„<strong>Eine</strong>n Pionier erkennt man an den Pfeilen in seinem Rücken“ Beverly RubikJohannes KeplerZusammen mit Galileo Galilei kann Johannes Kepler ruhigen Gewissens als Schöpfer <strong>der</strong>exakten Naturwissenschaften gesehen werden. Obwohl sie zur gleichen Zeit lebten undwirkten begegneten sie sich nie und korrespondierten wenig. Galilei schrieb nach KeplersTod: „Ich habe Kepler als freien - zu Weilen noch zu freien - und feinen Philosophen stetshoch geachtet ; meine Art zu Philosophieren ist aber durchaus verschieden von <strong>der</strong> seinigen."6Johannes Kepler wurde am 27.12.1571 in Weil, 20 km von Stuttgart geboren. Als eherschwächliches Kind leidet er an Pocken und behält davon geschädigte Augen. Der Begrün<strong>der</strong><strong>der</strong> neuen Astronomie hat somit nie ein klares Bild von Monden, Planeten und Sternen gesehen.Alsbald wird seine überdurchschnittliche Intelligenz erkannt und er bekommt mitacht Jahren von seiner Heimatstadt ein Stipendium für das berühmte Tübinger Stift, um dortTheologe zu werden. Er lernt Latein, Griechisch, Hebräisch, Philosophie, Mathematik, aristotelischePhysik und Astronomie. Erst danach beginnt die eigentliche theologische Ausbildung.Während seines Studiums bringt ihn sein damaliger Mathematiklehrer MichaelMästlin auf die Frage: Ist nach Ptolemäus – die Erde, o<strong>der</strong> – nach Kopernikus – die Sonne <strong>der</strong>Mittelpunkt <strong>des</strong> Planetensystems? Die Antwort auf diese Frage öffentlich zu proklamieren istdamals eine heikle Angelegenheit. Es geht dabei nicht nur um Wissenschaft son<strong>der</strong>n um Philosophieund Religion, mit <strong>der</strong>en Würdenträgern man es sich leicht verscherzen kann. DaKepler schon in seinen wissenschaftlichen Arbeiten die kopernikanische Sicht vertritt, unddies gar nicht im Sinne seiner Tübinger Gelehrten ist, entscheiden diese ihn leise los zu werden.Sie schicken ihn als Mathematiklehrer an die protestantische Stiftschule in Graz. Hiermuss er neben seiner Lehrtätigkeit auch sogenannte „Kalen<strong>der</strong>“ fertigen. Diese enthieltenVoraussagen über drohende Seuchen, Missernten, politische Entwicklungen für das kommendeJahr. Die Astrologie, das „närrische Töchterlein <strong>der</strong> Astronomie“ 7 nervt und belastetKepler sein ganzes Leben hindurch, bis er kurz vor seinem Tod sogar <strong>der</strong> Hofastrologe <strong>des</strong>abergläubischen Fürsten Wallenstein wird. In Graz wird ihm seine Lebensaufgabe bewusst.Er will die wissenschaftliche Begründung <strong>des</strong> heliozentrischen Weltbil<strong>des</strong> o<strong>der</strong> wie er späterfesthält: „die Physik <strong>der</strong> himmlischen Phänomene an <strong>der</strong> Stelle <strong>der</strong> Theologie und Metaphysik<strong>des</strong> Aristoteles“. Er gilt als weithin geachteter Gelehrter und findet in Graz eine Frau.Doch es sollte die Ruhe vor dem Sturm sein. Die Strömung <strong>der</strong> Gegenreformation kommtnach Graz und die meisten Protestanten werden vertrieben. Kepler darf bleiben ist abernicht verschont von diversen Repressionen. Da kommt ein Angebot aus Prag vom damals berühmtestenAstronomen, dem Dänen Tycho Brahe, welcher das vermittelnde Weltsystemzwischen Ptolemäus und Kopernikus entwickelt, nachdem sich die Planeten um die Sonne6 (Galilei, 16.Jhdt.)7 (Kepler, 16.Jht.)JK13
