foyer 70 KINo 5 Jahre Leben: KinotippsText: Wilfried Hippen„5 Jahre Leben“Stille Tage in Guantanamo„5 Jahre Leben“ von Stefan SchallerEs ist das größte politische und moralischeDilemma des neuen Jahrtausends. Und esist noch immer nicht gelöst. Der US-PräsidentObama hat zwar versprochen, Guantanamozu schließen, aber dies ist ihmbis heute nicht gelungen. Unlängst ist dieMehrzahl der dort Inhaftierten in den Hungerstreikgetreten und das Lager schwächtweiterhin den moralischen Standpunkt derUSA und ihrer Verbündeten.Mit Murat Kurnaz ist ein in Bremen Aufgewachsenerzum Opfer dieses Systems geworden.Er wurde in Pakistan verhaftet,verhört, gefoltert und fünf Jahre lang in Guantanamofestgehalten, obwohl bald klarwurde, dass er keine Verbindung zu Terroristenhatte. Seine Geschichte ist zwarin den letzten Jahren immer wieder in denMedien sowie von ihm selber erzählt worden,aber alleine schon die Absurdität desGeschehenen schafft Distanz, sodass esschwer fällt, sich wirklich in dieses Schicksaleinzufühlen.Genau das kann aber das Kino leisten, unddeshalb ist es eine kluge Entscheidung vonStefan Schaller, konsequent aus der Perspektiveseines Protagonisten zu erzählen.Der Film basiert auf den Erinnerungenvon Kurnaz, und dieser hat ihn kurz nachder Fertigstellung in einer Privatvorstellungim Bremer Kino „Schauburg“ für gutbefunden. Und anders als der Titel esvermuten lässt, hat er sich auf eine vergleichsweisekurze, aber entscheidendePhase der Inhaftierung Kurnaz konzentriert.So fand Schaller einen filmischenRahmen, durch den er zugleich die komplexeGeschichte auf das Wesentliche verdichtenund einen dramaturgischen Spannungsbogenziehen konnte. In der Eröffnungssequenzwird der Zuschauer soabrupt in den Film gestoßen wie der Gefangenein seine Zelle. Schaffer versucht inden ersten Szenen, so realistisch wie möglichdie von Kurnaz geschilderten Haftbedingungenzu inszenieren, doch bevor derenBrutalität und Monotonie schwer erträglichwerden, springt er (chronologischsechs Monate) zu einer im Unterhaltungskinoaltbekannten Konstellation.Der amerikanische Verhör-Spezialist GailHolford beginnt den Gefangenen zu bearbeiten,und der Zweikampf dieser Persönlichkeitenmacht den Großteil des Filmesaus. Dadurch wird er zu einem Kammeroderbesser Zellenspiel, sodass der größteTeil des Films in einer Handvoll Innenräumegedreht wurde. So blieb das Budgetüberschaubar, doch durch ein paar geschickteingesetzte Totale wirken die Kulissenerstaunlich authentisch, und diesgilt natürlich erst recht für die Szenen ausder Zeit vor der Gefangennahme von Kurnaz,die zu einem großen Teil tatsächlich inBremen gedreht wurden. In diesen Rückblenden,in denen von Kurnaz’ Familie, seinerUnzufriedenheit mit der Arbeit als Türsteherund seiner Hinwendung zum Islamerzählt wird, zeigt sich die Wandlungsfähigkeitdes Schauspielers Sascha AlexanderGersak deutlich. Er spielt Kurnaz sowohlals pausbäckigen Jugendlichen wieauch als geschundene Kreatur im Gitterkäfig.Doch Schaller inszeniert seine Geschichtenicht als melodramatisches Rührstückund vor allem dämonisiert er nie dieTäter. Statt dessen zeigt er mit einer eherkühlen Distanz, wie perfide die Mittel sind,mit denen versucht wurde, den Willen vonKurnaz zu brechen. So wird der dramatischeHöhepunkt des Films jene lange Sequenz,in der Holford versucht, Kurnaz dazuzu zwingen, eine Eidechse zu töten, diedieser in seiner Zelle als Haustier hält. Fürden Gefangenen ist das Verhältnis zu diesem(eher hässlichen) Tier das einzige, wasseine Wärter nicht kontrollieren können,und so würde er mit dieser Tat eine letzte,entscheidende Grenze überschreiten. „5Jahre Leben“ braucht den Vergleich mit MichaelWinterbottoms thematisch verwandten„The Road to Guantanamo“ nicht zuscheuen, dabei ist dies Stefan Schallers Abschlussfilmbei der Filmakademie Ludwigsburg.Seit 12. Mai im KinoDemnächst im Kino„Promised Land“ (20. Juni) von Gus VanSant ist ein unterhaltsames Drama, in demes um die umstrittene Methode der Erdgasgewinnungnamens Fracking geht. MattDamon spielt einen erfolgreichen Vertreter,der Farmern ihr Land abkauft, auf demdann nach Erdgas gebohrt wird. Ein Kritikernannte ihn „einen behutsam aufklärerischenFilm, der vor allem nostalischeWerte beschwört.“ Dies ist positiv gemeint,sollte aber eher als Warnung verstandenwerden.
