MITTEILUNGEN - Deutsche Exlibris-Gesellschaft
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wird, wobei die Figur des gescheiterten Varus nicht gerade eine Nebenrolle<br />
spielt, auch wenn die Geschichtsbücher immer die der Sieger sind.<br />
In Vorfreude auf die Ausstellung im Jahr 2009 gab Horstfried MASTHOFF bei der<br />
Chemnitzer Graphikerin und Buchkünstlerin Bettina HALLER (Jahrgang 1971)<br />
ein <strong>Exlibris</strong> in Auftrag. Thema des Blattes: Der römische Feldherr Varus, der im<br />
Jahr 9 n.Chr. vernichtend durch die Germanen geschlagen wurde. Der vollständige<br />
Verlust der drei Legionen (XVII, XVIII und XIX) war für Rom und Kaiser<br />
Augustus eine Niederlage von noch nie da gewesenem Ausmaß. Die vernichteten<br />
drei Elite-Legionen wurden nie wieder aufgestellt.<br />
Das Standbild Der gescheiterte Varus im Kardinal-von-Gahlen-Park sollte als<br />
Vorlage dienen, zur Erinnerung an dieses Ereignis von welthistorischer Bedeutung.<br />
Nach langer Suche hatte man sich für die ehemalige Schülerin von Prof.<br />
Karl-Georg HIRSCH entschieden, die sich als prädestiniert erwies, mit ihren feinen<br />
Lineaturen und Schraffuren die innere Zerrissenheit und Verzweiflung des<br />
gescheiterten, verratenen und gedemütigten Varus herauszuschleudern. Wie<br />
man sieht, war die Wahl der Künstlerin eine gute, macht doch die in Acryl<br />
gestochene Zeichnung im Betrachter die starken Emotionen des Gescheiterten<br />
sinnlich spürbar. Zerbrochen liegen die Legionszeichen, der Schatten des<br />
Kaisers Augustus („Quintili Vare, legiones redde!“) ist wie eine stumme Anklage,<br />
der angedeutete Blitz, Symbol des Unheils.<br />
Eva MASTHOFF<br />
Bettina HALLER, geboren in Karl-Marx-Stadt, jetzt Chemnitz, absolvierte ihr Studium<br />
an der Hochschule für Graphik und Buchkunst Leipzig, Fachbereich Buchgestaltung bei<br />
Prof. Karl-Georg HIRSCH. Seit 1988 ist sie in ihrer Geburtsstadt als selbständige<br />
Graphikerin tätig und gründete dort zusammen mit Andrea LANGE die Sonnenberg-<br />
Presse.<br />
✥<br />
EIN BULGARISCHES EXLIBRIS UND SEINE WURZELN<br />
Unter den <strong>Exlibris</strong> des Sammlers Emil KUNZE zum Thema David und Goliath<br />
fällt ein Blatt auf, das offensichtlich von der herkömmlichen Auffassung und<br />
Gestaltung abweicht. 1 In der Überlieferung des Alten Testaments wird über die<br />
in der bildenden Kunst häufig dargestellte Begegnung berichtet: „Und David<br />
tat seine Hand in die Hirtentasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte<br />
ihn und traf den Philister an die Stirn, daß der Stein in seine Stirn fuhr<br />
und er zur Erde fiel auf sein Angesicht." 2<br />
In der farbigen Radierung der bulgarischen Künstlerin Jeni KATELIEVA ist das<br />
Ergebnis des Zweikampfes zwischen David und Goliath dargestellt. Zu beiden<br />
Seiten von belaubten Ästen mit birnenartigen Früchten flankiert, liegt der muskulöse<br />
Anführer der Philister am Boden in der Diagonalen ausgestreckt.<br />
Während Goliath ohne jegliche Bewaffnung wiedergegeben ist, hält der<br />
schlanke, geradezu ästhetisch wirkende jugendliche David die Steinschleuder in<br />
der linken Hand. Die Sonnenscheibe im Hintergrund weist auf den Sieg des<br />
kriegerisch unerfahrenen Hirten hin, während drei im Vordergrund liegende<br />
Steine auf die tödliche Waffe hinweisen.<br />
Folgt die Künstlerin bis hierher durchaus der textlichen Schilderung, so ist die<br />
Gestaltung des aufrecht stehenden David dagegen ungewöhnlich. Mit dem auf<br />
den Körper des getöteten Goliath gesetzten linken Fuß, der hier durchaus als<br />
Siegesgeste zu sehen ist, weist sie auf der Suche nach den ikonographischen<br />
Wurzeln auf die bulgarische Kunst der nationalen Wiederbesinnung des ausgehenden<br />
18. und beginnenden 19. Jahrhunderts hin. Dort ist es das häufig wiederkehrende<br />
Motiv „Der Erzengel Michael reißt dem sterbenden Geizigen die<br />
35<br />
Bettina HALLER, Deutschland, 2006, X6<br />
Jeni KATELIEVA, Bulgarien, 2006, C3, David und<br />
Goliath<br />
Mitteilungen 2/2006