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2007 Weihnachten - Nikolaus - Cusanus - Haus

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<strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>Freies Altenheim e.V.Lebensgemeinschaft im Alter<strong>Haus</strong>zeitung■■Generationen-Konflikt?Vegetarische Ernährung<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>


2<strong>Haus</strong>zeitungINHALT:SeiteAktuelles in Kürze aus dem NCH ............................................................. 5Neue Bewohner ................................................................................................... 9Drei merkwürdige Gäste und ein guter Stern ..................................... 10Totengedenken .................................................................................................... 13„Ein Grund mehr, um weiterzumachen“ ............................................... 14Altenhilfe – ein ungeliebtes Kind ... ........................................................ 17Mitarbeiter ............................................................................................................. 20Das Märchen von der Angst ........................................................................ 22Winternacht in den Ardennen ..................................................................... 24Veranstaltungen ................................................................................................. 30Farbtupfer im Alltag ........................................................................................ 34Jeder Mensch ist ein Künstler .................................................................... 41Andreas Bockemühl stellt sich vor ... .................................................... 45Neue Bücher in unserer Bibliothek ......................................................... 49Unsere Jubilare ................................................................................................... 59Herausgeber: NIKOLAUS-CUSANUS-HAUS,Freies Altenheim e.V., Lebensgemeinschaft im Alter,Törlesäckerstraße 9, 70599 Stuttgart-BirkachTelefon 0711 / 45 83 - 0Auflage Nr. 50: 800Redaktion: Stefanie Heckle, Annedore Hennig, Andrea Nickel,Ursula Schütt, Heinz Bollinger, Sören Hirning,Eckehard RauchFür die Beiträge unserer Bewohnerinnen und Bewohnerdanken wir herzlich.Spendenkonto: Nr. 100 555 004 Volksbank Esslingen (BLZ 61190110)


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>3Die Weltgedanken zu erfassen,Entreißt dem Leib die SeeleUnd löst in ihr den Geist.Den Seelenwillen am WeltgedankenEntzünden, und im WollenZur Welt zurückzuwenden,Was sie dem Denken geben mag:Befreit in LiebesschöpferkraftDen Menschen durch die Welten,Die Welten durch den Menschen.Rudolf Steiner


4<strong>Haus</strong>zeitungSehr verehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,wir freuen uns und sind zugegebenermaßen auch ein bisschen stolz darauf, Ihnenheute bereits zum fünfzigsten Male unsere <strong>Haus</strong>zeitung vorlegen zu können. Siehalten damit sozusagen eine Jubiläumsausgabe in Händen.Erste entsprechende Überlegungen gab es schon bald nach Eröffnung unseres <strong>Haus</strong>es,allein die anstehenden Aufgaben waren so vielfältig, dass sie zusätzliche Arbeitenzunächst unmöglich machten. Gemeinsam waren wir aber immer der Auffassung,dass aufgeschoben nicht aufgehoben bedeuten könne und dürfe.Im August 1995 war es dann endlich so weit. Der Urlaub in der Umgebung von„böhmischen Dörfern“, in einsamer Weltabgeschiedenheit am Orlikstausee, der aufgestautenMoldau etwa 80 Kilometer südlich von Prag, war glücklicherweise mehrinspirierend als irritierend und konnte so u. a. dazu genutzt werden, den ersten bescheidenenPrototyp unserer <strong>Haus</strong>zeitung zu entwickeln, den wir unserer Leserschaftdann zu Michaeli als Ausgabe 1 präsentieren konnten. Seither hat unsere kleine Redaktionohne jegliche Unterbrechung jeweils viermal im Jahr eine neue Ausgabe erarbeitet.Allen Beteiligten gebührt an dieser Stelle hierfür ein ganz herzlicher Dank.Ob wir den Erscheinungsrhythmus in gewohnter Weise wie bisher auch in Zukunftaufrecht erhalten können, muss derzeit offen bleiben. Die täglich zu bewältigendenAufgaben, der Arbeitsanfall insgesamt, sind in den vergangenen Jahren deutlichumfangreicher, komplexer und arbeitsintensiver geworden. Die Erstellung einer<strong>Haus</strong>zeitung bindet zunehmend Zeit, Energie und Kreativität, die an anderer Stelledringender erforderlich sind. So werden vielleicht bald nur noch zwei oder drei Ausgabenjährlich möglich sein, aktuelle Informationen könnten wir unserer Leserschaftbei Bedarf jeweils in vereinfachter Form zur Verfügung stellen.In jedem Fall hoffen wir, dass die vorliegende fünfzigste Ausgabe ein wenig IhrInteresse finden wird, und wünschen Ihnen, sehr verehrte, liebe Leserinnen undLeser, ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest sowie alles Gute im kommendenJahr.gezeichnetHeinz BollingerUrsula Schütt


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>5Aktuelles in Kürzeaus dem <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>Der diesjährige Sommer konnte uns ja nicht sonderlich erfreuen. Und selbst beiunserem traditionellen Hoffest – gegenüber im Hof von Familie Schwaiger – zu demdie Sonne in den letzten Jahren immer strahlte, wollten sich keine entsprechenden„Hocketsebedingungen“ einstellen. So ergab sich für alle Beteiligten etwas Neuesund Ungewöhnliches: ein „Hoffest im Restaurant“! Und obwohl es ein schönerNachmittag war, wünschen wir uns für nächstes Jahr wieder ein richtiges Hoffestauf dem Bauernhof!Dafür verwöhnte uns der Oktober mit strahlenden Tagen und blauem Himmel.Beim Rundgang im Garten bot sich den Spaziergängern eine Fülle von Früchten undeine Farbenvielfalt der Blätter. Fotografisch hat dies unser Bewohner, Herr Gansel,meisterlich festgehalten. So erklangen viele freudige und staunende Stimmen, alswir die Dias bei Frau Glücks „Gartenrundgang in der Bewohnerversammlung“ bestaunten.– Übrigens sind die Fotos auch am Empfang zu erwerben.Über 50 Ausstellungen waren in den letzten 15 Jahren im <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>zu sehen. Unterschiedlichste Malereien, Skulpturen aus Bronze, Holz und Steinwurden dargeboten. In diesem Reigen vielfältiger Kunstwerke haben die künstlerischenArbeiten unserer Bewohnerinnen und Bewohner ihren eigenen und berechtigtenPlatz gefunden. Umso mehr freuen wir uns, dass die diesjährige Sonderausstellungnicht nur an Exponaten umfangreicher ist, den weiten Bogen von der Malereibis zur Dichtung umspannt und wir nicht nur künstlerisch tätige Bewohner, sondernauch Künstler im Kreise der Mitarbeiterschaft haben. Ein herzliches Dankeschön analle Künstler – und einen besonderen Dank auch an die Mitglieder unseres Ausstellungskreises.(Siehe auch Artikel ab Seite 41)Am 6. November <strong>2007</strong> fand leider die letzte Spielegruppe von Frau Schrimpf undFrau Hafner statt. 15 Jahre lang war die Spielegruppe mit sieben bis zehn TeilnehmerInnen– zuerst einmal im Monat, dann 14-tägig – eine gern besuchte undgeliebte Aktivität, auf die sich viele unserer pflegebedürftigen BewohnerInnen freuten.Wobei der Begriff Spielegruppe für Außenstehende vielleicht etwas irreführendist. Die spielerische Aktivierung und Erhaltung von körperlichen, seelischen undgeistigen Fähigkeiten stand immer im Mittelpunkt der Nachmittage im Wohnzimmerauf der Ebene 4. Es wurde gebastelt, geraten und gerätselt, sich rhythmisch zur


6<strong>Haus</strong>zeitungMusik bewegt, gesungen und musiziert, und nicht zuletzt war das freudige Sich-Begegnen ein wesentliches Element. Ein ganz herzliches Dankeschön im Namen des<strong>Haus</strong>es – und im Namen der TeilnehmerInnen der Spielegruppe – an Frau Hafnerund Frau Schrimpf. Tröstlich ist, dass Frau Schrimpf weiterhin im „kleineren Kreis“für unsere Bewohnerinnen und Bewohner zur Verfügung steht.Abschiedsfoto (von links) mit Frau Ebert, Frau Schrimpf,Frau Bebion, Frau Gitschier, Frau Hafner, Frau Ortliebund Frau J. Wagner im Wohnzimmer Ebene 4Zu Martini fand – wie gewohnt und bewährt – der Martini-Markt unserer Bewohnerinnenund Bewohner statt. Neu in diesem Jahr waren die Verkaufszeiten von14.30 Uhr bis 18.00 Uhr. Die Neuerung wurde von unseren Besuchern und „Stammgästen“angenommen, und wir können sagen, dass es wieder ein „etwas turbulenterFest-Tag“ war, der trotzdem von einer schönen Stimmung getragen wurde. Auchwenn dieses Mal die Zahl der Stände leicht zurückgegangen ist, ist wieder ein ansehnlicherErtrag zusammengekommen, der ja der Lebensgemeinschaft im <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>zu Gute kommt. Unser herzlicher Dank gilt all den fleißigenHelfern, die monatelang auf diesen Tag hingearbeitet haben, und die Jahr für Jahrzum Gelingen beitragen, sowie den großzügigen Käufern, die den schönen und buntenKunstwerken nicht widerstehen konnten! Ein Dankeschön auch an unseren<strong>Haus</strong>chor für das musikalische Ende der Veranstaltung.


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>7Unsere Mitarbeiterversammlung Mitte November stand unter dem Thema Altersvorsorge.Seit 1992 ist das <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong> Mitglied beim VBLU (Versorgungsverbandbundes- und landesgeförderter Unternehmen). Mehr als 3.400 Unternehmenaus dem Umkreis der öffentlichen Einrichtungen mit über 130.000 Mitarbeiternnehmen die Angebote des Verbands in Anspruch. Monatlich wird für jedenBeschäftigten im <strong>Haus</strong>e ein Beitrag in Höhe von 6,9 % des Bruttolohnes an denVBLU abgeführt. Davon trägt der Mitarbeiter ein Drittel, die restlichen zwei Dritteldes Betrages übernimmt das NCH. Diese zweite Säule – neben der staatlichen Rentenversicherung– trägt wesentlich zur finanziellen Absicherung im Rentenalter bei.Ein Vertreter des VBLU informierte uns über die Bedingungen und Leistungen derBetriebsrente, über Rentenbeginn und Auszahlungsmöglichkeiten. Beispielrechnungenmit konkreten Zahlen veranschaulichten den Vortrag und regten zu vielfältigenFragen an.Erfreulich ist, dass die wirtschaftliche Situation des <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>es sichpositiver entwickelte als Anfang des Jahres <strong>2007</strong> erwartet. Die konstante Nachfragenach unseren Heimplätzen, die schnelle Wiederbelegung derselben sowie Zurückhaltungauf der Ausgabenseite ermöglichten es auch in diesem Jahr, unseren MitarbeiterInneneine finanzielle Anerkennung für ihren Einsatz zum Wohle unsererBewohnerInnen sowie des ganzen <strong>Haus</strong>es zukommen zu lassen. Die Weihnachtssonderzahlungbeträgt – wie in den Vorjahren – 82,14 % eines durchschnittlichenMonatsgehaltes.Zukünftig wird aber selbst durch rasche Belegung und Straffung der Ausgaben einausgeglichenes Betriebsergebnis nicht zu erreichen sein. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer,explodierende Energiekosten, die Teuerung im Nahrungsmittelbereichbetreffen uns alle und sind mit Sorge zu betrachten. In diesem Zusammenhang istauch zu berichten, dass eine allgemeine Erhöhung der Pflegesätze seitens derKostenträger in Baden-Württemberg für das Jahr <strong>2007</strong> abgelehnt wurde. DerDPWV hat daraufhin seine Mitglieder – und so auch das <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong> –zu individuellen Pflegesatzverhandlungen im nächsten Jahr aufgefordert. Wirwerden in den ersten Monaten des Jahres 2008 die Kostenträger zu Verhandlungenauffordern, um eine Erhöhung der seit Juli 2002 unveränderten Pflegesätze zuerreichen.Am 15. November fand unser diesjähriger bereichsübergreifender Angehörigenabendstatt. Etwas enttäuscht waren wir über den doch relativ kleinen Teilnehmerkreis!Referentin zum Thema „Wie begegne ich meinem (dementen) Angehörigenim Heim?“ war Frau Annegret Grüninger, Mitarbeiterin im <strong>Haus</strong>e und Vorstands-


