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Starkregen - WBW Fortbildungsgesellschaft

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<strong>Starkregen</strong>Was können Kommunen tun?


1 Einführung1.1 Was bietet dieser Leitfaden?„Überschwemmung – damit habe ich nichts zu tun,ich wohne weit genug vom Wasser weg. Mein Haussteht am Hang, da kann ich mir das Hochwasservon oben anschauen.“Solche Aussagen belegen die trügerische Sicherheit,in der sich manche Anwohner wiegen, jedoch auchGrundstücke, die nicht direkt am Wasser liegen,sind nicht vor Überschwemmung gefeit. Dies zeigendie Erfahrungen der letzten Jahre, in denen sichheftige Sommergewitter mit großen Regenmengenhäufen. Bei solchen Ereignissen scheint das Wasservon überall her zu kommen – aus dem Himmel,von Feldern und Wegen, aus der Kanalisation undaus den sonst so harmlosen und träge fließendenkleinen Bächen. Bei solchen sintflutartigen Regenfällenführt die Unterschätzung der Gefahr in Verbindungmit fehlender Vorsorge zu teils immensenSchäden. Tatsächlich geht inzwischen rund die Hälftealler Überschwemmungsschäden auf die Folgenvon <strong>Starkregen</strong> zurück. Dass das Thema weiter anBrisanz gewinnt, führen uns die Klimaforscher vorAugen. Für die nächsten Jahrzehnte zeichnet sicheine weitere Zunahme von <strong>Starkregen</strong>ereignissenab – und das geht uns alle an, auch diejenigen, dienicht direkt am Wasser leben.Doch was lässt sich dagegen tun? Kann die Gefahrabgeschätzt und durch Vorsorgemaßnahmen verringertwerden? Was können Kommunen, was kannder Grundstückseigentümer tun, um Schäden zuminimieren? Mit dem vorliegenden Leitfaden werdenWege aufgezeigt, wie der Gefährdung durch<strong>Starkregen</strong> begegnet werden kann. Dazu werdenin einer konkreten Anleitung die einzelnen Schritteerläutert, mit deren Hilfe Art und Ausmaß der Gefährdungbewertet werden können (siehe Kapitel 2:„Anleitung zur Gefährdungsbeurteilung“).Diese Vorgehensweise ist von grundlegender Bedeutung,um die Relevanz von <strong>Starkregen</strong>ereignissenfür eine Kommune abzuschätzen. Dabei sollte eineörtliche Analyse in jedem Fall durchgeführt werden,selbst wenn es in der Kommune bisher zu keinenSchadensereignissen gekommen ist.Um für die Thematik zu sensibilisieren, haben dasMinisterium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung,Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz und das Ministeriumfür Umwelt, Klima und EnergiewirtschaftBaden-Württemberg die Erarbeitung dieses Leitfadensbeauftragt.1.2 Was sind <strong>Starkregen</strong>ereignisse?Von <strong>Starkregen</strong> spricht man, wenn bei einem Regenereignisin kurzer Zeit außergewöhnlich große Niederschlagsmengenauftreten. Diese Niederschlägehaben eine sehr geringe räumliche Ausdehnung undwerden auch als konvektiver Niederschlag bezeichnet,da sie meist durch starke vertikale Luftströmung(Konvektion) entstehen. <strong>Starkregen</strong>ereignisse sind inMitteleuropa relativ selten, stellen aber dennoch einschwer zu kalkulierendes Überschwemmungsrisikodar. Gerade in den Sommermonaten verursacht<strong>Starkregen</strong> in Verbindung mit heftigen Gewittern oftgroße Schäden, da im Gegensatz zu Hochwasseran großen Flüssen der genaue Ort und Zeitpunkteines Regenereignisses kaum vorherzusagen ist undes daher für die Betroffenen sehr überraschend auftretenkann.6


Abb. 1: Ein Unwetter zieht auf.1.3 Wodurch entstehen Schäden?Bei <strong>Starkregen</strong>ereignissen entstehende Schädenwerden verursacht durch:• den Niederschlag selbst, wenn dieser z.B. inForm von Hagel die Regeneinläufe verstopft• oberflächlich abfließendes Wasser, das in Gebäudeeindringt und zudem oft Schlamm vonhöher liegenden Flächen in die Ortslagenbringt• die Ausuferung kleiner Gewässer• den Rückstau von Gerinnen und Bachläufen anEngstellen wie Brücken, Durchlässen und anderenbesonderen Gefahrenpunkten• den Austritt wassergefährdender Stoffe ausIndustrie, Gewerbe und Privathaushalten• die Überlastung der Grundstücksentwässerungund der Kanalisation• die Beeinträchtigung des Betriebs von Kläranlagendurch Überflutung bis hin zu derenkomplettem Ausfall, was Gewässerbelastungennach sich ziehen kann.Meist wirken mehrere der genannten Ursachen zusammen.Ob ein <strong>Starkregen</strong> tatsächlich Schädenhinterlässt, hängt davon ab, wie schnell und vollständigdie Niederschläge schadlos abfließen können.Das Abflussgeschehen wird durch die Wechselwirkungenvieler verschiedener Faktoren bestimmt.Dazu gehören sowohl natürliche Gegebenheiten,wie das Wasserspeichervermögen der Bödenoder die zeitliche und räumliche Verteilung der auftreffendenRegenmassen, als auch vom Menschenbeeinflusste Veränderungen, wie die Bebauung undNutzung der Flächen.Viele Kommunen haben bereits Erfahrungen mit derBewältigung von <strong>Starkregen</strong>ereignissen gesammeltund stehen vor der Notwendigkeit, ihre Vorkehrungenzur Gefahrenabwehr und Vorsorge zu verbessern.Andere waren zwar bislang nicht betroffen,sehen sich angesichts der Diskussionen um Klimawandelebenfalls veranlasst, sich diesen Herausforderungenzu stellen. In beiden Situationen gilt es,zunächst die Gefahren abzuschätzen und daraufhinangemessene Gegenmaßnahmen zu planen undumzusetzen. Hierzu wird die im Kapitel 2 „Anleitungzur Gefährdungsbeurteilung“ Schritt für Schritt beschriebeneVorgehensweise vorgeschlagen.7


1 EinführungAbb. 2: Aufräumarbeiten nach dem <strong>Starkregen</strong>ereignis im Killertal im Juni 2008<strong>Starkregen</strong>vorsorge ist ein wichtiger Bereich derStrategien zum Hochwasserschutz in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Voraussetzung füreine wirksame Vorsorge ist stets, die konkret bestehendeHochwassergefahr abzuschätzen. Dazuwird kalkuliert, welches Ausmaß eine Überflutungin Folge von <strong>Starkregen</strong> annehmen kann.Eine Gefahr wird dort zum Risiko, wo Überschwemmungenempfindliche Nutzungen beeinträchtigenund Schäden verursachen können. Das Ziel der<strong>Starkregen</strong>vorsorge ist es, negative Auswirkungenauf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, dasKulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten nachhaltigzu verringern.Abb. 3: Aus kleinen Bächen können sich nach einem <strong>Starkregen</strong> reißende Strömeentwickeln.8


<strong>Starkregen</strong>ereignisMaßnahmen der Gefahrenabwehr (v.a. Feuerwehr)AufräumarbeitenOrtsbegehung mit dem Bürgermeisterund Vertretern der Verwaltung undder Feuerwehr: Bestandsaufnahmeder Überflutungen und der SchädenBenennung eines Mitarbeiters derVerwaltung, der die Federführung fürdie weitere Koordination übernimmtAnalyse der Einsätze der Feuerwehr beider GefahrenabwehrOptimierung der Gefahren abwehr, Erstellungeines Alarm- und Einsatzplansfür Überflutungen aus <strong>Starkregen</strong>Regelmäßige ÜbungenBei Bedarf:detailliertereAnalyse desÜberflutungsgeschehensEigene Analyse der Überflutungsursachenund der Schadensschwerpunkte– Gewässer– Kanalisation– AußengebietInformation des GemeinderatsWirksame Maßnahmen für den öffentlichenBereich zusammenstellen, Prioritätensetzen, Beschlüsse in den Gremienfassen, Umsetzung (bei Bedarfexterne Spezialisten hinzuziehen)Einwohner über Gefährdungssituationund mögliche Vorsorge im öffentlichenund privaten Bereich informierenAbb. 4: Verbesserung der Hochwasservorsorgenach einem <strong>Starkregen</strong>ereignis9


1 Einführung1.4 Wie wirkt sich der Klimawandelaus?Für die meisten Landregionen der Erde gilt es alssehr wahrscheinlich, dass Starkniederschläge infolgedes Klimawandels in den Jahren bis 2050 bzw.2100 an Häufigkeit und Intensität weiter zunehmen(IPCC, 2007). Die Untersuchungen im Rahmen desKooperationsvorhabens „Klimaveränderung undKonsequenzen für die Wasserwirtschaft“ (KLIWA) derLänder Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz zeigen, dass in den vergangenen 80 Jahren dieStarkniederschläge in den Winterhalbjahren deutlichzugenommen haben; für die Sommerhalbjahreist dagegen kein klarer Trend nachweisbar. Wegender Unsicherheiten der Klimamodelle verbleibt insgesamteine Ungewissheit, so dass der Einfluss derglobalen Erwärmung auf die zukünftige Ausprägungvon <strong>Starkregen</strong>ereignissen nicht eindeutig zu benennenist. Es ist bereits möglich, in Simulationsmodellenfür einzelne Standorte sogenannte Regenreihen(möglichst lückenlose Zeitreihen von Niederschlagswerten)zu generieren, die eine Klimaänderung unddie Zunahme von <strong>Starkregen</strong>ereignissen berücksichtigen(z.B. Programmsystem „NiedSim-Klima“).Erste Untersuchungen, die mit solchen synthetischenRegenreihen bei Planungen zur Anlagenbemessungdie Klimaverhältnisse zukünftiger Jahre simulieren,sind erfolgversprechend.Grundsätzlich ist eine Neuorientierung nötig, wegvon sicherheitsbetonten Bemessungs- und Nachweiskonzeptenund hin zu einer Bewertung, die stärkerdas Risiko des Abfluss- und Überflutungsverhaltensvon Entwässerungssystemen berücksichtigt unddaraus entsprechende Maßnahmen ableiten kann.Daneben sollte die Möglichkeit geschaffen werden,flexibel auf Veränderungen reagieren zu können,etwa durch dezentraleMaßnahmender Regenwasserbewirtschaftung.1.5 Was ist in rechtlicher Hinsichtzu beachten?Bei Rechtsfragen in Bezug auf Überschwemmungsschädenstehen zwei Aspekte im Vordergrund:1. Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Beteiligten:Welche öffentlich-rechtlichen Pflichten gibtes, insbesondere für die Kommunen, und was könnenund müssen Grundstückseigentümer selbst tun?2. Haftung und Schadensersatz: Wer muss für entstandeneSchäden aufkommen; wer hat wem gegenüberAnspruch auf Schadensersatz?In beiden Fällen ist es entscheidend, zunächst denUrsprung der Wassermassen festzustellen, die einenSchaden verursacht haben. Als Ausgangspunktkommen insbesondere in Frage:• Hochwasser durch den Abfluss aus Gewässern,die bei <strong>Starkregen</strong> über die Ufer treten• Überflutung aus Abwasseranlagen, die dasWasser aus <strong>Starkregen</strong> nicht mehr vollständigaufnehmen können und daher überlaufen(Kanaldeckel werden hochgedrückt), sowieaus der Wege- und Straßenentwässerung• Wild abfließendes Wasser, also die Wassermengen,die bei <strong>Starkregen</strong> auf einer befestigtenoder unbefestigten Oberfläche auftreffen unddem natürlichen Gefälle folgend außerhalbvon Gewässerbetten abfließenDiese Differenzierung ist im Einzelfall nicht immeroffenkundig, und vor allem im Nachhinein wirdeine konkrete Zuordnung meist sehr schwierig. BeiRechtsstreitigkeiten kann sie von Bedeutung sein undmuss gegebenenfalls durch Gutachtenermittelt werden.In diesem Leitfaden soll es wenigerum die Beseitigung und Regulierungvon Schäden gehen, vielmehr stehtdie Prävention im Vordergrund. Daherist der erste der genannten rechtlichenGesichtspunkte vorrangig, nämlichdie Frage etwaiger Zuständigkeiten.Hierauf wird in den nachfolgendenKapiteln an relevanten Stellen nähereingegangen.Abb. 5: <strong>Starkregen</strong>ereignis in Ditzingen10


