propheten (S) verkünden lassen, dassdie Kriege nicht geführt werden, um Übergriffe <strong>und</strong> Gräueltatenan anderen zu verüben. Vielmehr sind die Gegner die eigentlichenAuslöser der Auseinandersetzungen. (Der Heilige Prophet (S)sagt:) „Ihr habt uns in Mekka verfolgt. Und ihr zwingt uns (da wirnun in Medina leben) erneut einen Krieg auf.“ Dies geschah nachder Schlacht von Badr, die kurz nach der Auswanderung <strong>aus</strong>Mekka nach Medina stattfand. Da waren ja die Erinnerungen andie Verfolgungen <strong>und</strong> Gr<strong>aus</strong>amkeiten in Mekka frisch, die dortdie Ungläubigen gegen die Muslime verübten. Dann griffen sie inder Schlacht von Badr die Muslime an <strong>und</strong> erlitten eineNiederlage. Dies machte den Muslimen Mut <strong>und</strong> ihr <strong>Glaube</strong> andie Hilfe Gottes wurde stärker. Aber Gott ließ verkünden, dass dasHerz eines Muslims frei ist von den Anwandlungen des Argwohnsoder Grolls oder der Rachelust. Von jedem Muslim wird erwartet,dass er Frieden in Person sei. Deswegen wird im obigen Vers denGegnern bekannt gegeben: Gott vergibt eure vergangenenVerfehlungen, dass ihr die Muslime angegriffen habt. Wenn ihreinen Friedensvertrag abschließt, dann werden auch die Muslimediesen Vertrag einhalten. Wenn ihr aber nicht aufhört, dann sind70


sie gezwungen; wenn ihr Angriffe <strong>und</strong> gr<strong>aus</strong>ame Behandlunggegen die Muslime fortsetzt, so müssen die Muslime eingreifen<strong>und</strong> Vergeltung üben, um dem Unrecht ein Ende zu setzen.Wenn die Muslime für die Religion Allahs <strong>und</strong> für den Frieden inder Welt kämpfen müssen, dann werden sie kämpfen.Es werden auch gegen die Formulierung „bis … der <strong>Glaube</strong>n anAllah (frei) ist“ Einwände erhoben. Die Kritiker sagen, hier werdeden Muslimen geboten, zu kämpfen <strong>und</strong> mit Schwert den Islamzu verbreiten, bis alle Welt an den Islam glaubt. Das ist eineDummheit, mit der hier eine große Anschuldigung gegen denIslam erhoben wird. Wenn man sich diese Aussage im Kontextanschaut <strong>und</strong> sie mit anderen Versen vergleicht, von denen icheinige oben zitiert habe, so wird man feststellen, dass an dieserStelle nur das folgende gemeint sein kann:Für jeden Menschen ist der <strong>Glaube</strong> das, was er selbst mit seinemGott <strong>aus</strong>machen soll, <strong>und</strong> jeder ist frei an die Religion zu glauben,die ihm gefällt. Jeder Muslim ist verpflichtet, die Botschaft desIslams zu verkünden, aber er ist nicht berechtigt, anderen den<strong>Glaube</strong>n aufzuzwingen. Nur Gott allein kann zum <strong>Glaube</strong>nführen. Der Ausdruck „bis der <strong>Glaube</strong> an Allah ist“ bedeutet, wasman auch immer tut, soll man um Gottes Willen tun, man darfniemanden zum <strong>Glaube</strong>n zwingen. Wenn jemand nicht glaubenwill, so ist das seine eigene Entscheidung. Gott sieht, wie sich jederEinzelne verhält, <strong>und</strong> dementsprechend wird Gott ihn auchbehandeln.Dem Heiligen Propheten (S) wird auch vorgeworfen, er würde –Gott behüte – mit seinem Heer <strong>aus</strong>ziehen, um andere mit Zwangzu bekehren, <strong>und</strong> deswegen habe er alle Kriege geführt. Dabei wirddas Argument angeführt, dass der Prophet (S) in seinen Briefen andie Könige folgende arabischen Ausdrücke verwendete: Aslim,taslam; aslimÙ, taslamÙ. Diese Worte werden von den Kritikern sogedeutet: Ihr sollt dem Islam beitreten, dann werdet ihr geschütztsein, sonst würden wir mit Kriegsmacht gegen euch vorgehen <strong>und</strong>euch zum <strong>Glaube</strong>n zwingen!71


Erstens sei darauf hingewiesen, dass der Heilige Prophet (S) dieseBriefe nur zur Verkündung verfasste, wobei er betonte, dass dieBotschaft des Islams die Botschaft des Heils <strong>und</strong> Friedens ist.Deshalb sollen die Angesprochenen die Lehre des Islam befolgen.Diese Kritiker haben doch einen weltlichen Blick, hätten siewenigstens so viel Verstand aufgewendet, dass sie sehen: derProphet (S) schrieb an so mächtige Könige <strong>und</strong> sandte sie etwa zurgleichen Zeit. Den Kritikern zufolge würden in den Briefen, dieparallel an verschiedene große Könige von damals gerichtetwurden, die Adressaten dazu aufgerufen, entweder an den Islamzu glauben oder sich auf einen Angriff vorzubereiten. Wenn dieszuträfe, so könnte kein Mensch mit einem normalen Verstanddies tun, nämlich zur gleichen Zeit gegen die ganze Welt denKampf aufzunehmen; dabei war damals die Macht des Islam sehrbegrenzt. Die Kritiker sollten hier ihren Verstand benutzen <strong>und</strong>überlegen. Der Heilige Prophet (S) war Gottes Gesandter, sein<strong>Glaube</strong> an Gott war unerschütterlich. Er hat diese Worte an dieKönige <strong>aus</strong> Mitgefühl mit den Menschen geschrieben, weil er festdavon überzeugt war, dass nur im Islam Frieden gef<strong>und</strong>en werdenkann. Diese Religion ist die einzige, die den Frieden fördern <strong>und</strong>verbreiten kann. Deswegen sollte die Welt diese Religionannehmen. Mit dieser Absicht wurden die Briefe an die Königegeschickt. Der Prophet (S) wurde ja mit der letzten gesetzlichenBotschaft von Gott in die Welt entsandt, <strong>und</strong> niemand könntefester daran glauben, als er, dass der Islam die Religion desFriedens für die Welt ist. Daher lud der Prophet (S) mitentsprechender Einleitung die Könige zum Islam ein. Er pflegtejedem Ungerechten, der den Muslimen Krieg aufzwingen wollte,um den Islam <strong>aus</strong>zulöschen, diese Botschaft zu geben: „Der Islamist eine Botschaft des Friedens. Wenn ihr uns einen Kriegaufzwingen wollt, so möchten wir diesen vermeiden <strong>und</strong> gebeneuch die Botschaft des Friedens. Wenn ihr euren <strong>Glaube</strong>npraktizieren wollt, so dürft ihr dies tun <strong>und</strong> entsprechend eurenRiten eure Gottesdienste abhalten. Aber ihr sollt aufhören, dieMuslime zu drangsalieren <strong>und</strong> gegen sie Ränke zu schmieden.Wenn ihr aber nicht aufhört, so müsst ihr, falls ihr verliert, dieGehorsamkeit akzeptieren. Aber ihr könnt auch ohne Krieg inden Gehorsam des Islams (als Bürger) eintreten, dann werden euchalle eure Rechte gegeben.“72


Daher ist dieser Vorwurf völlig haltlos, dass der Prophet (S) mitdiesen Briefen Drohungen <strong>aus</strong>sprach – Gott bewahre. Wie man esauch nimmt, ging es um die Ausführung des Gebots: solange der<strong>Glaube</strong> an Allah gewaltsame Verfolgung zur Folge habe, müssesich der Prophet (S) um die Erhaltung des Friedens kümmern, sodass jedem die Religionsfreiheit gewährt wird. Es ist historischbelegt, dass der Prophet (S) während der Schlachten sich um jeneMenschen kümmerte, die unterlegen waren, <strong>und</strong> ermahnte auchalle anderen dazu.Der Prophet (S) sagte, dass man im Krieg nicht betrügen darf.Wenn er angriff, so tat er dies immer bei Tageslicht. Er hatteangewiesen, Kinder, Frauen, Priester, religiöse Führer <strong>und</strong> alteMenschen zu verschonen. Wer das Schwert nicht erhob, sollteauch verschont werden, selbst wenn er ein junger (kampffähiger)Mann war. Zudem darf man im feindlichen Land nicht Furcht<strong>und</strong> Schrecken verbreiten. Wenn für das Heereslager ein Platz<strong>aus</strong>gesucht wurde, so dürfte es nicht zur Belästigung deranwohnenden Menschen kommen. Dies war unbedingteinzuhalten, wer dies nicht tat, über ihn wurde gesagt, dass ernicht für Gott kämpfte, sondern für sein eigenes Ego. Und Kriege,die für das Ego gekämpft werden, führen nur zu Unrecht <strong>und</strong>Übergriffen. Um diese Übergriffe <strong>und</strong> das Unrecht zu vermeiden<strong>und</strong> um Frieden zu stiften, ist ja den Muslimen geboten worden,im Namen Gottes zu kämpfen. Dann zeigte der Prophet (S)solches Mitgefühl, dass er sagte: Ihr dürft den Feind (im Krieg)nicht im Gesicht verletzen. Man muss versuchen, dass dem Feindmöglichst wenig Schaden entsteht. Es besteht auch die Pflicht,sich um die Gefangenen besonders zu kümmern.Wahrscheinlich hat ein Gefangener der Schlacht von Badrüberliefert, dass er bei einer Familie gefangen war. Die Menschenin H<strong>aus</strong>e aßen selbst Datteln, sagt er, <strong>und</strong> gaben mir Brot zuessen, <strong>und</strong> selbst wenn ein Kind ein Stück Brot in die Händebekam, so gab er es mir zu essen. Er sagte, ich schämte michdeswegen <strong>und</strong> gab das Brot zurück. Aber wegen der islamischenLehre bestanden sie darauf, dass ich das Brot essen solle. SelbstKinder waren zu solch vorbildlichem Verhalten in der Lage. Dasberuhte auf der Lehre des Friedens, die Lehre der gegenseitigen73


Liebe <strong>und</strong> Zuneigung <strong>und</strong> der Beachtung der gegenseitigenRechte– die der Prophet (S) seiner Umma beibrachte. Jedes Kindwusste, der Islam ist nichts außer Liebe <strong>und</strong> Frieden.Dann ist es für eine gute Beziehung mit einem anderen Volkwichtig, dass seine Diplomaten <strong>und</strong> Gesandten gut behandeltwerden. Es war eine <strong>aus</strong>drückliche Anweisung des Propheten, dass<strong>aus</strong>ländische Botschafter besonders gut behandelt <strong>und</strong> respektiertwerden müssen. Selbst wenn sie Fehler machen, muss es ihnennachgesehen werden. Für die Förderung des Friedens lehrte derProphet (S) auch, wenn ein Muslim sich gegenüber einemGefangenen eines Übergriffs schuldig macht, so muss er ihnfreilassen.Das sind also die Gebote <strong>und</strong> Anweisungen, die zeigen, dass derIslam keineswegs lehrt, Kriege um des Kriegs willen zu führen. Siewurden geführt für den Islam, für Allah, für die Freiheit des<strong>Glaube</strong>ns <strong>und</strong> des Gewissens – um der Welt Frieden <strong>und</strong>Sicherheit zu geben.Über die Gefangenen wird gelehrt: Wenn ein Gefangener oderSklave keinen hat, der das Lösegeld für ihn übernehmen kann,<strong>und</strong> er selbst nicht imstande ist, diese Summe zu zahlen, danngilt:„Und jene, die eure Rechte besitzen – wenn welche von ihneneine Freilassungsurk<strong>und</strong>e begehren, stellt sie ihnen <strong>aus</strong>, fallsihr in ihnen Gutes wisset [d.h. sie besitzen ein Handwerk <strong>und</strong>sind in der Lage, für ihren Unterhalt zu sorgen]; <strong>und</strong> gebetihnen von Allahs Reichtum, den Er euch gegeben hat.“(24, 34)Die Kriegskosten wurden damals von jedem Einzelnen selbstgetragen. Deshalb sollte derjenige, bei dem der Gefangeneuntergebracht war, für diesen selbst aufkommen. Wenn er dazunicht die Kraft fand, so sollten alle Muslimen gemeinsam dieseKosten zahlen, damit er aufgr<strong>und</strong> eines schriftlichen Vertragesfreikommt. Dadurch kann er selbst für seinen Unterhalt sorgen.Als freier Bürger der Gesellschaft kann er sich dann an dem74


Fortschritt des Landes beteiligen. Denn sein Handwerk würdenicht nur ihm nutzen, sondern auch für die Gesellschaft nützlichsein.Das ist die schöne Lehre des Islams, die in jeder Hinsicht <strong>und</strong> fürjede Schicht Frieden bedeutet <strong>und</strong> dafür sorgt, dass alle Menschenzu freien Bürgern der Gesellschaft werden. Möge Allah jedemAhmadi die Kraft geben, dass er der Welt die verschiedenenAspekte dieser schönen Lehre Allahs – die ich in verschiedenenAnsprachen beschrieben habe – zu erklären <strong>und</strong> diese schönen<strong>und</strong> aufklärenden Anweisungen nahe zu bringen.75


Teil IIAUFSÄTZE ZU VERSCHIEDENEN ASPEKTENDER VORLESUNG VON PAPST BENEDIKT XVI.77


1 Eine Analyse der Papstvorlesungvon Mohammad Ilyas MajokaAm 12. September 2006 hielt das spirituelle Oberhaupt derKatholischen Kirche, Papst Benedikt XVI., an der UniversitätRegensburg eine Vorlesung, die den Zusammenhang zwischen<strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong> zum Thema hatte. In dieser Vorlesung hatder Papst einige Auszüge <strong>aus</strong> einem längeren Dialog zitiert, dervermutlich 1391 zwischen dem byzantinischen Kaiser Manuel II.Paleologus <strong>und</strong> einem türkischen Gelehrten stattfand. DieserDialog enthält unf<strong>und</strong>ierte Kritik an den Lehren des Islam. In dasZitat ließ der Papst an einigen Stellen auch eigene Bemerkungeneinfließen, die den falschen Eindruck über die Lehren des Islamszusätzlich verstärkten. Zunächst werden die Stellen der Vorlesung,an denen der Islam kritisiert wurde, zitiert. 40I. „In dieser Vorlesung möchte ich nur einen – im Aufbau desDialogs eher marginalen – Punkt berühren, der mich imZusammenhang des Themas <strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>fasziniert hat <strong>und</strong> der mir als Ausgangspunkt für meineÜberlegungen zu diesem Thema dient. In der von ProfessorKhoury her<strong>aus</strong>gegebenen siebten Gesprächsr<strong>und</strong>e (…)kommt der Kaiser auf das Thema des ÉihÁd (heiliger Krieg)zu sprechen. Der Kaiser wusste sicher, dass in Sure 2, 256steht: Kein Zwang in <strong>Glaube</strong>nssachen – es ist eine derfrühen Suren <strong>aus</strong> der Zeit, wie uns die Kenner sagen, in derMuÎammad (S) selbst noch machtlos <strong>und</strong> bedroht war.Aber der Kaiser kannte natürlich auch die im QurÞÁnniedergelegten – später entstandenen – Bestimmungen überden heiligen Krieg. Ohne sich auf Einzelheiten wie dieunterschiedliche Behandlung von „Schriftbesitzern“ <strong>und</strong>„Ungläubigen“ einzulassen, wendet er sich in erstaunlichschroffer, (für) uns überraschend schroffer Form ganz40 Wir zitieren hier <strong>aus</strong> dem Originalwortlaut der Vorlesung. Der Text ist späteran einigen Stellen überarbeitet worden78


einfach mit der zentralen Frage nach dem Verhältnis vonReligion <strong>und</strong> Gewalt überhaupt an seinenGesprächspartner. Er sagt (ich zitiere): „Zeig mir doch, wasMuÎammed Neues gebracht hat <strong>und</strong> da wirst du“, so sagter, „nur Schlechtes <strong>und</strong> Inhumanes finden wie dies, dass ervorgeschrieben hat, den <strong>Glaube</strong>n, den er predigte, durch dasSchwert zu verbreiten.“ 41Sodann sagt er:II. Der Kaiser begründet dann eingehend, warum<strong>Glaube</strong>nsverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie stehtim Widerspruch zum Wesen Gottes <strong>und</strong> zum Wesen derSeele. Ich zitiere noch mal wörtlich: „Gott hat kein Gefallenam Blut, <strong>und</strong> nicht vernunftgemäß (…) zu handeln, ist demWesen Gottes zuwider. Der <strong>Glaube</strong> ist Frucht der Seele,nicht des Körpers. Wer also jemanden zum <strong>Glaube</strong>n führenwill, braucht die Fähigkeit zur guten Rede <strong>und</strong> ein rechtesDenken, nicht aber Gewalt <strong>und</strong> Drohung. Um einevernünftige Seele zu überzeugen, braucht man nicht seinenArm, nicht Schlagwerkzeuge noch sonst eines der Mittel,durch die man jemanden mit dem Tod bedrohen kann…“.(Ibid)III.„Der entscheidende Satz in dieser Argumentation gegenBekehrung durch Gewalt lautet: Nicht vernunftgemäßhandeln, ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Her<strong>aus</strong>geber,Theodore Khoury, kommentiert dazu: Für den Kaiser alseinen in griechischer Philosophie aufgewachsenenByzantiner ist dieser Satz evident. Für die moslemischeLehre hingegen“, sagt uns Khoury“, ist Gott absoluttranszendent. Sein Wille ist an keine unserer Kategoriengeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sei es die der Vernünftigkeit.“IV. „Khoury zitiert dazu eine Arbeit des bekanntenfranzösischen Islamologen R. Arnaldez, der darauf41 Vorlesung des Papstes vom 12.09.2006 an der Universität Regensburg,„<strong>Glaube</strong>, <strong>Vernunft</strong>, Universität“79


hinweist, dass Ibn Íazm so weit gehe zu erklären, dass Gottauch nicht durch sein eigenes Wort gehalten sei <strong>und</strong> dassnichts ihn dazu verpflichte, uns die Wahrheit zuoffenbaren. Wenn er es wollte, müsse der Mensch auchGötzendienst treiben.“V. „Ist es nur griechisch zu glauben, dass vernunftwidrig zuhandeln dem Wesen Gottes zuwider ist, oder gilt das immer<strong>und</strong> in sich selbst? Ich denke, dass an dieser Stelle der tiefeEinklang zwischen dem, was im besten Sinn griechisch ist<strong>und</strong> dem auf der Bibel gründenden Gottesglauben sichtbarwird.“In Bezug auf den vorgenannten Dialog bemerkt der Papst, dass eseine schroffe Aussage des Kaisers sei. Darüber hin<strong>aus</strong> erwähnt dasOberhaupt der Katholiken, dass der Dialog 1391 vom Kaiser selbstaufgezeichnet worden sei; so verstehe man auch, dass seine eigenenAusführungen sehr viel <strong>aus</strong>führlicher wiedergegeben worden seienals die seines türkischen Gesprächspartners. Allerdings bringt derPapst in seiner gesamten Rede an keiner einzigen Stelle zumAusdruck, dass er die Aussagen des Kaisers für unzutreffend halte.Auf diese Vorlesung folgte ein Protest seitens der Muslimeweltweit sowie einiger objektiver nichtmuslimischerIntellektueller. Auf den massiven Protest hin erklärte der Papst, erbedauere, dass seine Vorlesung falsch verstanden worden sei. DerBezug auf den Dialog habe der Förderung des interreligiösenDialogs dienen sollen. 42 Dennoch erklärte der Papst dieÄußerungen des Kaisers zu keinem Zeitpunkt als unzutreffend.Zur Förderung des interreligiösen Dialogs wäre es jedochangebracht gewesen, die gemeinsamen Werte hervorzuheben, umauf gemeinsamer Gr<strong>und</strong>lage den Dialog zu führen. Hier wurdejedoch im Rahmen einer Rede über <strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong> eineäußerst ungeeignete Methode gewählt. Es stellt sich die Frage,weshalb der Papst, der als Gelehrter gilt <strong>und</strong> einstUniversitätsprofessor war, überhaupt einen solch fragwürdigenAuszug zitiert hat.42 Berliner Tagesspiegel vom 26.09.200680


Bevor wir uns dieser Frage zuwenden, soll der historische Kontextdes erwähnten Dialogs angegeben werden:1.1 Historischer Kontext von ManuelsDialogKaiser Manuel II. Palaiologos war von 1391 bis 1425byzantinischer Kaiser mit Regierungssitz in Konstantinopel (demheutigen Istanbul). Seine politische Karriere begann 1369 alsRegent von Thessaloniki. Zu diesem Zeitpunkt war noch seinVater, Johannes V., Kaiser von Byzanz, an der Macht. Die umThessaloniki liegenden Gebiete waren bereits von den Osmanenbesetzt, an welche Thessaloniki Tribut entrichten musste. Ausdiesem Gr<strong>und</strong>e musste Manuel II. den Osmanen bei derEroberung von Philadelphia (heute Ala¢ehir) Heeresfolge leisten.Im April 1387, kurz vor der vollständigen EroberungThessalonikis durch die Osmanen, floh Manuel II. nach Lesbos.Während derselben Zeit verlor Johannes V. durch interneBürgerkriege <strong>und</strong> Niederlagen gegen die Osmanen den Thron anseinen Neffen. Als er 1390 mit der Hilfe der Osmanen erneut denThron bestieg, musste sein Sohn Manuel II. als Vasall am Hof desosmanischen Kaisers bleiben. Nach dem Tod von Johannes V. imFebruar 1391 konnte Manuel II. <strong>aus</strong> dem Lager des Sultans nachKonstantinopel fliehen <strong>und</strong> wurde zum Kaiser des untergehendenbyzantinischen Reiches. Von hier <strong>aus</strong> begann er seine „HeiligenKriege“ gegen die Osmanen. In der Zeit, die Manuel II. unterosmanischer Obhut verbrachte, musste er auch an einigenFeldzügen auf der Seite der Osmanen teilnehmen. Während dieserZeit war Manuel II. von Oktober 1391 bis Dezember 1391 Gast desosmanischen Richters von Ankara, der als Mudarris bezeichnetwurde. Mit diesem fanden auch die Dialoge statt, die Manuel II.später selbst veröffentlichte <strong>und</strong> die als „26 Dialoge mit einemPerser“ bekannt sind.Über diese schreibt Prof. Wilhelm Baum:„Neben den Aufzeichnungen des Kaisers existiert keinunabhängiger Nachweis darüber, dass die Gespräche81


tatsächlich stattgef<strong>und</strong>en haben. Es muss sich bei ihnen umeine Mischung von Tatsachen <strong>und</strong> Fiktionen handeln... DerKaiser vertraute für seine Quellen der Apologie desChristentums gegen den Islam durch seinen Großvatermütterlicherseits, Johannes VI Cantacuzenos. Diese wiederumhatte ihre Gr<strong>und</strong>lage im "Confutatio Alchorani" von demdominikanischen Mönch Ricoldo von Montecroce (verst.1320), das von Demetrius Kydones ins Griechische übersetztworden war. Großvater <strong>und</strong> Enkel blieben somit dertraditionellen byzantinischen antiislamischen Polemikvollständig treu.“ 43Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird leicht verständlich, weshalb derKaiser eines verfallenden Reiches, der gegen die Muslime eineNiederlage nach der anderen einstecken muss, bei einem Gesprächmit einem Muslim einen äußerst vorurteils- <strong>und</strong> vorwurfsvollenTon einschlägt. Der Papst stellt den Kaiser zwar als Gelehrten dar,dessen Wissensumfang wird jedoch durch die Lektüre seinesDialoges mit dem muslimischen Gelehrten offenbar. Insbesonderesein Wissen über den Islam war äußerst begrenzt <strong>und</strong> stammtehauptsächlich <strong>aus</strong> Geschichten vom Hörensagen. Zudem gab es zuder damaligen Zeit die Wissenschaft der Orientalistik noch nicht,welche heute im Westen für das Wissen über den Islamhauptsächlich verantwortlich ist. Auffallend ist allerdings auchdas offenbar eingeschränkte Wissen des Papstes über den Islam,das sich in seinen Bemerkungen im Zusammenhang mit denZitaten zeigt.1.2 Kritik des Papstes am IslamDie Kritik des Papstes am Islam hat im Text zwei Formen. Zumeinen wird mithilfe der Zitate vom Kaiser Manuel, von Prof.Khoury <strong>und</strong> von Roger Arnaldez Einwände gegen den Islamerhoben. Zum anderen äußert der Papst in seinen eigenen Worten43 Wilhelm Baum, An Online Encyclopedia of Roman Emperors, Manuel IIPALAIOLOGOS http://www.roman-emperors.org; Barker John W., Paleologos,New Brunswick, 196982


Kritik am Islam. Die letztgenannte Form der Kritik lautet imEinzelnen wie folgt:a. Der Begriff ÉiÎÁd wird mit „heiliger Krieg“ übersetzt <strong>und</strong>beide Begriffe werden als Synonyme vorgestellt.b. Bei Verweis auf den Vers „Kein Zwang in <strong>Glaube</strong>nssachen“(2, 257) wird der Eindruck erweckt, die friedliche Lehre desIslams stamme <strong>aus</strong> einer Zeit, als MuÎammad (S) nochschwach <strong>und</strong> machtlos gewesen sei. Später, nachMachterlangung, sei dann zum Kampf aufgefordert worden.c. Es wird die Behauptung aufgestellt, dass im Heiligen QurÞÁnLehren zum „heiligen Krieg“ vorhanden seien.d. Es wird der Vorwurf erhoben, der Heilige QurÞÁn schreibe fürdie Schriftbesitzer eine andere Behandlung vor als für dieUngläubigen.Diese vier Einwände stammen vom Papst selbst. Für die restlichenEinwände macht sich der Papst die Zitate anderer zunutze. Diesesind wie folgt:a. Er zitiert den Kaiser Manuel II. Palaiologos: „Zeig mir doch,was MuÎammed Neues gebracht hat <strong>und</strong> da wirst du nurSchlechtes <strong>und</strong> Inhumanes finden“.b. MuÎammad (S) habe vorgeschrieben, „den <strong>Glaube</strong>n, den erpredigte, durch das Schwert zu verbreiten“.Diese fabrizierte These dient dem Papst sodann als Prämisse fürseine weiteren Ausführungen, dass nämlich die Verbreitung des<strong>Glaube</strong>ns mit Gewalt der <strong>Vernunft</strong> widerspreche <strong>und</strong> einevernunftwidrige Handlung dem Wesen Gottes zuwider sei. Weralso jemanden zum <strong>Glaube</strong>n führen wolle, brauche die Fähigkeitzur guten Rede <strong>und</strong> ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt <strong>und</strong>Drohung. Zwar ist diese Auffassung an sich richtig, der Papstzieht indes <strong>aus</strong> dem gesamten Gespräch in den Worten Khourysdie folgende Schlussfolgerung:83


c. „Für den Kaiser als einen in griechischer Philosophieaufgewachsenen Byzantiner ist dieser Satz evident. Für diemoslemische Lehre hingegen ist Gott absolut transzendent. SeinWille ist an keine unserer Kategorien geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sei es die derVernünftigkeit.“ Es wird also geschlussfolgert <strong>und</strong> derEindruck erweckt, dass es für den Kaiser aufgr<strong>und</strong> seinerBildung in griechischer Philosophie offensichtlich gewesensei, dass Gott nicht zum vernunftwidrigen Handelnauffordern <strong>und</strong> es folglich auch keine Gewalt in<strong>Glaube</strong>nssachen geben könne. Da aber der Gott der Muslimenicht an die Regeln der Vernünftigkeit geb<strong>und</strong>en sei, lehre ErGewalt in <strong>Glaube</strong>nssachen. Diese abscheuliche Auffassungunterstellt der Papst dem Gott der Muslime.d. Um nun diese Ansicht, die er den Muslimen zuschreibt, zubeweisen, zitiert der Papst <strong>aus</strong> Khourys Buch, der wiederumeinen anderen Autor, Arnaldez, zitiert, welcher in seinemBuch mit Verweis auf Ibn Íazm schreibt, dass dieser erklärthabe, dass Gott auch nicht an sein eigenes Wort geb<strong>und</strong>en sei<strong>und</strong> dass nichts ihn dazu verpflichte, uns die Wahrheit zuoffenbaren. Wenn Er wolle, müsse der Mensch auchGötzendienst treiben (an dieser Stelle wäre auch zu prüfen, obIbn Íazm diese These überhaupt geäußert hat <strong>und</strong> wenn ja, inwelchem Kontext er dies getan hat).Nachdem der Papst auf einer fabrizierten These sein theoretischesGebäude errichtet hat, kommt er schließlich zu dem Schluss:e. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen derÜberzeugung, dass Gott niemals vernunftwidrig handelt, <strong>und</strong>einem auf der Bibel begründeten <strong>Glaube</strong>n. Schlussendlichwird also gefolgert, dass die Lehren des Christentumsvollständig mit der <strong>Vernunft</strong> im Einklang stünden, währenddie islamischen Lehren dieser widersprächen.Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, dass die Kritik desPapstes am Islam mit Absicht geäußert wurde <strong>und</strong> er sich zudiesem Zweck auf andere Quellen gestützt hat.84


Die Kritikpunkte gegen den Islam in der VorlesungDie eigene Kritik des Papstes an den Islam:1. Der Begriff Djihad wird mit „heiliger Krieg“ übersetzt <strong>und</strong> beide Begriffewerden als Synonyme dargestellt.2. Bei Verweis auf den Vers „Kein Zwang in <strong>Glaube</strong>nssachen“ (2, 257) wirdder Eindruck erweckt, die friedliche Lehre des Islams stamme <strong>aus</strong> einerZeit, als Muhammad (Friede sei auf ihm) noch schwach <strong>und</strong> machtlosgewesen sei. Später, nach Machterlangung, sei dann zum Kampfaufgefordert worden.3. Es wird die Behauptung aufgestellt, dass im Heiligen Koran Lehren zum„heiligen Krieg“ vorhanden sind.4. Es wird der Vorwurf erhoben, der Heilige Koran schreibe für dieSchriftbesitzer eine andere Behandlung vor als für die Ungläubigen.In den Worten des Kaisers wirdfolgende Kritik geübt:5. „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat <strong>und</strong> da wirst du nurSchlechtes <strong>und</strong> Inhumanes finden“.6. Muhammad habe vorgeschrieben, „den <strong>Glaube</strong>n, den er predigte, durchdas Schwert zu verbreiten“.Die Verbreitung des <strong>Glaube</strong>ns mit Gewalt widerspreche der <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong>eine vernunftwidrige Handlung sei dem Wesen Gottes zuwider.Der Papst stellt diefolgenden Thesen7. Für die moslemische Lehreauf:hingegen ist Gott absoluttranszendent. Sein Wille istan keine unserer Kategoriengeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sei es die derVernünftigkeit.Als Beweis hierfür führt ermit Verweis auf Ibn Hazm an:Gott ist auch nicht durch sein eigenesWort gehalten <strong>und</strong> nichts verpflichtetihn dazu, uns die Wahrheit zuoffenbaren. Wenn er es wollte, muss derMensch auch Idolatrie treiben.In den Worten des Kaisers argumentiert derPapst gegen Gewalt im <strong>Glaube</strong>n:Für den Kaiser ist dieserSatz evident.Als Beweis hierfürführt er an:Der Kaiser ist in dergriechischen Philosophieaufgewachsen.Der Papst zieht die Schlussfolgerung:Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Überzeugung, dass Gott niemalsvernunftwidrig handelt, <strong>und</strong> einem auf 85 der Bibel begründeten <strong>Glaube</strong>n.


1.3 Erste Dialoge mit christlichen KönigenDer Papst hat seine Vorlesung mit einem Zitat des Kaisers ManuelPaleologus II. begonnen. Dieser war Herrscher einesuntergehenden Reiches, das seine Stellung als regionale Macht andie Muslime abgeben musste. Doch in der Geschichte werdenmehrere christliche Herrscher erwähnt, die sich über den HeiligenPropheten MuÎammad (S) <strong>und</strong> die Lehren des Islams <strong>aus</strong>verschiedenen Anlässen geäußert hatten. Diese Herrscher warenweit<strong>aus</strong> mächtiger <strong>und</strong> einflussreicher als Manuel. Wenn einBezug auf einen Kaiser genommen werden sollte, dann wärensolche Kaiser dafür weit<strong>aus</strong> besser geeignet gewesen. Wir möchtenhier auf zwei christliche Monarchen hinweisen: denbyzantinischen Kaiser Heraclius <strong>und</strong> Negus, König vonAbessinien. Es wird in den Überlieferungen berichtet, dass derProphet MuÎammad (S) nach dem Friedensvertrag vonÍudaibiya, den er mit seinen mekkanischen Verfolgerngeschlossen hatte, Briefe an die Könige der umliegenden Nationen<strong>und</strong> Reiche sandte. Unter den Adressaten dieser Briefe war auchder byzantinische Kaiser Heraclius 44 . Um ein Gelöbnis zuerfüllen, befand er sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg nachJerusalem. Dort erhielt er vom Gouverneur von Ghassan den Briefdes Propheten MuÎammad (S). Zu diesem Zeitpunkt war auch dererbitterte Feind der Muslime <strong>und</strong> Anführer des arabischenStammes der Quraiš, AbÙ SufyÁn bin Íarab, auf einerHandelsreise in Syrien unterwegs <strong>und</strong> befand sich in Gaza. AlsHeraclius erfuhr, dass eine Handelskarawane der Araber in derNähe war, so ließ er sie zu sich kommen <strong>und</strong> stellte AbÙ SufyÁneinige Fragen über den Propheten des Islams (S). In derauthentischen Sammlung der ÍadÐ×-Überlieferungen, al-BuÌÁrÐ,wird über das Zwiegespräch zwischen Heraclius <strong>und</strong> AbÙ SufyÁnfolgendes berichtet:„AbÙ SufyÁn bin Íarab sagte ihnen: Heraclius hat ihn samtanderen Mitgliedern seiner Karawane zu sich gerufen; sie allewaren wegen des Handels in Syrien. Dies geschah in der Zeit,da der Prophet (S) mit AbÙ SufyÁn <strong>und</strong> den übrigen44 lat. Flavius Heraclius, gr. Flavios Herakleios, 575-64186


Angehörigen der Quraiš, die den <strong>Glaube</strong>n verweigert hatten,einen befristeten Friedensvertrag geschlossen hatte. Sie kamenzu ihm (Heraclius), er war in Jerusalem. Er ließ sie in seinenHof kommen. Zu diesem Augenblick waren auchWürdenträger des byzantinischen Reiches versammelt.Heraclius hieß sie nach vorne kommen <strong>und</strong> rief auch seinenÜbersetzer. Er fragte, wer von euch ist ein naher Verwandterdes Mannes, der sagt, er sei ein Prophet. AbÙ SufyÁnüberliefert, dass er auf diese Frage hin antwortete: „Unter allendiesen bin ich ein naher Verwandter.“ Daraufhin habeHeraclius gesagt, lass ihn zu mir kommen <strong>und</strong> seine Begleitersollen hinter ihm stehen. Dann sagte er zum Übersetzer: „Ichfrage nun nach jenem Manne (dem Propheten), <strong>und</strong> falls er(AbÙ SufyÁn) lügen sollte, so sollen seine Begleiter sofortmitteilen, dass dieser lügt. AbÙ SufyÁn sagte, bei Gott, wennich nicht befürchtet hätte, vor den anderen als Lügner da zustehen, so hätte ich mit Sicherheit über den Propheten (S) dieUnwahrheit erzählt. Danach stellte er mir die erste Frage:Wie ist seine Familie?Ich sagte, unter uns gehört er zu einer noblen Familie.Er fragte: Hat ein anderer vor ihm beansprucht, Prophet zusein?Ich sagte, nein.Er fragte, gab es jemand unter seinen Vorfahren, der Königgewesen ist?Ich sagte, nein.Er fragte, gehören seine Anhänger zu den Vornehmen oder zuden Schwachen?Ich sagte, sie sind nicht mächtig, sondern schwach.Er fragte, nimmt die Zahl seiner Anhänger zu oder ab?87


Ich sagte, sie nimmt nicht ab, sondern zu.Kommt es vor, dass Menschen in seine Religion eintreten <strong>und</strong>später <strong>aus</strong> Unzufriedenheit von ihm abwenden?Ich sagte, nein.Er fragte, bevor er beanspruchte, Prophet zu sein, hattet ihrihn jemals der Lüge bezichtigt?Ich sagte, nein.Er fragte, ist er auch wortbrüchig?Ich sagte, nein. Wir haben einen befristeten Friedensvertragmit ihm. Wir wissen nicht, wie er mit diesem verfährt. (AbÙSufyÁn sagt, ich hatte nicht die Gelegenheit, meinenAusführungen außer diesen Worten noch andere Dingehinzuzufügen.)Heraclius fragte, habt ihr auch gegen ihn Krieg geführt.Ich sagte, ja.Er fragte, wie gingen die Schlachten <strong>aus</strong>?Ich sagte, manchmal gewinnen wir, manchmal er, manchmalkann er uns Schaden zufügen, manchmal gelingt uns dies.Er fragte, was lehrt er euch?Ich sagte, er lehrt: betet nur einen einzigen Allah an, <strong>und</strong> setztkeine Götter neben Ihn, gebt auf, was eure Vorväter sagen,<strong>und</strong> er lehrt uns Gebet, Wahrhaftigkeit, Keuschheit <strong>und</strong> Gütezu den Verwandten.Dann wandte er (Heraclius) sich an den Übersetzer <strong>und</strong> hießihm, mir folgendes zu sagen: „Ich fragte dich nach seinemFamilienstatus, du sagtest, er gehöre einer noblen Familie. AllePropheten erscheinen in den angesehnen Familien ihres88


Volkes. – Dann fragte ich dich, ob ein anderer von euchbehauptet hat, Prophet zu sein. Du sagtest, nein. Doch wenndu bejaht hättest, so hätte ich gedacht, dass er etwasnachahmt, das zuvor gesagt worden ist. – Dann fragte ichdich, ob es unter seinen Vorvätern Könige gab. Du sagtest,nein. Wenn es unter seinen Vorvätern einen König gegebenhätte, so hätte ich angenommen, dass er die Herrschaft seinerVorfahren wiederherstellen möchte. Ich fragte dich, ob ihr ihnder Lüge geziehen hättet, bevor er seinen Anspruch aufProphetentum erhoben hatte. Du sagtest, nein. Denn ichweiß, es ist nicht möglich, dass jemand zwar im Verhältnis zuseinen Mitmenschen stets wahrhaftig ist, aber über Gott eineLüge erzählt. – Dann fragte ich dich, ob die Mächtigen oderdie Schwachen an ihn geglaubt haben. Du sagtest, dass dieSchwächeren unter euch seine Anhänger seien. Ebendiesewerden immer Anhänger der Propheten. – Dann fragte ichdich, ob seine Anhänger mehr oder weniger werden. Dusagtest, dass deren Zahl zunimmt. So geschieht es mit dem<strong>Glaube</strong>n, bis er seine Vollkommenheit erreicht. – Dann fragteich dich, ob Menschen erst an ihn glauben, aber dann sich inWiderwillen von ihm abwenden? Du sagtest, nein. So verhältes sich mit einem Propheten, wenn seine Fre<strong>und</strong>lichkeit dieHerzen gewonnen hat. – Dann fragte ich dich, ob erwortbrüchig geworden sei. – Du sagtest, nein. So sindPropheten, sie brechen ihr Wort nie. – Dann fragte ich dich,was er euch befiehlt. Du sagtest, dass er euch lehrt, Allahanzubeten, nichts neben Ihm als Gott zu verehren, <strong>und</strong> euchvom Götzendienst abhält; <strong>und</strong> er gebietet euch Gebet,Wahrhaftigkeit <strong>und</strong> Keuschheit.Also wenn alles, was du sagst, wahr ist, dann wird der Ort, aufdem meine Füße sind, bald ihm gehören. Ich wusste bereits,dass ein Prophet erscheinen wird. Aber ich hatte nicht geahnt,dass er unter euch (Arabern) erscheinen würde. Wenn ichwüsste, dass ich ihn sicher erreichen würde, so würde ichbestimmt Mühsal auf mich nehmen, um ihn aufzusuchen,89


<strong>und</strong> wenn ich bei ihm wäre, so würde ich ihm die Füßewaschen. 45Ähnliches kann auch gesagt werden über Negus 46 . Während derRegentschaft dieses Herrschers waren einige Muslime, die durchdie Quraiš von Mekka massiv verfolgt wurden, nach Abessinien<strong>aus</strong>gewandert. Sie hofften, dort in Frieden leben zu können. DieQuraiš entsandten eine Delegation, bestehend <strong>aus</strong> ÝAbdullah binAbÐ RabiÝah (S) <strong>und</strong> ÝAmr bin al-ÝÀs (S) an Ashama, die ihmGeschenke überbrachten. Der Auftrag der Delegation war, denKönig zu überreden, die in sein Reich geflüchteten Muslime desLandes zu verweisen. Ashama vermied es, einseitig zu entscheiden,<strong>und</strong> rief die Muslime zu sich <strong>und</strong> befragte sie nach ihrem<strong>Glaube</strong>n. Auf Seiten der Muslime antwortete Hazrat ÉaÝfar binAbÙ ÓÁlib folgendes:„… Wir waren Unwissende, wir waren dem Götzendienstverfallen, aßen das Fleisch verendeter Tiere, waren inSchamlosigkeiten verwickelt, brachen mit den Verwandten,bedrängten die Nachbarn, <strong>und</strong> die Mächtigen unter unsbeuteten die Schwachen <strong>aus</strong>. So waren wir, als Allah unter unseinen Gesandten erweckte, dessen adlige Herkunft,Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit <strong>und</strong> Keuschheit uns allen bekanntwar. Er lud uns zu Allah ein <strong>und</strong> lehrte uns Seine Einheit(<strong>und</strong> dass) wir Ihn anbeten sollten, wir <strong>und</strong> unsere Vorfahrenhatten an Seiner Stelle Götzen verehrt, dies sollten wiraufgeben. Dieser Gesandte lehrte uns, die Wahrheit zu sagen,keine Veruntreuung zu begehen, die Verwandtschaftsbande zupflegen, gütig zu den Nachbarn zu sein, Verbotenes <strong>und</strong> Mord<strong>und</strong> Totschlag zu meiden. Er verbot uns, schlecht zu handeln,den Waisenkindern ihr Geld wegzunehmen <strong>und</strong> keuscheFrauen zu verleumden. Er gebot uns, den einen Gottanzubeten <strong>und</strong> Ihm keinen Partner beizugesellen. Er befahluns, das Gebet zu verrichten, die Armensteuer zu zahlen <strong>und</strong>zu fasten.“45 ÑaÎÐÎ al-BuÌÁrÐ, آما بدا وحى KitÁb kamÁ badaÞ al-waÎyy46 AÒ-Îama اصحمه ; König von Aksum, diese Könige trugen den Titel Negus; s.Encyclopaedia of Islam, New Edition, Vol. VII, Leiden, 1993ء ال90


Kurzum, er schilderte dem König die Gebote des Islams <strong>und</strong> sagtedann:„Wir sagen, dass er ein wahrer Prophet ist <strong>und</strong> haben an ihngeglaubt. Was er von Allah empfangen hat, dem folgen wir.Also glauben wir an den einen Gott, setzen Ihm keine Partnerzur Seite, <strong>und</strong> sehen alles als Verboten an, was uns verbotenwurde, <strong>und</strong> sehen alles als erlaubt an, was uns erlaubt wurde.Diese haben uns gr<strong>aus</strong>am verfolgt. Sie quälten uns <strong>und</strong>bedrängten uns wegen unseres <strong>Glaube</strong>ns. Sie traten zwischenuns <strong>und</strong> unsere Religion. Wir wanderten in dein Land <strong>aus</strong>.Wir bevorzugten dich vor den anderen. Unser Herz neigtesich dazu, dein Nachbar zu sein. O König! Wir hofften, dasses bei dir keine Ungerechtigkeit gibt.“ … Der König fragte, ober etwas von dem, was dem Propheten von Gott offenbartwurde, bei sich habe. Hazrat ÉaÝfar bejahte diese Frage.Darauf forderte ihn der König auf, etwas dar<strong>aus</strong> vorzulesen.Darauf las er den Anfang der Sura KÁ-HÁ-ÝAin-ÑÁd (SuraMariam)… Negus kamen die Tränen … er sagte: „Dies <strong>und</strong>was Jesus brachte, sind Lichter, die von derselben Nischekommen.“ Negus lehnte die Bitte der Delegation der Quraišab. Er sagte, er werde diese Leute nicht an die Quraišübergeben. Am nächsten Tag kamen diese Gesandten derQuraiš wieder zum König <strong>und</strong> sagten, die Muslime würdenetwas Unziemliches über Jesus sagen. Der Negus rief dieMuslime erneut zu sich <strong>und</strong> fragte, was sie über Jesus Christussagen würden. Auf Seiten der Muslime antwortete HazratÉaÝfar: „Wir sagen das, was unser Prophet (S) uns brachte,nämlich er ist Diener Gottes, sein Gesandter, ist sein Geist<strong>und</strong> sein Wort. Der König nahm einen Strohhalm in dieHand <strong>und</strong> bemerkte: Bei Gott, ich glaube, dass Jesus, Sohn derMaria, nicht einmal um diesen Halm größer ist als das, wasdu über ihn gesagt hast.“ 47Das sind Beispiele von christlichen Königen, die nicht wieManuel schwach <strong>und</strong> machtlos waren, sondern mächtige Reichebesaßen. Doch sie waren gerecht <strong>und</strong> hatten gewissermaßen den47 Ibn HišÁm, Band 191


Mut, offen die Wahrheit zu sagen. Wenn der Papst für deninterreligiösen Dialog das Beispiel eines christlichen Herrschersanführen wollte, so sollte er diesen zwei Herrschern zu allerersterwähnen. Denn diese verfügten über Macht <strong>und</strong> Einfluss, habensich anders als Manuel nicht von Vorurteil <strong>und</strong> Unwahrheit leitenlassen. Vielmehr haben die beiden Herrscher das gesagt, was ihnengemäß ihrer <strong>Vernunft</strong> als richtig erschien.1.4 SchlussfolgerungenAus der obigen Darstellung wird ersichtlich, dass für dieseVorlesung ganz gezielt nach gewissen Zitaten recherchiert wordenist, welche dann als Gr<strong>und</strong>lage herangezogen worden sind. DerDirektor des US-amerikanischen Instituts Stratfor GeopoliticalIntelligence, Dr. George Friedman, schreibt in seinem Kommentarüber die Papstvorlesung:„It is obvious that Benedict delivered a well-thought-outstatement. It is also obvious that the Vatican had no illusionsas to how the Muslim world would respond. The statementcontained a verbal blast, crafted in a way that allowedBenedict to maintain pl<strong>aus</strong>ible deniability. Indeed, the popealready has taken the exit, noting that these were not histhoughts but those of another scholar. The pope and his staffwere certainly aware that this would make no difference in thegrand scheme of things, save for giving Benedict the meansfor distancing himself from the statement when the inevitableblacklash occured.“„Es ist offensichtlich, dass Benedikt eine wohl durchdachteErklärung abgab. Es ist auch offensichtlich, dass dem Vatikannicht verborgen war, wie die islamische Welt hierauf reagierenwürde. Die Erklärung besaß eine verbale Sprengkraft, welchein eine Form gefasst wurde, die es Benedikt erlaubte, einepl<strong>aus</strong>ible Abstreitbarkeit zu bewahren. In der Tat hat derPapst bereits einen Rückzieher gemacht, indem er angibt, dasses sich nicht um seine Gedanken, sondern um die einesanderen Gelehrten handelt. Der Papst <strong>und</strong> sein92


Mitarbeiterstab wussten, dass dies für die Sache insgesamtkeinen Unterschied <strong>aus</strong>machen würde, außer dass es Benediktdie Möglichkeit verschafft, sich von der Erklärung zudistanzieren, wenn es zum unvermeidlichen Gegenschlagkommt.“ 48Hatte der Papst bei seinen Einwendungen gegen den Islam <strong>und</strong>seinen Begründer, versteckt hinter den Worten anderer, den Teilder christlichen Geschichte vergessen, in der die Christen anderemit Gewalt zum <strong>Glaube</strong>nswechsel zwangen?Der Papst macht in seiner Vorlesung dem Heiligen ProphetenMuÎammad (S) den unsäglichen Vorwurf, dass dieser den Friedennur zu einer Zeit gelehrt habe, als er noch machtlos <strong>und</strong> bedrohtgewesen sei. Der berühmte deutsche Philosophiehistoriker Prof.Kurt Flasch bemerkt hierzu:„ …Als das Christentum nach 313 an die Macht kam, eignetees sich in kurzer Zeit jene Zwangsmaßnahmen an, unterdenen es bis dahin selbst gelitten hatte. Als es machtlos war,plädierte es für <strong>Glaube</strong>nsfreiheit. Wo es Staatsreligion war,reagierte es f<strong>und</strong>amentalistisch roh gegen Häretikergruppen.Noch wo es im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert die Mehrheit stellte,polemisierte es gegen die Idee der Toleranz.“ 49Der berühmte jüdische Friedensaktivist <strong>und</strong> Journalist Avneryschreibt:„Als die Katholiken Spanien von den Muslimenzurückeroberten, führten sie eine Herrschaft des religiösenTerrors ein. Die Juden <strong>und</strong> die Muslime wurden vor eine48 Faith, Reason and Politics: Parsing the Pope's Remarks, Dr. George Friedman,http://www.stratfor.com , stand 20.09.200649 Süddeutsche Zeitung Nr. 239 vom 17.10.2006, "Von Kirchenvätern <strong>und</strong>anderen F<strong>und</strong>amentalisten", Kurt Flasch93


gr<strong>aus</strong>ame Wahl gestellt: zu Christen zu werden, abgeschlachtetzu werden oder <strong>aus</strong>zuwandern.“ 50Die Ansicht, die der Papst Ibn Íazm zuschreibt, wurde ebensovon Duns Scotus vertreten, auf den der Papst im weiteren Verlaufseiner Rede auch kurz zu sprechen kommt. Weshalb ließ sich derPapst dennoch auf eine unf<strong>und</strong>ierte Kritik gegen den Islam ein,anstatt sich auf das Christentum zu beschränken? Ein Gr<strong>und</strong>hierfür scheint der Versuch zu sein, die Aufmerksamkeit derZuhörer von der gr<strong>aus</strong>amen Geschichte religiöser Gewalt durchdie Kirche wegzulenken, um <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Christentum alshomogene Einheit präsentieren zu können. Denn die Lehren derKirche, insbesondere die Lehre von der Trinität <strong>und</strong> dieunzähligen Gewaltakte, Ermordungen <strong>und</strong> Verbrennungen imNamen des <strong>Glaube</strong>ns vertragen sich nicht mit der menschlichen<strong>Vernunft</strong>.1.5 Christliche Autoritäten <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>Von den zahlreichen von Christen verfassten Schriften, die sichmit dem Widerspruch zur <strong>Vernunft</strong> befassen, stammt eininteressantes Buch von einem berühmten <strong>und</strong> als heilig verehrtenchristlichen Philosophen, Augustinus von Hippo (verst. 430 n.Chr.). In diesem Buch ist ein Schriftwechsel Augustinus mit einerPerson namens Simplician, dem späteren Bischof von Mailand,wiedergegeben, worin er eine philosophische Diskussion über diechristliche Lehre der Gnade führt. Diesen Schriftwechselveröffentlichte Augustinus im Jahre 398, welcher heute unterchristlichen Experten als die Gnadenlehre bekannt ist. Dessendeutsche Übersetzung wurde das erste Mal von Prof. Kurt Flasch1990 geliefert. Er editierte die Schrift, versah sie mit einemVorwort <strong>und</strong> veröffentlichte sie unter dem Titel „Logik desSchreckens“, denn seiner Ansicht nach enthält das Buch anstelleeiner Gnadenlehre eher eine Schreckenslehre. So schreibt er:50 Reflections on History and Religion: Muhammad's Sword, Uri Avnery,Baltimore Chronicle, 23.09.200694


„Offenbar verstand Augustin unter Gnade etwas anderes, alsheute den meisten Menschen dabei einfällt. (...) bei AugustinGnade <strong>und</strong> Schrecken zusammengehören.“ 51Sodann schreibt er im Hinblick auf den Zwang im <strong>Glaube</strong>n:„Augustin spricht 397 noch nicht von Ketzerverfolgung, aberer schafft hier die Gr<strong>und</strong>lage für seine Rechtfertigung derGewalt.“ 52Über Augustinus tatsächliche Umsetzung nach derVeröffentlichung seiner Ansicht schreibt Flasch:„Zehn Jahre nach unserem Traktat mobilisierte Augustin dasMilitär zur Wahrung der Rechtgläubigkeit <strong>und</strong> zurBekämpfung abweichender Christen. Von da an wateten dieGerechten auch buchstäblich im Blut der Sünder. So wurdeAugustin zum Klassiker der religiösen Intoleranz.“ 53Diese von Augustinus eingeführte Theorie ist nicht zuunterschätzen, denn sie findet sowohl in der katholischen alsauch in der evangelischen Kirche Akzeptanz, <strong>und</strong> AugustinusSchriften hatten einen nachhaltigen Einfluss auf die christlichePhilosophie <strong>und</strong> Lehre. So schreibt Flasch:„Sowohl das katholische wie das evangelische Christentumhaben sich in feierlichen Erklärungen amtlich auf AugustinsTheorie festgelegt, nicht in Details, wohl aber in denGründzügen.“ 54Die durch diese Theorie geschaffene Gr<strong>und</strong>lage zur religiösmotivierten Gewalt <strong>und</strong> Unterdrückung zeigt sich überall dort,wo Christen an der Macht gewesen sind. Sie diente alsRechtfertigung für unzählige Gr<strong>aus</strong>amkeiten im Namen derReligion, so z. B. die Hexenverbrennung. Flasch bemerkt hierzu:51 Kurt Flasch, Logik des Schreckens, S. 13, 199052 ibid, S. 1253 ibid, S. 1454 ibid, S. 1495


„Augustins Durchbruchtext illustriert die Geschichte desTerrors in Europa; er wirft Licht auf die Geschichte deswestlichen Christentums, bis hin zum TugendfanatismusRobespierres <strong>und</strong> zu Säuberungen des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts.“ 55Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Augustin, ein bedeutenderKirchenvater, die erwähnte Theorie 398 veröffentlichte, währendihre deutsche Übersetzung das erste Mal 1990 erschien. Bis dahinwaren alle anderen Schriften von Augustin bereits übersetztworden, nur diese Schrift war der Öffentlichkeit vorenthaltenworden.Da das Christentum durch<strong>aus</strong> Lehren vertritt, die mit der<strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> dem Common-sense ihre Schwierigkeiten haben, istwohl davon <strong>aus</strong>zugehen, dass der Papst für seine Vorlesung einpositives <strong>und</strong> pl<strong>aus</strong>ibles Beispiel <strong>aus</strong> seiner eigenen Religion nichtliefern konnte. So unternahm er den Versuch, über seltsameUmwege – nämlich mithilfe von unf<strong>und</strong>ierten Einwendungengegen den Islam – die <strong>Vernunft</strong> mit der christlichen Lehre zuverbinden. Die Divergenz zwischen dem christlichen <strong>Glaube</strong>n<strong>und</strong> der Wissenschaft ist in der westlichen Welt besondersevident. Die Realität sieht so <strong>aus</strong>, dass jedes Jahr eine großeAnzahl von Christen der Kirche den Rücken kehrt. Die Kirchesteht sogar vor dem Problem, wie sie die Erhaltung der vielenKirchengebäuden, zu deren Schließung sie jedes Jahr gezwungenist, sichern soll. Auch in Deutschland werden jedes Jahr Kirchengeschlossen. Erst letztes Jahr wählte Prof. Petzinka von derTechnischen Universität von Darmstadt für seine Studenten alsThema für die Diplomarbeit die Frage, wie die Kirchen, die wegenmangelnder Besucherzahlen ungenutzt sind <strong>und</strong> zu derenErhaltung es keine Möglichkeit gibt, nutzbringend umstrukturiertwerden können. Er schreibt:„Die Tatsache, dass die Kirche ihr gesellschaftliches Monopolals lebensorientierende Instanz verloren hat, führt zu einerVerringerung des Bedarfs an Kirchenraum <strong>und</strong> damit leiderauch zum Abriss von Kirchengebäuden... In Frankfurt a. M.55 ibid, S. 1696


ieten die evangelischen Kirchen beispielsweise Platz für400.000 Christen, gemeldet sind aber nur 145.000 Mitglieder.Mutige Prognosen sagen vor<strong>aus</strong>, dass jede dritte der 32.000deutschen Kirchen früher oder später verkauft oder abgerissenwerden muss. Bei über 1.000 Kirchen in Deutschland ist dieNotwendigkeit der Umstrukturierung schon heute akut.“ 56Der Papst wäre in einer Zeit, wo immer mehr Menschen <strong>aus</strong> derKirche <strong>aus</strong>treten <strong>und</strong> Kirchen geschlossen werden müssen, besserberaten gewesen, die Lehren der Bibel als vernunftgemäß zubeweisen, um die Menschen zurück in die Kirche zu holen. Mitseiner haltlosen Kritik am Islam mag der Papst zwar dieSympathien f<strong>und</strong>amentalistischer Christen <strong>aus</strong> Europa gewonnenhaben, die Herzen derjenigen aber, die die Kirche verlassen haben,weil ihre Lehren mit der <strong>Vernunft</strong> nicht übereinstimmen, hat erdamit sicher nicht zurückerobert.Ein weiterer Gr<strong>und</strong> für die unf<strong>und</strong>ierte Kritik am Islam könnte inder Absicht liegen, dem Kampf einiger westlicher Länder, dendiese dem islamistischen Extremismus angesagt haben, eineintellektuelle Gr<strong>und</strong>lage zu liefern. Einige westliche Politikerbezeichnen diese Auseinandersetzung bereits als clash ofcivilizations. Es mag sein, dass der Papst diese Ansicht selbst nichtteilt, jedenfalls hat er eine Rede gehalten, die dazu geeignet ist,diesem Kampf die intellektuelle Gr<strong>und</strong>lage zu liefern. 57Gegen die päpstliche Vorlesung ist Kritik verschiedener objektivdenkender Intellektueller laut geworden. Der Papst habe zwar fürden Dialog sprechen wollen, aber es sei nicht klug gewesen, denIslam anzugreifen. Die Berliner Zeitung schreibt:„Er [der Papst] hat sich zum Dialog der Kulturen bekannt<strong>und</strong> diesen Aufruf zugleich <strong>aus</strong>drücklich auf ein Zitatgestützt, das die Lehre Mohammeds als schlecht,unmenschlich <strong>und</strong> unvernünftig verwirft. Er hat also die56 Prof. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Petzinka, Fachgebiet Entwerfen <strong>und</strong>Gebäudetechnologie, Universität Darmstadt.57 Faith, Reason and Politics: Parsing the Pope's Remarks, Dr. George Friedman,http://www.stratfor.com97


Hand zur Versöhnung <strong>aus</strong>gestreckt, aber vorher schnellhineingespuckt. ... Nach welcher verqueren <strong>Vernunft</strong> mag derPapst gehandelt haben? Man musste ja kein Prophet (S) sein,um die jetzige Empörung vorherzusehen. Viele vermutendeshalb, dass er bewusst provozieren wollte.... Dass der Islamsich selbst als vernünftige Religion betrachtet im Vergleichzum w<strong>und</strong>ergläubigen, mysterienfrommen Christentum, wirdvon Ratzinger vernünftiger Weise nicht erwähnt. Vor allemaber sagt er nicht, wie denn der Dialog der Kulturen erfolgensoll." 58Das Oberhaupt der weltweiten <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat, HazratMirza Masroor Ahmad, äußerte sich mit den folgenden Wortenzu der Vorlesung des Papstes:„Derzeit werden in der Welt, <strong>und</strong> auch im Westen, auf dieeine oder andere Weise Hassgefühle gegen Muslime geschürt.Daher wurde mit dieser Äußerung zusätzlich Öl ins Feuergegossen. Es wäre ratsamer gewesen, darauf hinzuweisen, dasses unter den Muslimen übelgesinnte Organisationen gibt, dieGewalt anwenden, doch entsprechen diese Handlungen nichtder Lehre des Islams. Dies hätte dem Frieden in der Weltgedient, für den alle zusammenarbeiten müssen, damitunschuldige Menschen vor Schaden <strong>und</strong> Zerstörung bewahrtwerden. Stattdessen hat der Papst seine Anhänger in dieRichtung gewiesen, dass die Lehre des Islams selbst für allesverantwortlich sei. Ich war der Auffassung, dass der Papst eineweise <strong>und</strong> gelehrte Persönlichkeit ist <strong>und</strong> ein wenig Wissenvom Islam besitzt. Doch mit dieser Äußerung hat er seinevöllige Ahnungslosigkeit offenbart. Er beansprucht jaStellvertreter Jesu zu sein. Dann hätte er sich entsprechendseinen eigenen <strong>Glaube</strong>nsüberzeugungen darum bemühenmüssen, den Frieden in der Welt zu fördern. Dennbekanntlich hat Jesus gelehrt, selbst den Feind gut zubehandeln. Zum einen sind dem Heiligen ProphetenMuÎammad, (S) <strong>und</strong> dem QurÞÁn unrichtige Dinge unterstelltworden, was ja einige Muslime provoziert hat. Nun, als58 Berliner Zeitung vom 16.09.2006 , „Benedikts Ring“, Seite 4, Beitrag vomChristian Esch98