8<strong>Haus</strong>zeitungmitglied der Alzheimer-Gesellschaft Baden-Württemberg. Sie sprach sehr lebendigund berichtete von den Erfahrungen mit ihrem verstorbenen, an Alzheimer erkranktenEhegatten und den Betreuungsvormittagen der Alzheimergruppe in Birkach.Seit Jahren laden wir die Angehörigen unserer verstorbenen Bewohnerinnen und Bewohnerzur Feier am Totensonntag. Der Verstorbenen zu gedenken und die Verbindungzu ihnen aufrechtzuerhalten, ist uns ein großes Anliegen. Auch in diesemJahr wurde die Feier wesentlich durch Beiträge aus der Bewohnerschaft getragenund gestaltet. Erfreulich war, dass viele Menschen die Feier miterlebten.Zu früh zeigte sich dieses Jahr der erste Schnee mit kalten Tagen, so dass ein winterlicherAdventsanfang nicht zu erwarten war. Wie in den Vorjahren gab es in derVorweihnachtszeit ein breites Angebot an hauseigenen Veranstaltungen. Darüberhinaus kamen Gäste wie die Kindergruppe der evangelischen Gemeinde Steckfeld,der Posaunenchor Birkach und die Flötengruppe der Karl Schubert-WerkstättenBonlanden, um unsere Bewohnerschaft mit Geschenken, weihnachtlichen Wünschenund musikalischen Darbietungen zu erfreuen. Und auch dieses Jahr gelang esdankenswerterweise wieder, Kumpaneien aus der Mitarbeiterschaft zu finden unddie Oberuferer Weihnachtsspiele – in unkonventioneller Rollenbesetzung – aufzuführen.Eckehard Rauch


10<strong>Haus</strong>zeitungDrei merkwürdige Gäste und ein guter SternDie vornehmen Leute aus dem Osten hatten den Stall und die Krippe noch nichtlange verlassen, da trug sich eine seltsame Geschichte in Bethlehem zu, die in keinemBuch verzeichnet ist.Wie die Reitergruppe der Könige gerade am Horizont verschwand, näherten sichdrei merkwürdige Gestalten dem Stall. Die erste trug ein buntes Flickenkleid undkam langsam näher. Zwar war sie wie ein Spaßmacher geschminkt, aber eigentlichwirkte sie hinter ihrer lustigen Maske sehr, sehr traurig. Erst als sie das Kind sah,huschte ein leises Lächeln über ihr Gesicht. Vorsichtig trat sie an die Krippe heranund strich dem Kind zärtlich über das Gesicht.„Ich bin die Lebensfreude“, sagte sie. „Ich komme zu dir, weil die Menschen nichtsmehr zu lachen haben. Sie haben keinen Spaß mehr am Leben. Alles ist so bitterernstgeworden.“ Dann zog sie ihr Flickengewand aus und deckte das Kind damitzu. „ Es ist kalt in dieser Welt. Vielleicht kann dich der Mantel des Clowns wärmenund schützen.“Darauf trat die zweite Gestalt vor. Wer genau hinsah, bemerkte ihren gehetztenBlick und spürte, wie sehr sie in Eile war. Als sie aber vor das Kind in der Krippetrat, schien es, als falle alle Hast und Hektik von ihr ab. „Ich bin die Zeit“, sagte dieGestalt und strich dem Kind zärtlich über das Gesicht.„Eigentlich gibt es mich kaum noch. Die Zeit, sagt man, vergeht wie im Flug. Darüberhaben die Menschen aber ein großes Geheimnis vergessen. Zeit vergeht nicht,Zeit entsteht. Sie wächst wie Blumen und Bäume. Sie wächst überall dort, wo mansie teilt.“ Dann griff die Gestalt in ihren Mantel und legte ein Stundenglas in dieKrippe. „Man hat wenig Zeit in dieser Welt. Diese Sanduhr schenke ich dir, weil esnoch nicht zu spät ist. Sie soll dir ein Zeichen dafür sein, dass du immer so viel Zeithast, wie du dir nimmst und anderen schenkst.“Dann kam die dritte Gestalt an die Reihe. Die hatte ein geschundenes Gesicht vollerdicker Narben, so als ob sie immer und immer wieder geschlagen worden wäre. Alssie aber vor das Kind in der Krippe trat, war es, als heilten die Wunden und Verletzungen,die ihr das Leben zugefügt haben musste. „Ich bin die Liebe“, sagte dieGestalt und strich dem Kind zärtlich über das Gesicht.


________________________________________________________________________________________________________________ 11<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>„Es heißt, ich sei viel zu gut für diese Welt. Deshalb tritt man mich mit Füßen undmacht mich fertig.“ Während die Liebe so sprach, musste sie weinen, und drei dickeTränen tropften auf das Kind. „Wer liebt, hat viel zu leiden in dieser Welt. Nimmmeine Tränen. Sie sind wie das Wasser, das den Stein schleift. Sie sind wie der Regen,der den verkrusteten Boden fruchtbar macht und selbst die Wüste zum Blühenbringt.“Da knieten die Lebensfreude, die Zeit und die Liebe vor dem Kind des Himmels.Drei merkwürdige Gäste brachten dem Kind ihre Gaben dar. Das Kind aber schautedie drei an, als ob es sie verstanden hätte.Plötzlich drehte sich die Liebe um und sprach zu den Menschen, die dabeistanden:„Man wird dieses Kind zum Narren machen, man wird es um seine Lebenszeitbringen und es wird viel leiden müssen, weil es bedingungslos lieben wird. Aberweil es Ernst macht mit der Freude, und weil es seine Zeit und Liebe verschwendet,wird die Welt nie mehr so wie früher sein. Wegen dieses Kindes steht die Welt untereinem neuen, guten Stern, der alles andere in den Schatten stellt.“Darauf standen die drei Gestalten auf und verließen den Ort. Die Menschen aber, dieall das miterlebt hatten, dachten noch lange über diese rätselhaften Worte nach ...Autor der Redaktion nicht bekannt


12 ________________________________________________________________________________________________________________<strong>Haus</strong>zeitungWinternachtVerschneit liegt rings die ganze Welt,Ich hab nichts, was mich freuet,Verlassen steht der Baum im Feld,Hat längst sein Laub verstreuet.Der Wind nur geht bei stiller NachtUnd rüttelt an dem Baume,Da rührt er seinen Wipfel sachtUnd redet wie im Traume.Er träumt von künft’ger Frühlingszeit,Von Grün und Quellenrauschen,Wo er im neuen BlütenkleidZu Gottes Lob wird rauschen.Joseph von Eichendorff


14<strong>Haus</strong>zeitungVor etwa drei Jahren haben sich 19 Einrichtungen aus dem Umkreis in der„Gemeinschaftsinitiative Stuttgarter Pflegeheime“ zusammengeschlossen; auch das<strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong> ist Mitglied in diesem Kreis. Ziel der Gemeinschaftsinitiativeist es, das ehrenamtliche Engagement in Pflegeheimen zu stärken.Die Initiative führte mehrere Einführungskurse für HelferInnen und im September2006 – im Rahmen der „Ausstellung Pflegekunst“ – eine Podiumsdiskussiondurch. Dieses Jahr fand am 25. Oktober <strong>2007</strong> ein Fachtag unter dem Motto „Ohneuns geht nichts“ statt.Wir danken Frau Braun (Sozialamt Stuttgart) für den Text und die Bilder. DieKommentare zu den Bildern schrieb die Redaktion.e.r.„Ein Grund mehr, um weiterzumachen“Erster Stuttgarter Fachtag zur Zusammenarbeit von Profis undEhrenamtlichen in Pflegeheimen war ein voller ErfolgRund einhundert Haupt- und Ehrenamtliche aus 21 Stuttgarter Pflegeheimen sindam vergangenen Donnerstag der Einladung der „Gemeinschaftsinitiative StuttgarterPflegeheime“ in die Hans-Rehn-Stiftung gefolgt und haben sich einen Tag lang zurZusammenarbeit innerhalb der unterschiedlichen Berufs- und Ehrenamtsgruppen inHeimen Gedanken gemacht.Frau Professor Dr. Ursula Lehr, die ehemalige Bundesfamilienministerin undDozentin für Altersfragen hat in eindrucksvoller Weise die aktive Rolle der älterenBevölkerung und deren Bedeutung für die nahe Zukunft hervorgehoben.Am Nachmittag haben sich die TeilnehmerInnen in Workshops mit typischen Situationen,die in Pflegeheimen Alltag sind, auseinandergesetzt und neue Möglichkeitender Begegnung zwischen Professionellen und Ehrenamtlichen durchgespielt. Esging um das Kennenlernen einer achtsamen Gesprächskultur, die beim Umgang mitsich selbst beginnt, um die Reflexion des eigenen Verhaltens und um das der anderen.


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>15Frau Fischer, Frau Hassenpflug und Herr Fries(HelferInnnen im NCH) beim PausengesprächHaupt- und Ehrenamtliche dürfen nicht allein gelassen werden, sie brauchen Begleitungund Supervision, um sich verstehen zu können. „Es ist, als würden sichzwei Welten begegnen, die sich völlig fremd sind“, so eine Workshopteilnehmerin.Der Fachtag machte sehr deutlich, dass die Arbeit der Hauptamtlichen und dasEngagement der Ehrenamtlichen unter oft schwierigen Bedingungen stattfinden.Beide Seiten kennen sich nicht ausreichend, die Zeit ist knapp. Vieles läuftnebeneinander her. Deutlich wurde in den Workshops auch, wie komplex undvielfältig ein Heimalltag aussieht. Wenn man die unterschiedlichen Personengruppenanschaut, die in einem Heim ein und aus gehen, wirken die Heime wiekleine – nach außen abgeschlossene – Dörfer, aber mit einem regen und buntenInnenleben.Der Fachtag war ein Erfolg, das Interesse von Professionellen und Ehrenamtlichengroß. Die 21 von 53 Stuttgarter Pflegeheime werden weiter auf die Hilfe von Ehrenamtlichenbauen und die Kooperation fördern und pflegen.


16<strong>Haus</strong>zeitung„Dort, wo Heime sich aus eigener Motivation öffnen und sich gemeinsam auf denWeg machen, da kann Vertrauen entstehen. Das ist ein Beitrag zu mehr Lebensqualität“,so der Sozialamtsleiter Walter Tattermusch.