2 Anleitung zur GefährdungsbeurteilungSofern es bereits bei einem Überflutungsereignis zuSchäden gekommen ist, besteht Handlungsbedarfhinsichtlich der Vorsorge für die Zukunft. Dazu müssenArt und Umfang der aufgetretenen Schäden festgestelltund die verursachenden Faktoren untersuchtwerden. Hierzu wird ein mehrstufiges Verfahren vorgeschlagen,das in Abbildung 7 zusammenfassenddargestellt ist und in den folgenden Kapiteln Schrittfür Schritt erläutert und kommentiert wird.Die Grundlage für eine solche Gefährdungsbeurteilungbildet die örtliche Analyse. Dabei wirdüberprüft, ob, wo und in welchem Umfang Gefährdungspotenzialebestehen. Diese Untersuchung wirdjeder Kommune empfohlen. Sie ist auch dann sinnvoll,wenn in den letzten Jahren keine <strong>Starkregen</strong>ereignisseaufgetreten sind, um die Überflutungsgefahrgrob abschätzen zu können und dadurchPlanungssicherheit zu haben. Falls dabei festgestelltwird, dass ein Gefährdungspotenzial besteht, könnengeeignete Schutzmaßnahmen ausgewählt unddurchgeführt werden.Um exemplarisch darzustellen, wie mit einer örtlichenAnalyse gefährdete Bereiche erkannt werdenkönnen, soll im Folgenden Kaiserslautern-Mölschbachals Beispiel dienen. Dieser Stadtteil, südöstlichdes Stadtzentrums von Kaiserslautern in einem Taldes Pfälzer Waldes gelegen, war am 22. Juli 2006infolge eines <strong>Starkregen</strong>ereignisses in großen Teilenvon Überschwemmungen betroffen. Es kam zu erheblichenSachschäden.Bei komplexen Abflussverhältnissen oder speziellerenFragestellungen kann es erforderlich sein, imAnschluss an die örtliche Analyse eine simulationstechnischeAnalyse vorzunehmen. Diese detailliertere,aber aufwändigere Untersuchung ermöglicht dieweitere Eingrenzung und Differenzierung von Bereichenmit erhöhter Überflutungsgefahr.Die Anwendung und Ergebnisse einer simulationstechnischenAnalyse werden an den Beispielen Stuttgart-Zuffenhausenund Schwetzingen erläutert.Abb. 6: <strong>Starkregen</strong>ereignis in Waiblingen11


2 Anleitung zur GefährdungsbeurteilungBewertung der Historie, Begehung des Gemeindegebiets (2.1.1)Auswertung bisheriger <strong>Starkregen</strong>ereignisse anhand von Feuerwehreinsätzen,Presseberichten und anderen AufzeichnungenÖrtliche AnalyseIdentifizierung von GefährdungsbereichenAnalyse der topographischen Gegebenheiten (2.1.2)Identifizierung von• Geländetiefpunkten• oberflächigen Fließwegen und Flutmulden• Zuflüssen von AußengebietenAnalyse des örtlichen Niederschlagsgeschehens (2.1.3)Ermittlung von besonderen Auffälligkeiten im zeitlichen und räumlichenAuftreten von NiederschlägenAnalyse des Entwässerungssystems und der Gewässer (2.1.4)• Abflussverhalten befestigter und unbefestigter Flächen• Analyse des Kanal- und GewässernetzesAnalyse der Bebauungsstruktur und Infrastruktur (2.1.5)• Bebauungsdichte und Versiegelungsgrad• Verfügbarkeit von Freiflächen• Anordnung, Höhenlage und Gestaltung der GebäudeUntersuchungen zum Schadenspotenzial (2.1.6)Bewertung und grobe Kategorisierung nach möglichen SchädenIdentifikation potenzieller Risikobereiche (2.1.7)Zusammenfassende Beurteilung der bisherigen ErkenntnisseSimulationstechnische AnalysePotenzielleRisikobereicheVorrangige RisikobereicheVereinfachte hydraulische Simulation (2.2.1)• Erstellung einer Niederschlags-Abfluss-Bilanz• GIS-basierte Abschätzung von Fließwegen• gegebenenfalls Identifikation vorrangiger ÜberflutungsbereicheDetaillierte hydraulische Simulation (2.2.2)• weitere Eingrenzung der Überflutungsbereiche• Aufstellung eines hydraulischen AbflussmodellsVerfeinerte Eingrenzung der Risikobereiche (2.2.3)Dokumentation der Gefahren- und Risikobereiche in KartenEntwicklung und Bewertung möglicher MaßnahmenoptionalAbb. 7: Typische Bearbeitungsschritte einer Gefährdungsanalyse12


2.1 Örtliche AnalyseDie örtliche Analyse besteht in der genauen Erfassungund Bewertung verschiedener lokaler Gegebenheiten.Für die meisten Gemeinden wird diesbereits ausreichen um aufzuzeigen, ob Überflutungsgefahrenbestehen und daher Maßnahmen zur<strong>Starkregen</strong>vorsorge getroffen werden müssen.2.1.1 Bewertung der Historie, Begehung desGemeindegebietsSofern in einer Gemeinde in der jüngeren Vergangenheitein <strong>Starkregen</strong>ereignis stattgefunden hat,sind vor allem die daraus gewonnenen Erfahrungenauszuwerten und als Grundlage für weitere Untersuchungenheranzuziehen. Anderenfalls kann auf dieDokumentation historischer Ereignisse oder die Berichtevon Zeitzeugen zurückgegriffen werden. Stehenweder aktuelle noch historische Daten zur Verfügung,kann anhand des Schemas in Abbildung 7eine Abschätzung der Überflutungsgefahr und möglicherGegenmaßnahmen erfolgen.Ein Mitarbeiter der Verwaltung – bevorzugt aus demBauamt – übernimmt federführend die Aufgabe, gemeinsammit Kollegen aus anderen Fachbereichendie entsprechenden Informationen zusammenzutragenund Überlegungen anzustellen.Zur vorläufigen Gefährdungseinschätzung erfolgteine Begehung des Gemeindegebiets, an der Vertreterdes Bauamts, des Bauhofs, der Feuerwehrund anderer zuständiger Stellen sowie interessierteAnwohner teilnehmen. Dabei werden Erfahrungenaus vergangenen <strong>Starkregen</strong>ereignissen erfasst unddokumentiert. Folgende Fragestellungen sind vonInteresse:• Woher kam die Überflutung, und was warenihre hauptsächlichen Ausgangspunkte (Außengebiet,Gewässer, Kanalisation)?• Welche Ortsteile wurden überschwemmt?• Welche Örtlichkeiten waren besonders betroffen,an welchen Standorten waren dieSchäden besonders groß ?2.1.2 Analyse der topographischenGegebenheitenGefährdete Bereiche können oft vor Ort identifiziertwerden, etwa aufgrund ihrer Lage am Gewässeroder am Geländetiefpunkt der Gemeinde.Aus vorhandenen Karten lässt sich diese Informationleicht entnehmen, denn die topographischenGegebenheiten beeinflussen maßgeblich die Abflussentstehungund das Abflussverhalten. Von Überschwemmungenbedroht sind vor allem Geländetiefpunkte,an denen sich das Wasser sammelt, aberauch oberflächige Fließwege von wild abfließendemWasser, existierende Flutmulden sowie Wegenetzeund Bachläufe.Als Beispiel zeigt der Kartenausschnitt in Abbildung8 die topographische Situation von Kaiserslautern-Mölschbach.Der Stadtteil Mölschbach liegtin einem Talkessel, in den mehr als 800 ha Außenbereichsflächeentwässern. Seine Teileinzugsgebietesind vorwiegend bewaldet und in der Nähe derOrtslage teilweise als Wiesenflächen ausgeprägt. ImGebiet verlaufen drei relevante Gewässer, die innerhalbder Ortslage stellenweise verrohrt sind.Abb. 8: Topographische Karte des Gesamteinzugsgebietsvon Kaiserslautern-Mölschbach mit TeileinzugsgebietenIm Juli 2006 kam es aus über die Ufer getretenenBächen und durch Fließwege außerhalb der Gewässer,vornehmlich im Straßenraum, zu massivenÜberflutungen. Dabei wurden Schäden nicht nur inufernahen Bereichen an den Gewässern registriert,sondern auch in Gebieten, in denen keine Gewässerüberlastungenauftraten. In diesen Fällen war dieBebauung direkt aus den angrenzenden Außenbereichenüberflutet worden.13


2 Anleitung zur GefährdungsbeurteilungDas Geländegefälle bestimmt, aufwelchem Weg und mit welcherGeschwindigkeit das Wasser abfließt.Es ist dadurch von großerBedeutung für das Ausmaß einesmöglichen Schadens nach <strong>Starkregen</strong>.Vor allem am Übergang vonHang- in Flachlandbereiche könnenschnelle und extreme Abflüsseauftreten und zu Überflutungenführen. Kritische Bereiche stellendabei insbesondere steile Straßenverläufedar, die in der Bebauungenden. In einem solchen Fall, derauch in Mölschbach vorlag, schießtdas von den steilen Hängen abfließendeWasser als Sturzflut auf dieGebäude zu und verursacht großeSchäden. Im Flachland können<strong>Starkregen</strong> zu einer Überlastungder Grundstücksentwässerung, zuKanalüberstau und zur Ausuferungkleinerer Gewässer führen. Durchdie daraus resultierenden erhöhtenWasserstände kommt es zu Überschwemmungen.In hügeligen oder gebirgigen Gebietenentsteht durch <strong>Starkregen</strong>Hangabfluss (wild abfließendesWasser), der Erosion verursachensowie Geschwemmsel und Gerölltransportieren kann. Dieses Materialkann, wenn es in einen Bachlaufeingeschwemmt wird, dessenAusuferung noch verstärken. DasAusmaß auftretender Hangabflüsseist nicht nur von der Regenintensitätabhängig, sondern auch von vielenweiteren Faktoren wie dem Gefälle,der Bodennutzung (Bewuchs, Bewirtschaftungsrichtung)und den Eigenschaftendes Bodens selbst (Bodenart,Vorfeuchte).Abb. 9: Sturzfluttyp Flachland und Sturzfluttyp Hügelland und Mittelgebirge14


2.1.3 Analyse des örtlichen NiederschlagsgeschehensNiederschlagssumme (mm)Abb. 10: Auswertung zum <strong>Starkregen</strong> in Mölschbach anhand des zeitlichen Verlaufs derNiederschlagssumme und der statistischen Wiederkehrzeiten der jeweiligen EreignisseNachdem in einer Kommune markante <strong>Starkregen</strong>-und Überflutungsereignissen aufgetreten sind,sollten – soweit möglich – die statistischen Kennwerteder Niederschläge anhand eigener Regenaufzeichnungenermittelt und auf besondere Auffälligkeitenuntersucht werden. Falls solche Datennicht vorliegen, können zu einer ersten Orientierungaktuell vorliegende Werte eingesehen werden, diefür Rheinland-Pfalz unter www.am.rlp.de und fürBaden-Württemberg unter www.hvz.baden-wuerttemberg.deabrufbar sind. Weitere Regendaten undstatistische Kennwerte können nachgefragt werdenbeim Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft undGewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, beim DeutschenWetterdienst (KOSTRA-Daten) sowie bei privaten Betreibernvon Regenmess- und Niederschlagsradarstationen.Dabei muss festgestellt werden, ob es sichbei dem untersuchten Ereignis um einen „normalen“Regen im Bereich üblicher Bemessungshäufigkeitenoder um einen Extremregen mit weit darüberliegendenNiederschlagsmengen handelt. Dies geschiehtdurch die Darstellungseiner Intensität, d.h.der aufsummierten Regenhöhen,gegenüberseiner Dauer. Bei derAuswertung von Niederschlagsaufzeichnungenmuss auch das häufigsehr begrenzte FlächenausmaßextremerGewitterniederschlägeberücksichtigt werden.Während des Niederschlagsgeschehensam22. Juli 2006 in Kaiserslautern-Mölschbachverzeichneten die Regenschreiberder StadtKaiserslautern keine erhöhtenRegenmengen.Daher wurden stattdessendie Daten des NiederschlagsradarsdesForschungszentrumsKarlsruhe für die statistischeAuswertung herangezogen(vgl. Abb. 10,rote Linie). Dabei zeigtesich, dass bereits nach90 bis 120 MinutenRegendauer außergewöhnlichgroße Wassermengenniedergegangenwaren und ein Regenereignis dieser Intensitäteine statistische Wiederkehrzeit von deutlich über100 Jahren hatte – es handelte sich demnach umeinen „Jahrhundertregen“. Diese Niederschlagsintensitäterklärt die extremen Abflussmengen an denbewaldeten Hangflächen im Außenbereich der Bebauung.15


