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Heileurythmie, Dipl-Psych. Sabine Petersen - Living Brain and Body ...

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HeilungdurchBewegungEine kurz-gefasste Einführung indie <strong>Heileurythmie</strong>von<strong>Sabine</strong> <strong>Petersen</strong>


<strong>Heileurythmie</strong>……..?• Hat das nicht was mit Waldorfschule zu tun?• Haben die nicht immer solche Schleier an?• Das ist doch nur etwas für Anthroposophen!• Ist das nicht so was Ähnliches wie Tai Chi?• Ich bin sicher nicht sportlich genug dafür!• Das hat irgendwas mit Steiner zu tun!• Ist das nicht nur was für Kinder?• Das hilft sicher nur bei Bewegungsstörungen!• Wofür ist <strong>Heileurythmie</strong> denn gut?• Ich bin so unrhythmisch und unmusikalisch, das ist sicher nichts für mich!• Bei welchen Krankheiten hilft sie?• Wie funktioniert das eigentlich?Heute gibt es <strong>Heileurythmie</strong> in jeder mittelgroßen deutschen Stadt, und invielen kleineren auch. In fast jeder der über 130 WaldorfschulenDeutschl<strong>and</strong>s gibt es einen Heileurythmisten oder eine Heileurythmistin, inKliniken, Sanatorien und heilpädagogischen Einrichtungen wird intensiv mit<strong>Heileurythmie</strong> gearbeitet.Tausende Patienten haben Heilung bzw. Linderung ihrer Leiden durch die<strong>Heileurythmie</strong> erlangt.Und doch gibt es so viele unklare Vorstellungen von ihr.Dieses Büchlein soll helfen, Klarheit zu schaffen, und die <strong>Heileurythmie</strong>verständlich und überschaubar dem interessierten Leser vorstellen.2


Heilung durch BewegungEine kurz-gefasste Einführung in die <strong>Heileurythmie</strong>von<strong>Sabine</strong> <strong>Petersen</strong>InhaltEinleitung………5Grundelemente der <strong>Heileurythmie</strong>1. Laute – Bewegung………62. Vokalerleben aus dem Empfinden ………73. Konsonantenerleben aus den vier Elementen ………94. Lautgebärden in der <strong>Heileurythmie</strong>…………125. Weitere Bewegungselemente…………136. <strong>Heileurythmie</strong> mit musikalischen Elementen………15Wie geht die HE-Beh<strong>and</strong>lung praktisch vor sich?7. Beginn und Verlauf der Beh<strong>and</strong>lung………168. Wichtig, wichtig!! Das Üben………179. Warum ist die <strong>Heileurythmie</strong> gerade bei Kindern so hilfreich?………1810. <strong>Heileurythmie</strong> mit kleinen Kindern (0-3 Jahre)………1811. <strong>Heileurythmie</strong> mit Kindergarten- und Schulkindern………1912. <strong>Heileurythmie</strong> mit körperbehinderten Menschen………2013. <strong>Heileurythmie</strong> mit bettlägerigen Menschen………20Finanzierungsfragen14. Wie viel kostet die <strong>Heileurythmie</strong>?………2115. Zahlen die Krankenkassen?………21Ähnlich oder <strong>and</strong>ers?16. Künstlerische Eurythmie………2217. <strong>Psych</strong>otherapie und <strong>Heileurythmie</strong>………2318. Krankengymnastik und <strong>Heileurythmie</strong>………2419. <strong>Heileurythmie</strong> im Vergleich mit Tai Chi und Yoga………253


Grundlagen des anthroposophischen Menschenbildes20. Kommt jetzt die graue Theorie?………2621. Der dreigliedrige Mensch………2722. Krankheitstendenzen des dreigliedrigen Menschen………3123. <strong>Heileurythmie</strong> des dreigliedrigen Menschen………3424. Das viergliedrige Menschenbild………3625. Einige Patientengeschichten………3926. <strong>Heileurythmie</strong> in der Krebsbeh<strong>and</strong>lung………45Indikationen für <strong>Heileurythmie</strong>27.Bei welchen Krankheiten hilft die <strong>Heileurythmie</strong>?………46Anthroposophie28. Rudolf Steiner………4829. Anthroposophie………5030. Krankheit auf dem Hintergrund von Reinkarnation und Karma……..5131. <strong>Heileurythmie</strong> mit geistig-behinderten Menschen………5232. Kosmische Kräfte in der <strong>Heileurythmie</strong>………53Wer kann <strong>Heileurythmie</strong> erteilen?33. Die Ausbildung zur Heileurythmistin………54AnhangHinweise auf weiterführende Literatur………55Adressen………56Hinweis……..574


EinleitungImmer wieder werde ich gefragt: “Gibt es denn nicht etwas einfaches über die<strong>Heileurythmie</strong> zu lesen, etwas, was jeder verstehen kann, auch wenn mannoch keine Eurythmie gemacht hat?”Ich konnte nur verneinen, die vorh<strong>and</strong>ene Literatur war den Fragern oft zukompliziert. Daher habe ich nun versucht, ein Büchlein zu schreiben, das demBedürfnis, sich schnell über diese Therapieform zu informieren,entgegenkommt. Es ist so konzipiert, dass es einfach anfängt und ganzallmählich immer komplexer und umfassender wird. So kann man als Leserselbst bestimmen, wie intensiv man sich mit der <strong>Heileurythmie</strong> beschäftigenmöchte.Es ist mir natürlich wichtig zu erwähnen, dass eine kurze Beschäftigung mitder <strong>Heileurythmie</strong> anh<strong>and</strong> dieses Textes, zumal wenn man nur die erstenKapitel liest, dem Wesen und der Komplexität der <strong>Heileurythmie</strong> nicht gerechtwird. Diese Texte können die erlebte, selber gemachte Erfahrung mit der<strong>Heileurythmie</strong> nicht ersetzen. Erst im eigenen Erleben der <strong>Heileurythmie</strong> miteiner/em Heileurythmistin/en können sich die Möglichkeiten dieser Therapierichtig erschließen.Ich werde fortan ausschließlich von Heileurythmistinnen sprechen, undschließe die männlichen Kollegen natürlich dabei ein.5


Grundelemente der <strong>Heileurythmie</strong>1. Laute – BewegungDie Sprache aller Völker setzt sich aus verschiedenen Lauten zusammen, esgibt mehr vokalische Sprachen, die sehr melodiös klingen, z.B. das Italienischoder mehr konsonantische, die konturierter klingen, z.B. das Tschechische.Das Italienische eignet sich sicher gut für Liebeslieder, das Tschechischeeher zum Besingen von Heldentaten. Dennoch liegen allen Sprachendieselben Laute zu Grunde, jede Sprache entwickelt einige spezielle Laute,wie z.B. das TH im Englischen, das <strong>and</strong>ers auch im Spanischen vorkommt, imDeutschen aber nicht.Die Laute der Sprache haben einen universellen Charakter. Jeder Menschbedient sich ihrer, um sich mitzuteilen, um mit <strong>and</strong>eren Menschen im Kontaktzu sein.Die Laute erklingen in der Luft, werden durch Schwingungen der Luftgetragen. Es gibt Untersuchungen bei denen mit Hilfe von Rauch, in den m<strong>and</strong>ie einzelnen Laute spricht, verschiedene Formen sichtbar gemacht werden,die den jeweiligen Lauten entsprechen. Da kann man sehen, wie dieeinzelnen gesprochenen Laute den Rauch durch ihre Luftbewegungen ganzunterschiedlich formen. Andere Untersuchungen beschäftigen sich damit,dass beim Sprechen verschiedener Laute sich die Strömungsart des venösenBlutes im Menschen verändert. Es gibt also ganz feine, unmerkbareBewegungen in der Luft oder in uns, wenn wir sprechen.In der Eurythmie werden nun die Laute mit Armbewegungen dargestellt, abereigentlich nicht nur als Armbewegungen, sondern als Seelenbewegungen,denen die Arme Ausdruck verleihen, wie wenn man bei Freude die Arme indie Luft wirft. Jeder Laut der Sprache hat eine eigene Bewegung, die vorallem auch eine Bewegung der Seele ist. Man kann sie empfinden undnachvollziehen, wenn man sich fühlend und erlebend mit der Lautqualitätbeschäftigt. Wenn im Folgenden die einzelnen Laute besprochen werden, istes daher wichtig, dass Sie möglichst intensiv empfindend die Lautekennenlernen und sie innerlich nachvollziehen, oder vielleicht sogar mit denArmen die Gebärde ausprobieren.6


2. Vokalerleben aus dem EmpfindenDie Vokale sind die Selbstlaute, so genannt, weil sie der Sprache den Klangverleihen. In diesem Tönen der Vokale kann man erleben, wie es einemMenschen geht, bei heftigen Emotionen bedient er sich der Interjektionen, wieiiii-gitt, oooh wie lieb, aaah, äh-bäh, uuah, aua usw., die alle fast reinvokalischen Charakter haben. Dadurch kann man unmittelbar sein Erlebennach außen bringen.In den Vokalen spricht sich die Seele direkt aus.Das ADas A spricht sich am einfachsten, man macht nur den Mund weit auf, undtönt heraus. Das A tritt dann auf, wenn wir erstaunt sind, wenn uns Eindrückeder Außenwelt überwältigen, man öffnet sich ganz weit, Augen Ohren, Mund,Gebärde, alles ist weit geöffnet in der A-Stimmung. So ist die eurythmischeGebärde auch weit und offen; ein Öffnen und Strecken der Arme im Staunen.Das ENach der offenen A-Gebärde bedeutet das E ein sich verschließen,abgrenzen, zusichkommen, sich auf einen Punkt bringen. Die Gebärde ist dasKreuzen der Arme wie man es z.B. auch im Schreck macht, um sich voretwas zu schützen, um etwas abzuwehren. Aber auch das Verschränken derArme und Beine im Alltag ist eigentlich eine etwas abwehrende E-Gebärde.Das INachdem das E den Menschen zu sich gebracht hat, eine Konzentrationbedeutete, kann man mit dem I von da aus hinausstrahlen, sichselbstbewusst in die Welt stellen. Man streckt einen Arm nach oben (es istletztlich in alle Richtungen möglich), wächst quasi über sich hinaus. Dabeistellt man sich als Persönlichkeit sichtbar dar, kein Verstecken ist mehrmöglich, wie noch im E. Das I hat mit Licht zu tun, mit dem Licht z.B. das mannicht unter den Scheffel stellen sollte, oder dem inneren Licht, das einem dieAufrechte schenkt.Das OOooh, das ist ein ganz liebevoller Laut, kann auch mal mit Erstaunen gepaartsein, aber meistens fühlt man Anteilnahme, Mitleid, oder findet einfach irgendetwas süß oder ist beeindruckt. Unsere Seele lässt ganz viel Wärmehinausströmen, man hüllt das Liebe da draußen mit seiner eigenen Liebe ein.Die Lautgebärde ist daher rund und warm, mit den Armen einen Kreis bildend.Das UUuuh, das sagt man, wenn es unheimlich oder kalt ist. Dabei zieht man sichzusammen, Arme und Beine ganz eng anein<strong>and</strong>er gepresst. Auch wenn mansich im Dunkeln fürchtet macht man U. So ist auch die eurythmischeGebärde, man hält die Arme ganz eng parallel zuein<strong>and</strong>er, oder legt sie sogarganz anein<strong>and</strong>er, sodass es sich ganz eng anfühlt.7


Wie Sie sehen, haben die Vokalgebärden eine gewisse Ähnlichkeit mit dengroß geschriebenen Lauten:A = WinkelE = KreuzI = GeradeO = KreisU = ParallelenLautgebärde des „I“Geschicklichkeits-E8