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>17Altenhilfe – ein ungeliebtes Kind und gleichzeitignotwendiges Übel unserer GesellschaftZu Recht sagt man der Altenhilfe – Einrichtungen wie insbesondere den MitarbeiterInnen– ein weit überdurchschnittlich hohes Maß an Sensibilität nach. Für uns istdies zunächst durchaus ein Zeichen der Stärke, weil es sich dabei unseres Erachtensum eine elementare Grundvoraussetzung für den angemessenen Umgang mit pflegebedürftigenund anderen meist hochbetagten Menschen handelt.Aber wie allgemein bekannt: Jede Stärke wird von einer korrespondierendenSchwäche begleitet. Handelt es sich „in unserem Fall“ vielleicht um eine Art Überempfindlichkeitgewissen Dingen gegenüber, bzw. haben wir Schwächen im Umgangmit Kritik?Wie sonst wäre unsere tiefe Betroffenheit nach der Veröffentlichung des Pflegeberichtsdes MDK Anfang September zu erklären? Bereits zum wiederholten Malewurde festgestellt, dass es stationäre wie ambulante Einrichtungen gibt, die dieihnen anvertrauten Menschen massiv vernachlässigen, bis hin zu Unterernährungund ungenügender Flüssigkeitszufuhr. Auch wird von katastrophalen Fehlern direktergrundpflegerischer Maßnahmen, wie beispielsweise die Dekubitusprophylaxebetreffend, berichtet. Als Hauptgrund für die Missstände wird immer wieder „zuwenig und zu schlecht ausgebildetes Personal“ genannt.Verständlich, dass ein Aufschrei der Empörung durch Politik und Gesellschaft ging,wieder einmal wurden unter anderem als Sofortmaßnahme häufigere unangesagteKontrollen in den Heimen gefordert. Die entsprechenden Ergebnisse sollen anschließendveröffentlicht werden, um die sogenannten „schwarzen Schafe“ kenntlichzu machen.Doch zurück zu unserer „Überempfindlichkeit“. Letztendlich richten sich die Vorwürfeseit Jahren gegen die gesamte Altenhilfe, permanent steht sie unter teilweiseunsachlicher Kritik. Diese Situation zehrt mehr und mehr an den Nerven der Verantwortlichen– und vor allem der PflegerInnen – und wird zu einer immer größerwerdenden psychischen Belastung.Und trotzdem: All die Vorwürfe können das NIKOLAUS-CUSANUS-HAUS nichtwirklich treffen. Dass dem so ist, verdanken wir neben einer immer noch engagiertenund hochmotivierten Mitarbeiterschaft sowie einigen – zugegebenermaßen –


18<strong>Haus</strong>zeitungbesonders glücklichen Umständen auch unserem intakten und äußerst positivenUmfeld. Diese Tatsache hat selbstverständlich wiederum Auswirkungen nach innen,es strahlt quasi etwas zurück. So verwundert es nur bedingt, dass in einer anonymenBefragung im Januar 2006 nahezu 90 % unserer BewohnerInnen auf die Frage:„Fühlen Sie sich im <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong> wohl?“ mit ja geantwortet haben.Im Sinne einer größtmöglichen Transparenz hätten wir selbstverständlich keinerleiSorgen oder Befürchtungen, wenn künftig Prüfberichte unseres <strong>Haus</strong>es veröffentlichtwerden würden. Immer wieder wird uns die besondere Güte und Qualität unsererArbeit nach unangesagten Kontrollen mündlich bestätigt, schriftliche Berichtewerden derzeit aber nur erteilt, wenn es Mängel aufzuzeigen gilt.Die nun schon jahrelang andauernden Diskussionen um die Altenhilfe sowie hektischeund sich teilweise widersprechende Gesetzgebungsverfahren haben unter anderemdazu geführt, dass die in der Branche Beschäftigten zunehmend unter einer Art„Schlechtes-Gewissen-Syndrom“ leiden. „Mache ich alles richtig, dokumentiere ichvollständig, was habe ich vergessen – und falls ich etwas vergessen habe, merkt eshoffentlich niemand“ – was aber bei der Vielzahl der Überprüfer und Überwacher,von den Betroffenen selbst über Angehörige, Vorgesetzte, Heimbeirat, Ärzte und dieverschiedensten öffentlichen Kontrollorgane, äußerst unwahrscheinlich ist.Wenn unsere Situation nicht so ernst, ja geradezu bedrohlich wäre, könnte man sichkopfschüttelnd abwenden und versuchen, unaufgeregt seiner täglichen Arbeit nachzugehen.Die Realität hingegen besteht darin, dass es seit Jahren keine Verlässlichkeitder Politik gegenüber der Altenhilfe und damit keine Planungssicherheitmehr gibt. Niemand in den Einrichtungen vermag eine noch so kurzfristige Zukunftsprognoseabzugeben.„Den Esel schlägt man, und den Bauern meint man“, sagt der Volksmund. „Wasnicht sein darf, kann nicht sein“ geht in eine ähnliche Richtung. Jeder, egal obPolitiker, Pflegekassenmanager oder sonstige Fachleute – von denen es zahlenmäßignur noch beim Thema Fußball mehr zu geben scheint – weiß um die unabänderlichezahlenmäßige Zunahme der Hilfsbedürftigen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten,mit der zwangsläufigen Folge, dass diese Tatsache unsere Gesellschaft inZukunft „noch deutlich mehr Geld kosten wird als schon heute“. Genau das aber, sohat man den Eindruck, soll weitestgehend verhindert werden.Auch vor diesem Hintergrund wird der Altenhilfe – manchmal von ihr allzu bereitwilligangenommen – seit Jahren die Rolle des Buhmannes zugewiesen, was unter


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>19anderem logischerweise zu einem ganz erheblichen Imageverlust geführt hat. Wenkann es so noch verwundern, dass es immer schwieriger wird, Arbeitsplätze mitqualifizierten MitarbeiterInnen zu besetzen? Unattraktive Arbeitszeiten, vergleichsweisemehr als bescheidene Entlohnung, Arbeit unter hoher psychischer Belastungusw. Wer wird sich das in Zukunft unter den genannten Bedingungen noch antunwollen? Um im Klartext zu reden: Bereits heute hinterlässt die überwiegende Anzahlder Bewerbungen, die uns erreichen, einen geradezu katastrophal schwachenEindruck. Dies gilt vor allem für Bewerbungen zur Ausbildung zum/zur AltenpflegerIn.Nach unseren Beobachtungen bewerben sich in der Altenhilfe nur noch dieallerschwächsten Hauptschulabgänger – wenige Ausnahmen bestätigen die Regel.Ganz deutlich zeichnet sich ein Pflegenotstand ab, das heißt, es werden in Zukunftmassiv MitarbeiterInnen fehlen. Qualifizierte Fachkräfte aus den neuen EU-Ostländernerhalten bei uns mit der Begründung, „dass schließlich genügend deutscheBewerberInnen zur Verfügung stehen“, keine Arbeitserlaubnis! Ingenieure hingegensind uns willkommen, sie tragen nämlich – zum Wohle von uns allen – zum weiterenWirtschaftswachstum bei. Hinter dieser Differenzierung kann man nur die jahrhundertealtetraditionelle Vorstellung vermuten, dass pflegen jede(r) kann und essich im Übrigen eigentlich um einen klassischen Akt christlicher Nächstenliebe handelt,der nichts bis höchstens wenig kosten kann und darf.An dem Widerspruch zwischen Forderungen und Erwartungen einerseits und dertäglichen Arbeitsrealität andererseits verzweifeln zunehmend MitarbeiterInnen wieEinrichtungen. Freude und Zufriedenheit bei seiner Tätigkeit zu empfinden, ist leiderlängst keine Selbstverständlichkeit mehr. Was uns alle noch zusammenschweißt,ist die Verantwortung für die uns anvertrauten alten Menschen in unserer Lebensgemeinschaftim Alter. Das war, ist und wird immer eine hoch anspruchsvolle Aufgabebleiben, für die wir uns auch in Zukunft mit ganzer Kraft einsetzen werden.Die großen Sorgen im Zusammenhang mit den schlechten Rahmenbedingungen, dieFrage nach den geeigneten MitarbeiterInnen der Zukunft etc. erleben wir allerdingsals existenzielle Bedrohung, die uns immer öfter den Schlaf raubt.„Der Wert einer Gesellschaft zeigt sich gerade darin, wie sie mit ihren Schwachenund Kranken umgeht“, sagt schon ein altes chinesisches Sprichwort.Heinz Bollinger


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>21Ihr 10-jähriges Jubiläum im NIKOLAUS-CUSANUS-HAUS feiern in diesen Tagen:Im Januar 2008Strobel, MartinKücheIm März 2008Held, Michael Pflegebereich E 3Hennig, AnnedoreVerwaltungIhr 15-jähriges Jubiläum im NIKOLAUS-CUSANUS-HAUS feiern in diesen Tagen:Im Februar 2008Reuschenbach, Cornelia<strong>Haus</strong>wirtschaftIm März 2008Yazici, HaticeKücheGanz herzlich gratulieren wir unserer MitarbeiterinAnnett Cremer zur Geburt ihrer Tochter Joleen undwünschen ihr alles Gute!


22<strong>Haus</strong>zeitungDas Märchen von der AngstEs war einmal ein junger Bursche, gesund und gerade gewachsen, mit klugem Kopfund tüchtigen Händen. Aber er wurde doch im ganzen Dorf gehänselt und verspottet,weil er – immer wieder ein Hasenfuß – vor so vielen Dingen oder MenschenAngst hatte. Die ließ ihn bleich werden, seine Hände kraftlos, den Kopf leer. Er fingzu zittern an, trotz aller Scham vor dem Gelächter der anderen.Der Junge arbeitete bei einem Schmied und machte seine Arbeit gut. Aber kam einBauer und sagte grinsend zu ihm: „Pass auf, dies Pferd ist besonders gefährlich!“ –war er oft nicht fähig, seine Arbeit zu tun. Und er lief gar einmal vor den anderenBurschen davon, die ihn zu schlagen drohten, um ihm die Angst auszutreiben.Eines Abends saß der Junge ganz traurig draußen bei einem Schafhirten, weitab vomDorf, und meinte: „Wenn ich doch bloß etwas wüsste, das mir armem Menschennoch helfen könnte“... Der alte Hirte sah ihn lange aufmerksam und schweigend an,legte dann seine Pfeife zur Seite und griff nach einem Stein, der geheimnisvollglitzernd neben ihm im Grase lag. „Schau dir den an, mein Junge, siehst du dasgeheimnisvolle Feuer in ihm? Weißt du, welche Kraft und Härte so ein Stein hat?Du vertrautest mir immer, glaube mir auch diesmal. Stecke ihn ein, und du wirst esspüren: wenn die Angst wieder in dir aufkommen will, wie seine Härte und Kraftauf dich übergehen. Behalte ihn in deiner Tasche, und du sollst bald merken, dass dukeine Angst mehr bekommen oder schnell mit ihr fertig werden wirst.Zögernd steckte der Junge den Stein in die Tasche, dankte höflich und wollte gehen.Der Schäfer hatte unbemerkt ein glühendes Scheit Holz an das Rad seines Karrensgeschoben, unter dem er lag, und plötzlich schlugen die Flammen am Rad in dieHöhe. „Vorsicht!“ schrie der Bursche und sprang geschwind auf die Füße, „deinKarren brennt!“ Gelassen blieb der Schafhirt sitzen und sah den Jungen ruhig an.„Gewiss, er kann bald auf mich fallen, aber du hast ja jetzt den Stein!“Nur noch einen Augenblick stand der Junge wie erstarrt, fühlte die ruhigen Augendes Schäfers fest auf sich gerichtet, den Stein in seiner Tasche, – schon sprang er vorund riss den Alten unter dem Karren hervor, der kurz danach auf der einen Seitezusammenbrach. Sie löschten beide, so gut es ging. „Morgen beschlägst du mir einneues Rad als Bezahlung für den Stein“, meinte der Schafhirt. Erstaunt sah derJunge auf den Stein in seiner Hand und begann fröhlich zu lachen: „Das mache ich,da habe ich billig ein Wunder bekommen.“ Der Schäfer lächelte ihm nach, als erdavonlief, dem Dorfe zu.


________________________________________________________________________________________________________________ 23<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>Kein Pferd war dem jungen Schmied mehr zu wild, vor keinem noch so starkenBurschen, keinem Unwetter lief er davon. Sogar seinem strengen Meister bot er dieStirn und forderte kühn seinen Lohn, den der – erstaunt über die Veränderung seinesGehilfen – ohne sein sonstiges Nörgeln und Zögern auch schweigend und genauzahlte. Wie dankbar war der Bursche dem Stein!Nach vielen Wochen kam er wieder hinaus zum alten Hirten. Fröhlich und selbstsicherwollte er ihm noch einmal danken für den Zauberstein. Der Schäfer streckteseine Hand aus: „Gib den Stein noch einmal her!“Da ging der Alte zu einem nahen Feldstein und legte den Stein des Jungen daraufnieder. Er nahm etwas Schweres aus seinem Mantel, schlug auf den Wunderstein einund – der zerbrach in viele Stücke. Mit einem entsetzten Schrei fuhr der Junge hoch.„Was hast du getan, warum bringst du wieder Unglück über mich?“Der Schafhirt drehte sich langsam um und sah den Burschen aus seinen hellenAugen ganz ruhig an. „Das war kein Wunderstein. Es war Glas aus dem Boden einerdicken grünen Flasche. Es hatte weder Härte noch Kraft. Die war nur in Dir! Dumusstest lernen, an sie zu glauben und ihr zu vertrauen, das war das Wunder! Endlichglaubtest du an deinen Mut und eigene Stärke. Und nur deshalb hattest du beides.Du brauchst keinen Stein mehr, nur den Glauben an dich und das Wissen umdich musst du behalten!“Lange saß der Junge stumm neben dem alten Hirten und sah mit ihm in dieFlammen des kleinen Feuers, das auch heute wieder brannte. Als er sich endlicherhob, gab er dem Schäfer die Hand: „Danke“, sagte der Junge – und noch einmal„danke!“ Dann ging er langsam zurück ins Dorf, den Kopf hoch im Nacken, damiter die Sterne sehen konnte.Der Hirte sah ihm auch diesmal lange nach und lächelte.Ingeborg Reintsch