Reaktion darauf werden solche Muslime, die ihre Gefühlenicht kontrollieren können, unangemessene Dinge tun, sodass sie wiederum Gelegenheit für noch mehr Propagandahaben werden. – Zum anderen wird dadurch unter denAnhängern des Papsts, die im Westen leben <strong>und</strong> den Islam alseine extremistische Religion ansehen, der Hass gegen dieMuslime zunehmen “ 591.6 Regeln für den interreligiösen DialogIn Bezug auf die Reaktionen, die auf seine Vorlesung folgten, gabder Papst an, seine Absicht sei lediglich gewesen, deninterreligiösen Dialog zu fördern. Auf die Frage, inwieweit seineÄußerungen für diesen Zweck geeignet waren, wurde bereitseingegangen. Nunmehr soll die Frage behandelt werden, welcheRegeln bei einem interreligiösen Dialog unbedingt eingehaltenwerden sollten <strong>und</strong> was man beachten sollte, um nicht dieGefühle der Anhänger anderen <strong>Glaube</strong>ns zu verletzen <strong>und</strong> denDialog erfolgreich voranzuführen. Einige der Regeln, die derHeilige QurÞÁn hierfür vorgibt, werden im Folgenden aufgeführt:Allah spricht im Heiligen QurÞÁn:1. „Sprich: ‚O Volk der Schrift (Bibel), kommt herbei zu einemWort, das gleich ist zwischen uns <strong>und</strong> euch.’“ (3, 65)Man soll sich also zunächst auf Gemeinsamkeiten einigen. Undder Sinn liegt darin, gemeinsam Pläne zu erarbeiten, die dann derMenschheit dienlich sind.2.59 Freitagsansprache von Hazrat Mirza Masroor Ahmad, Khalifatul Massih V.,15.09.2006, s. Teil I dieses Buches99


„Und schmähet nicht die, welche sie statt Allah anrufen, sonstwürden sie <strong>aus</strong> Groll Allah schmähen ohne Wissen.“ (6, 109)Hier wird dazu ermahnt, auf die Gefühle anderer zu achten.In Debatten, insbesondere religiösen Debatten, kommt esnicht selten zu hitzigen Wortgefechten, bei der die Parteiensich mitunter beleidigend gegenüber dem Gott der anderenäußern. So wird wiederum gegenseitiger Hass erzeugt <strong>und</strong>beide Seiten entfernen sich schließlich noch mehrvoneinander, anstatt sich näher zu kommen. Mithin wird hierdavor gewarnt, die Götter anderer zu beleidigen. „Diepraktische Lehre in dieser Belehrung verbirgt eine tiefeWeisheit in sich. Wenn ein Mensch die religiösen Gefühleeines anderen verletzt, so erhält auch der andere das Recht zuantworten. Und wenn er dies tut, wird nicht danach geschaut,ob seine Verspottung der Religion an sich zutreffend ist odernicht. Beide Parteien haben dann gleiches Recht zukontern.“ 603. Dann heißt es im Heiligen QurÞÁn:„Oder habt ihr einen klaren Beweis? Dann bringt euer Buchherbei, wenn ihr wahrhaftig seid.“ (37, 157f.)Eine weitere Regel lautet, dass bei einer religiösen Diskussionjede Seite ihre Argumente <strong>aus</strong> der eigenen religiösen Schriftbringt. Für einen interreligiösen Dialog ist dies eine äußerstvernünftige Regel. Denn wenn jede Seite den Anspruch erhebt,dass ihre jeweilige heilige Schrift göttlichen Ursprungs ist, soist es nur sachgemäß, wenn beide Seiten ihre Argumente <strong>aus</strong>ihrer heiligen Schrift beziehen. Auf diese Weise holt derHeilige QurÞÁn den Dialog auf einen intellektuellen Boden<strong>und</strong> verleiht ihm einen wissenschaftlichen Rahmen.60 Hazrat Mirza Tahir Ahmad, Islam's Response to Contemporary Issues,S. 47, London, 2005100


4.„Und helfet einander in Rechtschaffenheit <strong>und</strong> Frömmigkeit;doch helfet einander nicht in Sünde <strong>und</strong> Übertretung.“ (5, 3)Hier wird die o.g. Regel, bei gemeinsamen Zielen miteinanderzu kooperieren, präzisiert. So soll bei den gemeinsamenVorhaben darauf geachtet werden, dass kein Vorgehenirgendjemandem zum Schaden gereichen darf.Der Heilige QurÞÁn empfiehlt, dass man sich darauf einigt,dass keine Angehörigen einer Konfession die alleinigenBesitzer der Wahrheit sind, sondern dass auch AndereWahrheiten besitzen <strong>und</strong> dieselben Eigenschaften in sichtragen. Der Heilige QurÞÁn sagt dazu eindeutig:5.„Und unter denen, die Wir erschufen, ist ein Volk, das mit derWahrheit leitet <strong>und</strong> danach Gerechtigkeit übt.“ (7, 182)„Zur Förderung der besseren Beziehungen unter denverschiedenen <strong>Glaube</strong>nsrichtungen ist dies die Einstellung,die sich jeder Mensch zwingend aneignen sollte. Ohne dieFörderung des gegenseitigen Verständnisses durch derartigeWeitsichtigkeit, Großmut <strong>und</strong> Sympathie mit denAngehörigen anderer Konfessionen ist die dauerhafteSicherung religiösen Friedens nicht möglich.“ 61Die Regeln, die der Islam für ein besseres interreligiöses Klimaaufgestellt hat, führen dazu, dass zwischen den Angehörigenverschiedener Religionen Verständnis, Zuneigung, Toleranz <strong>und</strong>Dialogbereitschaft zunehmen. Diese Regeln entsprechen der Logik<strong>und</strong> dem natürlichen Menschenverstand. Deshalb müssten sie fürein besseres Miteinander der Religionen eingehalten werden.61 Hadhrat Mirza Tahir Ahmad, Islam's Response to Contemporary Issues, S. 27,London, 2005101


Nach dieser detaillierten Analyse der Papstvorlesung folgt nuneine <strong>aus</strong>führliche Besprechung jener Aspekte des Islams, die derPapst angesprochen hat. Die Einwände <strong>und</strong> Missverständnissewerden erschöpfend behandelt. Es wird dargelegt, wie die Lehredes Islam in der Tat <strong>aus</strong>sieht, wie das Gottesbild des Islam ist <strong>und</strong>welche neue Botschaft <strong>und</strong> welche neue Lehre der Islam denMenschen auf dieser Welt zu bieten hat.102


2 Lehre des Islam über den ÉihÁdvon Muhammad Ilyas MunirDer größte Einwand, der heute gegen den Islam erhoben wird,lautet, dass der Islam Gewalt <strong>und</strong> Kampf befürworte <strong>und</strong> Mord<strong>und</strong> Totschlag daher im Islam gewissermaßen an derTagesordnung seien. Dementsprechend hätten die Muslimemithilfe des Schwertes Menschen gewaltsam zum Islam bekehrt.Der Islam selbst hätte keine Vorzüge aufzuweisen, welche dieMenschen inspiriert <strong>und</strong> dazu bewogen hätten, <strong>aus</strong> freien Stückenzum Islam zu konvertieren.Dieser völlig haltlose <strong>und</strong> unwahre Vorwurf wird im Folgendennäher betrachtet <strong>und</strong> im Lichte des Heiligen QurÞÁn <strong>aus</strong>verschiedenen Aspekten beleuchtet.Die islamische Lehre über den ÉihÁd wird von vielenmissverstanden <strong>und</strong> deswegen angegriffen. Der Hauptkritikpunktdemnach ist, dass der Islam wegen dieser Lehre eine Religion vonZwang <strong>und</strong> Gewalt <strong>und</strong> Terror sei (Gott bewahre). Auch PapstBenedikt XVI. hat in seiner Vorlesung ähnliches über denPropheten MuÎammad (S) <strong>und</strong> seine Lehre gesagt, über einenPropheten, der laut QurÞÁn als eine Barmherzigkeit für alleWelten gesandt worden ist. Dieser Angriff im päpstlichen Vortraghat absolut keine Berechtigung. Im Einzelnen sagte der Papstanhand eines Zitats, dass der Prophet in seiner Lehre zum ÉihÁddazu aufgerufen habe, seine Religion mit Feuer <strong>und</strong> Schwert zuverbreiten. Menschen seien gewaltsam zum Islam bekehrt worden.Dieser Einwand gegen den Islam ist eine große Ungerechtigkeit.Wir werden solche Einwände <strong>und</strong> deren Hintergründe im Lichtedes QurÞÁn <strong>aus</strong>führlich diskutieren. Zur Widerlegung dieserVorwürfe werden neben dem QurÞÁn auch die Wörterbücher desArabischen <strong>und</strong> die Biografie des Propheten <strong>und</strong> seiner Gefährtenherangezogen.Wir möchten auch anmerken, dass der Papst bei seinem Angriffgegen den Islam auch von solchen Muslimen unterstützt wird, die103


fälschlicherweise die Ansicht vertreten, man könne die Religionauch mit Hilfe der Gewalt verbreiten <strong>und</strong> dass dies bei derAusbreitung des Islams eine Rolle gespielt habe. Aufgr<strong>und</strong> ihrerUnkenntnis oder Sturheit halten einige muslimischeGruppierungen an dieser falschen Sicht fest, die in ihrGedankengut Eingang gef<strong>und</strong>en hat, weil sie selbst vomursprünglichen Islam entfernt haben. Dies gibt der anderen SeiteAnlass <strong>und</strong> Gelegenheit zur Kritik an der islamischen Religion.Die <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat hat sich stets von diesenVorstellungen distanziert <strong>und</strong> sie immer mit deutlichen Wortenabgelehnt <strong>und</strong> verurteilt. So hat der Gründer der Gemeinde,Hazrat Mirza Ghulam Ahmad, Friede sei auf ihm (1835-1908)gesagt:„Der Verheißene Messias (A) ist in die Welt gekommen, umden Gedanken an die Gewalt im Namen der Religion zubeseitigen. Er soll durch seine überzeugenden Argumente <strong>und</strong>Beweise zeigen, dass der Islam eine Religion ist, die für ihreVerbreitung keineswegs des Schwertes bedarf. Vielmehr sind esinnere Schönheiten ihrer Lehre, seine Wahrheiten <strong>und</strong>Weisheiten <strong>und</strong> Beweise <strong>und</strong> Argumente <strong>und</strong> lebendigeZeichen der Unterstützung durch Gott <strong>und</strong> seine eigeneAnziehungskraft, die stets für den Fortschritt <strong>und</strong> dieVerbreitung des Islams gesorgt haben. Alle Menschen, die denEinwand erheben, der Islam sei mit dem Schwert verbreitetworden, sollen wissen, dass ihre Behauptung eine Lüge ist. Diespirituellen Wirkungen des Islam sind für ihre Verbreitungnicht auf die Ausübung des Zwangs angewiesen. Wer Zweifelhegt, soll bei mir wohnen <strong>und</strong> selbst beobachten, dass derIslam den Beweis für seine Lebendigkeit durch Argumente<strong>und</strong> W<strong>und</strong>erzeichen liefert. 62Bereits am Anfang dieser Diskussion möchten wir auch dieAufmerksamkeit des Papstes darauf lenken, was die HeiligenBücher des Christentums über die Lehren, die er dem Islamunterstellt, sagen. Denn gerechterweise sollte er dem Islam nichtvorwerfen, die seiner eigenen Lehre in weit<strong>aus</strong> größerem Maße62 Malfusat, Band III., S. 176, 1984, London104


gemacht werden können. Details zu diesem Aspekt werden imKapitel 3 dieses Buches behandelt. Doch an dieser Stelle sei sovielerwähnt, dass Jesus, den Evangelien zufolge, selbst gesagt hat: „Ihrsollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringenauf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen,sondern das Schwert.“ (Matt. 10, 34) Aus diesem Gr<strong>und</strong> hielt erdas Schwert für seine Religion trotz großer Mittellosigkeit füräußerst notwendig. Er hat geboten, dass Menschen Kleiderverkaufen sollen, um Schwerter zu kaufen (Luka, 22, 36). DieseVerhaltensweise beruhte den Evangelien zufolge darauf, dass Jesusglaubte, er werde das Königreich Davids wieder errichten <strong>und</strong>Herrschaft <strong>aus</strong>üben. Es gab in seinem Leben eine besondereGelegenheit, da er sich Hoffnung darauf machen konnte. Dabeihat er die ihm eigene Milde aufgegeben <strong>und</strong> Härte gezeigt. (Matt21, 3f.) Aber er konnte selbst diese Lehre nicht umsetzen, nochkonnten die Jünger danach handeln. Aber die späterenGenerationen der Christen haben diese Lehre als Essenz ihrerReligion aufgefasst <strong>und</strong> sehr oft Gewalt eingesetzt. Andere GeboteChristi haben sich die Späteren nicht so sehr beherzigt. Aber denAufruf, jeder möge sich ein Schwert zulegen, wurde in vollemUmfang umgesetzt. Um ihren Wunsch, den Thron Davids wiederzu errichten, zu erfüllen, haben sie – wenn nötig – sogar das Blutder Feinde in Strömen fließen lassen, wie dies auch die Thoragebietet. (Mathäus 5, 19ff. – Thora sei weiterhin Gesetz) Denn inder Thora steht:„…<strong>und</strong> wenn sie der HERR, dein Gott, vor dir dahingibt,dass du sie schlägst, so sollst du an ihnen den Bannvollstrecken. Du sollst keinen B<strong>und</strong> mit ihnen schließen <strong>und</strong>keine Gnade gegen sie üben.“ (Deut 7, 3).Es sei darauf verwiesen, dass nach christlicher Überzeugung dieseLehre der Unbarmherzigkeit von Gott ist. Diese Tatsachen müssendeshalb erwähnt werden, weil jene, die dem Islam feindlichgesinnt sind, wiederholt von der Verbreitung des Islams mit Feuer<strong>und</strong> Schwert reden, aber die Lehre der Gr<strong>aus</strong>amkeit, die in ihrereigenen Schrift enthalten ist, am liebsten verschweigen. Vorwürfeüber die Ausbreitung des Islams werden immer wieder von den105


christlichen <strong>und</strong> anderen Gegnern des Islams vorgebracht, obwohldiese schon unzählige Male entkräftet worden sind.Nach dieser kurzen Besprechung der christlichen Lehre wendenwir uns dem Thema des ÉihÁd zu:2.1 Der Terminus des ÉihÁd2.1.1 Die Etymologie des Wortes „ÉihÁd“Der Begriff ÉihÁd wird heute im Westen <strong>aus</strong>schließlich mit„heiliger Krieg“ übersetzt, obwohl diese Übersetzung unzutreffendist. Die Gr<strong>und</strong>bedeutung des Wortes ÉihÁd lautet „sich bemühen,sich anstrengen“. Es wird <strong>aus</strong> dem Wortstamm Êhd abgeleitet. Imberühmten Arabischwörterbuch LisÁn-ul-ÝArab steht unter diesemStichwort:Unter ÉihÁd versteht man, eine Arbeit unter größter Kraft,Mühe <strong>und</strong> Anstrengung zu verrichten. Wenn jemand durcheine Krankheit völlig schwach <strong>und</strong> abgemagert wird, sospricht man ebenfalls von Êahada. Auch für eine äußerstmühevolle Tätigkeit wird das Wort Êahada benutzt. Auchheißt es auf Arabisch Êahada dÁbatahu Êahadan, er hat seinTier zur völligen Erschöpfung belastet. Ferner hat es dieBedeutung, die gesamte Kraft für etwas aufwenden. Ebensosteht dort: ÉihÁd ist eine Steigerungsform für den Fall, dassäußerste Anstrengung unternommen wird, sei es in einemKrieg, beim Sprechen oder bei irgendeiner anderen Sache. 63Der berühmte Orientalist <strong>und</strong> Sprachwissenschaftler EdwardWilliam Lane behandelt in seinem weltberühmten Arabic-EnglishLexicon sehr <strong>aus</strong>führlich das Wort ÉihÁd. Bei der Erläuterung desWortstamms Êahada schreibt er:63 LisÁn-ul-ÝArab, unter dem Stichtwort جهد (Êhd)106


(Êahada): Er strebte, arbeitete, schuftete; bemühte sich, nutzte جهدseine Kraft, Bemühungen, Anstrengungen, Fähigkeiten; arbeiteteenergisch, tüchtig, mühselig, emsig, fleißig, unermüdlich,ernsthaft oder kräftig; war emsig oder fleißig; gab sich Mühe bzw.außerordentliche Mühe. 64Es geht dar<strong>aus</strong> klar hervor, dass der Begriff‚ ÉihÁd’ von dem WortÊahada abstammt <strong>und</strong> im Alltag für außergewöhnlicheAnstrengung, Mühe <strong>und</strong> Strapaze gebraucht wird. Er wurde erstspäter für <strong>Glaube</strong>nskriege verwendet. Das Wort allein mit ‚Krieg’zu übersetzen ist falsch. Auch im Heiligen QurÞÁn wird das Wortnirgends <strong>aus</strong>schließlich für Krieg benutzt. Dort wird, wenn vondefensivem Krieg die Rede ist, wird der Begriff qitÁl verwendet.2.1.2 ÉihÁd in der islamischen TerminologieIm Islam wird der Begriff ‚ÉihÁd’ im Sinne von Anstrengungbzw. Bemühung für die Sache des <strong>Glaube</strong>ns verwendet. Und auchein Studium des Heiligen QurÞÁn, der Überlieferungen desHeiligen Propheten (S) (die ÍadÐ× genannt werden) sowie derArabisch-Wörterbücher macht deutlich, dass in der Lehre <strong>und</strong>Geschichte des Islam der Begriff ‚ÉihÁd’ zu verschiedenenGelegenheiten <strong>und</strong> unter verschiedenen Umständenunterschiedlich verwendet worden ist, <strong>und</strong> zwar im Einzelnen:جھدaبلنف 1. Der ÉihÁd gegen das eigene Ego2. der ÉihÁd des Heiligen QurÞÁn, d.h. das Verkünden <strong>und</strong>جھدaبلقا ‏ٓن Verbreiten des Heiligen QurÞÁn3. der ÉihÁd des Vermögens, d.h. das Spenden für die Sacheجھدaبلملa Allahs bzw. für einen guten Zweck4. der ÉihÁd des Schwertes, d.h. eigene Verteidigung mitجھدaبلسی WaffenDie einzelnen Varianten werden nachfolgend erläutert:64 Siehe Anhang107


2.1.2.1 Der ÉihÁd gegen das eigene Ego:Der größte Feind des Menschen ist sein eigenes Ego. Deshalb hatAllah die Gläubigen wiederholt ermahnt, das ganze Leben langeinen ständigen ÉihÁd gegen das eigene Ego zu führen. So heißt esz. B.:„Und diejenigen, die in Unserer Sache bestrebt* sind - Wirwerden sie gewiss leiten auf Unseren Wegen. Wahrlich, Allahist mit denen, die Gutes tun.“ (29, 70) 65Ebenso sagt Allah an anderer Stelle über die tatsächlicheUmsetzung dieses ÉihÁd:„Und eifert in Allahs Sache, wie dafür geeifert werden soll. Erhat euch erwählt <strong>und</strong> hat euch keine Härte auferlegt in derReligion; (folget) dem Bekenntnis eures Vaters Abraham. Erist es, Der euch vordem schon Muslims nannte <strong>und</strong> (nun) indiesem (Buche), damit der Gesandte Zeuge sei über euch <strong>und</strong>damit ihr Zeugen seiet über die Menschen. Drum verrichtetdas Gebet <strong>und</strong> zahlet die ZakÁt <strong>und</strong> haltet fest an Allah. Er isteuer Gebieter. Ein vortrefflicher Gebieter <strong>und</strong> einvortrefflicher Helfer!“ (22, 79)In diesen Versen fordert Allah die Gläubigen zum ÉihÁd auf <strong>und</strong>sagt zur näheren Erklärung, dass sie das Gebet verrichten, dieجھ Imperativ Plural von Êahada جاهدوا Êahidu, 65 Wort in Halbfett lautet i. O.108


ÅakÁt (Steuer für soziale Belange) zahlen <strong>und</strong> an Allah festhaltensollen. Des Weiteren ermahnt Allah, Ehrfurcht vor Ihm zu zeigen<strong>und</strong> den Heiligen Propheten (S) zum Mittler zu nehmen, um zuAllah zu gelangen. Die Läuterung des eigenen Egos <strong>und</strong> derGottesdienst sind somit die wichtigste Form des ÉihÁd. Denn derÉihÁd gegen das eigene Ego, von dem in den eben zitierten Versendie Rede ist, wurde auch vom Heiligen Propheten (S) als diewichtigste Form des ÉihÁd bezeichnet. So definierte er einmaleinen MuÊÁhid mit den Worten: „Ein (wahrer) MuÊÁhid istderjenige, der gegen sein eigenes Ego ÉihÁd übt.“ 66Dieses ÍadÐ× zeigt nicht nur die Bedeutung <strong>und</strong> Wichtigkeit derLäuterung des eigenen Egos, sondern es zeigt auch die wichtigsteForm des ÉihÁd auf.2.1.2.2 Der ÉihÁd des Heiligen QurÞÁn, d.h. das Verkünden<strong>und</strong> Verbreiten des Heiligen QurÞÁnNach dem „größten ÉihÁd“, nämlich dem ÉihÁd gegen das eigeneEgo, wurde der größte Nachdruck auf das Verkünden <strong>und</strong>Verbreiten des Heiligen QurÞÁn gelegt. Dies wurde im HeiligenQurÞÁn als der „große ÉihÁd“ bezeichnet. Diesbezüglich sagtAllah im QurÞÁn:„… eifere mit ihm (dem QurÞÁn) wider sie ingroßem Eifer [bzw. im großen ÉihÁd].“ (25, 53) 67Damit ist nichts anderes als der ÉihÁd der Feder <strong>und</strong> der Wortegemeint, als eine Anstrengung mit den intellektuellen Fähigkeiten.Imam Ibn Qayyim al-Éauziyya (verst. 1350 n. Chr.) schreibt zurErläuterung dieses Verses:„Das heißt, praktiziere mit dem QurÞÁn den großen ÉihÁd.Diese Sura stammt <strong>aus</strong> der Zeit in Mekka. Und mit dem66 TirmiÆÐ, FaÃÁÞil-ul- ÉihÁd67 Fußnote: im Original ÊÁhid…, also Imperativ Singular von Êhd. ÉihÁd imSinne von Verkündung der Botschaft des QurÞÁn109


QurÞÁn ist hier das Verkünden <strong>und</strong> der ÉihÁd der Argumentegemeint.“ 68Im Heiligen QurÞÁn wird wiederholt zum Verkünden desGottesworts aufgefordert. Dadurch soll die Lehre des Islam an alleMenschen überbracht werden, um die gesamte Menschheit <strong>aus</strong> derDunkelheit des Irrglaubens her<strong>aus</strong>zuführen. So heißt es imHeiligen QurÞÁn:„Rufe auf zum Weg deines Herrn mit Weisheit <strong>und</strong> schönerErmahnung, <strong>und</strong> streite mit ihnen auf die beste Art.“ (16, 126)Man soll also die Vernünftigen unter den Gegnern mitüberzeugenden Argumenten, die ihre Zweifel beseitigen, zumWege Allahs einladen. Und die einfachen Menschen sollen miteinfachen Argumenten angesprochen werden, da sie Feinheiten zubegreifen nicht imstande sein werden. Und mit denStreitsüchtigen soll in sanfter Weise diskutiert werden, damit siesich in ihrem Stursinn nicht noch weiter vom Islam distanzieren.2.1.2.3 Der ÉihÁd des Vermögens, d.h. das Spenden für dieSache AllahsZu dieser Form des ÉihÁd ruft der Heilige QurÞÁn mit denfolgenden Worten auf:„Ziehet <strong>aus</strong>, leicht <strong>und</strong> schwer, <strong>und</strong> streitet mit eurem Gut(durch بانفسکم (durch Spende) <strong>und</strong> mit eurer Person باموالکمpersönlichen Einsatz) für Allahs Sache! Das ist besser füreuch, wenn ihr es nur wüsstet!“ (9, 41)68 BadaÞi-ut-TafsÐr al-ÉamiÝ, Ibn Qayyim al-Éauziyya, III, S. 212110


Der ÉihÁd des Vermögens wird im Heiligen QurÞÁn an diversenStellen <strong>und</strong> in verschiedenen Zusammenhängen erwähnt. Hierbeiist die Tatsache bemerkenswert, dass an jeder Stelle der ÉihÁd deseigenen Vermögens vor dem ÉihÁd der eigenen Person genanntworden ist ‏,(جہادبالنفس)‏ womit der persönliche Einsatz für die Sachegemeint ist. Dadurch hat Allah nicht nur die Bedeutung desÉihÁd des Vermögens verdeutlicht, sondern auch den Rang desÉihÁd mit dem Schwert konkretisiert. 692.1.2.4 Der ÉihÁd des Schwertes, d. h. der Kampf zur eigenenVerteidigungUnter dem ÉihÁd sind im weitesten <strong>und</strong> übertragenen Sinne auchreligiöse Auseinandersetzungen mit der Waffengewalt zur eigenenVerteidigung zu verstehen. Bedauerlicherweise wurde jedoch inder neueren Zeit die Bedeutung des ÉihÁd allein auf Kampf <strong>und</strong>Krieg reduziert, obwohl dies <strong>aus</strong> der Sicht des QurÞÁn keineswegsgerechtfertigt ist. Denn wo immer im Heiligen QurÞÁn vonKampf die Rede ist, ist stets das Wort qitÁl verwendet worden, waseine von vielen Formen des ÉihÁd ist, welche zurEigenverteidigung <strong>und</strong> zur Wiederherstellung der durch Unrechtberaubten Freiheit eingesetzt werden darf. So heißt es im HeiligenQurÞÁn:„Erlaubnis (sich zu verteidigen) ist denen gegeben, diebekämpft werden, weil ihnen Unrecht geschah – <strong>und</strong> Allahhat fürwahr die Macht, ihnen zu helfen –, Jenen, die schuldlos<strong>aus</strong> ihren Häusern vertrieben wurden, nur weil sie sprachen:Unser Herr ist Allah.“ (22, 40f.)69 Diese Thematik findet sich an folgenden Stellen im Heiligen QurÞÁn 04, 96;09, 20; 09, 88; 61, 12; 41, 16; 08, 73111


2.2 Gleichsetzung des ÉihÁd mit „HeiligerKrieg“Ein heutzutage erhobener Einwand gegen den Islam im Hinblickauf den ÉihÁd lautet, dass die Muslime darunter einen heiligenKrieg verstünden. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e würden sie sich in ihremUngestüm immer wieder in den Kampf stürzen <strong>und</strong> dadurch dieSicherheit <strong>und</strong> Ordnung gefährden.Bedauerlichweise werden manche Begriffe, die in Wirklichkeit <strong>aus</strong>dem christlichen Sprachraum stammen, fälschlicherweise demIslam zugeschrieben. So verhält es sich auch mit dem sog.„Heiligen Krieg“. Denn in den islamischen Quellen (QurÞÁn <strong>und</strong>ÍadÐ×) findet sich der Begriff ÉihÁd nirgends in der Bedeutungdes Heiligen Krieges. Diese Wortschöpfung stammt vielmehr vonden Christen. Als Beweis dient nicht nur die Bibel selbst, in derdieser Begriff zu finden ist, sondern auch die historische Tatsache,dass die Kirche tatsächlich jahrh<strong>und</strong>ertelang mit dem Verweis aufdiese heilige Pflicht ihre Leute in den Krieg schickte. So heißt esin dem Alten Testament im Buch Joel:„Rufet dies <strong>aus</strong> unter den Heiden! Bereitet euch zum heiligenKrieg! Bietet die Starken auf! Lasst herzukommen <strong>und</strong>hinaufziehen alle Kriegsleute! Macht <strong>aus</strong> euren PflugscharenSchwerter <strong>und</strong> <strong>aus</strong> euren Sicheln Spieße! Der Schwachespreche: Ich bin stark!“ (Joel 4, 9-10) 70Damit ist gezeigt, dass der Begriff „Heiliger Krieg“ bereitsJahrh<strong>und</strong>erte vor Beginn des Islam existierte, <strong>und</strong> er wurde auchfür nichts anderes als für religiöse Kriege verwendet. Darüberhin<strong>aus</strong> benutzte ein Vorgänger vom Papst Benedikt XVI., PapstUrban II (1088-1099), im Jahre 1095 n. Chr. eben diesen Begriff fürden ersten Kreuzzug. 7170 In den Urdu-Übersetzungen der Bibel ist der Begriff „Heiliger Krieg“inzwischen geändert worden71 August C. Krey: The First Crusade, Princeton, 1921, S. 36-40112


2.3 Begriffe des ÉihÁd zu Beginn des IslamWas den Begriff ÉihÁd betrifft, so ist dieser in seinergr<strong>und</strong>legenden <strong>und</strong> wichtigsten Bedeutung bereits von Beginn anin der islamischen Lehre zu finden. Als Beleg werden einigeQurÞÁn-Verse vorgelegt, durch die nicht nur deutlich wird, welcheBedeutung der ÉihÁd in der islamischen Lehre hat, sondern dieauch die These der Gegner widerlegen, dass sich die Muslime inder Zeit der Schwäche <strong>und</strong> Unterlegenheit versöhnlich gezeigt,nach Erlangung der Macht jedoch zum ÉihÁd aufgerufen hätten.Denn all die nachfolgenden QurÞÁn-Verse stammen <strong>aus</strong> der Zeit inMekka, als die Muslime noch schwach waren <strong>und</strong> der Kampf mitdem Schwert, also „QitÁl“, noch gar nicht gestattet war. Dennochwurde der ÉihÁd – im eigentlichen Sinne – unzweifelhaft bereitswährend der mekkanischen Zeit <strong>aus</strong>geübt. So heißt im HeiligenQurÞÁn:„Und diejenigen, die in Unserer Sache bestrebt sind 72 – Wirwerden sie gewiss leiten auf Unseren Wegen. Wahrlich, Allahist mit denen, die Gutes tun.“ (29, 70)„Wer da strebt, strebt nur für seine eigene Seele; denn Allah istunabhängig von allen Welten.“ (29, 7) 7372 ÊÁhidÙ ‏ُو جھ – ÉihÁd i. S. v. Anstrengung73 Wort in Halbfett lautet i. O.: Êahada جهد – im Sinne von Anstrengung. 29, 8erklärt, wie dieser ÉihÁd zu führen ist: Und jene, die glauben <strong>und</strong> gute Werketun – wahrlich, Wir werden ihre Übel von ihnen nehmen <strong>und</strong> ihnen den bestenLohn für ihre Taten geben“ (29,8.)113


„Alsdann wird dein Herr jenen, die <strong>aus</strong>wanderten, nachdemsie verfolgt worden waren, <strong>und</strong> dann sich anstrengten <strong>und</strong>Geduld zeigten – siehe, dein Herr wird hernach gewissallverzeihend, barmherzig sein.“ (16, 111) 74Diese Verse machen deutlich, dass der Begriff „ÉihÁd“ in derislamischen Terminologie nichts anderes bedeutet als die äußersteAnstrengung <strong>und</strong> Nutzung aller zur Verfügung stehenden Mittelzur Erreichung eines noblen Ziels auf dem Wege Allahs. Und dieTatsache, dass all die zuvor zitierten Verse durchweg <strong>aus</strong> der Zeitin Mekka stammen, zeigt die eindeutig falsche Auslegung diesesBegriffs durch die Gegner. Denn der ÉihÁd wurde bereits inMekka aktiv praktiziert, jedoch keineswegs in Form von Kampfoder Krieg, sondern als ÉihÁd gegen das eigene Ego <strong>und</strong> ÉihÁddes Heiligen QurÞÁn, nämlich durch das Verkünden <strong>und</strong>Verbreiten des Heiligen QurÞÁn. Dieser ÉihÁd wurde trotz allerUnterdrückung <strong>und</strong> Verfolgung mit aller Entschiedenheitfortgeführt. Und der Heilige Prophet (S) empfing Offenbarungen,in denen die Gegner mit deutlichen Worten her<strong>aus</strong>gefordertwurden <strong>und</strong> verkündet wurde:Sprich: „O ihr Ungläubigen! Ich verehre nicht das, was ihrverehret, noch verehrt ihr das, was ich verehre. Und ich willdas nicht verehren, was ihr verehret; noch wollt ihr dasverehren, was ich verehre. Euch euer <strong>Glaube</strong>, <strong>und</strong> mir mein<strong>Glaube</strong>.“ (Sura 109)Papst Benedikt XVI. stellt die Behauptung auf, dass die Muslimewährend der Phase der Schwäche <strong>und</strong> Unterlegenheit für die74 Diese Stelle ist <strong>aus</strong> der Sure 16 (al-NaÎl), die in Mekka offenbart wurde.114


Religionsfreiheit eingetreten, aber nach Machterlangung zuKampf <strong>und</strong> Gewalt übergegangen seien. Bei genauerer Betrachtungindes stellt sich der Sachverhalt eher gegenteilig dar. Denn auch inder Phase der Schwäche <strong>und</strong> Unterlegenheit wurden die Gegnerdes Islam mit aller Entschlossenheit angesprochen <strong>und</strong>her<strong>aus</strong>gefordert. Diese Tatsache beweist ebenfalls, dass der Islamden Krieg keineswegs als das maßgebliche Kennzeichen des ÉihÁdversteht. Vielmehr stand der ÉihÁd der Verkündung <strong>und</strong> derVerbreitung des <strong>Glaube</strong>ns im Vordergr<strong>und</strong>. Hierzu stellt der Islamunmissverständlich klar, dass ein Zwang unter keinen Umständenzulässig ist. So heißt es denn:„Streiten sie aber mit dir, so sprich: ‚Ich habe mich Allahergeben <strong>und</strong> ebenso die, die mir folgen.’ Und sprich zu jenen,denen das Buch gegeben ward, <strong>und</strong> zu den Analphabeten:‚Habt ihr euch ergeben?’ Haben sie sich ergeben, dann sind siesicher auf dem rechten Weg, wenden sie sich aber zurück,dann obliegt dir nur die Verkündigung; <strong>und</strong> Allah achtetwohl der Diener.“ (03, 21)Durch die Formulierung „sie strengten sich an <strong>und</strong> zeigtenGeduld“ im oben zitierten Vers 111 der Sura 16 wird deutlich, dassauch das Geduldigsein ein großer ÉihÁd ist. So wandten sich zueben jener Zeit in Mekka einflussreiche, mutige <strong>und</strong> mächtigeLeute wie ÝÝUmar bin al-ËaÔÔÁb (R), Íamzah (R) oder ÝAbdur-RahmÁn bin ÝAuf (R) nach ihrem Übertritt zum Islam an denHeiligen Propheten (S) <strong>und</strong> baten um Erlaubnis, für die anunschuldigen Muslimen verübten Gräueltaten Vergeltung an denTätern üben zu dürfen. Er ermahnte sie jedoch immer wieder,Geduld an den Tag zu legen. Diese Demonstration an großerGeduld <strong>und</strong> Zurückhaltung war also eine bevorzugte Form desÉihÁd. 75 .75 NisÁÞÐ, Kitab al-ÉihÁd, Kapitel wuÊÙb-ul-ÊihÁd115


Darüber hin<strong>aus</strong> kommt der Begriff ÉihÁd auch in dennachfolgenden beiden Versen vor, welche die Bedeutung desBegriffes näher erläutern:„Wir haben dem Menschen auf die Seele geb<strong>und</strong>en, seinenEltern Gutes zu tun. Doch wenn sie mit dir eifern 76 , dass duMir das zur Seite stellst, wovon du keine Kenntnis hast, sogehorche ihnen nicht. Zu Mir ist eure Heimkehr, dann willIch euch verkünden, was ihr getan.“ (29, 09)„Doch wenn sie (beide) mit dir eifern (s. o.), damit du Mir daszur Seite setzest, wovon du keine Kenntnis hast, danngehorche ihnen nicht. In weltlichen Dingen aber verkehre mitihnen auf geziemende Weise. Doch folge dem Weg dessen, dersich zu Mir wendet. Dann werdet ihr zu Mir zurückkehren,<strong>und</strong> Ich werde euch verkünden, was ihr getan.“ (31, 16)2.4 Erlaubt der Islam Zwang in<strong>Glaube</strong>nsdingen?Für die Widerlegung des gegen den Islam erhobenen Einwandes,er lehre den Gebrauch von Zwang <strong>und</strong> Gewalt, ist es zunächstwichtig zu klären, was der Islam zum Zwang in <strong>Glaube</strong>nsdingensagt. Ist es also <strong>aus</strong> Sicht des Islams erlaubt, andere durch Zwangzum Islam zu bekehren <strong>und</strong> den <strong>Glaube</strong>n mit dem Schwert zuverbreiten? Denn für den Fall, dass der Islam den Gebrauch vonجهد 76 im Original: ÊÁhada von Êahada116


Zwang für zulässig hielte, wäre es auch zumindest denkbar, dassdie islamischen Kriege für den Zweck geführt wurden, Menschengewaltsam zur Annahme des Islams zu zwingen. Falls sich jedochbeweisen lässt, dass der Zwang in der islamischen Lehre unzulässigist, so führt dies unweigerlich zu dem Schluss, dass die Ursachefür die geführten Kriege eine andere gewesen sein muss als diezwangsweise Bekehrung von Menschen. Anderenfalls wird keinverständiger Mensch glauben, dass der Heilige Prophet (S) <strong>und</strong>seine Gefährten durch Zwangsbekehrung so offenk<strong>und</strong>ig gegendie eigene Lehre, die für sie von Gott stammte, verstoßen <strong>und</strong>damit ihre eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt hätten.Zudem hätten die Zeitgenossen ein derart widersprüchlichesVerhalten mit Sicherheit lautstark kritisiert. Solche Kritik istjedoch in der Geschichte nicht überliefert. Ein Blick in denHeiligen QurÞÁn verrät zudem, dass bereits von Anfang an Verseexistierten, die sich gegen eine gewaltsame Verbreitung des<strong>Glaube</strong>ns wandten. Wir lesen:„Und sprich: ‚Die Wahrheit ist es von eurem Herrn: darumlass den gläubig sein, der will, <strong>und</strong> den ungläubig sein, derwill.’“ (18, 30)„Sprich: ‚O ihr Menschen, nun ist die Wahrheit zu euchgekommen von eurem Herrn. Wer nun dem rechten Wegfolgt, der folgt ihm allein zum Heil seiner eigenen Seele, <strong>und</strong>wer in die Irre geht, der geht nur zu seinem eigenen Schadenirre. Und ich bin nicht ein Hüter über euch.’“ (10, 109)Dann sagt der QurÞÁn mit aller Deutlichkeit:117


„Es soll kein Zwang sein im <strong>Glaube</strong>n. Gewiss,Wahrheit ist nunmehr deutlich unterscheidbar vonIrrtum; wer also sich von dem Verführer nicht leitenlässt <strong>und</strong> an Allah glaubt, der hat sicherlich einestarke Handhabe ergriffen, die kein Brechen kennt;<strong>und</strong> Allah ist allhörend, allwissend.“ (2, 257)Das Argument gegen die Notwendigkeit eines Zwangs in<strong>Glaube</strong>nsdingen liefert Allah in demselben Vers, indem Er erklärt,dass Wahrheit <strong>und</strong> Irrtum deutlich unterscheidbar seien. UndAllah übernimmt als Allhörender <strong>und</strong> Allwissendergewissermaßen Selbst die Aufsicht in Bezug auf dieseAngelegenheit. Nicht nur wird jegliche Zwangsanwendung<strong>aus</strong>drücklich untersagt, es wird sogar zu einer gütigen BehandlungAndersgläubiger ermahnt <strong>und</strong> dazu aufgefordert, ihnen Friedenzu wünschen:„Bei seinem (des Propheten) Ruf: O mein Herr! dies ist einVolk, das nicht glauben will.“ Drum sei nachsichtig mit ihnen<strong>und</strong> sprich: „Frieden!“ Und bald werden sie erkennen.“(43, 89, 90)Ebenso räumt Allah an anderer Stelle jegliche Zweifel hinsichtlicheiner aggressiven Kriegspolitik <strong>aus</strong> dem Weg, indem er nicht nurdie Fre<strong>und</strong>schaft zu solchen Menschen erlaubt, die die Muslimenicht des <strong>Glaube</strong>ns wegen bekämpfen <strong>und</strong> <strong>aus</strong> ihren Häusernvertrieben haben, sondern auch zu einer gütevollen Behandlungsolcher Menschen anhält:„Allah verbietet euch nicht, gegen jene, die euch nichtbekämpft haben des <strong>Glaube</strong>ns wegen <strong>und</strong> euch nicht <strong>aus</strong>118


euren Heimstätten vertrieben haben, gütig zu sein <strong>und</strong> billigmit ihnen zu verfahren; Allah liebt die Billigkeit Zeigenden.“(60, 09)2.5 Zeitpunkt der Offenbarung von 2, 257Bezüglich des Versabschnitts „Es soll kein Zwang sein im<strong>Glaube</strong>n“ hat Papst Benedikt XVI. in seiner Vorlesung behauptet,dieser Vers stamme <strong>aus</strong> einer Zeit, in der der Prophet (S) nochmachtlos <strong>und</strong> bedroht gewesen seien. Es wird dadurch derEindruck erweckt, dass die Muslime nach ihrer Machterlangungvon diesem Gebot abgerückt <strong>und</strong> dazu übergegangen seien, dieMenschen mit Waffengewalt zum Islam zu bekehren. DieseBehauptung des Papstes ist jedoch unzutreffend <strong>und</strong> zeigt seinemangelnde Kenntnis der historischen Tatsachen. Sie ist zugleichZeugnis dafür, dass der Papst die Brille der Vorurteile aufgesetzthat <strong>und</strong> nichts anderes als die von den Gegnern des Islamsaufgestellten unbegründeten Behauptungen sieht. Dies wird auchdurch die falsche zeitliche Zuordnung des fraglichen QurÞÁn-Verses deutlich, denn nicht nur wurde dieser QurÞÁnversüberhaupt nicht während der 13 Jahre andauernden mekkanischenPeriode offenbart, sondern er wurde sogar erst vier Jahre nach derAuswanderung nach Medina offenbart! Dies war die Zeit, in derdie Muslime in der Schlacht von Badr längst einen deutlichenSieg errungen hatten <strong>und</strong> auch die Schlacht von Uhud bereitsvorüber war <strong>und</strong> die Macht der Muslime stetig wuchs. Unterdiesen Umständen wäre die zwangsweise Bekehrung andererMenschen möglich gewesen. Doch gerade in dieser Zeit wurde dasZwangsverbot erlassen (2, 257). 77In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass Allahim Heiligen QurÞÁn denjenigen Menschen einen besonders hohenRang zuspricht, die noch vor Machterlangung <strong>und</strong> vor einem Sieggegen den Feind am ÉihÁd zur eigenen Verteidigung teilnehmen.Dies macht deutlich, dass der ÉihÁd, den der Gott des Islams77 AbÙ DÁÞwÙd, Buch al-ÉihÁd, ÍadÐ× Nr. 2682 u. Ibn HišÁm, Bd. III119


lehrt, unabhängig von der Frage der Macht oder Machtlosigkeit<strong>aus</strong>zuüben ist. So heißt es im Heiligen QurÞÁn:„Die unter euch, die spendeten <strong>und</strong> kämpften vor dem Sieg,sind nicht gleich. Sie sind höher an Rang als jene, die erstnachher spendeten <strong>und</strong> kämpften.“ (57, 11)Der Heilige QurÞÁn unterscheidet damit diejenigen, die sich nachdem Sieg <strong>und</strong> der Machterlangung am defensiven Kriegbeteiligten, im Rang gegenüber denjenigen, die bereits zuvor imZustand der Machtlosigkeit <strong>und</strong> Schwäche kämpften. Hierbei gehtes nicht darum, nach Erlangung der Macht Krieg zu führen,sondern vielmehr um den Sinn <strong>und</strong> Zweck <strong>und</strong> dieNotwendigkeit eines Krieges. Mithin wurde der ÉihÁd bereits vorErlangung der Macht <strong>aus</strong>geübt <strong>und</strong> war vor Allah sogar vonweit<strong>aus</strong> höherem Rang als der spätere ÉihÁd. Ein Blick in dieGeschichtsbücher zeigt zudem, dass die meisten Kriege in der Zeitdes Heiligen Propheten (S) vor der Eroberung Mekkas stattfanden<strong>und</strong> damit zu einer Zeit, als Sieg, Eroberung <strong>und</strong> Macht nochgänzlich in Ungewissem lagen. Dieses historische Faktum ist einweiteres starkes Indiz dafür, dass diese Muslime der Kriegelediglich Kämpfe ums Überleben war.2.6 Zustand der Muslime zu Beginn derVerteidigungEin anderer Aspekt im Zusammenhang mit dem Vorwurf desPapstes ist der allgemeine Zustand der Muslime zu demZeitpunkt, als sie begannen, sich gegen die aggressiven Feldzügeihrer Feinde mit Waffen zur Wehr zu setzen. Denn auch ihr120


damaliger Zustand widerlegt die These vom Zwang. Allahbeschreibt diese Situation mit folgenden Worten:„Der Kampf ist euch befohlen, auch wenn er euch missfällt;aber es ist wohl möglich, dass euch etwas missfällt, was gut füreuch ist; <strong>und</strong> es ist wohl möglich, dass euch etwas gefällt, wasfür euch übel ist. Allah weiß, ihr aber wisset nicht.“ (2, 217)Die Muslime wurden nach einer langen Periode derUnterdrückung <strong>und</strong> Verfolgung <strong>aus</strong> ihrer Heimatstadt vertrieben.Viele Männer <strong>und</strong> Frauen wurden ihres <strong>Glaube</strong>ns wegen ermordet.Die Feinde hörten mit ihrer Verfolgung nicht auf <strong>und</strong> warenweiterhin mit allen Kräften bemüht, die Muslime gewaltsam vonihrem <strong>Glaube</strong>n abzubringen. Erst dann erlaubte Allah denGläubigen, das Schwert gegen jene zu erheben, die dieses zuerstgegen sie erhoben hatten, um damit zu verhindern, dass dieMuslime <strong>aus</strong>gelöscht wurden. Die Aggressoren sollten von ihrenüblen Plänen abgehalten werden. Trotz all dem war den Muslimender Kampf zuwider, da sie als Gläubige eine friedliebende <strong>und</strong>versöhnliche Natur besaßen. Darüber hin<strong>aus</strong> zählten die Muslimenur einige h<strong>und</strong>ert Mann, die andere Seite konnte Kämpfer <strong>aus</strong>dem ganzen Land aufbieten. Die Muslime verbrachten schlafloseNächte in ständiger Angst <strong>und</strong> Furcht. Wie hätten sie unter diesenUmständen einen gewaltsamen Krieg zur Zwangsbekehrung<strong>aus</strong>lösen können? Die Beschreibung des Heiligen QurÞÁn vomGemütszustand der Muslime ist ein deutlicher Beleg für dieTatsache, dass die Kriege der Muslime der reinenSelbstverteidigung <strong>und</strong> dem Selbstschutz dienten <strong>und</strong> keineswegsder gewaltsamen Bekehrung Andersgläubiger.In Anbetracht dieser Abneigung der Muslime ermahnt Allah siein einem anderen Vers mit Nachdruck:121


„Und was ist euch, dass ihr nicht kämpfet für Allahs Sache<strong>und</strong> für die der Schwachen – Männer, Frauen <strong>und</strong> Kinder –,die sprechen: ‚Unser Herr, führe uns her<strong>aus</strong> <strong>aus</strong> dieser Stadt,deren Bewohner Bedrücker sind, <strong>und</strong> gib uns von Dir einenBeschützer, <strong>und</strong> gib uns von Dir einen Helfer’?“ (4, 76)Durch diesen Vers stellt Allah klar, dass der Kampf nicht zu demZweck erfolgt, Macht <strong>und</strong> Einfluss zu gewinnen <strong>und</strong> die Feindezu unterjochen. Denn die Gegner sind gegenüber den Muslimenso deutlich an Macht <strong>und</strong> Stärke überlegen, dass es nur natürlichist, wenn es den Muslimen widerstrebt, gegen ihre Übermachtanzutreten. Jedoch fordert Allah die Gläubigen auf, vor demKampf nicht zurückzuschrecken <strong>und</strong> verspricht ihnen, dass Erihnen beistehen wird.2.7 Hintergr<strong>und</strong> der VerteidigungskriegeNun stellt sich die Frage, unter welchen Umständen <strong>und</strong> gegenwelche Aggressoren die Muslime sich mit Waffen verteidigendürften, <strong>und</strong>. Ferner,: welche Gründe es dafür gab. Der QurÞÁngeht detailliert auf diese Gründe ein. Zudem gibt dieGeschichtsschreibung klare Auskunft über die damaligenGeschehnisse. Durch ein Studium dieser Quellen wird es einLeichtes sein, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. DieBedingung ist, dass man die Quellen vorurteilsfrei <strong>und</strong>unvoreingenommen studiert. Nun werden wir <strong>aus</strong>führlich auf diefolgenden Aspekte dieser Thematik eingehen.1. Verfolgung der Muslime mit äußerster Brutalität2. Aufstachelung anderer Stämme gegen die Muslime‏(فتنہ 3. Beseitigung der Verfolgung <strong>aus</strong> <strong>Glaube</strong>nsgründen (fitna122


2.7.1 Verfolgung der Muslime mit äußersterBrutalitätDen Muslimen wurde von Allah die Erlaubnis gegeben, dass siesich mit Hilfe von Waffen verteidigen dürfen. Diese begründetder QurÞÁn zu allererst mit folgenden Worten:„Erlaubnis sich zu verteidigen ist denjenigen gegeben diesagen: Uns ist Unrecht geschehen.“ (22, 40)Im Einzelnen wissen wir, dass das Unrecht, das die Muslimedurch die Hand ihrer Gegner in Mekka erfuhren, einerseits inForm von verbaler Gewalt verübt wurde; d.h. sie musstenVerachtung, Spott <strong>und</strong> äußerst verletzende Verunglimpfung ihrerReligion erdulden. Andererseits wurden die Muslime gewaltsamdaran gehindert, den einen Gott zu verehren <strong>und</strong> die Lehre der78Einheit Gottes zu verkünden. Sie wurden brutalzusammengeschlagen <strong>und</strong> gefoltert. 79 Man hat das Geld <strong>und</strong>Vermögen der Muslimen ohne Recht unterschlagen <strong>und</strong> einenBoykott gegen sie verhängt. Dadurch sollte Tod <strong>und</strong> Verderbenüber die Muslime gebracht werden. 80 Einige von ihnen wurdenauf gr<strong>aus</strong>ame Weise ermordet. Ihre Frauen wurden entehrt.Bedrängt durch diese Verfolgung, wanderten einige Muslime nachAbessinien <strong>aus</strong>. 81 Die Quraiš ließen die Ausgewanderten nicht inFrieden <strong>und</strong> sandten eine Delegation an den Hof desabessinischen Herrschers Negus, um ihn davon zu überzeugen, dieMuslime an die Mekkaner <strong>aus</strong>zuliefern, damit sie sie von ihrem<strong>Glaube</strong>n abbringen können oder sie einfach umbringen. Darüberhin<strong>aus</strong> hatte der Führer der Mekkaner, AbÙ Éahl 82 , öffentlichüber den Propheten, den die Muslime über alles liebten, folgendeserklärt: „Sollte ich jemals sehen, dass MuÎammad (S) an derاظہار قريش عداوتها للمسلمين II., 78 Ibn HišÁm, Bandما لقی رسول II. 79 Ibn HišÁm,ﷺ من قومہِ‏استمرار قريش فی تعزيب المسلمين .u باب ائتمار قريش بالرسول II. 80 Ibn HišÁm,ذکرحجرة الاولیٰ‏ الی ارض الحبشہ Ibid, 8182 Ein erbitterter Gegner des Propheten MuÎammad (S) in Mekka123


KaÝbah sein Gebet verrichtet, so würde ich mit meinem Fußseinen Hals zerquetschen.“ (Gott bewahre!) Sie haben mehrmalsversucht, solche Ankündigungen in die Tat umzusetzen. DerProphet wurde schlimmsten Gr<strong>aus</strong>amkeiten <strong>aus</strong>gesetzt. Man hatihm Leiden aller Ar zugefügt. Die Bewohner der Stadt ÓÁÞif, diemit Quraiš verwandt waren, haben Steine auf den Prophetengeworfen, nur weil dieser ihnen die Botschaft Gottes übermittelthatte. Letztlich haben alle Stämme von Mekka unter der Leitungder Quraiš einstimmig beschlossen, den ProphetenMuÎammad (S) ums Leben zu bringen, um die Botschaft desIslams im Keim zu ersticken <strong>und</strong> das Bekenntnis zur EinheitGottes für immer <strong>aus</strong> der Welt zu schaffen. An diesem Anschlagsollte sich jeweils ein junger Mann <strong>aus</strong> jedem Stamm in Mekkabeteiligen; diese Männer sollten gemeinsam den ProphetenMuÎammad (S) angreifen. Aber dieser Plan schlug fehl. DerProphet konnte durch Gottes Hilfe unversehrt sein H<strong>aus</strong> verlassen<strong>und</strong> sich in der Höhle Õaur verstecken. 83Aufgr<strong>und</strong> dieser Gräueltaten der QurÞÁn erlaubte der QurÞÁn denMuslimen, sich mit Waffen gegen die Verfolgung zu wehren.Angesichts dieser Feindseligkeiten ist es offensichtlich, dass dieFeinde der Muslime als erste die Waffen gegen sie erhoben. Unterdiesen Umständen hätte eine andere Nation wohl viel früher zuden Waffen gegriffen. Aber die Muslime blieben geduldig, da derProphet sie angewiesen hatte, Geduld <strong>und</strong> Vergebung an den Tagzu legen. 842.7.2 Agitation unter den Stämmen gegen dieMuslimeSolange der Prophet MuÎammad (S) in Mekka lebte, ertrug erjede Verfolgung mit Fassung <strong>und</strong> Geduld. Letztlich wurde ergezwungen, <strong>aus</strong> seiner Heimatstadt Mekka <strong>aus</strong>zuwandern. SeineVerfolger aber ließen ihn auch danach nicht in Frieden. Statt mitden Feindseligkeiten aufzuhören, steigerten sie sich noch mehr inihrem Hass <strong>und</strong> deshalb auch in ihren Aktivitäten gegen denذکر مالقی رسول االله 83 IbidﷺIII. <strong>und</strong> Ibn HišÁm ہجرة رسول االله 84 NisÁÞÐ KitÁb ul- ÉihÁdﷺ124


Propheten. Mit größerem Eifer <strong>und</strong> größerer Unerbittlichkeitgingen sie ans Werk, um den Islam <strong>aus</strong>löschen zu können. Soforderten die Quraiš von Mekka zunächst die zwei arabischenStämmen in Medina (Aus, ËazraÊ) dazu auf, mit derUnterstützung der Muslime aufzuhören (AbÙ DÁÞwÙd, KitÁb ul-IÌrÁÊ). Als sie darin keinen Erfolg hatten, besuchten sie einzelnearabische Stämme <strong>und</strong> hetzten sie gegen die Muslime auf. DieQuraiš waren die Hüter der KaÝbah <strong>und</strong> hatten großen Einflussauf andere arabische Stämme. Aufgr<strong>und</strong> dieser umfassendenAgitationen durch die Quraiš wurden viele arabische Stämme zuTodfeinden der Muslime. Den damaligen Zustand von Medinakann man treffend mit diesem Bild beschreiben, dass um dieseStadt herum viele Feuersbrünste loderten. In vielenÜberlieferungen ist über die damalige Lage von Medina berichtetworden. Ubayy bin KaÝab (R), der zu den älteren Gefährten desPropheten gehörte, überliefert:„Als der Prophet MuÎammad (S) <strong>und</strong> seine Gefährten nachMedina kamen <strong>und</strong> die AnÒÁr (Helfer) ihnen Unterstützunggewährten, stand ganz Arabien einheitlich gegen sie auf. DieMuslime waren in so großer Sorge, dass sie auch nachts imSchlaf ihre Waffen tragen mussten <strong>und</strong> auch tagsüber ihreWaffen griffbereit hatten, weil sie einen unerwarteten Angriffbefürchteten. Zueinander sagten sie, würden wir bis zu derZeit überleben, da wir die Nächte in Frieden verbringenkönnen <strong>und</strong> keinen außer Gott fürchten müssten. 85In Bezug auf diese Zeit heißt es im QurÞÁn:„Und denket daran, wie ihr wenige wart, für schwach galtet imLand, in Furcht schwebtet, dass die Leute euch hinwegraffenkönnten; Er aber schirmte euch <strong>und</strong> stärkte euch durch Seine85 aaamustadrakمسترکaللحکaکتبaالتفسی Band 2125


Hilfe <strong>und</strong> versorgte euch mit guten Dingen, auf dass ihrdankbar sein möchtet.“ (8, 27)2.7.3 Beseitigung der Verfolgung <strong>aus</strong><strong>Glaube</strong>nsgründenAufstachelung <strong>und</strong> Agitation gegen eine andere gesellschaftlicheGruppe ist bekanntlich eine große Gefahr für den sozialenFrieden. Auf solche Aktivitäten der Mekkaner nimmt der QurÞÁnBezug, wenn es dort heißt:„…<strong>und</strong> Verfolgung ist schlimmer als Totschlag. Und siewerden nicht eher aufhören, euch zu bekämpfen, als bis sieeuch von eurem <strong>Glaube</strong>n abtrünnig gemacht haben, wenn siees vermögen.“ (2, 218) 86An einer anderen Stelle wird dieses Vorgehen der Mekkaner mitfolgenden Worten erwähnt:„Sie wünschen, dass ihr ungläubig werdet, wie sie ungläubigsind, so dass ihr alle gleich seiet“ (4, 90)Hazrat ÝAbdullah bin ÝUmar (R), der Sohn des zweiten Khalifa,Hazrat ÝUmar, nimmt auf den Vers Bezug, in dem es heißt, dassman gegen die Feinde zu kämpfen hat, bis keine Verfolgung mehrstattfindet (s.o.) Er sagt dazu: „Als Muslime sehr gering an Zahlwaren, so wurde derjenige, der an den Islam glaubte, entweder86 Diese Stelle zeigt, dass es die Gegner der Muslime waren, sie mit Zwang vonihrem <strong>Glaube</strong>n abbringen wollten; also waren die Feinde des Propheten <strong>und</strong>seiner Anhänger, die Zwangskonvertierung betrieben <strong>und</strong> nicht die Muslime; siesetzten sich nur dagegen zur Wehr.126


getötet oder gefangen genommen. Doch als die Zahl der Muslimegrößer wurde, gab es keine Verfolgung (fitna).“ 872.8 Erlaubnis zur SelbstverteidigungEben wurde die prekäre Lage der Muslime in Mekka <strong>und</strong> nachder Auswanderung nach Medina beschrieben. Ihre gr<strong>aus</strong>ameVerfolgung ertrugen sie etwa 13 Jahre lang <strong>und</strong> mussten ihreHeimat verlassen. Dennoch ließen sie ihre mekkanischen Gegnernicht in Ruhe <strong>und</strong> zogen mit einem mächtigen Heer gegenMedina zu Felde. Nun blieb dem Propheten keine andere Wahl alssich gegen den Angriff der Aggressoren zur Wehr zu setzen. DerProphet MuÎammad (S) erhielt in dieser Situation eineOffenbarung mit dem Inhalt, dass er <strong>und</strong> seine Anhänger dieErlaubnis haben, sich mit Waffen zu verteidigen, da sie ohneGr<strong>und</strong> <strong>und</strong> völlig zu Unrecht mit Waffengewalt angegriffenwerden:„Erlaubnis (sich zu verteidigen) ist denen gegeben, diebekämpft werden, weil ihnen Unrecht geschah – <strong>und</strong> Allahhat fürwahr die Macht, ihnen zu helfen. Jenen, die schuldlos<strong>aus</strong> ihren Häusern vertrieben wurden, nur weil sie sprachen:Unser Herr ist Allah.“ (22, 40)Mit dieser Offenbarung wurde den Muslimen zum ersten Malerlaubt, einen Angriff mit Waffen abzuwehren. Wäre dieseErlaubnis nicht erteilt worden, so wäre jeglicher gesellschaftlicher87 Diese Überlieferung beschreibt den QurÞÁnischen Begriff fitna, d.h. es istbenutzt worden im Sinne von Unterdrückung wegen des <strong>Glaube</strong>ns bis hin zuzwangsweiser Rückkonvertierung unter Androhung von Tod oderGefangennahme127