3. Konsonantenerleben aus den vier ElementenDie Konsonanten sind die sogenannten Mitlaute, viele von ihnen braucheneinen Vokal, oder zumindest etwas Stimmhaftes um überhaupt aussprechbarzu sein, z.b. das H oder das T. Sie haben darüber hinaus die Tendenz eheretwas außen Liegendes, eine Bewegung oder ein Geräusch der unsumgebenden Welt zu beschreiben. Wenn ein Kind, das noch sprechen lernt,ein Auto vorbeifahren sieht oder hört, sagt es Brumm-Brumm, und ahmt damitdas Geräusch des Autos nach. Viele der kindlichen Wortschöpfungen lasseneinen engen Zusammenhang zwischen dem, was das Kind bezeichnen will,und den Lauten die es gebraucht , erkennen. Das Kind geht quasi mit seinemErleben und Empfinden in die Welt hinaus, ahmt die Bewegungen,Geräusche, Formen, Gerüche usw. der Umwelt nach und formt daraus sehrlautmalerische Begriffe, die sich dann allmählich unserenSprachkonventionen anpassen. Alte Sprachen oder Dialekte sind oft demErleben des ursprünglichen Wesens der Laute in den Begriffen zugänglicher.Um eine gewisse gesetzmäßige Ordnung in die Fülle der Konsonanten hereinzu bringen, beschreibe ich jetzt die einzelnen Lautbewegungen in vierQualitätsgruppen, entsprechend den vier Elementen: Erde, Wasser, Luft, undFeuer.Das Erdenelement und seine LauteMit Erde bezeichnen wir in diesem Zusammenhang alles, was eine klare,feste Form hat, was Schwere hat und aus anfassbarer Substanz besteht. Diebesten Repräsentanten sind die Mineralien, Kristalle, aber auch Organe oderSubstanzen aus dem lebendigen Bereich, die dann aber eine besondersfeste, stabile Struktur aufweisen. So könnte man eine alte, knorrige Eichedem Erdelement zuordnen, im Vergleich zu einer eher luftigen Birke.Die Laute die zu diesem Element gehören haben alle etwas Festes, Klaresund Konturiertes, wir nennen sie die Stoßlaute: T, D, G, K, P, B. Wenn siediese Laute ohne mittönenden Vokal aussprechen, enden sie abrupt, sindnicht wie L z.B. lange weiter zu sprechen. So haben die eurythmischenGebärden dieser Laute immer eine recht kräftige, dynamische Vorbewegung,die sich dann aber mehr oder weniger rasch zu einer Form verdichtet. Die inder <strong>Heileurythmie</strong> häufig vorkommenden Laute möchte ich jetzt im einzelnenbeschreiben, wobei berücksichtigt werden muss, dass diese Beschreibungenimmer nur Andeutungen sein können, die , um das Bild deutlicher zu machenevtl. auch etwas vereinfacht sind.Das B: Dabei müssen wir uns etwas Einhüllendes vorstellen, was einen wieein warmer Mantel umgibt, den man mit beiden Händen und Armen dicht umsich herumlegt. Inder eurythmischen Gebärde lässt man dann zwischen sichund dem Mantel noch einwenig Platz, sodass eine Gebärde entsteht die9


aussieht, alsob man einen Säugling auf dem Arm hält. Mit der dazu gehörigenLiebe und Wärme kann man auch diese B-Gebärde begleiten: “Ich behütedich, ich beschütze dich, oder mich”.Das G: Dieses steht in einem gewissen Gegensatz zu B, es ist eine Gebärde,die sich Platz verschaffen will, die evtl. etwas wegschiebt und den eigenenRaum vergrößert. Als Stimmung gehört zu dieser Gebärde: “Geh weg!”Das K: Man fühlt Kraft in den Armen, die bei einer stark geformten Bewegungfast wie bei einem Karate Schlag geführt werden.Das D: Stellen sie sich vor, ein würdevoller, älterer Herr setzt sich auf einenStuhl, und legt in diesem Falle die Arme und Hände sehr gewichtig undbedeutend auf die Armlehnen, dann kann man den Eindruck bekommen: So,nun ist er da! Diese Geste kann man natürlich auch weiter nach untenmachen, aber es gehört zum D ein gewisses gewichtiges Ankommen, Da-Sein.Das Wasserelement und das L und MMit dem Element Wasser wird alles beschrieben was fließt und strömt unddadurch auch in W<strong>and</strong>lung ist. Ein ruhig dahin fließender Strom, der Rheinz.B., aber auch ein kleineres Bächlein, das glucksend über Steine plätschert.Wir können aber auch das, was im Menschen strömt und fließt demWasserelement zuordnen. Empfinden Sie sich für einen Moment wie steif undfestgefroren und dann allmählich als auftauend, fließend werdend, sobekommen sie ein Gefühl für die Qualität des Wassers. Dem entsprichtlautlichDas L, ein Laut, den man immer weiter sprechen kann, den man auch wennman ihn zu schreiben lernt immer wieder in seinen Schlaufen üben kann. DieGebärde ist wie das kontinuierlich strömende Wasser eines Springbrunnens,indem sie in der Mitte aufsteigt, dann die Hände und Arme nach außen wieaufblühend öffnet und dann allmählich wieder außen herab führt.Das M ist ein Laut, der Festes und Wässriges verbindet, der dem Festen hilftgeschmeidig zu werden. So könnte man von diesem Gesichtspunkt sagen,das M ist die Bewegung mit der man Teig knetet, die trockenen Substanzenund die feuchten gut durchmischt. Die Gebärde ist wie ein einfühlsamesDurchdringen und Durchtasten der Luft oder auch einer Flüssigkeit, wobei dieganzen H<strong>and</strong>flächen zu Fühlorganen werden.10


„M“ zu zweitDas Luftelement und das R und HStellen Sie sich einen großen, schön zusammengekehrten Laubhaufen vor, inden plötzlich ein heftiger Windstoß fährt, dann haben sie in den spiraligaufwirbelnden Blättern ein gutes Bild für das R, und in dem Geräusch dertrockenen Blätter das, was wir treffend als Rauschen bezeichnen. Das R kannman förmlich in den Blättern hören, die Bewegung der Blätter brauchen wirnur mit den Armen nachzuahmen, schon wirbeln sie in der eurythmischen R-Gebärde. Das Luftelement bezeichnet alles was gas-luftförmig ist, Leichte hat,sich ausdehnt und sehr beweglich ist. In der deutschen Sprache haben wirviele Wörter, die ganz lautmalerisch das R verwenden, z.B. rennen, rollen,Rad, reiten, usw.Mit dem H wirft man alle Gewichte von sich, alle Belastungen lässt man hintersich. Die Arme, die man vorher kurz in der Körpermitte zusammengeballt hatwerden mit einem Ruck nach außen geworfen. H kann aber auch ganz leichtsein, so wie wenn man mit einem leichten Stoß die Schirmchen einesLöwenzahns in die Luft pustet.Das Feuerelement und seine LauteAufloderndes, züngelndes Feuer, die Funken fliegen, Flammen flackern, eszischt, siedet und braust, und Asche bleibt übrig; schon in der Beschreibungdieses Bildes benutze ich viele der Feuer-Laute: S, Z, F, SCH. DiesesElement bezeichnet alles was mit Wärme zu tun hat, d.h. auch Wärme-Prozesse im menschlichen Körper.Das F: Lassen Sie mit Ihren Armen und Händen die Funken fliegen, als ob sieaus Ihren Fingerspitzen herausstöben, und verfolgen Sie dann gelöst den11


Weg der Funken, dann machen sie eine Art F-Gebärde. Wenn Sie etwas ausdem FF können, dann können sie das gelöst und souverän von sich geben.Das S: Beobachten Sie, wie eine Flamme zum Himmel züngelt, in schnellen,gewundenen Bewegungen hinauf, oder wie ein Herbstblatt langsam und sanftin Schlangenlinien zur Erde segelt, beide Bewegungen entsprechen der S-Gebärde, einmal kraftvoll-dynamisch, einmal beruhigend-langsam. BeideQualitäten gehören zum S, so wie zum Feuer die Asche gehört.Das SCH: Nun müssen Sie sich vorstellen, Sie seien ein Magier und würdenmit beschwörenden, horizontal drehenden, aufsteigenden Bewegungen einenTopf z.B. dazu bringen Rauch oder Schaum hervorquellen zu lassen. WennSie der Bewegung ein bisschen Fahrt verleihen haben sie ein gutes Bild vonder SCH-Bewegung der Eurythmie.4. Lautgebärden in der <strong>Heileurythmie</strong>In der HE werden immer nur einzelne Laute, diese aber intensiv,wiederholend und mit verschiedenen Varianten geübt, sodass durch dieKonzentration die entsprechende Lautkraft ihre Wirksamkeit entfalten kann.Wurden die eurythmischen Gebärden bisher als Armbewegungenbeschrieben, so werden in der <strong>Heileurythmie</strong> alle Lautbewegungen auch mitden Füssen und Beinen gemacht, aber auch ganz klein mit den Händen undFingern oder sogar in bestimmten Fällen mit dem Kopf.Darüber hinaus gibt es für alle heileurythmischen Konsonanten eine spezielleBeinbewegung, die die Wirksamkeit der Laute für den Organismus nochverstärkt. Außerdem ist es ein großer Unterschied, ob man alle Bewegungenz.B. hoch über dem Kopf ausführt, oder sie ganz unten, oder gar hinter demRücken macht. So hat man ein ganzes Spektrum anBewegungsmöglichkeiten, die im Rahmen eines Lautes geübt und allmählichgelernt werden können, wobei die Art der Lautgestaltung vom jeweiligenKrankheitsbild, oder auch von den Fähigkeiten und Kräften des Patientenabhängig ist.An je einem vokalischen und konsonantischen Beispiel möchte ich dieseVerw<strong>and</strong>lung der Lautgebärden in heilkräftige Bewegungen verdeutlichen.Wenn ein Patient das E üben soll, dann wird er die Arme, Hände oder Beinekreuzen, während die Heileurythmistin den Laut ausspricht. Manchmal helfenBilder (z.B. dass man sich schützen oder eine Grenze setzen will) eineintensivere Empfindung der Gebärde zu bekommen. Nach einiger Zeit wirdauch die Übereinstimmung der Gebärde mit dem ausgesprochenen Lauterlebbar. Dann kann eine ganze E-Komposition erlernt werden, indem manzunächst 7 E-Gebärden mit den Armen macht, die erste hoch über dem Kopf,dann immer weiter hinunter und anschließend die Arme überkreuzt immer12


wieder hinauf und hinunter bewegt. Danach werden immer wiederholt dieBeine gekreuzt, wobei man auch noch auf die Zehen gehen kann oder mitgekreuzten Beinen hüpfen kann. Wenn man nun die beschriebene Folge derArmbewegungen wiederholt, hat man mindestens 21 mal E gemacht. So kanndas E seine Heilkraft entfalten. Man könnte aber auch mit verschiedenenRhythmen E machen, dazu auch laufen oder springen, das wird immerindividuell entschieden.Das L ist ein sehr häufig angew<strong>and</strong>ter Konsonant. Wie beim E wird dieBewegung erst einmal kennengelernt, man fühlt sich in das wässrige Elementein, und sehr häufig wird schnell eine erleichternde, befreiende oder lösendeWirkung empfunden. Das kann u.U. dadurch vertieft werden, dass eineweiche schwingende Form dazu gelaufen wird, oder die L-Gebärdenallmählich wachsend geübt werden. Um die Wirkung auf den Organismus zuintensivieren, z.B. wenn man auf die Motorik des Darmes wirken will, mussnoch eine ganz spezielle Beinbewegung hinzugefügt werden. Man hat dieFüße etwa einen Fußbreit ausein<strong>and</strong>er, und bringt die Knie zusammen, d.h.man macht X-Beine. Dadurch entsteht eine Konzentration im unterenOrganismus, die durch einen Hüpfer in dieser Stellung bei gleichzeitiger L-Gebärde noch verstärkt wird.Das hört sich jetzt alles sehr schwierig und kompliziert an, aber es wird ja injedem Falle immer auf die Möglichkeiten des Patienten Rücksicht genommen,und gegebenenfalls die Übung vereinfacht.5. Weitere BewegungselementeVokale und Konsonanten sind die wichtigsten Elemente der <strong>Heileurythmie</strong>.Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl <strong>and</strong>erer Komponenten, die in derHE angewendet werden:a) Rhythmenb) Formenlaufenc) Stab- und Kugelübungend) Dreiteiliges Schreitene) Ballen und Lösena) Das Lied “ Hänschen klein, ging allein…” kennt jeder. Wenn Sie nur denAnfangsrhythmus klatschen, haben Sie einen aufmunternden Rhythmus,der einen in Bewegung versetzt: kurz-kurz-lang, kurz-kurz-lang… VieleWeihnachtslieder, z.B. “Joseph, lieber Joseph mein…” beginnen mit einerLänge, in diesem Falle: lang-kurz, lang-kurz, lang-kurz, lang…DieserRhythmus beruhigt eher, da die Länge den Schwerpunkt bildet. So gibt esverschiedene Rhythmen, die ganz verschieden wirken, wenn man sie z.B.läuft, klatscht oder dazu eine Kugel bewegt.13