24<strong>Haus</strong>zeitungWinternacht in den ArdennenEine Geschichte aus dem Jahre 1944Ich war zwölf Jahre alt, als wir in einer Aprilnacht 1944 durch einen schwerenBombenangriff auf Aachen obdachlos wurden. Unser Wohnhaus mit der dazugehörendenBäckerei war nur noch ein rauchender Trümmerhaufen. Zusammen mit meinenEltern wurde ich nach Neuwied am Rhein evakuiert. Mein Vater, der BäckermeisterHubert Vincken, wurde dort für die nächsten Monate Backstubenleiter beimObermeister, bis dessen Bäckerei ebenso durch Fliegerschaden ausfiel. Nun drohtemeinem Vater, 48 Jahre alt, die Einberufung zur Wehrmacht, doch der Obermeistersorgte dafür, dass er zur Arbeit in einer Heeresbäckerei dienstverpflichtet wurde. Irgendwoim deutsch-belgischen Grenzgebiet der Ardennen wurde das Brot für diemit Schanzarbeiten am Westwall beschäftigten Baukolonnen gebacken. Dorthinwurde Vater abkommandiert.Durch Frankreich rollte die alliierte Invasion unaufhaltsam ostwärts. Viele glaubten,der Krieg gehe im Herbst zu Ende, und planten, sich von der Front überrollen zu lassen.Je früher, desto besser. Kaum jemand fürchtete den westlichen Gegner. So kammein Vater eines Abends mit einem Kübelwagen der Wehrmacht nach Neuwied, ludmeine Mutter Elisabeth und mich auf und brachte uns in einer stundenlangen Nachtfahrtin seine Nähe.Dort hatte er eine Unterkunft für uns vorbereitet. In einer leerstehenden Baracke der„Organisation Todt“, die einsam und versteckt an einer Lichtung stand, sollten wirdie nächsten drei, vier Wochen ausharren. „Dann haben wir den Krieg hinter uns“,sagte Vater voller Optimismus.Leider sollte sich diese Hoffnung nicht erfüllen. Der Herbst zog sich dahin, dieFront versteifte sich, und im Dezember wagte Hitler seine Ardennenoffensive. Dawaren wir immer noch in unserer Hütte, tief eingeschneit und seit Wochen ohneVerbindung zur Außenwelt. Mein Vater, der uns bis in den November hinein wöchentlichVerpflegung gebracht hatte, kam infolge der Schneewehen nicht mehr zuuns durch.Unsere Hütte hatte zwei verglaste Fenster und einen gemauerten Ofen, auf dem sichauch kochen ließ. Holzscheite lagen bereit. Grundnahrungsmittel hatten wir ausreichend:Kartoffeln, Mehl, Nudeln und Haferflocken. Bevor der Schnee fiel, ging ichoft ins Tal zu einer Kartoffelmiete, an der die Wildschweine ein Loch gebuddelt hat-


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>25ten. Dort holte ich im Rucksack Kartoffeln, soviel und so oft ich nur konnte. In einemverlassenen Gehöft fand ich eine Menge Kerzen und einen einsamen, hungrigenHahn, der mir wie ein Hündchen folgte. Sein Appetit war enorm, und er räumtetüchtig unter unseren Haferflocken auf. Das blieb nicht ohne Folgen, denn mit seinemGewicht nahm auch die Lautstärke seines Krähens zu, und wir fürchteten, dasser auf uns aufmerksam machen könnte. Vor <strong>Weihnachten</strong> musste Mutter ihn zumSchweigen bringen.Schon seit über einer Woche hörten wir den aus den Tälern zu uns dringendenKampflärm. Dort unten tat sich etwas, und wir fassten neuen Mut. Mutter hoffte,Vater sei gesund in Kriegsgefangenschaft geraten. Bald sei auch für uns der Kriegvorbei!Am 24. Dezember schien die Wintersonne an einem wolkenlosen Himmel. Denganzen Tag über hörten wir das dumpfe Dröhnen alliierter Kampfflugzeuge, die völligungestört mit ihrer Bombenlast über uns hinwegzogen. Es war bitterkalt. Mit derDunkelheit kam die Stille, und der Himmel gehörte wieder den Sternen, die über unserertiefverschneiten Lichtung funkelten. Mutter, die im spärlichen Licht einer Kerzeam Ofen hantierte, sagte vor sich hin: „Wenn man nur wüsste, was aus Vater gewordenist. Wo mag er jetzt schon sein?“ Ich saß im Halbdunkel und wartete ungeduldigauf die Hühnersuppe. Auf einmal klopfte es an unsere Tür. Erschrockenzuckte ich zusammen und sah, wie Mutter hastig die Kerze ausblies. Dann klopfte eswieder. Wir fassten uns ein Herz und machten auf. Draußen, wie Phantome vor derschneebedeckten Lichtung, standen zwei Männer mit Stahlhelmen. Einer von ihnensprach zu Mutter in einer Sprache, die wir nicht verstanden, und er zeigte auf einenDritten, der im Schnee lag. Wir begriffen sofort, dass diese Männer amerikanischeSoldaten waren.Mutter stand regungslos neben mir. Sie waren bewaffnet und hätten ihr Eintretenerzwingen können, doch sie standen da und fragten mit den Augen. Und der imSchnee lag, schien mehr tot als lebendig. „Kommt rein“, sagte meine Mutter mit einereinladenden Geste. Die Soldaten nahmen ihren Kameraden und streckten ihn aufmeinem Strohsack aus. Keiner von ihnen verstand Deutsch, doch als einer es mitseinem Französisch versuchte, konnte er sich verständlich machen. Er glaubte wohl,wir seien Wallonen. Mutter hatte als Kind im benachbarten Belgien einige Jahre dieSchule besucht und dort Französisch gelernt.Während Mutter nach dem Verwundeten sah, half ich den beiden anderen beimAusziehen ihrer schweren Mäntel. Sie machten einen erschöpften Eindruck. AmOfen sitzend, wich die Kälte von ihnen, und mit der Wärme stellten sich auch die


26<strong>Haus</strong>zeitungLebensgeister wieder ein. Wir erfuhren, dass der stämmige, dunkelhaarige BurscheJim hieß; sein Kamerad, größer und schlanker, war Ralph. Herby, der Verwundete,schlief nun auf meinem Bett, sein Gesicht so weiß wie Schnee. Sie waren Versprengte,hatten ihre Einheit verloren und waren seit Tagen im Wald umhergeirrt.Unrasiert wie sie waren, sahen sie ohne ihre schweren Mäntel dennoch eher wiegroße Jungen aus. Und so wurden sie auch von Mutter versorgt. „Geh, bring nochsechs Kartoffeln,“ rief sie mir zu. Sie hatte eine zweite Kerze angezündet und schnittdie gewaschenen, ungeschälten Erdäpfel in unsere Suppe hinein. Sie zu schälen galtdamals bei uns als Verschwendung. Während Jim und ich Mutter zuschauten, sahRalph nach Herby. Er hatte viel geblutet, nun lag er teilnahmslos und still. MuttersSuppe verbreitete schon längst einen einladenden Duft. Ich war gerade dabei, denTisch zu decken, da klopfte es wieder an der Tür. In der Erwartung, dass noch mehrversprengte Amerikaner draußen standen, öffnete ich ohne Zögern. Ja, es warenSoldaten, vier Mann, und alle bis an die Zähne bewaffnet! Ihre Uniform war mirwohlvertraut nach fünf Jahren Krieg. Das waren Soldaten der Wehrmacht, das warenunsere. Ich war vor Schreck wie gelähmt. Obschon ich noch ein Kind war, wussteich: Wer den Feind in irgendeiner Weise begünstigt, wird erschossen! Kam nunalles zu einem furchtbaren Ende?Mutters Gesicht konnte ich nicht sehen, als sie heraustrat, doch ihre gefasste Stimmeberuhigte mich etwas: „Sie bringen aber eine eisige Kälte mit, meine Herren. MöchtenSie mit uns essen?“ entfuhr es ihr. Damit schien sie den richtigen Ton gefundenzu haben. Die Soldaten grüßten freundlich und waren sichtlich froh, im Grenzlandzwischen den Fronten Landsleuten zu begegnen. „Dürfen wir uns hier etwas aufwärmen?“,fragte der Rangälteste, ein Unteroffizier. „Vielleicht haben Sie irgendwoPlatz für uns bis zum Morgen?“ „Natürlich“, antwortete Mutter in aller Herzlichkeit.„Sie können auch eine warme Suppe mit uns essen.“ Die Deutschen lächelten, alssie das Aroma durch die halboffene Tür rochen. „Doch“, fügte Mutter in einem ausschierer Angst erwachsenden Todesmut hinzu, „es sind bereits drei Durchfrorenehier, um sich etwas aufzuwärmen. Ich bitte Sie um Himmels willen, machen Siejetzt bloß keinen Krawall.“ Der Unteroffizier schien zu begreifen: „Wen haben Sieda drinnen?“, verlangte er barsch zu wissen. „Amis?“ Mutter sah jeden einzelnen an.„Hört mal“, sagte sie langsam, „ihr könntet meine Söhne sein, und die da drinnenauch. Einer von ihnen ist verwundet, und der ist gar nicht gut dran. Und die beidenanderen sind so hungrig und müde wie ihr. Es ist Heiligabend“, sie sprach jetzt zudem Unteroffizier, „und hier wird nicht geschossen!“Der starrte sie an. Für zwei, drei endlose Sekunden hörte man nur den Wind. Ichstand da und bibberte, doch Mutter nutzte den Moment. „Genug geredet!“, sagte sie


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>27entschlossen, „legt das Schießzeug da auf das Holz und kommt schnell rein, sonstessen die anderen alles auf.“ „Tut, was sie sagt“, knurrte der Unteroffizier, „wir habenHunger.“ Wortlos legten sie ihre Waffen in den winzigen Schuppen, in dem wirunsere Holzscheite aufbewahrten: drei Karabiner, zwei Pistolen, ein leichtes MGund zwei Panzerfäuste. Währenddessen war den Amerikanern nicht verborgengeblieben, dass eine Gruppe „Krauts“ vor der Türe stand, und mit dem Mut der Verzweiflungwaren sie willens, sich zur Wehr zu setzen. Mutter sprach indessen hastigmit Jim auf Französisch. Er sagte etwas zu Ralph, und ich sah erleichtert, wie auchdie Amerikaner mit sich reden ließen. Sie machten mit!Als nun alle in der kleinen Stube waren, schienen sie etwas ratlos zu sein. Wie mansich als Soldat in einer solchen Situation verhält, hatten ihre Ausbilder nicht mit ihnenbesprochen. Mutter war währenddessen in ihrem Element. Lächelnd suchte siefür jeden einen Sitzplatz. Wir hatten nur drei Stühle, aber Mutters Bett war groß.Dorthin setzte sie zwei der später Gekommenen neben Jim und Ralph. Man schwiegsich an, es lag eine Gespanntheit in der Luft, die sich auf alle übertrug. Mutter machtesich wieder ans Kochen. Aber unser Hahn wurde nicht größer, und wir hatten vierEsser mehr. „Rasch“, flüsterte sie mir zu, „wasch mir noch ein paar Kartoffeln undschneide sie zweimal durch. Und hol’ noch etwas Haferflocken. Wenn wir die Jungenerst einmal satt haben, wird sich alles geben.“ Während ich bei unseren Vorrätenwar, hörte ich Herby laut aufstöhnen. Einer der Deutschen setzte seine Brille aufund beugte sich über die Wunde des Amerikaners. „Sind Sie Sanitäter?“, fragte Mutter.„Nein“, erwiderte er, „aber ich habe bis vor wenigen Monaten in HeidelbergMedizin studiert.“ Dann erklärte er den Amerikanern in, wie mir schien, recht fließendemEnglisch, Herbys Wunde sei Dank der Kälte nicht entzündet. „Er hat sehrviel Blut verloren“, sagte er zu Mutter. „Er braucht jetzt einfach Ruhe und kräftigesEssen.“Die Spannung hatte sich gelöst. Selbst mir kamen die Soldaten, als sie so nebeneinandersaßen, alle noch sehr jung vor. Der Unteroffizier war mit seinen dreiundzwanzigJahren der älteste. Am linken Ärmel seiner Uniformjacke trug er das Kubanschild,das ihn als Ostfrontkämpfer auswies. Aus seinem Brotbeutel nahm er eineFlasche Rotwein, und ein anderer brachte ein großes Kommissbrot auf den Tisch,das Mutter in Scheiben schnitt. Von dem Wein füllte sie etwas in einen Becher. „FürHerby.“ Der Rest wurde unter uns geteilt. Zwei Kerzen flackerten auf dem Tisch,dazwischen stand der Kessel mit der dampfenden Suppe, auf einem Teller lag dasgeschnittene Brot, und jeder hatte etwas Wein. Ich hatte zwischen Jim und RalphPlatz gefunden.