<strong>und</strong> religiöser Frieden zerstört worden. Weiter lautet die zitierteStelle <strong>aus</strong> der Sura 22 (al-HaÊÊ) so:„Und würde Allah nicht die einen Menschen durch dieanderen im Zaum halten, so wären gewiss Klöster <strong>und</strong>Kirchen <strong>und</strong> Synagogen <strong>und</strong> Moscheen niedergerissenworden, worin der Name Allahs oft genannt wird. Allah wirdsicherlich dem beistehen, der Ihm beisteht. Allah ist fürwahrallmächtig, gewaltig.“ 882.9 Anweisungen bezüglich einesVerteidigungskriegsNachdem wir die Hintergründe für die Erlaubnis zurSelbstverteidigung <strong>aus</strong>führlich besprochen haben, werden wir unsdie Details dieser Erlaubnis anschauen <strong>und</strong> sehen, welche Grenzenhier den Muslimen gesetzt worden sind. Wenn wir im Hinblickauf diese Thematik den QurÞÁn studieren, so stellen wir fest, dasser zwar wegen der <strong>aus</strong>sichtlosen Lage der Muslime dieSelbstverteidigung gestattet, aber gleichzeitig dies an strengeBedingungen knüpft. Ferner wurden hierzu einige Regelnaufgestellt, die im Falle einer defensiven Auseinandersetzungeingehalten werden müssen. All dies macht deutlich, dass der88 Dieser Vers zeigt auch, dass es bei den Kriegen der Muslime nicht um Feldzügezur Konvertierung handelte. Denn das Recht, sich gegen die religiöse Verfolgungzu verteidigen, ist in diesem Vers nicht nur den Muslimen, sondern auch denMönchen, Christen <strong>und</strong> Juden gegeben worden. Laut diesem Vers ist es keinSonderrecht der Muslime, dass sie sich wehren dürfen, sondern jeder, der wegenseiner Religion bedrängt wird, darf sich verteidigen. Es wird also allgemein vonder Selbstverteidigung gesprochen128


Islam die Verteidigungskriege nur bei einer schwierigen Notlageerlaubt.• Zu allererst muss betont werden, dass eineSelbstverteidigung mit Waffen nur gegen jene erlaubt ist, diegegen die Muslime kämpfen <strong>und</strong> sie angreifen. Im QurÞÁnheißt es dazu:„Und kämpfet für Allahs Sache gegen jene, die euchbekämpfen.“ (2, 191)• Bei einer solchen Auseinandersetzung ist zudem folgendeszu beachten:„…doch überschreitet das Maß nicht, denn Allah liebt nichtdie Maßlosen.“ (2, 191).• Ferner wird den Muslimen ans Herz gelegt, auf jeden Fallnach einer Friedenslösung zu suchen, <strong>und</strong> wenn der GegnerFriedenswillen demonstriert, so müssen die Muslime sofortFrieden schließen:„Sind sie jedoch zum Frieden geneigt, so sei auch du ihmgeneigt <strong>und</strong> vertraue auf Allah. Wahrlich, Er ist derAllhörende, der Allwissende“ (8, 62).• Darüber hin<strong>aus</strong> verpflichtet der QurÞÁn die Muslime auchim Kriegszustand zur Einhaltung aller Verträge. So müssendie Verträge mit den Gegnern minutiös eingehalten werden.Dies ist auch dann zu tun, wenn man Nachteile in Kaufnehmen müsste. Der QurÞÁn sagt darüber:129


„Und die ihre Treue <strong>und</strong> ihre Verträge (oder Versprechen)wahren. (23,9)“• Der Heilge Prophet (s) hat dieses Gebot stets befolgt. HazratHuÆaÐfah, ein Gefährte des Propheten, berichtet: „Folgendeshat mich daran gehindert, an der Schlacht von Badrteilzunehmen. Ich <strong>und</strong> AbÙ Sahl machten uns bei derSchlacht von Badr auf den Weg, <strong>und</strong> die Quraiš konntenuns gefangen nehmen. Sie fragten, ob wir unsMuÎammad (S) anschließen wollten. Wir sagten, nein wirseien nach Medina unterwegs. Sie nahmen uns dasVersprechen ab, dass wir nach Medina gehen <strong>und</strong> nicht ander Seite des Propheten mitkämpfen würden. Wir gingenzum Propheten <strong>und</strong> berichteten ihm über das, wasvorgefallen war. Darauf hin sagte der Prophet: Geht <strong>und</strong>erfüllt euer Versprechen. Was uns anbelangt, so würden wirdurch Gebet Hilfe gegen den Feind erflehen.“ 89• Auch werden die Muslime angewiesen, jedem PolytheistenUnterschlupf zu gewähren, der darum bittet. Er soll so dieGelegenheit erhalten, Gotteswort zu hören. Aber dieMuslime sind auch verpflichtet, diesen unversehrt dorthinzu bringen, wo er sich sicher fühlt:„Und wenn einer der Götzendiener bei dir Schutz sucht,dann gewähre ihm Schutz, bis er Allahs Wort vernehmenkann; hierauf lasse ihn die Stätte seiner Sicherheiterreichen.“ (9, 6)• Unter allen Umständen müssen sie Gerechtigkeit waltenlassen. Es ist oft in der Geschichte vorgekommen, dass dassiegreiche Volk die Besiegten äußerst ungerecht behandelt,dabei Moral <strong>und</strong> Anstand außer acht lässt <strong>und</strong> die Besiegten‏(کتاب الجهاد،‏ باب الوفاء بالعهد)‏ 89 Muslim, kitÁb al-ÉihÁd130


vielen Gräueltaten <strong>und</strong> Folter <strong>und</strong> Misshandlungunterworfen werden. Der QurÞÁn verbietet solcheMaßnahmen streng. Vielmehr soll der Muslim auch gegeneinen erbitterten Feind gerecht handeln. Im QurÞÁn ist zudiesem Aspekt folgendes zu lesen:„O die ihr glaubt! Seid standhaft in Allahs Sache, bezeugendin Gerechtigkeit! Und die Feindseligkeit eines Volkes solleuch nicht verleiten, anders denn gerecht zu handeln. Seidgerecht, das ist näher der Gottesfurcht. Und fürchtet Allah;wahrlich, Allah ist k<strong>und</strong>ig eures Tuns.“ (5, 9)Nun sollte man sich die Situation noch einmal vor Augenführen: Der Feind, mit dem absolut gerecht verfahrenwerden soll, verfolgt die Muslime, überzieht sie mit Kriegen<strong>und</strong> bietet Armeen auf, die um ein vielfaches größer als diemuslimische Bevölkerung sind <strong>und</strong> obendreinkampferprobte <strong>und</strong> trainierte Männer in ihren Reihenhaben. Dieser Feind tötete auch Frauen <strong>und</strong> Kinder derMuslime. In dieser Situation scheint die Forderung nachGerechtigkeit nicht nur schwierig, sondern übermenschlichzu sein. Aber die Muslime haben dieses Gebot des QurÞÁnnach Gerechtigkeit eingehalten. Mit seinem Feindfre<strong>und</strong>lich zu verfahren kann noch angehen. Aber dieRechte des Feindes zu beschützen <strong>und</strong> ihnen Gerechtigkeitwiderfahren zu lassen ist eine außerordentlich schwierigeSache.131


2.10 Verse in Bezug auf KriegssituationDie Gegner des Islam kritisieren, dass der QurÞÁn Verse enthalte,in denen die Muslime zum Krieg aufgerufen werden. Angesichtsder oben geführten Diskussion ist es einsichtig, dass dieBezugnahme auf den Krieg im QurÞÁn nur im Fall von Notwehrerfolgt. Selbstverteidigung ist heute noch ein internationalanerkanntes Recht. Die UNO-Charta erwähnt im Artikel 51<strong>aus</strong>drücklich das Recht jedes Volkes, sich gegen die Aggressioneneines Feindes zur Wehr setzen zu dürfen. Der Wortlaut desArtikels ist:„Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffnetenAngriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationenkeineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oderkollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zurWahrung des Weltfriedens <strong>und</strong> der internationalen Sicherheiterforderlichen Maßnahmen getroffen hat.“Die Lehre des QurÞÁn bezüglich des ÉihÁd ist bereits <strong>aus</strong>führlichdiskutiert worden. Nach dieser einführenden Anmerkungenmöchten wir nunmehr auf einzelne Verse des QurÞÁn eingehen,die zur Zielscheibe von Kritik werden, weil sie Anweisungen zumKrieg enthalten. Letztlich wird durch die nachfolgendeBesprechung betreffender Verse kristallklar, dass der QurÞÁn ankeiner Stelle eine wie auch immer geartete Aufforderung zumaggressiven Krieg enthält.1.Die Verse <strong>aus</strong> der Sura 2, die von dem Krieg handeln, werdennun im Kontext erläutert. Eine zusammenhängendeBetrachtung dieser Verse wird zeigen, dass die Muslime nureine Erlaubnis zur Selbstverteidigung erhalten haben, weil einmilitärisch <strong>und</strong> finanziell übermächtiger Feind sie mit Kriegüberzogen hatte.132


„Und kämpfet für Allahs Sache gegen jene, die euchbekämpfen, doch überschreitet das Maß nicht, denn Allahliebt nicht die Maßlosen.“ (2, 191).Erläuterung: Laut diesem Vers ist ein Verteidigungskrieg gegendiejenigen erlaubt, die die Muslime angreifen <strong>und</strong> bekriegen.Hazrat Khalifatul Massih I. ra schreibt in seinem QurÞÁn-Kommentar:„Diesen Vers haben der Heilige Propheten <strong>und</strong> seine erstenKhalifen so verstanden, dass gegen Knaben, Frauen, Alte <strong>und</strong>alle Friedfertigen nicht angegriffen werden dürfen.“ 902. Der QurÞÁn sagt:„Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt, <strong>und</strong> vertreibt sievon dort, von wo sie euch vertrieben; denn Verfolgung istärger als Totschlag. Bekämpft sie aber nicht bei der HeiligenMoschee, solange sie euch dort nicht angreifen. Doch wennsie euch angreifen, dann kämpft wider sie; das ist dieVergeltung für die Ungläubigen.“ (2, 192)Diese Stelle bezieht sich nur auf jene, die einen Krieg gegen dieMuslime angefangen hatten, von denen bereits in 2, 191 die Redewar. „…wo immer ihr sie (im Plural) findet“: Dieser Satz stelltklar, dass bei der Verteidigung nur ein Vorgehen gegen die Armeeder Angreifer erlaubt ist, <strong>und</strong> man darf nicht jeden Einzelnen, woman ihn findet, angreifen. Man soll die Armee der Angreiferbekämpfen, wo immer sie als solche mit aggressiven Absichtenauftaucht.3.90 Haqāiqul Furqān, s. unter 2, 191133


„Wenn sie jedoch ablassen, dann ist Allah allvergebend,barmherzig“ (2, 193).Erläuterung: Dieser Vers macht deutlich, dass selbst jene, dieWaffen gegen die Muslime erhoben haben, ohne weitereBedingung auf Gottes Vergebung hoffen dürfen, wenn sie vonihren mörderischen Kriegsabsichten ablassen <strong>und</strong> zum Friedenzurückkehren.4. Des weiteren ist im QurÞÁn zu lesen:„Und bekämpfet sie, bis die Verfolgung (fitna) aufgehört hat<strong>und</strong> der <strong>Glaube</strong>n an Allah (frei) ist. Wenn sie jedoch ablassen,dann (wisset), dass keine Feindschaft erlaubt ist, außer widerdie Ungerechten.“ (2, 194).Erläuterung: Die oben zitierten Stellen <strong>aus</strong> dem QurÞÁn lassenkeinen Zweifel daran, dass die Fitna (religiöse Verfolgung)gefährlich für den Frieden ist. Deshalb sollen Maßnahmen zuihrer Beendigung ergriffen werden. Gleichzeitig werden dieMuslime daran erinnert: Wenn ihr es nicht mehr befürchtenmüsst, dass eure Gegner euch wegen eures <strong>Glaube</strong>ns töten, <strong>und</strong>eine gesellschaftliche Atmosphäre geschaffen wird, dass jederfreiwillig seine Religion wählen kann, <strong>und</strong> die Verfolger <strong>und</strong>Unterdrücker mit ihren Repressalien aufhören <strong>und</strong> Frieden <strong>und</strong>Harmonie in der Gesellschaft nicht mehr gefährden, dann gilt fürdiesen Fall das Gebot, jede Kampfhandlung sofort zu beenden(2, 194).134


Was das Wort fitna 91 anbelangt, so ist dies bereits oben erläutertworden. „Der <strong>Glaube</strong> an Allah frei ist…“ – diese Stelle meint,dass die Muslime frei an Allah glauben können, ohne Verfolgung,Krieg <strong>und</strong> Aggression zu befürchten. Wie <strong>aus</strong> dem Kontextersichtlich, können diese Worte nicht die Bedeutung haben, alleMenschen müssten zwangsweise zum <strong>Glaube</strong>n an Allah geführtwerden. Dies wird widerlegt durch die Worte in 2, 194: „Undwenn sie jedoch ablassen, dann wisset, dass keine Feindschafterlaubt ist.“ Also bedeutet diese Stelle nur, dass der Krieg nur solange erlaubt ist, bis die andere Seite nicht mit dem Krieg aufhört<strong>und</strong> die Muslime weiterhin bedrängt, ihren <strong>Glaube</strong>n aufzugeben;solange also, bis jeder frei an die Religion seiner Wahl glaubenkann.Der Verheißene Messias, Frieden sei auf ihm, sagt:„Aus diesem Vers geht hervor: Ihr sollt gegen dieGötzendiener Arabiens kämpfen, bis keine Rebellion mehrbleibt <strong>und</strong> Herrschaft (Dīn; ‏(دين an Gott übergeht: Diesrechtfertigt keinen Zwang. Dar<strong>aus</strong> geht nur soviel hervor, dassman gegen den Feind so lange kämpfen soll, bis seine Machtbricht <strong>und</strong> Aggression <strong>und</strong> Unfrieden beseitigt werden. Jene,die insgeheim glaubten, sollten so auch offen islamischeGebote befolgen. Wenn Gott – möge Seine Majestät erhöhtsein – den Zwang beabsichtigt hätte…, weshalb wären dannÉizya oder Friedensverträge möglich gewesen <strong>und</strong> <strong>aus</strong> welchenGründen hätte man den Juden <strong>und</strong> Christen erlaubt, dass siedie Éizya zahlen <strong>und</strong> in Frieden kommen <strong>und</strong> im islamischenReich ein friedliches Leben führen können.“ 92Im QurÞÁn sind an mehreren Stellen zusammen mit dem Kriegder Begriff „auf Allahs Weg“ verwendet worden. Wenn wir zur91 fitna im QurÞÁnischen Kontext meint, dass die Muslime durch Boykott, Krieg,Gewalt <strong>und</strong> Aggression massiv unter Druck gesetzt werden, ihren <strong>Glaube</strong>naufzugeben <strong>und</strong> zum frühen Polytheismus zurückzukehren. Andere Stellen desQurÞÁn bestätigen diese Bedeutung des Worts. In diesem Zusammenhangbedeutet Fitna eine Zwangskonvertierung der Muslime. Hier wendet sich also derQurÞÁn eindeutig gegen jegliche Form von erzwungener Bekehrung.92 ¹ang-i muqadas, RuÎÁnÐ ËazÁÞin Bd. 6, Diskussion vom 3. Juni 1893,135


Klärung dieses Begriffs 2, 191 heranziehen, können wir seineprinzipielle Bedeutung verstehen. Demnach wird hier gesagt, dassman gegen jene auf Allahs Weg kämpfen soll, die euch (also dieMuslime) bekämpfen. Das zeigt, dass der Kampf auf Allahs Wegnur eine Verteidigung oder Notwehrmaßnahme sein kann. Wo imQurÞÁn von dem „Kampf auf Allahs Weg“ die Rede ist, ist dortein Kampf in Übereinstimmung mit den Anweisungen <strong>und</strong>Geboten Gottes gemeint. Kriege <strong>aus</strong> persönlichen Motiven oderwegen weltlicher Ziele gehören nicht zu dieser Kategorie. DieserVers erwähnt auch, dass man nicht zu übertriebenen Maßnahmengreifen darf („überschreitet das Maß nicht“), weil Gott solcheMenschen nicht liebt, die das tun. Also gehört es zum „Kampf aufAllahs Weg“ dazu, dass man selbst bei eigener Verteidigung sichmäßigen <strong>und</strong> jegliches Unrecht <strong>und</strong> jede Maßlosigkeit vermeidensoll. Im Kontext obiger QurÞÁn-Stellen hat der Begriff „Kampf aufAllahs Weg“ nur diese Bedeutung.Nun werden einige Verse aufgeführt, die diesen Begriff enthalten:5.6.„Kämpfet für Allahs Sache <strong>und</strong> wisset, dass Allah allhörend,allwissend ist.“ (2, 245)136


„Lasst also solche für Allahs Sache kämpfen, die das irdischeLeben hinzugeben gewillt sind für das zukünftige. Und werfür Allahs Sache ficht, ob er fällt oder siegt, Wir werden ihmbald großen Lohn gewähren. Und was ist euch, dass ihr nichtkämpfet für Allahs Sache <strong>und</strong> für die der Schwachen –Männer, Frauen <strong>und</strong> Kinder –, die sprechen: „Unser Herr,führe uns her<strong>aus</strong> <strong>aus</strong> dieser Stadt, deren Bewohner Bedrückersind, <strong>und</strong> gib uns von Dir einen Beschützer, <strong>und</strong> gib uns vonDir einen Helfer“? Die da glauben, kämpfen für Allahs Sache,<strong>und</strong> die nicht glauben, kämpfen für die Sache des Bösen.Kämpft darum wider die Fre<strong>und</strong>e Satans! Denn gewiss, SatansFeldherrnkunst ist schwach.“ (4, 75-77).Erläuterung: In diesen Versen werden die Muslime angewiesen,gegen jene Tyrannen zu kämpfen, die nicht nur den MuslimenKrieg aufgezwungen haben <strong>und</strong> ihre Aggressionen fortsetzen,sondern sie behandeln auch die schwachen Männer, Frauen <strong>und</strong>Kinder ihrer eigenen Stadt tyrannisch <strong>und</strong> äußerst ungerecht.Nicht nur werden die Muslime Zielscheibe ihrer Aggression,sondern auch die hilflosen Bewohner der Stadt müssen unterihrer gewalttätigen Natur leiden. Deswegen sind die Muslimedoppelt verpflichtet, ihrer Aggression mit Waffen zu begegnen,um nicht nur sich selbst zu verteidigen, sondern auch dieSchwachen <strong>und</strong> Unterlegenen <strong>aus</strong> ihrer Stadt <strong>aus</strong> den Klauendieser Gewalttäter zu befreien.7.„Und rüstet wider sie, was ihr nur vermögt an Streitkräften<strong>und</strong> berittenen Grenzwachen, damit in Schrecken zu setzenAllahs Feind <strong>und</strong> euren Feind <strong>und</strong> außer ihnen andere, die ihrnicht kennt; Allah kennt sie. Und was ihr auch aufwendet fürAllahs Sache, es wird euch voll zurückgezahlt werden, <strong>und</strong> essoll euch kein Unrecht geschehen.“ (8, 61)137


Erläuterung: Die Gegner des Islams kritisieren in Bezug auf diesenVers, dass es hier den Muslimen gelehrt werde, Kriegevorzubereiten <strong>und</strong> Terror zu üben. Dieser Einwand ist keineswegsberechtigt. Der betreffende Vers enthält tiefe Botschaften. DerVerheißene Messias (A) kommentiert diesen Vers so:Als „ribÁÔ“ werden solche Pferde bezeichnet, die an der Grenze zurBewachung eingesetzt werden. Allah Ta’ala gebietet den Gefährten,abwehrbereit gegenüber den Feinden zu sein. Das Wort „ribaat“erinnert sie daran, dass ihre Vorbereitung vollkommen <strong>und</strong>effektiv sein soll. Den Gefährten waren zwei Aufgaben übertragenworden. Zum einen, die Abwehr von äußeren Feinden(Aggression). Ferner mussten sie eine Abwehr im spirituellenSinne leisten. „ribaat“ heißt laut Wörterbuch auch das Innere <strong>und</strong>das menschliche Herz. Hier ist hier auf subtile Weise daraufhingewiesen, dass nur solche Pferde nützlich sein können, diegezähmt <strong>und</strong> trainiert sind. Heutzutage wird gen<strong>aus</strong>o für dasTraining der Pferde gesorgt, wie Kinder in den Schulenunterrichtet werden. Wenn sie nicht trainiert <strong>und</strong> gezähmtwerden, so würden sie sich nicht als nützlich erweisen, vielmehrkönnte der Einsatz solcher Pferde sich als gefährlich <strong>und</strong>schädlich erweisen.Hier wird auch darauf hingewiesen: Die Personen (nafus) bzw.ribÁÔ müssen trainiert <strong>und</strong> <strong>aus</strong>gebildet sein. Ihre Kräfte <strong>und</strong>Fähigkeiten müssen innerhalb der von Gott gesetzten Grenzenihre Wirkung entfalten. Wenn sie diese nicht tun, so können sienicht den Kampf gewinnen, der stets im Innern des Menschengegen den gefährlichen Feind, nämlich Satan, stattfindet. So wieauf dem Kriegsfeld nicht nur Kraft, sondern auch Ausbildungwichtig ist, gen<strong>aus</strong>o müssen für diesen Kampf, den der Menschenin seinem Innern führt, die Seelen über die erforderlicheErziehung <strong>und</strong> Ausbildung verfügen. Wenn dies nicht der Fall ist,so wird die Seele im Kampf gegen den Satan unterlegen sein <strong>und</strong>wird große Schmach erleben. – Beispielsweise hat jemand zwarWaffen, Kanonen, Gewehre usw., aber sie nicht benutzen kann, sokann er gegen den Feind niemals gewinnen. Ebenso wird einer,der zwar Waffen besitzt <strong>und</strong> sie benutzen kann, aber keine Krafthat, niemals Erfolg erzielen. Aus diesem Beispiel lernt man, dass138


es nicht genügt, Wissen zu besitzen – z. B. für den Einsatz vonWaffen –, sondern man muss durch Training <strong>und</strong> Übung dienotwendige Kraft entwickeln. Wenn jemand mit dem Schwertumgehen kann, aber keine Übung besitzt, so wird er auf demKampffeld einpaar Bewegungen mit dem Schwert <strong>aus</strong>führen <strong>und</strong>dann werden ihm die Kräfte schwinden. Er wird ermüden <strong>und</strong>schließlich selbst das Opfer des Feindes werden. Deshalb sollteman sich bewusst sein, dass bloßes Wissen <strong>und</strong> Handwerk alleinenicht von Vorteil sein können, solange diese von Taten, Übung<strong>und</strong> Anstrengung begleitet werden. Schaut, die Regierung lässt dieSoldaten nicht nutzlos sitzen. Mitten in der Friedenszeit werdenzum Zweck des Trainings Kriegsübungen durchgeführt.Gewöhnliche Schussübungen <strong>und</strong> Paraden finden ja regelmäßigdurchgeführt. 93Ein anderer Aspekt, der in diesem Vers zur Sprache kommt, istfolgender: Die Muslime werden angewiesen, sich zur eigenenVerteidigung zu rüsten. Dazu sollen sie ihre Kräfte steigern <strong>und</strong>mit entsprechenden Reitern die Grenzen bewachen. Dies wird denFeind einschüchtern. Darüber hin<strong>aus</strong> gibt es andere, unbekannteGegner, diese werden von den Vorbereitungen ebenfallsbeeindruckt werden. Der Gegner hält sich nicht an seine Verträge<strong>und</strong> ist wortbrüchig. Man kann sich nicht nur auf dasVersprechen verlassen <strong>und</strong> die eigene Verteidigungvernachlässigen. Die defensiven Fähigkeiten müssen verstärktwerden, so dass dem Feind nichts übrig bleibt als den Vertrageinzuhalten. Er sollte sehen, dass Muslime an Kraft zunehmen<strong>und</strong> sich für die eigene Verteidigung gerüstet haben. Dadurchwird der Feind nicht wagen, eure Vertragstreue <strong>aus</strong>zunutzen, daihr nicht wortbrüchig seid <strong>und</strong> Ehrlichkeit nicht <strong>aus</strong> der Handgebt.Kurzum, der Friedensvertrag ist richtig, aber man muss auchgleichzeitig für die eigene Verteidigung sorgen. Auf diesen Aspektbezieht sich der Begriff ribÁÔ ul Ìail (berittene Grenzposten).93 Report Jalsa Salana, 1897, S. 65-69; Tafseer Hazrat Massih Moud (A),Band II, S. 236f.139


Wo Gefahr ist, da muss den Gegnern die Verteidigungsfähigkeitsichtbar sein. Sie sollten wissen, dass die Grenze an keiner Stelleunbewacht oder ungesichert ist. Der Feind darf nicht einmal imTraum daran denken, er könnte einen Überraschungsangriff gegendie Muslime führen. Damit wird der Feind bei seinenkriegerischen Absichten entmutigt. Ein weiteres Ziel, das mitsolchen Maßnahmen erreicht werden soll, ist dieses: Die Angriffedes Feindes sollen mit solcher Entschlossenheit <strong>und</strong> Härtebegegnet werden, dass es andere Feinde das Fürchten lehrt. Diessoll nicht <strong>aus</strong> Hartherzigkeit oder Gr<strong>aus</strong>amkeit geschehen.Vielmehr soll die andere Seite davon abgehalten werden, einensinnlosen Krieg zu führen. Der Vers enthält eine Botschaft, diedem entgegengesetzt ist, die die Kritiker ihm zuschreiben. Wenneinige Unbelehrbare hart bestraft werden, so wird die Mehrheit anihnen ein Beispiel nehmen <strong>und</strong> Kriegspläne aufgeben. Und dieseVorgehensweise soll nicht bei Kriegen eingehalten werden,sondern auch bei der Verteidigungsvorbereitung. Wenn man dieeigenen Grenzen unter Einsatz aller Kräfte bewacht <strong>und</strong>beschützt, so wird dies auch anderen Feinden bekannt werden, diedann niemals daran denken werden, eine Aggression <strong>aus</strong>zuüben.Diese für den Feind sichtbaren Sicherheitsmaßnahmen sindnotwendig, um dauerhaft den Frieden zu erhalten. 948.„Darum, wenn du sie im Kriege anpackst, jage mit ihrem(Los) denen Furcht ein, die hinter ihnen sind, auf dass sieermahnt seien.“ (8, 58)Erläuterung: Das Wörterbuch LisÁn-ul-ÝArab erklärt das Wortin dem Ausdruck فشرد بهم من خلفهم („jage denen Furcht ein…“)folgendermaßen: „Das Wort Gottes bedeutet, ihreZusammengehörigkeit <strong>und</strong> Einheit zu zerstören, sie zu zerstreuen.verstoßen. also jemand vertreiben oder ‏,التطريد bedeutet التشريد …Das Wörterbuch erwähnt auch, dass hiermit gemeint sei, eineشَ‏ ر ِّد94 MTA-Sendung vom 30.11.95, QurÞÁn-Übersetzung mitHazrat Khalifatul Massih IV.140


entschlossene Verteidigung würde zur Folge haben, dassdiejenigen, die im Hintergr<strong>und</strong> Kriegsabsichten haben, auf einenAngriff verzichten.Oder durch sie diejenigen, die hinter ihnen sind, zu beeindrucken.Dieser Vers bezieht sich auch auf eine Situation, in der denMuslimen ein Krieg aufgezwungen wird. Für solche Gelegenheitenwerden die Muslime angewiesen, keineswegs Schwäche zu zeigen,sondern couragiert <strong>und</strong> tapfer den Angriff abzuwehren, damitauch die anderen Unterstützer der Aggressoren beeindrucktwerden <strong>und</strong> es nicht wagen, anzugreifen. Dies wird weitereAngriffe abwenden. Der Islam will unter allen Umständen einefriedliche Situation schaffen. Er weist deshalb an, wann immerder Angreifer dem Frieden zuneigt, auch die Muslime Bereitschaftzum Frieden signalisieren müssen. (8, 62) Das eigentliche Ziel isteine Beendigung des Kriegs <strong>und</strong> Schaffung von Frieden.* * *9. In der Sura al-Tauba (9) werden die Ereignisse, die auf denEinzug der Muslime in Mekka folgten, <strong>aus</strong>führlichbesprochen. Wegen der besonderen Situation, die damalsherrschte, scheinen einige Verse Anlass zu Kritik zu geben. Imfolgenden werden diese Verse angeführt <strong>und</strong> ihr Hintergr<strong>und</strong>erläutert. Ebenso wird geschildert, wie der Prophet <strong>und</strong> seineGefährten diese Anweisungen der Sura al-Tauba in die Tatumgesetzt haben:141


„Eine Lossprechung Allahs <strong>und</strong> Seines Gesandten (vonjeglicher Verpflichtung) gegenüber den Götzendienern, denenihr etwas versprochen habt. So zieht denn vier Monate langim Lande umher <strong>und</strong> wisset, dass ihr Allahs (Plan) nichtzuschanden machen könnt <strong>und</strong> dass Allah die Ungläubigendemütigen wird. Und eine Ankündigung von Allah <strong>und</strong>Seinem Gesandten an die Menschen am Tage der GroßenPilgerfahrt, dass Allah los <strong>und</strong> ledig ist der Götzendiener, <strong>und</strong>ebenso Sein Gesandter. Bereut ihr also, so wird das besser füreuch sein; kehrt ihr euch jedoch ab, dann wisset, dass ihrAllahs (Plan) nicht zuschanden machen könnt. Und verheißeschmerzliche Strafe denen, die ungläubig sind. Mit Ausnahmejener Götzendiener, mit denen ihr einen Vertrag eingegangenseid, <strong>und</strong> die es euch nicht an etwas haben gebrechen lassen<strong>und</strong> nicht andere wider euch unterstützt haben. Diesengegenüber haltet den Vertrag, bis zum Ablauf der Frist.Wahrlich, Allah liebt die Gerechten. Und wenn die142


verbotenen Monate verflossen sind, dann tötet dieGötzendiener, wo ihr sie trefft, <strong>und</strong> ergreift sie, <strong>und</strong> belagertsie, <strong>und</strong> lauert ihnen auf in jedem Hinterhalt. Bereuen sie aber<strong>und</strong> verrichten das Gebet <strong>und</strong> zahlen die ÅakÁt, dann gebtihnen den Weg frei. Wahrlich, Allah ist allverzeihend,barmherzig. Und wenn einer der Götzendiener bei dir Schutzsucht, dann gewähre ihm Schutz, bis er Allahs Wortvernehmen kann; hierauf lasse ihn die Stätte seiner Sicherheiterreichen. Dies weil sie ein unwissendes Volk sind. “ (9, 2ff.)Erläuterung: In diesen Versen der Sura al-Taubah wird geboten,gegen die Götzendiener zu kämpfen. Es geht hier nicht um eineGeneralmobilmachung gegen alle Götzendiener. Vielmehr ist hiervon solchen Götzendienern die Rede, die Verträge mit Muslimenhatten <strong>und</strong> diese einseitig brachen; das heißt im Klartext, dass siesich vertraglich zu einer friedlichen Haltung verpflichtet hatten<strong>und</strong> diese einseitig aufkündigten, indem sie gegen die Muslime dieWaffen erhoben. Deswegen soll gegen sie vorgegangen werden, bissie ihre Angriffe beenden. Dies ist ein allgemein akzeptierterGr<strong>und</strong>satz. Was diejenigen anbelangt, die die Verträge einhalten,gegen diese dürfen die Muslime keine Maßnahmen ergreifen, wiees auch im QurÞÁn 9, 4 heißt: „Mit Ausnahme jener Götzendiener,mit denen ihr einen Vertrag eingegangen seid, <strong>und</strong> die es euchnicht an etwas haben gebrechen lassen <strong>und</strong> nicht andere widereuch unterstützt haben. Diesen gegenüber haltet den Vertrag, biszum Ablauf der Frist.“ Also geht es in dieser Sura um dieBekämpfung der rebellierenden Parteien, die ihre Verträge durchihre Aggressionen einseitig für nichtig erklärten.Doch bevor Maßnahmen gegen solche Vertragsbrecher eingeleitetwerden, haben sie für die Dauer der vier heiligen Monate Zeit,sich zu überlegen, ob sie weiterhin im Kriegszustand verharrenwollen oder aber zum Frieden zurückkehren wollen. Wenn siesich hier nicht einsichtig zeigen <strong>und</strong> die ihnen gewährte Fristnicht nutzen, so werden die Muslime angewiesen, gegen sievorzugehen <strong>und</strong> sie zu belagern. Selbst in einer solchen Situationwerden die Muslime angehalten, fair zu sein. Laut diesen Versenhaben diese Rebellen die Möglichkeit, Reue zu zeigen <strong>und</strong> denIslam anzunehmen. Oder sie können um Unterschlupf bitten, den143


die Muslime ihnen gewähren müssen, <strong>und</strong> dann müssen sie denSchutzsuchenden bis zu dem Ort bringen, wo er sich in Sicherheitglaubt (das heißt, wo er selbst hingehen will).(Zwangskonvertierung etwa zum Islam, wie hinsichtlich dieserStelle des QurÞÁn von manchen vermutet wird, ist also<strong>aus</strong>geschlossen, denn sonst machte gerade diese letzte Anweisungkeinen Sinn.) Dabei hätten diejenigen, die bei den MuslimenUnterschlupf gef<strong>und</strong>en haben, die Gelegenheit, das Gotteswort(QurÞÁn) zu hören <strong>und</strong> so selbst einmal unmittelbar eineMeinung zum Islam zu bilden. Der Heilige Prophet (s) hat inseinem ganzen Leben niemals solche Menschen, die bei ihmSchutz suchten, zwangsweise zum Islam bekehren wollen.Der Unterschlupf ist an keinerlei Bedingungen geknüpft. Davonkann sich jeder durch die Ereignisse überzeugen, die nach derRückkehr der Muslime nach Mekka folgten. Der Prophet verziehallen Menschen, etliche unter ihnen hatten sich zuvor an denMuslimen vergangen <strong>und</strong> ihnen großes Unrecht getan. An diesemTag erteilte der Prophet eine Generalamnestie. Ikrima, Sohn desAbÙ Éahl, der ein Erzfeind des Islams war, flüchtete zunächst <strong>aus</strong>Mekka. Aber dann wurde ihm von der Generalamnestie berichtet.Der Prophet vergab ihm ebenfalls bedingungslos 95 .Kurzum, eine sorgfältige Lektüre des QurÞÁn <strong>und</strong> eineVorgehensweise des Propheten zu der Zeit, als die Gebote indiesen Versen offenbart wurden, zeigt eindeutig, dass hier nichtdavon die Rede ist, die Götzendiener <strong>aus</strong> Mekka zu vertreiben.Nur sollten Maßnahmen gegen jene ergriffen werden, dieAggressionen <strong>und</strong> Anschläge gegen die Muslime nicht beendenwollten <strong>und</strong> daher für stetigen Unfrieden im Landeverantwortlich waren. Solche Friedensstörer werden von denRegierungen heute noch von der Gesellschaft ferngehalten, sei esdurch Gefängnisstrafen oder durch Landesverweise. Dies istrechtlich nicht zu beanstanden. Verantwortlich dafür sind sieselbst, weil sie nicht aufhören, Unruhe zu stiften.10. Dann lesen wir in derselben Sure:منaامaالسلaبقتلھaوaسببaذال 95 Ibn HišÁm II.,144


„Wenn sie aber nach ihrem Vertrag ihre Eide brechen <strong>und</strong>euren ‚<strong>Glaube</strong>n schmähen’, dann bekämpfet die Führer desUnglaubens – sie halten ja keine Eide –, auf dass sie ablassen.Wollt ihr nicht kämpfen wider ein Volk, das seine Eidegebrochen hat <strong>und</strong> das den Gesandten zu vertreiben plante –<strong>und</strong> sie waren es, die zuerst (den Streit) wider euch begannen?Fürchtet ihr sie etwa? Allah ist würdiger, dass ihr Ihn fürchtet,wenn ihr Gläubige seid. Bekämpfet sie; Allah wird sie strafendurch eure Hand <strong>und</strong> sie demütigen <strong>und</strong> euch helfen widersie <strong>und</strong> Heilung bringen den Herzen eines gläubigen Volks.“(9, 12-14)Erläuterung: In diesem Vers wird Erlaubnis erteilt, gegen jenevorzugehen, die gegen die gültige Rechtsordnung verstoßen. DasWort dÐn ‏(دين)‏ hat auch die Bedeutung von Gesetz <strong>und</strong> Regierung.Das Wort ÔaÝn ‏(طعن)‏ hat die Gr<strong>und</strong>bedeutung, etwas mit einemSpeer zu verletzen. (LisÁn) Unter taÝnu fidÐn ist ein Gesetzesbruchbzw. Rebellion zu verstehen. Dabei soll beachtet werden, dass diereligiösen Vorschriften des islamischen Rechts nicht für die nichtmuslimischenBürger gelten, sie können also nicht verpflichtetwerden, der Scharia zu folgen. Deswegen kann dieser Vers nur jeneMenschen meinen, die sich weigern, der rechtlichen Ordnung zufügen, <strong>und</strong> dadurch für Chaos <strong>und</strong> Unordnung im Land sorgen.Maßnahmen gegen Gruppierungen dieser Art werden vom QurÞÁngebilligt, denn dadurch werden sie abgeschreckt <strong>und</strong> letztlich vonihrer Rebellion „ablassen“ <strong>und</strong> als friedliche Bürger leben.Der Verheißene Messias, Friede sei auf ihm, kommentiert diesenVers so:145


„(Der QurÞÁn sagt sinngemäß:) „Wenn die Götzendiener ihreVerträge brechen <strong>und</strong> euch wegen eures <strong>Glaube</strong>ns bedrängen,dann kämpft gegen die Führer des Unglaubens, weil sie ihreSchwüre nicht einhalten, so dass sie mit ihrer Gewalttätigkeitaufhören. Wollt ihr nicht gegen diejenigen kämpfen, die ihreVerträge brachen <strong>und</strong> sich vornahmen, den Propheten <strong>aus</strong>seiner Stadt zu vertreiben, <strong>und</strong> sie waren diejenigen, die mitder Verfolgung <strong>und</strong> dem Morden angefangen haben.“Nun mag der Verständige durch die Lektüre dieser Versebegreifen, dass diese Stelle nichts zu tun hat mitZwangsbekehrung. Die Götzendiener von Arabien waren fürgroßes Leiden <strong>und</strong> Blutbad unter den Muslimenverantwortlich; sie töten ihre Männer, Frauen <strong>und</strong> Kinder inbestialischer Weise. Deswegen verdienten sie ihrerseitseigentlich, wenn man sie nach Jesu Gesetz bestraft hätte[Thora] 96 , dass sie (als Strafe) getötet werden <strong>und</strong> ihre Jungen<strong>und</strong> Alten durch das Schwert erschlagen werden; sie von ihrenStädten <strong>und</strong> Dörfern vertrieben werden <strong>und</strong> diese in Schutt<strong>und</strong> Asche gelegt werden. Aber: Unser Prophet, Friede sei aufihm, hat das nicht zugelassen. Obwohl sie sich wegen ihrerMassaker todeswürdiger Verbrechen schuldig gemacht hatten,gab der Prophet ihnen die Möglichkeit, dass, wenn einer vonihnen (bereute) <strong>und</strong> freiwillig den islamischen <strong>Glaube</strong>nannahm, er in Frieden gelassen wurde.Diese rücksichtvolle <strong>und</strong> barmherzige Vorgehensweise wirdkritisiert. Die Kriege von Moses dagegen gelten als heilig.Bedauerlich, sehr bedauerlich ist diese Einstellung: Dennhätte man gerecht gehandelt, so wäre es gar nicht schwieriggewesen, den Unterschied zu verstehen. Es ist verw<strong>und</strong>erlich,dass Gott dem Propheten Moses erlaubt haben soll, er könneden Menschen in Ägypten ohne Recht das Geschirr 97 <strong>und</strong> denSchmuck entleihen, <strong>und</strong> diese Leihgaben einfach für sichbehalten <strong>und</strong> gleichsam durch Täuschung diese Dinge inBesitz nehmen <strong>und</strong> dem eigenen Vermögen zuschlagen. Auch96 Vgl. Numeri, Kapitel 31, siehe auch Kapitel 3.1 dieses Bands97 Siehe Exodus 12, 2 <strong>und</strong> 12, 25; sowie Exodus 12, 29146


durfte Moses gegen den Feind so unbarmherzig vorgehen,dass er viele H<strong>und</strong>ertt<strong>aus</strong>ende Kinder tötete, <strong>und</strong> ihreBesitztümer raubte <strong>und</strong> davon einen Anteil für Gottabzweigen müsste; Moses dürfe für sich jede Frau <strong>aus</strong>suchen,die ihm gefiel; unter bestimmten Bedingungen durfte er auchTribut verlangen. Dann waren die Städte <strong>und</strong> Dörfer derGegner in Brand gesteckt worden. Gott hat … in der Zeitunseres Propheten (S) gelehrt: Verboten ist das Töten vonKindern <strong>und</strong> Frauen; die Mönche sollen in Ruhe gelassenwerden, die Äcker dürfen nicht verbrannt werden, die Kirchennicht zerstört werden. Man darf nur gegen diejenigenvorgehen, die als erste <strong>aus</strong>gezogen sind, um die Muslime zutöten. Allerdings müssen jene verschont werden, die die Éizyazahlen oder –als Araber, die wegen des Blutbads an denMuslimen die Todesstrafe verdienten – wenn sie den Islamannehmen. Wer das Wort Gottes hören will, dem soll manSchutz gewähren, <strong>und</strong> wenn er das Wort Gottes vernommenhat, so muss er dorthin gebracht werden, wo er in Frieden ist.Es ist bedauerlich, dass nun dieser Gott angegriffen wird.Bedauerlich, dass diejenigen gegen eine solch erhabene <strong>und</strong>vorzügliche Lehre Einwände erheben, die die Massaker, welchein der Thora erwähnt werden <strong>und</strong> selbst Kinder nicht<strong>aus</strong>nahmen, Gott zuschreiben.“ 98In den Versen 13 bis 14 werden weitere Gründe für das Vorgehengegen diese Götzendiener genannt <strong>und</strong> erklärt, sie hätten zuerst(mit ihren Angriffen) gegen die staatliche Ordnung verstoßen <strong>und</strong>so für Chaos <strong>und</strong> Unfrieden im Lande gesorgt. Hier sei auch aufdie besondere Verbform taqÁtilÙna hinzuweisen. Es handelt sichhier um den Verbstamm VI von q-t-l قتل (miteinander kämpfen,einander bekämpfen). 99 Das heißt, diese Verbform erfordert zweiBeteiligte. Das Verb taqÁtilÙna beinhaltet, dass hier zum Vorgehengegen Menschen aufgerufen wird, die bereits die Waffen erhobenhaben <strong>und</strong> Gewalt <strong>und</strong> Schrecken im Lande verbreiten. Tuqatiluna98 Éang-e Muqadas, S. 265, 3. Juni 189399 Siehe Hans Wehr, Arabisches Wörterbuch, unter ۔ قتل im Arabischen nenntman diese Kategorie als bÁb mufÁÝala (<strong>aus</strong> diesem Stamm abgeleitet sind Nomenwie muaniqa=Umarmung o. muÒÁfiÎa= Handreichung; zwei Parteien sind anderselben Handlung beteiligt).147


edeutet also Einsatz von Waffen gegen jemand, der sich bereitsim Kampf befindet, in diesem Fall gegen staatliche Ordnung,.اول aمۃ Dies wird bestätigt durch den Ausdruck in diesem Versawwala marratan: der Gegner hat zuerst mit der Gewaltangefangen. Ferner sind das Rebellen, Vertragsbrecher <strong>und</strong>Verschwörer, die nur darauf <strong>aus</strong> sind, den Propheten zu vertreibenoder ihm anderweitig zu schaden.Diese eingehende Untersuchung dieses Verses zeigt, dass darinkeineswegs zur Bekämpfung Andersgläubiger aufgerufen wird <strong>und</strong>hier kein Raum für Einwand oder Kritik vorhanden ist.11. In der Sure 9 ist überdies zu lesen:„Kämpfet wider diejenigen <strong>aus</strong> dem Volk der Schrift, die nichtan Allah <strong>und</strong> an den Jüngsten Tag glauben <strong>und</strong> die nicht alsunerlaubt erachten, was Allah <strong>und</strong> Sein Gesandter als unerlaubterklärt haben, <strong>und</strong> die nicht dem wahren Bekenntnis folgen, bissie <strong>aus</strong> freien Stücken den Tribut entrichten <strong>und</strong> ihreUnterwerfung anerkennen.“ (9, 29)Erläuterung: Dies bedeutet nicht, dass man ohne Rechtfertigungoder Gr<strong>und</strong> gegen die Schriftbesitzer vorgehen darf. DieBedingungen, die für einen Kampf gelten, sind im QurÞÁn<strong>aus</strong>führlich beschrieben worden, <strong>und</strong> müssen auch in diesem Fallgelten. Ein Hauptgr<strong>und</strong> für den Kampf ist, dass der Feind zuerstangreift. Also, wenn die Schriftbesitzer einen Angriff starten, soist eine Verteidigung gegen sie erlaubt. Sollten sie in diesemKampf unterlegen sein, <strong>und</strong> dann sich bereit erklären, den Tributzu entrichten, so soll die Auseinandersetzung nicht unnötigverlängert werden. Vielmehr soll dies akzeptiert werden, <strong>und</strong> trotzihrer Aggression soll ihnen vergeben werden. Es wird auch in148


diesem Vers mit keinem Wort davon gesprochen, dass dieSchriftbesitzer mit Gewalt zum Islam bekehrt werden sollen (diesist auch in der Geschichte niemals vorgekommen).Der Ausdruck Ýan yadin يد ‏,‏heißtعن ÔÐba nafsin نفس ‏;طيب <strong>aus</strong> freienStücken (TÁÊ ul ÝUrÙs). Sie sollen demzufolge ihr Einverständnisgeben für die Zahlung der Éaziah (die in einem islamischen Staatvon der nicht-muslimischen Bevölkerung zu zahlende Steuer, dieerhoben wird, weil sie vom Kriegsdienst befreit ist). Zur Zahlungdieser Steuer dürfen sie nicht unter Druck gesetzt werden. Wennsie freiwillig bereit sind, als Bürger des Landes die Gesetze zubeachten <strong>und</strong> ihrer Verpflichtung nachzukommen. Wa humsÁÈirÙn: auch dieser Ausdruck hat zu vielerlei SpekulationenAnlass gegeben, obwohl dessen Bedeutung klar ist. Diejenigen, diedie Waffen erhoben haben, sollen sich der Regierungsgewalt‏.(صغرون unterwerfen (sÁÈirÙnDer Verheißene Messias (A) erläutert diesen Vers so:Aus allen diesen Versen geht hervor, dass die Juden <strong>und</strong>Christen in Arabien so vom rechten Weg abgeirrt <strong>und</strong> socharakterlos geworden waren, dass sie selbst jene Dinge, dieGott ihnen in ihren eigenen Bücher verboten hatte –Diebstahl, Unterschlagung, Mord, falsches Zeugnis, GottPartner beigesellen – all diese verbotenen Dinge taten sie mitsolcher Hingabe, dass sie diese gar zu ihrer Religion gemachthatten … Sie waren für das Land gefährlich. Ihre Untatenhatten überhand genommen… Ein verständiger kann sichvorstellen, dass, um den öffentlichen Frieden herzustellen, eserforderlich war, gegen solche kriminellen Elementevorzugehen. Der Heilige Prophet (S) war nicht nur einProphet, sondern war von Gott zu einem König mitMachtbefugnissen bestimmt worden <strong>und</strong> in dieser Funktionwar er verantwortlich, die Interessen des Staatswahrzunehmen. Deshalb war seine Pflicht, etwas gegen dieUnruhestifter <strong>und</strong> Übeltäter im Lande zu unternehmen, <strong>und</strong>die drangsalierten Menschen, deren Existenz durch ihreGewalttat zerstört worden war, <strong>aus</strong> ihren Klauen zu befreien.Man muss dies folgendermaßen verstehen: Von Gott hatte der149


Prophet (s) zwei Ämter erhalten. Zum einen war er Prophet,so dass er alle Offenbarungen, die er von Gott bekam, denMenschen verkündete; sein zweites Amt war das eines Königs<strong>und</strong> Khalifen. Kraft dieses Amtes pflegte er jedem derUnfrieden stiftete oder die öffentliche Ordnung störte, zubestrafen <strong>und</strong> so für Recht <strong>und</strong> Ordnung sorgen. Die Lage inArabien damals war so, dass einerseits viele Araber Diebe <strong>und</strong>Räuber waren <strong>und</strong> viele andere Verbrechen begingen.Andererseits waren jene, die Schriftbesitzer genannt wurden,von äußerst schlechtem Charakter <strong>und</strong> verschlangen ohneRecht das Vermögen der Anderen. Wenn Araber nachts ihreRaubzüge durchführten, so nahmen diese bei Tageslicht diearmen Menschen <strong>aus</strong>. Als Gott dem Heiligen Propheten dieHerrschaft über Arabien gab, so war es Pflicht für denPropheten, etwas gegen die Übeltäter, Verbrecher, Diebe,Räuber <strong>und</strong> Unruhestifter zu tun; <strong>und</strong> die, die nicht bereitwaren, ihre Verbrechen aufzugeben, zu bestrafen. Jeder kannverstehen, dass es für einen König wichtig ist. Wennbeispielsweise das Volk eines Königs Opfer von Überfall,Raub, Diebstahl, Mord <strong>aus</strong> niederen Motiven – ist dann nichtdie Pflicht des Königs, gegen solche Friedenszerstörer zu Feldezu ziehen <strong>und</strong> sie nach Recht zu bestrafen, um den Friedenim Lande wiederherzustellen. Dieser Kampf gegen dieSchriftbesitzer war nicht deswegen, um sie zum Islam zubekehren, sondern deswegen, um das Land vor ihren Untatenzu bewahren. 100100 ¥ašma-i MaÝrifat, RuÎÁnÐ ËazÁÞin Bd. 23, S. 229-231150


12.„Was ist denn euch widerfahren, dass ihr in zwei Parteiengespalten seid gegenüber den Heuchlern? Und Allah hat sieverstoßen um dessentwillen, was sie begangen. Wolltet ihreinem den Weg weisen, den Allah ins Verderben hat gehenlassen? Und wen Allah ins Verderben gehen lässt, für denfindest du keinen Weg. Sie wünschen, dass ihr ungläubigwerdet, wie sie ungläubig sind, so dass ihr alle gleich seiet.Nehmet euch daher keinen von ihnen zum Fre<strong>und</strong>, ehe sienicht <strong>aus</strong>wandern auf Allahs Weg. Und wenn sie sichabkehren, dann ergreifet sie <strong>und</strong> tötet sie, wo immer ihr sieauffindet; <strong>und</strong> nehmet euch keinen von ihnen zum Fre<strong>und</strong>eoder zum Helfer; außer denen, die Verbindung haben miteinem Volke, mit dem ihr ein Bündnis habt, <strong>und</strong> die zu euchkommen, weil ihre Herzen davor zurückschrecken, wider euchoder wider ihr eigenes Volk zu kämpfen. Und wenn Allah eswollte, Er hätte ihnen Macht über euch geben können, dannhätten sie sicherlich wider euch gekämpft. Darum, wenn siesich von euch fernhalten <strong>und</strong> nicht wider euch kämpfen,151


sondern euch Frieden bieten: dann hat Allah euch keinen Weggegen sie erlaubt. Ihr werdet noch andere finden, diewünschen, in Frieden mit euch <strong>und</strong> in Frieden mit ihremeigenen Volk zu sein. Sooft sie wieder zur Feindseligkeitverleitet werden, stürzen sie kopfüber hinein. Wenn sie sichalso nicht von euch fernhalten noch euch Frieden bieten nochihre Hände zügeln, dann ergreifet sie <strong>und</strong> tötet sie, wo immerihr sie auffindet. Denn gegen diese haben Wir euch volleGewalt gegeben.“ (4, 89-92)Erläuterung: Oft wird der Ausdruck: „ergreift sie <strong>und</strong> tötet sie…“im Vers 90 kritisiert. Es wird vorgehalten, dass hier zum Tötenaller Gegner aufgerufen werde. Solche Kritiker aber ignorieren denKontext dieses Verses. Der Kontext macht klar, dass hier keineLehre vertreten wird, die angreifbar wäre. Einezusammenhängende Lektüre dieser Verse wird deutlich machen,dass es hier um Heuchler ‏(منافقين)‏ gesprochen wird. Es wird gesagt,sie wünschen, dass die Muslime ihren <strong>Glaube</strong>n aufgeben, so wiesie es getan haben. An dieser Stelle weist Allah die Gläubigendarauf hin, dass sie solche Heuchler nicht zu ihrem Helfermachen dürfen, sie sind nicht auf der Seite der Muslime. Dieskönnte die Gemeinschaft insgesamt schaden. Dann heißt es, bissie auf Allahs Weg <strong>aus</strong>wandern. Das heißt, sie sollten so langenicht zu Helfern genommen werden, solange sie nicht auf ihresubversiven Aktivitäten aufgeben <strong>und</strong> <strong>aus</strong> tiefem Herzen zu ihrenFre<strong>und</strong>en werden. Dann wird gesagt: wenn sie sich klar abwenden.Das heißt, wenn sie also zu Rebellen werden <strong>und</strong> ganz offen dieFeinde unterstützen <strong>und</strong> gegen die Muslime kämpfen, dannmüssen diese gen<strong>aus</strong>o behandelt werden, wie andere Aggressoren.D.h.: „Tötet sie, wo ihr sie findet..“ Wenn man während derKriegshandlungen auf sie trifft, dann darf dieser Personenkreisnicht verschont werden (nur weil sie sich zuvor als äußerlichwohlwollend gezeigt hätten). Sie sind gen<strong>aus</strong>o zu behandeln wieandere angreifenden Feinde. Hier ist ganz eindeutig vonMenschen die Rede, die rebellisch werden <strong>und</strong> zu Feindenüberlaufen. Über sie gibt es aber gleich im ersten Vers dieEinschränkung: Wenn sie zu einer Gruppe gehören, mit denen dieMuslime einen Vertrag geschlossen haben, dann dürfen sie nichtangegriffen werden. Oder wenn sie beispielsweise in sich keine152


Bereitschaft finden, mit den Muslimen einen Krieg zu führen. ImVers, der darauf folgt, ist zu lesen:13.Darum, wenn sie sich von euch fernhalten <strong>und</strong> nicht widereuch kämpfen, sondern euch Frieden bieten: dann hat Allaheuch keinen Weg gegen sie erlaubt. (s.o., 4, 91)Erläuterung: In Bezug auf diesen Personenkreis (Heuchler) wirdden Muslimen gesagt: Wenn sie sich von ihnen fernhalten, keinenKrieg führen <strong>und</strong> ihnen Frieden anbieten, dann haben dieMuslime von Gott keine Erlaubnis, gegen sie vorzugehen. Ausdem oben angeführten Teil des Verses wird ersichtlich, dass es hiernicht um jeden Preis gelehrt wird, gegen die Heuchler zukämpfen. Dies ist nur dann erlaubt, wenn diese an aggressivenKriegen gegen die Muslime teilnehmen. Wenn sie auf Aggressionverzichten, dann darf nicht gegen sie vorgegangen werden. 10114.O die ihr glaubt, kämpfet wider jene der Ungläubigen, dieeuch benachbart/nahe sind, <strong>und</strong> lasst sie Härte in euchfinden; <strong>und</strong> wisset, dass Allah mit den Gottesfürchtigen ist.(9, 123)Erläuterung: Der Vers enthält den Ausdruck: „Die euch nahesind“ ‏.(يلونکم)‏ Dar<strong>aus</strong> meinen manche Kritiker zu schließen, dassan dieser Stelle den Muslimen geboten werde, gegen diearabischen Stämme vorzugehen, die in ihrer näheren Umgebung101 Vers 12. u. 13. MTA-Sendung zur QurÞÁn-Übersetzung, vom 18.5.1995 mitHazrat Mirza Tahir Ahmad, Khalifatul Massih IV.153


leben, <strong>und</strong> dann nach <strong>und</strong> nach den Kreis derjenigen <strong>aus</strong>zuweiten,gegen die vorgegangen wird. Das arabische Wort jedoch bedeutet„die Nächsten“ (Verwandte, Bekannte). Demzufolge sagt dieserVers, dass wenn es zu einer Schlacht kommt, in der ihre nächstenAnverwandten gegen sie kämpfen, dann dürfen sie gegen dieseVerwandten keine Milde zeigen. Das Wort „Härte“ bedeutet imArabischen etwas, das so hart ist, so dass nichts hineindringenkann. Daher sollen sich die Muslime nicht von denGötzendienern beeinflussen <strong>und</strong> beeindrucken lassen. 10215.16.„Einem Propheten geziemt es nicht, Gefangene zu machen,ehe er sich auf kriegerischen Kampf einlassen muss imLand. Ihr wollt die Güter dieser Welt, Allah aber will (füreuch) das Jenseits. Und Allah ist allmächtig, allweise.“ (8,62)„Wenn ihr (in der Schlacht) auf die stoßet, die ungläubigsind, trefft (ihre) Nacken; <strong>und</strong> wenn ihr sie so überwältigthabt, dann schnüret die Bande fest. Hernach dann entwederGnade oder Lösegeld, bis der Krieg seine Waffen niederlegt.Das ist so. Und hätte Allah es gewollt, Er hätte sie Selbststrafen können, aber Er wollte die einen von euch durch dieanderen prüfen. Und diejenigen, die auf Allahs Weg getötetwerden – nie wird Er ihre Werke zunichte machen.“ (47,5)102 Haqaiq-ul-Furqan von Maulana Nūr-ud-Dīn, Hazrat Khalifatul Massih I. u.QurÞÁn-Übersetzungs-Sendung mit Hazrat Khalifatul IV vom 4.1.96154