und die Sonne um die Erde dreht. Dort trifft er auch auf Willebrord von Rojen Snell, auchSnellius genannt um mit ihm und Brahe gemeinsam astronomische Beobachtungen zu machen.Kepler hatte sich zuvor mit <strong>der</strong> Frage beschäftigt warum es nur sechs Planeten gibtund anhand <strong>der</strong> Geometrie <strong>der</strong> fünf Körper (Würfel, Tetrae<strong>der</strong>, Oktae<strong>der</strong>, usw.) das „mysteriumcosmicum“ gelüftet. Doch Brahe hält nichts davon und bietet Kepler an mit ihm die genauenUmlaufbahnen <strong>der</strong> Planeten zu berechnen und das tychonische Planetensystem zubeweisen. Zweiteres misslingt zwar, führt jedoch später zu den kepler´schen Gesetzen überelliptische Planetenlaufbahnen. Hier handelt es sich um die ersten exakt formulierten Naturgesetze<strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong>. Er kommt zu <strong>der</strong> Ansicht, dass die Sonne eine in die Peripherie reichendeKraft ausübt, welche die Planteten auf ihren Bahnen hält. Dies führt zu <strong>der</strong> Ansicht,dass sich <strong>der</strong> Mars auf einer Ellipsenbahn bewegt, <strong>der</strong>en Brennpunkt in <strong>der</strong> Sonne liegt (ersteskepler´sches Gesetz). Das zweite Gesetz besagt, dass ein Planet umso langsamer wird, jeweiter er sich von <strong>der</strong> Sonne entfernt. Ein Jahr nachdem Kepler nach Prag kommt stirbt Braheund er selbst wird zum kaiserlichen Mathematikus. Nun ist er überzeugt in <strong>kurze</strong>r Zeit diegenauen Planetenbahnen berechnen zu können. Er bemerkt jedoch, dass Brahes Messungenungenau sind weil die Richtung in <strong>der</strong> ein Stern o<strong>der</strong> Planet von <strong>der</strong> Erde aus gesehen wirdaufgrund <strong>der</strong> Brechung von Licht an <strong>der</strong> Atmosphäre von <strong>der</strong> tatsächlichen abweicht. Somitbeschäftigt er sich mit einem <strong>der</strong> Grundprobleme <strong>der</strong> <strong>Optik</strong>: <strong>der</strong> Brechung. 1604 veröffentlichter „ astronomia nova“, eines seiner berühmtesten Werke, welches auch schon die Theorie<strong>der</strong> Konstruktion eines Fernrohres und die ersten zwei Kepler´schen Gesetze enthält. Erstellt unter an<strong>der</strong>em fest und berechnet, dass Luft entgegen <strong>der</strong> allgemeinenPhysikermeinung sehr wohl ein Gewicht hat. Jahrzehntelang beobachtet er die Planeten umdie wahre Geschwindigkeit und Laufbahn zu ermitteln. Es bleiben jedoch immer kleine Abweichungenzwischen seinen Beobachtungen und seinen Berechnungen. Das kopernikanischeSystem, nachdem sich die Planeten in Kreisbahnen um die Sonne bewegen ist für ihnnicht mehr haltbar. Er entwickelt ein übergeordnetes Prinzip, nachdem Erde und Mars in Ellipsenbahnenin konstanter Geschwindigkeit um die Sonne laufen, zusätzlich von einer unsichtbarenKraft (Gravitation) gegenseitig beeinflusst. Somit kommt Kepler Newton´sGravitationsvortsellungen schon ziemlich nahe und begründet eigentlich die Astrophysik. AlsGalileis Fernrohrbeobachtungen die Allgemeinheit zuerst in Begeisterung, dann in Ablehnungund zuletzt gar in Aggression versetzt, steht Kepler öffentlich zu seiner Unterstützungvon Galilei. Jene Fernrohrbeobachtungen bringen ihn dazu sein zweites bedeuten<strong>des</strong> Werk„Dioptrice“, <strong>der</strong> Lehre von <strong>der</strong> Dioptrie, über die Abbildungen von optischen Instrumentenzu verfassen. Er begründet das photometrische Gesetz wonach die Intensität einer Punktlichtquellemit dem Quadrat <strong>der</strong> Entfernung abnimmt, was übrigens auch auf die Gravitationskraftzutrifft. Zu dieser Zeit verschlechtern sich sowohl die Arbeits- als auch die Lebensbedingungenin Prag. Kaiser Rudolf II. dankt ab, mit <strong>des</strong>sen Bru<strong>der</strong>, welcher den Thron erklimmthat Kepler kein gutes Verhältnis. Sein sechsjähriger Sohn und seine Frau sterben. SeinGehalt wird ihm nicht mehr gezahlt und vergebliche Versuche in Tübingen als Professor eineAnstellung zu finden scheitern weil er das Aristotelische Weltbild nicht teilt. Es bleibt ihm alsonichts an<strong>der</strong>es mehr übrig als ein altes Angebot aus Linz anzunehmen, alsLandschaftsmathematikus. Es folgen wenige glückliche Jahre in denen er seine neue Frau14JK