) Wenn Sie sich ganz stark und streng aufrecht hinstellen, und dann einengeraden Weg nach vorne gehen, geradeso als wollten sie jem<strong>and</strong>emdeutlich die Meinung sagen, hat das eine <strong>and</strong>ere Wirkung auf Sie, als wennsie etwas verschämt und unsicher einen gewundenen Weg laufen. WennSie jetzt das Verschämte, bzw. das Selbstsichere weglassen, können Siemerken, dass ein gerade gelaufener Weg Sie stärkt, ein gebogener WegSie nicht direkt schwächt, aber weicher und fließender macht. Jedegeometrische Form kann so ganz spezielle Wirkungen ausüben.c) Wir verwenden in der HE Kupferstäbe um Übungen, die u.a. dieGeometrie des Körpers und wie er sich in die drei Raumesrichtungenstellt, bewusst machen. Kupferkugeln, die genau in die H<strong>and</strong> passen, undsich ganz schnell erwärmen, werden wie oben schon angedeutet zuRhythmusübungen verwendet, in dem man sie bei den Kürzen in deneigenen Händen hin und her gibt, bei den Längen dem Anderen. Mit denStäben, die dann aber geworfen werden, können auch rhythmischeÜbungen gearbeitet werden.d) Die Urgebärde des aufrechten,menschliches Ganges wird beimdreiteiligen Schreiten sehr bewusst underlebbar. Die Seele kann sich mit demSchreiten dadurch verbinden, dassman das Entschlossene beim Hebendes Fußes, das freie Tragen in der Luft,und das gefühlvolle Sichverbinden desFußes mit der Erde in einerharmonischen Bewegung übt14


e) Die Urgebärde des Rhythmus ist das Atmen. Gutes, tiefes Atmen ist eineVoraussetzung für gesundende Prozesse. So gibt es eine Übung bei derman nun nicht das Atmen selbst übt, sondern die Grundgebärde desAtmens, das Weiten und Zusammenziehen, das Öffnen und Schließen,das nach außen Lösen und nach innen Zusammenballen. DieseBewegung wird mit den Armen verschieden groß ausgeführt, sodass derganze Brustraum in ein rhythmisches Bewegen kommt.Ballen und Spreizenim Heilpädagogischen Kindergarten6. <strong>Heileurythmie</strong> mit musikalischen ElementenDie bisher dargestellten Bewegungen der <strong>Heileurythmie</strong> waren fastausschließlich Elemente der Sprache. Insgesamt möchte ich diemusikalischen Aspekte der HE etwas kürzer und allgemeiner besprechen, dasie noch schwerer theoretisch nachzuvollziehen sind und in der Praxis auchseltener angewendet werden.Grundsätzlich können fast alle Phänomene der Musik, also Melodie,Rhythmus, Takt, Intervalle und Harmonien in der HE in therapeutischeBewegungen verw<strong>and</strong>elt werden. So wie die Seele mit einer Melodiehinaufschwingt oder in tiefe Tiefen hinabsteigt, kann man auch mit den Armendiese Seelenbewegung mitmachen, und dadurch wiederum eine Wirkung bisin seinen Leib hinein anregen. Musikalischer Rhythmus und Takt werden vorallem durch verschiedene Arten des Laufens zur Wirkung gebracht. DieIntervalle haben entsprechend ihrer verschiedenen Erlebnisqualität ganzdifferenzierte Bewegungen und Wirkungen. Dasselbe gilt für die Harmonien,wobei vor allem der Unterschied zwischen dem ausstrahlenden Dur und demsich zurückziehenden Moll geübt werden kann.Insgesamt haben die musikalischen Elemente eher lösenden Charakter. Esgibt einige Krankheitsbilder bei denen sie besonders hilfreich sind, oft werdensie aber im Rahmen einer HE-Beh<strong>and</strong>lung nur als Einstieg in die Eurythmie,um überhaupt in ein freies Bewegen zu kommen, verwendet.15


Wie sieht die HE-Beh<strong>and</strong>lung praktischaus?7. Beginn und Verlauf der Beh<strong>and</strong>lungDie <strong>Heileurythmie</strong> kann nur angewendet werden, wenn eine Ärztin, ein Arztoder Heilpraktiker/in sie verordnet hat. In aller Regel werden esanthroposophisch orientierte Ärzte oder Heilpraktiker sein, die HE verordnen,man kann aber auch mit <strong>and</strong>eren Ärzten, z.B. naturheilkundlich arbeitendenins Gespräch kommen, sodass sie HE verordnen.Wenn Sie als Patientin oder Patient (oder für Ihre Kinder) Kontakt zurHeileurythmistin aufgenommen haben, wird sie entweder gleich das Gesprächmit dem verordnenden Arzt suchen oder nachdem sie Sie, bzw. Ihr Kind, einwenig kennengelernt hat. In jedem Falle werden Arzt und Heileurythmistin imgemeinsamen Gespräch sich ein Bild von Ihrer Krankheit und IhrenBeschwerden machen. Auch Ihre Biographie, Lebensumstände, frühereErkrankungen, und Ihre Konstitution können dabei eine Rolle spielen. Durchdie verschiedenen Wahrnehmungen, die man als Arzt und Heileurythmistinhat, wird das Bild des Patienten umfassender. Davon ausgehend wird dannein heileurythmischer Therapieansatz gefunden, der sich im Laufe derBeh<strong>and</strong>lungen weiter entwickelt und verändern kann.Wenn Sie zu Ihrer ersten HE-Beh<strong>and</strong>lung kommen wird die Heileurythmistineinige allgemeine Übungen mit Ihnen machen, z.B. das Ballen und Lösen,das dreiteilige Schreiten, einen Rhythmus laufen, o.ä., um Sie in IhrenBewegungen kennenzulernen. Wenn es ein eindeutiges, klares Krankheitsbildist, werden sich die Übungen wahrscheinlich schneller für Sie persönlichspezialisieren. In jedem Falle ist es ein Prozess, der mehr oder weniger langedauert, bis die richtige Folge an Übungen, bestehend aus Lauten, Formen,Rhythmen oder <strong>and</strong>erem gefunden ist.Dabei ist es selbstverständlich, dass die Übungen so angelegt werden, dassSie auch in der Lage sind diese zu lernen. Es gibt für alle Übungen eineMöglichkeit sie so zu machen, dass jeder einen Zugang dazu finden kann.Eine <strong>Heileurythmie</strong>beh<strong>and</strong>lung dauert in der Regel 45 Minuten, es könnenaber nach Bedarf auch <strong>and</strong>ere Zeiten gewählt werden. Nach denBewegungsübungen ist es sinnvoll eine Zeit der Nachruhe anzuschließen, inder man sich am besten hinlegt. So können die aufgerufenen Kräfte eineZeitlang auf den Organismus einwirken, ohne dass man ihn wieder z.B. in dieMechanik des Autofahrens einspannt.Ein Beh<strong>and</strong>lungszyklus sollte mindestens 10, besser 16 Beh<strong>and</strong>lungenumfassen. Bei schwerwiegenderen Erkrankungen dauert die Beh<strong>and</strong>lungszeitoft länger, oder es wird nach einer Pause weitergearbeitet. Manche Patientenkönnen die Übungen nach Abschluss der Beh<strong>and</strong>lung eine zeitlang alleinefortsetzen.16


8. Wichtig, wichtig!! Das ÜbenWie bei einem Medikament hängt die Wirksamkeit der <strong>Heileurythmie</strong> zueinem großen Teil von der regelmäßig wiederholten Anwendung ab.Das bedeutet für den Erwachsenen dass er täglich seine Übungen machenmuss, dass er sich jeden Tag 10 – 30 Minuten durch das eigene Üben mitderen Wirksamkeit durchdringt. In der Arbeit mit der Heileurythmistin wirdman so angeleitet, dass man immer genügend Sicherheit in den Bewegungenhat, sodass man sie selbständig ausführen kann.Wenn Sie sich eine neue Fähigkeit erwerben wollen, z.B. Skat-Spielen,genügt es nicht, sich einmal die Spielregeln durchzulesen; Sie müssen immerwieder und wieder spielen, um allmählich besser zu werden. Genauso mussIhr Organismus immer wieder neu daran “er-innert” werden, dass sich etwasverändern soll. Wie lange und wie häufig dieser ganze Prozess braucht, istindividuell ganz verschieden, so wie ja auch die Krankheiten manchmal rechtneu aufgetreten sind, manchmal aber auch schon fast ein ganzes Leben langertragen wurden.Nun sind diese Übungen ja so, dass man mit Leib und Seele dabei sein muss,d.h. man muss sich wirklich für eine Zeit konzentrieren und dieentsprechenden Lautqualitäten beim Tun empfinden. Allein dieseSelbstbesinnung und das Zur-Ruhe-Kommen ist für viele im hektischen Alltagsehr schwierig, aber desto heilsamer.Wenn man in dieser Form geübt hat, wird die <strong>Heileurythmie</strong> zu einemheilsamen Prozess, indem die neu erübten Fähigkeiten und Qualitäten fürweitere Schritte zur Gesundung genutzt werden können. Die Übungenmodifizieren sich immer weiter, manchmal ohne dass sich in der sichtbarenBewegung viel ändert. Durch diese allmähliche Erweiterung undIntensivierung der Übungen muss man beim Üben immer mit erneuterAufmerksamkeit dabei sein. Dann kann die HE verändernd und verw<strong>and</strong>elndbis in die Organe hinein wirken.17


9. Warum ist die <strong>Heileurythmie</strong> gerade bei Kindernso hilfreich?Wenn ein Kind auf die Welt kommt ist vieles an seinem kleinen, zarten Leibnoch unvollkommen ausgebildet. Die Knochen sind noch nicht verhärtet, dieAtemfrequenz ist viel höher und viele Organe sind noch nicht voll ausgereiftund haben noch nicht die Fähigkeit mit allen Kräften der Umwelt z.B. denNahrungsmitteln umzugehen. Wenn man sich anschaut wie ein Kind wächstund sich die Proportionen des Körpers im Laufe der Kindheit verändern, wirddeutlich, dass eine lebendige, quellende Kraft im Kind tätig ist, die dieGrundlage für Gestaltung und Verw<strong>and</strong>lung bietet. So ist es auch nichtverwunderlich, dass dieser sich entwickelnde, wachsende Leib prozentualzum erwachsenen Körper wesentlich mehr Wasser enthält. So wie manweichen, feuchten Ton besser formen kann als trockenen, bröckeligen, so istauch der weichere , wässrigere Körper des Kindes für die plastischen Kräfteder <strong>Heileurythmie</strong> empfänglicher. Die Bildekräfte der Laute, die, wie anfangsbeschrieben z.B. Luftformen gestalten oder den venösen Blutstrombeeinflussen, haben eine innige Beziehung zu den Bildekräften desmenschlichen Organismus.10. <strong>Heileurythmie</strong> mit kleinen Kindern ( 0-3 Jahre)Ganz kleine Kinder können selbstverständlich nicht selber heilleurythmischeÜbungen durchführen. Dennoch gibt es verschiedene Möglichkeiten mit ihnenzu arbeiten.Der Säugling ist noch ganz eng mit der Mutter verbunden, er fühlt sich nochganz eins mit ihr. Daher ist es möglich, dass man intensiv mit der Mutterarbeitet, und damit auf das Kind wirkt. Die Heileurythmistin oder beientsprechender Vorübung die Mutter können an dem Bettchen des Kindes dieÜbungen machen.Man kann aber auch die Beine und Arme des Kindes in die Lautbewegungenführen. Auch ist es möglich mit dem Säugling auf dem Arm dieentsprechenden Laute als Raumform oder Rhythmen zu laufen. Die Wirkungist oft sehr intensiv, weshalb man als Heileurythmist für diese Arbeit einbesonderes Einfühlungsvermögen benötigt.18


11. <strong>Heileurythmie</strong> mit Kindergarten- und SchulkindernIn diesem Alter kann man die spontane Bewegungsfreude der Kinder gutaufgreifen und mit viel Hüpfen und Springen die Übungen erarbeiten. Dabeikann man erleben, dass die Kinder einen ganz natürlichen Zugang zu denGebärden haben, weil sie der Urgebärde der Sprache noch näher sind, unddas Bildhafte darin unmittelbarer empfinden können.Je nach Alter der Kinder werden rhythmische Sprüchlein und Verse zu Hilfegenommen, in denen die für das Kind heilkräftigen Laute besonders häufigvorkommen:U-U-U,mach die Türen zu.Kauz und Eule munkeln,Uhu ruft im Dunkeln.U-U-U,mach die Türen zu.Rolle hurtig rotes Rädchen,schnurre rasch im Kreis herumLuftig, leichter Schmetterling,fliegt ganz leicht und fliegt ganz flink…Mit diesen Sprüchen lernen die Kinder die Lautbewegungen kennen, alsBrummbär kann man das B üben, und langsame Schritte machen; mit demMieze-Muze Kätzchen das M und auf sanften Pfoten schleichen; beimMäuschen werden die Finger ganz flink und die Füße machen viele kleineTrippelschritte usw. Oft kann man aber auch erleben, dass die Kinder dieLaute auch gerne ohne die Texte machen.Kleinere Kinder ahmen alles nach, und so kann die Lautkraft ganz unmittelbarvom kindlichen Organismus aufgegriffen werden. Größere Kinder kann manzum selbständigen Üben anleiten, sodass sie z.B. jeden Abend vormSchlafengehen ihre Übungen machen. Da ja die <strong>Heileurythmie</strong> immereinzelne Laute wählt um bei dem jeweiligen Patienten bestimmte Wirkungenzu erzielen, kann es für die Kinder auch manchmal mühsam und langweiligwerden, die selben Übungen oft zu wiederholen. Von der Heileurythmistinwird da viel Phantasie und Lebendigkeit gefordert. Vor allem älteren Kindernhilft das Erlebnis, dass ihre Beschwerden durch die <strong>Heileurythmie</strong> gebessertwerden eine längere Übperiode durchzuhalten. Auch der Nebeneffekt, dassdie Schulleistungen sich oft steigern, motiviert manche Kinder, die<strong>Heileurythmie</strong> weiter zu üben.19