Erläuterung: Manche, die nicht gerade mit tiefer Einsicht begabtsind, wenden hier ein, es werde zu einem Blutbad aufgerufen.Aber das Gegenteil ist der Fall. Es geht in diesem Vers darum inwelcher Situation Kriegsgefangene gemacht werden dürfen. Es gibtdafür laut diesem Vers nur eine Möglichkeit, <strong>und</strong> zwar, wenn eszu einem regulären Krieg kommt. In allen anderen Situationendürfen Angehörige eines feindlichen Volks nicht gefangengenommen werden. Selbst in Feindschaft darf man die einzelnenPersonen <strong>aus</strong> diesem Volk nicht ihrer Freiheit berauben. In diesemVers wird die Wichtigkeit der menschlichen Freiheithervorgehoben. Was die Gefangenen anbetrifft, die im Krieggemacht worden sind, so müssen sie nach dem Krieg freigelassenwerden, entweder durch Zahlung eines Lösegelds oder ohne einEntgelt <strong>und</strong> <strong>aus</strong> Wohltätigkeit – gegenüber einem Feind, derzuvor angegriffen hatte. (!)Es ist hier auch nicht davon die Rede, dass der Prophet einenblutigen Krieg führen soll. Denn dies wird im QurÞÁn verboten.Es geht darum, dass der Prophet, wenn er durch einen Angriff ineinen blutigen Krieg hineingezwungen wurde, Gefangene machendarf, sonst nicht. Es wird betont, dass ohne einen solchenregulären Krieg es verboten ist, die Gegner ihrer Freiheit zuberauben. Nur wenn es zwischen zwei Gruppen zu einem blutigenKrieg kommt, nur dann dürfen Gefangene gemacht werden.Haqaiqul Furqan von Hazrat Khalifatul Massih I. <strong>und</strong> TarjumatulQurÞÁn Sendung MTA, 30.11.95 von Hazrat Khalifatul MassihIV.)17.„Der Lohn derer, die Krieg führen gegen Allah <strong>und</strong> SeinenGesandten <strong>und</strong> Unordnung im Lande zu erregen trachten,155


wäre der, dass sie getötet oder gekreuzigt werden sollten oderdass ihnen Hände <strong>und</strong> Füße abgeschlagen werden sollten fürden Ungehorsam oder dass sie <strong>aus</strong> dem Lande vertriebenwürden. 52 Das würde eine Schmach für sie sein in dieserWelt; <strong>und</strong> im Jenseits wird ihnen schwere Strafe.“ (5, 34)Erläuterung: Gegen diesen Vers wird eingewendet, dass dieMuslime gelehrt würden, gegen ihre Feinde schwerwiegendeMaßnahmen einzuleiten <strong>und</strong> ihnen drakonische Strafenaufzuerlegen. Zunächst muss klargestellt werden, dass hier nurjene gemeint sind, die in der Gesellschaft für Unfrieden <strong>und</strong>Anarchie sorgen, indem sie gegen die Gesetze verstoßen.Was die hier erwähnten Strafen betrifft, so muss überlegt werden:Will es der QurÞÁn, dass den Gegnern solche harten Strafenauferlegt werden? Hat der Prophet (s) gegen jemand solche Strafenverhängt? Wenn ja gegen wen? Nur gegen jene, die sich solchbestialische Untaten haben zuschulden kommen lassen. Gegenkeinen anderen. Es gab Heuchler in Medina, aber kein einziger istmit einer solchen Strafe belegt worden. Kein einziger istgekreuzigt worden. Vielmehr ist hier von Menschen die Rede, dieim Lande Unfrieden stiften <strong>und</strong> je schwerwiegender derLandfriedensbruch ist, den ein Mensch verursacht, desto härtersoll er bestraft werden. Im Vers davor ist gesagt worden:„Wenn jemand einen Menschen tötet – es sei denn für (Mord)an einem andern oder für Gewalttat im Land –, so soll es sein,als hätte er die ganze Menschheit getötet.“Wenn Unfrieden verursacht wird, dann darf eine angemesseneStrafe verhängt werden. Aber nicht härter als das Verbrechen desTäters. Dies ist die Gr<strong>und</strong>regel, um diesen Vers zu verstehen.Dann sagt Allah im QurÞÁn:156


„… außer jenen, die bereuen, noch ehe ihr sie in eurer Gewalthabt. So wisset, dass Allah allvergebend, barmherzig ist.“(5, 35)D. h. : Gott sagt, wer solche Taten begeht – sei es Mord oderandere Gr<strong>aus</strong>amkeiten – wenn die Täter sich aber vor ihrerFestnahme bereits gebessert haben <strong>und</strong> nicht mehr diese Tatenbegehen (also keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellen),dann dürfen sie nicht bestraft werden. Dann muss man ihnen dasRecht zu leben geben. Das ein wichtiger Teilaspekt des Ganzen,wenn man diesen ignoriert, so kann man die Interpretation desvorherigen Verses entstellen, <strong>und</strong> dies wird auch von manchengetan. Zum Schluss heißt es, dass derjenige Gott diese Lehreverkündet, der äußerst Vergebend <strong>und</strong> Barmherzig ist. DieseStrafen haben das Wohl aller Bürger <strong>und</strong> ihren Schutz vorGefahren zum Ziel. 1032.11 Abschließende Bemerkung:Aus der gesamten Diskussion in diesem Kapitel geht ohne Zweifelhervor, dass der QurÞÁn eindeutig davon spricht, dass zurVerbreitung der Religion niemals Zwang oder Gewalt eingesetztwerden darf. Vielmehr sollen die Vorzüge der Religion gezeigtwerden <strong>und</strong> durch gutes Vorbild die Herzen der Menschengewonnen werden. Die Kämpfe im frühen Islam lassen denSchluss nicht zu, dass der Gebrauch der Waffen im Namen derReligion erlaubt sei. Denn diese Kämpfe waren rein defensiveMaßnahmen gegen Aggressoren, die Muslime mit Gewalt vonihrer Religion abbringen wollten. Es gibt laut QurÞÁn keinenZwang im <strong>Glaube</strong>n (2, 257). Was den ÉihÁd mit Schwert betrifft,also Selbstverteidigung, hat der spirituelle Sohn <strong>und</strong> Nachfolger103 QurÞÁn-Übersetzungs-Sendung auf MTA mit Hazrat Khalifatul Massih IV.vom 05.07.1995157


(ËalÐfa) des Heiligen Propheten MuÎammad (S), der von Gottfür unsere Zeit zum Richter <strong>und</strong> Gerechten ernannte ImamMahdi <strong>und</strong> Verheißene Messias (A) diesbezüglich folgendeentscheidende Worte geschrieben:„Schaut, ich bin mit einem Gebot zu euch gekommen. Dieseslautet, dass der ÉihÁd mit dem Schwert nicht mehr zu führenist. Aber der ÉihÁd, der nötig ist, um unser Inneres zuläutern, soll weiterhin geführt werden. Ich sage das nicht vonmir <strong>aus</strong>, sondern es ist der Wille Gottes. Denkt über die ÍadÐ×der SaÎiÎ BuÌÁri nach, in der über den Messias gesagt wird:yaÃaÝul Îarb. Das heißt, dass der Messias, wenn kommt, erreligiöse Kriege beenden wird. So gebiete ich denen, die zumeinem Heer gehören, dass sie von solcherlei VorstellungenAbstand nehmen. Sie sollen ihr Inneres läutern <strong>und</strong> ihrMitgefühl steigern <strong>und</strong> das Leid der Leidtragenden teilen. Siesollen für Versöhnung auf der Erde sorgen. Das wird dazuführen, dass ihre Religion sich verbreitet. Sie sollen sich nichtw<strong>und</strong>ern, wie dies möglich sein kann. Gen<strong>aus</strong>o wie Gott beiden heutigen Erfindungen zur Erfüllung physischerBedürfnisse alle irdischen Elemente <strong>und</strong> alle irdischen Dingenbenutzt hat, <strong>und</strong> zwar ohne Vermittlung gewöhnlicher Mittel– sprich: Er hat gezeigt, dass die Eisenbahn viel schnellervorankommt als Pferde – gen<strong>aus</strong>o wird Er nun für spirituelleBedürfnisse ohne Vermittlung menschlicher Hände diehimmlischen Engel einsetzen. Große himmlische Zeichenwerden sichtbar werden. Viele Lichterscheinungen wird esgeben, die vielen die Augen öffnen werden. 104104 Government Angrezi aur ÉihÁd, S. 14f. RuÎÁnÐ KhazÁÞin, B. 17158


3 Kriege in der Zeit des Prophetenvon Mohammad Dawood MajokaEine <strong>aus</strong>führliche Diskussion über die Verse des QurÞÁn, dieAnweisungen in Bezug auf den Krieg enthalten, findet sich imKapitel 2 dieses Buches. Auf den folgenden Seiten wird von denEinwänden die Rede sein, die im Zusammenhang mit den Kriegengegen die Person des Heiligen Propheten MuÎammad (S)erhoben werden. Aufgr<strong>und</strong> von Vorurteilen oder mangelnderKenntnisse machen die Gegner alle Aspekte des Lebens desHeiligen Propheten zum Gegenstand der Kritik. Auf jedeneinzelnen Kritikpunkt dieser Art zu antworten, ist nicht dasThema dieses Kapitels. Wir werden verschiedenste Einwände indrei Kategorien zusammenfassen, <strong>und</strong> zu jeder Kategorieallgemeine Anmerkungen <strong>und</strong> Antworten geben. Dadurch werdenwir auf alle in den dazugehörigen Einwänden vorhandene Fehlerhinweisen. Wir werden dabei authentische historische Quellen<strong>und</strong> Bücher der Überlieferungen zugr<strong>und</strong>e legen. Die dreiKategorien, zu denen die Einwände im Allgemeinen gehören,sind:1. Der Krieg sei ein unerwünschter Akt, <strong>und</strong> Muslime hätten siegeführt. Hierzu gehören alle Einwände, die den Hintergr<strong>und</strong>haben, dass zwar der Heilige Prophet Kriege geführt hätte,aber Jesus Christus keine Kriege geführt habe, <strong>und</strong> dieserUmstand sei ein Gr<strong>und</strong> für die Überlegenheit Jesu Christi. 12. Zweite Kategorie der Einwände ist, dass die Kriege desPropheten nicht zum Zwecke der Selbstverteidigung geführtworden seien, sondern mit der Absicht, Territorien zubesetzen <strong>und</strong> Reichtümer anzuhäufen 2,3 .3. Zu der dritten Kategorie gehören Einwände schwerwiegenderNatur. Dabei wird dem Propheten MuÎammad (S)159


unterstellt, er hätte die Kriege geführt, um seine Gegner<strong>aus</strong>zumerzen <strong>und</strong> sie gewaltsam in seine Religion zu führen.Dazu gehört auch dieser Vorwurf: Muslime hätten, solange sieschwach gewesen seien, Frieden gepredigt, sobald sie aberMacht erlangt hätten, hätten sie angefangen, Kriege zu führen<strong>und</strong> ihre Gegner zu töten. Der Islam sei gewaltsam <strong>und</strong> durchZwangsmaßnahmen verbreitet worden. Dazu gehört auch diefalsche Unterstellung in der Vorlesung des Papstes, die er mitder Zitierung des Dialogs Kaiser Manuels machte. Der Papsthat dabei nicht nur das Zitat vorgelesen, sondern auch seineeigenen Kommentare einfließen lassen, die seine Sicht auf dasThema wiedergeben. 105Auf den nachfolgenden Seiten finden sich Antworten aufEinwände, die zu den oben genannten drei Kategorien gehören.Als wichtigste Quelle werden wir Belege <strong>aus</strong> dem QurÞÁnvorlegen. Denn er gilt einstimmig als das wichtigste <strong>und</strong>authentischste Dokument über die Zeit <strong>und</strong> das Leben desHeiligen Propheten (S). Anhand entsprechender Zitate wird mansehen können, wie sich der Prophet (S) <strong>und</strong> seine Anhänger inBezug auf den Krieg verhielten. Man wird historische Fakten überdie damals herrschenden Verhältnisse in Erfahrung bringenkönnen. Die Kenntnis dieser Fakten wird im Gr<strong>und</strong>e <strong>aus</strong>reichen,um die immer wieder vorgebrachten Einwände zu entkräften.Darüber hin<strong>aus</strong> werden die eigenen Äußerungen des Propheten zudiesem Themenbereich vorgelegt, so dass auch die eigene Ansichtdes Propheten dazu in Erfahrung gebracht werden kann.Schließlich werden wir uns die Berichte in den historischenBüchern anschauen.3.1 Lehren des Islam in Bezug auf den KriegTrifft der Vorwurf zu, dass der Islam den Krieg verherrlicht? Wirddem menschlichen Leben im Islam kein Wert beigemessen? Die105 s. Kapitel 1, Analyse160


Antworten auf diese Fragen werden Aufschluss darüber geben, wiesich der Islam <strong>und</strong> der Prophet des Islam zum Krieg verhalten.Zunächst sei auf folgende gr<strong>und</strong>legenden Verse des HeiligenQurÞÁn hingewiesen, die sich mit den relevanten Themenbeschäftigen:• „Wenn jemand einen Menschen tötet – es sei denn für(Mord) an einem anderen oder für Gewalttat im Land –, sosoll es sein, als hätte er die ganze Menschheit getötet; <strong>und</strong>wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, so soll essein, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten.“(5, 33)••“Der Kampf ist euch befohlen, auch wenn er euch missfällt“(2, 217)„…<strong>und</strong> sagt nicht zu jedem, der euch den Frieden bietet: „Dubist kein Gläubiger.“ (4, 95)Aus diesen Versen geht folgendes hervor: Der Prophet wolltekeinen Krieg, noch hatte er Gefallen am Blutvergießen. Der Islamsetzt selbst die Ermordung eines einzelnen Menschen mit derTötung der gesamten Menschheit gleich. Der Islam ist aber einerealistische Religion. Die vielfältigen Aspekte der Wirklichkeitwerden vom Islam nicht ignoriert. Vielmehr werden Lösungen fürverschiedene Schwierigkeiten <strong>und</strong> Her<strong>aus</strong>forderungen des Lebensgegeben. Es ist möglich, dass man sich einer solch gewaltigenBedrohung gegenübersieht, die nicht nur die eigene Existenz,sondern die aller Verwandter <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e <strong>aus</strong>löschen könnte. Ineiner solchen Situation erlaubt der Islam, dass der BetroffeneMaßnahmen zur eigenen Verteidigung ergreift. Eine Unterlassungsolcher Maßnahmen oder Nachlässigkeit könnte gleichbedeutendsein mit kollektivem Selbstmord. Dies ist der Gr<strong>und</strong>, weshalb derIslam die eigene Verteidigung gegen Aggressoren gestattet. Dieses161


Prinzip wurde von allen Nationen zu allen Zeiten anerkannt.Auch heute noch besitzt dieses Recht in der UNO-Chartainternationale Gültigkeit. Selbst die Anhänger der vermeintlichen<strong>und</strong> vermuteten Lehre Jesu, wonach man eine andere Wangehinhalten soll, wenn man auf die eine geschlagen wird,akzeptieren dies Prinzip <strong>und</strong> setzen sich gegen Angriffe einesFeindes mit massiven Mitteln zur Wehr. Mögen die christlichenHerren in der Theorie <strong>aus</strong>führlich über diese Lehre diskutieren, inder Praxis beweist ihre zweit<strong>aus</strong>endjährige Geschichte, dass diebesagte Lehre Jesu real nicht umsetzbar ist. Aber der vom Islamaufgestellte Gr<strong>und</strong>satz der Selbstverteidigung wird denErfordernissen der Realität gerecht. Was im Übrigen dieAnwendung der Gewalt anbelangt, können nicht einmal dieStellvertreter Christi <strong>aus</strong>genommen werden. Tatsache ist, dass diechristlichen Nationen in ihrer Geschichte mehr Blut vergossenhaben als alle anderen Völker zusammengenommen.Was den Islam <strong>und</strong> die seinen Anhängern aufgezwungenen Kriegebetrifft, so haben die Muslime selbst im Zustand des Kriegesgrößte Anstrengungen unternommen, um Friedenwiederherzustellen. Die zitierten Verse <strong>aus</strong> dem QurÞÁn machenauch deutlich, dass die Muslime nicht wegen persönlicher Vorteileoder Interessen in die Schlacht zogen, vielmehr missfielen ihnendiese Unternehmungen.Nach seiner Berufung zum Gesandten Gottes lebte der Prophet (S)ungefähr dreizehn Jahre in Mekka. Während dieser Zeit wurdender Prophet <strong>und</strong> seine kleine Gemeinde von ihren Gegnernäußerst brutal <strong>und</strong> gr<strong>aus</strong>am verfolgt, um sie zur Aufgabe ihrerReligion zu zwingen. Viele wurden ermordet. Manche wurden beisengender Hitze auf den Wüstensand gelegt <strong>und</strong> wurden<strong>aus</strong>gepeitscht (Hazrat BilÁl (R)). Manche mussten auf brennendenKohlen liegen (ËabÁb (R)), was bleibende Narben auf der Hauthinterließ. 106 Darüber berichten auch westliche Autoren. KarenArmstrong schreibt über die Gräuel, die an BilÁl <strong>und</strong> ÝAmmar binYassir (R) durch die Mekkaner verübt wurden, folgendes:106 Ibn MÁÊah, kitÁb almuqadama, Nr. 150 (ÍadÐ×-Nummern entsprechen dertarqÐm ul-ÝÁlamiyya-Zählung)162


„Ummayah, chief of the Jumah, used to take his AbyssinianMuslim slave BilÁl outside in the hottest part of the day, tiehim up and leave him exposed to the sun with a great stoneon his chest...The clan of Makhzum treated the family of thefreedman Ammar ibn Yasir so badly that his mothereventually died. 107„Umayyah, Anführer der Éumah, pflegte seinen abessinischenSklaven BilÁl am heißesten Abschnitt des Tages nach draußenzu bringen, zu fesseln ihn <strong>und</strong> in der glühenden Sonnenhitzeauf dem Boden liegen zu lassen, <strong>und</strong> dabei legte er einengroßen Stein auf seine Brust… Der Clan der MaÌzÙmbehandelte die Familie des befreiten (Sklaven) ÝAmmar binYÁsir (R)so schlimm, dass seine Mutter schließlich an denFolgen starb.“Später wurde ein Boykott gegen die Muslime verhängt, der dreiJahre andauerte. Die Bewohner von Mekka wurden angewiesen,keine Nahrungsmittel an die Muslime zu verkaufen. 108 Darüberschreibt der berühmte britische Historiker Gibbons folgendes:„As he was still supported by his family, the rest of the tribeof Koreish engaged themselves to renounce all intercoursewith the children of Hashem, neither to buy nor sell, neitherto marry not to give in marriage, but to pursue them withimplacable enmity, till they should deliver the person ofMahomet to the justice of the gods. The decree was suspendedin the Caaba before the eyes of the nation; the messengers ofthe Koreish pursued the Mussulman exiles in the heart ofAfrica: they besieged the prophet and his most faithfulfollowers, intercepted their water, and inflamed their mutualanimosity by the retaliation of injuries and insults.” 109„Da er [der Prophet] immer noch von seiner Familieunterstützt wurde, einigten sich die übrigen Angehörigen derQuraiš darauf, alle Kontakte mit den Kindern von HÁšim zu107 Karen Armstrong: MuÎammad, 1992, pp 121-122108 Ibn HišÁm109 Gibbon: Decline and Fall of the Roman Empire, chap. 50163


unterbrechen. Mit ihnen sollte kein Handel stattfinden.Weder sollte jemand einen ihrer Angehörigen heiraten, nochsollten eigene Familienmitglieder mit ihnen verheiratetwerden. Dies sollte so lange gelten, solange sie nicht bereitwaren, MuÎammad (S) der Gerechtigkeit ihrer Götter zuübergeben. Dieses Dekret wurde in der KaÝbah aufgehängt.Die Botschafter der Quraiš verfolgten sogar die geflüchtetenMuslime bis in das Herz von Afrika. Sie belagerten denPropheten <strong>und</strong> seine treuesten Gefährten. Sie schnitten ihnendas Wasser ab. Die gegenseitigen Feindseligkeiten fachten sienoch mehr an durch Vergeltung der Verletzungen <strong>und</strong>Beleidigungen.“Trotz all dieser Gr<strong>aus</strong>amkeiten hat der Prophet niemals währendseiner Zeit in Mekka in Erwägung gezogen, gegen dieses UnrechtGewalt anzuwenden. Stattdessen gab der Prophet seinenAnhängern den Rat, nach Abessinien <strong>aus</strong>zuwandern, dort würdensie wegen ihres <strong>Glaube</strong>ns nicht verfolgt. Die Mekkaner folgten denmuslimischen Flüchtlingen auch nach Abessinien, <strong>und</strong> versuchtenden dortigen König zu überreden, die Muslime an sie<strong>aus</strong>zuliefern. 110 Die Situation wurde so kritisch, dass die Mekkanerbeschlossen, einen Mordanschlag am Propheten MuÎammad (S)zu verüben <strong>und</strong> kreisten zu diesem Zweck sein H<strong>aus</strong> ein. DerProphet musste <strong>aus</strong> seiner Heimatstadt flüchten <strong>und</strong> musste indem zirka 430 Kilometer von Mekka entfernten Ya×rib (heute:Medina) Schutz suchen. Auf dieser Reise wurde er von seinemvertrauten Fre<strong>und</strong> AbÙ Bakr begleitet. Bevor sie Medina erreichenkonnten, mussten sie sich drei Tage in einer Höhle vor ihrenVerfolgern verstecken. Der Prophet lebte von da an nicht mehr inMekka, er war also kein Bürger ihrer Stadt mehr, sondern lebteh<strong>und</strong>erte von Kilometern entfernt in Medina. Doch die Mekkanerließen ihn auch jetzt nicht in Ruhe. Sie bedrohten die Einwohnervon Medina mit einem Angriff, falls sie dem Propheten weiterhinSchutz gewährten. 111 Sie beließen es nicht bei verbalen Drohungen,sondern setzten sie in die Tat um: Trotz der damals üblichenReiseschwierigkeiten marschierten sie mit einem verhältnismäßig110 Ibn HišÁm, s .o Gibbon111 AbÙ DÁÞwÙd, KitÁb u-ËirÁÊ164


mächtigen Heer von T<strong>aus</strong>end Mann vor Medina auf. 112 DieseFakten sprechen für sich: Es ist in dieser Situation unmöglich,dass der Prophet beschlossen hätte, einen Krieg anzufangen. ImGegenteil wurde den Muslimen gelehrt, bei jeder Gelegenheit nacheiner Friedenslösung zu suchen, wie dies auch weiter unten bei derBehandlung der Lehren des Islams zu sehen sein wird. Kurzum,die Kriege wurden dem Propheten aufgezwungen. Ihm bliebnichts anderes übrig, als sich zu verteidigen. Der erste Vers, der indiesem Zusammenhang offenbart wurde, lautet wie folgt:„Erlaubnis (sich zu verteidigen) ist denen gegeben, diebekämpft werden, weil ihnen Unrecht geschah – <strong>und</strong> Allahhat fürwahr die Macht, ihnen zu helfen –, jenen, die schuldlos<strong>aus</strong> ihren Häusern vertrieben wurden, nur weil sie sprachen:„Unser Herr ist Allah.“ Und würde Allah nicht die einenMenschen durch die anderen im Zaum halten, so wärengewiss Klöster <strong>und</strong> Kirchen <strong>und</strong> Synagogen <strong>und</strong> Moscheenniedergerissen worden, worin der Name Allahs oft genanntwird. Allah wird sicherlich dem beistehen, der Ihm beisteht.Allah ist fürwahr allmächtig, gewaltig.“ (22, 40-41).Neben dieser Erlaubnis wurde den Muslimen klargemacht:112 Ibn HišÁm165


„Darum, wenn sie sich von euch fernhalten <strong>und</strong> nicht widereuch kämpfen, sondern euch Frieden bieten: dann hat Allaheuch keinen Weg gegen sie erlaubt.“ (4, 91)„Und kämpfet für Allahs Sache gegen jene, die euchbekämpfen, doch überschreitet das Maß nicht, denn Allahliebt nicht die Maßlosen.“ (2, 191)„Sind sie jedoch zum Frieden geneigt, so sei auch du ihmgeneigt <strong>und</strong> vertraue auf Allah. Wahrlich, Er ist derAllhörende, der Allwissende“ (8, 62)Alle diese Verse zeigen, dass der Prophet in seiner äußersten Notdazu gezwungen wurde, die Waffen einzusetzen, <strong>und</strong> nur zureigenen Verteidigung in die Schlacht zog, als er von seinenVerfolgern angegriffen wurde. Der Auslöser für diesen Angriff warnicht, dass der Prophet ihnen Schaden zugefügt oder etwasweggenommen hätte. Er wurde lediglich deshalb angegriffen, weiler den Einen Gott anbetete <strong>und</strong> andere dazu einlud. DieseSchlacht war also rein defensiver Natur. Gleichzeitig wurden dieMuslime angewiesen, wenn der Feind an irgendeinem Punkt zumFrieden neigt, so müssen sie auch sofort Frieden schließen.Unverhältnismäßige Maßnahmen müssen sie vermeiden.Deswegen hat der Prophet in den Friedensschluss von Íudaibiyaeingewilligt, obwohl dieser für die Muslime eher nachteiligeBedingungen enthielt. Doch er zog einen solchen Frieden demKrieg vor. Einige Fre<strong>und</strong>e des Propheten empfanden den Vertragals eine Schmach. 113Auch bei der eignen Verteidigung mit Waffen wurde denMuslimen befohlen, vielfach Rücksicht zu nehmen: Sie müsstenFrauen, Kinder, Ältere <strong>und</strong> Geistliche bzw. Mönche nicht113 Ibn HišÁm166


ehelligen; einen Menschen oder einen Baum nicht verbrennen;den Feind nicht betrügen 114 . All diese Einschränkungen warendeswegen auferlegt worden, weil es gar nicht die Absicht des Islam<strong>und</strong> des Propheten war, einen Krieg anzufangen. Ihre Absicht wardie eigene Verteidigung. So wurden feindliche Kriegsteilnehmer,welche die Muslime gefangen nehmen konnten, freigelassen,nachdem sie ihnen das Versprechen abgenommen hatten, nichtmehr an einem Krieg gegen die Muslime teilzunehmen. 115Demgegenüber finden wir im Alten Testament an vielen Stellen,dass die biblischen Propheten oft Kriege führten <strong>und</strong> dabeiäußerst gr<strong>aus</strong>am vorgingen. Der ehemalige Präsident von Israel,Chaim Herzog, hat in seinem Buch „Die biblischen Kriege“ diesesThema erschöpfend behandelt. 116 Wenn man sich die Lehre derBibel über den Krieg anschaut, so stockt einem fast der Atem. DieLehre ist so haarsträubend, dass man sich berechtigterweise fragt,ob sie wirklich von Gott stammen kann. Bei Numeri, Kapitel 31liest man, dass Moses befahl, alle Männer von Midian zu töten,<strong>und</strong> auch die Frauen nicht zu verschonen, aber die Jungfrauensollten am Leben gelassen werden 117 . Ihre Städte wurden in Brandgesteckt <strong>und</strong> in Schutt <strong>und</strong> Asche gelegt. Das ist aber erst derAnfang. Als die Menschen, an die die entsprechende Lehreergangen war, größere Macht erlangten, gingen sie noch rabiatervor: 60 Städte eines einzigen Volkes wurden angegriffen <strong>und</strong> inBrand gesteckt, alle Männer, Frauen <strong>und</strong> sogar Kinder wurdengetötet. Der Besitz <strong>und</strong> das Vermögen der Einwohner wurdengeraubt. 118 Doch es kommt noch schlimmer, die Grenze derBlutrünstigkeit ist noch nicht erreicht. Die Bibel lehrte, dass indem Land, das zum Erbe gegeben wurde, nichts am Leben gelassenwerden dürfe, was Odem hat 119 . Selbst Tiere sollten getötet werden.114 Muslim KitÁb al-ÉihÁd, Nr. 3261115 Ibn HišÁm, Çazwah HumraÞ al-asad116 Chaim Herzog, Die biblischen Kriege, Bechtermünz, 2001117 „So bringt nun alles Männliche unter den Kindern um, <strong>und</strong> bringt alleFrauen um, die einen Mann im Beischlaf erkannt haben! Aber alle Kinder <strong>und</strong>alle Mädchen, die den Beischlaf eines Mannes nicht gekannt haben, lasst füreuch am Leben.“ (Numeri 31, 17f.)118 Deuteronomium, Kapitel 3119 Deuteronomium, Kapitel 20, Vers 16167


Sollten Bewohner einer Stadt ihrem Gewissen folgend statt dervon der Bibel gelehrten Religion eine andere für sich wählen, somüssen nicht nur alle Menschen <strong>und</strong> Tiere dieser abtrünnigenStadt getötet werden, sondern alle ihre Güter müssen dem Feuerübergeben werden. 120 Dagegen lehrt der Islam den Muslimen, dasswenn der Feind Frieden anbietet, sie dies nicht <strong>aus</strong> dem Gr<strong>und</strong>ablehnen dürfen, dass jenes Angebot von einem Andersgläubigenkommt. (4, 95) Wenn jemand den Islam aufgibt <strong>und</strong> eine andereReligion wählt, so ist das vollkommen zulässig. Niemand istberechtigt, ihn deswegen zu bestrafen. Über eine etwaigeBestrafung in diesem Falle wird allein Gott entscheiden (4, 138).Der Islam lehrt, die Menschen sollten sich verteidigen, sonstwürden sowohl die Gotteshäuser von Andersgläubigen als auchdie eigenen Moscheen zerstört werden. Dagegen lehrt die Bibel,wenn man ein Volk im Heiligen Land besiegt, so darf man wedermit ihnen einen Friedensvertrag schließen, noch jemanden amLeben lassen, man muss die Gotteshäuser dieses Volkesniederreißen <strong>und</strong> zerstören. (Deuteronomium Kapitel 7)Falls jemand einwenden sollte, dass diese Lehre ursprünglich inder Bibel enthalten sei, aber durch spätere Propheten aufgehobenwurde, so sei zu seiner Zufriedenstellung hier angemerkt, dassauch später bei Samuel 15, 3 <strong>und</strong> Ezechiel 9, 5f. diese Lehrenochmals bekräftigt worden ist. Es wird einzeln aufgezählt, dassMänner, Frauen, Mädchen, selbst Kleinkinder getötet werdensollen <strong>und</strong> keine Barmherzigkeit gezeigt werden darf. Wenn n<strong>und</strong>er Papst darauf entgegnet, dass Jesus Christus diese Lehre fürungültig erklärt habe <strong>und</strong> die Christen nicht an sie glaubten, dannbleibt uns nichts anders übrig als daran zu erinnern, dass es keinVolk mit den Besiegten so bestialisch umgegangen ist wie dieChristen in der Vergangenheit. Wenn immer die Christen die eineNation besiegten, haben sie die größten Gräuel an ihr verübt.Hier wäre es angemessen, einmal das Verhalten der Nachfolger desPropheten MuÎammad (S) mit der Vorgehensweise derStellvertreter Christi zu vergleichen. Über die Besetzung120 Deuteronomium Kapitel 31168


Jerusalems durch die Kreuzritter hat ein Augenzeuge folgendenBericht geschrieben:„Some of our men (and this was more merciful) cut off theheads of their enemies; others shot them with arrows, so thatthey fell from the towers; others tortured them longer bycasting them into the flames. Piles of heads, hands, and feetwere to be seen in the streets of the city. It was necessary topick one's way over the bodies of men and horses. But thesewere small matters compared to what happened at the Templeof Solomon, a place where religious services are ordinarilychanted. What happened there? If I tell the truth, it willexceed your powers of belief. So let it suffice to say this much,at least, that in the Temple and porch of Solomon, men rodein blood up to their knees and bridle reins. Indeed, it was ajust and splendid judgement of God that this place should befilled with the blood of the unbelievers, since it had sufferedso long from their blasphemies. The city was filled withcorpses and blood. 121Übersetzung:„Einige unserer Männer (die barmherziger vorgingen)enthaupteten ihre Feinde. Andere erschossen sie mit Pfeilen,so dass sie von den Türmen fielen. Andere folterten sie länger,indem sie sie in die Flammen warfen. In den Straßen der Stadtkonnte man sehen, wie Köpfe, Hände <strong>und</strong> Füße übereinandergeschichtet herumlagen. Um durchzukommen, war mangezwungen, über die Leichen von Männern <strong>und</strong> Pferden zugehen. Doch dies war gering im Vergleich zu dem, was imTempel von Salomon geschah, ein Ort, wo gewöhnlich Gebetegesungen werden. Was geschah dort? Wenn ich die Wahrheitsage, würdet ihr nicht die Kraft haben, es zu glauben. Esgenügt, wenn ich erwähne, dass man im Tempel <strong>und</strong> in derVorhalle des Salomons im Blut reiten musste, das bis zumKnie <strong>und</strong> Zaumzeug reichte. In der Tat war es eine gerechte121 August. C. Krey, The First Crusade: The Accounts of Eyewitnesses andParticipants, Princeton, 1921, pp. 257-262169


<strong>und</strong> großartige Entscheidung Gottes, dass dieser Platz vomBlut der Ungläubigen gefüllt wurde, da er so lange unter ihrenBlasphemien gelitten hatte. Die Stadt war voller Leichen <strong>und</strong>Blut.“Ein weiterer Augenzeuge schreibt:“In this temple almost ten thousand were killed. Indeed, ifyou had been there you would have seen our feet colored toour ankles with the blood of the slain. But what more shall Irelate? None of them were left alive; neither women norchildren were spared.” 122„In diesem Tempel wurden nahezu Zehnt<strong>aus</strong>ende getötet.Wenn du dort gewesen wärest, so hättest du gesehen, wieunsere Füße bis zu den Knöcheln vom Blut der Erschlagenenrot gefärbt waren. Doch was mehr soll ich erzählen? Keinervon ihnen wurde am Leben gelassen, nicht einmal Frauen <strong>und</strong>Kinder wurden verschont.“Es sei daran erinnert, dass es diese Ereignisse nicht während einespolitischen Krieges stattfanden. Vielmehr wurden diese Feldzügeeigens von den Stellvertretern Christi <strong>aus</strong>gerufen <strong>und</strong> erfreutensich ihrer vollen (ideellen <strong>und</strong> praktischen) Unterstützung.Bedeutende Vertreter dieser Kirchenoberhäupter <strong>und</strong> großereligiöse Führer haben in diesen Kriegen eine zentrale Rollegespielt. Auch bei der Befreiung Andalusiens von den„Ungläubigen“ zeigt sich wiederum das gleiche Bild. Nicht nurwurden Muslime in großer Zahl getötet oder <strong>aus</strong> dem Landeverwiesen, sondern mit päpstlicher Zustimmung wurde dieHeilige spanische Inquisition gegründet. Diese Institution dürftedem Pontifex gut bekannt sein, weil er selbst bis vor seiner Wahlder Leiter der Heiligen Kongregation der Römischen <strong>und</strong>Universalen Inquisition war. Wenn Gott keinen Gefallen am Bluthat – <strong>und</strong> zweifelsohne hat Gott keinen Gefallen am Blut – wasdenkt dann der Papst über die oben geschilderte Geschichte desChristentums?122 Frederick Duncan and August C. Krey, Parallel Source Problems in MedievalHistory, Harper & Brothers, New York, 1912, pp. 109-115170


Dem gegenüberzustellen ist ein Ereignis <strong>aus</strong> der islamischenGeschichte:Während der Zeit des zweiten rechtgeleiteten Kalifen derMuslime, Hazrat ÝUmar (möge Allah an ihm Gefallen finden)eroberten die Muslime Jerusalem (637 n. Chr.). Sie folgten demBeispiel ihres Propheten MuÎammad (S) <strong>und</strong> unterließen es, indem eroberten Land durch Raub fremdes Eigentum an sich zureißen, noch wurde außerhalb der Kriegshandlungen irgendeinMensch angegriffen oder verletzt, geschweige denn ein Blutbadangerichtet. Selbst christliche Autoren bestätigen diese Ereignisse.Aufgr<strong>und</strong> eines Friedensvertrages hatte Hazrat ÝUmar die Stadtohne Anwendung von Gewalt betreten. Im Vertrag versprachHazrat ÝUmar auch, dass Christen ihre Gotteshäuser weiterhinbehalten dürften. Die Geschichtsschreibung hat diesebemerkenswerte Begebenheit folgendermaßen festgehalten:„The simplicity of his journey is more illustrious than theroyal pageants of vanity and oppression. The conqueror ofPersia and Syria was mounted on a red camel, which carried,besides his person, a bag of corn, a bag of dates, a woodendish, and a leathern bottle of water. Wherever he halted, thecompany, without distinction, was invited to partake of hishomely fare, and the repast was consecrated by the prayer andexhortation of the commander of the faithful...After signingthe capitulation, he entered the city without fear orprecaution; and courteously discoursed with the patriarchconcerning its religious antiquities.At the hour of prayer theystood together in the church of the resurrection; but thecaliph refused to perform his devotions, and contentedhimself with praying on the steps of the church ofConstantine. To the patriarch he disclosed his prudent andhonourable motive. "Had I yielded," said Omar, "to yourrequest, the Moslems of a future age would have infringed thetreaty <strong>und</strong>er colour of imitating my example.” 123123 Edward Gibbon: The history of the Decline and Fall of the Roman Empire,Edited by JB Bury, 1906, New York, vol 9, Frank De Fau & Company, chapter 51.171


Übersetzung: “Die Einfachheit, mit der er (ÝUmar) reiste, istherrlicher als die königlichen Festzüge voller Eitelkeit <strong>und</strong>Pomp. Der Eroberer von Persien <strong>und</strong> Syrien ritt auf einemroten Kamel. Dieses trug neben dem Reiter noch eine Taschemit Korn, eine mit Datteln, einen hölzernen Teller <strong>und</strong> einenledernen Wasserschlauch. Wo immer er Rast machte, dürftendie Begleiter ohne Unterscheidung an seinem schlichten Mahlteilnehmen. Die Mahlzeiten wurden durch die Gebete <strong>und</strong>Ermahnungen des Befehlshabers der Gläubigen gesegnet …Nachdem die Kapitulation unterschrieben wurde, betrat er dieStadt ohne Furcht oder Vorsicht <strong>und</strong> unterhielt sich höflichmit dem Patriarchen über seine Reliquien. Als es Zeit zumGebet wurde, standen sie gemeinsam in derAuferstehungskirche. Doch der Kalif lehnte es ab, in derKirche sein Gebet zu verrichten. Er zog es vor, auf denTreppen der Konstantinskirche zu beten. Das weise <strong>und</strong>ehrenvolle Motiv, das sich hinter dieser Entscheidung verbarg,erklärte er dem Patriarchen mit den folgenden Worten: ‚Wäreich Ihrer Bitte nachgekommen, hätten die künftigen Muslimeden Vertrag mit dem Vorwand verletzen können, sie wolltenmeinem Beispiel folgen (<strong>und</strong> die Kirche als ihr Gebetsplatznutzen).’“Selbst die Catholic Encyclopedia akzeptiert, dass die Muslime beider Eroberung von Jerusalem kein Blut vergossen <strong>und</strong> diechristlichen Gotteshäuser nicht angetastet hatten. 1243.2 Vorwurf der Kriege um Geld <strong>und</strong> LandDer zweite Vorwurf besagt, dass der Heilige Prophet Kriegegeführt habe, um Gelder anzuhäufen <strong>und</strong> Länder zu besetzen.Eines ist bereits in der vorangehenden Diskussion gesagt worden.Der Prophet wurde erst nach einer lang andauernden Verfolgung– die in Mekka 13 Jahre lang anhielt – von den Aggressoren124 The Catholic Encyclopedia, Vol. 8 New York 1910, unter Jerusalem172


gezwungen, zur eigenen Verteidigung die Waffen zu erheben. Nununtersuchen wir, inwiefern der Vorwurf von Raubzügen auf dieseAuseinandersetzungen zutrifft. Solche Kriege erfordern, dass derAngreifer mächtiger ist als der Angegriffene. Oder er muss in derLage sein, seine Opfer zu täuschen <strong>und</strong> gleichsam <strong>aus</strong> demHinterhalt anzugreifen. Es ist für einen Vernünftigen nichtakzeptabel, dass jemand, der militärisch <strong>und</strong> anderweitigunterlegen ist, ohne von der Kriegslist Gebrauch zu machen,seinen Opfern praktisch den Angriff ankündigt, mit der Absicht,den Angegriffenen erfolgreich ihr Geld <strong>und</strong> ihre Reichtümer zurauben. Wie war die Situation bei den Kriegen, an denen Muslimeunter der Leitung des Propheten beteiligt waren?Was die Macht der Muslime anbetrifft, so war diese bei allenSchlachten ihren Feinden deutlich unterlegen, z. B. waren sieärmlicher <strong>aus</strong>gestattet. Bei der ersten Schlacht war die Situationder Muslime derart desolat, dass der QurÞÁn dies mit folgendenWorten festhielt:„Und Allah war euch schon bei Badr beigestanden, als ihrschwach waret.“ (3, 124)Dann heißt in Sure 8 Vers 6, dass einige unter ihnen diesem Kriegabgeneigt waren.“ 125 Es gab unter ihnen auch Heuchler, dieeigentlich nicht auf der Seite der Muslime standen. Die Lage derMuslime war so prekär, dass der Prophet zu Gott betete: Wennheute die Muslime eine Niederlage erlitten, so würde der Islam<strong>aus</strong>gerottet werden <strong>und</strong> es wird keinen geben, der Gott anbetete. 126Der Prophet stand an der Spitze eines Heers bestehend <strong>aus</strong> seinen313 Gefährten, die weder <strong>aus</strong>reichend Reittiere hatten, noch übergenügend Nahrung <strong>und</strong> Kleidung verfügten. Die Gegner warenetwa 1000 an Zahl <strong>und</strong> weit<strong>aus</strong> besser mit Waffen <strong>und</strong> Reittieren<strong>aus</strong>gerüstet. An der zweiten Schlacht, die zwischen den Muslimen<strong>und</strong> Mekkanern stattfand, nahmen 700 auf Seiten der Muslime125 Nicht nur waren die Muslime zahlenmäßig unterlegen, es gab auch einige unter ihnen,die nicht ins Feld ziehen wollten.126 Muslim کتاب السير و الجهاد kitÁb as-sÐr wal-ºihÁd173


teil, während ihre Gegner ein Heer von 3000 Männern aufbietenkonnten. Den Muslimen wurde bei dieser Schlacht großerSchaden zugefügt, selbst der Prophet (s) wurde schwer verletzt. 127Bei der dritten großen Schlacht waren die Muslime nicht einmalin der Lage, dem Feind auf dem Kriegsfeld offengegenüberzutreten. Deswegen hoben sie einen Wehrgraben <strong>aus</strong>,um so den Feind vom direkten Sturmangriff auf Medinaabzuhalten. Im Heer der Mekkanner gab es etwa 10.000 Krieger 128 .Die Zahl der Muslime betrug alles in allem 3000. Bei dieserBelagerung von Medina erging es den Muslimen nach den Wortendes QurÞÁn wie folgt:„Da sie über euch kamen von oben her <strong>und</strong> von unten her,<strong>und</strong> da (eure) Blicke wild waren <strong>und</strong> die Herzen in die Kehlenstiegen <strong>und</strong> ihr verschiedene Gedanken hegtet über Allah.“(33, 11f.).Gen<strong>aus</strong>o war das Kräfteverhältnis zwischen den Muslimen <strong>und</strong>ihren Gegnern, als die Muslime im achten Jahr nach der HiÊrÁzur letzten großen Schlacht im Leben des Propheten <strong>aus</strong>zogen.Darüber findet sich folgende Anmerkung im QurÞÁn:„…<strong>und</strong> die Erde, in ihrer Weite, wurde euch eng; da wandtet ihreuch zur Flucht.“ (9, 25f.)Muslime waren also ihren Gegnern in allen Schlachten in Bezugauf Zahl <strong>und</strong> Ausstattung unterlegen. Aufgr<strong>und</strong> dieserhistorischen Tatsachen kann niemals angenommen werden, dass127 Ibn HišÁm128 Ibid.174


die Muslime in diese Schlachten gezogen seien, um ihren GegnernGeld <strong>und</strong> Reichtum wegzunehmen. Von solcherlei Feldzügenkann hier keine Rede sein, denn es war den Muslimen in einigenFällen nicht möglich, selbst ihr eigenes Eigentum vor derAusraubung durch die Feinde zu bewahren.Nun muss die Frage untersucht werden, ob die Muslime durchTäuschung ihre Feinde <strong>aus</strong>raubten. So sei dazu auf den folgendenVers des QurÞÁn hingewiesen, der insbesondere imZusammenhang mit bewaffneten Auseinandersetzungen lehrt:„Und kämpfet für Allahs Sache gegen jene, die euchbekämpfen, doch überschreitet das Maß nicht, denn Allahliebt nicht die Maßlosen.“ (2, 191).Den Muslimen war es von vornherein verboten, gegen den Feindmaßlos oder betrügerisch zu handeln. 129 Darüber hin<strong>aus</strong> war denMuslimen befohlen worden, niemals <strong>aus</strong> dem Hinterhaltanzugreifen, wie es die Räuber tun, sondern den Tagesanbruchabzuwarten. 130 Sie dürften auch nicht ohne Ankündigung eineSchlacht beginnen, sondern müssen sie bekannt geben <strong>und</strong> denFeind erst zum Frieden einladen. (Muslim kitab ul-ÉihÁd …).Diese historischen Belege zeigen, dass es sich bei diesenSchlachten der Muslime nicht um etwaige Raubzüge handelte. ImÜbrigen hatte der Prophet MuÎammad (S) seinen Anhängerneindeutig verboten, wegen Geld oder anderer materiellerInteressen in die Schlacht zu ziehen:129 Muslim کتاب السير و الجهاد kitÁb as-sÐr wal-ºihÁd130 SaÎÐÎ al-BuÌÁrÐ, kitÁb-ul-ÁzÁn175


„O die ihr glaubt, wenn ihr <strong>aus</strong>zieht auf Allahs Weg, so stellterst gehörig Nachforschung an <strong>und</strong> sagt nicht zu jedem, dereuch den Frieden bietet: „Du bist kein Gläubiger.“ Ihr trachtetnach den Gütern des irdischen Lebens doch bei Allah ist desGuten Fülle.“ (4, 95).Dieser Vers besagt, dass man ein Friedensangebot nicht deshalbablehnen darf, weil man durch den Krieg erhofft, weltliche Güteranzuhäufen. Was Kriegsgefangene angeht, so lehrt der QurÞÁn:„Einem Propheten geziemt es nicht, Gefangene zu machen,ehe er sich auf kriegerischen Kampf einlassen muss im Land.“(8, 68)Es ist also nicht gestattet, unbeteiligte Angehörige dergegnerischen Gruppe gefangen zu nehmen. Gefangennahme istnur bei regulären Schlachten erlaubt, <strong>und</strong> gefangen werdenkönnen nur die Kriegsteilnehmer. Über die Behandlung dieserGefangenen schärft der QurÞÁn den Muslimen ein:„Hernach dann entweder Gnade oder Lösegeld, bis der Kriegseine Waffen niederlegt“ (47,5).Das heißt, solche Kriegsgefangenen können entweder <strong>aus</strong> Gnadein die Freiheit entlassen werden, oder es ist auch erlaubt, vonihnen ein Lösegeld zu verlangen. Dieses ist eine Strafe dafür, dasssie sich an einem Krieg gegen die Muslime beteiligt haben.Kurzum, der Islam erlaubt es nicht, einem freien Mann einfachohne Berechtigung die Freiheit zu rauben. Diese Maßnahme istnur gegen Kriegsteilnehmer zulässig.Der Islam legt also großen Wert darauf, dass die Muslime beiihren bewaffneten Auseinandersetzungen nicht anSelbstbereicherung denken. So sagte der Prophet, wenn einer, deran einer Schlacht teilgenommen habe, dadurch zu Geld oderReichtum komme, so werde er von Gott nur ein Drittel an Lohn176


ekommen <strong>und</strong> wenn er im Krieg an keine Gelder komme, sowerde er von Gott den vollen Lohn erhalten. 131 Wer für Geld oderRuhm in die Schlacht ziehe, werde keine Belohnung von Gottempfangen. 132 Auch wurde gesagt, wenn jemand im Gr<strong>und</strong>e fürGott kämpfe, aber im Hinterkopf ein wenig Wunsch nach Geldhabe, dem werde überhaupt keinen Lohn zuteil werden. 133Es wird überliefert, dass der Prophet mit seinen Gefährten aufeiner Reise war. Der Karawane ging der Vorrat zur Neige. Daraufhaben einige Begleiter irgendwo ein paar Ziegen gefangen <strong>und</strong>geschlachtet. Als der Prophet davon erfuhr, warf er die Töpfe, indenen das Fleisch zubereitet wurde, um <strong>und</strong> sagte: „Geraubtes zuverzehren ist gen<strong>aus</strong>o übel wie von einem Kadaver zu essen.“ DerProphet sagte auch, dass derjenige, der Raub <strong>und</strong> Diebstahlbegeht, nicht einer von uns, d.h. von den Muslimen ist. 134Aus den oben zitierten QurÞÁn-Versen <strong>und</strong> Überlieferungen wirdersichtlich, dass die Muslime zum einen gar nicht die Krafthatten, Raubzüge durchzuführen, noch dürften sie <strong>aus</strong> demHinterhalt, durch Betrug, oder durch Ausnutzung einerUnachtsamkeit des Feindes o. ä. das Geld oder Vermögen desFeindes an sich reißen. Sie dürften sich an keiner dieserHandlungen beteiligen. Wie kann man den Muslimen etwaRaubzüge zuschreiben, wenn es sogar absolut verboten war,einpaar Schlachttiere zu fangen.Sollte nun jemand annehmen, dass im Falle des Siegs Männer,Frauen, Alte, Mädchen <strong>und</strong> Kinder zu massakrieren <strong>und</strong> auch ihrVieh zu töten <strong>und</strong> ihre Besitztümer zu verbrennen (Dtn, 20, 16 u.13) eine bessere Lehre darstelle als die oben beschriebene Lehre desIslam, dann bleibt einem nichts anders übrig als über so vielUnvernunft Tränen zu vergießen. Wer einen vorurteilsfreien Blickauf die zwei Lehren wirft, die den Krieg betreffen, so wird ersicherlich in keiner Weise gegen das Vorgehen des Propheten131 Muslim kitÁb al-amÁra132 SaÎÐÎ al-BuÌÁrÐ, KitÁb ul- FarÃ133 AbÙ DÁÞwÙd kitÁb ul-ÉihÁd134 TirmiÆÐ KitÁb al-SÐr177


etwas einzuwenden haben. Aber wir können für die weitverbreiteten Missverständnisse über den Islam keineswegs deneinfachen Menschen einen Vorwurf machen. Die eigeneGeschichte des Christentums <strong>und</strong> des Abendlandes ist so voll vonRaubzügen, Versklavung anderer Völker <strong>und</strong> aggressiven Kriegen,dass sie anscheinend gar nicht glauben können, dass bisweilenauch unterdrückte <strong>und</strong> verfolgte Menschen <strong>aus</strong> Notwehr zu denWaffen greifen müssen.3.3 Vorwurf der Zwangsanwendung in derReligionBei den Vorwürfen der dritten Kategorie geht es um vermeintlicheGewaltanwendung durch den Propheten, um die eigene<strong>Glaube</strong>nslehre zu verbreiten <strong>und</strong> andere zur Annahme des Islamzu zwingen. Dieser Vorwurf beruht auf einem noch größerenFehler als die zwei oben erwähnten Einwände gegen die Person desHeiligen Propheten des Islam. Wir haben bereits <strong>aus</strong>führlich dieBedingungen dargelegt, unter denen dem Propheten <strong>und</strong> seinenAnhängern erlaubt worden war, sich auch mit Waffen zuverteidigen. Zudem haben wir detailliert über die Lage derdamaligen Muslime berichtet. Sie waren in der Unterzahl <strong>und</strong>dürftig mit Kriegsgerät <strong>aus</strong>gestattet. Unter diesen Umständenscheint die Behauptung abwegig, der Prophet hätte Kriegeangezettelt, um andere zur Annahme seiner Religion zu zwingen.Doch neben diesen äußeren Anhaltspunkten gibt es vor alleminhaltliche Gründe, um die Behauptung der Zwangsanwendungzu widerlegen. Denn der QurÞÁn, das heilige Buch der Muslime<strong>und</strong> zugleich die älteste Quelle über ihr Leben <strong>und</strong> Wirken imfrühen Islam, lehnt es kategorisch ab, jemanden zwangsweise zumIslam zu führen. Überdies zeigt auch die Biographie desPropheten selbst, dass er niemals diesbezüglich Zwang angewandthatte. Der Einwand des Papstes, der Islam habe in der Periode derMachtlosigkeit eine andere Lehre vertreten, als in der Zeit, da erüber Macht <strong>und</strong> Herrschaft verfügte, ist bereits im Kapitel 2dieses Buches in allen Einzelheiten besprochen <strong>und</strong> entkräftet178


worden. Darauf soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden.Wir wenden uns der Frage zu, was der Prophet in Bezug auf denZwang in <strong>Glaube</strong>ndingen gelehrt hat. Hat der Prophet je einenMenschen dazu genötigt, den Islam anzunehmen? Ferner: Wassagen die historischen Quellen dazu?Die islamische Lehre über die Religionsfreiheit ist so bekannt,dass selbst der Papst, der allem Anschein nach kein tiefes Wissenüber den Islam besitzt, die Stelle des QurÞÁn kennt, wo es heißt:„Es gibt keinen Zwang im <strong>Glaube</strong>n.“ Doch der QurÞÁn bleibtnicht nur bei dieser einzigen Aussage. In 18, 30 lesen wir:Und:„…lass den gläubig sein, der will, <strong>und</strong> den ungläubig sein, derwill.“„Euch euer <strong>Glaube</strong>, mir mein <strong>Glaube</strong>.“ (Sura 109).Darüber hin<strong>aus</strong> ist vom QurÞÁn verkündet worden, dass auchAndersgläubige, wenn sie ihrer <strong>Glaube</strong>nslehre treu <strong>und</strong> aufrichtigfolgen, ihren Lohn von Gott empfangen werden.„Jene, die geglaubt haben, <strong>und</strong> die Juden <strong>und</strong> die Sabäer <strong>und</strong>die Christen – wer da an Allah glaubt <strong>und</strong> an den JüngstenTag <strong>und</strong> gute Werke tut –, keine Furcht soll über sie kommen,noch sollen sie trauern.“ (5, 70)179


In diesem Vers wird jenen Angehörigen anderer Religionen, dievon der Botschaft des Islam keine Kenntnis haben, verheißen,dass wenn sie an Gott <strong>und</strong> an das Jüngste Gericht glauben, siekeinen Gr<strong>und</strong> zu Furcht <strong>und</strong> Trauer haben.“Angesichts dieser Lehre im QurÞÁn ist der Vorwurf, der Prophethätte Kriege geführt, um anderen seine Lehre aufzuzwingen, nichtnur bloß ein Verstoß gegen den Anstand, sondern er ist eine großeUngerechtigkeit gegen den Stifter des Islam.Nun schauen wir uns an, wie das Beispiel des Propheten selbst indieser Beziehung war. Die überwiegende Zeit seines Lebensverbrachte der Prophet in Mekka. Dort kann die Anwendung vonZwang gegen andere gänzlich <strong>aus</strong>geschlossen werden. Denn derProphet <strong>und</strong> seine Anhänger waren dort brutalster Verfolgung<strong>aus</strong>gesetzt. Auch Gegner des Islam sind sich darin einig, dass derProphet während der mekkanischen Periode selbst ein Opfer vonGewalt <strong>und</strong> Verfolgung war <strong>und</strong> deswegen etwaigeZwangsmaßnahmen durch den Propheten selbst gar nicht in Fragekommen können. Sobald der Prophet nach Medina <strong>aus</strong>wanderte<strong>und</strong> dort ankam, wurde er als Oberhaupt des Stadtstaatsanerkannt. In Medina lebten damals sowohl Juden als auchPolytheisten. Alle Historiker sind darin einig, dass kein einzigerAngehöriger dieser beiden nicht-islamischen Gruppen jemalszwangsweise zum Islam bekehrt wurde. Beispielsweise haben nichteinmal die schärfsten Feinde des Islam behauptet, die Juden inMedina seien zur Annahme des Islams genötigt worden. Gen<strong>aus</strong>overhält es sich mit den arabischen Polytheisten von Medina.Wenn also der Prophet niemanden in Medina, wo er Macht <strong>und</strong>Regierungsbefugnis hatte, gewaltsam zum Islam konvertierte, wiekönnte er es anderswo getan haben?Nun kann jemand behaupten, der Prophet habe in seiner letztenLebensphase, als er Herrscher über die arabische Halbinsel war,von Zwangsmaßnahmen Gebrach gemacht. Zunächst einmal istdieser Einwand absurd, denn wenn der Prophet es nicht tat, als erin Medina die Macht dazu hatte, weshalb sollte er es dann tun,wenn er uneingeschränkter Herrscher Arabiens geworden war.Überdies wissen wir Genaueres über die Vorgehensweise des180


Propheten MuÎammad (S) zu dem Zeitpunkt, als Mekka an dieMuslime fiel. Dort war der Prophet zusammen mit etwazehnt<strong>aus</strong>end Anhängern in seine Geburtsstadt zurückgekehrt, <strong>und</strong>zwar völlig gewaltfrei <strong>und</strong> friedlich, ohne dass es zu einerKampfhandlung oder Blutvergießen gekommen wäre. 135 Andiesem Tag ließ der Prophet bekannt geben: Wer seine H<strong>aus</strong>türeschließt oder die Waffen niederlegt, ist in Sicherheit. 136 DerProphet nötigte dabei niemanden dazu, seinen alten <strong>Glaube</strong>naufzugeben <strong>und</strong> dem Islam beizutreten. Vielmehr erlaubte erseinen Widersachern, in ihrer Stadt zu bleiben <strong>und</strong> an ihremtradierten <strong>Glaube</strong>n festzuhalten. Schließlich verdient ein weitererAspekt Beachtung: Die Schlachten gegen die Muslime wurden vonden Mekkanern geführt, die mit den Muslimen verwandt waren.Ist es überhaupt einleuchtend, dass die Muslime gegen ihrenächsten Verwandten wie Eltern, Brüder, Onkels usw. Kriegegeführt hätten, um sie zur Annahme ihrer eigenen Religion zuzwingen?Auch die Tatsachen <strong>aus</strong> den Lebensgeschichten der Gefährten desPropheten sprechen eine andere Sprache: Diese haben wegen ihrerTreue zum Islam <strong>und</strong> dem Propheten große Gr<strong>aus</strong>amkeiten durchdie Hände der eigenen Verwandten erduldet <strong>und</strong> ihre Heimatverlassen müssen. Wenn ihnen der Beitritt zum Islamaufgezwungen worden wäre, so könnte es unmöglich sein, dass siederartige Verfolgung im Namen des Islams mit solcher Tapferkeitertragen hätten, vielmehr hätten sie dem Islam bei ersterGelegenheit den Rücken gekehrt. Falls nun jemand hiereinwendet, dass die ersten Muslime <strong>aus</strong> freien Stücken geglaubthätten, <strong>und</strong> später sei Zwang angewandt worden. So sei diesemgeantwortet, dass ein Meilenstein in der islamischen Geschichte,nämlich der Friedensvertrag von Íudaibiya, diese Vermutungwiderlegt. Zu den Bedingungen dieses Vertrages gehörte es, wennjemand <strong>aus</strong> den Reihen der Muslime den Islam aufgibt <strong>und</strong> sichden Mekkanern anschließt, so werde er nicht daran gehindert,noch werde er an die Muslime übergeben. Wenn umgekehrt ein135 Daran sei erinnert, dass die überwiegende Mehrheit der Einwohner vonMekka damals nicht an den Islam glaubte, sondern ihrer polytheistischenKultreligion anhing.136 Muslim, KitÁb ul-ÉihÁd181


Mekkaner den Islam annimmt <strong>und</strong> <strong>aus</strong>wandern möchte, somüsste er nach Mekka zurückkehren. 137Dieser Vertrag wurde im Jahre 6 der HiÊrÁ geschlossen. Dochfinden wir in der Geschichte keine einzige Person, die von dieserKl<strong>aus</strong>el im Vertragstext Gebrauch machte, <strong>und</strong> den Islamverlassen <strong>und</strong> den alten <strong>Glaube</strong>n angenommen hätte. Hier erhebtsich nun die Frage, was mit den Menschen, die angeblich zum<strong>Glaube</strong>n gezwungen worden wären, geschehen ist. Es sei auchdaran erinnert: Der Vertrag von Íudaibiya wurde erst 19 Jahrenach der Berufung des Propheten geschlossen. Danach lebte derProphet nur vier weitere Jahre. Dieser Umstand beweist, dass biszum Vertrag von Íudaibiya keine einzige Person zum <strong>Glaube</strong>n anden Islam gezwungen wurde (sonst wären sie nach Abschlussdieses Vertrags <strong>aus</strong>getreten <strong>und</strong> zu den Mekkanern übergelaufen.)Vor dem Vertrag war die Zahl der Muslime relativ gering. Dochnach dem Vertrag stieg ihre Zahl rapide an. Und dies ungeachtetder Tatsache, dass dem Vertrag zufolge jemand, der dem Islambeitrat, an die Mekkaner <strong>aus</strong>geliefert werden müsste <strong>und</strong> er ihremWillkür <strong>aus</strong>gesetzt sein würde. Laut Ibn HišÁm betrug die Zahlder Muslime zum Zeitpunkt des Vertrags von Íudaibiya 4100.Etwa 3 Jahre später, als Mekka an die Muslime fiel, waren sie10.000 an Zahl. Aus diesen Fakten kann man schließen, dass derIslam nicht während der Kriegszeit verbreitet wurde, sondern inder Friedensperiode, die nach dem genanten Vertrag angebrochenwar. Denn in dieser friedlichen Atmosphäre konnte die Botschaftdes Islam viel wirkungsvoller vermittelt <strong>und</strong> verkündet werden.Der Prophet sandte Delegationen an verschiedene arabischeStämme, die diese friedlich zum Eintritt in den Islam einluden.So wurden auch Gesandtschaften nach Abessinien, Ägypten,Persien <strong>und</strong> in das byzantinische Reich geschickt 138 . DieseSichtweise wird belegt durch die Fakten über die Verbreitung desIslams zur der Zeit des Propheten MuÎammad (S).Was nun das Alte Testament betrifft, so ist es gar nicht nötig, überseine Lehren zu reden, denn darin wird sogar gefordert, nicht nur137 BuÌÁrÐ, KitÁb al-MaÈÁzi138 Ibn HišÁm182