2 Anleitung zur Gefährdungsbeurteilung2.1.4 Analyse des Entwässerungssystemsund der GewässerZur Beurteilung der möglichen Gefährdung ist eswichtig zu wissen, inwiefern Niederschläge schadlosabfließen können. Im nächsten Schritt werden daherdie für die Entwässerung relevanten Gegebenheitenanalysiert. Dazu gehört die Feststellung undBewertung der Abflusswirksamkeit befestigter undunbefestigter Flächen (Geschwindigkeit und Mengedes abfließenden Wassers abhängig von der Beschaffenheitder Oberfläche), der Kanalnetzstruktur(Gefährdungspunkte beim Zusammenfluss von Kanalsträngen)sowie der Wasseraufnahmefähigkeitvon Gewässern (Verrohrungen als potenzielle Abflussengpässe).Als Beispiel zeigt Abbildung 11 die Gewässer in derOrtslage von Kaiserslautern-Mölschbach. Zum einenkann sich an den Anfangspunkten von Bachverrohrungen(vgl. Karte) die Abflusssituation verschär-Abb. 11: Gewässer mit teilweiser Verrohrung in der Ortslage von Mölschbach16


fen, wenn es durch mitgeführte Schwimmstoffe zueiner Verlegung des Einlaufs kommt und infolgedessenörtliche Überflutungen auftreten. Zum anderenstellen Zusammenflüsse von verrohrten Bachläufenkritische hydraulische Punkte dar, weil dort großeWassermengen aus gleich zwei Gewässern zusammenkommen.In Mölschbach wurden sowohl dieGewässer als auch die Bachverrohrungen auf einAbflussereignis ausgebaut, das – statistisch gesehen– einmal in zehn Jahren auftritt, also relativ häufigist. Für heftiger ausfallende, aber zugleich wenigerwahrscheinliche (also seltener auftretende) Ereignissewie den <strong>Starkregen</strong> im Juli 2006 muss mit einerÜberlastung und gegebenenfalls Überflutung gerechnetwerden. Darüber hinaus können nachträglicheEinbauten und Veränderungen im Gewässerbettden Wasserabfluss behindern. Solche Eingriffe müssenbei der Beurteilung der Gefährdung besondersberücksichtigt werden.Bei stark überlasteten Kanälen kann die Kanalisationden erhöhten Abfluss nicht mehr aufnehmen,und das Wasser fließt in Richtung des Straßen- oderGeländegefälles oberirdisch ab. Die Überlastungkann durch verrohrte Bäche, die an die Kanalisationangeschlossen sind, und durch Zuflüsse von Außengebietenweiter verstärkt werden. Kritische Bereicheinnerhalb des Kanalnetzes sind beispielsweise Zusammenflüssevon Kanalsträngen, deren gemeinsamerAbfluss im Fall eines <strong>Starkregen</strong>ereignissesbesondere Gefahrenpunkte darstellen können. MitÄsten, Laub und Schlamm verstopfte Straßeneinläufetragen ebenfalls dazu bei, dass das Wasser nurlangsam oder gar nicht mehr über die Kanalisationabfließen kann.Des Weiteren haben bauliche Gegebenheiten derVerkehrsfläche Auswirkungen auf das Abflussgeschehen.Besonders in Bereichen ohne ausgeprägteBordsteinkante, wie z.B. in Spielstraßen oder barrierefreigestalteten Fußgängerzonen, können schongeringe Überflutungshöhen zur Überschwemmungder angrenzenden Bebauung führen.<strong>Starkregen</strong>ereignisse lassen oft kleine Bachläufemit kleinen Einzugsgebieten über die Ufer treten.Außerhalb von Ortslagen kann diese Ausuferungmeist schadlos verlaufen, wenn ausreichend Überflutungsflächezur Verfügung steht. Innerhalb bebauterGebiete sind in der Regel keine solchen freienFlächen vorhanden, so dass es zu Schäden kommenkann. Eine Gefährdung geht insbesondere vonstark verbauten, eingeengtenund umgelegtenGewässerstreckenaus, ebenso wie vonBrücken, Verrohrungen,Rechen, Verzweigungenund ähnlichen punktuellenHindernissen. Oftliefern Straßennamen(z.B. „In der Aue“) undalte Flurbezeichnungennützliche Hinweise aufnicht mehr unmittelbarerkennbare Gewässerund die Gefahr von Vernässung.Abb. 12: Begradigte naturferne Gewässerstrecke ohne Ausuferungsmöglichkeit17


2 Anleitung zur GefährdungsbeurteilungAbbildung 13 illustriert mit Beispielen von Einbautenin kleinen Bachläufen und dem „überwachsenen“Einlauf einer Bachverrohrung typische Ausgangspunktehydraulischer Überlastungen und Überflutungenbei <strong>Starkregen</strong>.Abb. 13: Zaun im Gewässerquerschnitt (oben)und Rechen im Einlauf einer Verrohrung (unten)2.1.5 Analyse der Bebauungs struktur undInfrastrukturIm nächsten Bearbeitungsschritt einer örtlichen Analysewerden die Bebauungsstruktur, die Gebäudesituationsowie Infrastrukturanlagen betrachtet, dadiese neben der Topographie des Geländes für dieFließwege des Wassers bei einem <strong>Starkregen</strong>ereignisentscheidend sind.Die Analyse der Bebauungsstruktur umfasst die Feststellungund Bewertung von Charakteristika wie Versiegelungsgradder Flächen, Vorhanden- sein undGröße von Freiflächen, Bebauungsdichte, Anordnungund Höhenlage von Gebäuden und weitererFaktoren. Detaillierte Informationen zur Nutzung18


von Gebäuden, insbesondere der Keller, geben weiterenAufschluss über das Schadenspotenzial. Diesist besonders für schützenswerte Infrastrukturanlagenund Objekte wie Schulen, Krankenhäuser oderMuseen von Interesse.Zur näheren Untersuchung der Gebäudesituation istin Abbildung 14 dargestellt, an welchen kritischenwaren die Gebäude in Tallage und am Gewässerbereits durch die topographische Situation einerbesonderen Gefährdung ausgesetzt. Zusätzlich wurdendie erheblichen Außengebietszuflüsse durchsteile Straßen in Richtung Ortskern beschleunigt,der überdies zu einem großen Teil aus versiegeltenFlächen besteht. Besondere Gefährdungen könnenzu gering bemesseneDachentwässerungzu geringbemessene MuldeabgesenkteBordsteinkantezu gering bemessene bzw.verstopfte Hofentwässerungebenerdige/abgesenkteZugänge/ Fensterebenerdige/abgesenkte Lichtschächteund Kellerfensterundichte Fugen undDurchleitungenfehlendeRückstauklappenAbb. 14: Versagensmöglichkeiten in den Systemen der GrundstücksentwässerungPunkten die Entwässerung an Gebäuden Schwachstellenaufweisen oder gänzlich versagen kann.Details der örtlichen Verhältnisse, wie abgesenkteBordsteine oder Grundstücksbegrenzungen undZufahrten (vgl. Abb. 17), beeinflussen kleinräumigdie Fließwege und müssen daher in die Bewertungeinbezogen werden. In Kaiserslautern-Mölschbachsich auch durch Bebauungen ergeben, die direkt anein Gewässer heranreichen, das in Trockenzeitenoftmals nur ein kleines Rinnsal bildet. Dabei führenvorgenommene Einbauten, z.B. Übergangshilfenoder Ufersicherungen, wie in Abbildung 15 gezeigt,zu markanten Einengungen des Gewässerbetts undverringern so das Abflussvermögen bei <strong>Starkregen</strong>.19


2 Anleitung zur GefährdungsbeurteilungAbb. 15: Übergangshilfe und Einengung des AbflussquerschnittsAbb. 16: Verklausung einer Brücke an der Starzel bei einem Hochwasserereignis im Jahr 200820


2.1.6 Untersuchungen zum SchadenspotenzialEine reine Darstellung der überflutungsgefährdetenFlächen und Objekte und der für bestimmte <strong>Starkregen</strong>ereignissezu erwartenden Wasserstände liefertkeine Entscheidungshilfe für weitergehende Planungenzu Schutzmaßnahmen. Erst durch die Einbeziehungdes möglicherweise verursachten materiellenSchadens lässt sich ein Schadenspotenzial abschätzen.Der nächste Untersuchungsschritt beinhaltet dieBewertung der gefährdeten Bereiche nach der Höhemöglicher finanzieller Schäden und eine grobe Kategorisierungnach ihrem Schadenspotenzial.Die Ermittlung des Schadenspotenzials erfolgt anhandsogenannter Schädigungsfunktionen, d.h.mathematischer Funktionen, mit denen der Schadenals Anteil der betroffenen Vermögenswerte inAbhängigkeit der zu erwartenden Überflutungshöheabgeschätzt wird. Für eine genaue Untersuchungmüssten für unterschiedliche Gebiete, Gebäudetypenund Nutzungsarten jeweils spezifische Schädigungsfunktionenherangezogen werden.Da dies in den meisten Fällen zu aufwändig wäre,kann als Richtwert ein mittlerer Schaden von 5 % desVermögenswertes eines Gebäudes angenommenwerden. Dieser Wert ist aus einer Vielzahl von Studienbelegbar (siehe auch „Bewertung des Hochwasserrisikosin Rheinland-Pfalz“ LUWG, 2010).Im Kaiserslauterer Stadtteil Mölschbach existierenkeine besonders schadensträchtigen Objekte wiegroße Unternehmen, Krankenhäuser oder ähnlicheEinrichtungen. Die Überflutungen im Juli 2006 führtenzu Schäden an privaten Immobilien, wovon besondersWohnräume in Untergeschossen betroffenwaren, in die das Wasser aufgrund der ebenerdigenoder tieferen Lage bevorzugt eindringen kann.Wegen der als hochwertig einzustufenden Nutzungals Wohnraum ist hier ein großes Schadenspotenzialvorhanden.Abb. 17: Abschüssige Garageneinfahrt, an der das Wasser ungebremst in die Garage fließen kann21


2 Anleitung zur Gefährdungsbeurteilung2.1.7 Identifikation potenzieller RisikobereicheWährend die Hochwassergefahr lediglich die Wiederkehrwahrscheinlichkeitund das Ausmaß von<strong>Starkregen</strong>ereignissen bezeichnet, entsteht einHochwasserrisiko dort, wo Schäden finanzieller undsonstiger Art zu erwarten sind. Die Verknüpfung desMaßes der Gefährdung mit dem im vorigen Schrittermittelten Schadenspotenzial führt zur Konkretisieckedirekt an Gewässer angrenzen oder Bebauungenam Hang sich in einem Abflussweg befinden(vgl. Abb. 18).Die in diesem Schritt ermittelten Risikobereiche ineiner Gemeinde sind von ihrer Verwaltung zu dokumentieren.In einer Karte des Gemeindegebietskönnen alle bekannten und zu erwartenden Schadenspunkteund die Fließwege des Wassers eingetragenwerden. Es empfiehlt sich, die Kenntnisse derbetroffenen Bürgerinnen und Bürger in die ErfassungAbb. 18: Schadensschwerpunkte (mit gelben Kreisen markiert) in Kaiserslautern-Mölschbachrung der Bereiche potenzieller Überflutungsrisiken.Aus der Feststellung des Schadensrisikos können bereitsunmittelbar Maßnahmen zur Überflutungsvorsorgeentwickelt und umgesetzt werden. Für Mölschbachwurden Risikobereiche an Geländetiefpunktenidentifiziert sowie in Gebieten, in denen Grundstü-dieser Bereiche einzubinden, am besten durch eineUmfrage oder im Rahmen einer Bürgerversammlung.Am Beispiel der rheinhessischen GemeindeZornheim zeigt die Karte in Abbildung 19, wie dieBevölkerung zur Aufstellung einer sogenannten Unwettergefährdungskartebeitragen konnte.22


Abb. 19: Unwettergefährdungskarte für <strong>Starkregen</strong> am Beispiel von Zornheim. Die im Anschluss an ein <strong>Starkregen</strong>ereigniserfassten Gefährdungspunkte können aufgrund der Befragung von Bürgerinnen und Bürgern ergänzt werden.Die örtliche Analyse ist mit diesem Schritt abgeschlossen.Sie ist in der Regel ausreichend, um diegefährdeten Bereiche in einer Kommune festzustellenund geeignete Vorsorgemaßnahmen planen zukönnen.2.2 SimulationstechnischeAnalyseFalls eine örtliche Analyse allein keine hinreichendenErgebnisse zur Gefährdungsbeurteilung liefert,z.B. weil aus der Topographie keine Gefährdungersichtlich ist oder es spezielle Fragestellungen gibt,kann die anschließende Durchführung einer simulationstechnischenAnalyse sinnvoll sein. Die folgendenSchritte sind optional und nur in speziellenFällen erforderlich.2.2.1 Vereinfachte hydraulische SimulationFür identifizierte Risikobereiche kann auf der Grundlagedigital verfügbarer Höhendaten mit Hilfe einesgeographischen Informationssystems (GIS) dasAusmaß einer Überflutung konkretisiert werden.Dazu wird zunächst ein <strong>Starkregen</strong>ereignis ausgewählt– entweder eines, das in der Vergangenheittatsächlich aufgetreten ist, oder eines aus einer Regenstatistik.Für diesen Lastfall wird über eine vereinfachteNiederschlags-Abfluss-Bilanz (Berechnungder Wassermenge, die von der Fläche abfließt undsomit überflutungswirksam wird) anhand der GISbasiertenGeländehöhendaten abgeschätzt, welchekritischen Abflussbereiche, Engstellen und Fließwegein der Örtlichkeit bei Überflutung auftreten. DieseInformationen erlauben eine genauere Quantifizierungmöglicher Überflutungsschäden.Zur Ermittlung der potenziellen Überflutungsbereichemüssen die großräumigen Geländesenkenidentifiziert und die jeweils zugehörigen Einzugsgebieteabgegrenzt werden. Kleinräumige Geländevertiefungensind vernachlässigbar. Für die ermitteltenEinzugsgebietsflächen kann daraufhin daszu erwartende Abflussvolumen über konventionelleAbflussbeiwertansätze (Berechnungen des direktabfließenden Niederschlags im Verhältnis zum Gesamtniederschlag)abgeschätzt werden.23