12. <strong>Heileurythmie</strong> mit körperbehinderten MenschenEs gibt so gut wie keine körperliche Behinderung, die eine heileurythmischeBeh<strong>and</strong>lung nicht erlauben würde. HE ist im Stehen, Sitzen und Liegendurchführbar. Nun sind die Ursachen einer Körperbehinderung ja sehrvielfältig, und müssen dementsprechend auch verschieden gesehen undbeh<strong>and</strong>elt werden, dennoch gibt es einige allgemeine Aspekte.Bei der Lähmung eines Armes z.B. als Folge eines Schlaganfalls, wird mitdem gesunden Arm geübt, und so gut es geht in den kranken hineingefühlt.Allmählich kann der kranke Arm auch Bewegungen mitmachen. Da man ja beiallen Bewegungen sich ganz stark auch seelisch engagiert und einebestimmte Empfindung in die Gebärde hineinströmen lässt, kann, weil dasGefühl und die Gebärde einen gesetzmäßigen Zusammenhang haben, diesesseelische Engagement sozusagen stärker werden als die neurologischeStörung und Sensibilität und Beweglichkeit in den Arm zurückbringen.Manchmal ist es hilfreich, wenn die Heileurythmistin den kranken Arm oderdas kranke Bein in die H<strong>and</strong> nimmt, und entsprechend den Lautgebärdenbewegt. Der Patient kann dabei die Lautqualität empfinden, und sie durchseine Aufmerksamkeit mit dem Bein oder Arm verbinden. Viele gelähmteGliedmassen fühlen sich kalt an, und sehen wie verlassen aus, als wenn siezu dem jeweiligen Menschen gar nicht mehr dazu gehörten. Da kann man mitHilfe der Eurythmie allmählich wieder Leben hineinbringen, eine wieherausgeschockte Seele, die beim Gesunden in den Gliedern wirkt, wiederherein locken. Das Umgekehrte ist der Fall, wenn z.B. bei einer spastischenLähmung die Seele wie in den Gliedmassen verhakt ist, da kann die HE mitlösenden Elementen helfen.Immer geht es darum, einen ganzheitlichen Ansatz zu finden, z.B. dass beieiner Parkinsonschen Erkrankung der ganze Mensch wie in seinemunbeweglicher werdenden Körper eingesperrt ist, und sich immer schwererals Individuum zeigen kann. Da muss man die allgemeine Bewegungsstörunglindern, aber auch dem ganzen Menschen helfen, seinen persönlichenAusdruck zu finden.13. <strong>Heileurythmie</strong> mit bettlägerigen MenschenWie oben schon erwähnt, kann die <strong>Heileurythmie</strong> auch im Liegendurchgeführt werden. Wenn Menschen entweder durch eine schwereKrankheit, Schmerzen oder durch das Alter so schwach und erschöpft sind,dass sie bettlägerig sind, und sei es nur für eine vorübergehende Zeit, dannsind sie meistens sehr empfindlich und sensibel für alles was mit ihnengemacht wird. Wegen dieser Zartheit haben die eurythmischen Lautgebärdeneine besonders intensive Wirkung, weshalb man häufig ganz kleineBewegungen macht und viele Ruhepausen einlegt, in denen der Lautgebärdenachgespürt wird. Auch hier gilt, dass die Heileurythmistin u.U. Füße oderHände des Patienten führen kann. Es kann für manche Menschen auch sehrharmonisierend und befreiend sein der Eurythmie zuzuschauen, die dieEurythmistin vormacht, und dann evtl. selber einige Bewegungen zuversuchen. Auch sterbende Menschen kann man auf diese Weise sehr schönbegleiten.20


Finanzierungsfragen14. Wie viel kostet die <strong>Heileurythmie</strong>?Wenn die HE im Rahmen eines Klinikaufenthaltes, einer Kur oder in derWaldorfschule gegeben wird sind die Kosten meistens durch die Institutionabgedeckt. Bei ambulant erteilter HE sind die Kosten in Deutschl<strong>and</strong>verschieden, liegen z.Z. (2008) um 40,- bis 50,- Euro für eine Beh<strong>and</strong>lungvon 45 Minuten Dauer. Für Kinder, die so lange noch nicht arbeiten können,gibt es evtl. angepasste Preise.15. Zahlen die Krankenkassen?Die HE gehört nicht zum allgemeinen Leistungskatalog der gesetzlichenKrankenversicherung. Es ist aber möglich, dass Ihre Kasse dennoch imRahmen einer Einzelfallentscheidung die Kosten bis auf einen Eigenanteilübernimmt. Viele Kassen zeigen sich (allerdings regional verschieden) kulant.Seit Herbst 2005 jedoch hat ein Gerichtsurteil den gesetzlichenKrankenkassen die Möglichkeit eingeräumt, die <strong>Heileurythmie</strong> in ihremLeistungskatalog zu verankern. Einige gesetzliche Krankenkassen arbeitendaran, auf diese Weise ihren Mitgliedern eine <strong>Heileurythmie</strong>-Beh<strong>and</strong>lung zuermöglichen. Voraussetzung für eine Erstattung ist, dass der betreffendeHeileurythmist ordentliches Mitglied des Berufsverb<strong>and</strong>es <strong>Heileurythmie</strong> e.V.ist.Private Kassen h<strong>and</strong>haben die Erstattung der HE ebenfalls sehrunterschiedlich.Adressen von Krankenkassen oder Institutionen, bei denen Sie für Ihrenspeziellen Fall Informationen bekommen können finden Sie am Ende imAdressenteil.Leider ist es heutzutage immer mehr so, dass man, wenn man alsselbstbewusster, sog. mündiger Patient den weltanschaulich vorgeprägtenRahmen der Schulmedizin verlassen und den Weg seiner Gesundung mitÄrzten und Therapien der eigenen Wahl gehen möchte, selber diesen Wegbezahlen muss, ohne die Chance zu haben, aus der Finanzierung derSchulmedizin auszusteigen.21


Ähnlich oder <strong>and</strong>ers?16. Künstlerische EurythmieEurythmie ist eine darstellende Bewegungskunst. Zu Musikstücken undgesprochenen Texten werden die Bewegungen der Eurythmie so ausgeführt,dass sie wie eine sichtbare Entsprechung in ästhetischer Darstellung zusehen sind.Ein Musiker hat die Noten vor sich, sein Instrument ist z.B. das Klavier. Erspielt ganz gewiss jede Note wie sie auf dem Papier steht, aber er muss inseiner eigenen Seele das Stück jedes Mal neu erstehen lassen, sich ihm ganzund gar öffnen, damit die Zuhörer von dem künstlerischen Vortragmitgenommen werden. Erst diese Fähigkeit der seelisch-geistigen Aktivitätzusammen mit den Fähigkeiten auf dem Instrument machen die Interpretationzur künstlerischen Darstellung. So wie des Pianisten Instrument das Klavierist, so ist des Eurythmisten Instrument sein Körper, seinBewegungsinstrument, mit dem er Musik oder Texte bewegt, und demZuschauer eine neue künstlerische Wahrnehmung ermöglicht.Bei der sogenannten Lauteurythmie (mit Texten), werden diecharakteristischen Laute hervorgehoben, z.B. die bezeichnendsten derjeweiligen Wörter oder Zeilen. Bei einem Gedicht über Herbststürme werdendas eher Konsonanten wie z.B. R, K, F und W sein, bei einem über einenersten Frühlingstag eher das staunende A. So kommt eine Grundstimmung indie Gestaltung, die sich dem Zuschauer vermittelt. Jedoch ist alles so, dassman nicht mitbuchstabiert, sondern den Gesamteindruck auf sich wirken lässt.Dieser Gesamteindruck von Sprache und Bewegung der eurythmischkünstlerischen Darstellung wird vertieft von Farben in Form von Gewändernoder Beleuchtung, die dem jeweiligen Text entsprechen.Bei der Toneurythmie wird mit den Elementen der Musik ähnlichumgegangen. Die Mehrstimmigkeit der Musik macht schnell deutlich, dass dieEurythmie auch mit mehreren Personen ausgeführt werden kann. Esentstehen z.B. je nach dem Verhältnis mehrerer Stimmen unterein<strong>and</strong>er dieverschiedensten choreographischen Formen.Letzten Endes ist es wohl das tiefste Geheimnis und die größte Aufgabe derKunst, etwas von dem Geistigen in uns und in der Welt zu offenbaren. Seitjeher haben die Menschen dazu den bewegenden Leib genutzt, denken Sienur an alle Formen von Tempeltänzen und rituellen Tänzen. Die Eurythmiesteht in dieser Tradition. Sie ist eine Erneuerung dieser alten Fähigkeiten fürden neuzeitlichen und sich seiner selbst bewussten Menschen.Die künstlerische Eurythmie, die z.B. in Kursen angeboten wird, macht einenseelisch beweglicher, fördert einen gesunden Zusammenhang von Körper,Seele und Geist und regt auch ganz allgemein die natürlichenGesundungskräfte an. Sie ist aber keine therapeutische Bewegung. In der<strong>Heileurythmie</strong> werden gleichartige Bewegungen wie in der künstlerischenEurythmie, nämlich Lautbewegungen gemacht, jedoch so, dass sie auf denMenschen zurückwirken. Außerdem werden die therapeutisch relevantenLaute konzentriert und verdichtet geübt, in der künstlerischen Eurythmie wirdimmer die Gesamtheit der Sprache bewegt22


17. <strong>Psych</strong>otherapie und <strong>Heileurythmie</strong><strong>Heileurythmie</strong> kann bei psychischen Problemen hilfreich sein, arbeitet abermit einer ganz <strong>and</strong>eren Herangehensweise als alle <strong>and</strong>eren psychotherapeutischenAnsätze.In der Tanztherapie z.B. geht es vielfach darum, dass der Patient seineeigenen Emotionen mit Hilfe der Bewegungen erlebt und gestaltet, sichdadurch von ihnen befreit, oder sie besser kennen- und h<strong>and</strong>haben lernt.Das ist nicht das Ziel der <strong>Heileurythmie</strong>, obwohl solche Prozesse durchausnotwendig sein können und von einigen Heileurythmistinnen auch begleitetwerden. Um die Kräfte der Laute jedoch in ihrer Gesetzmäßigkeit zurtherapeutischen Wirkung zu bringen, wählt die Heileurythmistin die Übungenund die Art der Erarbeitung aus. Auf diese Weise haben die Bewegungeneinen starken Einfluss auf die psychische Verfassung eines Menschen.Wenn Sie sich an die Lautbeschreibungen der Vokale erinnern, haben Sieschon einige seelische Qualitäten, die sich durch das Üben dieser Lautekräftigen können, z.B. die Fähigkeit zur Abgrenzung gegenüber <strong>and</strong>eren mitdem E, oder das Sich-Behaupten-Können mit dem I, usw. Insgesamt kanndurch die Vokale die Selbstwahrnehmung gestärkt werden, sowohl körperlich,als auch seelisch.Die Konsonanten haben mehr die Aufgabe, uns in unserem Verhältnis zurUmwelt behilflich zu sein, indem wir uns z.B. mit dem B eine schützende Hülleumlegen, mit dem D uns erden, mit dem G Platz verschaffen.Wenn man bedenkt, dass viele der psychischen Probleme ihren Anfang in derKindheit haben, und wenn wir annehmen, dass sich seelischeKindheitserlebnisse bis in die leiblichen Organe abdrücken, so wird esplausibel, dass man mit einer Therapie, die in dieses Leibesgefügeverändernd eingreift, heilend wirken kann. Es kann z.B. eine mehr zurDepression neigende Konstitution mit einer ganz leichten Störung imLeberstoffwechsel zu tun haben, eine ängstliche mit einer im organischennicht bemerkbaren Schwäche des Herzens, eine zur Pedanterie neigendeVeranlagung eine leisen Lungenproblematik. Einflüsse in der Kindheit könnenvorh<strong>and</strong>ene Veranlagungen verstärken, oder die Ausbildung psychischerEinseitigkeiten bewirken. So kann die <strong>Heileurythmie</strong> als Ergänzung undUnterstützung einer <strong>Psych</strong>otherapie angesehen werden, bei wenigerausgeprägten Problemen auch alleine hilfreich sein.<strong>Heileurythmie</strong> wird auch erfolgreich bei der Beh<strong>and</strong>lung schwerwiegenderErkrankungen, z.B. bei <strong>Psych</strong>osen und Depressionen in anthroposophischpsychiatrischenKliniken eingesetzt.23


