2 Anleitung zur GefährdungsbeurteilungBewertung der Historie, Begehung des Gemeindegebiets (2.1.1)Auswertung bisheriger <strong>Starkregen</strong>ereignisse anhand von Feuerwehreinsätzen,Presseberichten und anderen AufzeichnungenÖrtliche AnalyseIdentifizierung von GefährdungsbereichenAnalyse der topographischen Gegebenheiten (2.1.2)Identifizierung von• Geländetiefpunkten• oberflächigen Fließwegen und Flutmulden• Zuflüssen von AußengebietenAnalyse des örtlichen Niederschlagsgeschehens (2.1.3)Ermittlung von besonderen Auffälligkeiten im zeitlichen und räumlichenAuftreten von NiederschlägenAnalyse des Entwässerungssystems und der Gewässer (2.1.4)• Abflussverhalten befestigter und unbefestigter Flächen• Analyse des Kanal- und GewässernetzesAnalyse der Bebauungsstruktur und Infrastruktur (2.1.5)• Bebauungsdichte und Versiegelungsgrad• Verfügbarkeit von Freiflächen• Anordnung, Höhenlage und Gestaltung der GebäudeUntersuchungen zum Schadenspotenzial (2.1.6)Bewertung und grobe Kategorisierung nach möglichen SchädenIdentifikation potenzieller Risikobereiche (2.1.7)Zusammenfassende Beurteilung der bisherigen ErkenntnisseSimulationstechnische AnalysePotenzielleRisikobereicheVorrangige RisikobereicheVereinfachte hydraulische Simulation (2.2.1)• Erstellung einer Niederschlags-Abfluss-Bilanz• GIS-basierte Abschätzung von Fließwegen• gegebenenfalls Identifikation vorrangiger ÜberflutungsbereicheDetaillierte hydraulische Simulation (2.2.2)• weitere Eingrenzung der Überflutungsbereiche• Aufstellung eines hydraulischen AbflussmodellsVerfeinerte Eingrenzung der Risikobereiche (2.2.3)Dokumentation der Gefahren- und Risikobereiche in KartenEntwicklung und Bewertung möglicher MaßnahmenoptionalAbb. 7: Typische Bearbeitungsschritte einer Gefährdungsanalyse12
2.1 Örtliche AnalyseDie örtliche Analyse besteht in der genauen Erfassungund Bewertung verschiedener lokaler Gegebenheiten.Für die meisten Gemeinden wird diesbereits ausreichen um aufzuzeigen, ob Überflutungsgefahrenbestehen und daher Maßnahmen zur<strong>Starkregen</strong>vorsorge getroffen werden müssen.2.1.1 Bewertung der Historie, Begehung desGemeindegebietsSofern in einer Gemeinde in der jüngeren Vergangenheitein <strong>Starkregen</strong>ereignis stattgefunden hat,sind vor allem die daraus gewonnenen Erfahrungenauszuwerten und als Grundlage für weitere Untersuchungenheranzuziehen. Anderenfalls kann auf dieDokumentation historischer Ereignisse oder die Berichtevon Zeitzeugen zurückgegriffen werden. Stehenweder aktuelle noch historische Daten zur Verfügung,kann anhand des Schemas in Abbildung 7eine Abschätzung der Überflutungsgefahr und möglicherGegenmaßnahmen erfolgen.Ein Mitarbeiter der Verwaltung – bevorzugt aus demBauamt – übernimmt federführend die Aufgabe, gemeinsammit Kollegen aus anderen Fachbereichendie entsprechenden Informationen zusammenzutragenund Überlegungen anzustellen.Zur vorläufigen Gefährdungseinschätzung erfolgteine Begehung des Gemeindegebiets, an der Vertreterdes Bauamts, des Bauhofs, der Feuerwehrund anderer zuständiger Stellen sowie interessierteAnwohner teilnehmen. Dabei werden Erfahrungenaus vergangenen <strong>Starkregen</strong>ereignissen erfasst unddokumentiert. Folgende Fragestellungen sind vonInteresse:• Woher kam die Überflutung, und was warenihre hauptsächlichen Ausgangspunkte (Außengebiet,Gewässer, Kanalisation)?• Welche Ortsteile wurden überschwemmt?• Welche Örtlichkeiten waren besonders betroffen,an welchen Standorten waren dieSchäden besonders groß ?2.1.2 Analyse der topographischenGegebenheitenGefährdete Bereiche können oft vor Ort identifiziertwerden, etwa aufgrund ihrer Lage am Gewässeroder am Geländetiefpunkt der Gemeinde.Aus vorhandenen Karten lässt sich diese Informationleicht entnehmen, denn die topographischenGegebenheiten beeinflussen maßgeblich die Abflussentstehungund das Abflussverhalten. Von Überschwemmungenbedroht sind vor allem Geländetiefpunkte,an denen sich das Wasser sammelt, aberauch oberflächige Fließwege von wild abfließendemWasser, existierende Flutmulden sowie Wegenetzeund Bachläufe.Als Beispiel zeigt der Kartenausschnitt in Abbildung8 die topographische Situation von Kaiserslautern-Mölschbach.Der Stadtteil Mölschbach liegtin einem Talkessel, in den mehr als 800 ha Außenbereichsflächeentwässern. Seine Teileinzugsgebietesind vorwiegend bewaldet und in der Nähe derOrtslage teilweise als Wiesenflächen ausgeprägt. ImGebiet verlaufen drei relevante Gewässer, die innerhalbder Ortslage stellenweise verrohrt sind.Abb. 8: Topographische Karte des Gesamteinzugsgebietsvon Kaiserslautern-Mölschbach mit TeileinzugsgebietenIm Juli 2006 kam es aus über die Ufer getretenenBächen und durch Fließwege außerhalb der Gewässer,vornehmlich im Straßenraum, zu massivenÜberflutungen. Dabei wurden Schäden nicht nur inufernahen Bereichen an den Gewässern registriert,sondern auch in Gebieten, in denen keine Gewässerüberlastungenauftraten. In diesen Fällen war dieBebauung direkt aus den angrenzenden Außenbereichenüberflutet worden.13