Menschen anderen <strong>Glaube</strong>ns, sondern auch deren Tiere <strong>und</strong> Hab<strong>und</strong> Gut zu vernichten (wie oben <strong>aus</strong>führlich besprochen). Dochwie verhält sich das Christentum in dieser Beziehung? EineUntersuchung im Hinblick auf diese Frage wäre sicherlich sehrinteressant. Ein Vorgänger des Benedikts XVI., Stellvertreter Jesuauf Erden, Papst Innozenz III. hatte nicht nur gegen die Muslimeden dritten Kreuzzug <strong>aus</strong>gerufen; sondern hatte auch gegen seineeigenen <strong>Glaube</strong>nsbrüder wegen bestimmter Differenzen Kriegegeführt. Sein Albigenserkreuzzug ist wegen seiner Brutalitätbesonders berüchtigt. Papst Innozenz III. vertrat die Ansicht, dasses erlaubt sei, in religiösen Fragen Zwang anzuwenden, <strong>und</strong> wennjemand gewaltsam zum Christentum bekehrt werde, dann:„...[He] does receive the impress of Christianity and may beforced to observe the Christian Faith as one who expressed aconditional willingness though, absolutely speaking, he wasunwilling. . . . [For] the grace of Baptism had been received,and they had been anointed with the sacred oil, and hadparticipated in the body of the Lord, they might properly beforced to hold to the faith which they had accepted perforce,lest the name of the Lord be blasphemed, and lest they holdin contempt and consider vile the faith they had joined.” 139„…er empfängt die Prägung des Christentums <strong>und</strong> kann dazugezwungen werden, den christlichen <strong>Glaube</strong>n zu befolgen, wieeiner, der zwar bedingt eingewilligt hat, in Wirklichkeit abernicht bereit ist [das Christentum anzunehmen] … Denn dieGnade der Taufe wurde empfangen, <strong>und</strong> sie sind gesalbt mitdem heiligen Öl, <strong>und</strong> haben Anteil am Leibe des Herrnerhalten, sie können regelrecht dazu gezwungen werden, andem <strong>Glaube</strong>n festzuhalten, den sie zuvor unter Zwangangenommen haben, damit der Name des Herrn nichtentweiht werde, <strong>und</strong> sie den <strong>Glaube</strong>n, dem sie beigetretensind, nicht verachten <strong>und</strong> für nutzlos halten.“139 Grayzel, Solomon, The Church and the Jews in the Thirteenth Century, NewYork: Hermon, 1966, p. 103183


Man sollte bedenken, dass hier kein gewöhnlicher Christ spricht,noch ein weltlicher Herrscher, sondern der Stellvertreter Christiauf Erden. Er wird von der Catholic Encyclopedia als ein großerPapst gefeiert. Wenn nun heute Benedikt XVI. eine andereAuffassung hat, dann steht sie im Widerspruch zur Meinungvergangener Päpste. Wir sind gezwungen zu sagen, dass solange dieKirche Macht hatte, sie nicht nur erlaubt hat, andere mit Zwangzum Christentum zu bekehren, mehr noch, dieKirchenoberhäupter haben die Christen mit Nachdruck dazuaufgefordert, dieses zu tun. Doch der heutige Papst wird es wohlnie wagen, ein solches Gebot zu erlassen, vielmehr muss er heutedas oben erwähnte Kapitel der Geschichte jener Einrichtung, derer heute vorsteht, vertuschen. Deshalb schließt er hier <strong>aus</strong> dereigenen Geschichte auf den Islam, um sich so als Vertreter derReligionsfreiheit zu profilieren.In dieser Beziehung ist es interessant zu wissen, wie der berühmtedeutsche Philosoph Kurt Flasch die Vorlesung Benediktskommentiert:„Der Papst lehrt, der <strong>Glaube</strong> sei eine Sache der Seele; aber vielechristliche Denker, von Augustinus an bis ins hohe 19.Jahrh<strong>und</strong>ert, haben diesen Gedanken zwar wiederholt, aberdann hinzugefügt: Gewiss beruhe der <strong>Glaube</strong> auf freierZustimmung, doch seien die Menschen so in Sünden <strong>und</strong>schlechten Gewohnheiten befangen, dass wir sie mitkörperlicher, auch militärischer Gewalt dar<strong>aus</strong> befreienmüssen, damit sie danach frei zustimmen. Augustinusbeschreibt jubelnd, wie christliche Abweichler, in die Kirchezurückgetrieben von Soldaten, die er gerufen hatte, derVorsehung gedankt hätten. Denn durch Schrecken erzogen,seien sie nun ihren Irrtum los. Thomas Aquinas lehrtenämlich: Wer den christlichen <strong>Glaube</strong>n verlässt, ist des Todesschuldig … Nachdem die Kirche im Westen Polizei <strong>und</strong>Militär nicht mehr befehligen kann, lobt sie die184


Religionsfreiheit, die sie noch im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert feierlichverworfen hat.“ 140Nun, die Verbreitung des Christentums mit dem Schwert wurdenicht nur durch die Päpste vorangetrieben. Auch Kaiser <strong>und</strong>Könige, die heute als „Groß“ tituliert werden <strong>und</strong> als getreueDiener des Christentums galten, haben sich ständig darumbemüht, das Christentum durch Gewalt zu verbreiten. Karl derGroße (768-814) führte blutige Kriege, um die Deutschen in dasChristentum zu führen. Dabei wurden T<strong>aus</strong>ende von Sachsengetötet. Als die Sachsen kapitulierten, wurde unter anderem dieBedingung festgelegt, jeder deutsche Heide, der an seinem Kultfesthalte <strong>und</strong> nicht in seine Taufe einwillige, müsse getötetwerden. 141Nicht nur wurden Menschen gezwungen, an das Christentum zuglauben. Vielmehr wurde auch ihr <strong>Glaube</strong> angezweifelt. So hat derPapst Innozenz IV. den Inquisitoren 1252 offen die Erlaubniserteilt, den Ketzern unter Folter Geständnisse abzupressen <strong>und</strong> siezur Preisgabe der Namen ihrer Mitstreiter zu zwingen. Nach derRückeroberung von Spanien durch die Christen wurden diedortigen Juden <strong>und</strong> Muslime mit äußerster Gr<strong>aus</strong>amkeit <strong>und</strong>Bestialität behandelt, einige unter ihnen konnten die Gräuel derKirche nicht ertragen <strong>und</strong> waren deswegen zum Christentumkonvertiert. Um sich ein Bild des Unrechts machen zu können,soll nur die Angabe genügen, dass in der Zeit des GroßinquisitorsTorquemada (1478-1498) nach Schätzungen ca. 8800 Menschen beilebendigem Leibe verbrannt wurden. Die Gr<strong>aus</strong>amkeiten inSpanien begannen nach <strong>aus</strong>drücklicher Anweisung des PapstsSixtus IV. vom 1. November 1478. Die einflussreichen <strong>und</strong> hohenMönche der Kirche überwachten die Einhaltung des Befehls. 142Der Autor Shaff schreibt über die Beteiligung der Kirche an denGräueltaten:140 Kurt Flasch: Berliner Zeitung 22.09.2006, Feuilleton, Seite 31141 Capitulatio de partibus Saxoniae142 P. Shaff, History of the Christian Church, 1882, vol. 4, S. 217ff.185


„… the Roman church unfortunately gave the sanction of herhighest authority to the use of the torture... The fourthLateran Council (1215) inspired the horrible crusades againstthe Albigenses and Waldenses, and the establishment of theinfamous ecclesiastico-political courts of Inquisition. Thesecourts fo<strong>und</strong> the torture the most effective means ofpunishing and exterminating heresy, and invented new formsof refined cruelty worse than those of the persecutors ofheathen Rom”. 143„Unglücklicherweise wurde die Folter durch die höchstekirchliche Stelle erlaubt… Das Vierte Laterankonzil (1215) gabAnstoß zu schrecklichen Kreuzzügen gegen die Albigenser<strong>und</strong> Waldenser, zur Gründung der berüchtigtenkirchenpolitischen Gerichte der Inquisition. Als ein äußersteffektives Mittel zur Bestrafung <strong>und</strong> Ausmerzung der Häresiesetzten diese Gerichte die Folter ein. Sie erfanden raffinierteFoltermethoden, die schlimmer waren als jene, die dieheidnischen Verfolger in Rom einsetzten.“Welcher Art waren die raffinierten Foltermethoden <strong>und</strong> welcheInnovation die Kirche in dieser Beziehung brachte, ist daran zusehen, dass die Kirchenoberen die heidnischen Vorstellungen deralten Europäer übernahmen, um sie zur Taufe zu bewegen. Sowollte die Kirche beispielsweise dadurch ihre Urteile fällen, dassder Priester verschiedene Gebete spricht <strong>und</strong> dann einen Eisenstabim Feuer heiß werden lässt; schließlich soll er folgendermaßenvorgehen:„Then the priest shall sprinkle holy water above the iron andshall say: "The blessing of God the Father, the Son, and theHoly Ghost descend upon this iron for the discerning of theright judgment of God." And straightway the accused shallcarry the iron to a distance of nine feet. Finally his hand shallbe covered <strong>und</strong>er seal for three days, and if festering blood befo<strong>und</strong> in the track of the iron, he shall be judged guilty. But143Ibid, vol. 4, pp 216186


if, however, he shall go forth uninjured, praise shall berendered to God. 144„Der Priest soll Weihwasser auf das Eisen sprenkeln <strong>und</strong>sagen: Der Segen des Vaters, des Sohns <strong>und</strong> des HeiligenGeistes soll niederkommen auf dieses Eisen, auf dass derrichtige Spruch Gottes erkannt werde.“ Sofort soll derAngeklagte das Eisen nehmen <strong>und</strong> auf einer Strecke von neunFuß gehen. Danach sollen seine Hände für drei Tage versiegeltwerden. Wenn in der Spur, die das Eisen in seiner Handhinterlassen hat, eitriges Blut gesehen wird, so ist er schuldigzu sprechen. Doch wenn er unverletzt bleibt, so soll Gotteslobgesprochen werden.“Das ist die unrühmliche Rolle, die die Kirche bei der Verbreitungdes Christentums spielte.Ein großer Beweis hingegen für die friedliche Verbreitung desIslam liegt in der Tatsache, dass Indonesien, das größtemuslimische Land heute, wo 190 Millionen Muslime leben, nie ineiner militärischen Auseinandersetzung mit einer islamischenMacht verwickelt war. Auch in China gibt es heute Millionen vonMuslimen. Aber es ist eine historische Tatsache, dass die Muslimeniemals militärisch gegen China vorgegangen sind. Solange dieMuslime in Spanien herrschten, war diese Zivilisation für diedamalige Zeit die fortschrittlichste gewesen <strong>und</strong> für viele warendiese Jahrh<strong>und</strong>erte des Islams in Spanien ein goldenes Zeitalter,nicht zuletzt für die Juden, die dort Zuflucht vor ihrenchristlichen Peinigern fanden. In Indien haben die Muslime vieleH<strong>und</strong>ert Jahre regiert. Doch die große Mehrheit dieses Landes istbis heute hinduistisch. Wie ist das möglich, wenn der Islamangeblich gelehrt hat, dass Andersgläubige zwangskonvertiertwerden sollen. Bereits zu Beginn der islamischen Geschichtewurde Ägypten ein Teil des Islamischen Reiches. Im Christentumhat die koptische Kirche von Ägypten immer eine bedeutendeRolle gespielt. Wenn der Islam (wie vom Papst angedeutet)144 F. Henderson, Select Historical Documents of the Middle Ages, London,George Bell and Sons, 1910, pp. 314f187


Zwangskonvertierung lehrt, warum konnten dann die Koptenunter <strong>islamischer</strong> Herrschaft ihren <strong>Glaube</strong>n behalten, warumwurden sie nicht zwangskonvertiert? Kurzum, die Vorwürfeberuhen auf religiösem Vorurteil <strong>und</strong> werden durch historischeFakten widerlegt.3.4 Die Zweite Ankunft des VerheißenenMessiasDer Gründer der <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat, der in der heutigenZeit von Gott dazu beauftragt wurde, die wahren Lehren des Islamwiederzubeleben <strong>und</strong> vorzuleben, schreibt in diesemZusammenhang:„Ich ermahne euch, dass ihr Übeltaten meiden <strong>und</strong> wahreBarmherzigkeit mit den Mitmenschen an den Tag legen sollt.Reinigt eure Herzen von Groll <strong>und</strong> Argwohn. Dadurch werdetihr zu engelsgleichen Menschen werden. Wie unrein <strong>und</strong>unheilig ist eine Religion, in der die Barmherzigkeit zu denMenschen nicht gelehrt wird. Wie unrein ist der Weg, der vollist mit den Dornen egoistischer Vorurteile. Ihr, die ihr mitmir seid: ihr sollt nicht so handeln… Schaut, ich bin miteinem Gebot zu euch gekommen, das lautet, dass der ÉihÁdmit dem Schwert nicht mehr geführt werden soll, doch derÉihÁd der Läuterung der eigenen Seele soll weiterhinfortgeführt werden. Ich habe dies nicht von mir <strong>aus</strong> gesagt,sondern das ist der Wille Gottes… Deswegen befehle ichjenen, die zu meiner Heerschar gehören, dass sie von diesenGedanken Abstand nehmen. Sie sollen ihre Herzen reinigen<strong>und</strong> in ihrer menschlichen Barmherzigkeit zunehmen, <strong>und</strong>Mitleid mit jenen haben, die leiden, <strong>und</strong> Versöhnung in derWelt verbreiten. Denn dadurch wird ihre Religion weiteVerbreitung finden.“ 145An anderer Stelle schreibt der Verheißene Messias (A):145 Government Angrezi aur ÉihÁd, RuhÁni ËazÁÞin, Band 17, S. 14f.188


„Der Verheißene Messias (A) ist in die Welt gekommen, umdie Vorstellung, dass Gewalt im Namen der Religion erlaubtsei, <strong>aus</strong> der Welt zu schaffen. Der Islam bedarf zu seinerVerbreitung keineswegs des Schwertes. Vielmehr wird er sichverbreiten durch seine Vorzüge, Wahrheiten <strong>und</strong> Weisheiten,Argumente <strong>und</strong> Beweise, durch lebendige Zeichen derUnterstützung durch Gott, <strong>und</strong> durch seine eigeneAnziehungskraft. Deswegen sollten alle, die dem Islamunterstellen, er sei durch Schwert verbreitet worden, wissen,dass ihre Unterstellungen unwahr sind… Nunmehr hat Gottbeschlossen, dass Er die heilige Religion des Islam vor denEinwänden beschütze, die Menschen mit übler Gesinnunggegen den Islam erhoben haben. Diejenigen, die behaupten,der Islam sei mit dem Schwert verbreitet worden, werden sichbald schämen müssen.“ 146146 Malfuzat, Band 3, S. 176189


4 Andersgläubige im Islamvon Dr. Abdur Rahman BhuttaDer Papst hat in seiner Vorlesung unter Bezugnahme auf denDialog Manuels kritisiert, der Islam lehre, die Schriftbesitzer <strong>und</strong>die Ungläubigen unterschiedlich zu behandeln. Für den Umgangmit dem Volk der Schrift gebe es also eine andere Lehre <strong>und</strong> fürden Umgang mit den Angehörigen heidnischer Religionenwiederum eine andere Lehre. Obwohl vom Papst zu erwarten wäre,dass er diese Behauptung auch mit einem QurÞÁn-Versuntermauerte, hat er dies nicht getan. Wir werden in diesemKapitel untersuchen, welchen Umgang der Heilige QurÞÁn mitden Schriftbesitzern <strong>und</strong> den Angehörigen übriger<strong>Glaube</strong>nsbekenntnisse lehrt, <strong>und</strong> wie der Heilige Prophet (Friede<strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm) – dem der Heilige QurÞÁnoffenbart wurde – diese Lehre in seinem alltäglichen Lebenumgesetzt hat, <strong>und</strong> welchen Gr<strong>und</strong> es gibt, wenn es im Islameinen Unterschied im Umgang mit den Schriftbesitzern <strong>und</strong> denHeiden gibt.4.1 Schriftbesitzer <strong>und</strong> Heiden im HeiligenQurÞÁnDer Heilige QurÞÁn lehrt, gr<strong>und</strong>sätzlich mit jedem Menschenfre<strong>und</strong>lich umzugehen. Religiöse Unterschiede sollen keine Rollespielen. Im alltäglichen Umgang mit den Mitmenschen, die zuverschiedenen Bereichen der Gesellschaft gehören, wird an keinerStelle eine unterschiedliche Behandlung gelehrt. Im Folgendenwerden hierzu einige Beispiele genannt:190


Der Heilige QurÞÁn lehrt mit den Angehörigen jeder Religion <strong>und</strong>jedes Volks Gerechtigkeit zu üben <strong>und</strong> ihnen Gutes widerfahrenzu lassen. Es heißt:„Allah gebietet Gerechtigkeit <strong>und</strong> uneigennützig Gutes zu tun<strong>und</strong> zu spenden wie den Verwandten; <strong>und</strong> Er verbietet dasSchändliche, das offenbar Schlechte <strong>und</strong> die Übertretung. Erermahnt euch, auf dass ihr es beherzigt.“ (16, 91)Hier lehrt Allah keinesfalls eine unterschiedliche Behandlung vonSchriftbesitzern <strong>und</strong> Andersgläubigen. Vielmehr ermahnt erallgemein, mit jedem Menschen gerecht umzugehen <strong>und</strong> nichtnur gerecht zu sein, sondern ihm Gutes zu tun <strong>und</strong> dannzusätzlich einen solchen Umgang zu pflegen, wie man ihn mitseinen Nächsten pflegt. Zudem gebietet Allah Gerechtigkeit <strong>und</strong>Fre<strong>und</strong>lichkeit zu Andersgläubigen (historisch sind es Juden,Christen <strong>und</strong> Polytheisten bzw. Heiden von Arabien):„Allah verbietet euch nicht, gegen jene, die euch nichtbekämpft haben des <strong>Glaube</strong>ns wegen <strong>und</strong> euch nicht <strong>aus</strong>euren Heimstätten vertrieben haben, gütig zu sein <strong>und</strong> billigmit ihnen zu verfahren; Allah liebt die Billigkeit Zeigenden.“(60, 9)Also sagt der QurÞÁn: Wenn ihr Allahs Liebe erlangen möchtet, sosollt ihr zu jedem Menschen gütig sein, der euch nicht bekämpft<strong>und</strong> euch nicht vertreibt, aber selbst zu den letzteren sollt ihrnach den Gr<strong>und</strong>sätzen der Gerechtigkeit verfahren. Mit diesemVers werden die Einwände, die aufgr<strong>und</strong> von Missverständnissenanderer QurÞÁn-Stellen erhoben werden, widerlegt, wie etwa derEinwand, dass man keine Fre<strong>und</strong>schaft mit Andersgläubigen191


schließen dürfe; es wird nicht nur die nachdrückliche Anweisungzur Fre<strong>und</strong>schaft, sondern auch zum gütigen Umgang gegeben.Dann gibt es die Anweisung auf religiöse Gefühle AndersgläubigerRücksicht zu nehmen:„Und schmähet nicht die, welche sie statt Allah anrufen.“(6, 109)Auch hier wird kein Unterschied zwischen dem Volk derSchrift <strong>und</strong> den „Polytheisten“ gemacht <strong>und</strong> es heißt, dassman die, die sie verehren, nicht schmähen soll, ungeachtetdessen, wen sie für anbetungswürdig halten. Hierzu zählen dieGötzen der Hindus gen<strong>aus</strong>o, wie die Dreifaltigkeit <strong>und</strong> dieHeiligen der Christen, die sie anrufen.Gen<strong>aus</strong>o wurde für die Verteilung von Produktion, Arbeitsstellen<strong>und</strong> Ämtern ein Maßstab festgelegt. So heißt es:„Allah gebietet euch, dass ihr die Treuhandschaft jenenübergebt, die ihrer würdig sind; <strong>und</strong> wenn ihr zwischenMenschen richtet, dass ihr richtet nach Gerechtigkeit.Fürwahr, herrlich ist, wozu Allah euch ermahnt. Allah istallhörend, allsehend.“ (4, 59)Nach der islamischen Lehre sollten allen Staatsbürgern, gleich obfsie Muslime oder Nicht-Muslime sind, gleiche Möglichkeiten fürGeschäft, Produktion <strong>und</strong> Arbeitsstellen gewährt werden. DieVerteilung von Ämtern sollte nicht auf Gr<strong>und</strong> einer bestimmtenreligiösen Überzeugung erfolgen, noch auf Stammes- oderVolkszugehörigkeit fußen, sondern <strong>aus</strong>schließlich auf Gr<strong>und</strong> vonFähigkeit <strong>und</strong> Eignung erfolgen; <strong>und</strong> für die Regierung gilt dieVorschrift, dass sie stets Gerechtigkeit üben muss.192


Aus den oben genannten Versen geht klar hervor, dass im Islamim Umgang mit Nicht-Muslimen die Lehre der Gerechtigkeit,Fre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> Sympathie vorgeschrieben ist.Unterschiedliche Behandlung von dem Volk der Schrift <strong>und</strong> denHeiden ist nicht zulässig. Ebendies ist uns auch <strong>aus</strong> der Praxis desHeiligen Propheten (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm)bekannt.4.2 Fre<strong>und</strong>lichkeit gegenüberAndersgläubigenDie Art <strong>und</strong> Weise wie der Heilige Prophet (Frieden <strong>und</strong> SegenAllahs seien auf ihm) – dem der Heilige QurÞÁn offenbart wurde –die QurÞÁnische Lehre befolgte <strong>und</strong> wie er sie den Muslimenvermittelte, ist für uns ein schönes Vorbild. Er hat uns auch imUmgang mit Nicht-Muslimen hervorragende Beispiele gegeben<strong>und</strong> vorgelebt, wie die QurÞÁnischen Lehren in dieser Beziehungumzusetzen sind. Nachfolgend werden einige Begebenheiten <strong>aus</strong>dem Leben des Heiligen Propheten (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seienauf ihm) genannt.• Der gütige Umgang mit den Polytheisten <strong>aus</strong> MekkaDie mekkanischen Polytheisten hatten die Muslime wegen ihres<strong>Glaube</strong>ns äußerst gr<strong>aus</strong>am verfolgt <strong>und</strong> gezwungen, ihre Heimatzu verlassen. Die Details zu diesen Gräueln sind in Kapitel zwei<strong>und</strong> drei <strong>aus</strong>führlicher behandelt worden. Die Gewalttaten <strong>und</strong>Misshandlungen, denen die Muslime damals <strong>aus</strong>gesetzt waren,sind haarsträubend. Die Peiniger der Muslime waren damit nichtzufrieden <strong>und</strong> führten ständig Angriffe gegen die Muslime, dienach Medina geflüchtet waren. Trotzdem forderte der HeiligeProphet (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm) dazu auf, mitihnen immer gütig <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich umzugehen. Einher<strong>aus</strong>ragendes Beispiel hierfür ist die Bereitschaft zur Vergebungdieser Verfolger in dem Augenblick der Eroberung von Mekka.Als die Muslime ohne einen Krieg <strong>und</strong> auf eine friedvolle Weise193


die Stadt Mekka einnahmen, sagte der Heilige Prophet (Friede<strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm), dass verkündet werden soll: Fürjeden Menschen, welcher seine H<strong>aus</strong>türe schließt, ist Frieden. Undes ist Frieden für denjenigen, der in das H<strong>aus</strong> AbÙ SufyÁnseintritt. Und wer in die Moschee al-HarÁm eintritt, für den istFrieden. Nachdem er (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm) inMekka eingetroffen war, ging er zur KaÝba <strong>und</strong> hielt eineAnsprache, in welcher er fragte: „O Quraiš! Welche Behandlungerwartet ihr von mir?“ Die Quraiš antworteten: „Was immer dutun wirst, du wirst das Beste tun. Du bist unser ehrenwerterBruder, der Sohn eines ehrenwerten Bruders.“ Daraufhinantwortete der Prophet: „Ihr alle seid frei, niemand von euch istgefangen.“ Der Heilige Prophet (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien aufihm) hatte die Macht <strong>und</strong> Stärke sie zu bestrafen <strong>und</strong> Vergeltungfür das begangene Unrecht zu fordern – trotzdem hat er ihnenallen verziehen <strong>und</strong> dies, obwohl es jene Mekkaner waren, die denMuslimen mit Hass <strong>und</strong> Feindschaft begegneten, ihnenGr<strong>aus</strong>amkeiten <strong>und</strong> Leid brachten, sie mit Kriegen überzogen, indenen Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Verwandte des Heiligen Propheten (Friede<strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm) ums Leben kamen. 147• Fre<strong>und</strong>lichkeit gegenüber den Mekkanern während derDürrezeitDurch seine Praxis hat der Prophet uns vorgelebt, dass manAndersgläubigen nicht nur mit Gleichbehandlung, sonderndarüber hin<strong>aus</strong> mit Vergebung <strong>und</strong> Sympathie begegnen sollte. Sokam AbÙ SufyÁn auch einmal während einer Dürre nach Medina<strong>und</strong> bat den Heiligen Propheten (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seienauf ihm) um Gebete für ein Ende der Dürreperiode. 148 Im viertenJahr nach der HiÊrÁ brach in Mekka nämlich eine Dürreperiodean. Die Bewohner von Mekka mussten während dieser Zeit großesLeid ertragen. Als der Heilige Prophet (Friede <strong>und</strong> Segen Allahsseien auf ihm) hiervon erfuhr, schickte er <strong>aus</strong> Mitgefühl Silber fürdie Armen <strong>und</strong> Bedürftigen von Mekka. 149 Der Prophet bewies147 Ibn HašÁm148 SaÎÐÎ al-BuÌÁrÐ (IstisqÁÞ)149 TarÐÌ-ul-ËamÐs194


hiermit, dass er auch gegenüber größten Feinden tiefstes <strong>und</strong>wahres Mitgefühl empfand. Bemerkenswert ist die Tatsache, dasses sich um eine Zeit handelt, als die Muslime durch die Mekkanernicht nur großes Leid erfahren hatten, sondern auch mehrereAngriffe des mächtigen mekkanischen Heeres auf Medinaabwehren mussten, Angriffe, wenn sie erfolgreich gewesen wären,die Muslime <strong>aus</strong>gelöscht hätten. Dennoch half der HeiligeProphet (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm) den Aggressorenwährend dieser Dürrekatastrophe. Den Polytheisten war dieserher<strong>aus</strong>ragende Charakterzug des Heiligen Propheten (Friede <strong>und</strong>Segen Allahs seien auf ihm) bekannt. Sie konnten deswegen damitrechnen, dass ihnen der Heilige Prophet (Friede <strong>und</strong> Segen Allahsseien auf ihm) in schweren Zeiten ungeachtet ihrer Gr<strong>aus</strong>amkeitenhelfen würde, obwohl sie sich ihrer vollkommen bewusst waren.• Der gütige Umgang mit den Christen von NaÊrÁnNach der Eroberung Mekkas kamen Delegierte der Christen <strong>aus</strong>NiÊrÁn zum Heiligen Propheten (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seienauf ihm). Die Delegation bestand <strong>aus</strong> 14 hochrangigen Personen.Diese kamen zum Heiligen Propheten (Frieden <strong>und</strong> Segen Allahsseien auf ihm), um mit ihm eine religiöse Diskussion zu führen.Während des Gesprächs wurde es für die Christen Zeit, ihrenGottesdienst zu verrichten. Als sie auf christliche Art denGottesdienst verrichten wollten, erlaubte der Heilige Prophet(Frieden <strong>und</strong> Segen Allas seien auf ihm) es ihnen. Also richtetensie sich in Richtung Osten <strong>aus</strong> <strong>und</strong> feierten den Gottesdienst nachihrer Art in der Moschee des Heiligen Propheten (Friede <strong>und</strong>Segen Allahs seien auf ihm). 150 Demnach hat der Heilige Prophet(Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm) ein <strong>aus</strong>gezeichnetesBeispiel für religiöse Toleranz nicht nur für die Muslime, sondernfür alle Menschen gegeben.150 Ibn HašÁm195


4.3 Die Frage der „Éizya“Éizya Wenn es um den gütigen Umgang mit den Schriftbesitzern<strong>und</strong> den Heiden geht, ist auch „Éizya“ ein wichtiges Thema,welches häufig missverstanden wird. Und daher wird kritisiert,dass Nicht-Muslime verpflichtet worden seien, „Éizya“ zu zahlen,während sie von Muslimen nicht eingezogen wird. So wird derEindruck vermittelt, dass der Islam die nicht-muslimischeBevölkerung diskriminiere. In diesem Zusammenhang ist aufSura Taubah, Vers 29 zu verweisen (s. Kapitel 2). Manche haltendas System der „Éizya“ für kritikwürdig, obwohl es eine Steuerunter anderen ist, die jedoch von der nicht-muslimischenBevölkerung erhoben wurde, um die Kosten der öffentlichenAufgaben zu bestreiten <strong>und</strong> diese kam somit den Steuerzahlernselbst zu Gute. Denn mit diesen Geldern finanzierte die Regierungdie Einhaltung der Rechte der Bevölkerung, was zu ihrem Vorteil<strong>und</strong> zu ihrer Fürsorge vorgesehen war. Und dadurch, dass sieStreitkräfte aufstellten, sorgten die Muslime für die Sicherung <strong>und</strong>Verteidigung des Lebens <strong>und</strong> Besitzes der Schriftbesitzer (Nicht-Muslime waren von der Wehrpflicht entb<strong>und</strong>en). Auf denEinwand, dass diese Steuer nur auf die nicht-muslimischeBevölkerung beschränkt war, lautet die Antwort, dass erstens dermilitärische Dienst als Ersatz für diese Steuer galt. DerMilitärdienst wurde von den Männern <strong>aus</strong> der muslimischenBevölkerung geleistet. Nicht-Muslimische Bevölkerung war davonbefreit. Deshalb war die Forderung der „Éizya“ gerecht, dass alsozu einem bestimmten Teil auch die nicht-muslimischeBevölkerung für die Verteidigungs<strong>aus</strong>gaben der islamischenRegierung aufkommen sollte. Außerdem wird bei genaueremHinsehen deutlich, dass im Islam das Steuersystem de facto indrei Bereiche aufgeteilt ist:1. Jene Steuer, die lediglich für Muslime galt, zum Beispiel„ÅakÁt“2. Jene Steuer, die lediglich für Nicht-Muslime galt, z.B. „Éizya“196


3. Gemeinsame Steuer (für alle gültig), die den Umständen <strong>und</strong>der jeweiligen Situation entsprechend jeden zur Entrichtungverpflichten konnte, z. B. Pachtgeld.Der Gr<strong>und</strong> für diese Unterteilung war, dass die islamischeRegierung auch solche Aufgaben wahrnehmen musste, dielediglich den islamischen <strong>Glaube</strong>n betrafen <strong>und</strong> es wäreungerecht, die nicht-muslimische Bevölkerung damit zu belasten.Folglich lehrt der Islam erstaunliche Steuergerechtigkeit. EinigeSteuern werden nur von Muslimen gezahlt, andere von Nicht-Muslimen. Was also die den Muslimen auferlegten Steuern, z. B.„ÅakÁt“ anbelangt, so war diese Steuer für sämtliche Aufgaben desStaates verwendbar, sowohl für religiöse als auch für weltlicheZwecke. Aber die Steuern, die die Nicht-Muslime zahlten, also„Éizya“ konnten nicht für religiöse Zwecke des Islams eingesetztwerden, sie wurden für allgemeine Aufgaben verwandt. Ausdiesem Gr<strong>und</strong> ist in den meisten Fällen die Steuer der „ÅakÁt“, zuderen Zahlung Muslime verpflichtet sind, höher als die Steuer der„Éizya“. Alles in allem scheint das im frühen Islam angewandteSystem der Erhebung von Steuern eine gerechte Lastenverteilungaufzuweisen. Allerdings ist es bedauernswert, dass Unk<strong>und</strong>igegenau dies zur Gr<strong>und</strong>lage ihrer Einwände machen. Selbst diegeringfügige Steuer, die die nicht-muslimische Bevölkerung zahlte,wurde nicht von der ganzen nicht-muslimischen Bevölkerungerhoben. Folgende gesellschaftliche Gruppen waren von ihrbefreit:1) Alle, die ihr Leben <strong>aus</strong>schließlich dem <strong>Glaube</strong>n widmeten(Geistliche, Mönche usw.)2) Alle Frauen <strong>und</strong> Kinder3) Alle Alten <strong>und</strong> Greisen, die nicht fähig waren zu arbeiten4) Blinde <strong>und</strong> andere Menschen mit Behinderung5) Alle Armen, deren finanzielle Situation ihnen die Zahlung der„Éizya“ nicht erlaubte.197


Bei der Einziehung von der Éizya wurden folgende Regelneingehalten:A) Dem Éizya -Zahlenden war überlassen, sie bar zu zahlen oderetwas Gleichwertiges abzugebenB) Für den Einzug der „Éizya“ galt der <strong>aus</strong>drückliche Befehl,absolut keine Strenge anzuwenden <strong>und</strong> vor allem wurde diekörperliche Bestrafung von Nicht-Zahlern verbotenC) Wenn jemand starb, der dem Staat noch Éizya schuldete,wurde ihm diese erlassen, Verwandten <strong>und</strong> Erben wurdendamit nicht belastet.Das System belastete nur diejenigen, die die Last dieser Steuerauch schultern konnten. Der Islam zeigt hier eine gerechteVerteilung der Steuerlast, ein System, das seiner Zeit offensichtlichweit vor<strong>aus</strong> war.Beim Festlegen der „Éizya“ wurde übrigens jegliche Strengevermieden, wenn ein „Éizya“-Pflichtiger auf Gr<strong>und</strong> seinerfinanziellen Lage seiner Steuerpflicht nicht nachkommen konnte,so wurde er von dieser Steuer befreit. Folgende historischeBegebenheit ist in diesem Zusammenhang interessant:Es ist überliefert, dass Hadhrat ÝUmar (möge Allah mit ihmzufrieden sein) an einem Ort vorbeiging, wo beim Einzug der„Éizya“ einige Nicht-Muslime streng behandelt wurden. Alser dies sah, blieb Hadhrat ÝUmar (möge Allah mit ihmzufrieden sein) sofort stehen <strong>und</strong> fragte wütend: „Was ist hierlos?“ Es wurde geantwortet: „Diese Leute zahlen nicht die„Éizya“ <strong>und</strong> sagen, dass sie nicht die Mittel dazu hätten.“Hadhrat ÝUmar (möge Allah mit ihm zufrieden sein) ordnetean: „Dann gibt es keinen Gr<strong>und</strong>, sie mit etwas zu belasten,wozu sie keine Mittel haben. Lasst sie in Ruhe. Ich habe vomPropheten Allahs (Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm)gehört, dass derjenige, der im Diesseits anderen Lasten198


aufbürdet, am Tage des Jüngsten Gerichts Allahs Strafeerfahren wird.“ 151Professor Thomas W. Arnold schreibt:„This tax was not imposed on the christians, as some wouldhave us think, as a penalty for their refusal to accept themuslim faith, but was paid by them in common with theother dhimmis or non-Muslim subjects of the state whosereligion precluded them from serving in the army, in returnfor the protection secured for them by the arms of theMusalmans. … and it is very noticeable that when anyChristian people served in the Muslim army, they wereexempted from the payment of this tax … The SouthernRumanians, the so-called Armatoli, who constituted soimportant an element of strength in the Turkish army duringthe sixteenth and seventeenth centuries, and the Mirdites, atribe of Albanian Catholics who occupied the mountains tothe north of Scurati, were exempt from taxation on conditionof supplying an armed contigent in time of war.” 152Übersetzung: „Diese Steuer wurde den Christen nicht alsStrafe für ihre Verweigerung, den muslimischen <strong>Glaube</strong>nanzunehmen, aufgebürdet, wie Manche uns glauben machenwollen. Sondern sie wurde gemeinsam mit den anderen nichtmuslimischenBürgern des Staats gezahlt, deren Religion sieam Wehrdienst hinderte, <strong>und</strong> zwar für die Sicherheit, welchevon der Armee der Musalmans gewährleistet wurde … <strong>und</strong> esist äußerst bemerkenswert, dass ein christliches Volk, wenn esim muslimischen Heer diente, von der Entrichtung dieserSteuer <strong>aus</strong>genommen war … Die Süd-Rumänen, die sogenannten Armatoli, die während des 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>ertseinen wichtigen Teil in der türkischen Armee <strong>aus</strong>machten,<strong>und</strong> die Mirditen, ein Stamm albanischer Katholiken, dieGebirge nördlich von Scurati besetzt hielten, waren unter derفی من تجب عليہ الجزيۃ فضل ul-Khiraj, 151 Kitab152 Prof. Thomas W. Arnold, The Spread of Islam in the World, S. 60-62, NewDelhi, 2003199


Bedingung von der Steuer befreit, sie würden zu Kriegszeitenmilitärische Hilfe leisten.“Auf Gr<strong>und</strong> der eindringlichen Anweisung des Heiligen Propheten(Friede <strong>und</strong> Segen Allahs seien auf ihm) nahm Hadhrat ÝUmar(möge Allah mit ihm zufrieden sein) so große Rücksicht auf dienicht-muslimische Bevölkerung, dass er auf dem Sterbebettfolgendes Testament machte:„Ich weise den Khalifen, der nach mir kommen wird daraufhin, dass er in seiner islamischen Regierung die nichtmuslimischeBevölkerung mit sehr viel Fürsorge <strong>und</strong> Liebebehandeln soll. Verträge mit ihnen soll er einhalten <strong>und</strong>schützen. Er soll für sie gegen ihre Feinde kämpfen <strong>und</strong> aufkeinen Fall soll er ihnen eine Last aufbürden, die sie nichtschultern können.“ 153Das war der Sinn <strong>und</strong> Zweck der „Éizya“, die zur Zielscheibe derKritik gemacht wird.Diejenigen, die zu Zeiten der „Rechtgeleiteten Kalifen“ die„Éizya“ zahlten, haben sich nie beschwert, da sie durch dieEntrichtung dieser Steuer Anspruch auf alle staatlichenEinrichtungen <strong>und</strong> Erleichterungen hatten. Damit diese immeraufrecht erhalten wurden, mussten die Muslime viel höherekörperliche <strong>und</strong> finanzielle Opfer bringen. Zur Zeit HadhratÝUmars (möge Allah mit ihm zufrieden sein) nahmen dieMuslime nach der Eroberung Syriens Steuern von den dortigenChristen ein. Kurz nach der Eroberung jedoch drohte denMuslimen wieder die Gefahr des Kriegs, so dass der General derislamischen Truppen, Hadhrat AbÙ ÝUbaidah (möge Allah mitihm zufrieden sein) den Christen die komplette Steuerzurückzahlte, da sie auf Gr<strong>und</strong> des Kriegs ihre Rechte nicht mehrschützen könnten. So hatten sie auch nicht das Recht, diebezahlte Steuer zu behalten. 154153 Al-kÁmil fi al-tÁrÐÌ Bd. II.154 Kitab ul-Khiraj, S. 80-82, Futuh al-Baldaan, S. 146200


4.4 Behandlung von Schriftbesitzern <strong>und</strong>HeidenEs gibt zahlreiche wichtige <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legende Gemeinsamkeitenzwischen den Schriftbesitzern <strong>und</strong> den Muslimen. Beispielsweiseist der Monotheismus die erste <strong>und</strong> wichtigste Säule des Islam,<strong>und</strong> auch das Volk der Schrift glaubt daran. Ebenso ist es ein Teildes <strong>Glaube</strong>ns der Muslime an sämtliche Propheten des Volks derSchrift <strong>und</strong> an ihre offenbarten Bücher zu glauben. Daher ist esganz natürlich, dass das Volk der Schrift den Muslimen aufGr<strong>und</strong> der Gemeinsamkeiten näher steht, während zwischenMuslimen <strong>und</strong> jenen, die traditionell nicht als Schriftbesitzergelten, weit<strong>aus</strong> weniger Gemeinsamkeiten bestehen. Dabei solltebeachtet werden: Die Schriftbesitzer werden nicht deswegenbevorzugt behandelt, um andere zu diskriminieren, sondern esberuht auf natürlicher Neigung des Menschen, denen, die ihmnahe stehen, größere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. EineKritik an dieser Besserstellung von Schriftbesitzern ist gen<strong>aus</strong>overnunftwidrig, wie jemanden zu kritisieren, der zu seiner Familiepflegt stärkeren Kontakt unterhält als zu Fremden. Der Menschist ein „soziales Tier“ <strong>und</strong> in jeder Gesellschaft habenBeziehungen eine besondere Wichtigkeit, seien sie körperlicher,religiöser oder spiritueller Natur. Und im Islam haben dieAchtung der Beziehungen <strong>und</strong> der Schutz ihrer Rechte einenbesonders hohen Rang. An dieser Stelle ist es auch wichtigklarzustellen, dass in der Beziehung der Muslime zu dem Volk derSchrift <strong>und</strong> den Polytheisten nur insofern ein Unterschiedgemacht werden darf, wie der <strong>Glaube</strong> die Muslime dazuverpflichtet. Ansonsten sind alle Menschen – ob Muslime,Schriftbesitzer oder Angehörige anderer Religionen – innerhalbder Gesellschaft gleichberechtigt. Und es gilt die Vorschrift sieauch gleich zu behandeln.Was die Heirat mit Polytheisten <strong>und</strong> Schriftbesitzern betrifft, soerlaubt der Islam sie mit den Schriftbesitzern <strong>und</strong> hat sie mit denPolytheisten untersagt. Durch dieses Gebot wird klar, dass auchhier mit dem Volk der Schrift ein besonderer Umgang gepflegtwird <strong>und</strong> ihnen keine unbegründete Verpflichtung auferlegt ist.201


Die Ehe mit Heiden ist deshalb verboten, weil ein Muslim in ihrnicht die religiöse <strong>und</strong> spirituelle Einheit, persönliche <strong>und</strong>emotionale Gemeinsamkeit finden wird, die für ein erfolgreiches,glückliches Eheleben nötig sind. Im Islam wird nicht <strong>aus</strong>körperlichen Bedürfnissen her<strong>aus</strong> geheiratet, sondern der Zweckder Ehe ist vielmehr ein sehr hoher.Übrigens ist der Islam nicht die erste Religion, die solcheVerpflichtungen eingeführt hat. Auch andere Religionen ziehen esvor, Menschen gleichen <strong>Glaube</strong>ns zu heiraten. So wird in derBibel verboten „Ungläubige“ zu heiraten 155 , es wird selbst derKontakt zu ihnen verboten 156 . Einigen Völkern wurde dasVersprechen abgenommen, dass sie ihre Töchter nicht mitAngehörigen anderer Völker verheiraten, noch für ihre Söhnederen Töchter annehmen. 157Der Islam, daran sei nochmals erinnert, schreibt eineGleichbehandlung vor, wenn es um das Zusammenleben vonMenschen verschiedener Religionen in einem Staat, in einerGesellschaft geht oder was die Menschenrechte anbelangt, <strong>und</strong> derIslam schreibt dem Staatsoberhaupt vor, alle Gruppierungengerecht zu behandeln. (4, 59)Und wenn es um die Heirat von Muslimen mit Nicht-Muslimengeht, so hat der Islam – neben anderen Religionen – denMuslimen wegen gr<strong>und</strong>legender religiöser Belange <strong>und</strong> desspirituellen Fortschritts eine solche Heirat nicht gestattet.155 Deuteronomium, 7, 3156 2 Korinther, 6, 14157 Nehemia, 10, 20-30202


5 <strong>Glaube</strong> <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong> <strong>aus</strong> <strong>islamischer</strong><strong>Perspektive</strong>von Naveed HameedIn diesem Kapitel geht es um das Verhältnis von <strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong><strong>Vernunft</strong> <strong>aus</strong> <strong>islamischer</strong> Sicht. Im Kontext der Einwände, die derPapst erhob, wird <strong>aus</strong> der <strong>Perspektive</strong> des Islams der Fragenachgegangen, was die Religion des Propheten MuÎammad (S)über Gottes Transzendenz sagt, ob Gott laut Islam etwas lehrenkann, das mit <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Rationalität unvereinbar ist <strong>und</strong> wasder QurÞÁn bezüglich der Begriffe Voluntarismus <strong>und</strong>Willensfreiheit sagt. Ferner wird auf das vom Papst vorgelegte„Zitat“ von Imam Ibn Íazm eingegangen.5.1 TranszendenzBevor wir über das Gottesbild im Islam <strong>und</strong> sein Verhältnis zur<strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Rationalität sprechen, ist es notwendig, den vomPapst benutzten, aber nicht näher erläuterten Begriff derTranszendenz zu definieren. Dieses Wort kommt <strong>aus</strong> demlateinischen „transcedere“ <strong>und</strong> bedeutet Überschreiten. Wennman in Bezug auf Gott von der Transzendenz spricht, dannbedeutet dies, dass Gott jenseits der körperlichen <strong>und</strong> materiellenGrenzen ist. 158In diesem Sinne ist Gott im Islam, wie in vielen anderenReligionen, transzendent. Der QurÞÁn nimmt darauf Bezug indem folgenden Vers:158 A. Ulfig, Lexikon der philosophischen Begriffe, 2003203


„Blicke können Ihn nicht erreichen“ (6, 104).Im QurÞÁn werden viele Eigenschaften (Namen) Gottes erwähnt.Der Mensch kann auf seine Weise <strong>und</strong> innerhalb seiner Grenzendiese Eigenschaften sich aneignen. Dennoch darf man dieGöttlichen Attribute nicht auf ihre menschliche Dimensionreduzieren. Deshalb sagt Gott im QurÞÁn:„Nichts gibt es Seinesgleichen“ (42, 12).Es gibt nichts, das Gott in irgendeiner Weise gleichen könnte, seies physisch oder in einer anderen Eigenschaft. Zwar wird imQurÞÁn die Hand Gottes erwähnt. Dar<strong>aus</strong> darf man nichtschließen, dass sie etwa der menschlichen Hand ähnelt. Vielmehrist sie eine Metapher, die Gottes Macht <strong>und</strong> Stärke symbolisiert.In den heiligen Büchern der Religionen werden oft Metaphern<strong>und</strong> Bilder benutzt. In der Bibel ist beispielsweise vom SohnGottes die Rede. Natürlich ist damit kein leiblicher Sohn gemeint,sondern ein Mensch, der sich in besonderer Weise der Liebe <strong>und</strong>Zuneigung Gottes erfreut. Dabei sei auch darauf hingewiesen, dasseinerseits der QurÞÁn nicht von einem absolut transzendentenGott spricht, wie dieser durch die negative Theologie aufgefasstwird. Andererseits ist auch ein anthropomorphes Gottesbild nichtmit dem QurÞÁn vereinbar. Hierzu ein Zitat <strong>aus</strong> einerAbhandlung des Gründers der <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat, HazratMirza Ghulam Ahmad (A):„In Bezug auf die Erkenntnis des Daseins Gottes beseht dermittlere Weg darin, dass wir bei der Erläuterung der AttributeGottes einerseits nicht dazu neigen, diese überhaupt zuverneinen, <strong>und</strong> anderseits, dass wir die Ansicht verwerfen, dassGott mit den materiellen Wesen zu vergleichen sei. Dies istdie Stellungnahme des Heiligen QurÞÁn bezüglich derAttribute Gottes. Er anerkennt Gott als den Sehenden, denHörenden, den Wissenden, den Redenden usw. Er warnt unsaber gleichzeitig davor, dass wir Ihn nicht mit SeinerSchöpfung gleichstellen dürfen. Er sagt also: „Nichts gibt es204


seinesgleichen.“ (42, 12) So präget keine Gleichnisse für Gott.“(16, 75) Dies bedeutet, dass niemand mit Gott Seine Person<strong>und</strong> Seine Attribute teilt <strong>und</strong> dass Er keine Ähnlichkeit mitSeiner Schöpfung aufweist. Gott müssen wir uns als zwischenGleichnis <strong>und</strong> Erhabenheit vorstellen, denn das ist derMittelweg. Der Islam befolgt den goldenen Mittelweg in allseinen Lehren.“ 159Nachdem wir das islamische Konzept der Transzendenz erklärthaben, wenden wir uns nun der wichtigen Frage zu, ob <strong>aus</strong> derTranszendenz Gottes im Islam zu schließen sei, dass der Menschkeine Kommunikation, Verbindung oder Nähe zu Gott habenkönne. Ferner die Frage, dass Gott nach <strong>islamischer</strong> AuffassungHandlungen zugeschrieben werden können, die mit der <strong>Vernunft</strong>unvereinbar seien. Aus <strong>islamischer</strong> Sicht müssen wir beide Fragenverneinen. Die Details dazu werden wir im Folgenden vorlegen.5.2 Gott-Mensch-BeziehungDass Gott der islamischen Lehre zufolge transzendent ist, schließtnicht <strong>aus</strong>, dass der Mensch eine Beziehung oder Kommunikationmit Gott aufnehmen kann oder dass der Mensch nicht in der Lageist, die subtilen <strong>und</strong> verborgenen Eigenschaften <strong>und</strong> MächteGottes wahrzunehmen. Diese Ansicht wäre schon deswegen nichtrichtig, weil der Islam ja auf der Gr<strong>und</strong>lage beruht, dass Gott einelebendige Kommunikation mit seinem Diener MuÎammad (S)aufgenommen, <strong>und</strong> seine Zeichen <strong>und</strong> ihm sein Gesetz offenbarthat. Darüber hin<strong>aus</strong> sagt der QurÞÁn:d.h. zu jedem Volk ist ein Gesandter Gottes gekommen (13, 8). DerIslam zeigt einen lebendigen Gott, der den Menschen zu allenZeiten seine Zeichen offenbart hat <strong>und</strong> der dies auch heute nochtut <strong>und</strong> auch in Zukunft tun wird. Also kann jeder Mensch mit159 Hazrat Mirza Ghulam Ahmad (A), Philosophie der Lehren des Islams,Frankfurt am Main, 1997205


Gott einen lebendigen Kontakt pflegen. Während der QurÞÁneinerseits von der Transzendenz Gottes mit den Worten spricht:„Blicke können Ihn nicht erreichen…“, weist andererseits daraufhin:„Er aber erreicht die Blicke.“ (6, 104). Gott, der Allmächtige, kannsich dem Menschen offenbaren. Diese Kommunikation mit Gottist nicht nur auf Propheten beschränkt. Vielmehr gibt Allah imQurÞÁn allen Menschen die frohe Botschaft:„O Mensch, du mühst dich hart um deinen Herrn, so sollst duIhm begegnen.“ (84, 7) Zweifelsohne muss der Mensch großeAnstrengungen auf sicht nehmen, um sein Ziel der Begegnung mitGott zu erreichen. Aber wer die dazu notwendigen Bedingungenerfüllt <strong>und</strong> sich entsprechend bemüht, wird sicherlich mit derKommunikation mit Gott geehrt werden. Denn Gott sagt in 2,187:„Ich bin nahe.“ Er ist nahe, obwohl Er fern ist, <strong>und</strong> Er ist sichtbar(ÚÁhir), obwohl Er verborgen (BÁÔin) ist. Aber Er ist nur jenenMenschen nahe, die sich um Ihn bemühen <strong>und</strong> gleichzeitig vonallem Schlechten fernbleiben. Er zeigt sich denjenigen, die ihreegoistischen Neigungen völlig unter Kontrolle haben, die von derWelt quasi abgeschnitten sind <strong>und</strong> sich in Gott verlieren. Gott istdemnach transzendent, auf diese Weise aber gleichzeitig auchimmanent. Auf denselben Sachverhalt verweisen auch diefolgenden Verse <strong>aus</strong> dem Heiligen QurÞÁn:•206


Allahs ist der Osten <strong>und</strong> der Westen; wohin immer ihr alsoeuch wendet, dort ist Allahs Angesicht. Wahrlich, Allah istfreigebig, allwissend. (2, 116)•Und Er ist mit euch, wo immer ihr sein mögt. Und Allahsieht alles, was ihr tut. (57, 5)In diesen Versen wird von Gottes Allgegenwart gesprochen <strong>und</strong>daran erinnert, dass Gott mit uns ist, wo auch immer wir seinmögen.Ferner heißt es im Heiligen QurÞÁn, dass Allah das Licht derHimmel <strong>und</strong> Erde ist (24, 36). Doch eine Begegnung <strong>und</strong>Kommunikation mit Gott kann nicht auf materiellem Wegeerfolgen. Ein Kontakt mit Gott ist nur spirituell möglich, <strong>und</strong>zwar für denjenigen, der für Gott außerordentliche Veränderungin seinem Wesen <strong>und</strong> Wirken herbeiführt; ihm wird schließlicheine außergewöhnliche Begegnung mit Gott zuteil werden, Gottzeigt für ihn seine außergewöhnlichen Zeichen. Wenn der Menschsein Augenmerk gänzlich auf Gott richtet, <strong>und</strong> seinen Blick vonder Welt abwendet, so wird diesem Gottes besondereAufmerksamkeit zuteil. In diesem Zustand kann er Gottsozusagen mit den eigenen Augen sehen.Die islamischen Quellen sprechen neben Offenbarung auch vonanderen Möglichkeiten, wie der Mensch mit dem Transzendentenin Kontakt treten kann. Er hört die Gebete seiner Diener <strong>und</strong> gibtihnen Antwort darauf (2, 187), um sie zu stärken <strong>und</strong> zuunterstützen. Die Annahme von Gebeten ist eine Angelegenheit,die jeder Mensch erfahren kann. Dadurch kann er Überzeugungvon der Existenz Gottes erlangen. Darüber hin<strong>aus</strong> können Heilige<strong>und</strong> Gott besonders nahe stehende Menschen durch Wahrträume,Visionen oder Inspiration von Seiner Existenz Gewissheiterlangen. Kurzum, Gott ist nach <strong>islamischer</strong> Auffassungtranszendent, aber das heißt nicht, dass Er sich von der Weltabgewandt hätte.207


Der Verheißene Messias, Friede sei auf ihm, beschreibt in seinemzitierten Buch „Philosophie der Lehren des Islam“, <strong>aus</strong>führlichdie Möglichkeit, dass der Mensch in direkter Kommunikationmit Gott treten kann <strong>und</strong> sagt dann folgendes über seine eigenenErfahrungen:„Ich würde mich eines groben Unrechts gegenüber denMenschen schuldig machen, sollte ich an dieser Stelle dieTatsache verschweigen, dass die Gnade Gottes mich zu dieserHöhe gehoben hat, die ich gerade oben besprochen habe. Gotthat mich mit Seinem bestimmten Worte in der Art <strong>und</strong> Weisebegünstigt, die ich <strong>aus</strong>führlich beschrieben habe, auf dass ichden (spirituell) Blinden Sehkraft schenke, die Suchenden zumGegenstand ihres Suchens leite <strong>und</strong> denjenigen, die dieWahrheit annehmen, die frohe Botschaft vom reinenBrunnen verkündige, von dem viel die Rede ist, aber zu demwenige gelangen.“ 1605.3 Gotteshandeln <strong>und</strong> Vernünftigkeit imIslamDas Denken <strong>und</strong> der Verstand des Menschen sind nichtunbeschränkt, weil sein Wissen nicht grenzenlos ist <strong>und</strong> auch dieFähigkeit des Menschen, Schlüsse <strong>aus</strong> diesem Wissen zu ziehen,hat Grenzen. Wenn der Mensch Einwände gegen bestimmteHandlungen Gottes erhebt, so liegt es daran, dass er nicht in derLage ist diese zu verstehen, weil ihm das Wissen über bestimmteDinge fehlt oder er die Weisheit, die sich hinter diesenHandlungen Gottes verbirgt, nicht kennt. Kann nun dar<strong>aus</strong>geschlossen werden, dass der Islam eine Göttliche Handlung gegendie <strong>Vernunft</strong> für möglich hält? Diesen Eindruck wollte der Papsterwecken. Doch dies ist keinesfalls zutreffend.160 Hazrat Mirza Ghulam Ahmad (A), Philosophie der Lehren des Islams, S. 227208


Nach <strong>islamischer</strong> Auffassung ist es möglich, dass der Menschbestimmte Handlungen Gottes nicht verstehen kann. Aber diesbedeutet nicht, dass Gottes Handeln mit der <strong>Vernunft</strong> nichtvereinbar ist. Der QurÞÁn ruft den Menschen immer wieder dazuauf, seinen Verstand <strong>und</strong> seine <strong>Vernunft</strong> zu gebrauchen,nachzudenken <strong>und</strong> zu reflektieren. Bald heißt es, dass der Menscheinzeln oder zu zweit nachdenken sollte (34, 47) <strong>und</strong> bald heißt es,dass die Verständigen beim Nachdenken über die Schöpfung dieZeichen Gottes sehen:„In der Schöpfung der Himmel <strong>und</strong> der Erde <strong>und</strong> im Wechselvon Nacht <strong>und</strong> Tag sind in der Tat Zeichen für dieVerständigen.“ (3, 191)Der QurÞÁn ist ein Buch von einem Weisen Gott: „Ein Buch,dessen Verse bekräftigt <strong>und</strong> fehlerfrei gemacht, <strong>und</strong> dann imeinzelnen erklärt worden sind, von einem Allweisen, Allk<strong>und</strong>igen“(11, 2). Des weiteren verweist der QurÞÁn darauf, dass Gott, dem javollkommenes Wissen <strong>und</strong> grenzenlose Weisheit zueigen sind,den Menschen niemals eine Lehre auferlegt, die sie nicht verstehen<strong>und</strong> begreifen können <strong>und</strong> deren Last quasi ihre <strong>Vernunft</strong> nichttragen kann (2, 287). Die Bedeutung des Verses, des letzten derSura al-Baqrah (zweite Sura), lautet, dass der Mensch nichtgezwungen wird, an etwas zu glauben, was sein Gewissen nichtakzeptiert <strong>und</strong> seiner <strong>Vernunft</strong> widerspricht. Im Gegenteilbeansprucht der Islam, dass nicht nur alle seine Lehren auf<strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Weisheit beruhen, sondern auch der Prophet, derdiese Lehre bringt, dazu beauftragt worden ist, neben dem Gesetzdie Weisheit zu bringen (62, 3); das heißt, er soll den Menschennicht nur das Gesetz verkünden, sondern auch die Argumente<strong>und</strong> Gründe für diese Vorschriften liefern. Schließlich bezeichnetder QurÞÁn die Weisheit als eine große Gnade:209


„Er gewährt Weisheit, wem Er will; <strong>und</strong> wem da Weisheitgewährt ward, dem ward wahrhaftig viel Wertvolles gewährt;niemand aber will es bedenken, außer den mit VerständnisBegabten.“ (2, 270)Der QurÞÁn fordert die Menschen auf, über die Schöpfung Gottesnachzudenken, ob sie in ihr irgendeinen Makel sehen (67, 4); <strong>und</strong>gleichzeitig wird gesagt, dass die Menschen aber in der Schöpfungkeinen Makel finden werden, das heißt, die Schöpfung istvollkommen <strong>und</strong> perfekt <strong>und</strong> entspricht ganz <strong>und</strong> gar derWeisheit (47, 5). Über diejenigen, die bestraft wurden, heißt es imQurÞÁn, dass sie rufen werden, wenn sie nur zugehört oderVerstand gehabt hätten, wären bestimmt der Bestrafungentgangen.“Angesichts dieser Lehre des Islams ist die Behauptung, Gott könnedem Islam zufolge eine Handlung zugeschrieben werden, die mitder <strong>Vernunft</strong> nicht übereinstimmt, an <strong>und</strong> für sich absurd. DieLehre des Islam beruht auf <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Rationalität, deswegenhat ein prominenter Kenner des islamischen, jüdischen <strong>und</strong>orientalischen Denkens, geschrieben:„I do not know if it is ever useful to rank religions withrespect to rationality, but were this to be done, there is littledoubt that Islam would score highly.“ 1615.4 Kann Gott unvernünftig handeln?Nun stellt sich die Frage, ob nach der islamischen Religion Gottetwas befehlen kann, das mit der <strong>Vernunft</strong> nicht übereinstimmtbzw. ob man Gott eine Handlung zuschreiben kann, die mit derRationalität nicht vereinbar sei. Diesbezüglich teilt uns derQurÞÁn mit, dass Gott die Macht hat, seine Absichten161 Prof. Oliver Leaman, A Brief Introduction to Islamic Philosophy, 2001, S. 15210