18.Krankengymnastik und <strong>Heileurythmie</strong>Krankengymnastik arbeitet vor allem mit muskulären Schwächen, seien sienun durch Fehlhaltungen, Unfälle, Operationen, neurologische Erkrankungenoder Überlastungen verursacht. Krankengymnasten haben profundeKenntnisse des Bewegungsablaufes, davon, wie Knochen, Muskeln, Sehnenund Nerven in den Bewegungen mitein<strong>and</strong>er arbeiten. So sind sie vor allembei allen Arten von Bewegungsstörungen oft der kompetentesteAnsprechpartner und können sehr differenziert Störungen beh<strong>and</strong>eln.Wenn, wie z.B. bei der Erklärung des Lautes I bereits angedeutet, diemangelnde innere Aufrichtekraft zu einer Rückenproblematik führt, könnenKrankengymnastik und <strong>Heileurythmie</strong> sich wunderbar ergänzen, indem dieKrankengymnastik die geschwächten Muskeln trainiert, die <strong>Heileurythmie</strong> dieinnere Licht- und Aufrichtekraft stärkt. Gleiches gilt für neurologischeErkrankungen, wobei die Muskeln geübt, und die Verbindung des Menschenmit den Gliedmaßen durch <strong>Heileurythmie</strong> unterstützt wird.Die Krankengymnastik arbeitet in dem konkreten Bewegungsbereich vieldirekter und genauer mit den einzelnen Bewegungsorganen als die<strong>Heileurythmie</strong>, die jedoch bei vielen Erkrankungen, z.B. aus demrheumatischen Formenkreis, eine ursächlichere Beh<strong>and</strong>lung anbietet. Obwohldie <strong>Heileurythmie</strong> eine Bewegungstherapie ist hilft sie nicht nur beiKrankheiten des Bewegungssystems, sondern hat ein weit darüberhinausgehendes Indikationsspektrum ( siehe Kapitel 27).24


19. <strong>Heileurythmie</strong> im Vergleich mit TaiChi und YogaTai Chi hat seinen Ursprung in der alten chinesischen Kampfkunst. Dieweisheitsvolle Kräfteorganisation des menschlichen Leibes, die sich in derchinesischen Medizin in dem Wissen um die Meridiane und derenBeh<strong>and</strong>lung ausdrückt, wird im Tai Chi für die optimale Kraftentfaltung undzur Gesunderhaltung durch Bewegung genutzt. Die Übungen des Tai Chiwirken kräftigend und harmonisierend auf den Körper, wirken unterstützendauf die Konzentration des Geistes, bzw. auf ein Loslassen von Unruhe undNervosität.Grundsätzlich werden die Übungen strömend, langsam, erdverbunden, ineiner aufrechten Haltung und in einem Gleichgewicht von exp<strong>and</strong>ierendenund zusammenziehenden Bewegungen gemacht. Gerne wird in der freienNatur gearbeitet, um eine noch intensivere Verbindung mit denelementarischen Kräften zu bekommen. Die Übungen bestehen aus rechtkomplizierten Bewegungsabläufen, von denen es eine große Vielzahl gibt, dieman nach und nach lernen kann. Im Allgemeinen dient Tai Chi derGesunderhaltung, Kranke können sicher profitieren, es werden aber kaumÜbungen für spezielle Erkrankungen angeboten.Im Vergleich zur <strong>Heileurythmie</strong> ist Tai Chi auf der einen Seite sehr kompliziert,da man die speziellen Bewegungsformen lernen muss, mit denen man sichan die Kräfte der Natur anschließt. Auf der <strong>and</strong>eren Seite ist es einfacher, weiles das ganze Spektrum der seelischen Bewegungen und desselbstbewussten Tuns ausschließt. Dieses Ruhen der seelischen Tätigkeitkann sehr erholsam sein. In der <strong>Heileurythmie</strong> wird diese Tätigkeit jedochintensiv einbezogen und wird aktiv mitgestaltet. Auch in der <strong>Heileurythmie</strong>werden die in der Natur wirkenden Lebenskräfte aktiviert, jedoch unterEinbeziehung des seelisch aktiven Menschen.Zusammenfassend könnte man sagen: Die Ursprünge beiderBewegungsformen sind charakterisierend für ihre Qualität. Im Tai Chi dieKampfkunst. Hier geht es um Kraftentfaltung, die der Gesunderhaltungdienstbar gemacht wird. In der Eurythmie die Kunst, die das Geistige desMenschen seelisch individualisiert erblühen lässt und in der <strong>Heileurythmie</strong> dieLebenskräfte unter diesem Gesichtspunkt zur Therapie spezialisiertanwendet.Yoga stammt aus der uralten indischen Weisheitslehre. Die Übungen greifentief und verw<strong>and</strong>elnd in die menschliche Organisation ein, und bewirkenEntspannung, Sensibilität, Harmonie, stärkere Selbstwahrnehmung,Gesundheit und Toleranz. Im Vergleich zur <strong>Heileurythmie</strong> sind die Übungenkörperlich wesentlich schwieriger. Alles wird durchdrungen von bewusstenAtemübungen.Tieferes Ziel der indischen Geistesrichtung ist die Befreiung vom Leiden, imweitesten Sinn vom Leiden des “auf der Erde-Lebens”. Somit kann Yogaeinen Weg darstellen, sich von den zu intensiven Verknüpfungen an diematerielle Welt zu lösen, Wege ins Geistige hinein zu finden, und bis insOrganische hinein eine Öffnung zu bewirken. Es ist ein Weg der von der Erdeweg strebt. <strong>Heileurythmie</strong> ergreift die Probleme des geistigen, seelischen undkörperlichen Lebens für ein engagiertes, tatkräftiges Erdenleben.25


Grundlagen des anthroposophischenMenschenbildes20. Kommt jetzt die trockene Theorie?Eigentlich ist die Überschrift dieses Kapitels falsch gewählt, denn es gibt nicht“das” anthroposophische Menschenbild, das man wie Anatomie lernenkönnte. Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, hat in einer schierunübersehbaren Anzahl von Vorträgen und Veröffentlichungen auf dievielfältigste Art und Weise einige grundlegende Begriffe beschrieben. In derAnthroposophie wird also nicht so sehr mit Definitionen, sondern mehr mitBeschreibungen gearbeitet, die sowohl durchdacht, aber auch erlebt undgefühlt werden können.Diese Art der Betrachtung bietet die Möglichkeit ein medizinisches Phänomenvon den verschiedensten Seiten kennen zu lernen. Sie erschwert aber durchdie grundsätzlich <strong>and</strong>ere Herangehensweise die Verständigung mit derNaturwissenschaft.Für die Medizin bedeutet das, dass der Patient in viel umfassenderer Weiseangeschaut wird, nicht nur als ein mehr oder weniger mechanisch/chemischfunktionierender Zusammenhang. Für den Arzt und Therapeuten bedeutet es,dass er wesentlich mehr Gesichtspunkte für seine Arbeit berücksichtigenmuss, aber auch, dass er einen sehr individuellen, persönlichen Einstieg inseine Begegnung mit dem Patienten mitbringt. Jeder Patient, jeder Mensch istwieder ganz neu, weil die Arbeit mit anthroposophischen Begriffen sich mitjedem Menschen erneuert und erweitert, und man wie ein Künstler immerweiter in die Geheimnisse des menschlichen Wesens eindringt.Wenn ich im folgenden nun zwei wesentliche Betrachtungsweisen deranthroposophischen Menschenkunde darstelle, h<strong>and</strong>elt es sich dabei nichtum endgültige Definitionen, sondern um ein Bild dieser Begriffe, das, um esbeschreibbar zu machen, vereinfacht und zusammengefasst ist.Dessen ungeachtet kann man sich mit diesen Beschreibungen nicht nurdenkend, sondern auch ein bisschen nachspürend beschäftigen, denn ausallem könnte sich ein buntes, umfassendes Gemälde entfalten, das für jedenMenschen wieder etwas <strong>and</strong>ers aussähe. Beim Lesen einzelner Patienten-Geschichten (Kapitel 25) werden Ihnen vielleicht diese neuen Begriffe schonzu einem farbigeren und lebendigeren Verständnis von Krankheitsprozessenverhelfen.26


21. Der dreigliedrige MenschDas Denken und das Nerven-Sinnes-SystemStellen Sie sich vor: Ihre drei Kinder sollen zu verschiedenenNachmittagsaktivitäten, aber das Auto ist in der Reparatur, die Oma solltenSie eigentlich zum Termin beim Augenarzt fahren, der Hamster ihrer Jüngstenist ausgebüchst, die Waschmaschine versagt gerade, und das Telefonklingelt. Wenn Sie jetzt den Kopf verlieren, geht gar nichts mehr, aber wennSie sich einen Moment ganz still hinsetzen, einen kühlen Kopf bewahren undin Ruhe überlegen, dann finden Sie vielleicht einen Weg, alle Bedürfnisse gutzu koordinieren.Ruhe und Kühle sind das Charakteristikum des Denkens. In der Ruhe kannKlarheit entstehen, können auch größere Gedanken, als die verzwicktePlanung des familiären Alltags sich entwickeln. Wenn man ruhig ist, kann manmanches verstehen, was einem sonst nicht möglich wäre.Diese Ruhe ist eine Qualität unseres Kopfes, auch er muss in Ruhe sein,wenn er denken will. So ist es ganz verständlich, dass wir unseren Kopfziemlich ruhig auf dem Körper tragen, dass er nicht alle die heftigenBewegungen unserer Gliedmaßen mitmachen muss.Die äußere Form des Kopfes ist rund, harter Schädelknochen umgibt dasweiche Gehirn. Der Kopf ist wie ein abgeschlossener Kosmos in sich, abergleichzeitig in der Lage sich gedanklich mit allen Erscheinungen der Welt zubeschäftigen. Der Kopf ist auch der Sitz vieler Sinnesorgane, die ebenfalls inRuhe, uns ein Bild der Welt vermitteln. Die Wahrnehmungsfähigkeit derSinne, die uns ja ein möglichst genaues Abbild der Umgebung vermittelnsollen, kann man auch mit einem See vergleichen, in dem sich Bäume oderSterne nur dann klar spiegeln, wenn er still und unbeweglich daliegt. Wennein Windhauch die Oberfläche in Bewegung bringt, verzerrt sich dasSpiegelbild sofort.Das Denkorgan, das Gehirn, das Rückenmark, die peripheren Nerven, dasvegetative Nervensystem und die Sinnesorgane fassen wir als Nerven-Sinnes-System (NSS) zusammen.Aktivitäten und Qualitäten des Nerven-Sinnes-Systems sind hauptsächlich imoberen Teil des Menschen lokalisiert, durchziehen aber den ganzenMenschen überall da wo sich Nerven befinden. Immer, wenn es formende,verhärtende und ordnende Prozesse im Organismus gibt , kann man das alsTätigkeit des Kopf-Poles betrachten. Nervensubstanz bildet sich nur in derembryonalen Zeit, danach ist nur sehr wenig Regeneration möglich. In diesemBereich herrschen “lebensfremde”, “bewußtseinsnahe” Kräfte vor, die durchihre geringe Eigenvitalität uns das klare Denken ermöglichen. Unser Körperfindet seine festen, klaren Strukturen durch das Nerven-Sinnes-System, esregelt und regt alle die geheimnistvoll geordneten Prozesse desNervensystems an.27