28<strong>Haus</strong>zeitungAm Kopfende saß Mutter auf einer improvisierten Sitzgelegenheit. Auf sie warenjetzt alle Blicke gerichtet. In meinem Elternhaus war es nicht üblich gewesen, vordem Essen gemeinsam zu beten. Mit uns am Tisch saßen normalerweise die Gesellen,der Lehrling und die <strong>Haus</strong>gehilfin. Wer da beten wollte, der tat das still für sich.Das war nun alles anders. Es war eine gehobene, fast feierliche Stimmung. Und niemandwäre es eingefallen, sich ohne weiteres über die Mahlzeit herzumachen. Ralpherfasste die Hände der neben ihm Sitzenden, Jim tat das gleiche, und schon saßenwir alle nach amerikanischer Sitte händehaltend um den Tisch, um unser aller Herrgottzu danken. Mutter sprach für uns in ergreifender Inständigkeit, sie schloss mitden Worten: „und bitte, mach’ endlich Schluss mit diesem Krieg“.Als ich mich in der Tischrunde umsah, bemerkte ich einige Tränen, die sich denKriegern aus den Augen stahlen. Niemand schämte sich, sie alle hatten sich ihreMenschlichkeit bewahrt. Nun waren sie ganz einfach wieder die jungen Söhne ihrersich um sie sorgenden Eltern, die einen aus Amerika, die anderen aus Deutschland,alle fern von zu <strong>Haus</strong>. Nach dem Essen gab es starken amerikanischen Nescafé undAnanaspudding, den Jim in kleinen olivgrünen Dosen aus seiner weiten Manteltascheholte. Dann wurden Zigaretten ausgetauscht, hier „Eckstein“, dort „Chesterfield“,und schon hatte jeder der Gäste eine im Mund. Doch der um Herby besorgteMedikus sprach ein Machtwort: „Get out, an die frische Luft!“Draußen war eine vor Kälte klirrende, strahlende Winternacht. Der Himmel war mitSternen übersät, und Mutter forderte uns auf, den am hellsten leuchtenden,den Sirius, anzusehen: „Das ist unser Stern von Bethlehem, der kündigt den Friedenan.“ Niemand sprach ein Wort. Aus der Ferne drang das dumpfe Bollern schwererArtillerie an unsere Ohren. Dennoch schien uns jetzt der Krieg sehr weit und fastvergessen.Dann gingen wir schlafen, die Soldaten auf dem Fußboden auf ihren dicken Mänteln,ich fand in Mutters Bett noch Platz. Herby erwachte im Morgengrauen, undMutter flößte ihm etwas ein. Sie hatte aus amerikanischem Eipulver, dem Rest Rotweinund viel Zucker einen Krafttrunk gequirlt, der es in sich hatte. Ob es auchschmackhaft war, erfuhr ich nie, doch Herby war bei Tagesanbruch sichtlich kräftiger.Zum Frühstück aß er mit uns anderen den Rest der Hühnersuppe. Dann wurdeaus zwei starken Stöcken und einer deutschen Zeltbahn eine Trage für Herby gemacht.Der Unteroffizier zeigte Jim und Ralph auf einer Karte den Weg zu den amerikanischenLinien. Ein deutscher Kompass wechselte den Besitzer. „Passt auf, woihr geht. Viele Wege sind vermint. Und wenn ihr eure Jabos kommen hört, winktwie der Teufel!“


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>29Der Mediziner übersetzte alles ins Englische. Dann bewaffneten sie sich wieder, undes folgte der Abschied. Herzlicher konnte es auch unter alten Freunden nicht sein!Sie umarmten sich fröhlich, man versprach, sich wiederzusehen: „As soon as thisdamn war is over!“ Jim und Ralph küssten Mutters Wangen, Herby wurde auf seine„Sänfte“ gesetzt, und mit Hallo, aber auch mit etwas Wehmut trennten sich unsereWege. Manchmal drehten sie sich um und winkten. Wir schauten ihnen nach, bis sieim Wald verschwunden waren. „Das sind Menschen, genau wie wir“, sagte der Unteroffizierhalblaut.Jene Nacht in den Ardennen vergaß ich nie. Oftmals, wenn ich am winterlichenTropenhimmel den hell glitzernden Sirius erblicke, scheint er mich zu grüßen wieeinen alten Freund. Unwillkürlich gedenke ich dann meiner Mutter und jener jungenSoldaten, die als Feinde zusammentrafen und als Kameraden auseinandergingen.Nach dem Krieg begegnete der Autor, der inzwischen ausgewandert war und aufHawaii eine Bäckerei eröffnet hatte, einem der amerikanischen Soldaten wieder –Ralph.Fritz Vincken


30<strong>Haus</strong>zeitungV e r a n s t a l t u n g e nW e i h n a c h t e n 2 0 0 7 b i s O s t e r n 2 0 0 8Mittwoch 26.12.<strong>2007</strong> 16.00 Uhr MärchenspielDer König vom goldenen BergEin Märchen der Gebrüder GrimmEurythmeum Stuttgart – MärchenensembleLeitung: Michael LeberMontag 31.12.<strong>2007</strong> 16.30 Uhr SilvesterfeierDonnerstag 03.01.2008 16.30 Uhr Oberuferer Weihnachtsspiele„Dreikönigspiel“dargestellt von der Reutlinger KumpaneiLeitung: Peter BayerSonntag 06.01.2008 17.00 Uhr Das Traumlied von Olav Åstesongesungen von Marion Tudgein der Kapelle im <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>Veranstalter: ChristengemeinschaftStuttgartSonntag 13.01.2008 10.00 Uhr Ausstellungseröffnung„Allem Anfang wohnt ein Zauber inne“Aquarelle, Skizzen, ZeichnungenOndra Hruba, StuttgartMittwoch 16.01.2008 17.00 Uhr PflanzenbetrachtungenHamamelis und KastanieVortrag von Mechthild FellerSamstag 19.01.2008 17.00 Uhr Brasilianische Volksmusikmit Akkordeon, Flöte, Geige undPercussion – dargeboten von einerWaldorfschülergruppe ausBotucatu / Brasilien


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>31Sonntag 27.01.2008 17.00 Uhr ChorkonzertKammerchor Concerto vocale TübingenLeitung: Peter UnterbergThomas Luis de Victoria: Requiem fürdie Spanische Kaiserin und andere Werkeaus Barock und RomantikSamstag 02.02.2008 19.00 Uhr OrchesterkonzertAkademisches Orchesterder Universität TübingenLeitung: Tobias HillerGemeinsame Veranstaltung des BürgerundKulturvereins und des <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>esKulturreihe Birkach 2008Dienstag 05.02.2008 16.00 Uhr „Heitere Eurythmie“Eurythmeum StuttgartChoreographie: Michael LeberSamstag 09.02.2008 17.00 Uhr Trio ViventeJutta Ernst, KlavierAnne Katharina Schreiber, ViolineKristin von der Goltz, Violoncellomit Werken von Johannes Brahms,Clara Schumann u. a.Mittwoch 13.02.2008 17.00 Uhr EurythmieMusik, Balladen, Dramatischesund HumorvollesOlivia Pisani und Danuta Swamyvon ZastrowLeitung: Bettina Grube


32<strong>Haus</strong>zeitungSonntag 17.02.2008 17.00 Uhr KammerkonzertAngela Goethert, GesangSophia Jaffé, ViolineBjörn Lehmann, KlavierWerke von L. v. Beethoven, J. S. Bachund Lieder zu Texten von J. W. v. Goethevon F. Schubert, F. Hensel undF. Mendelssohn-BartholdyDienstag 19.02.2008 17.00 Uhr Grundtatsachen des Christentumsam Beispiel der Ikonender Orthodoxen KircheVortrag mit LichtbildernJohannes Lenz1. Teil: Die heilige Dreifaltigkeit desAndrej RutlowMittwoch 20.02.2008 17.00 Uhr Grundtatsachen des Christentumsam Beispiel der Ikonender Orthodoxen KircheVortrag mit LichtbildernJohannes Lenz2. Teil: Ikonen zur WirksamkeitJesu ChristiSamstag23.02.2008 17.00 Uhr Konzert für Oboe und StreichquartettEnsemble FugatoMarco Bindelli, OboeJulia Glocke, Cornelia Dreißig, ViolineAngela Back, Viola Daniela Udert, CelloSamstag 01.03.2008 19.00 Uhr Veranstaltung des Bürger- und Kulturvereins– Näheres steht noch nicht festKulturreihe Birkach 2008


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>33Mittwoch 05.03.2008 17.00 Uhr „Das Christentum und das Böse“Vortrag von Lothar PeinemannSamstag 08.03.2008 17.00 Uhr „Ostern“Ein Passionsspielvon August StrindbergGastspiel der Lehr- und WanderbühneÜberlingenSamstag15.03.2008 17.00 Uhr Chorkonzert am Vorabend zuPalmsonntagJohann Sebastian BachMagnificata in D BWV 243Osteroratorium BWV 249Chor und Orchester der FilderklinikLeitung: Monica BisseggerSonntagbisSamstag16.03.2008bis22.03.2008täglich17.00 UhrLesungaus: „Die drei Jahre“ von Emil Bockin der Kapelle– Änderungen vorbehalten –


34<strong>Haus</strong>zeitungFarbtupfer im AlltagDer Beginn des Herbstes bescherte uns auf seltsame Weise immer wieder Freude:Wenn es zu lange trocken war, freuten wir uns, wenn es endlich einmal regnete;dann war es wieder viel zu lange kalt und regnerisch, so dass wir uns freuten, wennwieder die Sonne schien. Dann sah man viele Bewohner vorm <strong>Haus</strong> die Sonne genießen.Unser Pflegealltag ist streng geregelt: schon vor 7.00 Uhr werden die Frühaufsteherversorgt. Da kommt einer nach dem anderen dran. Ich bin gegen 8.30 Uhr an derReihe, so reicht meine Kraft bis zur Mittagspause. Wenn etwas Außergewöhnlichesdazwischenkommt, wenn z. B. ein Bewohner besondere Zuwendung braucht, kannsich die Einteilung gleich verschieben. – Nach der Körperpflege treffen wir im Speisesaalall diejenigen, die zum Teil selber essen. Danach kann ich selbstständig inmein Zimmer zurückkehren. Die anderen werden in ihr Zimmer, an die Balustradeoder auch ins „Wohnzimmer“ gebracht. Das „Wohnzimmer“ ist eigentlich eine Veranstaltung:pflegebedürftige Bewohner basteln, schaffen und werkeln zusammen –auf der Ebene 4 mit Frau Grosse, auf der Ebene 1 mit Frau Abele. Frau Grosse versammeltseit nunmehr sieben Jahren Bewohner und – meistens – Bewohnerinnen imwarm und liebevoll eingerichteten und den Jahreszeiten entsprechend geschmückten„Wohnzimmer“. Bis zu 19 Menschen kamen bis vor kurzem dreimal wöchentlichvon der Ebene 4 zusammen; nun treffen sich zweimal die BewohnerInnen derEbene 4, zweimal die der Ebene 3. Sie beginnen die gemeinsame Zeit mit Singenund Erzählen, oder sie tauschen sich über Erlebtes aus, hören zu, genießen oderlassen einfach nur die Gedanken schweifen. Dann wird gearbeitet: jeder tut nachseinen Kräften. Je nach Jahreszeit und Vermögen wird gemalt, gefaltet, gezupft; eswerden Kräuter gerebelt und mit Salz gemischt, Calendula-Sirup wird gekocht undMarmelade. Die Ergebnisse können wir z. B. auf dem Martinimarkt bestaunen understehen. – Zu bewundern ist der unendliche Schatz an Ideen, die zusammenkommen– und die ganz besonders Frau Grosse einbringt!Das „kulturelle Jahr“ begann mit einem Vortrag über Armenien. Es waren vieleBewohner, die im großen Seminarraum zusammenkamen. Frau Dr. Jacobiversuchte, uns einen Überblick über die Geografie und die Geschichte des Landes zugeben. Leider beherrschte sie beides nicht gut. Zwei armenische Mitarbeiter desRaphaelhauses rahmten den Abend mit dem armenischen Volksepos und seinereurythmischen Darstellung ein.


