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seitenbühne Nr. 23 - Staatsoper Hannover

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anderen Ende der Skala, der Idee von Nietzsches›Übermenschen‹ diametral entgegengesetzt,steigt man die Darwinsche Evolutionsleiterhinunter und landet beim Tier.« (HelenStoddart) Der Zirkus des 19. Jahrhundertsstellt den durchtrainierten, überlegenenKörper des Athleten dem deformierten, inferiorenKörper der »Missgeburt« schonungslosgegenüber. Es ist in diesem Zusammenhangüberaus bemerkenswert, dass die Kostümierungdes Superman (also des in wörtlicherÜbersetzung »Übermenschen«!) mit seinenüber einem eng anliegenden, einteiligenKörperanzug getragenen Shorts aus derklassischen Kleidung des Zirkusathleten, des»Manns aus Stahl« (so auch eine BezeichnungSupermans), hergeleitet zu sein scheint.Der bösartige Held und der gutherzigeSchurke»In Comics, Rockmusik, Zirkus-Shows undKarneval-Vorführungen wird der archetypischeAußenseiter nicht durch die Frau,den Homosexuellen, den Juden, die Rothautoder den Schwarzen repräsentiert […].Durch alle Jahrhunderte seit Menschengedenkenist es der seltsam geformte Körper,mit dem die Andersartigkeit verkörpertwird.« (Rosemarie Garland Thomson) Wagneraber hat seinen Mime mit Attributen ausder gesamten Palette von Außenseitern versehen:In seiner Musik und seiner Sprechweiseträgt Mime unverkennbar jüdischeZüge, in seiner stets auch von ihm selbstpropagierten Mutterrolle klingen homosexuelleFacetten an, sein Körper ist – wie wirbereits erfahren haben – deformiert, sogarmit einer dunkleren Hautfarbe stattet ihndarin, vorhandene Motive und Archetypenaus den unterschiedlichsten Mythen zwarzu verwenden, dem vorgegebenen Schemadabei aber eben gerade nicht zu folgen, sondernein ganz eigenes, ebenso widersprüchlicheswie modernes Drama zu gestalten.Wagner laut seiner ursprünglichen Regieanweisungaus. Wagner macht aus derTrickster-Figur des Mime einen vielschichtigenCharakter. In der Rezeptionsgeschichtegemeinhin auf den lächerlichen, bösartigenZwerg reduziert, scheint Mime inseiner allzu übertrieben gespielten (mütterlichen)Fürsorge doch auch immer wiedereine innere Verbundenheit mit seinem Pflegekinddurchblicken zu lassen. Der Tricksterist gut und böse zugleich. Und umgekehrt istauch Siegfried alles andere als ein makelloserHeld. Wohl gewinnt er am Ende desdritten Ring-Teils seine »Prinzessin« Brünhilde.Aber anders als Superman ist er nichtetwa ausgezogen, um die Welt zu retten,sondern um eigene, rein egoistische Motivezu verfolgen. Dabei ist ihm jede höhere Moralvollkommen fremd: Er tötet seine Gegnergewissenlos und ohne zu zögern. Dem vonihm niedergestreckten Pflegevater, dem einzigenMenschen, den er bis dahin in seinemLeben kennen gelernt hat, weint er keineeinzige Träne nach. Ob das der Stoff ist, ausdem Helden gemacht sind?Wagners Genie besteht nicht zuletzt auchOper von Richard WagnerZweiter Tag der Tetralogie Der Ring des Nibelungen Wolfgang Bozic Barrie Kosky Klaus Grünberg Klaus Bruns Ulrich LenzRobert Künzli Johannes Preißinger Béla Perencz Stefan Adam /Frank Schneiders Albert Pesendorfer Julie-Marie Sundal Brigitte Hahn Ania Vegry / Hinako Yoshikawa Sonntag, 10. April 2011, 11 Uhr Sonntag, 17. April 2011, 16 Uhr — Live imRadio auf NDR Kultur.Mit freundlicher Unterstützung vonHauptsponsor

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