Das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System und das WollenFür jem<strong>and</strong>en, der vornehmlich gedanklich, organisierend, planend usw. tätigist, ist es eine Erholung mal richtig gründlich seinen Körper zu bewegen. AusMangel an sinnvoller körperlicher Tätigkeit gehen wir Joggen, Tennisspielen,usw.Wollen ist tätig sein, nicht das darüber Nachdenken, dass ich dies oder jeneswünsche. Mit Armen und Beinen etwas tun, etwas verändern, z.B. dieWohnung renovieren, den Garten umgraben oder jäten, Auto waschen, Brotbacken, Essen kochen, Putzen, oder sich fortbewegen, w<strong>and</strong>ern, laufen,springen, schwimmen usw. Bei all diesen Tätigkeiten mache ich mir die Weltim weitesten Sinne ein Stück zu eigen, indem ich sie nach meinenVorstellungen bearbeite, forme, oder in dem ich sie mir erobere, in dem ichsie erlaufe. Die richtig typischen Bilder dafür sind eine Bergbesteigung, beider ich einen Berg sozusagen bezwinge, oder wenn ich brach liegendes L<strong>and</strong>urbar mache. Dieses Wollen ist ohne meine tätigen Gliedmassen nicht zudenken.Nun gibt es aber im menschlichen Organismus noch ein heimlicheres Wollen,das unseren gesamten Stoffwechsel umfasst. Auch hier haben wir es miteiner Fülle von Bewegungen zu tun: Peristaltik des Darmes, ungeheureMengen an Stoffen werden auf- um- und wieder abgebaut, aufgenommen,durch den Körper bewegt und wieder ausgeschieden. Auch dabei machen wiruns die Welt zu eigen, indem wir die Stoffe so gestalten, dass sie uns alsKörpersubstanz dienen können.Die Organe des Stoffwechsels sind kaum von Knochen geschützt, bei denGliedmaßen haben wir lange, gerade Knochen, die innen liegen und vonMuskeln umgeben sind. Im Stoffwechsel sowie in den Gliedmaßen sind dieBewegung und die Wärme die charakteristischen Merkmale. Diesen Bereichnennen wir das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System (S-G-S).Dieses System ist der vitale, lebendige Pol des Menschen, hier herrschenauflösende und aufbauende Kräfte, alles spielt sich in Wärme und Bewegungab. Bauch und Gliedmaßen sind die hauptsächlichen Lokalisationen, abernatürlich haben wir im gesamten Organismus Stoffwechselprozesse, undauch im Denken muss es das Wollen geben, um eine Gedankenbewegungkonsequent durchzuführen. Von allen Prozessen, die sich in unseremStoffwechsel abspielen, haben wir kein Bewusstsein, und auch dasZust<strong>and</strong>ekommen von Bewegungen entzieht sich unserem Wahrnehmen. Sokönnen wir sagen, im Stoffwechsel-Gliedmaßen- System schlafen wir.28


Polarität von N-S-S und S-G-SDie beschriebenen Systeme bilden eine Polarität aus, die in derGegenüberstellung besonders deutlich wird.Nerven-Sinnes-SystemRuhekaltunlebendigNervenFormkraftrunde KopfformErstarrungbewußtseinsnahStoffwechsel-Gliedmaßen-SystemBewegungwarmlebendigBlutStoffkraftgerade GliedmaßenAuflösungvöllig unbewusstDas rhythmische System und das Fühlen“Das bricht mir das Herz”, “mein Herz ist mir schwer”, “da wird mir ganz warmums Herz”.Dass das Herz etwas mit unserem Fühlen zu tun hat, weiß eigentlich jeder,nur passt es nicht in die Anschauung, dass das Herz nur eine Pumpe fürunser Blut sei.“Da blieb mir die Luft weg”, “endlich konnte ich aufatmen”, “mir stockte derAtem”, “da war wieder dicke Luft”.In unserer Lungentätigkeit machen sich noch viel unmittelbarer Gefühlebemerkbar. Auch wenn man weiß, dass das Reaktionen des vegetativenNervensystems sind, das Erleben des Schreckens z.B. haben wir im Stockendes Atems.Im Atem vollzieht sich ein ständiger, rhythmischer Austausch zwischen innenund außen. Frische Atemluft kommt herein, verbrauchte Luft, die sich bis indie Fingerspitzen verteilt hatte, wird wieder abgegeben. Ich verbinde michauch mit der Welt, wenn ich einatme, und löse mich ein wenig von ihr, wennich ausatme. Der erste Atemzug eines Kindes, und der letzte einesSterbenden markieren Beginn und Ende unseres Erdendaseins. Im Atem sindBewegung und Ruhe im rhythmischen Wechsel.Der Herzschlag schwingt in einem Verhältnis 4:1 in diesen Rhythmus mit ein.Beim Herzen ist die Signatur des Wechsels zwischen Innen und Außeninsgesamt etwas mehr nach Innen verlegt. Der kleine Blutkreislauf öffnet sichvom Herzen ausgehend in die Lunge, also mehr in den äußeren Bereich, zumLuftaustausch mit der Außenwelt; der große Kreislauf führt zum Inneren desMenschen. Im Herzen findet eine Begegnung der Innen- und Außenwelt imBereich des Blutes statt.Diese beiden Organe, Lunge und Herz, sind von einer knöchernen Hülleumgeben, die jedoch nicht so dicht und rund ist wie der Schädel, sondern aushalbrund geschwungenen Rippen besteht, die ein wenig beweglich sind undZwischenräume haben.29


Rhythmischer Wechsel ist also im weitesten Sinne, selbst bei den Rippen,das Charakteristikum dieses Bereiches, weshalb wir ihn das RhythmischeSystem (RH-S) nennen. Die Vorgänge in diesem Bereich kommen unsteilweise zum Bewusstsein, meistens bemerken wir unseren Herzschlag nicht,aber in besonderen Momenten drängt er sich unserem Bewusstsein auf, denAtem können wir sogar bewusst führen, obwohl wir meistens ohneAufmerksamkeit atmen. So können wir hier von einem Halbbewusstseinsprechen.Dieses rhythmische System hat seine Aufgabe in der Vermittlung zwischendem Ruhepol des Nerven-Sinnes-Systems und dem vitalen Stoffwechsel-Gliedmaßen-System. Was heißt das?Erst wenn wir mit einem Gedanken ein positives Gefühl verbinden können,kann der nächste Schritt zum H<strong>and</strong>eln aus diesem Gedanken heraus wirklichund authentisch vollzogen werden. Und auch die ungestümen Willensimpulse,wie sie bei kleinen Kindern noch so stark das Leben bestimmen, werdendadurch, dass sie fühl- und erlebbar werden, koordiniert, gesteuert, und mehrund mehr zum ausführenden Organ des denkenden Menschen.Das Nerven-Sinnes-System, das Rhythmische System und das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System sind also die drei Teile, aus denen der dreigliedrigeMensch besteht.30


22. Krankheitstendenzen des dreigliedrigenMenschenNun müssen wir die Betrachtung des dreigliedrigen Menschen noch weiterverdichten.Wie bisher beschrieben haben wir in unserem oberen Pol, dem Nerven-Sinnes-System die formenden, strukturierenden, verfestigenden, abbauendenKräfte, die repräsentiert werden durch die Nerven. Von unten, vomStoffwechsel-Gliedmaßen-System kommen die lebendigen Kräfte, die allesdurchpulsen, durchwärmen, die auflösen, in Bewegung bringen undaufbauen. Diese Kräfte werden repräsentiert durch das Blut. In jedem Organspielen diese Kräfte in einem ganz spezifischen Gleichgewicht zusammen.Im Auge z.B. herrschen die Kräfte des Nerven-Sinnes-System vor, es gibtwenig Regenerationsmöglichkeit, wenn einzelne Teile des Auges verletztsind, es wird wenig Stoff im Auge bewegt, dennoch muss es doch in manchenTeilen durchblutet sein, um zu funktionieren, d.h. das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System greift auf eine zurückhaltende Art auch in diesesSinnesorgan ein.Bei der Leber überwiegt nun ganz eindeutig der Stoffwechselpol, einmal, weildie Aufgabe der Leber eine sehr vielfältige Stoffbearbeitung- undVerw<strong>and</strong>lung ist, zum <strong>and</strong>eren aber auch, weil die Leber ein sehrregenerationsfähiges, vitales, stark durchblutetes Organ ist.Bei <strong>and</strong>eren Organen, z.B. Nieren, Lunge, Milz, usw. ist das Verhältnis vonoberem und unterem Pol nicht so eindeutig erkennbar, hat aber jeweils einspezifisches Gleichgewicht, das in jeder Lebenssituation neu gefundenwerden muss. Wenn dieses Finden des Gleichgewichtes nicht gelingt,entstehen zwei verschiedene Krankheitstendenzen.Überwiegt in einem Organbereich das Nerven-Sinnes-System, dann kommtes zu verfestigenden, sklerotisierenden Erkrankungen, überwiegt dasStoffwechsel-Gliedmaßen-System, kommt es zu auflösenden, entzündlichenErkrankungen.Nun können Sie schon einen größeren Zusammenhang in den Krankheitenerkennen: Kinder mit ihren noch frischen Lebens- und Wachstumskräften, beidenen ein Knochenbruch z.B. im Nu heilt, leiden viel häufiger anentzündlichen Krankheiten. Denken Sie an all die Infektionen undKinderkrankheiten, das sind alles Krankheiten, bei denen der Stoffwechselpolüberwiegt. Dagegen sind die Krankheiten des Alters vorwiegendverfestigende, z.B. Arteriosklerose, alles was mit Ablagerungen undunbeweglicher Werden zu tun hat.31


Krankheiten, bei denen das Nerven-Sinnes-System überwiegtWenn nun, abgesehen vom Alter, die oberen, verhärtenden Tendenzen zustark werden, wenn die Kopf-Organisation zu einseitig stark im Denken undim Intellektuellen engagiert ist, zu stark gefordert und ausgeprägt ist, dannüberflutet das Nerven-Sinnes-System auch die <strong>and</strong>eren zwei Bereiche mitseinen Tendenzen, oder die formenden Kräfte werden auf dem Weg in denunteren Organismus nicht genügend verw<strong>and</strong>elt. Dabei entstehen u.a.folgende Krankheiten:Im N-S-S.: Nervosität, Augenschmerzen, Schlafstörungen, NeuralgienIm Rh-S: Krampfneigungen im Gefäßsystem, hoher Blutdruck, Herzinfarkt,AsthmaIm S-G-S.: Reizmagen, Übersäuerung, Colitis, Ablagerungen, Verkalkungen,SteinleidenBei dieser Ausgangslage kommt es oft zu einem sich verstärkenden Kreislaufvon Schmerz- Krampf- Schmerz. Es wird zu stark geformt und gegriffen, derLeib wird zu stark physisch gemacht, die Vitalität kann sich nicht halten.Dieses Unlebendige, Unbewegliche kann, wenn es sich im Organischen fixierthat, dann auch wieder ins Seelische zurückwirken, und dort zu Phobien undUnsicherheiten führen. Dabei wird das Denken immer mechanistischer, eskommt zu Zwängen, Ängsten, oder zu einem nervösen Erschöpfungszust<strong>and</strong>,bis zur Willenslähmung.Krankheiten, bei denen das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System überwiegtWenn der Stoffwechselpol eine zu große Selbständigkeit gewinnt und dieformenden, strukturierenden Kräfte des oberen Poles, durch das RhythmischeSystem vermittelt, nicht genügend eingreifen, entstehen <strong>and</strong>ereKrankheitsbilder. Die eigentliche Aktivität des Stoffwechsel-Gliedmaßen-Systems besteht in den organischen Verbrennungsprozessen, die sowohl beider Verdauung, als auch bei der Bewegung intensiv stattfinden. DieseVerbrennung muss von oben her gebremst und in ordentliche Bahnen gelenktwerden. Ist diese Bremsung zu schwach, bzw. die pulsierenden und Stoffebewegenden Kräfte zu mächtig, entwickelt sich ein prächtiger Nährboden füralles Lebendige, aber vor allem dann auch für Bakterien und Viren. Damit istden Infektionskrankheiten Tür und Tor geöffnet. Sich wiederholendeEntzündungen, z.B. Erkältungskrankheiten, Entzündungen der Harnwege o.ä.treten auf. Wieder etwas <strong>and</strong>eres liegt vor, wenn die Stoffwechselaktivität nunübersteigert in den Nerven-Sinnes-Bereich hochschlägt. Da kann es zurMigräne kommen, häufig, wenn man z.B. zu lange geschlafen hat, und seinenStoffwechsel sehr lange frei hat walten lassen.Seelisch äußert sich diese Tendenz darin, dass das Bewusstsein häufig vonEmotionen überspült wird, bis dahin, dass man gar nicht mehr richtig denkenkann. Man wird dann ein Spielball seiner Gefühle, die einen unreflektiert inH<strong>and</strong>lungen zwingen.32


Die Aufgabe des Rhythmischen SystemsDas rhythmische System ist in allem der Vermittler. Die erstarrendenFormkräfte von oben werden durch rhythmische Kräfte sozusagen inSchwingung gebracht, sodass sie auf gesunde Art formend und regulierend inden Stoffwechselbereich einwirken können. Harte Begriffe werden durch dasFühlen flexibel gemacht, z.B. durch Dichtkunst, durch Verbindungen mitFarbe, Musik, Bewegung, durch Fühl-und erlebbares.Die vom Stoffwechselpol aufwallende Dynamik wird gegliedert undrhythmisiert. Das Bild eines Pferdes, das ursprünglich in wildem Galopp daherrast, und dann durch einen Reiter zu einem anmutigen Trab gebändigt wird,veranschaulicht dieses Geschehen.Die verschiedenen Dynamiken der beiden polaren Systeme müssen in allenBereichen des Menschen zusammenwirken, dürfen sich aber auch nichtvermischen. Auch für diese Trennung der Dynamiken ist das RhythmischeSystem verantwortlich.Der dreigliedrige MenschKörper Funktion Seele KrankheitstendenzKopfRuheNerven-Sinnes-SystemWenigRegenerationtotDenkenUniversellObjektivSkleroseKrampf/AbbaukaltBrustRhythmusRhythmischesSystemAtmung-ZirkulationFühlenKünstlerischEmotionalVermittlung/TrennungRumpf/GliedmassenBewegungStoffwechsel-Gliedmassen-SystemVital/lebendigWollenIndividuellSubjektivEntzündungAuflösung/Aufbauwarm33