2 Anleitung zur GefährdungsbeurteilungAbb. 20: Visualisierung der Gefährdungsbereiche in einer ÜberflutungskarteHierbei empfiehlt es sich, zwischen befestigten undunbefestigten Flächen zu unterscheiden. Insbesonderebei der Betrachtung außergewöhnlich intensiver<strong>Starkregen</strong>ereignisse mit Wiederkehrzeiten vondeutlich über 50 Jahren kann bei der Bilanzierungdas Abfluss- und Retentionsvolumen des Kanalnetzesoftmals vernachlässigt werden (Worst-Case-Szenario). Das ermittelte Überflutungsvolumen wirdanschließend im GIS mit der Geländetopographieüberlagert. Aus der Verschneidung von beiden ergebensich schließlich die potenziellen Überflutungsbereichemit den zu erwartenden Wassertiefen. AmBeispiel Stuttgart-Zuffenhausen zeigt Abbildung 20eine Überflutungskarte, die mit der beschriebenenMethodik als vereinfachte hydraulische Simulationeines im Juli 2009 aufgetretenen <strong>Starkregen</strong>ereignisseserstellt wurde. Dabei konnte gezeigt werden,dass die in der Simulation ermittelten Überflutungsbereicheund die Größenordnung der abgeschätztenWasserstände gut mit den tatsächlich aufgetretenenFließwegen und Überflutungshöhen übereinstimmten.Dievereinfachte Simulation eignet sich besondersfür Gebiete mit stärkeren Höhenunterschiedenim Gelände und ermöglicht eine rasche und kostengünstigeAbschätzung möglicher Wasserständeim Bereich von ausgeprägten Geländesenken. Miteiner solchen rein statischen Volumenbilanzierungkann jedoch keine Aussage zu möglichen Überflutungszuständenentlang oberflächiger Fließwegeder Niederschläge getroffen werden. Ebenso hatdie Methode bei sehr flachen Gebieten und bei derBetrachtung von <strong>Starkregen</strong>ereignissen mit statistischenWiederkehrzeiten von weniger als 50 Jahrennur eine begrenzte Aussagekraft.24


2.2.2 Detaillierte hydraulische SimulationEine detaillierte hydraulische Simulation der Abflussvorgänge,bei der die Berechnung nur für einzelneausgewählte Teilgebiete erfolgt, kann deutlich bessereund genauere Ergebnisse liefern. Dieses Verfahrenist immer dann sinnvoll, wenn besonderskomplexe örtliche Gegebenheiten vorliegen, insbesonderebei sehr geringen Höhenunterschieden,oder wenn das Zusammenwirken der unterirdischenKanalisation und der oberflächigen Abflüsse dasÜberflutungsgeschehen maßgeblich beeinflusst.Die Vorgehensweise besteht darin, zunächst eindetailliertes Kanalnetzmodell zu erstellen oder auseiner vorliegenden Kanalnetzberechnung zu übernehmen.Als nächstes wird das Kanalnetzmodellkombiniert mit einem Geländemodell, das diedetaillierte Nachbildung der Oberfläche auf derGrundlage der digitalen Höhendaten enthält. DieAbflussberechnung erfolgt dann als gekoppelte Simulationder Abflussvorgänge an der Oberflächeund im Kanalnetz, unter Berücksichtigung der Wechselwirkungenzwischen überlasteten Kanälen, auftretendemÜberstau und Wasseraustritt einerseits undden oberflächigen Abflussvorgängen in Überflutungsbereichenandererseits. Aufgrund des großenRechenaufwandes dieser Methodik wird eine solcheUntersuchung zumeist auf die vorher ermittelten Gefährdungsbereichebeschränkt. Abbildung 21 zeigtdas für eine derartige Betrachtung erstellte Höhenmodellfür einen von Überflutungen im Jahr 2005besonders stark betroffenen Bereich in der StadtSchwetzingen.Abb. 21: Errechnete Wasserstände von mehr als 10 cm (hellblau) und mehr als 20 cm (dunkelblau) für denNiederschlag vom 29.06.2005 in Schwetzingen25


2 Anleitung zur Gefährdungsbeurteilung2.2.3 Verfeinerte Eingrenzung derRisikobereicheDie als besonders gefährdet eingestuften Bereicheeiner Gemeinde (vgl. Abb. 22) können in einemweiteren Schritt hinsichtlich besonders sensibler oderschadensträchtiger Objekte differenziert werden. InKarten können Gefahren- und Risikobereiche besondersdokumentiert werden2.2.4 Hydraulische Simulation von<strong>Starkregen</strong>gefahrenkartenVeranlasst durch extreme Niederschlagsereignisse inden Jahren 2009 und 2010 wurden für acht Kommunenim Einzugsgebiet der Glems (ca. 300 km²) <strong>Starkregen</strong>gefahren-und <strong>Starkregen</strong>risikokarten erstellt.Als Datengrundlage dienten dabei das Laserscan-Geländemodell des Landes Baden-Württemberg inder Auflösung von 1 m², die Bodenkarte im Maßstabvon 1 : 50 000 und die ALK (AutomatisierteLiegenschaftskarte) für die Landnutzung. Im Ergebniswurden für das gesamte Einzugsgebiet der Glemsflächendeckende Karten im Maßstab 1 : 5 000 erstellt.In diesen Karten (siehe Beispiel in Abb. 23)sind drei Klassen von maximalen Überflutungstiefenin unterschiedlichen Blautönen abgebildet; diehellrosa gefärbten Bereiche stellen dagegen die nurgering überfluteten Flächen dar, in denen überwiegendmit flächigem Abfluss zu rechnen ist. Bereichemit hohen Fließgeschwindigkeiten wurden zusätzlichmarkiert; außerdem sind auch die Fließrichtungendes Abflusses eingetragen.Abb. 22: Beispiel einer <strong>Starkregen</strong>gefahrenkarteAbb. 23: Ausschnitt aus einer <strong>Starkregen</strong>gefahrenkartefür das mittlere, seltene und extreme Szenario26


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkretSofern die in den vorangegangenen Kapiteln beschriebeneGefährdungsbeurteilung ergeben hat,dass die untersuchte Kommune im Fall von <strong>Starkregen</strong>tatsächlich von Überschwemmungsschädenbetroffen wäre, muss diese Gefährdung künftig beiallen flächen- und abflusswirksamen Maßnahmenberücksichtigt werden. Das beginnt bei der Bauleitplanung,umfasst die Flächenbewirtschaftung in derLand- und Forstwirtschaft einschließlich der Gestaltungder Wirtschaftswege, die wasserwirtschaftlichePlanung (z.B. im Rahmen der Gewässerunterhaltungund des Gewässerausbaus) und gilt schließlich auchfür den Bau und die Sanierung der Kanalisation. Umdem wichtigen Anliegen der ÜberflutungsvorsorgeNachdruck zu verleihen, kann eine Gemeinde eineResolution mit einer entsprechenden Selbstverpflichtungerlassen.Bei der Entwicklung eines Vorsorgekonzepts ist zubeachten, dass die Gefährdung von unterschiedlichenBereichen ausgeht und demzufolge unterschiedlicheSchutzmaßnahmen in unterschiedlichenZuständigkeiten erfordert. Grundsätzlich giltfür Wasser aus dem Außengebiet:Das wild abfließende Wasser folgt dem Gefälleund kann in die Ortslage fließen – oft ungebremst.Ziel ist es, das Wasser im Außenbereichzu halten oder zumindest zu erreichen, dass esschadlos durch die Ortslage läuft. Dies kanndurch die Schaffung von Rückhalteräumenoder Barrieren (z.B. Mulden, Gräben, Wälle,spezielle Wegegestaltung) ermöglicht werden.für die Ortsentwässerung:Das Wasser kann von der überlasteten Kanalisationnicht mehr aufgenommen und abgeleitetwerden. Zur Erhaltung und Verbesserung derAbleitungskapazität ist es wichtig, die Kanalisationzu entlasten, beispielsweise indem Niederschlagswasserbereits dort zurückgehaltenwird, wo es auftrifft, d.h. auf den Baugrundstücken.Treten Überflutungen aus der Kanalisationoder aus Gewässern in der Ortslageauf, so soll das Wasser entweder schadlos abgeleitetwerden, z.B. über Notabflusswege oderdas Straßenprofil, oder auf verfügbaren Freiflächen,die vorübergehend geflutet werden können,zurückgehalten werden.für Gewässer:Außerorts müssen Maßnahmen der Gewässerunterhaltungdarauf ausgerichtet sein, Wasserin der Fläche zurückzuhalten und damit auchden Abfluss zu reduzieren, indem Ausuferungenzugelassen werden, wo immer dies schadlosmöglich ist. Innerorts dagegen ist das Ziel, einenzügigen Abfluss der Niederschläge zu bewirken,indem bestehende Abflusshindernissebeseitigt und neue vermieden werden. Die Unterliegerdürfen dabei nicht zusätzlich belastetwerden.Sofern diese Vorkehrungen nicht durchführbar sindoder zur Schadensabwehr nicht ausreichen, könnenbauliche Veränderungen am einzelnen Gebäudemögliche Schäden minimieren. Da Objektschutzund Bauvorsorge keine absolute Sicherheit gewährleisten,ist eine weitergehende finanzielle Vorsorgeempfehlenswert, z.B. durch den Abschluss einer Elementarschadenversicherungoder die Bildung vonRücklagen, um die finanziellen Belastungen ausÜberflutungsschäden abzumildern.3.1 Vorsorge beginnt bei derPlanungFür die Kommunen ist die Bauleitplanung das wichtigstePlanungswerkzeug für die Entwicklung undUmsetzung eines umfassenden Konzepts zur <strong>Starkregen</strong>vorsorge,denn darin wird die Nutzung derFlächen des gesamten Gemeindegebiets geregelt.Bei der Aufstellung der Bauleitpläne gilt der Grundsatz,insbesondere gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisseund die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.Dazu zählt auch der Schutz gegen dieGefährdung durch <strong>Starkregen</strong>. Demnach müssenKommunen mit überschwemmungsgefährdeten Gebietenihre Flächennutzungs- und Bebauungspläneso anpassen, dass die Auswirkungen von <strong>Starkregen</strong>hinreichend berücksichtigt werden. Neben denbereits genannten gefährdeten Bereichen sind auchgrundwasserbeeinflusste Bodentypen, verrohrte Gewässer,ehemalige Gewässerläufe, Geländehohlformenund Flurbezeichnungen für eine auf den Hochwasserschutzausgerichtete Planung von Bedeutung.27


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkretDiese Flächen müssen entweder unbebaut bleibenoder so gesichert werden, dass sie für die Zwischenspeicherungvon Abflüssen genutzt werden können,z.B. in Form von Regenrückhaltebecken oderGräben. Weitere Möglichkeiten, den Belangen der<strong>Starkregen</strong>vorsorge Rechnung zu tragen, sind eineentsprechende Gestaltung von Baugebieten (Ausweisungvon Freiflächen am Ortsrand zur Aufnahmedes Oberflächenwassers aus der Ortslage), dieModellierung des Geländes oder die Sicherung vonNotabflusswegen, beispielsweise über die von Bordsteinenbegrenzten Straßenflächen oder Rinnen inrückwärtigen Gartenbereichen. Schließlich kann dieBebauung selbst an die Gefährdungssituation angepasstwerden, etwa indem Gebäude nicht in dieAbflusswege des Wassers hinein gebaut werden.3.32Flächen für Aufschüttungen; In dem gekennzeichnetenBereich ist eine durchgehende Aufwallung bzw. Mauerin einer Höhe von mindestens 0,20 m gegenüber demursprünglichen Gelände zum Schutz vor Hangwasserauszuführen und dauerhaft zu erhalten.(§ 9 Abs. 1 Nr. 17 in Verbindung mit Nr. 24 BauGB;Nr. 11.1 PlanzV 90; siehe Planzeichnung)[...]6.17[...]HangwasserAn verschiedenen Stelle des Gebietes, u.a. im Bereichder Fl.-Nrn. 315/1, 315/10, 317 und 319 sind u.a.bei <strong>Starkregen</strong> mit Beeinträchtigungen durch wild abfließendesHangwasser zu rechnen. Vorkehrungen zumSchutz vor Hangwasser sind vom Grundstückseigentümerherzustellen und dauerhaft zu erhalten. Der Unterhaltobliegt dem Grundstückseigentümer.6.18ÜberflutungsschutzBei <strong>Starkregen</strong> kann es aus verschiedenen Gründen(Kanalüberlastung, Oberflächenabflüsse an Hanglagen,…) zu wild abfließenden Oberflächenabflüssenkommen. Um Überflutungen von Gebäuden zu vermeiden,sind entsprechende (Schutz‐) Vorkehrungen zutreffen. Insbesondere ist auf die Höhenlage der Lichtschächte,‐höfe und des Einstiegs der Kellertreppeno.ä. zu achten. Sie sollten möglichst hoch liegen, umvor wild abfließendem Wasser bei <strong>Starkregen</strong> zu schützen.Die Erdgeschossfussbodenhöhe sollte im Rahmender Vorgaben nach Gesichtspunkten des Überflutungsschutzesangemessen hoch gewählt werden. Maßnahmenzur Verbesserung des Überflutungs-Schutzes sindauch in die Gartengestaltung integrierbar. Obige Anregungengelten insbesondere für Grundstücke in oderunterhalb von Hanglagen oder Senken, sowie entlangdes Zettelbaches. Die hochwassersichere Bauweise istim Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nachzuweisen.Abb. 24: Hinweise auf Gefährdungen durch Wasser im Bebauungsplan „Am Zettelbach“in Bad Waldsee28


