MITTEILUNGEN - Deutsche Exlibris-Gesellschaft
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20. Um dem Verkauf von <strong>Exlibris</strong> ohne Wissen der Eigner — und teilweise vor<br />
der Auslieferung eines Auftrags - entgegenzuwirken, wird erwogen, eine Art<br />
Checkliste zu erarbeiten, die Künstler und Eigner vor Auftragsvergabe<br />
gemeinsam durchgehen (können), um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.<br />
Der Vorschlag aus dem Plenum, die Namen der „Schwarzen Schafe"<br />
auf der DEG-Homepage zu veröffentlichen, wurde ebenso verworfen wie die<br />
Idee, einen rechtsverbindlichen Vertrag zu entwickeln. Dr. BLUM wird die<br />
Checkliste (Vereinbarung) erarbeiten, sie muss in Deutsch und Englisch sein<br />
und sollte auf der Homepage und in den Mitteilungen veröffentlicht werden.<br />
Gezeichnet für beide Protokolle Birgit GÖBEL-STIEGLER, Berlin im Mai 2006<br />
✥<br />
DER MANN OHNE SCHATTEN<br />
Da wir bekanntlich seit Urzeiten das Volk der Dichter und Denker sind, gilt es<br />
jedes Jahr viele Jubiläen zu feiern. Noch einer, der wie HEINE ein Herz in<br />
Frankreich schlagen hatte und der sich während der Epoche der Romantik der<br />
Feder bediente, um seine Weltvorstellungen, Gefühle und die Gebilde seiner<br />
Phantasie in Worte zu fassen, war Adalbert von CHAMISSO (1781—1838).<br />
Lebte er noch, würde er heuer seinen 225. Geburtstag feiern. Da ihn kaum<br />
einer mehr kennt, lohnt es für ihn nicht, aus dem Grab herauszusteigen.<br />
Anders als HEINE war er in Frankreich als Louis Charles Adélaide DE<br />
CHAMISSO DE BONCOURT geboren und mit der Familie vor der Revolution als<br />
Emigrant nach Deutschland geflohen. Blumenmaler, Page der preußischen<br />
Königin Luise, preußischer Offizier, Studium der Botanik und Medizin, dreijährige<br />
Weltreise zu Naturstudien, Direktor des Berliner Botanischen Gartens<br />
markieren die Stationen eines bewegten Lebens, in dem er nebenbei auch<br />
immer wieder Beiträge zur Literatur lieferte.<br />
Seine Märchennovelle Peter Schlemihls wundersame Geschichte (1813) ist<br />
sicher sein bekanntestes Werk, gesucht vor allem von Bibliophilen, da sie in<br />
vielen schönen illustrierten Ausgaben erschienen ist. George CRUIKSHANK,<br />
Adolf MENZEL, Ernst Ludwig KIRCHNER, Alfred HAGEL und Emil PREETORIUS<br />
gehören zu den vielen, die den Mann ohne Schatten ins Bild gesetzt haben.<br />
Die Novelle spiegelt die Biographie des Autors, das bewegte Leben, die<br />
Identitätsproblematik. Der Protagonist der Novelle begegnet einem grauen<br />
Mann, der ihm seinen Schatten abkauft und ihm dafür Fortunatis<br />
Glückssäckel überlässt, dem er Golddukaten ohne Ende entnehmen kann.<br />
Trotz seines Reichtums isoliert ihn der Verlust seines Schattens gesellschaftlich,<br />
den Menschen wird er unheimlich. Als der graue Mann, der sich als der<br />
Teufel entpuppt, ihm auch noch die Seele abkaufen will, verweigert es dies.<br />
Vom Rest seines Geldes kauft er sich Schuhe — Siebenmeilenstiefel, wie sich<br />
herausstellt – und begibt sich auf Forschungsreisen.<br />
Von Jürgen CZASCHKA habe ich mir einen Schlemihl als <strong>Exlibris</strong> stechen lassen.<br />
CZASCHKA teilt das Blatt in zwei Teile, die wesentliche Episoden der Novelle<br />
aufgreifen. Im linken größeren findet sich Schlemihl sprichwörtlich von der<br />
<strong>Gesellschaft</strong>, der er in seiner Schattenlosigkeit unheimlich ist, „an die Wand<br />
gestellt“. Im Gegensatz zu den üblichen Reaktionsmechanismen, nach denen<br />
der in die Ecke Gedrängte aggressiv reagiert, bleibt der Schattenlose angstvoll<br />
erstarrt vor der Mauer stehen, während die schattenwerfenden Mitglieder der<br />
<strong>Gesellschaft</strong> ihn mit aggressiven Gesten bedrohen. Das romantische Märchen<br />
wird hier von der Wirklichkeit eingeholt, in der Sonderlinge, Außenseiter, alle,<br />
31<br />
Ruslan AGIRBA und Vasyl FENCHAK, Ukraine<br />
Olaf GROPP und Marita TISCHER<br />
v<br />
Nijolé SALTENYTÈ, Litauen, 2000<br />
Jürgen CZASCHKA, Deutschland, 1999, C2<br />
Foto: Klaus THOMS<br />
Foto: Frank-Ivo van DAMME<br />
Mitteilungen 2/2006