<strong>aus</strong>zuführen 162 . Hier wird nicht gesagt, Gott hat die Macht, alleDinge zu tun. Denn solche Worte würden jemand dazu verleiten,unberechtigte Einwände zu erheben. So wird bisweilen gefragt,hätte Gott auch die Macht zu sterben; oder hat Gott die Macht,einen Gott zu schaffen, der Ihm gleicht. Diese Dinge könnennicht auf Gott bezogen werden <strong>und</strong> sind als unangebrachtabzulehnen. Gott als das Höchste <strong>und</strong> Vollkommene Wesen kannunangebrachte Dinge nicht tun. Um Menschen vor solchenIrrtümern zu bewahren, heißt es im QurÞÁn, dass Gott die Machthat zu tun, wozu Er sich entschlossen hat. Als VollkommenesWesen wird Allah nur eine vollkommene Handlung <strong>aus</strong>führen.Absurde Absichten wie sich selbst zu vernichten oder einengleichen Gott wie er selbst zu schaffen, können Gott keineswegszugeschrieben werden.Überdies muss hervorgehoben werden, dass der QurÞÁn so sehr dieWeisheit Gottes betont wie kaum ein anderes Buch. Wir zitierenim folgenden einige Verse des Heiligen QurÞÁn als Beispiel, indenen von der Weisheit Gottes die Rede ist. Übrigens ist imQurÞÁn an etwa 100 Stellen von der Weisheit Gottes gesprochen,weit<strong>aus</strong> mehr, als anderswo:1.2.Ein Buch, dessen Verse bekräftigt <strong>und</strong> fehlerfrei gemacht, <strong>und</strong>dann im einzelnen erklärt worden sind, von einem Allweisen,Allk<strong>und</strong>igen. (11, 2)Sie (die Engel) sprachen: Heilig bist Du! Wir haben keinWissen außer dem, was Du uns gelehrt hast; wahrlich, Duallein bist der Allwissende, der Allweise. (2, 33)162 2, 111 u. a.; شیءً‏ ist hergeleitet von der Wurzel شاء mit derBedeutung etw. wollen, beabsichtigen211


3.Allah bezeugt, in Wahrung der Gerechtigkeit, dass es keinenGott gibt außer Ihm – ebenso die Engel <strong>und</strong> jene, dieWissen besitzen; es gibt keinen Gott außer Ihm, demAllmächtigen, dem Allweisen. (3, 19)4.Aller Preis gehört Allah, Dessen ist, was in den Himmeln <strong>und</strong>was auf Erden ist, <strong>und</strong> Sein ist aller Preis im Jenseits; <strong>und</strong> Erist der Allweise, der Allk<strong>und</strong>ige. (34, 2)5.„Er ist es, Der die Himmel <strong>und</strong> die Erde erschuf in Weisheit;<strong>und</strong> dem Tage, da Er spricht „Es werde!“ <strong>und</strong> es wird sein.Sein Wort ist die Wahrheit, <strong>und</strong> Sein ist das Reich an demTage, da in die Posaune geblasen wird. Kenner desVerborgenen <strong>und</strong> des Offenbaren – Er ist der Allweise, derAllwissende.“ (6, 74)In diesem Vers wird daran erinnert, dass der QurÞÁn von einemGott ist, der die Himmel <strong>und</strong> die Erde in Weisheit erschaffen <strong>und</strong>in vollkommener Weise gestaltet hat. So wie die physische Weltdurch Göttliche Weisheit zu einer perfekten Schöpfung gewordenist, ist auch das Gesetz, das von dem Schöpfer der Himmel <strong>und</strong>Erde kommt, ebenfalls vollkommen <strong>und</strong> erfüllt in jeder Hinsichtdie Anforderungen der Weisheit <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>.212


Dem Vers 11, 2 zufolge ist der QurÞÁn ein Buch, dessen Verse klar<strong>und</strong> deutlich gemacht worden sind, es ist von einem Weisen <strong>und</strong>K<strong>und</strong>igen Gott.5.5 Ibn Íazms ZitatDer Papst zitiert den <strong>aus</strong> Cordoba stammenden muslimischenDenker des Mittelalters, Imam Ibn Íazm, mit den Worten, dassGott im Islam nicht an sein eigenes Wort geb<strong>und</strong>en sei, <strong>und</strong>nichts kann Gott verpflichten, uns die Wahrheit zu offenbaren,<strong>und</strong> wenn Er wolle, so müssten die Menschen auch Gottesdiensttun. Bevor wir auf diese Aussage eingehen, möchten wir daranerinnern, dass alle Lehrsätze im Islam auf dem QurÞÁn beruhen.Der QurÞÁn ist Gotteswort. Dann sind die Worte des HeiligenPropheten MuÎammad (S) als zweite Quelle des Islam anzugeben(ÍadÐ×). Diese sind Erläuterungen <strong>und</strong> Erklärungen des QurÞÁn,die der Prophet für uns gemacht hat, <strong>und</strong> zwar aufgr<strong>und</strong> derbesonders innigen Beziehung, die er mit Gott <strong>und</strong> dem QurÞÁnhatte. Deshalb kann ein Wort, das dem Propheten zugeschriebenwird, aber dem QurÞÁn widerspricht, für die Muslime nicht alseine authentische Überlieferung der Prophetenworte angesehenwerden. Also wenn selbst für den Propheten MuÎammad (S)dieser Gr<strong>und</strong>satz gilt, wie viel stärker muss diese Regel für spätereHeilige, Sufis <strong>und</strong> Gelehrten gelten.Nach dieser gr<strong>und</strong>sätzlichen Klärung wenden wir uns derÄußerung von Imam Ibn Íazm zu <strong>und</strong> versuchen zu ergründen,was er sagen will <strong>und</strong> welche Position der QurÞÁn zu dieserAussage einnimmt.Die erste Frage ist, ob im Islam Gott an sein Wort geb<strong>und</strong>en istoder nicht. Die Lehre des Islam in dieser Beziehung ist klar <strong>und</strong>eindeutig:•„Allah bricht das Versprechen nicht“ (3, 10)213


•„Und du wirst keine Änderung in Unserem Verfahrenfinden“ (17, 87).Der zweite Teil der Aussage von Ibn Íazm ist, dass Gott durchnichts dazu verpflichtet wird, uns die Wahrheit zu offenbaren.Hierzu ist die Position des QurÞÁn eindeutig. Der QurÞÁn sprichtklar davon, dass Gottes Wort stets wahr ist, <strong>und</strong> dass Gott selbstdie Wahrheit ist (ein Name Gottes lautet: al-Íaq, also dieWahrheit). Im QurÞÁn lesen wir:•••„Dann werden sie zurückgebracht zu Allah, ihremwahren Herrn.“ (6, 63)Er legt die Wahrheit dar.“ (6, 58)„Meidet darum den Gräuel der Götzen <strong>und</strong> meidet dasWort der Lüge (22, 31).Lüge wird im QurÞÁn als derart schlimme Tat beschrieben, dass sieim letzten Vers sogar mit dem Götzendienst gleichgesetzt wird.Diese Stellen <strong>aus</strong> dem QurÞÁn sind also selbsterklärend.Der dritte Teil der Aussage, die von Ibn Íazm stammen soll,lautet: Wenn Gott wolle, müssten die Menschen auch denGötzendienst betreiben.Dies widerspricht völlig den Versen des QurÞÁn. Das Wort Gottesgebietet den Menschen mit aller Entschiedenheit, denGötzendienst zu meiden:214


Verehrt Allah <strong>und</strong> setzt IHM nichts zur Seite (4, 37)Wahrlich, Allah wird es nicht vergeben, dass IHM Götterzur Seite gestellt werden, doch vergibt Er das, was geringerist als dies, wem Er will. Und wer Allah Götter zur Seitestellt, der hat wahrhaftig eine gewaltige Sünde ersonnen.(4, 49)„Meidet darum den Gräuel der Götzen <strong>und</strong> meidet dasWort der Lüge (22, 31).Der Prophet (s) <strong>und</strong> seine Gefährten wurden ja deshalb brutalerVerfolgung <strong>aus</strong>gesetzt, weil sie den Götzendienst abgelehnt hatten.Deswegen wurde ihnen unbeschreibliches Leid zugefügt. Kanndann dem Islam eine wie auch immer geartete Befürwortung desGötzendiensts zugeschrieben werden? Gewiss waren auch ImamIbn Íazm diese Stellen bekannt.Nachdem wir den Standpunkt des QurÞÁn in Bezug auf IbnÍazms Aussage erläutert haben, wollen wir untersuchen, wasImam Ibn Íazm mit seinen Worten genau meint.Diese Äußerung des Ibn Íazm müssen wir in den Kontext jenerseiner Schriften stellen, die er zur Verteidigung seiner Denkschule(Úahiriten) <strong>und</strong> gegen die Schule der MuÝtazila verfasst hatte. Sieist nur im Lichte dieser fast T<strong>aus</strong>end Jahre alten theologischenAuseinandersetzung zu betrachten <strong>und</strong> zu verstehen. Ohne dieDebatte allzu vertiefen zu wollen, möchten wir darauf hinweisen,dass sowohl Ibn Íazm als auch die MuÝtazila in gewisser Weiseextreme Ansichten vertreten hatten. MuÝtazila haben die Meinungvertreten, dass Gott in seinen Handlungen <strong>und</strong> in seiner Allmacht215


an bestimmte Dinge geb<strong>und</strong>en sei. Beispielsweise sei Gottverpflichtet, das Gute als gut <strong>und</strong> das Böse als böses zubezeichnen. Was an sich gut ist, das nennt Gott gut, <strong>und</strong> wastatsächlich böse ist, das nennt Gott böse. 163 Hier muss klar gestelltwerden, dass mit den Worten, Gott sei geb<strong>und</strong>en, die MuÝtazilakeineswegs meinten, eine äußere Kraft würde Gott dazuverpflichten. Vielmehr bedingen die Eigenschaften Gottes, dass Erentsprechend handelt. Ibn Íazm <strong>und</strong> andere Gelehrte haben aufdie Aussage, Gott sei zu irgendetwas verpflichtet, scharf reagiert.Sie vertraten die Ansicht, wenn Gott wolle, könne Er Dinge, die inunseren Augen gut seien, als böse, <strong>und</strong> Dinge, die in unserenAugen schlecht seien, als gut bezeichnen. Nichts sei an sich gutoder böse, sondern erst dann, wenn Gott es zu etwas Gutem bzw.Bösem erkläre. Ibn Íazm schreibt:„Nichts ist schlecht, außer was Allah als schlecht bezeichnet,<strong>und</strong> nichts ist gut, außer was Allah als gut bezeichnet… WennEr alle Gehorsamen <strong>und</strong> Engeln <strong>und</strong> Propheten für immer indie Hölle stößt <strong>und</strong> bestrafen will, so ist das Sein Recht <strong>und</strong>es ist Recht <strong>und</strong> Gerechtigkeit von Ihm. Wenn er den Satan<strong>und</strong> die Ungläubigen für immer in das Paradies schickt <strong>und</strong>belohnt, so ist das Sein Recht <strong>und</strong> das ist Recht <strong>und</strong>Gerechtigkeit von Ihm. Da aber Allah alle diese Dingeverneint hat, <strong>und</strong> über sich bekannt gegeben hat, dass Er diesnicht tut, deswegen gelten diese Dinge als falsch, unrecht <strong>und</strong>frevlerisch.“ . 164Zwar sagt Ibn Íazm, dass Gott als Allmächtiger für gute Tatenbestrafen <strong>und</strong> für schlechte Taten belohnen könnte. Aber erverneint die Möglichkeit ganz eindeutig, denn er schreibt, dassGott dies nicht tun werde, weil Gott dies selbst als ungerechtbeschrieben habe. Es ist auf eine theoretische Möglichkeitangespielt worden, Sinn <strong>und</strong> Zweck davon ist, die Ansichten derMuÝtazila zu widerlegen. Natürlich besteht kein Zweifel darin,dass Ibn Íazm in manchen Fragen extreme Ansichten geäußerthatte. Er vertrat die Theorie, dass Gott es will, dass Menschen163 S. H. Nasr, Encyclopaedia of Islamic Philosophy, 2002, S. 108f164 Ibn Íazm, al-faÒl fil-milal wa-alahwÁÞi waniÎl, Beirut 1986216


Götzendienst betreiben, denn wenn Er es nicht gewollt hätte, wäreniemand Götzendiener. 165Aber er stellt in demselben Kapitel seines Werks klar, dass Gottdamit nicht zufrieden ist, dass jemand Götzendienst betreibe.Also scheint seine Meinung zu sein, dass Gott wollte, dass mancheMenschen gut sind <strong>und</strong> andere böse <strong>und</strong> dass manche glauben<strong>und</strong> andere ungläubig bleiben. Wenn es nicht so gewesen wäre, sowäre die Welt monotheistisch gewesen <strong>und</strong> keiner wärepolytheistisch oder Götzendiener. Aber Gott ist mit demGötzendienst nicht einverstanden <strong>und</strong> hat deswegen eineBestrafung dafür vorgesehen.Die in Rede stehende Stelle Ibn Íazms, die der Papst zitiert hat,ist gleichsam ein Zitat <strong>aus</strong> dritter Hand. 166 Hätte der Papst nunvermieden, ein Zitat <strong>aus</strong> dritter Hand vorzulegen, <strong>und</strong> wäre erstattdessen den Gr<strong>und</strong>sätzen der Forschung gefolgt, wonach erdieses Zitat im Werk von Ibn Íazm im Gesamtkontextuntersuchen müsste, so wäre es ihm möglich gewesen, diesenFehler zu vermeiden. Kurzum, wir konnten keine Stelle von IbnÍazm finden, wo er die Aussage, Gottes Handeln könne der<strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Weisheit widersprechen, als absolut wahr dargestellthätte.165 al-faÒl fil-milal wa-alahwÁÞi waniÎl, Band 1, Kapitel:هل شاء االله عزوجل کون الکفر والفسق وارادہ تعالی من الکافر والفاسق ام لم يشاء ذالک ولا اراد کونہ166 Ibn Íazm wird von Arnaldez zitiert, dieser von Khoury <strong>und</strong> dieser wiederumvom Papst217


5.6 Vorherbestimmung gegen WillensfreiheitWenn wir in diesem Zusammenhang die Stellen des QurÞÁngenauer betrachten 167 , dann erklärt sich die Sache von selbst. In5, 49 lesen wir:„Und hätte Allah gewollt, Er hätte euch alle zu einer einzigenGemeinde gemacht, doch Er wünscht euch auf die Probe zustellen durch das, was Er euch gegeben. Wetteifert darummiteinander in guten Werken.“Dieser Vers macht deutlich, wie der Wille Gottes in Bezug auf den<strong>Glaube</strong>n zu verstehen ist. Gott will niemand dazu zwingen, zuglauben, sondern Er will, dass der Mensch freiwillig glaubt, <strong>und</strong>Er will so die Menschen prüfen. In der Sura 11, 8 wird derfolgende Zweck der Erschaffung des Universums beschrieben:„…damit Er euch prüfe, wer von euch der Beste im Wirken sei.“Das Universum ist demnach erschaffen worden, damit Gott dieMenschen prüfe <strong>und</strong> sehe, wer von ihnen am besten handelt. In18, 30 lesen wir:„Die Wahrheit ist es von deinem Herrn. Lass darum gläubigsein, der will, <strong>und</strong> den ungläubig sein, der will.“Auch dieser Vers bestätigt die Tatsache, dass der Erhabene Gottkeinem Seinen Willen aufzwingt. Gott hat dem Menschen dieWahlfreiheit zwischen Gut <strong>und</strong> Böse gegeben. Gottes Wille ist,dass der Mensch freiwillig <strong>und</strong> durch eigenes Bemühen seinenGott erkennt, an Ihn glaubt <strong>und</strong> zu Seinem gehorsamen Diener167 S. auch 2, 196: “Stürzt euch nicht mit eigener Hand ins Verderben“ DieseStelle zitiert Rodwell ebenfalls als Beleg f. Willensfreiheit in der islamischenLehre (vgl. The Koran, London, 1966, Fußnote zu 2, 196)218


wird. Gottes Wort: „Hätte ich gewollt, so hätten alle geglaubt“ istso zu verstehen, dass Gott eben nur will, dass der Menschfreiwillig <strong>und</strong> durch eigenen Entschluss glaubt. Dadurch wird ervon Gott den besten Lohn empfangen.Falls durch die Zitate von Imam Ibn Íazm der Eindruckentstehen sollte, dass Gott dem Menschen Seinen Willenaufzwingt, so reichen die zitierten Stellen des QurÞÁn <strong>aus</strong>, umdiesen Eindruck zu widerlegen. In diesem Zusammenhang ist dieLehre des QurÞÁn völlig rational <strong>und</strong> nachvollziehbar. Der Islamist eine Religion der Mitte (2, 144), die in jeder Angelegenheitverbietet, in das eine oder andere Extrem zu fallen. Im Lichte derLehren des QurÞÁn kann die Existenz vom Götzendienst nichtGott zugeschrieben werden. Der QurÞÁn lehrt ja eindeutig dasGegenteil. Falls Ibn Íazm irgendwo einen Voluntarismus vertritt,so können wir dies nicht akzeptieren. Allerdings muss auchdarauf hingewiesen werden, dass durch das Beispiel von IbnÍazm der Papst einen Gelehrten <strong>aus</strong>gewählt hat, der zu einerDenkschule gehört, die heute überhaupt nicht existiert. DieMeinung dieser Schule wurde dem gesamten Islam zugeschrieben,damit sollte der Eindruck entstehen, islamische Lehre seiirrational. Andererseits hat der Papst jene Denkschulen <strong>aus</strong> derislamischen Welt völlig unerwähnt gelassen, die rationaleAnsichten vertraten wie Philosophen, Theologen (mutakallimÙn),Gelehrte <strong>und</strong> Mystiker. Dazu gehören bedeutende Denker wie IbnSina, Avveroes, ImÁm RÁzi, ImÁm ZamašÌari, Ibn Ëaldun, IbnÝArabi <strong>und</strong> viele andere. Es waren Rationalisten, deren Werke anden abendländischen Universitäten lange Zeit als LehrbücherVerwendung fanden. Sie gehören sicherlich zu den Wegbereiternder Renaissance.Was nun den Islam anbelangt, ist Rationalität ein wichtiges Gebotdes QurÞÁn, <strong>und</strong> jeder Muslim ist gehalten, diesem Gebot zufolgen. Es ist nicht nur eine Forderung an den Menschen, dass ervon <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Verstand Gebrauch machen soll. Sondern Gottgibt im QurÞÁn Sein eigenes Beispiel, dass Seine Handlung mit derWeisheit, <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Gerechtigkeit übereinstimmt. Es istverboten, Gott etwas zuzuschreiben, was unvernünftig ist. LautQurÞÁn ist dies äußerst unerwünscht. (17, 91-96). In diesen Versen219


verlangen die Gegner vom Propheten MuÎammad (S) Dinge, dieunvernünftig sind. Daraufhin offenbart Gott dem Propheten, aufsolche Forderungen zu sagen: „Heilig ist Allah.“ Gott ist Heilig<strong>und</strong> sein Handeln ist solchen irrationalen Forderungenentgegengesetzt. Diese Stelle beweist eindeutig, dass der QurÞÁnGott als frei von jeglicher Irrationalität erklärt. Diese Stelle straftall jene Lügen, die behaupten, im Islam sei Gottes Handelnbisweilen mit der <strong>Vernunft</strong> unvereinbar (Gott behüte).5.7 Christentum <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>Der Papst hat über das Thema <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> <strong>Glaube</strong>n gesprochen<strong>und</strong> in diesem Zusammenhang eine Stelle von Imam Ibn Íazmvorgelegt, während die Muslime nicht an seine Aussage geb<strong>und</strong>ensind. Doch seine eigene Aussage bezüglich <strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>ist sehr verw<strong>und</strong>erlich. Einerseits gibt er das Beispiel einer altenDenkschule der Muslime <strong>und</strong> sagt, dass im Islam Gott etwasUnvernünftiges zugeschrieben werden könne. Andererseits stellt erdie Forderung nach der Weite der <strong>Vernunft</strong>. Die Frage ist hier,wenn man Mut zur Weite der <strong>Vernunft</strong> zeigen soll, wer soll hiereine Grenze ziehen, <strong>und</strong> wo soll die Grenze gezogen werden. Willer damit jene <strong>Glaube</strong>nsmeinungen, die alle vernünftigenMenschen als Irrationalismus ablehnen, vernunftgemäßerscheinen lassen. Beispielsweise wäre hier die Frage berechtigt, wiedas Verhältnis einiger christlicher Dogmen zur <strong>Vernunft</strong> <strong>aus</strong>sieht.Bei genauerem Hinsehen findet man in den christlichen SchriftenLehrenmeinungen, die kaum mit der <strong>Vernunft</strong> erklärt werdenkönnen, beispielsweise die Erbsünde, Sühneopfer <strong>und</strong> die Trinität.Wenn Gottes Handeln im Christentum nicht der <strong>Vernunft</strong>widerspricht, wie der Papst immer wieder betont, warum gibt esdann bestimmte Dogmen, die mit der <strong>Vernunft</strong> nichtübereinstimmen. Der Papst unterstellt dem Islam Voluntarismus(natürlich auch einigen innerchristlichen Konkurrenten, aber dasist nicht unser Thema). Doch genau diesen Voluntarismus scheintauch der Papst zu vertreten, wenn man nämlich das AlteTestament heranzieht. Zum Beispiel wissen wir <strong>aus</strong> dem BuchGenesis, dass Adam <strong>und</strong> Eva vom Baum der Erkenntnis aßen,220


wodurch sie begannen, zwischen Gut <strong>und</strong> Böse zu unterscheiden<strong>und</strong> deswegen von Gott als Strafe <strong>aus</strong> dem Garten Eden vertriebenwurden. (Genesis 3,22f.) Wenn aber Adam <strong>und</strong> Eva vor demVerzehr von diesem Baum keine Erkenntnis von Gut <strong>und</strong> Bösehatten (Strafunmündigkeit), warum wurden sie denn von Gottbestraft? Wäre das nicht eine irrationale Handlung? Aber es bleibtnicht dabei. Nicht nur Adam <strong>und</strong> Eva werden bestraft, sonderndiese Sünde wird durch Geburt an ihre Kinder <strong>und</strong> Kindeskinderweitergegeben (Erbsünde). Seit sechs Jahrt<strong>aus</strong>enden werde jedergeborene Mensch als Sündiger geboren, weil Adam <strong>und</strong> Eva füreine Tat bestraft wurden, obwohl sie im Augenblick der Tat keinBewusstsein für Gut <strong>und</strong> Böse besaßen. Das scheint sehrvernünftig! (soviel Ironie sollte erlaubt sein). Der QurÞÁn abermacht die Angelegenheit mit wenigen Worten klar: „KeineLasttragende wird die Last einer anderen tragen.“ (6, 165) LautQurÞÁn muss jeder Einzelne selbst für seine Handlungengeradestehen. Demnach müssen die Kinder Adams nicht fürVergehen büßen, die sie nicht begangen haben. Abschließenderlauben wir uns höflich, eine Frage an den Pontifex zu richten:Welche der beiden Lehren ist der <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Gerechtigkeitnäher?221


6 Islam - Religion des Wissens <strong>und</strong> derArgumentevon Dr. Abdur Rahman BhuttaDer Papst hat sich in seiner Vorlesung auf eine Aussage von KaiserManuel bezogen. Damit erweckte der Pontifex den Eindruck, dassder Islam die Verbreitung seiner <strong>Glaube</strong>nssätze durch Gewalt <strong>und</strong>Unterdrückung lehrt. In diesem Zusammenhang las er folgendesZitat von Kaiser Manuel vor:„Der <strong>Glaube</strong> ist Frucht der Seele, nicht des Körpers. Wer alsojemanden zum <strong>Glaube</strong>n führen will, braucht die Fähigkeit zurguten Rede <strong>und</strong> ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt <strong>und</strong>Drohung… Um eine vernünftige Seele zu überzeugen, brauchtman nicht seinen Arm, nicht Schlagwerkzeuge noch sonsteines der Mittel, durch die man jemanden mit dem Todbedrohen kann…“So nährte der Papst das Vorurteil, dass die Religion des Islamlehre, ihre Gr<strong>und</strong>sätze mit Gewalt <strong>und</strong> Zwang zu verbreiten,anstatt diese mit Argumenten zu beweisen. Der Eindruck istabsolut falsch, unbegründet <strong>und</strong> widerspricht den Tatsachen. DerNachdruck, mit dem der QurÞÁn die Gewissensfreiheit, dieArgumentation <strong>und</strong> den Gebrauch der <strong>Vernunft</strong> betont, ist ineinem heiligen Buch einer anderen Religion kaum zu finden.Beim Studium des QurÞÁn wird deutlich, dass der reine <strong>und</strong>ursprüngliche Islam, wie er vom Propheten MuÎammad (S)gelehrt <strong>und</strong> vorgelebt wurde, Vorreiter der Meinungsfreiheit ist.Was Kaiser Manuel betrifft, so war er dem Papst zufolge eingebildeter Mann <strong>und</strong> kannte den QurÞÁn. Wenn Kaiser Manueltatsächlich, wie vom Papst behauptet, den QurÞÁn aufmerksamstudiert hätte, so hätte er gewusst, dass der QurÞÁn zurÜberzeugung anderer fast den gleichen Weg gewiesen hat, denauch er vorschlägt, allerdings hat der QurÞÁn dies schon 1000Jahre vor ihm geleistet:222


„Rufe auf zum Weg deines Herrn mit Weisheit <strong>und</strong> schönerErmahnung, <strong>und</strong> streite mit ihnen auf die beste Art.“ (16, 126)Daher soll in diesem Kapitel anhand von QurÞÁn <strong>und</strong> ÍadÐ×deutlich gemacht werden, dass der Islam nachdrücklich betont,seine Lehren mit Argumenten zu beweisen. Und dazu istaußergewöhnlich großes Gewicht auf die Notwendigkeit derErlangung von Wissen gelegt worden. Und es wird auch gezeigt,dass der QurÞÁn einen unendlichen Schatz von Weisheit <strong>und</strong>Wissen enthält, den jeder Mensch im Dialog mit seinemGegenüber als Quelle der Argumentation nutzen kann.Um richtige Informationen über irgendeine Religion zu erhalten,ist es wichtig, sich der Heiligen Schrift der jeweiligen Religionzuzuwenden <strong>und</strong> ihre gr<strong>und</strong>legende Lehre <strong>und</strong><strong>Glaube</strong>nsgr<strong>und</strong>sätze zu betrachten; keineswegs sollte eineendgültige Meinung gebildet werden durch die Beobachtung derHandlungsweisen <strong>und</strong> Traditionen der Anhänger der betreffendenReligion <strong>aus</strong> einer bestimmten Epoche. Es ist bedauerlich, dassauch der Papst allem Anschein nach sich nur oberflächlich mitdem Islam beschäftigt <strong>und</strong> sich eine Meinung zurecht gelegt hat,die auf der Betrachtung der Handlungen der muslimischenBevölkerungen zu beruhen scheint <strong>und</strong> dass er keineNotwendigkeit empf<strong>und</strong>en hat, das Heilige Buch des Islam <strong>und</strong>seine gr<strong>und</strong>legenden Lehren unvoreingenommen zu studieren.Diese Vorgehensweise ist so, als wenn jemand sich eine Meinungüber Jesus Christus <strong>und</strong> seine Lehre bilden würde, indem er sichden Dreißigjährigen Krieg in Europa betrachtet. Eine solche Art<strong>und</strong> Weise entfernt den Menschen von den eigentlichenWahrheiten <strong>und</strong> führt in die falsche Richtung.223


6.1 Argumente <strong>und</strong> Beweise im HeiligenQurÞÁnDie Lehre des Islam spricht <strong>aus</strong>führlich über die Wichtigkeit vonWissen <strong>und</strong> Weisheit. Bei der Einladung zum Islam <strong>und</strong> seinerVerkündung spielen Argumente <strong>und</strong> vernünftige Beweise einegr<strong>und</strong>legende Rolle. Im Heiligen QurÞÁn heißt es:„Rufe auf zum Weg deines Herrn mit Weisheit <strong>und</strong> schönerErmahnung, <strong>und</strong> streite mit ihnen auf die beste Art.“ (16, 126)In dieser Belehrung des Heiligen QurÞÁn sind all die Tugendenenthalten, die man sich aneignen soll, um einen Menschen zumeigenen <strong>Glaube</strong>n einzuladen. In „schöner Ermahnung“ sind guteArgumente, gute Belehrungen, gutes Betragen <strong>und</strong> dieVerwendung höflicher Sprache enthalten. Und es wird daraufhingewiesen, dass der Dialog nicht mit dem Gedanken stattfindensollte, dem anderen eine Niederlage zu bereiten, sondern mansollte Wahrheit, Wohltat <strong>und</strong> Mitgefühl im Sinn haben. In diesemZusammenhang sagt Allah in einem anderen Vers:„Und wer ist besser in der Rede als einer, der zu Allah ruft<strong>und</strong> Gutes tut <strong>und</strong> spricht: „Ich bin einer der Gottergebenen“?Gut <strong>und</strong> Böse sind nicht gleich. Wehre (das Böse) mit dem ab,was das Beste ist. Und siehe, wenn Feindschaft zwischen dir<strong>und</strong> einem anderen war, so wird der wie ein vertrauter Fre<strong>und</strong>werden.“ (41, 34-35)Der QurÞÁn legt großen Wert auf Beweise. Er betont<strong>aus</strong>drücklich, dass nur dann ein Sachverhalt akzeptabel ist, wennfür ihn eindeutige Beweise (bayyina) vorliegen:224


„..damit, wer da (bereits) umgekommen war durch eindeutliches Zeichen, umkomme, <strong>und</strong> wer da (bereits) zumLeben gekommen war durch ein deutliches Zeichen, lebe.“(8, 43)In diesen Versen wird uns erklärt, dass unser Gespräch mit einemGegenüber den Zweck haben sollte, zum Wege Gottes zu rufen,<strong>und</strong> nicht eine Zursch<strong>aus</strong>tellung unseres Wissens oder den Hang,andere zu erniedrigen. Und das beste Gespräch ist dasjenige, indem das Wohlgefallen Allahs vor Augen gehalten wird <strong>und</strong>Gesprächsteilnehmer die Wahrheit sagen. Ferner wird auch daraufhingewiesen, dass man die Ermahnungen, die man anderen gibt,auch selbst befolgen soll. Im zweiten Vers wird gesagt, dass Gut<strong>und</strong> Böse nicht gleich sind, daher siegt am Ende sicherlich dieWahrheit. Wenn man etwas nicht richtig findet, dann soll mangute <strong>und</strong> rechtschaffene Dinge tun, um dies abzuwenden. Hierwird gleichzeitig auch daran erinnert, dass wenn der Gegner beider Diskussion sich ungerechtes Verhalten erlauben sollte, dassman dann selbst Härte <strong>und</strong> Beleidigung meiden muss, <strong>und</strong>keineswegs Gleiches mit Gleichem vergelten darf. Dies ist lautQurÞÁn gänzlich <strong>aus</strong>geschlossen. Im Gegenteil, guteHandlungsweise soll die Erwiderung darauf sein. Des Weiterenhat Gott mit Argumenten dargelegt, dass ein Versuch, auf dasBöse mit guten Taten zu antworten, auf die Seele des GegnersWirkung haben <strong>und</strong> sein Herz umwandeln würde. Dies könnteletztlich dazu führen, dass derjenige, der einen feindselig <strong>und</strong>gr<strong>aus</strong>am behandelte, zu einem treuen Fre<strong>und</strong> wird.Durch das Studium des Heiligen QurÞÁn wird deutlich, dass erjeden Anspruch mit Argumenten untermauert, <strong>und</strong> für jedenAnspruch, den der Gegner erhebt, Argumente fordert. ZumBeispiel ist ein Anspruch des QurÞÁn, dass er das Wort Gottes ist,wohingegen die Gegner dem widersprechen <strong>und</strong> sagen, dass derGründer des Islams ihn selbst geschrieben habe. Daher sagt derQurÞÁn als Argument für die Wahrhaftigkeit seines Anspruchs:225


„Und wenn ihr im Zweifel seid über das, was Wirhinabgesandt haben zu Unserem Diener, dann bringt eineSura hervor wie diesen (QurÞÁn) <strong>und</strong> ruft eure Helfer aufaußer Allah, wenn ihr wahrhaftig seid.“ (2, 24)„Sagen sie: „Er hat es erdichtet?“ Sprich „So bringt doch zehnebenbürtige, erdichtete Suren hervor <strong>und</strong> ruft an, wen ihrvermögt außer Allah, wenn ihr wahrhaft seid!“ (11, 14)„Sprich: „Ob sich auch die Menschen <strong>und</strong> die Éinnvereinigten, um ein diesem QurÞÁn Gleiches hervorzubringen,sie brächten doch kein ihm Gleiches hervor, selbst wenn sieeinander beistünden.“ (17, 89)Wenn dies also die Schrift eines Menschen ist, dann seid ihr dochauch Menschen. Bringt ihr alle zusammen auch nur eine Sure wiediese hervor! Dieses Argument ist so einleuchtend <strong>und</strong> gefestigt,dass es bis zum heutigen Tage niemand widerlegen konnte.Gen<strong>aus</strong>o fordert der QurÞÁn Argumente von den Gegnern, wenner deren Ansprüche erwähnt:226


„Und sie sprechen: „Keiner soll je in den Himmel eingehen, ersei denn ein Jude oder ein Christ.“ Solches sind ihre eitlenWünsche. Sprich: „Bringt her euren Beweis, wenn ihrwahrhaftig seid.“ (2, 112)„Lies im Namen deines Herrn, Der erschuf, erschuf denMenschen <strong>aus</strong> einem Klumpen Blut. Lies! Und dein Herr istder Allgütige, der (den Menschen) lehrte durch die Feder, denMenschen lehrte, was er nicht wusste.“ (96, 2-6)„Der an Kräften Mächtige hat ihn gelehrt,“ (53, 6)Kurzum, der Heilige QurÞÁn lädt den Menschen vielfach mitArgumenten dazu ein, nachzudenken <strong>und</strong> seinen Verstand zugebrauchen, denn der QurÞÁn wird die Verkörperung vonArgumenten <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong> genannt. Gott spricht alle Menschenan <strong>und</strong> sagt:„O ihr Menschen, gekommen ist zu euch in Wahrheit eindeutlicher Beweis von eurem Herrn, <strong>und</strong> Wir sandten hinabzu euch ein klares Licht.“ (4, 175)In diesem Vers wird der Heilige QurÞÁn ein Beweis <strong>und</strong> einArgument genannt, der nicht nur wie die Sonne selbst leuchtet,sondern auch der Welt Licht spendet. Wieso sollte man wohlGewalt <strong>und</strong> Zwang benötigen, um eine Lehre, die sich auf weise<strong>und</strong> leuchtende Argumentation beruft, zu verbreiten? Dies ist dasLicht, dass die Seele erhellt, <strong>und</strong> es kann gar nicht mit Gewalt indie Herzen eingebracht werden:227


„Sichtbare Beweise sind euch nunmehr gekommen von euremHerrn; wer also sieht, es ist zu seinem eigenen Besten; <strong>und</strong> werblind wird, es ist zu seinem eigenen Schaden. Und ich binnicht ein Wächter über euch.“ (6, 105)Die vorangehenden Verse genügen, um das Missverständnis<strong>aus</strong>zuräumen, dass der Islam nicht mit Argumenten überzeugenwolle, sondern dazu aufrufe, seine Lehre mit Waffengewalt, Stärkeoder Drohung durchzusetzen. Derartige verbrecherischen Mittel<strong>und</strong> barbarische Handlungen hat die Lehre des Islams nicht nötig,noch gibt sie die Erlaubnis dazu. Der Islam steht für einefriedvolle Koexistenz <strong>und</strong> für Miteinander <strong>und</strong> fordert,Diskussion <strong>und</strong> Gedanken<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch in einer fre<strong>und</strong>schaftlichenAtmosphäre <strong>und</strong> auf eine vernünftige Weise zu führen.Nun werden wir untersuchen, was für eine Bedeutung Wissen <strong>und</strong>Wissenserwerb im Islam haben. Wir werden diese Aspekte desIslams im Lichte des Heiligen QurÞÁn <strong>und</strong> der Anweisungen <strong>und</strong>Belehrungen des Stifters des Islam Muhammad (S) betrachten6.2 Die Bedeutung von Wissen im IslamDas erste <strong>und</strong> letzte Ziel von Religion ist es, den Menschen inseinen spirituellen Stufen zu erhöhen <strong>und</strong> ihn zu Allah zu führen<strong>und</strong> zwischen Gott <strong>und</strong> Mensch einen lebendigen Kontaktherzustellen. Die Religion des Islam hat erklärt, dass man zurErlangung dieses Zieles Wissen benötigt <strong>und</strong> im Heiligen QurÞÁnhat Allah sehr häufig von Wissen gesprochen <strong>und</strong> dieses zurGr<strong>und</strong>lage von allen wichtigen Angelegenheiten erklärt. In Bezugauf den Kontakt zu Allah hat Er deutlich gesagt:228


„Nur die Wissenden unter Seinen Dienern fürchten Allah.“(35, 29)Dann sagt Er:„Sprich: „Sind solche, die wissen, denen gleich, die nichtwissen?“ Allein nur die mit Verstand Begabten lassen sichwarnen.“ (39, 10)Wissen ist verb<strong>und</strong>en mit Argumenten, denn ohne Wissen, kannkeine Diskussion geführt werden. Er sagt:„Seht doch! Ihr seid es ja, die über das stritten, wovon ihrKenntnis hattet. Warum streitet ihr denn über das, wovon ihrdurch<strong>aus</strong> keine Kenntnis habt? Allah weiß, ihr aber wissetnicht.“ (3, 67)„Dies sind Gleichnisse, die Wir für die Menschheit aufstellen,doch es verstehen sie nur jene, die Wissen haben.“ (29, 44)Der Auftrag des Heiligen Propheten (saws) war, Wissen zu lehren.Es wird gesagt:„Er ist es, Der unter den Analphabeten einen Gesandtenerweckt hat <strong>aus</strong> ihrer Mitte, ihnen Seine Zeichen vorzutragen229


<strong>und</strong> sie zu reinigen <strong>und</strong> sie die Schrift <strong>und</strong> die Weisheit zulehren“ (62, 3)„Gen<strong>aus</strong>o wie Wir zu euch schickten <strong>aus</strong> eurer Mitte einenGesandten, der euch Unsere Zeichen ansagt <strong>und</strong> euch reinigt,euch das Buch lehrt <strong>und</strong> die Weisheit <strong>und</strong> euch das lehrt, wasihr nicht wusstet.“ (2, 152)„Er ist es, Der die Sonne zur Leuchte <strong>und</strong> den Mond zu einemSchimmer machte <strong>und</strong> ihm Stationen bestimmte, auf dass ihrdie Anzahl der Jahre <strong>und</strong> die Berechnung kennen möchtet.Allah hat dies nicht anders denn in Weisheit geschaffen. Erlegt die Zeichen einem Volke dar, das Wissen besitzt.“ (10, 6)„Wir machten die Nacht <strong>und</strong> den Tag zu zwei Zeichen, indemWir das Zeichen der Nacht dunkel gemacht haben, <strong>und</strong> dasZeichen des Tags haben Wir licht gemacht, auf dass ihr nachFülle von eurem Herrn trachtet <strong>und</strong> die Bemessung der Jahre<strong>und</strong> die Rechenkunst kennt. Und jegliches Ding haben Wirklar gemacht mit deutlicher Erklärung.“ (17, 13)So viele Aufforderungen zur Erlangung von Wissen, wie sie in denAussagen des Stifters des Islam (S) vorhanden sind, können inkeiner Lehre eines anderen Religionsstifters gef<strong>und</strong>en werden. Indiesem Zusammenhang werden hier einige AÎÁdi× – Aussagen desHeiligen Propheten MuÎammad (S) – angeführt:230


Er sagte:„Allah hilft demjenigen unter Seinen Dienern, der seinemMuslim-Bruder hilft, <strong>und</strong> demjenigen, der zur Erlangung vonWissen Reisen auf sich nimmt, erleichtert Er den Weg insParadies.“ 168Die her<strong>aus</strong>ragende Stellung eines Suchers nach Wissen, die indiesem ÍadÐ× beschrieben wird, zu übertreffen ist unvorstellbar.Das Erlangen des Paradieses ist <strong>aus</strong> religiöser Sicht der Sinn desLebens <strong>und</strong> Wissenserwerb ist als ein wichtiges Mittel dazubezeichnet worden.In einem weiteren ÍadÐ× heißt es:„Wissen zu erwerben ist Pflicht für jeden Muslim“ 169Der Prophet MuÎammad (S) sagte: „Jeder, der zum Wissenserwerbeine Reise unternimmt, der ist auf Allahs Weg unterwegs bis erzurückkehrt.“ 170In einem weiteren ÍadÐ× ist zu lesen: „Strebt nach Wissen, selbstwenn ihr dazu nach China reisen müsst.“ 171In den kleinen Sätzen der vorangehenden ÍadÐ×-Überlieferungenist die umfassende Thematik der Wichtigkeit <strong>und</strong> Vorzüglichkeitvon Wissen auf w<strong>und</strong>ervolle Art <strong>und</strong> Weise kurz <strong>und</strong> bündigdargestellt worden.Hier sagt der Heilige Prophet (S):„Wer zum Erwerb von Wissen eine Reise unternimmt, denwird Allah auf einem der vielen Wege ins Paradies führen.168 Muslim, KitÁb-ul-Úikr wad-daÝwÁ al-taubah169 Ibn MÁÊah, KitÁb-ul-Maqaddama, BÁb FaÃl-ul-UlamÁÞ170 TirmiÆÐ, KitÁb-ul-Ýilm171 Kunzal-ÝamÁl Nr. 28698231


Sicherlich entfalten die Engel vor Freude ihre Flügel übereinem Wissenssuchenden. Und was immer in den Himmeln<strong>und</strong> auf Erden ist, <strong>und</strong> auch die Fische des Meeres, bitten umVergebung für ihn. Sicherlich übertrifft ein Wissender einenBetenden im gleichen Maße an Vorzüglichkeit, die derVollmond in einer von Mondlicht beglänzten Nachtgegenüber den Sternen hat. Sicherlich sind die Gelehrten dieErben der Propheten <strong>und</strong> die Erbschaft der Propheten istnicht Gold <strong>und</strong> Silber, sondern Wissen.“ 172Klare Worte des Gründers des Islams, die die große Bedeutung<strong>und</strong> Vorzüglichkeit von Wissen hervorheben. Ein solchesEintreten für die Wissenschaft wird man bei keinem anderenReligionsgründer finden. Keine andere Religion kann einderartiges Beispiel vorweisen.6.3 Der Heilige QurÞÁn – Wissen <strong>und</strong>WeisheitWie bereits <strong>aus</strong>geführt, hat der Papst in seiner Rede den Eindruckerweckt, dass der Islam eine Religion sei, in der Wissen <strong>und</strong>Weisheit nicht gefragt seien, <strong>und</strong> die nicht mit Argumentenüberzeugen, sondern sich mit Gewalt durchsetzen wolle. Es wirdnun untersucht, wie diese Behauptung im Lichte des QurÞÁn zubewerten ist.Laut dem Heiligen QurÞÁn ist Gott die eigentliche Quelle allenWissens:„..sie begreifen nichts von Seinem Wissen, außer was Ihmgefällt.“ (2, 256)172 Kunzal-ÝamÁl Nr. 28746232


Die Botschaft ist hier deutlich, nämlich dass die MenschenZugang zu den Bereichen des Unbekannten haben können, abernur in dem Maße, wie Er es erlaubt. Dies beinhaltet auch, dass dieso genannte weltliche Forschung <strong>und</strong> Erk<strong>und</strong>ung letzten Endesnicht vollkommen weltlich ist. Jedes Zeitalter, das eine neue<strong>Perspektive</strong> des Wissens eröffnet, ist im Einklang mit GöttlichemVorhaben <strong>und</strong> Göttlicher Anordnung. 173In diesem Zusammenhang sagt der QurÞÁn, dass die Schätze desWissens unbegrenzt <strong>und</strong> unendlich sind. Dem Menschen wirddieses Wissen nach <strong>und</strong> nach gewährt, <strong>und</strong> zwar entsprechendseiner Notwendigkeit. Also sagt Gott im QurÞÁn:„Und es gibt kein Ding, von dem Wir nicht Schätze hätten;aber Wir senden es nur nach bestimmtem Maß hinab.“ (15, 22)„Die w<strong>und</strong>ervollste Botschaft, die durch den eben zitiertenVers übermittelt wird, lautet, dass die Welt des Unbekanntengrenzenlos <strong>und</strong> unergründlich ist, dennoch wird demMenschen stets Zugang zu ihr gewährt werden, jedoch inangemessenen Mengen, die von Gott im Einklang mit denBedürfnissen <strong>und</strong> Geboten der Zeit abgeschätzt werden.Folglich ermutigen die QurÞÁnischen Begriffe des„Unbekannten“ <strong>und</strong> „Ungesehenen“ keineswegs zu blindem<strong>Glaube</strong>n <strong>und</strong> Unwissen. Im Gegenteil, sie fördern konstanteErforschung, indem sie dem Menschen versichern, dass das,was er als Wirklichkeit kennt <strong>und</strong> beobachtet, ein winzigkleiner Teil ist im Vergleich zu dem, was er nicht weiß. Dahermuss das menschliche Streben nach Wissen stets andauern, dader Ozean der Geheimnisse der Natur unerschöpflich ist.“ 174Der Verheißene Messias Hazrat Mirza Ghulam Ahmad (A)beschreibt die Besonderheiten des QurÞÁn mit folgenden Worten:173 Hazrat Mirza Tahir Ahmad, Revelation, Rationality, Knowledge and Truth,London, S. 276174 ibid, S. 277233


„Heute ist von allen offenbarten Schriften auf der Erde alleinder Heilige QurÞÁn derjenige, von dem mit unwiderlegbarenArgumenten bewiesen ist, dass er tatsächlich Gotteswort ist.Seine Prinzipien für die Erlösung beruhen vollkommen aufder Wahrheit <strong>und</strong> naturgemäßen Handlungsweisen. SeineGr<strong>und</strong>sätze sind vollkommen <strong>und</strong> gefestigt. Seine starkenBeweisführungen bezeugen seine Wahrhaftigkeit. Seine Gebotebasieren nur auf Gerechtigkeit. Seine Lehren sind rein vonjeglicher Beimischung von Vielgötterei (Širk), Ketzerei(BiddÝat) <strong>und</strong> Anbetung von Geschöpfen. In ihm wird höchsteLeidenschaft deutlich für die Einheit Gottes, für dieErhabenheit Gottes <strong>und</strong> das Aufzeigen der EigenschaftenGottes. Ihm ist der Vorzug eigen, dass darin nur die EinheitGottes gepriesen wird. Und er befleckt Gottes Wesen nichtmit Schande, Fehlern <strong>und</strong> schlechten Eigenschaften. Und erwill keinen <strong>Glaube</strong>nsgr<strong>und</strong>satz mit Gewalt aufzwingen.Sondern er zeigt im Vor<strong>aus</strong> die Begründung derWahrhaftigkeit seiner Lehren. Und jede Bedeutung <strong>und</strong> jedenZweck beweist er durch Argumentation <strong>und</strong> vernünftigeBeweisführung. Und durch das Liefern aller Argumente fürdie Wahrhaftigkeit jedes Prinzips lässt er einen den Zustandder vollkommenen Überzeugung <strong>und</strong> des vollkommenen<strong>Glaube</strong>ns erreichen. Und alles Schlechte <strong>und</strong> Unreine <strong>und</strong>Falsche <strong>und</strong> alle Streitigkeiten, die es in den<strong>Glaube</strong>nsgr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong> Taten <strong>und</strong> Aussagen <strong>und</strong>Handlungen der Menschen gibt, all diese Übelstände entfernter mit dem Licht der <strong>Vernunft</strong> <strong>und</strong> Beweisführung <strong>und</strong> lehrtalle guten Verhaltensregeln, deren Kenntnis wichtig ist, umeinen Menschen zu einem Menschen werden zu lassen.“ 175175 BrÁhÐn-e-AÎmadiyya, S. 81-83234


7 Was hat der Heilige Prophet Neuesgebracht?von Mohammad Dawood Majoka, Mir Abdul LatifDas Zitat des byzantinischen Kaisers Manuel, das der Papst inseiner Rede wiedergegeben hat, enthält auch die Frage: Was hatMuÎammad (S) Neues gebracht? Der Kaiser beantwortet dieseFrage selbst <strong>und</strong> sagt: „Nur Inhumanes!“ Es gibt keinen Zweifeldaran, dass das unkommentierte Anführen solcher Zitate (waseine stillschweigende Zustimmung bedeutet) seitensVerantwortlicher zu schwerwiegenden Vorurteilen über den Islamgeführt hat. Der Papst hat nicht dazu beigetragen, dass dieVorurteile abgebaut werden, sondern im Gegenteil, durch seineunverantwortliche Rede sie noch weiter verstärkt. Auf die Fragedes Kaisers eingehend, werden wir in diesem Kapitel jene Aspekteder Lehren des Heiligen Propheten MuÎammad (S) her<strong>aus</strong>stellen,die zuvor in den anderen Religionen (bzw. in ihren Schriften)nicht vorhanden waren.Was hat der Heilige Prophet (S) Neues gebracht? Das können wirnur dann feststellen, wenn wir die Lehren der von ihm gebrachtenReligion, dem Islam, mit den Lehren früherer Religionenvergleichen. Im Folgenden werden wir uns darauf beschränken,die Lehren des Christentums <strong>und</strong> Judentums mit dem Islam zuvergleichen, da diese beiden Religionen dem Islam am nächstenstehen <strong>und</strong> auch der Kaiser Manuel <strong>und</strong> der Papst sich auf derenTradition berufen (nämlich die des Alten <strong>und</strong> Neuen Testaments).Es sei vorab angemerkt, dass die neue Lehre, die der Islam brachte,sich in drei Bereiche unterteilen lässt: Erstens solche Lehren, dievor dem Islam überhaupt nicht existierten. Zweitens solcheLehren, die vor dem Islam bekannt waren, aber durch ihn invollkommener <strong>und</strong> vollständiger Weise offenbart <strong>und</strong> von ihrenMängeln befreit wurden. Schließlich hat der Islam solche Lehren235


wiederbelebt, die zuvor existierten, aber im Laufe der Zeitverloren gegangen waren.Wie bereits hervorgehoben, können die Lehren einer Religion nuranhand ihrer ursprünglichen Quellen bestimmt werden. Dies istauch deshalb wichtig <strong>und</strong> notwendig, weil Anhänger vonReligionen bisweilen versucht sind, ihre Lehre der allgemeinenMode oder dem Trend anzupassen, um sie zeitgemäß erscheinenzu lassen. Manche gehen sogar so weit, dass sie ihre persönlichenVorstellungen als die ihrer eigenen Religion <strong>aus</strong>geben.Die Urquelle des Islams ist der Heilige QurÞÁn. An zweiter Stellekommen die Aussagen des Heiligen Propheten (S), also das ÍadÐ×.Aber keine Tradition oder Überlieferung, die gegen den QurÞÁnverstößt, selbst wenn sie dem Propheten (S) zugeschrieben wird,ist für die Muslime akzeptabel. 176 Die Hauptquelle des Judentumsist das Alte Testament, für die Christen kommt das NeueTestament dazu. Die Schriften geben nach der Ansicht ihrerAnhänger das Wort Gottes wieder. Deshalb werden wir uns beidem Vergleich der Lehren auf diese Hauptquellen beschränken.Sek<strong>und</strong>äre Quellen können nur zur Erläuterung der Hauptquellenbenutzt werden, solange sie ihnen nicht widersprechen.Es soll hierbei deutlich bleiben, dass wir dem AT <strong>und</strong> NT nichtvorwerfen können, dass ihre Lehre nicht vollständig <strong>und</strong>vollkommen ist, weil sie dies gar nicht für sich in Anspruchnehmen. Ganz im Gegenteil, Jesus hat unmissverständlich gesagt,dass er seinen Anhängern einiges nicht gesagt hat, das ihnen vomGeist der Wahrheit mitgeteilt werden wird 177 . Der Geist derWahrheit – also der Prophet MuÎammad (S) – tat dies zu seinerZeit <strong>und</strong> beanspruchte klar <strong>und</strong> deutlich, dass seine Lehrenvollkommen <strong>und</strong> vollständig sind (5, 4). Er forderte alle seineGegner auf, eine dem QurÞÁn ebenbürtige Lehre zu präsentieren<strong>und</strong> sagte auch vor<strong>aus</strong>, dass sie dazu nicht imstande sein werden176 Es ist Konsens unter den ÍadÐ×-Wissenschaftlern, dass eine Tradition, diedem QurÞÁn widerspricht, nicht akzeptiert werden kann, selbst wenn ihreäußeren Merkmale wie Überliefererkette usw. sie als authentisch erscheinenlassen mögen.177 Joh 16, 12-13236


(2, 24). Der nachfolgende Vergleich soll daher nur dazu dienen,die neuen <strong>und</strong> vollständigen Aspekte der Lehren des Islamsvorzustellen.Wir möchten drei Bereiche für diesen Vergleich <strong>aus</strong>wählen:1. <strong>Glaube</strong>n2. Verhaltensnormen3. SpiritualitätIn allen diesen drei Bereichen werden wir die Lehren des Islamsmit denen anderer Religionen vergleichen, um zu sehen wasMuÎammad (S) Neues gebracht hat <strong>und</strong> worin die Besonderheitenseiner Lehren liegen.7.1 <strong>Glaube</strong>Aus dem Bereich der Dogmatik <strong>und</strong> den <strong>Glaube</strong>nslehren möchtenwir wiederum drei Aspekte <strong>aus</strong>wählen, die für jede Religiongr<strong>und</strong>legend sind, nämlich: Gottesbild, die Stellung des Menschen<strong>und</strong> Leben nach dem Tode. Wir werden nun die Lehre des Islamszu diesen drei Aspekten mit den Lehren der früheren Religionenvergleichen.7.1.1 GottesbildDie Vorstellung von Gott, die vom Islam auf vollkommene Weisepräsentiert wird, existiert nur ansatzweise in den früherenReligionen. Vor dem Islam war Gott ein Stammesgott <strong>und</strong> einFamiliengott, obwohl er auch als Schöpfer des Weltalls bezeichnetwurde. Das Alte Testament stellt Gott als Gott Israels vor (Exodus5, 1, Exodus 9, 1). Selbst eine oberflächliche Betrachtung des AltenTestaments genügt, um festzustellen, dass Gott dort nur am Volkder Israeliten besonders interessiert ist. Die Juden sind sein<strong>aus</strong>erwähltes Volk (Dtn 7, 6) <strong>und</strong> Gott hat sie unter allen anderenVölkern <strong>aus</strong>gewählt (Dtn 14, 2). Deshalb wurde den Israelitengemäß der Bibel das Land der sieben Völker gegeben <strong>und</strong>237


efohlen, diese Völker vollständig zu vernichten (Dtn 7). Es sollin Erinnerung bleiben, dass die Sippe der Israeliten <strong>aus</strong>gewähltworden war (Amos 3, 2) nicht die jüdische Religion. Aus diesemGr<strong>und</strong> wurden jene Menschen, die zwar zur jüdischen Religiongehörten aber ihre Zugehörigkeit zum jüdischen Volk nichtanhand eines Stammbaums beweisen konnten, als unreinbezeichnet (Nehemia 7, 64). Es wurde auch verkündet, dass GottIsrael liebt aber Esau hasst! (Mal 1, 2-3)Diese Haltung blieb auch nach der Ankunft Jesu aufrecht. Jesusmachte deutlich: „…das Heil kommt von den Juden“ (Joh 4, 22).Er bewies auch durch sein Verhalten immer wieder, dass seineBotschaft nur für die Juden bestimmt ist. Seinen Anhängernbefahl er: „Geht nicht zu den Heiden <strong>und</strong> betretet keine Stadt derSamariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des H<strong>aus</strong>esIsrael.“ (Mat 10, 5-6). Jesus hob mit solcher Deutlichkeit hervor,dass seine Botschaft nur für die Juden sei, dass er verkündete: „Ichbin nur zu den verlorenen Schafen des H<strong>aus</strong>es Israel gesandt.“(Mat 15, 24). Als eine kanaanäische Frau ihn dennoch um Hilfebat, war seine erste Reaktion: „Es ist nicht recht, das Brot denKindern wegzunehmen <strong>und</strong> den H<strong>und</strong>en vorzuwerfen.“ (Mat10, 6). Diese Vorstellung über andere Völker wird vom NTvermittelt! Auch in der Praxis hat Jesus demgemäß gehandelt, wasauch erklärt, weshalb alle seine Jünger Israeliten waren. Am Endedes Evangeliums nach Matthäus wird zwar Jesus die Aussagezugeschrieben, dass die Apostel unter allen Völkern Jüngernehmen sollen. Aber diese Aussage widerspricht der obenerwähnten Lehre nicht. Denn gemeint sind auch hier die StämmeIsraels, die zu jener Zeit in verschiedene Länder zerstreut in derDiaspora lebten. Dies wird auch durch das Verhalten der JüngerJesu bestätigt, die unmittelbar von Jesus selbst unterwiesenworden waren (Apostelg 11, 1-3, Apostelg 11, 19). So ist es nichtverw<strong>und</strong>erlich, dass Paulus, der eigentlich der Gründer desheutigen Christentums ist, auf heftigen Widerstand seitens derunmittelbaren Jünger Jesu stieß, als er anfing, Heiden zumChristentum zu bekehren. Er musste vor ihnen erscheinen <strong>und</strong>sich rechtfertigen (Apg 15). Unter dem Einfluss der Lehren Jesukam aber auch er nicht umhin, einzugestehen, dass die Rettung„zuerst für den Juden“ <strong>und</strong> dann für die Griechen ist (Röm 1, 16).238