3.2 Maßnahmen gegen AußengebietswasserAußengebietswasser gelangt entweder als wild abfließendesWasser dem natürlichen Gefälle folgenddiffus auf die Unterliegergrundstücke, oder es wirdüber Gräben, Rinnen, Wegenetze oder ähnlicheStrukturen gefasst und gezielt abgeleitet. Geländemuldenund dezentrale Rückhaltebecken könnendas Niederschlagswasser zwischenspeichern unddamit den Abfluss verzögern. Die Abbildungen 25bis 27 zeigen Beispiele aus Mainz und Bad Waldsee.Abb. 25: Hangentwässerung in Mainz-LaubenheimBeispiel für eine Hangentwässerung in Mainz-Laubenheim:Planung von Regenrückhaltebecken und Gräben(entsprechend der Drosselung), Geröllfängen(Schlamm- und Geröllrückhalteraum), Einleitungender offenen Gräben in die Regenwasserkanalisationoder den Leitgraben; Bemessung für Regenereignissemit einer Häufigkeit von 0,2 (entsprechendeiner Wiederkehrzeit von 5 Jahren) und einer Niederschlagsspendevon 214 Litern pro Sekunde undHektarWeitere Informationen: Wirtschaftsbetrieb Mainz,Projektleitung Neubau29


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkretBeispiel für Maßnahmen zum Schutz vor Hangwasserim Wohngebiet „Grindel‐/Eibweg“ inBad Waldsee:Wild abfließendes Hangwasser, das von Osten übereine Hanglage zuläuft, wird oberhalb des Baugebietesüber eine Aufwallung umgelenkt und um dasWohngebiet herum geleitet. Nach Norden wird esdadurch dem unbebauten Außenbereich zugeleitet,auf der Südseite über eine asphaltierte Straße oberflächigeiner Versickerungsanlage mit Notüberlaufzugeführt. Die Höhenlagen von Straßen und Häusernsind aufeinander abgestimmt. Der vorrangigeZweck der Versickerungsanlage ist die Beseitigungvon Niederschlagswasser aus dem Baugebiet; nurbei extremen Niederschlagsereignissen wird sie fürdas Hangwasser genutzt. Auch die Stichstraße zurGebietserschließung fällt zur südlichen Entwässerungsachsehin ab. Damit wurde eine Senke vermieden,die sich bei Kanalüberlastung oder überAußenzuflüsse füllen könnte.Weitere Informationen: Stadt Bad WaldseeAbb. 26: Lageplan des Wohngebietes „Grindel-/Eibweg“in Bad Waldsee, Stadtteil Gaisbeuren30


Außengebiet „Harxheimer Weg“Abb. 27: Außengebietsentwässerung in Mainz-EbersheimBeispiel für eine Außengebietsentwässerung inMainz-Ebersheim:Derzeit werden für das Außengebiet „HarxheimerWeg“ zwei größere Versickerungs- bzw. Verdunstungsmuldenmit Zuleitungsgräben geplant, bemessenauf Regenereignisse mit einer Häufigkeit von 0,1(entsprechend einer Wiederkehrzeit von 10 Jahren).Das anfallende Außengebietswasser versickert bzw.verdunstet vor Ort, da weder ein Anschluss an dieKanalisation noch ein Gewässer oder Graben vorhandenist, in den es abgeleitet werden kann.Weitere Informationen: Wirtschaftsbetrieb Mainz,Projektleitung Neubau31


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkretEin großes Potenzial zur Abwehr von Überschwemmungsgefahrendurch Außengebietswasser bietenMaßnahmen zur Sicherung oder Schaffung vonRückhalteräumen auf forstwirtschaftlichen Flächen.Außerdem können durch gezielte forstwirtschaftlicheMaßnahmen Erosionsschäden (z.B. an Waldwegen)verhindert werden. Auch einfache Geländemuldenim Wald leisten einen Beitrag zur Rückhaltung vonWasser und vor allem von mitgeführten Sedimenten,wie Abbildung 28 zeigt.Beispiel für Kleinrückhalte durchGeländemulden in Mölschbach:Als dezentrale waldbauliche Maßnahmeerfolgt eine Abgrabung ingeeignet flachem Gelände, so weitmöglich im Einschnitt. Neben demNiederschlagswasser können dieMulden insbesondere auch erodierteSedimente zurückhalten, diebei stärkeren Niederschlägen immerzu Ablagerungsproblemen intieferliegenden Bereichen führen.Dieser Sedimenttransport und diedabei entstehenden Ablagerungenin verschiedenen Gewässerabschnittenund in Bachverrohrungensind vor allem im Einzugsgebiet desStüterbachs ein bekanntes Problem.Durch die Schaffung solcher Mulden,durchaus auch in größererAnzahl, kann dem kontinuierlichenFeststoffeintrag in die Ortslage entgegengewirktwerden. RegelmäßigeKontrollen, bei Bedarf auchRäumungen, sind allerdings unabdingbar.Abb. 28: Rückhaltung von Wasser und Sedimenten durchGeländemulden in Mölschbach32


Beispiel für forstwirtschaftlicheMaßnahmen in Menzenschwand,St. BlasienZur Wiedervernässung vonWaldflächen mit ehemaligenGrabensystemen wurdenaus Holzstämmen kleine„Knüppeldämme“ angelegt.Solche Dämme sind leichtzu errichten und erfordernkeinen nachträglichen Pflegeaufwand.Weitere Informationen:Forstrevier St. BlasienAbb. 29: Wiedervernässung eines ehemaligen Grabensystems in denHochlagen des Südschwarzwaldes zum Zeitpunkt der Einrichtung(oben) und nach fünf Jahren (unten)33


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkretDurch eine auf Hochwasserschutz ausgerichtete Bewirtschaftungder Flächen (hangparallel, dauerhafteBegrünung, Anlage von Feldrainen, Maßnahmenzum Erosionsschutz, usw.) kann Niederschlagswasserwirksam in der Fläche zurückgehalten und der• Einbau von Geschiebe- und Geschwemmselrechen(Holzkonstruktionen) an sensiblen Gewässerabschnitten• Rückbau vorhandener Grabensysteme• Anlage von QuerrinnenBeispiel für eine Wasserabführungüber dasWegenetz im Wald:Besonders an Waldwegenist darauf zu achten,dass das Wassernicht konzentriert überdas Wegenetz abfließt.Im Hochschwarzwaldwird bei kritischen Dolendie bergseitige Böschungmit Erdmaterialangefüllt. Der Weg erhältsomit eine einseitigeNeigung hangabwärts,damit bei großenStarkniederschlägen dasWasser sofort in die Flächeabgeleitet wird.Weitere Informationen:Forstrevier St. BlasienAbb. 30: Auffüllung der bergseitigen Böschung vor dem DoleneinlaufAbfluss reduziert werden. Dies ist Aufgabe der LandundForstwirtschaft.Maßnahmen, die das Niederschlagswasser im Waldzurückhalten und damit zur Schadensminimierungbeitragen, sind• naturnaher Waldbau• Bau von Furten (Entnahme der Dolen), womöglich• Vergrößerung bestehender und Schaffung zusätzlicherRohrdurchlässe an den Forstwegen• ständige Kontrolle aller DoleneinläufeWege drohen ungewollt zu Entwässerungsrinnen zuwerden, wenn sich niedergegangenes Regenwassernicht in die angrenzenden Flächen ausbreiten kann.An Straßen und Feldwege angrenzende Bankette, indenen das Wasser versickern kann, sind daher erhaltenswertund dürfen nicht von den angrenzendenFlächen ausgehend aufgepflügt werden. Zudemkönnen Querrinnen helfen, das Wasser in die angrenzendenFlächen abzuleiten.34


Feldwege sind so anzulegen oder zu verändern, dasssie nicht senkrecht auf ein Siedlungsgebiet zuführen,da sie sonst das Wasser gebündelt auf die Bebauungleiten. Alle diese Aspekte sind bei anstehendenFlurbereinigungsverfahren zu berücksichtigen.Beispiel zur Rückhaltungvon Treibgut im ForstrevierSulzburg:Im Wald wurden beiGräben und kleinenBachläufen einfache GeschwemmselrechenausHolz (Lärche) eingebaut,die weitgehend die vonden Wassermassen mitgeführtenÄste und anderesMaterial zurückhalten undso ein Verklausen der anschließendenDurchlässeverhindern.Weitere Informationen:Forstrevier SulzburgAbb. 31: Einfache Rechen im Wald zum Rückhalt von Ästen und ZweigenOft behindert das vom Niederschlagswasser mitgeführteMaterial dessen schadlosen Abfluss, indemes Engstellen und Durchlässe zusetzt. Abbildung 31zeigt ein Beispiel, wie dieses Problem gelöst werdenkann.Regenrückhaltebecken sind meist innerhalb oder amEnde eines Kanalnetzes angeordnet. Sie begrenzenbei Regen den Abfluss, indem sie das überschüssigeWasser speichern und es verzögert an die nachfolgendeKanalisation abgeben, um diese hydraulischzu entlasten. Auf diese Weise werden die Abflussspitzenverringert und damit eine Überlastung derunterhalb liegenden Kanalnetzbereiche oder Gewässervermieden. Die Becken werden in Erd- oderBetonbauweise errichtet. Bei Erdbecken sind dieBaukosten in der Regel geringer, das offene Beckenkann zudem naturnah gestaltet werden. Für die Betonbauweisespricht dagegen der geringere Platzbedarf,so dass ein solches Becken auch unterirdischerrichtet werden kann. Regenrückhaltebecken besitzenmeist ein Nutzvolumen von 150‐250 m³ jeangeschlossenem Hektar befestigter Fläche.35


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkretMaßnahmeFreihaltung vorhandener, noch unbebauternatürlicher RückhalteflächenAusweisung von Freiflächen am OrtsrandDezentrale Kleinrückhalte wie Geländemulden,Feldabflussspeicher unddezentrale Rückhalte becken bauen underhalten, gegebenenfalls in Kombinationmit landespflegerischen AusgleichsundErsatzmaßnahmenWirkungVerringerung bzw. Verzögerungdes AbflussesAufnahme des Oberflächenwassersaus AußengebietenZwischenspeicherung desWassers, Verzögerung desAbflussesMaßnahmenträgerGemeinde (Planung)Gemeinde (Planung)Gemeinde (Planung)Angepasste Flächennutzung, z.B. dauerhafteBegrünung, minimale Bodenbearbeitung,Bewirtschaftung quer zumHang, Anlage von Feldgehölzen usw.Rückhalt von Niederschlagswasserund Geschwemmsel,Verminderungvon ErosionLand- und ForstwirtschaftAusrichtung und Profilgestaltung vonFeld- und WaldwegenWegeentwässerung (Bankette, Querrinnen)Bau von Fangzäunen, Geschwemmselrechen,o.ä.Vermeidung der Entwässerungin Richtung Ortslage,Rückhalt und Versickerungdes WassersWasserrückhalt in derFlächeRückhalt von Treibgut, Ästenund Totholz im WaldGemeinde, Flurbereinigung,Land- und ForstwirtschaftGemeinde, Flurbereinigung,Land- und ForstwirtschaftForstwirtschaftTabelle 1: Maßnahmen zur Vorsorge gegen Überflutung durch wild abfließendes Hangwasseroder Außengebietswasser3.3 Maßnahmen gegen Überflutungaus der OrtsentwässerungDie Kanalisation einer Gemeinde ist nicht dazuausgelegt, jegliches Wasservolumen aufzunehmen.Daher kommt es in den selten auftretenden Fällenextremer Regenereignisse oft zur Überlastung derKanalisation, auch wenn alle Vorsorgemaßnahmengetroffen wurden. Im Folgenden werden einigemögliche Maßnahmen zur Vermeidung einer solchenÜberlastung dargestellt.Notabflusswege herstellen oder sichern:Um Überflutungen in der Ortslage schadlos ableitenzu können ist es erforderlich, Notableitungswege zubestimmen und bei Bedarf auszubauen. Das könnenzum einen öffentliche Straßen sein, die entsprechendgestaltet sein müssen, zum anderen aber auch Entlastungsgräben,die das überschüssige Wasser aufnehmenkönnen. In Zeiten des barrierefreien Ausbaushaben Bordsteine vielerorts ausgedient, sodass das Wasser von der Straße oft ungehindert aufdie angrenzenden Grundstücke abfließen kann. Umdies zu vermeiden, können nahezu ebenerdige Rinnendas Regenwasser von der Straße dorthin ableiten,wo es versickern kann. Gegebenenfalls kann anbestehenden Gefahrenpunkten in der Ortslage eineAufkantung der Bordsteine die Gefährdungssituationentschärfen. Alternativ können die FahrbahnundWegeprofile auch talseitig geneigt ausgestaltetwerden.36