23. <strong>Heileurythmie</strong> des dreigliedrigen MenschenWenn jetzt die heileurythmische Beh<strong>and</strong>lung mancher Erkrankungen aus derSicht der Dreigliedrigkeit beschrieben wird, ist, um ein besseres Verständniszu ermöglichen, alles natürlich ein wenig einseitig und vereinfacht.Immer, wenn ein Mensch eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischenNerven-Sinnes-System und Stoffwechsel-Gliedmaßen-System erleidet, oderKrankheiten hat, die sich daraus entwickeln, muss vor allem das RhythmischeSystem gestärkt werden. Das Rhythmische System kann in beide Bereichehineinwirken, ist für beide Vereinseitigungen ein ausgleichendes Element.Ganz allgemein ist alles künstlerische Tun, Malen, Musizieren, Dichten,Schreiben, Singen usw. heilsam, d.h. dass man sein Empfindungslebenbeweglich in harmonisierende Kräfte hineinstellt.Wenn ich jetzt einzelne Übungen nenne, greifen Sie bitte auf dieBeschreibungen zu Beginn dieses Büchleins zurück.In der <strong>Heileurythmie</strong> werden also zunächst Übungen für das RhythmischeSystem aufgegriffen, z.B. das Ballen und Lösen, Rhythmus-Übungen mitHänden und Füssen, mit oder ohne Kugel oder Stäbe, und das DreiteiligeSchreiten. Dazu gehört dann auch, dass alle fünf Vokale sehr atmend undströmend, vielleicht mit einfachen Formen gemacht werden können. Allediese Übungen sind dazu da, dass das rhythmische System seine Aufgabeals Vermittler zwischen oben und unten wieder besser ergreifen kann.Nach dieser Vorbereitung wird die Beh<strong>and</strong>lung immer individueller. BeiKopfschmerzen z.B. muss man herausfinden, ob es ein Spannungs-Verkrampfungs-Kopfschmerz ist, der auf überstarke obere Kräfte hindeutet,oder ob ein übermäßiges Aufsteigen von Stoffwechselkräften eine Art derMigräne hervorruft. Im ersten Fall kann man den Stoffwechselpol stärken,vitalisierende Laute, z.B. das L üben, im zweiten Fall muss man denStoffwechsel eher einschränken, was mit einer speziellen B-Übunggeschehen kann.Bei einem überwachen Nerven-Sinnes-System kann man Einschlafstörungendadurch angehen, dass man ganz am entgegengesetzten Pol, mitden Füssen arbeitet, und mit ihnen Konsonanten übt, dann ruhig strömendeVokale mit den Armen anschließt. Dann sind wir wieder im Gleichgewicht, undnur so kann man gut einschlafen.Drückt sich die Verfestigungstendenz wiederum ins Seelenleben hinein, undäußert sich z.B. in Zwängen, kann man aus diesemDreigliederungsgesichtspunkt heraus wiederum die Mitte, d.h. dasRhythmische System stärken, aber in diesem Falle mehr den seelischenAspekt, d.h. man wird viel I üben, das dem Menschen hilft sich selber zubehaupten, sich sozusagen auch seinen Zwängen gegenüber zu behaupten.Wenn die verhärtende Tendenz des Nerven-Sinnes-Systems imRhythmischen-System Verkrampfungen, Stauungen oder Ablagerungenbewirkt, und es z.B. zu Bluthochdruck oder Arteriosklerose kommt, werdendie Übungen für das Rhythmische System vertieft und intensiviert. So könnenbestimmte Rhythmen, z.B. fallende Metren, bei denen die Länge vor derKürze kommt, Spannungen und Verkrampfungen bis in das Gefäßsystemlösen. Eine bestimmte E-Übung, bei der der Wechsel, d.h. wieder der34


Rhythmus, von Peripherie- und Zentrumserleben geübt wird hilft u.a. beiAngina Pectoris. Wenn durch zu starke Nerven-Sinnes-Aktivität jem<strong>and</strong> dieTendenz hat den Atem anzuhalten oder kurzatmig ist, kann man dies mitdem alten griechischen Hexameter-Metrum, vokalischer Arbeit und Mangehen.Wenn man davon ausgeht, dass der Nerven-Sinnes-Pol des Menschen Ruhe,Verlangsamung und Verhärtung bewirkt, dann lassen sich viele Erkrankungendes Stoffwechsel-Gliedmaßen-Systems noch von einer zusätzlichen Seitebetrachten. Trägheiten im Verdauungsbereich, die zu Verstopfung führenkönnen, Ablagerungen, Steinbildungen, Unbeweglicher-Werden von Gliedmaßenund Organen kann man u.U. den zu früh überh<strong>and</strong>nehmendensklerotisierenden Kräften des Kopf-Poles zuschreiben. Bei vielen dieserErkrankungen werden bevorzugt Konsonanten mit kräftigen Beinbewegungengeübt, um den vitalisierenden Willenspol anzuregen. Da gibt es für fast jedenBereich der Verdauung einen speziellen Konsonanten, z.B. für den Magendas M, für die Verdauungsdrüsen D und T, für die Peristaltik des Darmes Lusw. Wenn die Gliedmaßen der Verfestigungstendenz anheimfallen, sindauch Konsonanten-Bewegungen hilfreich. Sportliche Betätigung invernünftigem Maß ist für viele Probleme sicher hilfreich, die <strong>Heileurythmie</strong>verfolgt aber einen ganz <strong>and</strong>eren Weg. So werden <strong>and</strong>ers als bei derKrankengymnastik die Bewegungen an sich nicht muskulär geübt, sonderndie belebenden Kräfte des Stoffwechsel-Gliedmaßen-Systems werden durchihre gesetzmäßige Verbindung zu den Konsonantenkräften erneut angeregt,und dadurch die erstarrenden Kräfte zurückgedrängt.Eine zu starke Stoffwechseltätigkeit mit rezidivierenden Infekten, wird auchmit Konsonanten bekämpft, wobei das S von oben nach unten beruhigend,formend und gestaltend wirkt, unterstützt von der jetzt sehr kristallin, klargestalteten Kraft der Vokale. Die gesamte Arbeitsrichtung geht hierbei vonoben nach unten.Nun gilt es nicht nur zu schauen, welche Übungen man bei welcherErkrankung machen kann, denn diese Angaben können hier ohnehin nurAndeutungen darstellen, da jeder Mensch seine individuellen Übungenbraucht. Bei allen Bewegungen ist aber auch wichtig, wie sie durchgeführtwerden.Gerade vom Gesichtspunkt des dreigliedrigen Menschen ausgehend gibt esviele Möglichkeiten korrigierend und unterstützend zu arbeiten. DieDreigliederung finden wir nämlich in allen Bereichen des menschlichenOrganismus wieder. So kann man z.B. den Arm in die drei Bereicheunterteilen: Oberarm für das Wollen, Unterarm für das Fühlen, H<strong>and</strong> undFinger für das Denken. Und je nachdem wo die Bewegungsimpulse zu starkoder schwach sind kann man seine Üb-Intention verstärken, und damit aufden ganzen Menschen zurückwirken.35


Einer tieferen menschenkundlich-medizinischen Betrachtung ist es möglich,die einzelnen Organe, z.B. die Haut oder Schleimhäute, das Ohr, Auge,Verdauungsorgane, Gelenke usw. in sich dreigliedrig zu betrachten. Jenachdem ob eine Erkrankung sich mehr am ernährenden (Stoffwechselteil)oder mehr am gestaltenden (Nerven-Sinnes-Teil) oder am zum RhythmischenSystem gehörenden Teil des Organs manifestiert, kann die Beh<strong>and</strong>lungentsprechend unterschiedlich gestaltet werden. Durch diese dreigliedrigeBetrachtungsweise gewinnt man sehr differenzierte, ganzheitlicheBeh<strong>and</strong>lungsmöglichkeiten.24. Das viergliedrige MenschenbildDas viergliedrige Menschenbild wird in der anthroposophischenMenschenkunde gleichwertig neben dem dreigliedrigen betrachtet. ImRahmen dieses Büchleins werden wir es jedoch etwas kürzer beh<strong>and</strong>eln.Wenn Ihnen die vier Elemente, Erde, Wasser, Luft und Feuer noch nicht sovertraut sind, sollten Sie vielleicht noch einmal die Beschreibung derKonsonanten durchlesen. Eigentlich h<strong>and</strong>elt es sich dabei ja auch um die vierAggregatszustände, in die wir die Welt einteilen können, fest, flüssig,gasförmig, und als Wärmeenergie.Diese Qualitäten kennen wir aber auch im Seelenleben des Menschen, wobeialle Arten Vor- wie auch Nachteile aufweisen. Da gibt es Menschen, die starkund fest in sich ruhen, aber evtl. auch ein wenig starr sein können und solche,die ruhig, gleichmütig, anpassungsfähig, gelassen bis langweilig sind. Es gibtLuftikusse, etwas unstete flatterhafte, aber bewegliche Menschen undHitzköpfe, feurige, aufbrausende Charaktere, die gerne etwas verändern. Dassind die vier Temperamente: Melancholiker (Erde), Phlegmatiker (Wasser),Sanguiniker (Luft), und Choleriker (Feuer).Nun können wir aber auch nur einen einzigen Menschen betrachten, und anihm die vier Qualitäten der Elemente beschreiben. Dabei ist es hilfreich nocheine weitere Viergliederung, die der Naturreiche hinzuzunehmen: Mineralien,Pflanzen, Tiere und Menschen.1. Erde - Mineralien - physischer LeibAlles, was wir sehen, wiegen, messen und naturwissenschaftlich untersuchenkönnen, das, was Materie an uns ist, gehört dem Erdelement an. Diesematerielle Grundlage haben wir mit den Mineralien, den Stoffen der Erdegemeinsam. Sie bildet den physischen Leib des Menschen, der für sicheigentlich erst im Tod als Leichnam sichtbar wird. Ganz besonders erlebbarwird für uns dieser feste, erdhafte Aspekt unseres Leibes an den Zähnen,aber auch an den Knochen.2. Wasser - Pflanzen - ÄtherleibAlles was flüssig ist im Menschen, alles was fließt, könnte man im weitestenSinne in diesen Bereich einordnen. Wir sind durchzogen von Flüssigkeiten, ja,wir bestehen zu 60% aus Wasser. Dieses Durchströmt-Sein ist die Grundlagedafür, dass Leben sich entfalten, dass Wachstum, Erhaltung und36