Aber auch dies ist eine Erfindung Pauli, Jesus war entschiedendagegen, das Evangelium anderen Völkern zu verkünden.Der Islam ist die einzige Religion, die einen Universellen Gottverkündet. In der aller ersten Sure des QurÞÁns wird Gott als Herraller Welten bezeichnet (1, 2). Der Islam betont dies <strong>und</strong>verkündet auch, dass Gott der Gott aller Völker ist <strong>und</strong> deshalb zuallen Völkern Gesandte geschickt hat (35, 25), damit sie an derGnade Gottes teilhaben. Dadurch hat der Islam die Gr<strong>und</strong>lage fürden gegenseitigen Respekt unter allen Völkern gelegt, denn dieMuslime sehen die Gründer aller Religionen als aufrichtige,gottesfürchtige Menschen an. Darüber hin<strong>aus</strong> gibt der Islam denAngehörigen anderer Religionen die frohe Botschaft, dass derIslam zwar die Gott gefälligere Religion ist, wenn aber jemand <strong>aus</strong>Unwissen oder wegen falscher Vorstellungen oder <strong>aus</strong> einemanderen Gr<strong>und</strong> dem Islam nicht beitreten sollte, so wird ihn Gott,wenn er gut handelt <strong>und</strong> an Gott <strong>und</strong> den Jüngsten Tag glaubt,nicht unbelohnt lassen (2, 63). Gibt es irgendeine andere Religion,die für Andersgläubige Ähnliches gelehrt hat? Entsprechend demKonzept des universellen Gottes verkündigte der Prophet (S): „Ichbin ein Gesandter zu euch allen“ (7, 159). Dies blieb nicht nur einetheoretische Verlautbarung. Praktisch fand man unter seinenAnhängern außer den Arabern auch Perser (SalmÁn), Römer(ÑuhaÐb), Äthiopier (BilÁl), Kopten (Maria), Israeliten (ÝAbdullahbin SalÁm) u. a. Der Heilige Prophet (S) schrieb auch Briefe an dieHerrscher in Arabien, Persien, Byzanz, Äthiopien <strong>und</strong> Ägypten<strong>und</strong> lud sie alle zum Islam ein (Ibn HišÁm). Kein Religionsstiftervor dem Heiligen Propheten (S) hat je ein Volk außer seinemeigenen zu seiner Religion eingeladen. Weder Moses noch Jesustaten dies. Die heutigen Beteuerungen ihrer Anhänger, ihreReligion sei universal, sind nur ein Vorwand, um diese Tatsachezu vertuschen <strong>und</strong> um eine möglichst große Zahl der Menschen<strong>aus</strong> allen Erdteilen anwerben zu können; vielleicht spielt hier einwenig Gleichgültigkeit gegenüber den Aussagen der eigenenSchriften eine gewisse Rolle.Was das Thema der Eigenschaften Gottes betrifft, so wird es vonden früheren Religionen nicht so <strong>aus</strong>führlich <strong>und</strong> vertiefendbehandelt, wie dies im Islam der Fall ist. Sie erwähnen nur einige239


ekannte Eigenschaften. Der Islam hingegen sagt nicht nur: „Alleschöne Namen sind Gottes“ (7, 181), sondern berichtet auch vonden Eigenschaften, die in den früheren Religionen nicht erwähntwurden z. B. hat keine Religion vor dem Islam die40) (24, سريع الحساب Rechnen“, Gotteseigenschaft „Schnell imerwähnt, auch nicht „der Vergrößernde“ (2, 116) oder „derErkenntliche“ (2, 158). Der Islam hat nicht nur mehrEigenschaften Gottes erwähnt, sondern auch die vielfältigenMissverständnisse über die bereits bekannten Eigenschaftenkorrigiert. Alle Religionen glauben auf die eine oder andere Weisean Gott als einen Barmherzigen, Gnädigen, Vergebenden,Schöpfer, Herrn. Aber leider haben sie, wie es im QurÞÁn<strong>aus</strong>gedrückt wird,„Gottes nicht gebührend gedacht, so wie es Ihm gebührt“ (6, 92).Im Hinduismus herrscht die Vorstellung, Gott könne alleserschaffen, aber nicht die Seelen. Gemäß dem Christentum istGott in allen anderen Sachen gerecht, aber bei der Erbsünde hat ernicht gerecht gehandelt <strong>und</strong> die Strafe für Adams Sünde seinergesamten Nachkommenschaft bis zum jüngsten Tag auferlegt. DasChristentum denkt auch, dass Gott die Sünden der Menschennicht ohne Gegenleistung vergeben könne <strong>und</strong> deshalb müsseJesus für die Sünden anderer sterben. Der Heilige ProphetMuÎammad (S) hat der Welt nicht nur über Gott <strong>und</strong> seineEigenschaften viel Neues gegeben, sondern auch vielfältige Fehlerbei den bereits bekannten Eigenschaften beseitigt.Auch über das Wesen Gottes gab es fehlerhafte Vorstellungen beiden früheren Religionen. So dachten die Juden, dass Gottsozusagen ihr Verwandter sei <strong>und</strong> zu ihnen in einer besonderenBeziehung stehe <strong>und</strong> sich um die anderen Völker gar nichtkümmere. Das Christentum hat Gott mehrheitlich einen Sohnbeigesellt <strong>und</strong> auf diese Weise die Einheit Gottes in Frage gestellt.Solche Konzepte stehen im Widerspruch zu den Gr<strong>und</strong>lagendieser Religionen selbst <strong>und</strong> scheinen auch allgemein ihreProbleme mit der Logik zu haben!240


Der Islam lehrte dagegen, dass Gott absolut frei ist von jeglicherBeteiligung eines anderen an Seiner Göttlichkeit (112, 2), Erbraucht für keine Aufgabe (auch nicht für die Vergebung derSünden) einen Sohn (112, 4). Er braucht auch keinen, um seineExistenz zu beweisen oder seine Macht zu demonstrieren (112, 3).Er ist die Macht über alles, was Er will, Er ist erhaben über Alles,unabhängig von Jedem, Schöpfer <strong>und</strong> Erhalter von Allem, deraber auch alles wieder hingwegnehmen kann <strong>und</strong> wird. SeinWesen ist unteilbar <strong>und</strong> frei von jeder Änderung, Minderung oderMehrung.7.1.2 Die Stellung des MenschenDer zweite Aspekt, den wir für diesen Vergleich <strong>aus</strong> dem Bereichder <strong>Glaube</strong>nslehre gewählt haben, ist die Stellung des Menschen.In den Religionen vor dem Islam gibt es entweder gar keineLehren über die Stellung des Menschen <strong>und</strong> den Zweck seinerSchöpfung oder es existieren nur bruchstückhafte <strong>und</strong> nichtbefriedigende Lehren. Das AT sagt zwar, dass Gott den Menschenals sein Ebenbild erschuf (Gen 1, 26). Aber praktisch gesteht denübrigen Menschen, außer den Israeliten, nicht einmal dasMenschsein zu (Dtn 7, Mal 1, 2-3 etc.); was auch andiskriminierenden Gesetzen gegenüber anderen Völkernerkennbar ist. Das Christentum hat in seiner ursprünglichenForm, e. g. Worten Jesu, dem nichts hinzugefügt. Wir habenbereits gesehen, dass Jesus die Israeliten als Söhne Gottes <strong>und</strong>andere Völker als „H<strong>und</strong>e“ bezeichnet hat (Mat 15, 26).Der Islam hat als erste Religion in der Welt die Idee derGleichheit aller Menschen verkündet <strong>und</strong> erklärt, dass dieUnterteilung in Völkern <strong>und</strong> Stämmen nur dem Zweck dient, dassdie Menschen einander erkennen mögen. Näher zu Gott ist aberderjenige, der am meisten gottesfürchtig ist (49, 14 u. 4, 2).Sowohl die Bibel als auch der QurÞÁn erklären, dass ihre Aufgabedarin besteht, die Menschen Gott näher zu bringen <strong>und</strong> dass sieversuchen sollen, sich die Göttlichen Eigenschaften anzueignen.Wenn wir uns aber die Bibel genauer anschauen, so stellen wir241


fest, dass der Gott der Bibel darum bemüht ist zu verhindern, dassder Mensch eine Ähnlichkeit mit Ihm bekommt. So soll Er zuerstden Menschen verboten haben, vom Baum der Erkenntnis desGuten <strong>und</strong> Bösen zu essen (Gen 2, 17), obwohl diese Erkenntniszur Erlangung der Nähe Gottes unabdingbar ist. Und als Er sah,dass der Mensch zwischen Gut <strong>und</strong> Böse unterscheiden kann,nachdem er von dem Baum verzehrt hat, vertrieb Er ihn <strong>aus</strong> demParadies, <strong>aus</strong> Angst davor, er könne wie Gott werden (Gen 3, 22).Wenn also Gott will, dass der Mensch so wird wie Er, in dem ersich Seine Eigenschaften aneignet, weshalb hat Er ihn dann darangehindert? Im Gegensatz dazu hat der Islam Gott keine derartunvernünftige Handlung zugeschrieben <strong>und</strong> den Menschenangewiesen, sich die Farben (sprich: die Eigenschaften) Gottesanzueignen (2, 139).Über die Erschaffung des Menschen berichtet das Alte Testament,dass die Sünde Adams die Ursache dafür ist, dass die Frau ihreKinder mit Schmerzen gebären muss (Gen 3, 16), <strong>und</strong> dass dieErde seinetwegen verflucht wurde (Gen 3, 17). Das Neue Testamentgeht einen Schritt weiter <strong>und</strong> sagt: Jeder Mensch ist von Geburt anmit Sünde behaftet <strong>und</strong> verflucht (Röm 5, 12,18). Das also ist dieVorstellung der Bibel über die Natur des Menschen <strong>und</strong> seineGeburt. Im starken Gegensatz dazu sagt der Islam, dass jederMensch bei der Geburt vollkommen sündenfrei <strong>und</strong> unschuldigist. Jeder Mensch wird nach der Natur Gottes geboren (30, 31) 178Wenn man verschiedene Religionen zu den Themen: die Geburtdes Menschen, der Zweck seiner Geburt, Vorstellung derErbsünde, die Formung der Natur des Menschen,Diskriminierung wegen Rassen- oder Stammeszugehörigkeit usw.objektiv vergleichen würde, würde man zu dem Ergebniskommen, dass der Islam eine Lehre vorstellt, die der <strong>Vernunft</strong>entspricht.7.1.3 Das jenseitige Leben des MenschenDer dritte Teil, der mit der <strong>Glaube</strong>nslehre zusammenhängt <strong>und</strong>eine der Gr<strong>und</strong>lagen jeder Religion bildet, ist die Vorstellung vom178 BuÌÁrÐ KitÁb al-ÉanÁÞiz, Nr. 1270242


Ende des Menschen <strong>und</strong> vom Leben nach dem Tode. Letztereexistiert in jeder Religion. Im Alten Testament existieren nurHinweise auf das Leben nach dem Tod. Es gibt die Vorstellungvom Paradies <strong>und</strong> von der Hölle, dass Menschen dort Belohnungoder Bestrafung erhalten werden, aber es gibt keine detaillierteVorstellung von ihrem Sinn <strong>und</strong> Wesen. Hier geht der Islamgenauer darauf ein, indem er zum ersten Mal deutlich erklärt, dassParadies <strong>und</strong> die Hölle keine materiellen Orte sind, dagegenbesagt die biblische Paradiesvorstellung, dass Gott bei Eden einenGarten angelegt habe (Gen 2, 8) etc. Nach dem Islam sind dasvielmehr spirituelle Zustände. Der Islam lehrt auch, dass die Höllekeine ewige Strafe darstellt. Gott hasst die Menschen nicht, so wiees manche Menschen tun, deswegen straft Er sie nicht auf alleEwigkeit. Dagegen wird die Ansicht in der Bibel vertreten, dass die179Hölle ewig <strong>und</strong> materiell ist. Nach den islamischenVorstellungen ist die Hölle als eine Art bittere Medizin zubetrachten, wonach letztendlich alle Menschen verlassen werden(78, 24 180 ; 11, 108f.).Einzelheiten zum Paradies <strong>und</strong> zur Hölle werden erklärt. Sie sindkein Wünschdenken <strong>und</strong> Phantasiegebilde, sondern es handeltsich bei ihnen um die guten oder schlechten Werke, die imjenseitigen Leben in einer spirituellen Dimension sichtbar werden.Um sie für uns verständlich zu machen, sind sie in Gleichnissenbeschrieben worden:„Und bringe frohe Botschaft denen, die glauben <strong>und</strong> guteWerke tun, dass Gärten für sie sind, durch die Ströme fließen.Wann immer ihnen von den Früchten dar<strong>aus</strong> gegeben wird,werden sie sprechen: „Das ist, was uns zuvor gegeben wurde“,179 Vgl. Jes 33, 14, Mat 25, 41-46. Siehe auch „The Catholic Encyclopedia“,unter dem Stichwort „hell“180 78, 24 احقب aÎqÁbba in diesem Vers bedeutet „Jahrh<strong>und</strong>erte“243


<strong>und</strong> (Gaben) gleicher Art sollen ihnen gebracht werden.“(2, 26)So wird der <strong>Glaube</strong> mit dem Garten gleichgesetzt <strong>und</strong> die gutenTaten mit den Flüssen (2, 26), die durch den Garten fließen, denngenau diese parallele Aufführung der Worte gibt es im QurÞÁn anmehreren Stellen. Und so wie ein Fluss einen Garten befruchtet<strong>und</strong> zum Blühen bringt <strong>und</strong> schließlich auch Früchte, so verhältes sich mit den guten Taten zum <strong>Glaube</strong>n. Im Paradies soll Milch<strong>und</strong> Wein im Überfluss geben. Aber es ist keineswegs der Weindieser Welt, sondern etwas spirituelles, das die Sinne nichtbenebelt (37, 48). Gen<strong>aus</strong>o sind Milch <strong>und</strong> Wasser im Paradiesnicht gleichzusetzen mit den Getränken dieser Welt (47, 16).Denn dieses Wasser wird niemals verderben; <strong>und</strong> es ist eine Milch,deren Geschmack sich niemals ändern wird. (47, 16). Kurzum, derQurÞÁn spricht vom Paradies als einem spirituellen Ort. DieBeschreibungen des QurÞÁn sind Metaphern.Im QurÞÁn lesen wir zudem: Je nach Anstrengung, Aufrichtigkeit<strong>und</strong> Hingabe werden sie darin verschiedene Stufen haben (46, 20)<strong>und</strong> sie werden dort die Früchte ihrer Taten genießen (siehe auch77, 43-44):„Esset <strong>und</strong> trinket in Ges<strong>und</strong>heit für das, was ihr in denvergangenen Tagen gewirkt.“ (69, 25)In den Herzen von Menschen, die im Paradies sind, wird es keinGroll <strong>und</strong> keine Feindseligkeit sein:„Und Wir wollen hinwegnehmen, was an Groll in ihrer Brustsein mag; wie Brüder sitzend auf erhöhten Sitzen, einandergegenüber. “ (15, 48)244


Diese Stellen zeigen, dass das Paradies nach dem Islam einspiritueller Ort oder Zustand voller Frieden ist, <strong>und</strong> sie werdendarin ewige Belohnung für ihre guten Taten bekommen.Der Islam erklärte auch im Detail, was die Bestrafung im Jenseitsbezweckt. Wer ein Leben im Widerspruch zu den Geboten Gottes<strong>und</strong> in Abgewandtheit von Ihm zugebracht hat, kommt lautQurÞÁn in die Hölle, so wie ein Schwerkranker eine schwierigeBehandlung durchlebt. Dadurch wird er von seinen spirituellenSchwächen befreit <strong>und</strong> kann für das Paradies reifen (eineEntwicklung, die er in dieser Welt versäumte). Es handelt sich umjene, über die heißt: „Sie werden sprechen: Wir waren nicht unterdenen, die beteten, noch speisten wir die Armen. Und wirergingen uns in eitlem Geschwätz mit den Schwätzern. Und wirpflegten den Tag des Gerichtes zu leugnen, bis der Tod unsereilte.“ (74, 44ff.)Jene also, die Gottes nicht gedenken, anderen Menschen Üblesantun <strong>und</strong> in eitles Getue verwickelt sind, werden diese Bestrafungerfahren.Die Sünden werden mit W<strong>und</strong>en verglichen.„<strong>und</strong> keine Nahrung außer Blut, mit Wasser gemischt, Dasnur die Sünder essen.“ (69, 37f.)Die in ihren Herzen vorhandenen W<strong>und</strong>en der Sünden werdensich vor ihnen sozusagen materialisieren <strong>und</strong> derenKonsequenzen werden sie zu essen d. h. zu tragen haben (69, 37-38;78, 26). Das Feuer des Hochmuts <strong>und</strong> des Krieges, das sie in dieserWelt entfachten, wird sie verbrennen (22, 9-11; 5, 65; 2,82; etc.).Aber all das wird irgendwann ein Ende haben, so werdenBetroffene einst geläutert sein <strong>und</strong> von der Bestrafung befreitwerden (78, 24, 11, 108f.). Sie werden letztlich gereinigt <strong>und</strong> insParadies eintreten. Gemäß ihrer Taten werden auch sieverschiedene Stufen haben. Gibt es eine andere Religion als die245


MuÎammads (S), die so <strong>aus</strong>führlich <strong>und</strong> tiefgründig das Lebennach dem Tod erklärt hat?Zusammenfassung des Vergleichs der <strong>Glaube</strong>nslehrenNr. Lehre Bibel QurÞÁn1 Gottesvorstellung Nationaler <strong>und</strong>Stammesgott2 Gottes Eigenschaften Begrenzt <strong>und</strong>unvollständigUniversellVollkommenuniversell<strong>und</strong>3 Gleichheit derMenschen4 Schöpfung desMenschenNachkommen Israelshaben Vorrang überanderenDadurch wurde dieErde verflucht, NT:verflucht <strong>und</strong>ErbsündeAlle Menschen sindgleichAlle Menschen werdennach der Natur Gottesgeboren <strong>und</strong> sindunschuldig5 Paradies <strong>und</strong> Hölle Rein materielldargestelltSpirituellGleichnissen)(in6 Hölle Ewig Begrenzt7 Bedeutung der Hölle<strong>und</strong> des ParadiesesIst nicht vorhandenSpirituelle Gleichnisseder menschlichenTaten <strong>und</strong> ihreKonsequenzen7.2 VerhaltensnormenEs besteht eine besondere Verbindung zwischen der Religion <strong>und</strong>den Verhaltensnormen für die Menschen. Jede Religion verlangtvon ihren Anhängern die Einhaltung bestimmter246


Verhaltensvorschriften <strong>und</strong> Befolgung ihrer Morallehre. Wirmüssen uns hier nur mit wenigen Beispielen begnügen.Die menschliche Gesellschaft benötigt im allgemeinen drei Artenvon Verhaltensregeln: Jene, die den Umgang der Menschenuntereinander regeln; jene, die die Wirtschaft regulieren <strong>und</strong>schließlich jene, die die Politik <strong>und</strong> die Organisation derGesellschaft betreffen. Wir werden die islamischen Lehren zudiesen drei Bereichen mit denen anderer Religionen vergleichen.7.2.1 Gesellschaftlicher UmgangDas Zusammenleben von Menschen in einer Gesellschafterfordert von jedem die Einhaltung bestimmter Richtlinien. DieseGr<strong>und</strong>regeln des Umgangs in der Gesellschaft werden in allenReligionen beschrieben. Jede Religion hat beispielsweise Lüge,Betrug, Ehebruch, Mord <strong>und</strong> Unfrieden verboten <strong>und</strong> ihreAnhänger angewiesen, sie zu meiden. Das haben alle Religionen,wie Judentum, Christentum (übrigens auch Hinduismus) <strong>und</strong> derIslam gemeinsam. Der erste Unterschied, der zwischen dem Islam<strong>und</strong> den anderen Religionen in dieser Hinsicht besteht, betrifftdie Gültigkeit der Richtlinien. Frühere Religionen habenaufgr<strong>und</strong> ihrer Begrenzung auf einen Stamm oder Volk (Volks<strong>und</strong>Stammesreligionen) auch die Gültigkeit ihrer Lehrenbegrenzt. So gibt es z. B. im Judentum das Gebot, einem<strong>Glaube</strong>nsbrüder zinsfreies Darlehen zu geben (Lev 25, 35-38), voneinem anderen sollten Zinsen gefordert werden (Dtn 23, 20).Ebenso wurde geboten, im siebten Jahr (Sabbatjahr) den Juden dieSchulden zu erlassen, aber von anderen Völkern konnte das Geldüber das Sabbatjahr hin<strong>aus</strong> eingefordert werden (Dtn 15, 3). ImGegensatz dazu hat der Islam alle Formen des Zinses verboten,gleich wem Geld geliehen wird (2, 281). Und über die Schuldenlehrt der Islam, dass man bei deren Zurückforderung Nachsichtüben (2, 281) soll <strong>und</strong> lässt bei der Zurückforderung keineDiskriminierung bezüglich der Nationalität oder Religion desSchuldners zu.Der zweite Unterschied ist, dass der Islam zur Verbesserung desalltäglichen Verhaltens des Menschen auf detaillierte <strong>und</strong> subtileWeise Regeln festgelegt hat. Er weist nicht nur auf solche247


Verhaltensfehler hin, die in den Schriften der früheren Religionennicht genannt wurden, sondern auch auf solche, die in denfrüheren Schriften keine Erwähnung finden. In Bezug auf dieVerhaltensvorschriften lehrt der Islam beispielsweise, man solleeinen arroganten Gang vermeiden <strong>und</strong> gemessenen Schritts gehen,nicht zu laut sprechen (31, 19), unnütze Aktivitäten vermeiden(23, 4). Auch darf man andere Menschen <strong>und</strong> Völker nichtverspotten (49, 12), ein H<strong>aus</strong> nicht unerlaubt betreten (24, 28), sagtder H<strong>aus</strong>herr, er könne keine Besucher empfangen, dann soll mansofort umkehren <strong>und</strong> keineswegs auf Einlass bestehen (24, 29).Weiterhin soll man die Häuser auf dem richtigen Weg betreten(2, 190), wer gegrüßt wird, soll mit einem schöneren Grußantworten (4, 87), man soll alle R<strong>aus</strong>chgifte meiden, da ihrSchaden größer ist als ihr Nutzen (5, 19), man soll die Wahrheitsagen <strong>und</strong> zwar ohne Verdrehung <strong>und</strong> Beugung, 181 wodurch daseigene Verhalten verbessert wird (33, 71), man soll die zurAufbewahrung anvertrauten Dinge nicht veruntreuen 182 (4, 59), einVersprechen einhalten (23, 9), man soll beim Essen <strong>und</strong> TrinkenMaß halten (7, 32), man soll nicht nur das Erlaubte essen, sondernauch Gutes [Ôayyab] (5, 89), 183 man darf nicht verschwenderischsein, man solle dem geben, der darum bittet, <strong>und</strong> auch dem, dernicht darum bittet [z. B. <strong>aus</strong> Scham] (51, 20), man soll nichtUnfrieden stiften auf Erden (2, 205-206), keinen Unschuldigentöten (17, 34), sich dem Ehebruch nicht einmal anzunähern (17,33), auch gegenüber dem Feind gerecht zu sein (5, 9), zu den Elterngütig zu sein (17, 24); ferner: man soll das Gute gebieten <strong>und</strong> dasBöse verbieten (31, 18), man soll mit den Menschen auf die besteArt reden (2, 84), man soll einander bei guten Vorhabenunterstützen aber nicht bei schlechten Dingen (5, 3), man sollsich nicht an Verschwörungen beteiligen (58, 10) etc; schließlichschreibt der Islam nicht nur vor, das Gute zu tun, sondern dassalle Menschen in guten Dingen miteinander wetteinfern sollen181 Diese Forderung geht über das bloße Äußern der Wahrheit hin<strong>aus</strong> <strong>und</strong>erwartet vom Redner, dass er die auf einen Sachverhalt bezogenen Tatsachenohne Vertuschung <strong>und</strong> Verdrehung offen legt182 Das anvertraute Gut kann auch ideeller Natur sein, wie ein Richteramt o. ä.,das man gewissenhaft <strong>aus</strong>führen soll183 Ôayyab: dies schließt auch Speisen <strong>und</strong> Getränke <strong>aus</strong>, die zwar religiös erlaubt,aber für den Verbraucher z. B. ges<strong>und</strong>heitsschädlich sein können248


(sie sollen bei der Erfüllung ihrer Pflichten einander zuübertreffen versuchen, dieser Wettbewerbsgeist für gutes Handelnwird die Tugend in der Gesellschaft festigen.) Das sind allesgr<strong>und</strong>legende Regeln, die nötig sind, um <strong>aus</strong> einem Menschen imeigentlichen Sinne ein soziales Wesen zu machen. Sie sind dererste Schritt zu einer friedlichen <strong>und</strong> zivilisierten Gesellschaft.Wenn diese Lehren nicht beachtet werden, kann keine stabileGesellschaft entstehen.Auch bei diesen gr<strong>und</strong>legenden Richtlinien geht die Lehre desIslams über die anderer Religionen hin<strong>aus</strong>. Heute werden dieseLehren allgemein aufgr<strong>und</strong> von Erfahrungen überall alsnotwendig <strong>und</strong> gut anerkannt, aber vor dem Islam hat keineReligion sie mit solcher Klarheit <strong>und</strong> Ausführlichkeit formuliert.Der dritte Unterschied ist darin zu finden, dass selbst im Fallsolcher Verhaltsregeln, die frühere Religionen lehrten, der Islamdie Fehler, Mängel oder extreme Sichtweisen der Alten beseitigthat. Im Judentum ist es z. B. geboten, das man nach dem PrinzipAuge um Auge <strong>und</strong> Zahn um Zahn Vergeltung üben soll (Ex21, 23-25). Jesus gebietet, dass man die andere Wange hinhaltensoll, wenn man auf die eine geschlagen wird (Mat 5, 39). DieseLehren sind beide Extremansichten. Es ist nicht immer sinnvollRache zu nehmen <strong>und</strong> zu vergelten. Aber es ist ebenso wenigsinnvoll immer zu verzeihen. Praktisch haben auch diechristlichen Völker diese Lehre des Christus aufgegeben <strong>und</strong> sichdamit abgef<strong>und</strong>en, dass manchmal im Fall des Verzeihens umjeden Preis negative Verhaltensweisen zunehmen. Der Islam hathingegen gesagt, dass es notwendig ist, kriminelle Elemente zubestrafen (2, 179-180), sonst wird die Gesellschaft nicht mehr vorihnen sicher sein <strong>und</strong> sie werden sogar ermutigt werden, mit ihrenStraftaten ungehemmt fortzuführen. Aber gleichzeitig lehrt derIslam, dass Bestrafung nicht immer richtig ist. Wenn man sieht,dass jemand, der einen Fehler gemacht hat, Reue zeigt <strong>und</strong> sichdurch Ermahnung verbessern wird, so soll man ihm vergeben,Gott wird den Betroffenen dafür belohnen (42, 41). Die islamischeLehren sind es, die der menschlichen <strong>Vernunft</strong> zusagen. Kannjemand aufrichtig gegen diese Lehre einen Einwand vorbringenoder eine bessere Lehre präsentieren?249


Der Islam hat auch gelehrt, dass der Mensch sich den verbotenenDingen <strong>und</strong> Taten nicht einmal annähern soll (2, 188). Denn wagter sich zu sehr an die Grenze heran (lehnt er sich zu weit <strong>aus</strong> demFenster hin<strong>aus</strong>), so wird er bestimmt irgendwann diese Grenzeauch überschreiten. Deshalb hat der Islam nicht wie dasChristentum gelehrt, dass man den Wein nur in Maßen trinkensoll (Tim 5, 23), sondern gesagt, dass Alkohol zwar nützlicheSeiten hat, aber seine Schäden größer sind als seine Vorteile(2, 220), <strong>und</strong> dass man deshalb überhaupt keinen Alkoholtrinken soll, weder viel noch wenig (5, 91-92). Im praktischenLeben ist die perfekte Lehre des Islam auch daran zu erkennen,dass in den christlichen Ländern, wo Alkohol getrunken wird,viele Menschen sich nicht zügeln können, <strong>und</strong> es nicht mehrbeim „wenig“ Trinken bleiben, als Alkoholiker sowohl finanziellals auch in anderer Ansicht für sich <strong>und</strong> die Gesellschaft zu einerBürde werden. Es gibt viele Verbrechen, die an Kindern <strong>und</strong>Frauen von Alkoholisierten begangen werden, <strong>und</strong> viele Menschensterben jedes Jahr in Unfällen, die letztlich ihre Ursache imAlkoholgenuss haben.Bei der Diskussion über die Lehren für das Alltagsverhalten habenwir gesehen, dass die Bibel (AT) unterschiedliche Behandlung derAngehörigen des eigenen Volkes <strong>und</strong> der fremden Völkeraufgr<strong>und</strong> der Stammeszugehörigkeit vorgenommen hat <strong>und</strong> dassJesus <strong>und</strong> seine Jünger diesen Unterschied aufrechterhalten haben.Aber man findet in der Bibel auch Diskriminierung vonBehinderten. So steht darin geschrieben, dass Blinde, Lahme, jenemit defekter Nase, die ein Glied größer haben als das andere,deren Hand oder Fuß gebrochen ist, der Bucklige, der Zwerg, odermit einem Makel im Auge etc. – dass alle diese Leute für dasPriesteramt ungeeignet sind <strong>und</strong> den Gottesdienst nicht leitendürfen (Lev 21, 16-24). Der Islam hat keine solche Einschränkungfür Behinderte festgelegt. Dadurch hat der Islam den Behindertenin der Gesellschaft die gleiche Stellung eingeräumt wie ges<strong>und</strong>en.Im Islam gibt es kein Verbot für die Behinderten, denGottesdienst zu leiten.Also hat der Islam die Verhaltensregeln des gesellschaftlichenUmgangs universell angelegt. Er hat neue <strong>und</strong> wichtige Aspekte250


des Verhaltens erklärt <strong>und</strong> gelehrt. Und er hat Mängel in denLehren beseitigt, die bereits vor dem Islam bekannt waren <strong>und</strong> siedadurch vollendet.Zusammenfassung Vergleich im gesellschaftlichen UmgangNr. Thema Bibel QurÞÁn1 Anwendung derRegelnBegrenzt aufIsraelitenFür alle Menschen2 Verhaltensregeln Nur Gr<strong>und</strong>regeln Umfangreich <strong>und</strong>Vollkommen3 Verhaltenslehren KeineAusgewogenheit, AT:Bestrafung, NT:Vergebung4 Gesellschaft Diskriminierung derBehindertenAngemessen:Bestrafung isterlaubt, aberVergebung istbesser, wenn siezur VerbesserungführtKein Verbot fürdie Behinderten7.2.2 WirtschaftDer zweite große Bereich des Lebens ist die Wirtschaft, ohne diekeine Gesellschaft funktioniert. Die Religionen vor dem Islamhaben nur wenig über das Wirtschaftssystem gesagt. Wenn mansich ihre Lehren zur Wirtschaft anschaut, so wird man feststellen,dass sie nichts Vergleichbares zu bieten haben. Im Islam gibt esquasi ein Meer von Anweisungen für diesen Bereich, wogegen dieanderen Religionen (um beim gleichen Bild zu bleiben:) sich mitwenigen Tropfen begnügen. Im Judentum gibt es nur einigeAnsätze dieser Lehre, die sich zumeist auf das Sabbatjahrbeziehen, beispielswseise das Freilassen von jüdischen Sklaven <strong>und</strong>die Entschuldung der jüdischen Schuldner (Dtn 15, 1). Es gibt251


auch einige Anweisungen zum Erbrecht. Der Islam hat dagegensehr <strong>aus</strong>führlich alle Aspekte der Wirtschaft beleuchtet.Beispielweise hat der Islam im Erbrecht ein komplettes System anGesetzen aufgebaut. Für die Angehörigen eines Erblassers sindgenaue Erbteile vorgeschrieben, so z. B. für Sohn, Tochter,Ehegatten, Schwester, Brüder, Mutter <strong>und</strong> Vater – der Anteil jedesVerwandten ist klar definiert (4, 12-13 u. 177). In den Religionenvor dem Islam wird man vergeblich nach solchen <strong>aus</strong>führlichenRegeln suchen. Mangels konkreter Erbschaftsregelungen in denReligionen vor dem Islam ist nicht verw<strong>und</strong>erlich, wenn es beimAufteilen des Erbes oft zum Streit kommt.Gemäß den früheren Religionen hat eine Erbin das Nachsehen,falls ein männlicher Nachkomme lebt (Num 27, 8). Selbst beimmännlichen Nachkommen sind die Anteile nicht festgeschrieben.Man erfährt nur, dass der erstgeborene Sohn doppelt so vielbekommen soll wie die anderen Söhne (Dtn 21, 17).Der Islam dagegen hat ganz klar festgelegt, dass sowohl Männerals auch Frauen in jedem Fall erbberechtigt sind:„Den Männern gebührt ein Anteil von dem, was Eltern <strong>und</strong>nahe Anverwandte hinterlassen; <strong>und</strong> den Frauen gebührt einAnteil von dem, was Eltern <strong>und</strong> nahe Anverwandtehinterlassen, ob es wenig sei oder viel – ein bestimmterAnteil.“ (4, 8)Der Islam hat auch den Kreis der Erbberechtigten erweitert:„Wenn einem unter euch der Tod naht, so binde (er), falls erviel Gut hinterlässt, den Eltern <strong>und</strong> nahen Verwandten das252


Handeln nach Billigkeit ans Herz – eine Pflicht denGottesfürchtigen.“ (2, 181)Der Islam hat zudem seine Anhänger dazu verpflichtet, stets einenDarlehensvertrag aufzuschreiben (2, 283), <strong>und</strong> auch detaillierterläutert, wer den Vertrag schreiben <strong>und</strong> wer als Zeuge daraufgenannt werden soll (2, 283). Bei Abschluss eines Geschäfts istebenso eine schriftliche Aufzeichnung erforderlich (Quittungenusw.) siehe 2, 283.Zinsen führen zu einem System, das die Reichen immer reicher<strong>und</strong> die Armen noch ärmer macht. Dies wurde vom Islamvollständig abgeschafft. Es heißt im QurÞÁn:„…doch Allah hat Handel erlaubt <strong>und</strong> Zinsnehmenuntersagt.“ (2, 276)Dann wurden die Muslime angewiesen, den Schuldnern dierestliche Zinsschuld zu erlassen. (2, 279) Auch werden diegefährlichen Auswirkungen <strong>und</strong> Konsequenzen des Zinssystemsgenannt (2, 76): „Die Zins verschlingen, stehen nicht anders auf,als einer aufsteht, den Satan mit Wahnsinn geschlagen hat.“ Dasheißt, dass diese Menschen wegen ihrer Gier nach Geld die füreine spirituelle Entwicklung erforderliche Ruhe <strong>und</strong> Gelassenheitverlieren.Der Islam führte mit ÅakÁt ein auf Investitionen basierendesSteuersystem ein. Im Gegensatz zu den anderen Religionen, dieauf Einkommen Steuern erhoben (ein Zehntel in der Bibel, Dtn14, 22), schreibt der Islam eine Vermögensteuer vor, die auf dasVermögen erhoben wird, das nach Erfüllung der persönlichenBedürfnisse übrig bleibt <strong>und</strong> quasi ein ganzes Jahr brachliegt.Diese Praxis garantiert größere Gerechtigkeit. Es scheintangemessen, dass man jenes Vermögen besteuert, dass nicht in denWirtschaftskreislauf eingebracht wird <strong>und</strong> somit der Gesellschaftnicht zugute kommt.253


Der QurÞÁn legt auch fest, für welche Zwecke das ÅakÁt-Geldverwendet werden darf (2, 274). Der Heilige Prophet (S) hatgenaue Anweisungen gegeben, auf welche Vermögensart wie viel anSteuern entrichtet werden müssen (s. BuÌÁrÐ KitÁb al ÅakÁt). Eswird betont, dass die Zahlung einer Spende <strong>aus</strong> freien Stückenviele Vorteile für die Gesellschaft in sich birgt. Erwähnt werdenauch die Ziele, für die das eingesammelte Geld (ÅakÁt, Spende)verwendet werden darf: „Die Almosen sind nur für die Armen<strong>und</strong> Bedürftigen <strong>und</strong> für die mit ihrer Verwaltung Beauftragten<strong>und</strong> für die, deren Herzen versöhnt werden sollen, für die(Befreiung von) Sklaven <strong>und</strong> für die Schuldner, für die SacheAllahs <strong>und</strong> für den Wanderer: eine Vorschrift von Allah. UndAllah ist allwissend, allweise.“ (9, 60)Der Islam will dadurch verhindern, dass der Reichtum einerNation sich in wenigen Händen konzentriert. Wird das Geld fürdie Armen, Bedürftigen <strong>und</strong> Reisenden verwendet, so wird das zurFolge haben, dass Monopole sowie Oligarchien entstehen:„[das Geld] soll nicht bloß bei den Reichen unter euch dieR<strong>und</strong>e machen.“ (59, 8).Was dagegen die Lehre des Christentums zu dieser Thematikanbelangt, so sei auf das Armutsgebot Jesu verwiesen, wonach manüberhaupt kein Geld sammeln soll (Mat 6, 19). Dies widersprichtder Natur des Menschen.Für Minderjährige, die noch nicht in der Lage sind, mit demererbten Vermögen vernünftig umzugehen, erklärt der Islam dieEinsetzung eines Vorm<strong>und</strong>s für notwendig. Damit soll vermiedenwerden, dass diese <strong>aus</strong> Unwissen oder Unerfahrenheit dasVermögen ihrer Vorväter verlieren:254


„Und gebt den Unmündigen nicht euer Gut, das Allah euchzum Unterhalt anvertraut hat; sondern nährt sie damit <strong>und</strong>kleidet sie <strong>und</strong> sprecht Worte der Güte zu ihnen.“ (4, 6)Und prüfet die Waisen, bis sie das heiratsfähige (Alter)erreicht haben; wenn ihr dann an ihnen Verständigkeitwahrnehmet, so gebt ihnen ihren Besitz zurück; <strong>und</strong> zehrt ihnnicht verschwenderisch <strong>und</strong> hastig auf, weil sie großjährigwürden. Wer reich ist, enthalte sich ganz; <strong>und</strong> wer arm ist,zehre (davon) nach Billigkeit. Und wenn ihr ihnen ihrenBesitz zurückgebt, dann nehmt Zeugen in ihrer Gegenwart.Und Allah genügt zur Rechenschaft.“ (4, 7)Auch für den Handel gibt es <strong>aus</strong>führliche Anweisungen. So sollrichtig gemessen werden (6, 153), <strong>und</strong> es ist erlaubt im HandelGewinn zu machen (4, 30), aber es ist nicht erlaubt Bestechung zuzahlen, um sich unberechtigte Vorteile zu verschaffen:„Und fresset nicht untereinander euren Reichtum auf durchFalsches, <strong>und</strong> bietet ihn nicht der Obrigkeit (als Bestechung)an, dass ihr wissentlich einen Teil des Reichtums anderer zuUnrecht verschlingen möchtet.“ (2, 189).“Der Islam lehrt, dass der Handel <strong>und</strong> Gewinn nicht zum Sinn desLebens werden dürfen. Es soll nicht vom spirituellen Fortschrittablenken (62, 10). Dann wurde <strong>aus</strong>führlich dargelegt, wie An- <strong>und</strong>Verkauf abgewickelt werden soll. Man darf nicht eine Ware255


vorzeigen <strong>und</strong> dann eine andere verkaufen 184 . Man soll sich nichtin die Kaufverhandlungen eines anderen einmischen 185 , man sollbeim Handel nicht lügen <strong>und</strong> täuschen 186 . Auch zurAgrarwirtschaft gibt es viele Anweisungen. 187 Also gibt es keinenAspekt des Handels, zu dem keine <strong>aus</strong>führlichen Anweisungen<strong>und</strong> Richtlinien festgelegt werden.Der Islam hat auch sehr viel Wert darauf gelegt, dass manfreiwillig einen Teil seines Vermögens für humanitäre <strong>und</strong>gemeinnützige Aufgaben spendet. Dies sollte nur mit dem legal<strong>und</strong> gerecht verdienten Geld geschehen. Außerdem sollte man beidem Gespendeten auf gute Qualität achten.„O die ihr glaubt, spendet von dem Guten, das ihr erwarbt,<strong>und</strong> von dem, was Wir für euch <strong>aus</strong> der Erde hervorbringen.“(2, 268).Man soll sowohl öffentlich spenden, damit sich andere daran einBeispiel nehmen, als auch im Verborgenen spenden, damit mannicht mit seiner Spende prahlt, was der Seele schadet. (13, 23).Dann wurde ermahnt, dass man unter normalen Umständenweder geizen oder zu wenig spenden soll, noch zu viel:„Und die [sind auch Diener des Gnadenreichen, die], wenn sieGeld <strong>aus</strong>geben, weder verschwenderisch noch geizig sind,sondern maßvoll dazwischen.“ (25, 68).Man soll nicht nur dann spenden, wenn man Geld übrig hat,sondern auch dann, wenn man es selber nötig hat <strong>und</strong> manVerzicht üben muss. Man soll anderen vorziehen <strong>und</strong> um Gottes184 Muslim Nr. 147185 BuÌÁrÐ Nr. 1995186 BuÌÁrÐ Nr. 1968187 die Überlieferungen zu BuyyuÝ <strong>und</strong> MazrÁ in den Büchern der AÎadÐ×)256


Willen spenden „…die da spenden in Überfluss <strong>und</strong> Mangel.“ (3,135)Zu all diesen Anweisungen kommt die Ermahnung hinzu, dassman die Spende gegenüber dem Empfänger nicht als eineGefälligkeit darstellen soll (2, 268).Kurzum, es gibt auch in diesem Bereich ein <strong>aus</strong>führliches System,das in Detail erklärt worden ist <strong>und</strong> dessen Einzelheiten hier nichtweiter <strong>aus</strong>geführt werden können.Zusammenfassung des Vergleich der Wirtschaftlichen LehrenNr. Thema Bibel QurÞÁn1 Erbrecht Es gibt keinen Anteil fürFrauen, falls männlicheNachkommen vorhandensind2 Erbrecht Der erstgeborene Sohnhat zweifachen Anteil3 Erbrecht Nur wenige bekommendas Erbe4 Finanzen Diskriminierung andererVölkernSowohl Männer alsauch Frauen habenAnteil an ErbschaftAlle Söhne habenden gleichen AnteilKreis der Erben istgrößerGleichheit für alle5 Sammeln desVermögens6 Gr<strong>und</strong>lage derSteuern7 Waisen <strong>und</strong>MinderjährigeNT: Sammelt nichtEinkommenKeine LehreDas Geld darf sichnicht in denHänden wenigersammelnDas was über deneigenen Bedarfhin<strong>aus</strong> übrig bleibtDas System vonVorm<strong>und</strong>schaft257


8 FinanzielleOpferNur gr<strong>und</strong>sätzlicheAnweisungenAusführliche <strong>und</strong>vollkommeneAnweisungen7.2.3 PolitikDer dritte Aspekt des menschlichen Lebens betrifft die Ordnung<strong>und</strong> Organisation der Gesellschaft, also die Politik. Der Islam hatzum ersten Mal viele Prinzipien der politischen Organisationdargelegt <strong>und</strong> internationale Beziehungen geregelt. Im Judentumwar die Politik abhängig von dem Willen des Königs oder derreligiösen Führer. Das Christentum lehrte: Gibt dem Kaiser wasdes Kaisers ist (Mat 22, 21). Dies bedeutet, dass die Rechte derRegierenden zu einem gewissen Anteil gesichert wurden, obwohlihre Grenzen nicht klar definiert sind, aber von den Rechten derRegierten ist auch dort keine Rede. Wer soll regieren? Dies ist einewichtige Frage. Die Bibel antwortet darauf nur, dass derRegierende nur <strong>aus</strong> den Israeliten, jemand <strong>aus</strong> der gleichenVolksreligion sein muss (Dtn 17, 15). Damit wurden auch indieser Hinsicht Andersgläubige diskriminiert. Der Islam hatdiesbezüglich keine Grenzen gesetzt. Jeder Bürger kannStaatsoberhaupt werden. Der Islam gebietet den Regierenden, dasssie unter allen Umständen gerecht handeln sollen:„…<strong>und</strong> wenn ihr zwischen Menschen richtet, dass ihr richtetnach Gerechtigkeit. Fürwahr, herrlich ist, wozu Allah euchermahnt. Allah ist allhörend, allsehend.“ (4, 59)Die religiösen oder anderweitigen Differenzen sollen nicht alsVorwand dienen, ungerecht zu handeln:258


„Und die Feindseligkeit eines Volkes soll euch nicht verleiten,anders denn gerecht zu handeln. Seid gerecht, das ist näherder Gottesfurcht.“ (5, 9).Den Regierenden wird befohlen, in allen wichtigenAngelegenheiten ihre Entscheidungen mit Beratung zu treffen„…<strong>und</strong> die auf ihren Herrn hören <strong>und</strong> das Gebet verrichten <strong>und</strong>deren Handlungsweise (eine Sache) gegenseitiger Beratung ist, <strong>und</strong>die spenden von dem, was Wir ihnen gegeben haben (42, 39;3, 160).“Also können die Regierenden den Willen des Volks nichtignorieren. Die Bürger hat der Islam nicht der Willkür desRegierenden überlassen. Auch ihre Rechte wurden festgelegt. Siesollen in die Beratungen einbezogen werden. Diese ist in allenAngelegenheiten vorzunehmen. Die Regierung hat keinErmessensspielraum, sondern muss die Beratung durchführen.Sollten die Regierenden die Bürger dazu aufrufen, etwasSchlechtes zu tun, so ist das Volk ihnen in dieser Angelegenheitnicht zum Gehorsam verpflichtet:„<strong>und</strong> gehorche keinem, der ein Sünder oder ein Ungläubigerunter ihnen ist.“ (76, 25)Aber es ist selbst in dieser Extremsituation nicht erlaubt, gegen diestaatliche Autorität zu rebellieren oder Unfrieden zu stiften.Stattdessen wird empfohlen, <strong>aus</strong>zuwandern (4, 98). Rebellion odersubversive Aktivitäten sind in jedem Fall zu unterlassen:„…begehre nicht Unheil auf Erden, denn Allah liebt dieUnheilstifter nicht.“ (28, 78; siehe auch 5, 33).Internationale Beziehungen können kein Bestandteil der früherenReligionen sein, weil sie nicht international waren. Der Islam hat259


zum ersten Mal auch die internationalen Beziehungen geregelt.Der Islam erklärt, dass alle Völker gleich sind (4, 2; 49,14) <strong>und</strong>kein Volk mit Gott verwandt ist <strong>und</strong> andere wie „H<strong>und</strong>e“ sind –wie es die Bibel erklärt hatte (Dtn 7, 6; Dtn 14, 2; Amos 3, 2; Mat15, 26). Der Heilige Prophet erklärte <strong>aus</strong>führlich, dass kein AraberVorrang über einen Nicht-Araber hat, noch hat der HellhäutigeVorrang über den Dunkelhäutigen. 188 Die Bibel hatte, imGegensatz zu dieser vernünftigen Lehre erklärt, dass dieNachkommen Hams immer Sklaven anderer Völker sein werden<strong>und</strong> die Gelehrten der Juden hatten die Dunkelfarbigen alsNachkommen Hams bezeichnet (Gen 9, 24, Talmud, Sanhedrin108b). Der Islam erklärte, dass es unterschiedliche Völker <strong>und</strong>Sippen gibt, damit die Menschen einander besser erkennenkönnen (49, 14). Gott ist mit niemandem Verwandt. Er wird denbevorzugen, der auf Ihn hört <strong>und</strong> gottesfürchtig ist:„O ihr Menschen, Wir haben euch von Mann <strong>und</strong> Weiberschaffen <strong>und</strong> euch zu Völkern <strong>und</strong> Stämmen gemacht, dassihr einander kennen möchtet. Wahrlich, der Angesehenstevon euch ist vor Allah der, der unter euch der Gerechteste ist.Siehe, Allah ist allwissend, allk<strong>und</strong>ig.“ (49, 14).Nur diese islamische Lehre, die alle Völker als gleichberechtigtansieht, kann die Gr<strong>und</strong>lage des internationalen Friedens bilden.Über die Differenzen, die zwischen Völkern auftreten, lehrt derIslam, dass alle Völker gemeinsam gegen den, der Rechtsbruchbegangen hat, vorgehen sollen. Sollte der Ungerechte auf dieVölkergemeinschaft nicht zugehen, so dürfen die anderen ihnauch bestrafen, aber nur solange, bis er seine Ungerechtigkeiteinsieht <strong>und</strong> beendet. Er sollte nicht unverhältnismäßig bestraftoder ungerecht behandelt werden (49, 10). Dieses Prinzip, das derIslam vor 1400 Jahren vorstellte, wird heute in der UNO von allen188 Musnad AÎmad bin Íanbal 22391260


Nationen akzeptiert. Aber dennoch ist die Vollkommenheit desvom Islam vorgestellten Prinzips noch nicht erreicht worden <strong>und</strong>es ist üblich, dass übermäßig harte Strafen verhängt werden <strong>und</strong>Gerechtigkeit nicht immer eingehalten wird. Die TeilungDeutschlands nach dem Weltkrieg <strong>und</strong> die Zuteilung deutscherGebiete an andere Nationen wäre ein Beispiel von solchemVerhalten. Auch das ungerechte Vorgehen der großen Mächtegegen kleinere Staaten ist gang <strong>und</strong> gäbe. Sollten die Völker nichtgemäß dem islamischen Prinzip handeln, werden sie nie stabilenFrieden in der Welt erreichen.Der Islam lehrt, dass die Völker auf internationaler Ebene ihreRechte einfordern <strong>und</strong> die rechte anderer beachten sollen (60, 11).Man darf aufgr<strong>und</strong> von Streitigkeiten den Anhängern andererReligionen nicht den Weg zu ihren Heiligtümern versperren (5, 3).Sollte ein Volk ungerechterweise angegriffen werden, so ist diesesberechtigt sich zu verteidigen (22, 40). Aber der Islam willUnfrieden <strong>und</strong> Krieg vermeiden (2, 217; 5, 33) daher soll, wennder Angreifer dies anbietet, Frieden geschlossen werden (4, 91).Selbst während des Kriegs solle man nicht gegen den Feindungerecht vorgehen (2, 191). Man darf nicht in der Nacht ohneVorankündigung den Feind angreifen 189 . Man darf nicht dieBesitztümer des Feindes beschlagnahmen 190 . Außer im Verlauf desKriegs dürfen die Feinde nicht festgenommen werden (8, 68).Alte, Priester, Kinder <strong>und</strong> Frauen dürfen nicht angegriffenwerden 191 . Über den Frieden zeigt der Heilige Prophet (S) durchsein eigenes Beispiel, dass Friedenverträge niedergeschriebenwerden sollten. 192 Der Heilige QurÞÁn ermahnt, dass man nichtgegen die Verträge verstoßen darf (16, 92). Den Frieden sollte manauf gleicher Augenhöhe schließen, nicht indem man seineÜberlegenheit zu beweisen versucht. Man sollte sogar, um desFriedens willen, scheinbar erniedrigende Bedingungen189 BuÌÁrÐ 575, Muslim 3261190 AbÙ DÁÞwÙd 2330191 BuÌÁrÐ 2792, AbÙ DÁÞwÙd 2294 u. 2247192 BuÌÁrÐ, KitÁb al-MaÈÁzi261


akzeptieren. 193 Man darf auch den Feind nicht ungerechtbehandeln (2, 191).Also gibt es auch hier eine lange, <strong>aus</strong>führliche Liste vonAnweisungen, die der Islam zum ersten Mal der Welt gegeben hat,wovon einige oben in aller Kürze vorgestellt worden sind. Wassind die Lehren des Alten Testaments in dieser Hinsicht? Wennder Feind seine Waffen niederlegt, so soll man ihn gefangennehmen <strong>und</strong> zur Fronarbeit schicken! (Dtn 20, 11). Man darf indem von Gott versprochenem Gebiet nichts am Leben lassen (Dtn20, 16). Man soll ihren Besitz beschlagnahmen (1 Sam 27, 7-11).Sollten die Bewohner einer Stadt vom biblischen <strong>Glaube</strong>nabfallen, so sollen sie alle mit dem Schwert getötet, ihre Tieregeschlachtet <strong>und</strong> ihr Besitz verbrannt werden (Dtn 13). Im 1Samuel Kapitel 15 Vers 3 wird in aller Ausführlichkeit gesagt, mansolle die Alten, Jungen, Mädchen, Frauen <strong>und</strong> selbst Säuglingetöten <strong>und</strong> keine Barmherzigkeit zeigen! Auch die Schafe <strong>und</strong>Ziegen soll man töten. Es wird befohlen, dass man im HeiligenLand mit den Feinden keine Friedensverträge schließen sollte,ihrer sich bemächtigen <strong>und</strong> ihre Gebetshäuser niederreißen sollte(Dtn 7). Dagegen sagt der Islam, dass man den Götzen derAndersgläubigen nicht beschimpfen sollte (6, 102), <strong>und</strong> garantiertdie Sicherheit der Gebetshäuser anderer Religionen (22, 41). Dasist der Unterschied, der zwischen der von MuÎammad (S)gebrachten Religion <strong>und</strong> den früheren besteht!Zusammenfassung politischer LehrenNr. Thema Bibel Islam1 PrinzipienRegierungssystemkaum Lehren zudiesemThemenbereichAusführliche Aussagen.Regierung soll aufBeratung <strong>und</strong>Gerechtigkeit beruhen.2 Völker der Welt Israeliten sindanderen überlegenAlle Völker sind gleich.Kein Vorrang für Araber193 BuÌÁrÐ KitÁb al-MaÈÁzi, Ibn HišÁm: Suluh Íudaibiya262


5 InternationaleBeziehungen<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> IhrerAbstammung<strong>aus</strong>gewähltes Volk<strong>und</strong> deswegen Gottbesonders nahKeine Lehrenüber Nicht-Araber, keinVorrangderHellhäutigen überDunkelhäutige. NurGottesfürchtigkeit führtzur Gottesnähe.Ausführliche Aussagen6 Falls zweiVölker sichbekriegenKeine Lehren Frieden stiften. Sollteeine Partei nichtaufhören, so sollen alleAnderen gemeinsam siedaran hindern7 Umgang mitdem FeindIm heiligen Landdarf kein Mensch,Kind, Tier am Lebengelassen werden.Außerhalb sollen dieFeinde zurFronarbeit geschicktwerdenWenn der Feind Friedenschließen möchte, sosolle ihm dies gewährtwerden. Selbst demFeind soll nicht Unrechtgeschehen.8 GebethäuserderAndersgläubigenSollenwerdenvernichtetSollen beschützt werden.Ihre Götzen sollen nichtbeschimpft werden.7.2.4 FrauenDer Islam wird heutzutage insbesondere aufgr<strong>und</strong> derMissverständnisse im Bezug auf seine Lehren über die Frauenangegriffen. Daher scheint es angemessen, die Lehren des Islams<strong>und</strong> der früheren Religionen auch in dieser Beziehung zuvergleichen.Im Judentum <strong>und</strong> auch im Christentum wird die Frau alsDienerin des Mannes angesehen (Gen 3, 16). Es steht geschrieben,dass der Mann nicht für die Frau sondern die Frau für den Mannerschaffen worden ist (1 Cor. 11, 9). Diskriminierend ist auch die263


Regelung der Bibel, dass eine Frau nach der Geburt eines Sohnesnur eine Woche, aber nach der Geburt einer Tochter zwei Wochenlang unrein bleibe (Lev. 12, 2,5). Der Islam hat weder dies gelehrt,noch eine Unterscheidung zwischen Sohn <strong>und</strong> Tochter gemacht.Der Heilige QurÞÁn sagt, dass Frauen <strong>und</strong> Männer wie Gewänderfür einander sind (2, 188) <strong>und</strong> Frauen gen<strong>aus</strong>o Rechte auf Männerhaben, wie Männer Rechte auf Frauen haben (2, 229).Vor dem Islam wurden die Frauen während ihrer Menstruationals unrein betrachtet (Lev. 15, 19). Nicht nur dies, es wurde sogargelehrt, dass alle, die während dieser Tage die Frau berühren, biszum Abend unrein blieben <strong>und</strong> das Bett auf dem sie sitzt, unreinwerde, <strong>und</strong> jeder, der sich auf dieses Bett setze, ebenso bis zumAbend unrein bleibe (Lev. 15, 20-25). Die Frau ist somit währenddieser Tage zu einem unberührbaren, unreinen Wesen derschlimmsten Sorte erklärt worden. Der Islam hingegen sagt, dassdiese Tage nur eine Zeit des Leidens für die Frauen sind (2, 223)<strong>und</strong> sie während dieser Zeit zu berühren zu keiner Unreinheitführt. 194Über die Kopfbedeckung sagt das Christentum, dass die Frauihren Kopf in der Kirche bedeckt halten solle, als ein Zeichendafür, dass sie ihrem Mann untertan sei, aber die Männer solltendies nicht tun, weil der Mann Herr über sie sei (1 Cor. 11, 3-10).Im völligen Gegensatz dazu wird die Kopfbedeckung im Islamsowohl für den Mann als auch für die Frau als ein Zeichen derEhre verstanden, weil der Heilige Prophet (S) selbst <strong>und</strong> auchseine Ehefrauen ihren Kopf bedeckt hielten. 195 Aus diesem Gr<strong>und</strong>haben muslimische Gelehrten <strong>und</strong> Könige ihren Kopf immerbedeckt gehalten. Gemäß dem Christentum ist es den Frauennicht erlaubt, in der Kirche zu reden, auch nicht den Männern zupredigen (1 Cor. 14, 34, 1 Tim. 2, 12). Der Islam hat die Frauennicht daran gehindert zu reden <strong>und</strong> die Männer zu unterweisen.Die Frau des Heiligen Propheten (S), ÝÀiÞša (R) wurde oft von denGefährten des Propheten (S) in Fragen der Religion befragt,deshalb sind in den authentischen Büchern der AÎadÐ× allein von194 BuÌÁrÐ Nr. 488195 Muslim 2420, Musnad AÎmad bin Íanbal 25399264


ihr 3246 Äußerungen des Propheten überliefert, in denen sieAntworten auf vielfältige Fragen gegeben hat.Im Erbrecht entschied die Bibel, dass den Frauen nichts zustehe,solange männliche Nachkommen lebten (Num. 27, 8). Der Islamhingegen hat angewiesen, dass den Frauen auf jeden Fall <strong>aus</strong> demErbe des Vaters, Sohnes, Bruders, <strong>und</strong> des Ehemannes einErbanteil zusteht (4, 12f. u. 177). Es sollte bei dieser Gelegenheitauch erwähnt werden, dass der Islam zwar den Anteil der Tochtergegenüber dem Sohn halbiert hat, aber dies liegt aber darinbegründet, dass erstens der Mann die Unterhaltspflicht hat, alsodas Geld auch für seine Familie <strong>aus</strong>geben muss. Die Frau aber darfihr Geld für sich behalten <strong>und</strong> darüber hin<strong>aus</strong> erhält die Frau beider Heirat von ihrer Familie eine Mitgift bekommt, was für denMann nicht vorgesehen ist. Der Unterschied in den Anteilen istdadurch <strong>aus</strong>geglichen.Tritt der Fall ein, dass ein Mann seine Frau der Unzuchtbezichtigt <strong>und</strong> keine Zeugen vorhanden sind, so sieht das AT vor,dass die Frau schmutziges Wasser trinken solle, falls dann ihrBauch anschwillt, so sei sie schuldig (Num. 5). Der Islam hingegenlehrt in diesem Fall, dass sowohl der Mann als auch die Frauviermal schwören sollen (24, 7-10). Es gibt keine diskriminierendeBehandlung der Frauen.Vor dem Islam gab es keine Begrenzung der Zahl der Ehefrauen,die ein Mann gleichzeitig heiraten könnte. In der Bibel wird vonh<strong>und</strong>erten von Ehefrauen von Salamon erzählt (1 Kön. 11, 3).Islam hat großen Wert auf das Heiraten gelegt (4, 4) <strong>und</strong> unterbesonderen Umstände bis zu vier Frauen erlaubt, aber mehr alsvier auf jeden Fall verboten:„Und wenn ihr fürchtet, ihr würdet nicht gerecht gegen dieWaisen handeln, dann heiratet Frauen, die euch genehm265


dünken, zwei oder drei oder vier; <strong>und</strong> wenn ihr fürchtet, ihrkönnt nicht billig handeln, dann (heiratet nur) eine“ (4, 4).Die Frauen hatten vor dem Islam kein Recht auf Scheidung. Jesussoll gesagt haben, dass der Mensch nicht das trennen soll, wasGott verb<strong>und</strong>en hat (Mt 19, 3-12). Der Heilige Prophet (S)hingegen räumte sowohl dem Mann als auch der Frau ein Rechtauf Scheidung ein. 196 Selbst die christliche Welt handelt in dieserHinsicht nicht mehr nach den Lehren der Bibel, sondern folgteher den Lehren des Heiligen Propheten (S), was ihreVollkommenheit <strong>und</strong> <strong>Vernunft</strong>mäßigkeit beweist.Geschiedene Frauen wurden vor dem Islam als Menschen zweiterKlasse betrachtet. So verbot die Bibel z. B. den Priestern einegeschiedene Frau zu heiraten (Lev. 21, 7). Das Christentum hatteauch gelehrt, dass eine Frau, die im Leben ihres Mannes wiederheiratet, Unzucht begeht (Röm. 7, 3; 1 Cor. 7, 39). Der Islam hatfür geschiedene Frauen keine solchen Auflagen vorgesehen. DerHeilige Prophet (S) heiratete Zaynab bin Éahaš, die geschiedenwar, <strong>und</strong> zeigte damit, dass die geschiedenen Frauen gen<strong>aus</strong>o vielEhre <strong>und</strong> Ansehen genießen wie andere Frauen in derGesellschaft. 197 Desgleichen hatten die Witwen laut der Bibel nichtdie gleiche Stellung wie die Jungfrauen, deshalb wurde denPriestern auch verboten, Witwen zu heiraten (Lev. 12, 24). DerIslam legte hingegen besonders großen Wert auf das Verheiratenvon Witwen: „Und verheiratet eure Witwen“ (24, 33). Der HeiligeProphet (S) heiratete ËadÐÊa r.a., sie war damals 15 Jahre älter alser <strong>und</strong> zweifache Witwe. 198Vor dem Islam konnten sich die Frauen in der Regel nicht selbsteinen Ehemann <strong>aus</strong>suchen. Die Bibel ist voll von Beispielen, beidenen die Frauen einfach verheiratet worden sind, ohne dass ihreZustimmung eingeholt wird. Es ist sogar erlaubt, dass der Vaterseine Tochter verkauft (Ex. 21, 7-11) oder als Belohnungjemandem zur Frau gibt (Richter 1, 12, 1 Sam 17, 25), oder gar alsArbeitslohn (Gen 29, 15-20), wo er doch von der Arbeit selber196 BuÌÁrÐ 4868197 AbÙ DÁÞwÙd 3252, Ibn MÁÊa 1898198 Ibn HišÁm266


profitiert hat <strong>und</strong> seine Tochter nichts bekommt. Im völligenGegensatz hierzu hat der Heilige Prophet (S) angewiesen, dass dieZustimmung der Frau eingeholt werden muss, sei sie eineJungfrau, Witwe oder Geschiedene. 199 Er gebot auch, dass denFrauen bei der Heirat eine Summe Geld oder Eigentum zu gebensei 200 , über diese Summe verfügt die Frau selbst <strong>und</strong> nicht ihrVater oder sonst jemand.Zusammenfassung des Vergleichs der Lehren über die FrauenNr. Thema Bibel Islam1 Mann <strong>und</strong> Frau Frau wurde für denMann erschaffen2 Geburt Doppelte Unreinheitbei der Geburt einerTochterMann <strong>und</strong> Frauwurden beidegleichwertigerschaffenKeine derlei Lehre3 Frau während ihrerRegelblutungIst unrein <strong>und</strong> alleswas sie berührt wirdunreinMenstruationsorgt fürUnwohlsein4 Frau in der Religion Frau darf in derKirche nicht reden5 Frau als Lehrerin Kann Männer nichtunterrichtenKeineEinschränkungenin dieser HinsichtKeineEinschränkung6 Anteil der Frau amErbeKein Anteil, fallsmännlicheNachkommenvorhanden sindHat auf jeden FallAnteil am Erbe199 BuÌÁrÐ 4741, Muslim 2546, BuÌÁrÐ 4743200 BuÌÁrÐ 4753, 2520267