Kanalisation entlasten:Dezentrale Niederschlagswasserbewirtschaftungkann die Abflussmengen im bebauten Bereich einerGemeinde bei kleineren Regenereignissen reduzieren.Die Maßnahmen setzen dabei bereits auf denbebauten Grundstücken an und zielen darauf ab,das Regenwasser nicht erst in angrenzende Bereicheübertreten zu lassen, z.B. durch breitflächigeVersickerung, Versickerung in Mulden und Rigolen,Sammlung in Zisternen oder Teichen. Doch jedesdieser Systeme hat nur eine begrenzte Wirksamkeit,so dass bei <strong>Starkregen</strong> ein Notüberlauf das überschüssigeWasser abführen muss. Dies darf nichtzu Lasten des Nachbargrundstücks gehen. Daherist bereits bei der Gestaltung eines Grundstückszu planen, auf welche Weise (schadlose Ableitungoder Rückhalt) einer Überlastung dezentralerAnlagen begegnet werden kann (siehe dazu auchDIN 1986‐100: geforderter Überflutungsnachweisbei großen Grundstücken).Beispiel für ein Entwässerungskonzept inMainz-Marienborn:Grundsätzlich besteht aus Sicht des WirtschaftsbetriebesMainz AöR das Ziel, das anfallende Niederschlagswasserdezentral zur Versickerung zu bringen,also dort, wo es anfällt und die Bodenverhältnissedies zulassen (Bodengutachten erforderlich).Das Baugebiet „Hinter den Wiesen“ (MA 15) inMainz-Marienborn wird im modifizierten Trennsystementwässert. Das dezentrale Regenwasserbewirtschaftungskonzeptbeinhaltet die Versickerung,Rückhaltung und gedrosselte Ableitung mittels einesMulden-Rigolen-Systems. Das anfallende Niederschlagswasserauf den öffentlichen Verkehrsflächenwird über straßenbegleitende Mulden-Rigolen bewirtschaftet,auf den privaten Grundstücken dezentralüber Speicher- und Versickerungsanlagen (Mulden-Rigolen,Zisternen), die in die Grünanlagen derGrundstücke integriert sind.Die in den öffentlichen Versickerungsanlagen nichtversickerbaren Regenwasseranteile werden mittelsDrosseln und Quellschächten in die angrenzendeFläche für die landespflegerischen Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen(LEF) entwässert.Dem geplanten Schmutzwasserkanal DN 250 wirdausschließlich das häusliche Schmutzwasser zuge-führt. Der Anschluss erfolgt an den bestehenden Mischwasserkanal in der Straße „Hinter denWiesen“.Weitere Informationen: Wirtschaftsbetrieb Mainz,Projektleitung NeubauAuch Außengebietswasser aus Drainagen belastetin der Regel unnötig die Kanalisation. Dieses Wassersollte im Idealfall in der Fläche bleiben oder imAußenbereich versickern. Verursachergerechte Aufteilungder Kosten für die Abwasserbeseitigung undandere finanzielle Anreize fördern die Motivation,das Niederschlagswasser in der Fläche zu halten.Beispiel für finanzielle Anreize bei der Außengebietsentwässerungin der VerbandsgemeindeSchweich:Wegen der uneinheitlichen Verantwortlichkeiten (Abwasserableitung:Verbandsgemeindewerke; Wasservon Wegen und aus Drainagen: Ortsgemeinden/Stadt; Straßen: jeweiliger Baulastträger) und derdamit verbundenen Finanzierungsproblematik ergibtsich eine Möglichkeit, die Abkopplung vonAußengebietswasser finanziell zu unterstützen. DasAbwasserwerk zahlt an den Maßnahmeträger einenBaukostenzuschuss. Die an das Land zu zahlendeAbwasserabgabe für das Niederschlagswasser kannmit diesem Zuschuss verrechnet werden. Voraussetzungendafür sind die tatsächliche Zahlung der Abwasserabgabevom Einrichtungsträger an das Land,die Verrechenbarkeit im Rahmen der Regelungender Abwasserabgabengesetze (§ 10 IV AbWAG) unddie Bestimmung im wasserrechtlichen Zulassungsbescheid,dass Außengebietswasser dem Kanalsystemfernzuhalten ist. Damit werden die Ortsgemeindenund Städte als Baulastträger der Außengebietsentwässerungeher in die Lage versetzt, erforderlicheMaßnahmen zur Abkopplung von Außengebietswasserumzusetzen, die das Abwasserwerk wegenkalkulatorischer Grundsätze der Gebührenerhebungund mangels Zuständigkeit selbst nicht durchführenkann. Je nach Höhe der zu zahlenden Abwasserabgabeund Umfang der bezuschussten Baumaßnahmenresultieren für die Baulastträger im EinzelfallKostenerstattungen von bis zu 100 %.Weitere Informationen: VerbandsgemeindewerkeSchweich37


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkretRückstau absichern:Damit bei <strong>Starkregen</strong>ereignissen das Wasser nichtaus den tiefer gelegenen Ablaufstellen eines Gebäudes(unterhalb der Rückstauebene, überwiegendim Keller) austritt, müssen diese Stellen mittels Rückstauklappeoder Abwasserhebeanlage gegen Rückstauaus dem Kanalnetz gesichert werden. Durch diekommunalen Entwässerungssatzungen sind Hauseigentümerverpflichtet, eine Rückstausicherung vorzuhaltenund regelmäßig zu kontrollieren.Abflusshindernisse vermeiden:Hindernisse, die den Abfluss von <strong>Starkregen</strong> beeinträchtigenkönnen, sind beispielsweise Ablagerungenin der Kanalisation. Durch Kanalspülungenkönnen solche Ablagerungen beseitigt werden.Verstopfung an Einläufen zur Kanalisation (Gullys,Rechen) entfernen:Nur eine regelmäßige Kontrolle und Reinigung kannverhindern, dass sich bei <strong>Starkregen</strong> die Straßeneinläufezusetzen und der Abfluss des Wassers nichtmehr möglich ist. Indem die Bürgerinnen und Bürgerzur Meldung aufgerufen werden, z.B. über dasörtliche Amts- oder Mitteilungsblatt der Verwaltung,können Verstopfungen an Straßeneinläufen zeitnahbeseitigt werden.Straßeneinläufe verstopft:Die Gullys – Sinkkästen an den Straßen, Gehwegenund Plätzen – der Stadt L. werden regelmäßig zweiMal im Jahr gereinigt. Im Auftrag der Stadt L. reinigteine Fremdfirma die Straßenabläufe und Kastenrinnen.Trotz dieser turnusmäßigen Wartung kann esimmer wieder zu Verstopfungen durch Laub, Sandund Müll kommen. Das Regenwasser fließt dannnicht mehr zügig ab. Melden Sie uns daher verstopfteStraßeneinläufe. Dadurch helfen Sie uns, dieReaktionszeiten zur Beseitigung der Verstopfung zuverbessern.Empfehlenswert ist die Verwendung von räumlichenRechen, um die Einläufe zur Kanalisation zu sichern.In Abbildung 32 ist ein solcher Rechen zu sehen,der nicht so leicht verstopfen kann und sich einfachreinigen lässt.Abb. 32: Räumlicher Rechen am Einlauf zu einer Verrohrung38


MaßnahmeWirkungMaßnahmenträgerVerbesserung der Speicherkapazitätvorhan dener Kanäle und Sanierunghydraulischer EngstellenBessere Ableitung des Abflusses,Verringerung vonRückstau im KanalnetzGemeinde (Abwasserbeseitigungspflichtiger)Vermeidung des Zuflusses vonAußengebiets wasser aus Wegeseitengräbenund Drainagen in dieKanalisationEntlastung der Kanalisation(Orts‐) Gemeinde (alsUnterhaltungspflichtigevon gemeinschaftlichenAnlagen aus der Flurbereinigung),FlurbereinigungsbehördeNiederschlagswasserbewirtschaftung(Regenwasser auf dem Grundstück versickern,verdunsten, nutzen)Entlastung der KanalisationGrundstückseigentümerKanalspülungen zur Entfernung vonAblagerungenVermeidung von AbflusshindernissenGemeinde (Abwasserbeseitigungspflichtiger)Notabflusswege zur Entlastung beiKanalüber stau (z.B. Herstellen undFreihalten von Rinnen in rückwärtigenGartenbereichen oder Sichern von Abflussrinnenim Straßenraum); Ableitungvon Niederschlagsabfluss inausgewählte Bereiche einer GrünflächeSchadlose Ableitung vonÜberflutungen aus derKanalisation(Orts‐) Gemeinde(Planungsträger)Kontrolle der Straßeneinläufe (Gullys)Vermeidung von Rückstau(Orts‐) Gemeinde,StraßenbaulastträgerTabelle 2: Maßnahmen zur Vorsorge gegen Überflutung aus der Kanalisation39


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkret3.4 Maßnahmen gegen Überflutungaus GewässernZum Schutz gegen Überflutungsgefahren durch überdie Ufer tretende Gewässer kann außerhalb vonOrtslagen eine naturnahe Gewässerentwicklung mitAusweisung von Gewässerrandstreifen die schadloseAusuferung von Bächen ermöglichen und damitden Abfluss eines <strong>Starkregen</strong>s verlangsamen. EinBeispiel aus der Verbandsgemeinde Bad Hönningenzeigt, wie im Rahmen der genehmigungsfreien Gewässerunterhaltungdieses Ziel erreicht werden kann(siehe Abb. 33).Beispiel für schadlose Ausuferungvon Gewässern inder Verbandsgemeinde BadHönningen:Um die Fließgeschwindigkeit bei<strong>Starkregen</strong>ereignissen zu mindern,wurde für den HammersteinerBach vorgeschlagen, dassdie Verbandsgemeinde im Rahmenihrer Unterhaltungspflichtbachaufwärts an geeigneten Stellenzusätzliche Steinschüttungeneinbringt. Dabei ist lediglich daraufzu achten, dass keine überdimensionierte„Dammanlage“entsteht. Alternativ zur Steinschüttungkönnen auch Absperrungenmittels abgestützter Holzstämmeerrichtet werden, wobei der eigentlicheBachlauf (Sohle) freigehaltenwerden muss. Im Bereichdes Einlaufbauwerks wurden inQuellrichtung zwei weitere Steinschüttungenvorgenommen, umdie Fließgeschwindigkeit zu reduzieren,Rückhaltemöglichkeitenzu schaffen sowie mitgeführtefeste Bestandteile zurückzuhalten.Weitere Informationen: BauamtBad HönningenAbb. 33: Minderung der Fließgeschwindigkeit am Hammersteiner Bachdurch Steinschüttungen und Absperrungen40