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>35Drei Tage später, am 11.09.<strong>2007</strong>, brachte uns die Flötengruppe der Karl Schubert-Werkstätten ein schönes und mit viel Enthusiasmus gespieltes Konzert. Da es imInnenhof stattfindet, können wir „auf den Rängen“ sitzen und von dort aus zuhören.Das Bächlein plätschert dann nicht, und es breitet sich eine wohlige Atmosphäreaus, die den ganzen Raum erfüllt.Jedes Jahr werden die pflegebedürftigen Bewohner zu einem Hoffest eingeladen,das im Hofladen der Familien Schwaiger und Lederer gegenüber stattfindet. Heuerwar es leider zu kalt, und so wurde im Restaurant Kaffee getrunken, geredet, gelacht,Musik gehört und zu guter Letzt gevespert. Es ging wieder sehr fröhlich undheiter zu.Zwei Tage nach seinem 113. Geburtstag spielte die Gruppe „Pegasus“ der KarlSchubert-Werkstätten das Theaterstück „Ein Inspektor kommt“ des im Alter von fast90 Jahren verstorbenen John Boynton Priestley. Haben Sie mitgerechnet? Er wurdeam 13.09.1894 geboren und starb im August 1984. – Dieses Stück mussnachdenklich machen: Eine Familie feiert selbstzufrieden die Verlobung der Tochtermit dem Sohn einer anderen reichen Familie. Die Zukunft scheint golden. Da kommteine Frau Inspektorin und bezichtigt jeden der Mitschuld am Tod einer Selbstmörderin.Sie wendet sich mit ihrem Schlusswort ans Publikum, als sie sagt, dass wirjeder für den anderen mitverantwortlich sind. Und wie eine Verstärkung dieser Aussageklingt das Gedicht auf der Rückseite unserer letzten <strong>Haus</strong>zeitung: ist durch unsmehr Liebe in die Welt gekommen?Im Herbst ist die ganze Welt bunt: die Gladiolen, Astern, Dahlien und viele andereBlumen blühen in den vielfältigsten Farben, und die Blumenfelder leuchten prachtvoll.Ebenso Apfel- und Quittenbäume. In unserem Umfeld gibt es Bäume, die nichtabgeerntet werden, da gehen wir immer im Herbst sammeln. Am besten schmeckenja die Äpfel direkt vom Baum. Und es gibt so viele, dass wir viele Menschen damiterfreuen können. Beim Blumenpflücken auf den Plieninger Feldern sind wir vomRegen erwischt worden. Vollbeladen mit herrlichen Dahlien konnten wir uns aneiner Bushaltestelle unter einen winzigen Dachvorsprung retten. Eine Frau kam undsagte, sie warte auch auf den Bus, könne sich aber auf Stufen ins Trockene stellen.So gab sie uns ihren Schirm! Als der Bus kam, hatte der Regen nachgelassen, undwir waren froh, uns mit Blumen bedanken zu können!Und damit ist es kühler geworden. Die bunten Blätter fallen und lassen dadurchwieder mehr Sonne durch, was uns wiederum zum Spazierengehen einlädt.


36<strong>Haus</strong>zeitungBunt waren auch die Kostüme der Tänzerinnen aus Peru, die uns am 26.09.<strong>2007</strong> mitihrer Darbietung erwärmten. Und dabei waren es gar nicht ihre eigenen Kostüme!Herr Pundsack, der die Gruppe begleitete, erzählte uns in einer leidenschaftlichenAnsprache, dass die Koffer nicht mitgekommen waren und was die Truppe sonstnoch alles erlebte auf ihrer Reise nach Stuttgart. Der Bus war auch noch kaputt gegangen.In eindringlichen Worten sprach er von dem Aufruf Fichtes, immer so zuhandeln, als ob alles Wohlergehen von uns abhinge, und der ihn vom Engelbergnach Lima geführt hatte, um sich dort einzusetzen. – Ich war beeindruckt von derAusdauer der Schülerinnen, und wie fein sie ihre Füße setzten. Viele von uns hättenam liebsten mitgetanzt.In unserem <strong>Haus</strong> wohnen Rüstige und Pflegebedürftige Tür an Tür, und das ist gut.Wir begegnen uns täglich, und es können schöne Kontakte entstehen. Ich freue michimmer, wenn ich liebevolle Zuwendung und Verständnis für uns erlebe. Oft wirdleider vergessen, dass Menschen mit Gehhilfe oder Rollstuhl langsamer sind. Auchsind Rollstuhlfahrer kleiner, und es scheint manchmal nahe zu liegen, dass man übersie hinwegsieht oder sie einfach wegschiebt, wenn sie „im Weg“ stehen. Ich habesehr schöne Kontakte zu meinen Nachbarn, z. B. zu Herrn und Frau Veil. Und alsich gebeten wurde, diesen Artikel zu schreiben, sagten sie zu, von Konzerten zu berichten,die ich nicht hören könnte, und so schreiben sie Folgendes:„Zum Klavierkonzert am 29.09.<strong>2007</strong>: Das Ilios-Trio eröffnete mit einem erfreulichenAuftakt die neue Konzertsaison Herbst <strong>2007</strong>. Das vielfach beliebte KlaviertrioEs-Dur, op. 100 von Franz Schubert fand bei den Zuhörern viel Beifall. Besondersdurch das präzise Zusammenspiel bei doch recht weicher Melodieführung.Und schon eine Woche später folgte das nächste Konzert: Auch dieses Mal wurdedas Konzert des Winnender Kammerorchesters in unserem <strong>Haus</strong> mit viel Beifallaufgenommen. Hervorzuheben ist das Spiel der jungen Solistin J. Pitkevica, die sichmit dem Ensemble sehr gut zusammengefunden hat. Aber auch das Konzert in D-Dur von Johann Sebastian Bach, BWV 1064, für drei Violinen, Streicher und Bassocontinuo zeigte ein erfreuliches, abwechslungsreiches Zusammenspiel sowohl derViolinen untereinander, als auch mit dem Orchester.“Die Bewohner, die an die Balustrade gebracht werden, warten dort auf Frau Picht,die schon seit vielen Jahren fünfmal in der Woche mit ihnen Volks-, Wander-,Morgen- und Abendlieder singt – immer der Jahreszeit und natürlich den Jahresfestenentsprechend. Sie begleitet mit der Leier. So haben die Bewohner im Lauf desVormittags ein schönes Erlebnis, und auch andere, die vorbeikommen, erfreuen sichdaran. Manchmal werden auch Geburtstagslieder gesungen, wenn jemand von uns


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>37Geburtstag hat. Und manchmal fehlt leider auch jemand, der nie wieder kommt. Esfällt mir manchmal schwer, das zu ertragen. Natürlich leben wir mit sehr alten Menschenzusammen, dennoch ist es schmerzhaft, wenn jemand aus unserer Mitte stirbt.Zur Zeit besteht unsere Ausstellung wieder einmal aus unseren Werken. Und dakönnen wir auch noch einmal Dinge sehen, die uns die Verstorbenen hinterlassenhaben. Am 14.10.<strong>2007</strong> war die Vernissage.Die erste Hälfte des Oktobers war noch einmal sehr warm gewesen, aber ausgerechnetan dem Wochenende, an dem ich Besuch von einer sehr lieben Freundin vonder Ruhr bekam, wurde es kalt und ungemütlich. Wir treffen uns seit 25 Jahren jedesJahr, und da wollen wir natürlich etwas Besonderes machen. Dieses Jahr waren wirim Botanischen Garten der Wilhelma, und das erwies sich als gute Idee, denn da istes zum Teil warm! Ein Teil der Bepflanzung ändert sich dort mit den Jahreszeiten.Jetzt im Herbst blühen ganz wunderbar Azaleen, Alpenveilchen und Kamelien. Dasist ein wunderschöner Anblick, und es liegt ein ganz zarter Duft in der Luft. Andiesem Abend, dem 21.10.<strong>2007</strong>, war der Birkacher Männerchor mit Zigeunerliedernbei uns, den ich leider nicht hören konnte, aber wir konnten dafür gerade noch einpaar Minuten des Feuerwerks, das zur Feier der Messe-Eröffnung auf den Fildernstattfand, sehen.Vom Chor berichtet Andreas Bockemühl Folgendes: „Am 21.10.<strong>2007</strong> entstand aufunserer Bühne eine geheimnisvolle, fremdartige Welt mit Fernweh, Heimatlosigkeit,dem Charme von Liebe und Leidenschaft – hervorgezaubert durch den SängerkranzBirkach. Zunächst sang der gemischte Chor wohlbekannte Klänge von C.-M. vonWeber und G. Verdi. Ganz zum Thema passend, spielte dann der Dirigent undChorleiter Jan Muckenfuß virtuos auf dem Flügel die Rhapsodie in h-moll vonJ. Brahms. So richtig in Fahrt geriet die Veranstaltung mit der Habanera aus derOper „Carmen“ von Bizet. Einfühlsam vom großen Chor – mal begleitend, mal imWechselspiel – getragen, brillierte die Solistin Maria Pizzuto vollkommen überzeugend.Ihr italienisches Aussehen verstärkte noch den fremdartigen Ausdruck vonMelodieführung und Rhythmus. Dass das Publikum nicht zu tanzen begann, ist wohlauf die weisheitsvolle Lebenserfahrung vieler Zuhörer zurückzuführen. Dennochhatten die Solostücke und chorischen Darbietungen immer wieder einen solchenSchmiss, dass auch melancholische Klänge heiter aufgenommen wurden. Auch dieAugen durften sich an einem Prospekt am Bühnenhintergrund mit Zigeunerwagenund Pferd erfreuen. Die Wahl der Stücke und die mitreißende Darbietung entführteneinen jeden Besucher in seinen Fantasien in südliche Länder an Lagerfeuer in sternenklarenNächten.


38<strong>Haus</strong>zeitungGanz anders nach der Pause, da sprangen die Birkacher Singmäuse, die wir zum Teilschon von dem Sängerkrieg der Heidehasen vom 05. Mai diesen Jahres kannten, aufdie Bühne, sangen und spielten ein Potpourri aus ohrwurmartigen Liedern aus ganzEuropa, unterstützt von Kindern in den jeweiligen Trachten, die Landesfahne desjeweiligen Liedstückes schwingend. – Und wieder ganz anders das Ensemble Charivari,das uns die Weiten des amerikanischen Kontinentes vorgaukelte mit Gospelsund Beatles. Die durchaus schwierige Musik forderte die Sänger erheblich. Auch derFrauenchor brachte nochmals ein anderes Klangbild hervor mit dem Lied „In stillerNacht“ von J. Brahms. Der gemischte Chor sang zuletzt „Abendruhe“ von Bach ingedämpfter Stimme. Der berechtigte Applaus veranlasste die Sängerinnen und Sänger,noch einmal in vollem Schwung die Habanera von Bizet vorzutragen. – Alles inallem war es ein kurzweiliger, heiter-melancholischer Abend.“Am 23.10.<strong>2007</strong> war nach zwei Jahren das Frédéric-Chopin-Lyceum aus Krakauwieder einmal bei uns. Vielleicht hatten Sie sich schon gefragt, ob die Schüler dieserSchule, die eine Partnerschaft mit dem Stuttgarter Königin-Katharina-Stift haben,uns noch einmal mit ihrem Können erfreuen werden. Und das taten sie. Nebenbekannten Namen und Werken aus dem Konzertprogramm führten sie uns auch denhierzulande unbekannten polnischen Komponisten S. Karlowicz vor. Der Dirigentdes Orchesters wurde in der Oper von Krakau gebraucht, und so dirigierte einSchüler – und das tat er gut, mit klaren Gesten. Viel Beifall belohnte die Künstler.Sie bedankten sich ihrerseits mit Beifall bei unserem Mitbewohner, Herrn Gansel,der sie – für sie wie auch für uns überraschend – in ihrer Sprache begrüßte. Imnächsten Jahr werden die Stuttgarter Schüler dann wahrscheinlich in Polen sein, undwir freuen uns auf ein Wiedersehen in zwei Jahren!Einige Tage später, am 27.10.<strong>2007</strong>, brachte uns das Arcata-Kammerorchester einheiteres, tänzerisches Konzert mit ungewohntem, aber sehr reizvollem Programm.Ganz ungewohnt war für uns die Zusammenstellung von Alt-Saxophon und Streichorchesterim Konzert von A. Glasunov, das Libor Sima glanzvoll spielte und miteinem fulminanten Finale abschloss. Nach der Pause spielten sie eine Serenade vonE. Elgar, die ebenfalls tänzerisch begann, bei deren Schluss man jedoch tanzendeElfen ins Traumland entschweben zu sehen glaubte. Das Publikum bedankte sichmit viel Applaus.Ich habe einen Kalender mit lachenden Kindern. Im November steht dabei: „EinLachen kostet nichts und bringt doch so viel. Es bereichert den Geber und denEmpfänger“. – Das kann man tagtäglich nachprüfen: es stimmt!