7 Heirat mit Frauen Keine Einschränkung,kann mehrere h<strong>und</strong>ertEhefrauen haben8 Kopfbedeckung Frau soll ihr Hauptbedecken, als Zeichenihrer Untertänigkeit9 Scheidung Gemäß Jesus solleman sich, außer beiEhebruch, nichtScheiden lassenEine, unterbesonderenUmstände bis zuvierKopfbedeckung istein Zeichen derEhre für Mann<strong>und</strong> FrauScheidung isterlaubt, aber nichtgern gesehen10 Scheidungsrechteiner Frau11 Zustimmung derFrau bei der HeiratFrau hat kein Rechtauf ScheidungNicht erforderlichFrau hat Recht aufScheidungIst erforderlich12 Geschiedene Einschränkungen fürGeschiedene13 Witwen Einschränkungen fürWitwenKeineBeschränkung fürGeschiedenKeinEinschränkung7.3 Spirituelle Entwicklung des MenschenDer dritte Aspekt der Lehren, den wir für diesen Vergleich<strong>aus</strong>gewählt haben, ist der spirituelle Fortschritt des Menschen <strong>und</strong>seine Beziehung zu Gott. Die Aufgabe einer Religion, ihr Zweck<strong>und</strong> Ziel liegen darin, die Nähe Gottes zu suchen <strong>und</strong> zu finden.Die Frage ist daher, wie kann man die Nähe Gottes erreichen?Sind jene Ränge der Nähe Gottes, die früher erreicht worden sind(wie etwa durch Propheten), auch heute noch möglich? Wer kanndie Nähe Gottes erreichen? Und mit welchen Mitteln kann mandie Nähe Gottes erlangen? Das sind die Fragen, die einenUnterschied zwischen Islam <strong>und</strong> den früheren Religionen268


deutlich machen werden. In diesem Zusammenhang sind auch dieGottesdienste <strong>und</strong> Gebete in der Religion zu erwähnen, denn auchsie zielen darauf, den Menschen zur Nähe Gottes zu verhelfen.7.3.1 Fortsetzung der wörtlichen OffenbarungWir haben schon erwähnt, dass die früheren Religioneneingeschränkt waren, da sie sich nur auf ein Volk bezogen, <strong>und</strong>deshalb ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass man bei ihnen nurHinweise auf Gottes Nähe für das eigene Volk findet, weil sie denAnspruch erhoben, <strong>aus</strong>schließlich Gott zu besitzen! Der Islam hatzum ersten Mal in der Weltgeschichte erklärt, dass Gott einuniverseller Gott ist, dass alle Völker gleich sind, <strong>und</strong> dass Gott zuallen Völkern seine Gesandte geschickt hat (16, 37). Jedem Volk istes gleichermaßen möglich, Gott nahe zu sein (49, 14). Dies ist dererste Unterschied, der in diesem Zusammenhang zwischen demIslam <strong>und</strong> den anderen Religionen sichtbar wird. Aber dereigentliche Unterschied zwischen dem Islam <strong>und</strong> anderenReligionen besteht darin, dass laut <strong>islamischer</strong> Lehre einelebendige Beziehung zu Gott weiterhin möglich ist. Der Islamlehrt, dass jeder Mensch, wenn er will, auch heute noch durchGottes Gnade spirituell vorankommen <strong>und</strong> an Rechtschaffenheitzunehmen <strong>und</strong> so eine lebendige Beziehung zu Gott aufbauenkann. Gott hört die Gebete (14, 40), aber der Islam beschränkt Ihnnicht auf das Hören <strong>und</strong> Akzeptieren der Gebete, sondern erklärt,dass Gott auch auf die Gebete antwortet, heute gen<strong>aus</strong>o wie infrüheren Zeiten (40, 61). Zudem sagt der Islam, dass es dieMöglichkeit, Offenbarungen zu erhalten heute noch gibt <strong>und</strong> dasses hauptsächlich drei Arten gibt, durch die Gott dem Menschenseine wörtlichen Mitteilungen gewährt: Durch klare wörtlicheOffenbarung, Visionen <strong>und</strong> Wahrträume (42, 52). Dies ist dereinzige Weg, der den Menschen Mut macht. Deshalb gab es imIslam zu jeder Zeit Menschen, mit denen Gott gen<strong>aus</strong>o lebendigkommuniziert hat wie mit Moses a.s. oder Jesus a.s. <strong>und</strong> Er bewiesihnen so unwiderlegbar seine Existenz, indem Er zu ihnen sprach<strong>und</strong> „Ich bin es, Allah, es gibt keinen Gott außer mir“ sagte(20, 15). In unserer Zeit hat der Gründer der <strong>Ahmadiyya</strong> MuslimJamaat Hazrat Mirza Ghulam Ahmad Qadiani (A) erklärt:269


„Ich würde der Menschheit unrecht tun, wenn ich jetzt nichterkläre, dass … jener Status der Kommunikation <strong>und</strong> desZwiegesprächs [mit Gott], den ich gerade bechrieben habe,mir von Gott durch Seine Gnade geschenkt worden ist, damitich den Blinden Augenlicht schenke <strong>und</strong> jenen, die bereit sinddie Wahrheit zu akzeptieren, von dieser Heiligen Quelleberichte. 201Diese Gnade Gottes, nämlich von Ihm direkt Leitung zu erhalten,wird auch heute noch gewährt.7.3.2 Die Lehre en miniatureIn jeder Religion gibt es kurze Passagen oder Gebete, um dieeigenen Gr<strong>und</strong>überzeugungen in einer abgekürzten Formwiederzugeben – quasi die Lehre en miniature. Diese kurzenTexte werden im Alltag bei Gottesdiensten oder anderen rituellenAnlässen eingesetzt. Sie spiegeln die Lehre der Religion <strong>und</strong> dieWünsche ihrer Angehörigen wider, zugleich zeigen sie ihre hohenErwartungen <strong>und</strong> ihre Handlungsmaxime. Auch in dieserHinsicht sollten die Religion miteinander verglichen werden. Fürdiesen Vergleich haben wir jeweils ein Gebet <strong>aus</strong> dem AT<strong>aus</strong>gewählt, nämlich das Sch e ma Jisrael; <strong>aus</strong> dem NT, nämlich dasbei der Bergpredigt gelehrte Gebet „Vater Unser“; <strong>und</strong> für denIslam die Sura al-FÁtiÎa, das Eröffnungskapitel des HeiligenQurÞÁn.Der erste Teil von Sch e ma Jisrael findet sich im Dtn Kapitel 6,Vers 4-9. Die Worte des Gebets sind:„Höre, Israel! Der Herr unser Gott ist einzig. Darum sollst duden Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mitganzer Seele <strong>und</strong> mit ganzer Kraft. Diese Worte, auf die ichdich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschriebenstehen. Du sollst sie deinen Söhnen wiederholen. Du sollstvon ihnen reden, wenn du zu H<strong>aus</strong>e sitzt <strong>und</strong> wenn du aufder Straße gehst, wenn du dich schlafen legst <strong>und</strong> wenn duaufstehst.201 Islami Usul ki Filasfi RK 10, S 143 (Philosophie der Lehren des Islams; hierÜbersetzung durch den Autor des Beitrags)270


Du sollst sie als Zeichen um das Handgelenk binden. Siesollen zum Schmuck auf deiner Stirn werden. Du sollst sie aufdie Türpfosten deines H<strong>aus</strong>es <strong>und</strong> in deine Stadttoreschreiben.“In Dtn 13, 13-21 wird der Lohn beschrieben, den die Kinder Israelserhalten, wenn sie die Gebote Gottes mit ganzem Herzen <strong>und</strong>ganzer Seele einhalten, <strong>und</strong> auch die Bestrafung wird erwähnt, dieverhängt wird, wenn sie die Gebote missachten. In Num 15, 37wird geboten, zur Erinnerung an diese Lehre besondere Quastenan die Kleider zu nähen.Die Einhaltung der Gebote wird zur Folgen haben: „Werdet ihrnun auf meine Gebote hören, die ich euch heute gebiete, dass ihrden HERRN, euren Gott, liebet <strong>und</strong> ihm dienet von ganzemHerzen <strong>und</strong> von ganzer Seele, so will ich eurem Lande Regengeben zu seiner Zeit, Frühregen <strong>und</strong> Spätregen, dass dueinsammelst dein Getreide, deinen Wein <strong>und</strong> dein Öl“ (Dtn 11.13).Über die Strafe, die erfolgt, wenn die Gebote nicht eingehaltenwerden, heißt es: „Hütet euch aber, dass sich euer Herz nichtbetören lasse, dass ihr abfallet <strong>und</strong> dienet andern Göttern <strong>und</strong>betet sie an, <strong>und</strong> dass dann der Zorn des HERRN entbrenne übereuch <strong>und</strong> schließe den Himmel zu, so dass kein Regen kommt<strong>und</strong> die Erde ihr Gewächs nicht gibt <strong>und</strong> ihr bald <strong>aus</strong>getilgtwerdet <strong>aus</strong> dem guten Lande, das euch der HERR gegeben hat.“(Dtn 11, 16f.)Zu dieser Passage kann folgendes festgestellt werden: Sie dreht sichum das jüdische Volk. Die Betonung liegt auf der Einheit Gottes<strong>und</strong> auf der Belohnung bzw. Bestrafung. Wer sich nach ganzerSeele <strong>und</strong> ganzem Herzen den Geboten fügt, dem werdenmaterieller Wohlstand, sprich: irdische Güter, versprochen. DasLeben nach dem Tod wird nicht erwähnt. Es wird nicht gesagt,woher man die Kraft schöpfen kann, um sich gemäß den Gebotenverhalten zu können (etwa durch Gebete).271


Im Christentum spielt ein in der Bergpredigt enthaltenes Gebetdie zentrale Rolle, nämlich das Vaterunser. Der Wortlaut desGebets ist folgendermaßen:„Vater unser im Himmel! Geheiligt werde Dein Name. DeinReich komme. Dein Wille geschehe. Wie im Himmel so aufErden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib unsunsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vondem Bösen. [Denn dein ist das Reich <strong>und</strong> die Kraft <strong>und</strong> dieHerrlichkeit in Ewigkeit. Amen.]“Hierzu ist folgendes anzumerken: Diese Lehre kann nicht alsumfassend bezeichnet werden. Es überwiegt der Gedanke anweltliche Dinge (tägliches Brot).Vergleicht man diese Worte mit dem von Muslimen benutztenGebet, so sind einige Unterschiede unübersehbar. Das Gebet imIslam heißt „Sura al-FÁtiÎa“ <strong>und</strong> ihr Wortlaut ist so:„Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen. AllerPreis gehört Allah, dem Herrn der Welten. Dem Gnädigen,dem Barmherzigen. Dem Herrscher am Tag des JüngstenGerichts. Dir allein dienen wir, <strong>und</strong> zu Dir allein flehen wirum Hilfe. Führe uns auf den geraden Weg; auf den Weg derer,denen Du Gnade erwiesen hast, nicht (den Weg) derer, dieMissfallen erregt haben, <strong>und</strong> die irregegangen sind.“ (1, 1-7).Gott beschreibt am Anfang vier solche Eigenschaften, die alsMütter der Eigenschaften Gottes bezeichnet werden. Sie werden ineiner natürlichen Reihenfolge erwähnt. Das heißt, in derReihenfolge, in der sich das Wirken dieser Eigenschaften in derWelt zeigt. Der Welt kommt Gottes Gunst auf vierfache Weisezugute. Die erste Form der Gunst [Herr der Welten] ist die272


absolute <strong>und</strong> uneingeschränkte. Diese Eigenschaft kommt dergesamten Schöpfung zugute, da sie dieser ihre Existenz verdanken.Das bedeutet, alles, was <strong>aus</strong> dem Nichts ins Dasein kommt <strong>und</strong>zur Vollkommenheit gelangt, dies dieser Eigenschaft Gottesverdankt. Danach erwähnt Gott in diesem Gebet die Eigenschaft,dass Er gnädig ist. Diese Eigenschaft lässt den Geschöpfen alleDinge zukommen, die sie für ihre Existenz benötigen. Auch dieseForm der Begünstigung wird ohne das eigene Verdienst derSchöpfung gewährt; sie kann auch als allgemeine Gunstbezeichnet werden. Sie ist nicht die Folge irgendeiner Tat derSchöpfung. Durch diese Eigenschaft leben alle Geschöpfe, <strong>und</strong>erfüllen ihre Bedürfnisse <strong>und</strong> werden vor Unglück bewahrt. Wasdie Schöpfung entsprechend ihrer Natur begehrt, wird ihrbereitgestellt. Kein Wesen wird der Gunst dieser Eigenschaftberaubt. Die dritte Form ist die besondere Gunst. Für dieallgemeine Gunst, die durch die Eigenschaft des Gnädigen zuteilwird, braucht die Schöpfung sich nicht zu bemühen; diese wirdihr zur Verfügung gestellt. Aber für die Erlangung der besonderenGunst, die der Quelle der Barmherzigkeit Gottes entspringt, istSelbstläuterung, Bittgebet, inbrünstige Hingabe, Aufmerksamkeitauf Gott <strong>und</strong> die eigene Anstrengung der Geschöpfe entsprechendihrer Fähigkeiten notwendig. Diese Gunst wird dem zuteil, dernach ihr sucht, <strong>und</strong> wer sich um sie bemüht. Diese Eigenschaftwird naturgemäß an dritter Stelle nach der Eigenschaft der Gnadeerwähnt. Wenn der Mensch seine Taten vollbracht hat, dann gehtes um den Lohn für seine Anstrengungen. Dieser wird gewährtdurch die Eigenschaft, die „MÁliki YaumiddÐn“ heißt – alsoMeister am Tag des Jüngsten Gerichts. Die Gunst, die durch dieseEigenschaft dem Menschen zuteil wird, heißt faÐÃÁn-e-aÌÒ. 202Diese zeigt sich, wenn das Universum der materiellenMöglichkeiten endet. Dann tritt die vollkommene AllmachtGottes ganz offen zutage. Der Begünstigte erlangt vollkommeneEinsicht <strong>und</strong> Erfahrung davon, dass es ein Besitzer der absolutenHerrschaft ist, dessen Willen, Zuwendung <strong>und</strong> besondereAllmacht dem Menschen eine große Gnade <strong>und</strong> einen großenGenuss gewährt. Für seine guten Taten bekommt er einenvollkommenen <strong>und</strong> bleibenden Lohn, der außergewöhnlich klar,/ Gunst ganz besonderer Art فيضان اخص 202273


erhaben, begehrt مغب <strong>und</strong> beliebt محبب ist. Dadurch lässt Gottden Menschen an seinem Ziel gelangen. Diese Eigenschaft Gotteswiderlegt auch die christliche Lehre des Sühneopfers. Denn durchdie Eigenschaft wird vom Islam ein Gott präsentiert, der nichtnur bloß ein Richter, sondern darüber hin<strong>aus</strong> ein Herrscher <strong>und</strong>König ist. Er ist nicht gezwungen, jeden Sünder unter allenUmständen zu bestrafen. Die Eigenschaft der Herrschaft Gotteserfordert, dass Er die Macht hat, zu vergeben <strong>und</strong> die Sünden desSünders zu bedecken, wenn es Ihm angemessen erscheint. Die vierFormen von Gunst werden in der Sura al-FÁtiÎa in hervorragenderSprachgewandtheit in einer Reihenfolge erwähnt, in der sie auchihre Wirksamkeit entfalten. Also ist die Anlage des Gotteswortsein Spiegelbild der Anlage der Natur u. Schöpfung. Es wird aufeine Art <strong>und</strong> Weise gesprochen, die jeder Beobachter eindeutig inder Natur erkennen kann.Mit diesen vier Müttern aller Göttlichen Eigenschaften soll jenesGott gezeigt werden, den der QurÞÁn der Welt präsentiert <strong>und</strong> vondessen Existenz er sie überzeugen will. Durch eine Reflexion übersie wird gleichsam das Antlitz Gottes sichtbar. Die Seeleempfindet einen Genuss <strong>und</strong> wirft sich vor Gott nieder. Deshalbwird in diesem Gebet von Gott am Anfang in der dritten Persongesprochen. Dann lassen die vier Eigenschaften Gott quasi <strong>aus</strong>dem Verborgenen hervortreten. Deswegen erfordert es dieEloquenz, dass ab diesem Punkt von Gott nicht mehr in derdritten Person gesprochen wird, sondern Gott in der zweitenPerson angesprochen wird. „Dir allein dienen wir, <strong>und</strong> zu Dirallein flehen wir um Hilfe“, mit diesen Worten wird die zweitePerson benutzt. Die Verse, die nun folgen, stehen im engenZusammenhang mit den zuvor erwähnten Eigenschaften.Die vier Eigenschaften Gottes <strong>und</strong> Sein Name „Allah“ sind inWahrheit fünf Ozeane. Und es ist ein W<strong>und</strong>er der Eloquenz desQurÞÁn, dass er zunächst diese fünf erwähnt, worauf fünf Versefolgen. Den fünf Versen kommen die fünf Ozeane derEigenschaften Gottes zugute. Jeder Vers entspricht auch diesenEigenschaften steht ihnen quasi gegenüber. Alle Nuancen dieserEigenschaften bereichern die Bedeutungen der mit ihnenzusammenhängenden Verse. Der erste Ozean ist Allah, der274


Erhabene. Ihm gegenüber steht das Wort „Dir allein dienen wir.“Darin wird die Bedeutung des Gottesdienstes hervorgehoben <strong>und</strong>wird gesagt, dass die Sehnsucht in der menschlichen Seele nurdurch den Gottesdienst gestillt werden kann. Der zweite Ozean ist„Herr der Welten.“ Von diesem profitiert der Satz: „zu Dir alleinflehen wir um Hilfe.“ Für einen ohnmächtigen <strong>und</strong> hilflosenDiener Gottes ist es ein großer Trost, dass sein Gott der Herr derWelten ist. Mit den Worten „zu Dir allein flehen wir um Hilfe“ruft er einen Gott an, der für Erhalt <strong>und</strong> Entwicklung derUniversen zuständig ist (rabb). Die Eigenschaft des Erhalters <strong>und</strong>Entwicklers hilft dem Menschen, indem sie bewirkt, dass jedeSache entsprechend ihrer Eigenheit notwendige Charakterzügeerhält; sie lässt nicht zu, dass diese Sache unvollkommen bleibt.Der dritte Ozean ist „der Gnädige“. Dieser kommt dem Satz„führe uns auf den geraden Weg“ zugute. Die Eigenschaft derGnade stellt demjenigen, der seine Entwicklung durch dieEigenschaft des rabb رب vollendet hat, alles zur Verfügung, das fürseine Existenz notwendig ist. Deswegen kommt sie nach derEigenschaft des rabb. Der vierte Ozean ist die Barmherzigkeit.Dar<strong>aus</strong> profitiert der Satz: „auf den Weg derer, denen Du Gnadeerwiesen hat.“ Dies, damit der besondere Diener zu den Dienern,denen Gott Gnade erwiesen hat, zählen mag. Denn an den durchdie Barmherzigkeit (RaÎÐmiyyat ‏(رحيميت gewährten besonderenGnaden haben nur die Gehorsamen Anteil, <strong>und</strong> andere nicht. Derfünfte Ozean ist die Eigenschaft der Herrschaft Gottes amJüngsten Tag. Davon profitiert der Satz: „…die nicht Missfallenerregt haben <strong>und</strong> die nicht irregegangen sind.“ Denn die wahreNatur vom Göttlichen Missfallen <strong>und</strong> davon, dass der Mensch inIrrtum <strong>und</strong> Irreführung verharrt, wird dem Menschen erst amJüngsten Tag sichtbar werden. An diesem Tage wird sich Gott mitSeinem Missfallen <strong>und</strong> mit Seiner Gnade zeigen. Der Mensch wird<strong>aus</strong> Göttlicher Hand entsprechend seinen Taten Ehre oderSchmach erfahren.Diese Lehre des Islam in abgekürzter Form ist sicherlich etwasBesonderes <strong>und</strong> Einzigartiges. Darin wird Gott vorgestellt. DieEigenschaften, die das Gebet enthält, stehen in einer Ordnung<strong>und</strong> in einem Zusammenhang. Der Mensch wird auf das Gebet<strong>und</strong> den Gottesdienst aufmerksam gemacht. Aber gleichzeitig275


ekommt er Anregung dazu, sich um die Gnade Gottes zubemühen, <strong>und</strong> wird vor der Bestrafung gewarnt. Das Gebet istnicht beschränkt, denn es spricht sowohl von den Gnaden indieser Welt als auch von denen im Jenseits. Die Lehre des Islam<strong>und</strong> der Inhalt des QurÞÁns wird in dieser Sura kurz <strong>und</strong> prägnantzusammengefasst. Nichts Wichtiges wird darin <strong>aus</strong>gelassen –kurzum, die islamische Lehre en miniature.7.3.3 Das GebetWie kann man die Nähe Gottes erreichen? Alle Religionen sagen,dass gute Taten den Menschen zur Nähe Gottes verhelfen, aber sielehren auch, dass der Menschen schwach ist. Jesus sagte, der Geistist willig, aber das Fleisch ist schwach (Mk 14, 38). Dann stelltsich die Frage, wie kann ein Mensch die Anweisungen Gottesbefolgen <strong>und</strong> sich spirituell fortentwickeln, damit ervollkommene Verbindung mit Gott eingehen kann? EineAntwort auf diese Frage finden wir weder bei Jesus noch bei denanderen. Der Islam hat als erste Religion diese Frage beantwortet<strong>und</strong> erklärt, dass Gott die Quelle aller Segnungen <strong>und</strong> Gnaden ist,Er ist es, der die Menschen von Sünden reinigt <strong>und</strong> ihre Herzenmit eigener Liebe füllt, also solle man Ihn um Hilfe bitten. DerQurÞÁn lehrte daher, Gott darum zu bitten: „zeige <strong>und</strong> halte unsauf dem richtigen Pfad, den Pfad derer, denen Du Gnade erwiesenhast“ (al-FÁtiÎa 1, 6). Dann wird Gott selbst einem die Fähigkeit<strong>und</strong> Kraft schenken, mit der man Seine Anweisungen befolgenkönnen wird <strong>und</strong> Er wird selber alle Schwächen beseitigen. DieLehren, die in dieser Sure gegeben werden, sind oben (7.3.2) inaller Ausführlichkeit behandelt <strong>und</strong> mit der Lehre der Bibelverglichen worden.Allumfassende <strong>und</strong> vollkommene Lehren über das Bittgebet (in<strong>islamischer</strong> Terminologie „Dua“ genannt) hat der Heilige Prophet(S) uns gegeben. Er. wies uns nicht nur an, bei jeder Gelegenheit<strong>und</strong> allen Umständen zu beten, sondern lehrte uns auch, wie wirbeten sollen <strong>und</strong> was wir beten sollen z. B. wenn man auf einGefährt steigt, wenn man Schlafen geht, wenn man aufwacht,wenn man den Mond sieht, wenn man eine Tätigkeit beginnt etc.So <strong>aus</strong>führlich <strong>und</strong> umfangreich sind diese Lehren, dass es keineLebenslage gibt, für die er uns ein Gebet nicht gelehrt hat. Die276


Jünger Jesu hingegen wussten wenig über das Gebet <strong>und</strong> seinePhilosophie. Als sie in (bestimmten) ihren Bemühungen keinenErfolg hatten <strong>und</strong> Jesus nach dem Gr<strong>und</strong> fragten, musste er ihnenerklären, dass man die Schwierigkeiten durch Gebet bewältigt (Mk9, 29).Über die Bittgebete hin<strong>aus</strong> gibt es ein umfassendes Gefüge vonGottesdiensten (Gottesdienst = Ritualgebet), das der Islameingeführt hat. Frühere Religionen hatten weder erklärt, warumder Gottesdienst (d.h. Ritualgebet) nötig ist, noch sieht man inihren Gebeten einen inneren Zusammenhang <strong>und</strong> einen Zweck.Die Christen z. B. versammeln sich am Sonntag in der Kirche <strong>und</strong>lobpreisen Gott, aber warum? Nur weil ihnen dies geboten wordenist? Es ist auch wichtig zu wissen, warum das Gebet verrichtetwird, außer dass es eine gute Tat ist? Warum sollen sich dieMenschen dafür versammeln? Die christlichen Religionsquellenschweigen darüber jedoch. Und sie schweigen so sehr, dass selbstdie verschiedenen Teile des Gottesdienstes von den Kirchenväternerf<strong>und</strong>en worden sind <strong>und</strong> nicht von Jesus stammen.Der Islam erklärt, dass das Gebet nötig ist, weil hierin das Gutefür den Menschen liegt. Der Mensch ist erschaffen worden, umGott zu dienen, d.h. Seine Eigenschaften in sich zu reflektieren(51, 57). Und um diesen Zweck zu erfüllen, braucht er Beistandvon Gott <strong>und</strong> diesen bekommt er u. a. auch durch dasRitualgebet, das auch eine Form des Bittgebets darstellt. 203 Durchdiese Gebete wird der Mensch von Sünden ferngehalten, so wieein einer, der im Fluss ein Bad nimmt, gereinigt wird 204 . Der Islamerklärt auch, dass man Gott für Seine Gnaden <strong>und</strong> Segnungen zudanken hat, dies ist eine Pflicht für den Menschen (2, 153), <strong>und</strong>eine Methode, wie man dies tun kann, liegt im Gebet. Abgesehenvon Bittgebeten, die man zu jeder Tageszeit sprechen kann, hatder Islam einige Zeiten für den Gottesdienst festgeschrieben, zudenen man insbesondere beten soll. Der Gründer des Islam zeigteden Muslimen durch sein eigenes Beispiel, wie man beten soll, er(S) legte auch die Zeiten fest, lehrte das Verhalten während der203 TirmiÆÐ 3293204 Ibn MÁÊa 1387277


Gebete, <strong>und</strong> erklärte <strong>aus</strong>führlich, was unter erschwertenBedingungen zu tun ist, wie z. B. bei Krankheit, Reisen, Unwetteretc. 205Vor dem Islam hatten andere Religionen selbst das Gebeteingeschränkt. Man dürfte nicht überall Gottesdienste abhalten,vielmehr sind hierfür Kirchen, Synagogen <strong>und</strong> Tempelvorgesehen. Der Islam erklärte, dass die ganze Erde für das Gebetgeeignet ist (2, 145) 206 . Vor dem Islam war auch die Leitung derGottesdienste eingeschränkt <strong>und</strong> bestimmten Personen (oderStämmen) vorbehalten. Unter den Juden waren es dieNachkommen von Aaron, <strong>und</strong> unter den Christen die mitSegnung der Kirche <strong>aus</strong>erkorenen Priester. Der Islam hob auchdiese Beschränkungen auf <strong>und</strong> machte die Muslime von jeglichemPriestertum frei, daher darf jeder Muslim im Gottesdienstvorbeten, Trauung vollziehen, <strong>und</strong> das Totengebet leiten usw.7.3.4 Mittel Gott zu erreichenDer Heilige QurÞÁn hat acht Wege erwähnt, auf denen man GottesNähe erreichen <strong>und</strong> den eigentlichen Zweck des menschlichenLebens erfüllen kann. Dies sind wie folgt:1. Gott auf die richtige Weise zu erkennen <strong>und</strong> an Ihn zuglauben, denn der <strong>Glaube</strong> an einen imaginären <strong>und</strong> totenGott kann einem nicht helfen. Der Heilige QurÞÁn hat diesenWeg sehr <strong>aus</strong>führlich beschrieben. Im Gegensatz zu anderenReligionen hat der Islam keine Eigenschaft Gottes für<strong>aus</strong>gesetzt oder vergangen erklärt, noch hat er in SeinemWesen einen Mangel oder Beschränkung für möglichgehalten.2. Die Liebe zu Gott, die durch das Betrachten <strong>und</strong> Reflektierenseiner Schönheit <strong>und</strong> Seiner Vollkommenheit entsteht. Denndas menschliche Herz wird von der Schönheit angezogen.Deshalb hat der Heilige QurÞÁn die Eigenschaften Gottes <strong>und</strong>seine Vollkommenheiten so <strong>aus</strong>führlich dargestellt. Im205 Kapitel über das Gebet in Büchern der AÎÁdÐ×206 s. a. BuÌÁrÐ 419278


Gegensatz zu den früheren Religionen hat der Islam die LiebeGottes nicht zu einem Vorrecht eines Stamms oder Volkserklärt.3. Das Nachdenken über die Gnaden, die Gott uns erwiesen hat.Außer der Schönheit ist auch die Gnade etwas, die denMenschen anziehen. Deshalb finden die Gnaden <strong>und</strong>Segnungen Gottes im Heiligen QurÞÁn eine so <strong>aus</strong>führlicheErwähnung. Sie fangen schon vor der Geburt des Menschenan <strong>und</strong> sind unzählbar.4. Es ist wichtig <strong>und</strong> notwendig, Gotteshilfe zu suchen, um Ihnzu erreichen. Dazu ist das Gebet notwendig. Dieses Themahaben wir oben etwas <strong>aus</strong>führlicher behandelt.5. Ein anderer Weg Gott zu erreichen ist Anstrengung <strong>und</strong>Opfer. Darunter fallen auch die finanziellen Opfer auf demWeg Gottes <strong>und</strong> andere Anstrengungen z. B. Fasten, HaÊÊ d.h.die Pilgerfahrt nach Mekka etc.6. Standhaftigkeit ist ein weiteres Mittel, das notwendig ist, umdieses Ziel zu erreichen. Jene, die sich auf den Weg zu Gottmachen, müssen durch harte Prüfungen gehen. Jene, die dabeistandhaft bleiben, werden gemäß dem Heiligen QurÞÁn amEnde die Erfolgreichen sein.7. Eine Möglichkeit, die Nähe Gottes zu erreichen, liegt darin,sich in der Gesellschaft der Personen aufzuhalten, diebesondere Diener Gottes sind. Dies, weil der MenschVorbilder braucht. Er teilt die Erfahrung der anderenGottessucher, dadurch kann er dazulernen <strong>und</strong> auf dieseWeise sich verbessern.8. Das achte Mittel, Gott zu erreichen sind die wörtlichenOffenbarungen, Visionen <strong>und</strong> Träume, die den Reisenden zuIhm die Gewissheit verschaffen, dass sie sich auf demrichtigen Weg befinden <strong>und</strong> zusätzlich ihre Sehnsucht nachGott wachsen lassen.279


7.3.5 Die spirituellen Zustände des MenschenNach den acht Mitteln, mit deren Hilfe man Gottes Näheerreichen kann, ist es auch notwendig zu wissen, durch welcheZustände der Mensch während seiner spirituellen Entwicklunggeht. Dies deshalb, damit der Mensch wissen kann, wo er sichgerade befindet <strong>und</strong> der zurückgelegte Weg ihn ermutigt, <strong>und</strong> erauch sieht, wie viel er noch zu tun hat <strong>und</strong> so an Demutzunimmt. Der Heilige QurÞÁn hat drei Gr<strong>und</strong>zustände desMenschen erklärt:1. Naturzustand dessen Quelle „Nafs AmÁra“ (das befehlendeEgo oder verführendes Selbst) genannt wird. Das ist derZustand, in dem der Mensch vom Weg der Rechtschaffenheitabgekommen ist. Er neigt zu jeder Art von Sünde <strong>und</strong>Fehlern, weil in diesem Zustand der Zweck seinerHandlungen das Erfüllen seiner unmittelbaren <strong>und</strong>egoistischen Wünsche ist. Dabei achtet er auf keinenVerhaltenskodex.2. Gezähmter oder zivilisierter Zustand, dessen Quelle der „NafsLawwÁma“ (das sich anklagende Selbst) ist. Dies ist derZustand, in dem er zu einem zivilisierten Menschen wird. DasGewissen des Menschen erwacht <strong>und</strong> warnt ihn bei Fehlern.Er beginnt, seine Fehler zu bemerken <strong>und</strong> zeigt Reue, <strong>und</strong>versucht seine Fehler zu überwinden.3. Spiritueller Zustand, dessen Quelle gemäß dem HeiligenQurÞÁn „Nafs MuÔmaÞinna“ (die beruhigte Seele) ist. Dies istder spirituelle Zustand. In diesem Fall erreicht die Seele eineninneren Frieden <strong>und</strong> ist beruhigt. Sie schwebt sozusagen vonselbst zu Gott. Der Mensch verabscheut von sich <strong>aus</strong> alleSünden <strong>und</strong> bewirkt alle guten Taten.Diese drei Zustände haben tiefe innere Beziehungen zueinander.Deshalb hat der Heilige QurÞÁn <strong>aus</strong>führliche Anweisungen überalle drei Zustände gegeben. Die Gr<strong>und</strong>lehren über das Essen,Trinken, Heiraten, Leben, Wohnen, Umgang etc. haben denZweck, dass die Menschen danach handeln <strong>und</strong> dadurch in den280


zweiten Zustand gelangen. Darüber hin<strong>aus</strong> enthält der QurÞÁnprinzipielle Anweisungen für alle Lebenslagen. Wenn man gemäßdiesen Lehren handelt <strong>und</strong> sich anstrengt, wird man zu einemzivilisierten, friedvollen <strong>und</strong> guten Menschen, der seineEigenschaften <strong>und</strong> Fähigkeit richtig nutzt <strong>und</strong> schlussendlich dendritten Zustand – die beruhigte Seele – erreichen kann. In diesemZustand neigt die Seele des Menschen von Natur <strong>aus</strong> zu Gott.Zudem empfängt in diesem Zustand der Mensch die Leitung desHeiligen QurÞÁn, die ihm weitere Wege des Fortschritts zeigt.Seine spirituellen Lehren machen den Menschen zu einemMenschen, der in der Liebe zu Gott verloren ist.Zusammenfassung des Vergleichs der spirituellen LehrenNr. Thema Bibel QurÞÁn1 Nähe Gottes Kann nur von Judenoder Christenerreicht werdenJeder Mensch kannsie erreichen2 Zweck des Gebets Lob Gottes Gott um Hilfe bitten3 Zweck des Lebens Nicht deutlich Gottesdienst, d.h.Eigenschaften Gottesin sich reflektieren4 Mittel zumErreichen diesesZielsKeine LehrenGebet, Anstrengung5 WörtlicheOffenbarungGab es in früherenZeiten6 Bittgebet Gr<strong>und</strong>sätzlicheLehren7 Gottesdienst(rituelles Gebet)Zeitliche <strong>und</strong>örtliche BegrenzungWerden auch HeutefortgesetztAusführliche Lehren,Erklärung derPhilosophieUnbegrenzt, immer<strong>und</strong> überall8 Vorbeter, Leiter Bestimmte Personen Kann jeder Menschsein9 Mittel, Gott zuerreichenUnvollständigeAngabenAusführlicheErklärung der Mittel281


10 SpirituelleZustände desMenschenUnvollständigeAngabenAusführliche <strong>und</strong>vollständige Lehren<strong>und</strong> Philosophie7.4 SchlussbemerkungIn diesem Kapitel sind die <strong>Glaube</strong>nslehren des Islam, seineVerhaltensnormen <strong>und</strong> die spirituellen Lehren dargelegt worden,<strong>und</strong> es ist deutlich geworden, dass in jeder Hinsicht der HeiligeProphet (S) neue Lehren gebracht hat. Die Besonderheit seinerLehre ist, dass sie universell ist, für alle Völker <strong>und</strong> für alle Zeiten.Im Islam ist erfüllt worden, was den früheren Lehren fehlte. Sieenthält <strong>aus</strong>führliche <strong>und</strong> zusätzliche Anweisungen, die denMenschen für jede Angelegenheit Rechtleitung geben.Der Gründer der <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat, der VerheißeneMessias <strong>und</strong> Mahdi des Islam (A), sagt:„Zum Vergleich der gegenwärtigen Religionen <strong>und</strong> dann zurErkenntnis der wahren Religionen unter diesen, muss derSucher nach der Wahrheit auf dreierlei Aspekte achten.Erstens, was lehrt diese Religion über Gott. Zweitens muss derSucher nach der Wahrheit beachten, was die Religion, die erfür sich erwählt, über ihn selbst <strong>und</strong> allgemein über diemenschliche Verhaltensweise lehrt. Drittens sollte der Suchernach der Wahrheit eine Religion <strong>aus</strong>suchen, deren Gott keinvermutetes Wesen ist, an den man aufgr<strong>und</strong> von Märchen<strong>und</strong> Mythen glaubt, noch sollte es sein, dass Er einem Totengleicht… Wenn jemand erkennt, dass eine bestimmte Religionin Bezug auf diese drei Aspekte überlegen ist, so ist es seinePflicht, diese Religion für sich zu erwählen.“ 207207 NasÐm-e-DaÝwat, خزائنaa aa(RuÎÁnÐروحانی KhazÁÞin) 19, Seite 373f.282


<strong>Ahmadiyya</strong> Muslim JamaatDie <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat ist eine islamischeReformgemeinde. Sie wurde 1889 von Hazrat Mirza GhulamAhmad (Friede sei auf ihm) in Qadian, Indien, auf Gottes Geheißgegründet. Gott offenbarte ihm, dass er der Verheißene Messias<strong>und</strong> Mahdi des Islams ist. Das Ziel der Gemeinde ist es, denursprünglichen Islam, der leider weitgehend in Vergessenheitgeraten ist, von seinen Verkrustungen zu befreien <strong>und</strong> in seinerganzen Schönheit wiederherzustellen. Sie will die Menschen überdiesen Islam aufklären. Dies sollen die Mitglieder der Gemeindeerreichen, indem sie sich entsprechend den Geboten des QurÞÁnbemühen, Vorbild an Liebe, Barmherzigkeit <strong>und</strong> Gerechtigkeit zusein. Uneigennützig zu handeln, ist das Bestreben ihrerMitglieder, wie dies auch vom QurÞÁn eingefordert wird: Deshalbhat das dritte Oberhaupt der Gemeinde, Hazrat Mirza NasirAhmad, der Gemeinde das folgende Motto gegeben:Liebe für alle, Hass für keinen.Dementsprechend hat die Jamaat (Gemeinde) in vielen LändernKrankenhäuser <strong>und</strong> Schulen errichtet, die der Bevölkerung zurVerfügung stehen. Sie hat auch eine internationaleHilfsorganisation ins Leben gerufen, die “Humanity First” heißt.Bei ihrer humanitären Arbeit hilft sie den Not leidendenMenschen durch Sachspenden <strong>und</strong> ärztliche Hilfe etc. Über einJahrh<strong>und</strong>ert nach ihrer Gründung zählt die Gemeinde weltweitviele Millionen Mitglieder, die in über 185 Ländern der Weltleben. Zu ihnen gehörten u. a. her<strong>aus</strong>ragende Persönlichkeiten wieSir Zafarulla Khan, der erste Außenminister Pakistans <strong>und</strong> späterePräsident des Internationalen Gerichtshofs; Prof. Dr. AbdusSalam, der erste muslimische Nobelpreisträger der Physik; <strong>und</strong>283


ekannte Dichter, Schriftsteller, Kulturschaffende sowieJournalisten <strong>und</strong> Politiker.Nach dem Tode des Gründers wurde im Jahre 1908 gemäß derLehre des Propheten Muhammad (s) ein Khalif zum Nachfolgergewählt. Derzeit wird die Gemeinde von Hazrat Mirza MasroorAhmad geleitet, dem 5. Nachfolger (Khalifatul Massih) desGemeindegründers. Wegen der Verfolgung in Pakistan lebt dasOberhaupt im Exil in London. Seine Freitagsansprache, die überden Fernsehkanal der Gemeinde, MTA, live gesendet wird (14.00Uhr MEZ), ist die wöchentliche Leitung für viele MillionenMitglieder der <strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat weltweit.In Deutschland hat die Gemeinde über 30.000 Mitglieder <strong>und</strong>verfügt über 36 eigene Moscheen mit Kuppel <strong>und</strong> Minaretten, alsoin klassischer Bauweise errichtet, <strong>und</strong> etwa 70 weitereGemeindezentren. Sie hat lokale Gemeinden in etwa 180 Städten<strong>und</strong> Ortschaften, denen gewählte Präsidenten vorstehen. DieFrauen in der Gemeinde haben eine eigene Frauenorganisationmit selbst gewählten Präsidentinnen. Die Gemeinde unterhälteinen eigenen Verlag (Verlag der Islam) <strong>und</strong> gibt mehreredeutschsprachige Zeitschriften her<strong>aus</strong>.284


8 AnhangDeutsche Übersetzung des Auszugs <strong>aus</strong> dem Arabischen Wörterbuchvon Lane zum Begriff des ÉihÁdjahada (S,A,L &c.) aor., (K,) inf. n. jahada (TA,) er جهد „1.strebte, arbeitete, schuftete; bemühte sich, nutzte seine Kraft,Bemühungen, Anstrengungen, Fähigkeiten; arbeiteteenergisch, tüchtig, mühselig, emsig, fleißig, unermüdlich,ernsthaft oder kräftig; war emsig oder fleißig; gab sich Mühebzw. außerordentliche Mühe; (S,A,L,K) fi kidha bei einersolchen Sache; (S;) fil amr فaالام bei der Angelegenheit soauch ajtahad ‏,‏A‏)اجتہد K;) <strong>und</strong> auch jaahid جھa mit Bezug aufRede oder Handlung: (L:) oder jahada fil amr جهد فی الامر <strong>und</strong>inf. N. wie oben, er setzte seine äußersten Kräfte,Bemühungen oder Fähigkeiten zur Erreichung eines Ziels ein:(Msb:) ajtahÁd <strong>und</strong> tojÁhid er wandte seine Kraft oderFähigkeit erschöpfend an: (S,A,K:) oder ijtahada fil amr erwandte zur Erreichung des Ziels seine Kraft oder Fähigkeiterschöpfend an, um einen möglichst umfassenden Erfolg zuerzielen. Es heißt auch: ajhad jahdaka fi haazal amr Versuchedein Äußerstes in dieser Sache: (Fr,S,K:) nicht jedoch juhdak(Fr, S.) <strong>und</strong> ijtahada raayhu Er gab sich große Mühe odersetzte sich Schwierigkeiten <strong>aus</strong> bzw. versuchte bis zurErmüdung, das richtige Urteil bzw. die richtige Meinung zubilden (MA.) ijtahadato raayi wa nafsi hatta balaghato majhudiIch bemühte mein Urteilsvermögen <strong>und</strong> meinen Verstand, umdas äußerste an Kraft oder Fähigkeit zu erlangen.“Nach der Erläuterung des Wortstamms des Begriffs ‚ÉihÁd’schreibt Lane hierzu:„ÉihÁd جھد inf. n. von jaahid جھ bedeutet eigentlich dasEinsetzen oder Ausschöpfen aller Kräfte, Bemühungen,Anstrengungen oder Fähigkeiten im Kampf gegen ein Objektder Missbilligung; dieses kann von drei Arten sein, nämlich285


ein sichtbarer Feind, der Teufel oder das eigene Ich, welcheallesamt in dem Begriff, so wie er im Kur XXII 77 (Er-Raghib,TA.) benutzt worden ist, enthalten sind. Siehe auch 1, ersterSatz. Es heißt jaahid-ul-aduw (JK, A, Mgh,) inf. n. wie oben(JK, Mgh, K) <strong>und</strong> mujaahida (JK, K,) Er kämpfte gegen denFeind (K:) oder er begegnete den Feind <strong>und</strong> setzte sichSchwierigkeiten oder einer Gefahr oder Ermüdung <strong>aus</strong> odersetzte seine Kraft oder Bemühungen oder Anstrengungen oderFähigkeiten [oder das äußerste derselben] ein, um ihn, seinenFeind von seinem Vorhaben zurückzuhalten: in der Folgebegannen die Muslime das Wort jahada allgemein in derBedeutung zu verwenden, er kämpfte, verdarb oder führteKrieg gegen Ungläubige u.ä. (Mgh.) Es heißt auch jaahada fisabiilillah inf.n. jihad (S, Msb) <strong>und</strong> mujaahidah (S,) [Erkämpfte im Wege Gottes, d.h., für die Sache der Religion.]286


9 LiteraturverzeichnisI. Der Heilige QurÞÁnDeutsche Übersetzung:– Der Heilige QurÞÁn, Arabisch <strong>und</strong> Deutsch, hrsg. von der<strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat, Frankfurt am Main, 1989Kommentare:– Hazrat Mirza Ghulam Ahmad (A), TafsÐr Masih-e-MoÙd(3 Bände), Nazarat Nashr-o-Isha’at, Sadr Anjuman <strong>Ahmadiyya</strong>,Qadian (India), 1989– Hazrat HakÐm Nuur-ud-Din Khalifatul Massih I, Haqaiq-ul-FurqÁn, Nazarat Isha’at Rabwah, Pakistan– Hazrat Mirza Bashir-ud-Din Mahmood Ahmad, KhalifatulMassih II, TafsÐr-e-KabÐr (10 Bände), London, 1986– The Holy Quran, with English Translation and Commentary(5 Bände), Surrey, 1988– MuÎammad ar-RÁzi FaÌr-ud-DÐn, TafsÐr al-FaÌr ar-RÁzi, DÁr-ul-Fikr (Beirut), 1985– Ibn Qayyim al-Éauziyya, BadaÞi-ut-TafsÐr al-ÉamiÝ at-TafsÐrII. ÍadÐ×:– ÑaÎÐÎ BuÌÁri, DÁr al-aÎyaÞ al-kutb al-Ýarabiyya (Kairo) 1918– ÑaÎÐÎ Muslim, DÁr al-aÎyaÞ al-kutb al-Ýarabiyya (Kairo) 1918– AbÙ DÁwÙd, Sunan, DÁrul-Íadi× (Kairo) 1988287


– TirmiÆÐ, Sunan, DÁrul-Íadi× (Kairo) 1938– Ibn MÁÊah, DÁrul-Íadi× (Kairo), 1918– NisÁÞÐ, DÁrul-Íadi× (Kairo), 1987– Musnad AÎmad bin Íanbal, DÁrul-Fikr al-Ýarabi– Kunzal-ÝamÁl fi Sunan al-aqwÁl w-al-afÝÁl, (Beirut), 1985– Al-Mustadrak, DÁr-ul-maÞrifa (Beirut), 1986III. Weitere Bücher in nicht-europäischen Sprachen:– Ahmad, Hazrat Mirza Ghulam, Ayyam-us-Sulh, RuÎÁnÐKhazÁÞin Band XIV., London 1984– Nur-ul-QurÞÁn II, RuÎÁnÐ KhazÁÞin, Band II., London 1984– PaiÈÁm-e-SulÎ, RuÎÁni ËazÁÞin, Band XXIII., London 1984– ¹ang-i muqadas, RuÎÁnÐ ËazÁÞin, Band VI. London 1984– ¥ašma-i MaÝrifat RuÎÁnÐ ËazÁÞin, Band XXIII. London 1984– ¥ašma-i-MasiÎi, RuÎÁnÐ ËazÁÞin, Band XX., London 1984– Government Angrezi aur ÉihÁd, RuÎÁnÐ ËazÁÞin, B. XVII.,London 1984– BrÁhÐn-e-AÎmadiyyaa RuÎÁnÐ KhazÁÞin, London, 1984– NasÐm-e-DaÝwat, RuÎÁnÐ ËazÁÞin XIX.– MalfuÛÁt, (10 Bände) RuÎÁnÐ ËazÁÞin, London, 1984– MaºmÙÝa ištiharÁt, London, 1984– al-Diyarbakri, TarÐÌ-ul-ËamÐs, DÁr Ñadir, Beirut– Ibn Íazm, al-faÒl fil-milal wa-alahwÁÞi waniÎal,DÁr-ul-maÞrifa (Beirut), 1986288


– Ibn HišÁm, as-SÐrat-un-Nabawiyya, DÁr-ul-ÉÐl (Beirut)– Ibn Qayyim al-Éauziyya, ZÁd ul-maÝÁd, muÞassissa al-risÁla(Beirut), 1985– Ibn SaÝd, ÓabqÁt al-kubrÁ, DÁr Ñadir (Beirut), 1985– LisÁn-ul-ÝArab [Wörterbuch des Arabischen]– al-Óabri, TÁrÐÌ, DÁr-ul-kutb al-Ýilmiyya (Beirut), 1988IV. Bücher in europäischen Sprachen:– Ahmad, Hazrat Mirza Ghulam Ahmad, Phiolosophie derLehren des Islams, Frankfurt/M. 1997 u. a.– Ahmad, Hazrat Mirza Tahir, Islam's Response toContemporary Issues, London, 1992– Ahmad, Hazrat Mirza Tahir, Revelation, Rationality,Knowledge and Truth, London, 1998– Ahmadi, Arshad, Rushdie – Haunted by His Unholy Ghost,Islam International Publications Ltd., London– Arberry, A. J., Revelation and Reason in Islam, London, 1957– Armstrong, Karen, MuÎammad: A Biography of the Prophet,New York, 1992– Arnold, Thomas W. The Spread of Islam in the World, Reprintby Goodword Books, New Delhi, India, 2003– Carlyle, Thomas, On Heros-Worship and the Heroic inHistory, University of Nebraska Press, 1966– Cranston, Ruth, World Faith, Ayer publishing, 1949289


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10 IndexÝAbdullah bin AbÐ RabiÝah..........................................90ÝAbdullah bin ÝUmar..25, 126Abessinien ..................164, 182AbÙ SufyÁn......86, 87, 88, 194Adam <strong>und</strong> Eva.................. 221Afrika ................................... 23Ägypten.............................. 182Ahmad, Hazrat MirzaGhulam ........ 104, 204, 269Ahmad, Hazrat MirzaMasroor..........18, 45, 59, 98Ahmadi, Arshad ..................55Ahmadis.19, 21, 44, 47, 55, 58,60, 63, 64, 65, 75<strong>Ahmadiyya</strong> Muslim Jamaat... 14, 18, 45, 59, 67, 104, 188Ala¢ehir .................................81Albigenser...........................186Albigenserkreuzzug...........183al-BuÌÁrÐ .............................. 86al-FÁtiÎa .............................272AllahEigenschaften ...........38–42<strong>Glaube</strong> an.........................71Allmächtig...........................42ÝAmr bin al-ÝÀs...................90Andersgläubige ..................168Angriffskrieg ....................... 25Ankara..................................20AnÒÁr .............................23, 125Argumentation ...................79Argumente.........................222Arnaldez...............................79Arnold, Prof.......................199Ar-RaÎÐm..............................39Augustinus .......................... 94Badr..........70, 73, 119, 130, 173BanÙ NazÐr.................... 23, 24BÁÔin (Name Gottes)........206Beschützer aller Wesen(Gottes Name).................41Bibel ....................................168BilÁl ...............................50, 162Brüderlichkeit..................... 48BuÌÁri .................................158Byzanz...................................81Carlyle, Thomas ................. 30Christen................ 95, 179, 195Christentum..... 12, 22, 34, 36,42, 61, 82, 84, 93, 94, 95,96, 98, 104, 170, 178, 183,184, 185, 187, 220, 235, 238,240, 241, 247, 250, 254,258, 263, 264, 266, 272Confutatio Alchorani ....... 82Cranston, Ruth ...................35Darlehensvertrag ...............253Devonport, John ...........32, 36Dialog ....12, 19, 21, 78, 80, 81,92, 97, 99, 100, 160, 190,223, 224Diplomaten......................... 74Dreifaltigkeit......................192DurÙd ...................................55Eigenschaften Gottes....... 205Einheit Gottes.................SieheMonotheismus292


Eloquenz des QurÞÁn.......274Erbsünde........................... 220Flasch, Kurt................. 93, 184Folter ...................................185Foltermethoden ................ 186Frauen ................................ 263Freilassungsurk<strong>und</strong>e ..........74Fre<strong>und</strong>schaft zuNichtmuslimen.............191Frieden ...........................47, 74Friedensvertrag....................70Friedman, George...............92ÉaÝfar bin AbÙ ÓÁlib.........90Gefangener........................... 73Gerechtigkeit ..........56, 68, 193Gesellschaft........................247Gewalt...................................79Gewissensentscheidung .....62Gewissensfreiheit................66Gibbon, Edward ............31, 43ÉihÁd .... 20, 21, 64, 78, 103–4als islam. Begriff .......... 107Arten des ..................108–11<strong>aus</strong> Notwehr ............127–31der Läuterung............... 188Etymologie.................... 106vs. Heiliger Krieg ..........112zu Beginn d. Islam........ 113<strong>Glaube</strong> ................................ 237<strong>Glaube</strong>nsfreiheit .................24Gleichheit ............................49Gnadenlehre........................94Gnadenreich (Name Gottes).......................................... 39GottKrieg gegen ..................... 63Ungehorsam gegenüber 63Gottesbild im Islam ......... 237Éizya ............ 28, 135, 196–200Gottesfurcht.............45, 56, 59Gottesnähe.........................278Götzendienst.......................84Großmächte ........................22ËabÁb..................................162Handel ................................255Heiden ............................... 201Heiliger Krieg ....................112Heraclius.............................. 86Herzog, Chaim ..................167Höflichkeit.......................... 52HuÆaÐfah ............................130ÍadÐ× ...........................107, 213Ibn HišÁm ..........................182Ibn Íazm 20, 80, 84, 94, 203,213–17, 219, 220Ibn Qayyim al-Éauziyya . 109Ikrima................................. 144Ikrima.............................26, 27Immanenz .........................206Innozenz III .......................183Inquisition .......... 22, 170, 186Inquisitoren .......................185Inspiration ........................207Internationaler Gerichtshof..........................................47Islam............................. 22, 103= Frieden..........................13Aufgabe d....................... 181Dialog...............................12Friedenslehre ............ 45–58gesell. Ziele.......................13Gottesbild ..................37, 39in Spanien......................187ist Liebe ...........................74ist Naturreligion............22kein Zwang ..................... 25Krieg im ........................ 160Lehre ü. ÉihÁd ................21293


Neue Lehre.....................235Notwehr im .............. 25, 59rationales Gottesbild.....44Rationalität im............. 219soziale Tugenden ............31Zwang im ...? .................116Islamische Regierung...66–67Israel ....................................167Íudaibiya..... 86, 166, 181, 182Jerusalem.............................. 86Jesus................................ 21, 22Johannes V............................81Johannes VI .........................82Juden ...................................179Judentum......................61, 263Kaiser............Siehe Manuel II.Karl der Große...................185KaÝbah................. 124, 125, 164Kennedy, Pringle ................ 34Kenner des Sichtbaren(Name Gottes)................ 38Kenner des Verborgenen(Name Gottes)................ 38Ketzerverfolgung ................ 95Kirche................................. 128Kirchen ......................... 61, 165Klöster................... 61, 128, 165Konstantinopel....................81Kreuzzug.............................112Kriegskosten........................74Kriegslist.............................173Landfriedensbruch............. 52Lane, Edward William..... 106Laterankonzil.....................186Lebendige, der(Gottesnamen)................42Lesbos....................................81Lewis, Edwin .......................22Maliki Yaumid-DÐn............ 39Manuel II...21, 23, 78, 81, 160,222, 235Masºid al-ÍarÁm................ 69Mehrwertigkeitskomplex .. 49Mekka ................... 26, 181, 194Mekkaner.................... 164, 173Monotheismus ................... 43Moschee..............................128Moscheen ............... 61, 63, 165MuÎammad .......................175Barmherzigkeit für alle103beseitigte Aberglauben...31Briefe an Könige...........182Mann der St<strong>und</strong>e........... 34Neue Lehre ............. 235–82revolutionierte die Welt26Muir, Sir William................31Mullahs.................................63MuÝtazila .................... 215, 216Nation.................................. 49Negus ................................... 86Notwehr................. 59–60, 178Offenbarung ..................... 269Orientalistik........................ 82Osmanen ..............................81Pakistan ................................63Paleologus.... Siehe Manuel II.Papst Benedikt XVI.12, 18, 19,78, 103, 112, 114, 119Papst Innozenz IV.............185Papst Urban II ................... 112Papsts Sixtus IV .................185Persien.................................182Philadelphia .........................81Politik ................................ 258Polytheisten................130, 180Prophetentum..................... 89qitÁl ......................................111294


Quraiš 86, 87, 90, 91, 123, 124,125, 130, 163, 194QurÞÁn.................. 13, 180, 222Argumente im ..............224Dialog..............................99Erlaubnis zurVerteidigung ......111, 123Frau u. Mann................264Gerechtigkeit gegenFeinde .........................26Gewissensfreiheit ... 23, 179ÉihÁd im....................... 109Gleichheit im..................48Gottes Weisheit.............211Gottesbild des................. 38Monotheismus............... 43Notwehr im .................... 59Respekt fürAndersgläubige.....12, 41Schriftbesitzer .............. 190Transzendenz .............. 204über Gefangene ............ 176über Gottes Attribute..274Vertragstreue im....129, 143Warnung an Muslime ...64Weltfrieden im ............... 56Wissen im .....................228Rabb (Name Gottes) ........ 275RaÎÐmiyyat .................. 39, 275RaÎmÁniyyat ....................... 39Rasse .....................................49Rationalität ...............203, 210Rebellion.............................145Regensburg ..........................78Religiöse Kriege .................158Renaissance des Islam........47Respekt........................... 12, 52Ricoldo von Montecroce ..82Rücksicht aufAndersgläubige..............192Rushdie, Salman................. 54Sabäer ..................................179SalÁm.................................... 41Samuel (AT) .......................168Sch e ma Jisrael....................270Schöpfung .........................209Schreckenslehre ..................94Schriftbesitzer................... 201Scott, Samuel P....................35Scotus, Duns .......................94Seele...................................... 79Selbstverteidigung .............127Sicherheitsrat ......................47Simplician ...........................94Širk ....................................... 38Sklaven............................... 254Smith, Rev. Bosworth.........33Spanien ................................22Spirituelle Entwicklung...268Spirituelle Zustände.........278Stellung des Menschen.... 241Sühneopfer........................220Synagogen............. 61, 128, 165TÁÊ ul ÝUrÙs...................... 149TaqwÁ ................. 45, 46, 56, 59Tempel von Salomon .......169Thessaloniki .........................81Torquemada(Großinquisitor)...........185Transzendenz....................203Tribut................................. 148Trinität........................ 94, 220ÚÁhir (Name Gottes)........206Úahiriten.............................215Ubayy bin KaÝab ...............125Uhud ................................... 119295


ÝUmar 24, 28, 50, 115, 171, 172,198, 200Umma ...................................55ummatun wÁhida ...............69Ummayah...........................163Universum........................... 39UNO ....................................47UNO-Charta ......................132Vaterunser..........................272Vereinte Nationen..............47Verfolgung..................123, 180Verhaltensnormen............246Verheißene Messias, der.. 104,188, 208<strong>Vernunft</strong> ..............78, 203, 210Visionen.............................207Voluntarismus ..................220Vorherbestimmung .......... 218Wahrträume ......................207Waldenser...........................186Weihwasser.........................187Weisheit Gottes ................. 211Weisheit im QurÞÁn.. 211, 232Weite der <strong>Vernunft</strong> ..........220Weltfrieden ..............12, 45, 56Westen............................ 18, 22Willensfreiheit ...................218Wissenserwerb....................231Ya×rib...................................164Zahl der Muslime..............182Zakat (ÅakÁt)...... 65, 143, 196,197, 253Zinsen .................................253Zwang in <strong>Glaube</strong>nssachen179Zwangsbekehrung ........ 25, 69Zwangskonvertierung 36, 121,144296

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