Innerhalb von Ortslagen dagegen soll das Gewässerdie Bebauung möglichst rasch und überschwemmungsfreipassieren. Dazu müssen Engstellen undAbflusshindernisse vermieden oder zumindest entschärftund damit die vorhandenen Abflussquerschnitteoptimiert werden. Bereits existierende Hindernisse(z.B. Zäune und Mauern im Gewässer) sindzurückzubauen; eventuell ergibt eine genauere Prüfung,dass sie nicht erforderlich sind (z.B. Rechen).Gewässerschauen:Unter Beteiligung der Verwaltung einer Kommunekönnen sogenannte Bachschauen vorgenommenwerden, die der Kontrolle und Funktionspflege desGewässers dienen. Damit lassen sich gut Problemfelderaufzeigen, z.B. wenn Anlieger den Bachquerschnitteingeengt haben, etwa durch den Bau vonStufen und Gabionen oder das Setzen von Leitplankenund Zäunen zur Befestigung, Abgrenzung oderAufschüttung.Solche Eingriffe beschleunigen den Abfluss, behinderndie natürliche Gewässerentwicklung undengen den Überschwemmungsbereich bei Hochwasserein. Darüber hinaus kann es bei Überflutungendazu kommen, dass im Uferbereich gelagertesMaterial (z.B. Holz, Baustoffe u.ä.) abgetragen wirdund dadurch Engstellen verstopfen und der Abflussbehindert wird. Eine Gewässerschau bietet dieMöglichkeit, die vor Ort gewonnenen Erkenntnisseunmittelbar zu erläutern und Maßnahmen direktin die Wege zu leiten, indem z.B. Vereinbarungenmit den anwesenden Betroffenen und Verursacherngetroffen und mit einer Fristsetzung für die Ausführungversehen werden. Hinweise zur Durchführungvon Gewässerschauen gibt die Veröffentlichung„Gewässerschauen im Rahmen der Gewässernachbarschaftenin Baden-Württemberg“ sowie das Informationsfaltblattfür Gewässeranlieger „Fluss-Garten-Bach“ der <strong>WBW</strong> <strong>Fortbildungsgesellschaft</strong> fürGewässerentwicklung.MaßnahmeAußerorts: naturnahe Gewässerentwicklungmit Gewässerrandstreifen,gegebenenfalls Rückbau naturfernausgebauter GewässerWirkungVergrößerung des Abflussquerschnittsund Verzögerungdes Abflusses, schadlose Ausuferungaußerhalb der OrtslageMaßnahmenträgerGemeinde (Gewässerunterhaltung)Bau, Unterhaltung und Kontrollevon Rechen und GeröllfängenFreihaltung der Abflussquerschnitte,z.B. durch Entfernung von illegalenEinbauten und am Ufer gelagertenMaterialienRückhalt von Geschwemmselund Treibgut; Vermeidung vonÜber schwemmungen durchRückstauSchadloser Abfluss bei Hochwasser,kein Eintrag von Materialvon den UfergrundstückenGemeinde (Gewässerunterhaltung)Gemeinde (Gewässerunterhaltung),GewässeranliegerKontrolle und Funktionspflege desGewässers im Rahmen regelmäßigerGewässerschauenEntschärfung hydraulischer Engpässe,z.B. an Brücken und DurchlässenÜberprüfung des Gewässerzustandsund Festlegung von MaßnahmenVerringerung der Überflutungsgefahrin diesen BereichenGemeinde (Gewässerunterhaltung)Gemeinde (Gewässerunterhaltung)Regelmäßige Reinigung der Rechenund Einläufe an BachverrohrungenFreihalten des Einlaufs in dieVer rohrung, Vermeidung vonÜber schwemmungen durchRückstauGemeinde (Gewässerunterhaltung,Abwasserbeseitigung)Tabelle 3: Maßnahmen zur Vorsorge gegen Überflutung aus Gewässern41


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkret3.5 Bauvorsorgeund ObjektschutzAnpassungen an die Gefährdungdurch <strong>Starkregen</strong> sind am einfachstenbeim Neubau von Gebäudenzu realisieren. NachträglicheAnpassungen im Bestandsind schwieriger und kostspieligerund setzen außerdem das Bewusstseinder Eigentümer für das<strong>Starkregen</strong>risiko voraus. Grundstückseinfriedungenund Mauernkönnen als Schutz vor zufließendemAußengebietswasser errichtetwerden. Der Abfluss darf nicht zumNachteil des Nachbargrundstücksverändert werden (vgl. Abb. 34)Abb. 34: Mauer aus Flora-Wall-Steinen zum Schutz vor AußengebietswasserBeim Bau eines Gebäudes kanndie Überflutungsgefahr bereitsberücksichtigt werden, indem derHauseingang eine Treppenstufehöher gelegt wird (vgl. Abb. 35)Abb. 35: Erhöhter Hauseingang42


Hochgemauerte Kellerfensterschächtesind eineinfach zu realisierenderSchutz, der verhindert,dass das Niederschlagswasserdurch dieKellerfenster eindringt(vgl. Abb. 36).Abb. 36: Zum Schutz gegen eindringendes Wasser wurde eine Mauer vor das Kellerfenster gesetzt.Abb. 37: Nachträgliche Einbauten an Tür und Kellerfenster zum Schutz gegen eindringendes Wasser43


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkret3.6 Weitergehende finanzielleVorsorgeDa selbst umfangreiche technische MaßnahmenSchäden aus <strong>Starkregen</strong>ereignissen niemals gänzlichausschließen können, ist für Bewohner überschwemmungsgefährdeterGebiete der Abschluss einerElementarschadenversicherung empfehlenswert,um die finanzielle Belastung bewältigen zu können.Dabei muss darauf geachtet werden, dass Schädenaus Überschwemmung und Rückstau nicht von derDeckung ausgenommen sind. Versichert sind dasGebäude selbst, inklusive aller fest mit diesem verbundenenGegenstände, etwaige Nebengebäude,sofern sie bei Versicherungsabschluss entsprechendberücksichtigt wurden, sowie Gebäudezubehör, dasder Instandhaltung des Hauses oder dessen Nutzungzu Wohnzwecken dient. Der Hausrat kann separatim Rahmen einer Hausratversicherung versichertwerden. Nicht durch die Versicherung gedeckt sindSchäden durch Grundwasser. Im Versicherungsfallzahlt der Versicherer für Neubau und Reparaturen(Quelle: Finanztest 12/2007). Alternativ zu einerVersicherung können eigene finanzielle Rücklagengebildet werden.In der Regel dauert es nach einem Schadensereigniseinige Zeit, bis ein Sachverständiger der Versicherungzur Beurteilung des Schadens ins Haus kommt.Nach den Aufräumarbeiten lassen sich Schädenunter Umständen nicht mehr nachvollziehen undbelegen. Daher ist die Dokumentation aller entstandenenSchäden unmittelbar nach dem Ereignis alsNachweis für die Versicherung sehr wichtig.3.7 Gefahrenabwehr undKatastrophenschutzEbenso wenig wie die betroffenen Grundstückseigentümerkönnen sich Kommunen auf ein <strong>Starkregen</strong>ereignisvorbereiten, da die Möglichkeiten einerexakten räumlichen und zeitlichen Vorhersage geringsind. Dennoch müssen sie sich mit der Frageauseinandersetzen, was bei einem solchen Ereignispassieren kann und welche Maßnahmen zu ergreifensind. Hierzu dient die Hochwasseralarm- undEinsatzplanung, mit der die Gefahrenabwehr unddie Bewältigung der Folgen einer Überflutung koordiniertwerden. Wichtig sind eine Absprache undZusammenarbeit mit benachbarten Feuerwehrenund die gegenseitige Hilfeleistung zwischen den Gemeinden.In der Hochwasseralarm- und Einsatzplanungkönnen auch außergewöhnliche Maßnahmenwie das Öffnen von Gullydeckeln berücksichtigtwerden. Wenn im Vorfeld bereits die Konsequenzensolcher Maßnahmen durchdacht sind, ist es imEreignisfall leichter, die nötigen Entscheidungen zutreffen.Alarm- und Einsatzpläne für Hochwasser habenfür das Krisenmanagement der Kommunen einezentrale Bedeutung. Sie sind im Regelfall mehrstufigaufgebaut und so gestaltet, dass auf möglichstviele Szenarien reagiert werden kann. Bei kurzenVorwarnzeiten hat sich in Baden-Württemberg einvierstufiges Konzept bewährt, das in Tabelle 4 alsÜbersicht dargestellt ist. Besonders die Stufe 1 (KritischeUnwetterprognose) ist für <strong>Starkregen</strong>ereignissevon Bedeutung. Der rheinland-pfälzische Rahmen-Alarm- und Einsatzplan Hochwasser ist dagegen aufdie lokalen <strong>Starkregen</strong>ereignisse nur begrenzt übertragbar,er zielt vielmehr auf die Anwendung an dengroßen Flüssen des Landes ab.44


StufeMerkmaleMaßnahmen (Beispiele)Stufe1:KritischeUnwetterprognoseKeine akute HochwassergefahrIn den nächsten Stunden bis Tagen kann es zu einer Hochwasserlagekommen, weil eine oder mehrere dieser Bedingungen erfülltsind:• Extremwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes• Warnung der Hochwasservorhersage zentrale Baden-Württemberg bzw. der Hochwasserfrühwarnung Rheinland-Pfalzvor einem zehnjährlichen Hochwasser in dennächsten 24 Stunden• Bevorstehendes Tauwetter, bei dem nach örtlicher Erfahrungmit Hochwasserlagen zur rechnen istInformation der Mitglieder der Stäbe:Alarmstufe 1Technische Einsatzbereitschaft der Stäbeüberprüfen oder herstellenStändige Überwachung der weiterenPrognose- und WetterentwicklungStufe 2:DrohendeHochwasserlageIn den nächsten 24 Stunden ist eine Hoch wasserlage wahrscheinlich,aber nicht sicher, weil eine oder mehrere dieser Bedingungenerfüllt sind:• Extremwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes,höchste Warnstufe• Warnung der Hochwasservorhersage zentrale vor einemfünfzigjährlichen Hochwasser in den nächsten24 Stunden• Tauwetter oder Langzeitniederschlag haben eingesetztInformation der Stäbe: Alarmstufe 2Teilbesetzung des Krisenstabes mit denFunktionen• Innerer Dienst• Lage und Dokumentation• Horizontale Evakuierung und/oderSchließung besonders kritischerObjekte• Technische Maßnahmen gemäßaktuellem Hochwasser-Alarmplan• Ständige Überwachung der weiterenPrognose-, Wetter- und PegelentwicklungStufe 3:Kritische HochwasserlageDie Gewässer sind so stark angestiegen, dass kurzfristig eine kritischeSituation eintreten kann, und die bedrohliche Wetterlage hältweiter anEinberufung des Krisenstabes, Aufbau desFührungsstabesStändige Kontrolle wie obenDammverteidigung und gegebenenfallsEntlastungHorizontale Evakuierung von FahrzeugenEmpfehlung an die Bevölkerung, sich aufeine vertikale Evakuierung vorzubereitenAnsonsten Maßnahmen nach LageStufe 4:GroßflächigeÜberflutungenTeile des Gebietes sind überflutet oder die Überflutung steht unmittelbarbevorAuslösen des Evakuierungsalarms für diebetroffenen Gebiete;Sicherstellung des Brandschutzes durchNachbarfeuerwehrenSicherstellung der medizinischen Versorgungder Bevölkerung trotz HochwasserlageVersorgung der Bevölkerung mit denwichtigsten Hilfsgütern, wenn notwendigWeitere Maßnahmen nach LageÜbergang zur Aufräumphase mit sukzessivemRückbau der StäbeTabelle 4: Muster einer Hochwasseralarm- und Einsatzplanung für Überflutungen45


3 <strong>Starkregen</strong>vorsorge - praktisch & konkret3.8 Verhaltens- undInformationsvorsorgeDurch eine zweckmäßige Verbreitung und Nutzungvon Information und ein angemessenes Verhaltenkönnen bei einem <strong>Starkregen</strong>ereignis viele Schädenvermieden werden. Wegen der kurzen Vorwarnzeitenist es bei <strong>Starkregen</strong> wichtig, dass die Kommunesich im Vorfeld mit der Gefahr auseinandersetzt undihre Einwohner sowohl langfristig als auch währendeiner Gefahrensituation richtig informiert.RisikokommunikationSofern kommunale Gefährdungskarten existieren,sind diese allgemein zugänglich zu machen. Alternativkönnen betroffene Grundstückseigentümer gezieltauf die Gefährdung hingewiesen werden.WetterbeobachtungDie Beobachtung des Wettergeschehens ist entscheidend,um im Fall eines <strong>Starkregen</strong>s richtig reagierenzu können. Neben den Meldungen in Rundfunk undFernsehen gibt es im Internet folgende Informationsquellen:• Aktuelle Wetterentwicklungen und Hinweise aufbedrohliche Wetterlagen sind abrufbar unterwww.wettergefahren.de.• Der Newsletter des Deutschen Wetterdienstes(Abonnement über www.dwd.de) informiertüber aktuelle Gefährdungen, allerdings aufgrund der Schwierigkeit der Vorhersage nursehr kurzfristig und nicht ortsgenau.• Mindestens täglich aktualisierte Hochwasserfrühwarnungenfür kleine Einzugsgebiete sindfür Rheinland-Pfalz verfügbar unterwww.fruehwarnung.hochwasser-rlp.de,für Baden-Württemberg unterwww.hvz.baden-wuerttemberg.de.Verhaltensregeln bei <strong>Starkregen</strong> und Gewitter• Nicht im Freien aufhalten (Gefahr durch umstürzendeBäume, aufgeschwemmte Gullydeckel,herabfallende Dachziegel)• Nachhauseweg der Kinder beachten• Türen und Fenster schließen• PKW in Sicherheit bringenMobilen Hochwasserschutz installieren (Bohlen,Sandsäcke usw.)• Im Keller gelagerte wassergefährdende Stoffefrühzeitig in Sicherheit bringen• Steht das Wasser im Keller, darf dieser wegenStromschlaggefahr nicht mehr betreten werden.• Begehung des Kellers und Wiederinbetriebnahmeelektrischer Geräte (auch an anderen Stellen)erst nach Ablauf oder Abpumpen des Wassers• Wichtig ist, für den Fall der arbeits- und urlaubsbedingtenAbwesenheit Absprachen mitden Nachbarn zu treffen.Weiteres Informationsmaterial„Schutz vor Kellerüberflutung“ – Informationsbroschüreder Stadt Karlsruhe, erhältlich als PDF-Dateiunter:www.karlsruhe.de/b3/bauen/tiefbau/entwaesserung/grundstuecksentwaesserung„Hochwasserschutzfibel. Objektschutz und baulicheVorsorge“ – Broschüre des Bundesbauministeriums,erhältlich als PDF-Datei unter www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Artikel/B/hochwasserschutzfibel.html„Für den Notfall vorgesorgt. Vorsorge und Eigenhilfein Notsituationen“ – Ratgeber des Bundesamtsfür Bevölkerungsschutz mit Informationen und Verhaltenshinweisenzu den verschiedensten Notsituationen,erhältlich als PDF-Datei unterwww.bbk.bund.de46