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>39Julius Frack, der am 08.11.<strong>2007</strong> mit den Stuttgarter Magiern zu uns kam, brachteuns sehr zum Lachen. Und zum Staunen! Beim Eingang bekamen wir Spielkarten –später hatte der Zauberer genau die Karte in einem Glas auf der Bühne, die der Zuschauerbekommen hatte, den er mit einer Art Lassoschnur „einfing“! Es wurdenviele Besucher auf die Bühne gebeten, und es nützte ihnen auch nichts, dass sie sichin eine hintere Reihe gesetzt hatten. Der „Mentalmagier“ las Gedanken und bestimmtedas Sternzeichen, und ein dritter, sehr junger Zauberer ließ Dinge verschwindenund sich verändern. Es war ein ganz „wunderbarer“ und amüsanterAbend.Zum November, der sowieso schon dunkel ist, werden auch noch die Uhren umgestellt– zwar auf die „normale“ mitteleuropäische Zeit, aber dennoch werden dieAbende jetzt besonders früh dunkel. Die Herbststürme beginnen, und die habendurchaus auch ihren Reiz, aber in manchen Gegenden haben sie wieder viel Unheilgebracht. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass der Mensch an diesen Veränderungenkeinen Anteil haben soll, und wir können nur versuchen, jeder in seinem Bereich,sorgsam mit den Gaben der Natur umzugehen, so gut es geht.Dienstag Nachmittag, 16.30 Uhr ist eine ungewöhnliche Zeit für einen Vortrag.Vielleicht lag es daran, dass der von Dietrich Marx über die „Heilsame Wirkung derkosmischen Stimmung“ eher schlecht besucht war. Die „kosmische Stimmung“,auch Mozartstimmung, hat den Kammerton A als Grundlage, der mit 432 Hertzschwingt. Herr Marx bezeichnete diese Stimmung als die „Stimmung der Engel“.Sie entspricht auch dem Menschen: Chöre sinken immer ab bei der heute gültigenStimmung von 446 Hertz! Über seinen Vortrag stellte Herr Marx das Goethe-Wort:„Das Was bedenke – mehr bedenke, wie“. Inhaltlich war der Vortrag ja auch sehr interessant,leider war es sehr anstrengend, zuzuhören.Gleich am folgenden Tag, dem 07.11.<strong>2007</strong>, hörten wir ein Konzert auf Weidler-Instrumenten – Violine und Cello –, die in der kosmischen Stimmung gestimmt sindund aus besonderen Hölzern gefertigt. Das war sehr schön und auch lustig, weil dieKünstler Morgenstern-Gedichte quasi vertonten.Und dann begann ein lebhaftes Treiben im <strong>Haus</strong>: der Martini-Markt kündigte sichan. Tische wurden aufgestellt und Tischtücher geschwungen. Schließlich standen alldie herrlichen Dinge, die wir am Samstag Nachmittag bewundern und kaufen konnten:von unseren Mitbewohnern Gebasteltes, Geklebtes, Gebackenes ... – und natürlichdie großen Büchertische mit Altem und Neuem. Über allem schwebte der Duftvon leckeren Waffeln. Es war schön.


40<strong>Haus</strong>zeitungAm 17.11.<strong>2007</strong> war das Bosart-Kabarett bei uns. Zwei Sänger und ein „Mann amKlavier“ präsentierten ein Feuerwerk an Witzen und Pointen, die das Publikum, dasin großer Zahl gekommen war, in Atem hielt.Am 21.11.<strong>2007</strong> hörten wir ein Klavierkonzert. Für Daniel Röhm war mit der KlaviersonateNr. 3 von J. Brahms ein furioser Auftakt vorgegeben, dem dann jedochrasch zarte, weiche Passagen folgten. Mit diesen „Eckdaten“ ist jedoch der spielerischeReichtum des Künstlers nur unvollkommen beschrieben, welcher von brillanterHärte bis zu lyrischer Empfindsamkeit reicht. Auch bei den Rhapsodien von Ernstvon Dohnanyi konnte Daniel Röhm sein ganzes musikalisches und technischesKönnen ausspielen. Reicher Beifall aus dem leider nur ungenügend besetzten Saaldankte dem Künstler.Wir sind sehr froh, dass wir so viele verschiedene Veranstaltungen im <strong>Haus</strong> haben.Es ist einfach angenehm, wenn man gleich wieder im Zimmer bzw. im Speisesaalsein kann. Dort werden wir dann oft schon sehnlich von der Pflege erwartet, die dasAbendessen liebevoll vorbereitet hat und anschließend mit der Abendpflege beginnenmuss. Und manchmal sind Konzerte sehr lang. Wenn es dann keine Pause gibt,in der Pflegebedürftige abgeholt werden können, kommt die Pflege in Zeitnot, unddie Menschen können nicht mit der nötigen Ruhe ins Bett gebracht werden.Sehr schön fand ich beim Konzert des Kammerchores Cantiqua nova aus Vaihingenan der Enz, der bei uns am 24.11.<strong>2007</strong> gastierte, dass extra eine kleine Pause eingerichtetwurde, in der einige Pflegebedürftige hinausbegleitet werden konnten! Daswar ein wunderschönes Konzert! Die Sängerinnen und Sänger kamen durch die oberenEingänge herein und stimmten dort jeder seinen Ton an. Auf der Bühne trafensie sich in einem gemeinsamen Ton. Wie aus diesem heraus erklang eine wunderschöneklare Altstimme mit einem Gesang von Hildegard von Bingen aus dem Halbdunkeldes Saals. – Jedes Stück wurde von einer Sängerin eingeführt. Und dann erfülltenungewohnte, aber sehr bewegende, schöne Klänge den Saal. Dieses Benefizkonzertzu Ehren unseres verstorbenen Mitbewohners Herbert Koepf wurde aufWunsch von Frau Koepf ergänzt durch das „Locus iste“ von A. Bruckner. – Mit denKlängen des „Kyrie“ von P.-M. Riehm verabschiedete sich der Chor und hüllte beiseinem Gang auf die Empore noch einmal den ganzen Saal in Musik.Unsere Totengedenkfeier schloss den November ab, in dem wir besonders der Totengedenken. Auch die Natur scheint zu sterben, nur ein paar kleine Blütchen trotzennoch der Kälte. Und ein Duft von Erde und nassem Laub schwebt über allem.Simone von Dufais


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>41Jeder Mensch ist ein KünstlerBegrüßung zur Vernissage der Bewohnerausstellung am 14. Oktober <strong>2007</strong>„Jeder Mensch ist ein Künstler“ – mit diesem Satz von Joseph Beuys begrüße ichSie, meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Eröffnung der 7. Bewohnerausstellung.Man kann diesen Satz gar nicht oft genug wiederholen, und er lässt sichauch treffend auf unseren heutigen Anlass anwenden: In jedem Menschen steckenschöpferische Fähigkeiten, die sich entwickeln lassen, mit etwas Mut, etwas Übung,vielleicht auch mit Hilfe eines freundlichen Lehrers. Sie wissen ja: In der Waldorfschuleheißen die Lehrer Erziehungskünstler. Dieser sollte nicht nur Inhalte, Stoff inseine Schüler stopfen, sondern er sollte Fähigkeiten entwickeln, sollte Kinder undJugendliche zu freiem, eigenem Tun anleiten. Zu solcher Kunst gehören Freiheit undLiebe, zwei Leitmotive, die allem schöpferischen Tun, aller künstlerischen Bemühungzugrunde liegen. Die Baukunst, die Heilkunst, die Tonkunst, die Schauspielkunst,sie alle, wenn sie Kunst sein wollen, leben davon, dass ohne äußeren Zwang,in Freiheit etwas geschieht, dass in Liebe zum Material, zu den Stoffen, zu den Farben,ja sogar zu den Menschen etwas hervorgebracht wird.


42<strong>Haus</strong>zeitungDamit sind wir beim Thema unseres heutigen Festtages: Was Menschen, in unseremFall ältere Menschen, aber auch Mitarbeiter des <strong>Haus</strong>es in schöpferischer, freier,spielerischer Tätigkeit geschaffen haben, das können wir heute und in den nächstenWochen in großer Fülle hier im <strong>Haus</strong> bewundern: Zeichnerisches, Malerisches, gegenständlichoder mehr aus innerem, seelischem Erleben, Skizzenhaftes oder sorgfältigAusgeführtes, alles zeugt von der schöpferischen Freiheit, die der Menschüben kann. Figürliche Plastik, handwerkliche Keramik, erstaunliche Fotokunst,leuchtende Transparente, sogar die Dichtkunst versteckt sich nicht in Büchern, sondernhängt an der Wand! Aber vergessen wir nicht, dass auch an anderen Orten hierim <strong>Haus</strong> Bilder zu sehen sind, mit denen wir täglich umgehen können, so zum Beispielvon unseren lieben Verstorbenen: ich erwähne Susanne Boie, Elise Schwarz,Rolf Schmalor, die alle bei unserer vorigen Ausstellung, im Jahr 2004, noch aktivmit dabei waren, oder Friedhilde Dierlamm, die vorgestern verstorben ist. Möge alsodem <strong>Haus</strong> dieses schöpferische Potenzial erhalten bleiben, möge die Ausstellungneue Kräfte hervorrufen und zur Nachahmung anregen!


