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FÄCKL A. & CO. Ohg - Montaner Dorfblatt

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6<br />

Plentnriarn<br />

Ehevorbereitung<br />

Anno<br />

Dazumal<br />

Vorbereitung auf die Ehe beinhaltet<br />

heutzutage nicht nur Informationen<br />

über ein gemeinsames spirituelles Leben<br />

und über Kindererziehung, sondern<br />

ist – man sieht es an den Brautleutewochenenden – meist ein<br />

Rundumpaket an rechtlicher, kommunikationswissenschaftlicher<br />

und psychologischer Schulung. Das war nicht immer so.<br />

Wurden in den 80er Jahren aus den Brautkursen die Ehevorbereitungskurse,<br />

so gab es vorher eine lange Epoche, in denen<br />

nur die Frau für die Vorbereitung auf die Ehe zuständig war. Und<br />

auch diese Vorbereitung mutet heut fast schon unglaublich an –<br />

denn es ging tatsächlich nur um das Eine … Das leibliche Wohl<br />

des zukünftigen Gatten.<br />

Meine Mutter erzählte mir kürzlich wie das war. Noch in den<br />

50er Jahren war es offenbar üblich, dass frau sich vor der Ehe<br />

fachlich ausbilden ließ, um in Zukunft dem Herrn der Schöpfung<br />

kulinarisch auch wirklich was bieten zu können.<br />

Und der Ort, wo das am besten möglich war, waren offenbar die<br />

Pfarrwiden.<br />

Meine Großmutter war in den Jahren vor 1920 nach Neumarkt<br />

ins Kloster gegangen, um das Kochen zu lernen, meine Mutter<br />

war im Jahr 1952 drei Monate lang bei der Häuserin in Schenna.<br />

Man war damals anscheinend als „Au Pair“ dort, also ohne Bezahlung,<br />

das Kochenlernen war Entschädigung genug. Die Schennaner<br />

Häuserin war vorher in Pinzon tätig gewesen, weshalb in<br />

jenen Jahren nacheinander mehrere junge Frauen zum Kochenlernen<br />

nach Schenna gingen – außer meiner Mutter noch die Poli-<br />

Maridl, die Mortl-Traudl und die Poli-Resi. Im Widum wurden<br />

jeden Tag drei Geistliche verköstigt: Der Pfarrer, der Kooperator<br />

und ein griechischer Geistlicher, der zu Besuch weilte. Die Mädchen<br />

mussten bei allen anfallenden Tätigkeiten mithelfen: Neben<br />

der Küchenarbeit hieß es also auch Bettenmachen, Putzen und<br />

Bedienen, falls größere Gesellschaften (etwa bei Beerdigungen)<br />

anfielen.<br />

Manchmal kam auch der zukünftige Ehemann, dem diese<br />

ganzen Vorbereitungen ja eigentlich gewidmet waren, zu Besuch<br />

– dann ging das Pärchen eine Runde spazieren, bevor die nächste<br />

Lerneinheit anzutreten war.<br />

Meine Mutter erzählt davon, dass sie gar einige neue Gerichte<br />

kennen lernte – offenbar war so ein Pfarrwidum ein Ort, an dem<br />

sich Traditionen kreuzten und wo Innovation durchaus gefragt<br />

war.<br />

Das Füllen von Melanzane hat sie dort ebenso gelernt wie das<br />

Verwenden von Zucchini in der Küche, auch galt dem Kombinieren<br />

der Lebensmittel ein besonderes Augenmerk.<br />

Schlecht ging es den Geistlichen zur damaligen Zeit wahrlich<br />

nicht. Im Kochbuch meiner Mutter findet sich ein „Wochenspeiszettel“,<br />

der verständlich macht, warum die jungen Frauen gerade<br />

bei den Pfarrersleuten die Kunst des Kochens erlernten - und so<br />

berechtigterweise (?) auf die Kunst einer gelingenden Ehe hoffen<br />

konnten.<br />

montaner dorfblatt<br />

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Ihr Rezept im <strong>Dorfblatt</strong>?<br />

Haben Sie ein besonderes Rezept. Vielleicht ein Rezept, mit<br />

welchem eine typische <strong>Montaner</strong> Kost zubereitet wird? Dann<br />

schicken Sie uns dieses Rezept zur Veröffentlichung! (wt)<br />

Das Kochbuch<br />

Wochenspeiszettel:<br />

Sonntag:<br />

Mittag: Milzschnittensuppe, Kalbsbraten, Reis, Bohnensalat<br />

Abends: The, Frankfurterwürstl, Salzkartoffel und Salat<br />

Montag<br />

Mittag: Sternsuppe, gekochtes Rind oder Kalbfleisch, Noggi<br />

(=Gnocchi?), gelbe Rüben und Salat<br />

Abend: Griessuppe, Risotto, Salat und Kompott<br />

Dienstag<br />

Mittag: Schöberlsuppe, Schnitzlen, Kartoffelpüre, gemischten Salat,<br />

Bohnen<br />

Abend: Schmarrn, Kompott, Salat<br />

Usw.<br />

Einige Mittagessen aus dem Widumskochbuch:<br />

12. April 1952: Schwammerlsuppe, gezierter Reis mit gebackenem<br />

Karfiol, Kalbsbraten, gemischter Salat, Bozner Kompot,<br />

Mehlspeise (Gesundheitskuchen)<br />

27. April 1952: Backerbsensuppe, Reis, gefüllte Kalbsbrust, grüner<br />

Salat, Sandtorte<br />

Nachtessen: Erbsensuppe, kalten Aufschnitt, Wurst und hartgesottene<br />

Eier<br />

30. April 1952: Schneeflockensuppe, gefüllter Schweinsbraten,<br />

Pratkartoffel, gefüllte Tomaten mit Reis, eingeweckte Bohnen und<br />

grünen Salat, Mehlspeise (Nussgipfelchen), Obst (Oranschen).<br />

29. Juni 1952: Suppe verschleierte Jungfrau, Hühnerbraten, Reis<br />

mit gedünstetem Gemüse verziert, grüner Salat, Mehlspeise (Königstorte),<br />

gemischtes Obst<br />

P.S. Was es mit der verschleierten Jungfrau auf sich hatte, konnte ich<br />

in dem zerfledderten Kochbuch leider nicht ausfindig machen. (bf)

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