4 Anlagen4.1 Checkliste für PrivatleuteIst mein Grundstück oder Gebäudegefährdet?Gebäudeentwässerung und Rückstauschutz• Liegen einzelne Entwässerungsobjekte meinesWohnhauses unterhalb der Rückstauebene(Bodenabläufe, Waschbecken, Toiletten etc.)?• Sind alle diese Entwässerungsobjekte notwendigoder kann womöglich auf einzelne verzichtetwerden?• Sind Entwässerungsobjekte, die unterhalb derRückstauebene liegen, gegen einen Rückstaugesichert?• Sind die eingebauten Rückstauverschlüsse funktionsfähigund werden diese entsprechend denHerstellerangaben betrieben?• Sind Reinigungsöffnungen und Schächte unterhalbder Rückstauebene vorhanden, und wenn ja: sinddiese gesichert?• Gibt es problematische Entwässerungssituationen(z.B. Bodenablauf im Kellerabgang)?• Sind Rückstauverschlüsse in Hauptleitungen soeingebaut, dass ein Abfließen des Niederschlagswassersvon den Dachflächen nicht möglich ist?• Sind an die Grundleitungen eventuell Drainagenangeschlossen, die bei Rückstau ebenfalls mit eingestautwerden?• Existiert eine Toilettenanlage oder sind Waschmaschinen,Brennwertheizungen oder sonstIge Sanitäreinrichtungenunterhalb der Rückstauebene angeschlossen,die über eine Hebeanlage entwässertwerden müssen? Ist die Hebeanlage funktionsfähig?Oberflächenwasser• Ist mein Grundstück durch Oberflächenabflussvon der Straße, aus Nachbargrundstücken oderangrenzenden landwirtschaftlichen Flächen gefährdet?• Kann oberflächig abfließendes Wasser bis an meinHaus gelangen?• Besteht ein ebenerdiger Eingang oder eine ebenerdigeTerrasse, so dass Wasser oberflächig insErdgeschoss eindringen kann?• Sind die Kellerlichtschächte wasserdicht und hochgenug gebaut?• Besteht bei den Kellerfenstern ohne Lichtschächteein ausreichender Abstand zwischen Boden undKellerfenstern?• Kann Wasser über einen äußeren Kellerabgangeintreten? Haben Gehwege, Hofzufahrten undStellplätze ein Gefälle zum Haus? Wohin fließt dasWasser ab?• Kann von der angrenzenden Straße Wasser in meineTiefgarage fließen?Quelle und weitere Hinweise: Stadt KarlsruheWas muss ich tun?• Information über Gefahren einholen undweitergeben (siehe obige Checkliste sowieKapitel „Verhaltens- und Informationsvorsorge“)• Rückstausicherung gewährleisten (siehe obigeCheckliste sowie Kapitel „Bauvorsorge undObjektschutz“ und „Verhaltens- und Informationsvorsorge“,Abschnitt „Weiteres Informationsmaterial“)• Gegebenenfalls weitere bauliche Maßnahmenausführen (ausführliche Beschreibungin der Broschüre „Wie schütze ich mein Hausvor <strong>Starkregen</strong>ereignissen“, www.hamburg.desiehe Kapitel „Verhaltens- und Informationsvorsorge“,Abschnitt „Weiteres Informationsmaterial“)• Verhalten im Hochwasserfall vorbereiten (sieheKapitel „Verhaltens- und Informationsvorsorge“)• Mögliche Schäden absichern (siehe Kapitel„Bauvorsorge und Objektschutz“)47


4 Anlagen4.2 Präsentation zur Verwendung in Ratssitzungenoder BürgerversammlungenEine power-point Präsentation zum Thema <strong>Starkregen</strong> kann bezogen werden unter: www.ibh.rlp.deMit dieser sollen die Zuhörer für das Thema interessiert und sensibilisiert werden.In Baden-Württemberg können die Präsentationen im Nachgang einer Hochwasserpartnerschaftunter www.wbw-fortbildung.de bezogen werden.Abb. 38: Hochwasserereignis in Quierschied-Fischbach48


4.3 GlossarFlutmulden: Kleine Mulden zur Rückhaltung vonHochwasser.Gefährdungsanalyse: systematisches Verfahrenzur Untersuchung der Ursachen einer Gefährdungdurch <strong>Starkregen</strong>ereignisseHangabfluss: Niederschlagswasser wird nicht inder Fläche zurückgehalten, sondern fließt aus denHanglagen (wild) dem Gefälle folgend flächig ab.Hochwassergefährdung: Möglichkeit, dass einGebiet von Hochwasser betroffen sein kann; abhängigvon der Eintrittswahrscheinlichkeit und demAusmaß eines Hochwasserereignisses.Jährlichkeit: bezeichnet das statistische Wiederkehrintervalleines Ereignisses (berechnet aus Überschreitungswahrscheinlichkeitenbestimmter Jahreshöchstwerte).Ein 100-jährliches Ereignis tritt imstatistischen Mittel alle 100 Jahre wieder auf, was,wie bei allen statistischen Werten, nicht ausschließt,dass es sich auch in zwei aufeinanderfolgenden Jahrenereignen kann.Hochwasserrisiko: Das Schadensrisiko wird allgemeinals Verknüpfung von Schadenwahrscheinlichkeitund Schadenausmaß verstanden (IKSR).Schadenspotenzial: Summe der möglicherweisegeschädigten Werte im gefährdeten Bereich. DasSchadenspotenzial ist nicht gleichzusetzen mit demtatsächlichen Schadensumfang infolge eines Ereignisses,es dient vielmehr der Abschätzung des maximalenAusmaßes, in dem Schutzgüter von Schadenbetroffen sein können.<strong>Starkregen</strong>: seltene, meist lokal begrenzte Regenereignissemit großer Niederschlagsmenge, diewegen ihrer Intensität ein schwer zu kalkulierendesÜberschwemmungsrisiko darstellen. Die verursachendenNiederschläge sind meist von sehr geringerräumlicher Ausdehnung und kurzer Dauer (konvektiveNiederschlagsereignisse).Sturzflut: plötzliche Überschwemmung infolge eines<strong>Starkregen</strong>ereignissesKonvektiver Niederschlag: Kurz (weniger als eineStunde) andauerndes Niederschlagsereignis mitmeist hoher Niederschlagsintensität und eng begrenztemNiederschlagsfeld (in der Regel kleiner als10 km²), gebunden an vertikale Luftbewegungen(Konvektion)49


4 Anlagen4.4 QuellenSchmitt, T.G., Worreschk, S. (2011): KommunalesRisikomanagement Überflutungsschutz (KRis-Ma). Studie im Auftrag des Ministeriums für Umwelt,Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und ForstenRheinland-Pfalz und des WasserwirtschaftsverbandesBaden-WürttembergRegioComun – Institut für integrierte Raumentwicklunge.V. an der Universität Mainz (2008): Extremregenereignissein Rheinland-Pfalz – KommunalerLeitfaden. Untersuchung im Auftrag des Landesamtsfür Umwelt, Wasserwirtschaft und GewerbeaufsichtRheinland-PfalzNewsletter des Deutschen Wetterdienstes(DWD). Dieses Internet-Angebot informiert überaktuelle Gefährdungen aufgrund besonderer Wetterlagenund kann unter http://www.dwd.de abonniertwerdenFinanztest (2007): Wohngebäude- und Elementarschadenschutz– Ruhe nach dem SturmZimmermann, J. & Jüpner, R. (2009): WasserwirtschaftlicheStudie zur Überflutungsgefährdungdes Stadtteils Mölschbach. WVE GmbH Kaiserslautern;im Auftrag der Stadt KaiserslauternHydrotec Ingenieurgesellschaft für Wasserund Umwelt, Fachhochschule Aachen undDeutscher Wetterdienst (2008): Vorhersageund Management von Sturzfluten in urbanen Gebieten(URBAS). Forschungsvorhaben im Auftrag desBundesministeriums für Bildung und ForschungStadt Karlsruhe, Tiefbauamt (2010): Schutzvor KellerüberflutungDAHLEM Beratende Ingenieure (2010): Risikobewertungvon <strong>Starkregen</strong>ereignissen Vorgehensweise& Lösungsansätze. 9. Regenwassertage, DWADeutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasserund AbfallStadtverwaltung Kaiserslautern (Hrsg.)(2010): Stadt Kaiserslautern, Stadtteil Mölschbach;Hochwasservorsorge – Das können Sie tun!Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaftund Gewerbeaufsicht (2010): Bewertung desHochwasserrisikos in Rheinland-Pfalz. Herausgeber:Ministerium für Umwelt, Forsten und VerbraucherschutzRheinland-PfalzIllgen, M. & Niemann, A. (2011): UrbaneÜberflutungsvorsorge – was die Siedlungsentwässerungvom gewässerseitigen Hochwasserschutzlernen kann; 10. Regenwassertage, 10./11. Mai2011, Bad Soden. DWA Deutsche Vereinigung fürWasserwirtschaft, Abwasser und AbfallBrauner, C. (2011): Hochwassergefahrenkartenals Grundlage für die Erstellung von Hochwasseralarm-und –einsatzplänen. Risk ManagementIPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change(2007): Fourth Assessment Report: Climate Change2007 (AR4)Ettrich, N. (2007): Hydrodynamische Kanalnetzberechnung– Oberflächenabflussmodellierung bei<strong>Starkregen</strong>ereignissen in urbanen Gebieten. DWALandesverbandstagung Baden-WürttembergFrauenhofer-Institutfür Techno- und Wirtschaftsmathematik,Kaiserslautern50


4.5 BildnachweisAbb.-Nr.QuelleTitelfoto Freiwillige Feuerwehr Ditzingen1 Shutterstock, Pindyurin Vasily2 Landratsamt Zollernalbkreis3 Franz Schneider, Quierschied-Fischbach4 Dr. Barbara Manthe-Romberg, IBH5 Freiwillige Feuerwehr Ditzingen6 Dr.-Ing. Marc Illgen, Dahlem Beratende Ingenieure7 Prof. Theo Schmitt, Silja Worreschk, TU Kaiserslautern8 Jörg Zimmermann, Stadtentwässerung Kaiserslautern, Prof. Robert Jüpner, TU Kaiserslautern9 Fritz Hatzfeld, Hydrotec Aachen10 Jörg Zimmermann, Stadtentwässerung Kaiserslautern, Prof. Robert Jüpner, TU Kaiserslautern11 Jörg Zimmermann, Stadtentwässerung Kaiserslautern, Prof. Robert Jüpner, TU Kaiserslautern12 Jörg Zimmermann, Stadtentwässerung Kaiserslautern, Prof. Robert Jüpner, TU Kaiserslautern13 Jörg Zimmermann, Stadtentwässerung Kaiserslautern, Silja Worreschk, TU Kaiserslautern14 Fritz Hatzfeld, Hydrotec Aachen - geändert15 Jörg Zimmermann, Stadtentwässerung Kaiserslautern, Silja Worreschk, TU Kaiserslautern16 Landratsamt Zollernalbkreis17 Stadt Kaiserslautern18 Jörg Zimmermann, Stadtentwässerung Kaiserslautern, Silja Worreschk, TU Kaiserslautern19 Prof. Volker Heidt, Universität Mainz20 Dr.-Ing. Marc Illgen, Dahlem Beratende Ingenieure Darmstadt21 Ettrich et al. 200722 André Assmann, geomer GmbH Heidelberg23 André Assmann, geomer GmbH Heidelberg24 Stadt Bad Waldsee25 Wirtschaftsbetrieb Mainz, Projektleitung Neubau26 Stadt Bad Waldsee27 Wirtschaftsbetrieb Mainz, Projektleitung Neubau28 Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz29 Norbert Dreher, Forstrevier St. Blasien30 Norbert Dreher, Forstrevier St. Blasien31 Thorsten Kowalke, <strong>WBW</strong> <strong>Fortbildungsgesellschaft</strong> für Gewässerentwicklung Karlsruhe32 Stadt Buchen33 Achim Braasch, Verbandsgemeinde Bad Hönningen34 Prof. Volker Heidt, Universität Mainz35 Stadt Kaiserslautern36 Stadt Kaiserslautern37 Stadt Kaiserslautern38 Franz Schneider, Quierschied-FischbachFooterfoto Shutterstock, Jeffrey Van Daele51


Deutschhausplatz 155116 MainzTel.: 0 61 31-23 98 183 / 184Fax: 0 61 31 - 23 98 - 13 9E-Mail: ibh@gstbrp.deInternet: www.ibh.rlp.deKarlstraße 9176137 KarlsruheTel.: 0721-824489-20Fax.: 0721-824489-29E-Mail: info@wbw-fortbildung.deInternet: www.wbw-fortbildung.de

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