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>43Und damit komme ich zum Dank: Dank an alle, die sich mutig mit ihren Arbeitenbeteiligt haben, besonderen Dank auch an die Malkurs-Leiterinnen Renate Matthees,Corinna Vohl und Sigrid Abele, an Gerd von Stietencron und seinen Plastizierkurs,unter deren fachkundiger und anregender Anleitung vieles entstanden ist. Dank auchan unsere Tonkünstler, die uns heute musikalisch erfreut haben. Und nicht vergessen:Jeder Mensch ist ein Künstler! Damit ist die Ausstellung eröffnet! (Sie ist biszum 08. Januar 2008 zu sehen.)Wolfgang Niehaus


44<strong>Haus</strong>zeitung


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>45Andreas Bockemühl stellt sich vor ...Als Widder 1959 in Kemnat geboren, wuchs ich als viertes von sechs Kindern ineiner Architektenfamilie auf. In meiner Kindheit streifte ich viel durch die Natur,baute Staudämme in dem kleinen Bach, der durch den Kurrenwald zwischenKemnat und Riedenberg fließt, sammelte Schlehen im Eichenhain, ging zumSchlittenfahren oder zum Fliegenlassen von Modellflugzeugen in die Obstwiesenunterhalb von Birkach. Obwohl der Obere Haldenweg vor unserem <strong>Haus</strong> noch nichtbefestigt war, gab es schon einige Feldwege, die eine Asphaltdecke hatten, bestensgeeignet, mit dem Tretgokart oder dem Fahrrad herumzuradeln.Ich besuchte die Waldorfschule auf der Uhlandshöhe, allerdings nicht mit großerBegeisterung und mit wenig Interesse. Auch habe ich nur wenig Erinnerungen andie Schulzeit. Viel interessanter war der Schulweg, besonders wenn es irgendwoeine Baustelle gab. Dann bin ich schon mal aus der Straßenbahn ausgestiegen undhabe stundenlang zugeschaut, wie Beton in Schalungen gegossen wurde, wie Dächergedeckt oder Rohrbrüche aufgegraben wurden. Zuhause mit Spielautos und Holzklötzenwurde alles noch viel ausführlicher nachgestellt. Klar, dass <strong>Haus</strong>aufgabendann nicht so wichtig waren.Später gründete ich mit meinem Bruder Holger und zwei Freunden eine mobileDiskothek. Geld war immer knapp, so bauten wir uns Lautsprecherboxen, Mischpultund Verstärker selber. Wochenlang bastelten wir an einer selbst erfundenen Beleuchtungsanlagemit dutzenden von Lichteffekten. Um das alles auch einzusetzen,mieteten wir in den umliegenden Dörfern Turnhallen oder andere Veranstaltungsräumeund machten große Parties, immer ohne Alkohol, meist waren es dieselbenGäste. So wuchs ein großer Freundeskreis.Ich glaube, meine Lehrer hatten große Mühe, mir ein Mindestmaß an Lerninhaltenbeizubringen, ich schrieb grundsätzlich keine Epochenhefte und machte nur dann<strong>Haus</strong>aufgaben, wenn mit keinem Trick mehr zu entkommen war. Interessant wurdees erst, als der neue Saal gebaut wurde, denn es gab etwas in den Pausen, das sich zubeobachten lohnte. Als dann noch die damals modernste elektronische Bühnenbeleuchtungin Eigenleistung von Physik- und Handwerkslehrern und einer Schülergruppegebaut wurde, war ich natürlich ganz dabei.Dass mir das Abitur nicht auf Anhieb gelingen wollte, war dann auch irgendwannabzusehen. So ging ich für einige Monate nach England und schloss die Schulzeitendlich mit dem Fachabitur 1979 ab.


46<strong>Haus</strong>zeitungMeinen Zivildienst, damals noch 20 Monate, leistete ich im Gemeinschaftskrankenhausin Herdecke/Ruhr.Es folgten diverse Praktika, z. B. im Internat Schloss Hamborn bei Paderborn, undein einjähriges Praktikum in einer jugendpsychiatrischen Klinik im Schwarzwald.Alles zielte darauf hin, einmal pädagogisch tätig zu werden. Um dies zu unterstützen,entschloss ich mich 1982, das Schreinerhandwerk zu erlernen, und fand einevielseitige und interessante Lehrstelle in Überlingen.Dort wohnte ich in einer <strong>Haus</strong>gemeinschaft mit meinen beiden ältesten Geschwisternund einigen anderen Familien. Im gleichen <strong>Haus</strong> wohnte auch Herbert Dreiseitl,der als Künstler kurze Zeit zuvor ein Atelier zum Bau von Brunnenanlagen gegründethatte. Gelegentlich half ich ihm beim Formenbau und konnte mir so etwasGeld hinzuverdienen. Nach der Ausbildung fand ich dort eine erste Anstellung.1985-86 besuchte ich das Anthroposophische Studienseminar von Frank Teichmannin Stuttgart und ging mit neuen Impulsen zurück an den Bodensee. Ziel war nunnicht mehr, Lehrer zu werden, vielmehr widmete ich mich ganz dem Thema Wasser.Im Atelier Dreiseitl fand ich erneut ein passendes Betätigungsfeld.Zum Beispiel bauten wir im Herbst 1992 eine anmutige Brunnenanlage in der glasüberdachtenWandelhalle eines Stuttgarter Altenheims, das heute den Namen <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>trägt.Aus einem kleinen Atelier für Brunnen und Wasserspiele wurde ein recht großesPlanungsbüro für Freianlagen und moderne, zukunftweisende, integrative Wasserkonzepte.Überall, auch in Deutschland, wurden Flutereignisse immer häufiger. Gleichzeitigzeichnete sich ab, dass bei weiterem rücksichtslosem Verbrauch die Trinkwassergewinnungimmer schwieriger werden wird. Es galt, Konzepte zu entwickeln, dieRegenwasser zurückhalten und Trinkwasser einsparen. Dabei half uns unser hohergestalterischer und künstlerischer Anspruch, die Bauherren zu überzeugen.Den großen Durchbruch erreichten wir Mitte der 90er Jahre als wir für DEBIS – einTochterunternehmen der Daimler-Benz AG – die Außenanlagen und Wasserkonzepteam Potsdamer Platz in Berlin entwickeln, planen und schließlich auch den Bauüberwachen durften.


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>47Bald waren unsere Baustellen in ganz Europa, heute arbeitet das Atelier Dreiseitlweltweit mit Niederlassungen in Portland (USA), Singapur und Peking. Dabei galtes immer wieder, aus den örtlichen Verhältnissen neue, innovative Systeme zu entwickeln,auszuprobieren und umzusetzen. Ich spezialisierte mich auf ökologischeund technische Verfahren zur Reinigung, Aufbereitung und Qualitätsverbesserungvon Wässern aller Art.Von einer ganz anderen Seite her beschäftigt sich der Verein für Bewegungsforschungmit der Qualität des Wassers. Im Institut für Strömungswissenschaften inHerrischried wurde ein bildschaffendes Analyseverfahren, die Tropfbildmethode,entwickelt. Hier versucht man, sich dem Wesen des Wassers auf der Erkenntnisebenezu nähern. Bei diesem Vorgehen spielt natürlich die anthroposophische Betrachtungsweisenaturwissenschaftlicher Vorgänge eine wichtige Rolle. Ich fühltemich dieser Forschungsarbeit verpflichtet und stellte mich auf Anfrage für den Vorstanddes Trägervereins zur Verfügung.So hatte ich immer wieder engen Kontakt mit Andreas Wilkens, der dort wissenschaftlicherMitarbeiter ist und dessen Eltern, wie meine, im <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong> wohnten.Zu Pfingsten 2006 fragte mich Herr Bollinger, ob ich im <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>mitarbeiten wolle. Zunächst traf mich diese Anfrage sehr überraschend, nach einigemBesinnen war meine Neugier geweckt. Ich begann Mitte August, mir ein genau-


48<strong>Haus</strong>zeitungeres Bild von der Aufgabe zu machen, und stieg unverbindlich als Vertretung dererkrankten Frau Wächter in die Organisation der kulturellen Veranstaltungen ein.Zunächst konnte ich nur freitags und samstags, manchmal auch sonntags meinemVater zur Hand gehen.Herr Professor Veil gewährte mir Einblicke in die Ziele des Fördervereins, die Verwaltungstätigkeitdort war mir weitgehend vertraut, da ich schon über mehr als zehnJahre in der Christengemeinschaft Geschäftsführer der Gemeinde Überlingen war.Ganz besonders interessierte mich die 2003 gegründete Stiftung <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong>, ihre Stellung zwischen der Baugemeinschaft Birkach als Eigentümer des Gebäudesund dem <strong>Nikolaus</strong>-<strong>Cusanus</strong>-<strong>Haus</strong> e.V. als Betreiber. Das Ziel, das Gebäudeaus privaten Investorenhänden in das Eigentum einer gemeinnützigen Stiftung zuüberführen und damit frei von Spekulationen dem Betreiber zur Verfügung stellenzu können, begeisterte mich. Ich halte die Stiftung für unbedingt unterstützenswert.Am meisten freute sich meine Mutter darüber, dass ich in ihrer Nähe war, die hoheLebens- und Kulturqualität im <strong>Haus</strong>e unterstützen wollte – und nicht zuletzt ihremMann die Ablösung aus seinen Verpflichtungen in Aussicht stellte. Es schmerzt,dass uns diese gemeinsame Freude nur für ein Jahr geblieben ist.Selten ist mir eine Entscheidung so schwer gefallen: mich von meiner gewohntenArbeit, die ich glaubte, gut zu machen, und den vielen, netten Kollegen zu trennen.Es bedurfte der herzhaften Überredung durch Herrn Harmening. Ich kündigte nach25 Jahren leitender Tätigkeit meine Stelle im Atelier Dreiseitl. Mir wurde aber dasVersprechen abverlangt, noch angefangene Projekte zu Ende zu bringen. Das habeich nun bald geschafft, dann stehe ich hier ganz zur Verfügung.Liebe Bewohnerinnen und Bewohner dieses so schönen <strong>Haus</strong>es, hier wurde ich sowarm und liebevoll empfangen, wie ich es mir nie hätte träumen lassen. Hier ist nunmeine neue Wirkungsstätte. Ich freue mich sehr auf eine gemeinsam gestaltete Zukunft!Andreas Bockemühl


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>49Neue Bücher in unserer Bibliothek (eine Auswahl)Literatur / RomaneMankell, HenningMaron, MonikaPausewang, GudrunMankell, HenningClavell, JamesGrimes, MarthaHoeg, PeterLessing, DorisWalser, MartinFranzen, JonathanSchulze, IngoSampedro, José LuisRath, JohannesSchami, RafikAitmatow, TschingisWerner, MarkusRichter, Hans WernerDie BrandmauerAch GlückRosinkawieseWallanders erster FallShogunDie Treppe zum MeerDer Plan von der Abschaffung des DunkelsDie Memoiren einer ÜberlebendenEin fliehendes PferdSchweres Beben33 Augenblicke des GlücksDas etruskische LächelnDas attische MädchenEine Hand voller SterneAuge in AugeAm HangGeschichten aus BansinBiographienKrause-Burger, Sibylle Herr Wolle lässt noch einmal grüßenOrlowa, Raissa / Kopelew, Lew Wir lebten in KölnKüng, HansUmstrittene WahrheitDegen, MichaelNicht alle waren Mörderromo / HemlebenJohannes KeplerFlorenski, PawelMeinen Kindern. Erinnerungen …Stern, FritzFünf Deutschland und ein Leben


50<strong>Haus</strong>zeitungAnthroposophieTeichmann, FrankDie griechischen MysterienHalle, Judith von„Und wäre Er nicht auferstanden …“Benesch, Friedrich<strong>Weihnachten</strong> im Sommer feiern?Heertsch, AndreasGeistige Erfahrung im AlltagProkofieff, Sergej O. Der Hüter der Schwelle und die „Philosophie derFreiheit“Wehr, GerhardKontrapunkt AnthroposophieHardorp, Benediktus Weihnachtsspiele als LebenshilfeIwan, RüdigerDie neue WaldorfschuleSchad, Wolfgang u. a. AnthropologieSteiner, RudolfWahrheiten und Irrtümer der GeistesforschungWistinghausen, Kurt von Der neue GottesdienstSchroeder, Hans Werner Vom Erleben der MenschenweihehandlungKonvisser, Alexander „Kann ich die Seele weiten?“ (Seelenkalender)Bittleston, AdamErfüllte ZeitSchad, Wolfgang Goethes Weltkultur. Schriften 1VerschiedenesEliot, T. S. Briefe 1898 – 1922. Bd. 1/2Delp, P. AlfredIm Angesicht des TodesSacks, OliverDer Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselteGraf, Friedrich Wilhelm Moses VermächtnisThielicke, HelmutDer Glaube der ChristenheitWeisheipl, JamesThomas von AquinWeil, SimoneVorchristliche SchauEnzensberger, Hans Magnus Der ZahlenteufelPostman, NeilDas TechnopolZink, JörgWie die schöne Lau das Lachen lernteSchweizer Volksmärchen


<strong>Weihnachten</strong> <strong>2007</strong>51


________________________________________________________________________________________________________________52<strong>Haus</strong>zeitungWir sehen mit Grauen rings herum:Die Leute werden alt und dumm.Nur wir allein im weiten Kreise,Wir bleiben jung und werden weise.Eugen Roth


Segne den ersten Tag,mein Gott,und den letzten.Meine Hände mögen segnen,was sie anfassen.Meine Ohren mögen segnen,was sie hören.Meine Augen mögen segnen,was ihnen begegnet.Mein Mund möge segnenmit jedem Wort.Meinen Nachbarn segne ich,und er möge mich segnen.Lass mich nicht aus deinen Augen,mein Gott,aus deinen Händen,aus deinem Ohr,aus deinem Herzen,an diesem Tagund alle Tage des Jahres,das kommt.Neujahrssegen aus Irland

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