kino Demnächst 71 foyer„Fliegende Liebende“„Der Schaum der Tage“„Papadopoulos & Söhne“ (27. Juni) vonMarkus Markou zählt zu den vielen britischenKomödien, in denen ein sozialesProblem zugleich komisch und sozialkritischbehandelt wird. Hier handelt es sichum einen sehr reichen Feinkostproduzenten,der in der Wirtschaftkrise pleitegeht und sich im Fish&Chips-Laden seinesBruders wieder aufrappelt – vom Millionärzum Tellerwäscher also.„Fliegende Liebende“ (4. Juli) ist die neueKomödie von Pedro Almodóvar. Nachdemer mit seinen letzten Filmen bewiesen hat,dass er wie kaum ein anderer in EuropaFilmkunst fabrizieren kann, lässt der Spanierhier wieder im Stil seiner alten schrillenKomödien die Sau raus. Als bekanntwird, dass ein Flugzeug abstürzen wird,wollen die Passagiere noch eine letzte großeParty feiern, und da die meisten von ihnenschwul sind, wird dies eine schrille undsehr unterhaltsame Angelegenheit.„Layla Fourie“ (4. Juli) von Pia Marais istdie Charakterstudie einer jungen, schwarzenFrau in Südafrika, die für eine Sicherheitsfirmaan einem Lügendetektor arbeitet,aber selber zur Lügnerin wird, nachdemsie nachts einen alten Mann überfährt. DerFilm macht die paranoide Stimmung einesLandes spürbar, das eine der höchsten Kri-minalitätsraten der Erde hat und in dem dieKonflikte zwischen den Bevölkerungsteilennoch lange nicht gelöst sind.„Der Schaum der Tage“ (1. August) ist dieAdaption eines der surrealen Romane vonBoris Vian. Darum geht es um einen Erfinder,der Duft und Musik zusammengebrachthat und der seine Freundin, die aneiner bizarren Krankheit erkrankt ist, nurretten kann, wenn er sie ständig in frischeBlumen bettet. Wenn ein Regisseur diese literarischeTräumerei kongenial umsetztenkann, dann ist es der verschrobene undhochromantische Kinopoet Michel Gondry.StattMusikantenWillkommen an der Schlachte 26www.spielbank-bremen.deSpielbank Bremen – ein Unternehmen der WestSpiel-Gruppe ∂ Zutritt ab 18 Jahre. Bitte Identitätspapiere mitbringen. Glücksspiel kann süchtig machen. Hilfeerhalten Sie über die Spielerschutz-Hotline der WestSpiel-Gruppe (kostenfrei) 0800 WESTSPIEL bzw. 0800 937877435 oder bei der Bundes-zentrale für gesundheitlicheAufklärung (kostenfrei) unter 0800 1372700.RZ_Bremen_Imageanzeige_190x90mm.indd 1 07.05.13 12:18