Fortpflanzung stattfinden kann. Die Kraft, die Pflanzen, Tiere und Menschenlebendig sein lässt ist unseren Sinnen nicht zugänglich, wir können nur ihreAuswirkungen immer genauer und umfassender studieren. In deranthroposophischen Betrachtung nennen wir diese Kraft Ätherleib oderBildekräfteleib. Die Pflanzenwelt, die nur physische und Ätherkräfte hat, undsich damit in unglaublicher Vielfalt über die Erde ausbreitet, bildet alleAspekte dieser ätherischen Kräfte aus. Der Hauptrepräsentant dieser Qualitätim Menschen ist der Strom der Lymphe, die ruhig und gleichmäßig unserengesamten Körper, bis in die kleinsten Bereiche hinein durchzieht.3. Luft - Tiere - AstralleibLuftiges, Bewegliches, Leichtes, und alles was mit Gasaustauschzusammenhängt, finden wir in vielen Bereichen unseres Körpers, ist für unsaber vor allem in der Atmung erlebbar. Damit hängen alle unsereMöglichkeiten des Austausches zusammen, Sprache und Gesang werdengetragen von Luft, Schall kann auch nur über die Luft an unser Ohr gelangen.In diesem Sinne ist die Luft das Kommunikationsmedium, ein soziales,seelenverbindendes Element. In diesem Luftigen lebt ein rhythmischesElement, so wie die Schwingungen der Luft den Klang vermitteln. Im Atemwird aber auch ein deutliches Innen und Außen erlebbar, welches dieeigentliche Grundlage für ein Seelenleben darstellt. Erst wenn es Innen undAußen, ein “mein” und “nicht mein”, gibt, können Lust und Unlust, Begierden,Triebe, Freude und Leid empfunden werden. Die Möglichkeit der seelischenEmpfindung, die wir mit den Tieren gemeinsam haben, nennen wir denEmpfindungs- oder Astralleib. Im Menschen wird diese Kraft durch allesLuftförmige repräsentiert, z.B. durch die luftigen Höhlen im Kopfbereich, diegasigen Prozesse bei der Verdauung und im Atem.4. Feuer - Menschen - IchEcce HomoJa! Ich weiß, woher ich stamme!Ungesättigt gleich der FlammeGlühe und verzehr ich mich.Licht wird alles, was ich fasse,Kohle alles, was ich lasse:Flamme bin ich sicherlich!Dieses Gedicht von F. Nietzsche beschreibt die Verw<strong>and</strong>tschaft desmenschlichen Ich, seines Selbstbewusstseins, seines geistigen Wesens mitder Flamme, den Qualitäten des Feuers und der Wärme. Be-geist-erung isteine allesdurchdringende Wärmekraft, mitreißend, entflammend.Für etwas begeistert zu sein, sich für etwas zu erwärmen, ist eineurmenschliche Qualität, wie die Kraft sich als eigenständiges,selbstbewusstes Wesen zu erkennen. Natürlich geht es dabei nicht nur umlodernde Begeisterung sondern auch darum, sich selber Aufgaben zu stellen,37


sein Leben zu gestalten, immer mehr ein aus Freiheit h<strong>and</strong>elnder Mensch zuwerden. Diese individuelle Kraft wird in der Anthroposophie “Ich” genannt. Esist unser Wesenskern.Obwohl es sich dabei um eine übersinnliche, geistige Qualität h<strong>and</strong>elt, hat siedoch ihre körperlichen Korrelate. Zum einen kann man das Blut als allesdurchwärmende Substanz dem Ich zuordnen. Auf der <strong>and</strong>eren Seite regeltmein Immunsystem, als Instrument des Ich, meine organische Beziehung zurUmwelt. Es reagiert auf alle Einflüsse meines Lebenslaufes, verarbeitet sieund bewahrt die körperliche Grundlage für meine Individualität. Unser Körperwird auch von unserem Ich, das dann manchmal auch Ich-Organisationgenannt wird, gestaltet, man denke nur an die individuelle Ausprägung desGesichts.So haben wir vier sogenannte Wesensglieder:Physischer LeibÄtherleibAstralleibIchDiese vier Wesensglieder haben, ähnlich wie das schon für dieDreigliedrigkeit beschrieben wurde, verschiedene Aufgaben, stehen auchunterein<strong>and</strong>er in variablen Beziehungen, und haben in ihrem Wirken inunserem Organismus wechselnde Schwerpunkte. Der Astralleib vermittelt unsnicht nur die Empfindungen, er hat auch einen Anteil, der im Körper tätig ist,das gleiche gilt auch für das Ich.Untere und obere WesensgliederNun können wir den physischen Leib zusammen mit dem Ätherleib als eineEinheit zu betrachten, als die sog. unteren Wesensglieder. Astralleib und Ichbilden dementsprechend zusammen die oberen Wesensglieder.Wenn wir schlafen, verspüren wir weder Lust noch Unlustgefühle, und auchvon den Aufgaben des nächsten Tages wissen wir glücklicherweise nichts.Wir gehen davon aus, dass sich der Astralleib und das Ich von Ätherleib undphysischem Leib gelöst haben, denn nur wenn Astralleib und Ich z.B. dasphysische Gehirn benutzen können, kann man sich der Gedanken bewusstwerden. Beim Aufwachen verbinden sich obere und untere Wesensgliederwieder mitein<strong>and</strong>er. Dieses Lösen und Verbinden kann harmonisch verlaufen,oder aber gestört sein. Es kann sich auf den ganzen Organismus, oder auchauf einzelne Organgebiete beziehen.EinschlafproblemeWenn man sich im Bett herumwälzt, die Gedanken einem wirr durch den Kopfgehen, man einfach keine Ruhe finden kann, ist das oft ein Zeichen dafür,dass der Astralleib sich nicht richtig vom Äther-und physischen Leib lösenkann. Diese Problematik kann als Einschlafstörung auftreten, kann aber einenMenschen auch sonst als Nervosität, “nicht-los-lassen-können”,Aufgedrehtheit und Unkonzentriertheit quälen. Auch können manche Formenvon Ängstlichkeit hier ihre Ursache haben. Dabei werden vor allem Vokaleeine wichtige therapeutische Rolle spielen.Aufwachschwierigkeiten38


Wenn man nun nicht richtig wach wird, man so gar nicht recht in Gangkommen kann, alle Verrichtungen des Morgens einem schwer fallen, könnensich u.U. die höheren Wesensglieder nicht richtig mit den unteren verbinden,man steht wie neben sich. Dabei kann das Gefühl, dass man seinen Körpernicht richtig ergreifen und h<strong>and</strong>haben kann, einen geradezu tollpatschigwerden lassen. Wenn Kinder dieses erleiden, ist es möglich, dass siehyperaktiv werden, dann viel zappeln und sich ziemlich unkontrolliertgebärden. Dies ist dann aber nicht so sehr weil sie zu wach sind, sonderneher weil sie zu schläfrig und müde sind, und die Flut der Eindrücke, zudenen quasi auch die eigenen Bewegungen gehören, nicht mehr verarbeitenkönnen. Mit dem E kann man die oberen Wesensglieder an die unterenbinden.Diese beiden Tendenzen kann man auch auf einzelne Organe bezogenfinden. Die Epilepsie wird in der anthroposophischen Medizin als eine solcheAufwachstörung betrachtet, wobei sich Ich und Astralleib im Anfall geradezugewaltsam einen Weg in den Leib und durch ihn hindurch in die Welt suchen.Auch hier ist das E und eine Reihe von Konsonanten, die alle Naturreicheerlebbar machen die Therapie.25. Einige PatientengeschichtenDepressionHerr G., ein 38jähriger, gepflegt aussehender großer schlanker Mann klagtüber Depressionen. Er ist niedergeschlagen, unkonzentriert, verspannt, unddas seit Monaten, jetzt sei er krankgeschrieben, da er seinen Aufgaben alshöherer Beamter überhaupt nicht mehr gerecht werden könne. Er sagt erhabe schon immer einen Knacks im Selbstbewusstsein gehabt, da sei erschon immer schwächer gewesen. Außerdem sei er nie spontan und locker.Dennoch ist er zufrieden verheiratet. <strong>Psych</strong>opharmaka wurden ihm nichtverordnet, jedoch anthroposophische Medikamente.Bei den ersten Übungen konnte man bemerken, dass Herr G. sich extremlangsam und sehr angestrengt bewegte. Die Bewegungen strömten nicht, siewaren sehr stockend und sahen so aus, als ob jede einzelne durchdachtwerden müsste. Alles wirkte sehr angespannt. Mit heileurythmischgeschultem Blick konnte man den Eindruck bekommen, als ob das Denken,d.h. das Nerven-Sinnes-System mit seinen bremsenden und erstarrendenKräften quasi auf den Bewegungen sitzt, und sie fesselt und beherrscht.Der menschenkundliche Ansatz hilft dem Heileurythmisten hier ein Stockenim Bereich der Lebenskräfte, im Ätherleib zu sehen, vermutlich verursachtdurch starke Bewusstseinskräfte, die sich durch die oben beschriebenenBewegungen zeigten. Bei mangelndem Selbstbewusstsein muss man überalles was man tut nachdenken, nichts geht mit Selbstverständlichkeit. DieKräfte des Nerven-Sinnes Systems wirken mit ihren Abbaukräften zu intensiv,sodass der Ätherleib nicht genügend regenerieren und aufbauen kann, derLebensschwung, die Kraft erlahmt.Heileurythmisch musste man also aus dem wässerigen Bereich einen Laut,das M, wählen, der die Aufgabe hatte, die Stockungen aufzulösen und denganzen Lebensprozess wieder ins Strömen zu bringen. Der Vokal E, kräftigund dynamisch geübt, stärkt den Zusammenhang zwischen dem seelisch-39


geistigen und leiblich-ätherischen des Menschen, I die Kraft sichselbstbewusst in die Welt zu stellen. Außerdem wurden Raumformen, vorallem das Pentagramm und Lemniskaten geübt, um die Willenskräfte zustärken.Herr G. kam 16 mal zur <strong>Heileurythmie</strong> und hat trotz seiner Depressionregelmäßig geübt. Er wurde selbstbewusster und tatkräftiger, auch seineSelbstwahrnehmung und Fähigkeit zur Abgrenzung entwickelten sich. Er erlitteinen leichten Rückfall als er seine anspruchsvolle Berufstätigkeit (vielleichtzu früh?) wieder aufnahm, dennoch verfügte er innerlich über bessereMöglichkeiten, die Situation zu meistern. Er musste nicht wiederkrankgeschrieben werden, und erholte sich.MigräneKevin ist ein 9 Jahre alter hellblonder Junge, normal gebaut. Er kommt ganzoffen auf einen zu, und ist ziemlich gesprächig. Was man ihm so gar nichtansieht ist, dass er häufig unter starken Migräne-Anfällen leidet, oft sonntags,aber auch an <strong>and</strong>eren Wochentagen. So ein ganz normales Kinderleben mitVereinsaktivitäten z.B. ist für ihn gar nicht möglich, da er immer wieder vonden Attacken ans Bett gefesselt wird.Kevins Bewegungsbild ist von leichten Gleichgewichts- undKoordinationsproblemen geprägt. Außerdem schießt er geradezu in dieBewegungen, bevor er recht weiß, was er tun soll. Das gibt immer wiederAnlass zu Frustrationen und er wird missmutig und unmotiviert. Seine Beineund Arme wirken steif, und er hat wenig Ausdauer.Mit Hilfe des dreigliedrigen Menschenbildes kann man hier einen zueigenständigen Willensbereich sehen, schon bevor er sein Denken aktivierthat, bewegt es drauflos. Diese am Bewegungsbild abzulesende Dynamikkann man auch in der leiblichen Konstitution vermuten, dass nämlich derStoffwechsel mit seinen Aufbaukräften die Nerven-Sinnes-Organisationüberspült, und so die Migräne auslöst. So aufgeschlossen wie Finn ist, hat erwenig Möglichkeiten sich aus der Welt wieder zurückzuziehen. Dies wirkte beiihm wie konstitutionell veranlagt. Die Migräne ist dann eine Notwendigkeit desOrganismus zum Rückzug, der letzte Ausweg für eine rhythmischeLebensgestaltung zwischen innen und außen.Heileurythmisch wurde das IAO geübt, eine Übung für das Gleichgewichtzwischen Denken (I mit dem Kopf), Fühlen(O mit den Armen) und Wollen(Amit den Beinen). Das Ballen und Spreizen sollte den gesunden Wechselzwischen Innen und Außen bis in die Lebenskräfte hinein neu veranlagen.Rhythmen, geklatscht, gelaufen und mit einer Kugel gegeben, unterstütztenden beschriebenen Prozess. Klar und wach gestaltete Vokalsprünge gabeneine gute Verankerung im unteren Organismus, um dem ungestümenHeraufschlagen der Stoffwechselkräfte in den Kopf entgegenzuwirken. DiesenProzess unterstützt auch das sog. Migräne-B, eine Bewegung, bei der mansich mit den Armen wie einhüllt, dann aber ganz tief in die Knie geht, als obman dieses Einhüllende bis in den Stoffwechselbereich hineinträgt. Mit demU bewirkte man in diesem Fall ein organisches “ Ansichhalten”, ein “In sich -Ruhen”.Kevin übte erstaunlicherweise auch zu Hause sehr beständig. Seine gesamteKörperkoordination wurde fließender und harmonischer. Die Migräne besserte40


sich nach wenigen Beh<strong>and</strong>lungen sehr rasch, nach 10 Wochen war sieeigentlich “ fast kein Thema “ mehr. Dieser Erfolg bedarf sicherlich einerweiteren Beh<strong>and</strong>lung, um eine dauerhafte Besserung zu gewährleisten.NeurodermitisFrau E. ist 39 Jahre alt, groß und schlank. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder(4 und 6 Jahre alt), ist aktiv, ehrgeizig und intellektuell, leistungsbereit.Sie klagt über Neurodermitis an den Händen, die seit ½ Jahr besonders starknässend, juckend sei..” Ich kann Ihnen keine H<strong>and</strong> geben, die tropfen.”Außerdem hat sie einen leichten Heuschnupfen.Fr. E. bewegt sich recht zappelig und nervös. Besonders auffällig war dieSteifigkeit in den Gelenken, fest und trocken, nicht fließend. Der Raum hinterihr, in dem man eine Art Urvertrauen und Sicherheit haben kann, war sehrunbelebt, alles drängte und stürzte nach vorne.In den Bewegungen vermisst man das wässrige Element, am deutlichstenwird jedoch die starke Betonung des Nerven-Sinnes-Poles. Die BezeichnungNeurodermitis weist auf diesen Zusammenhang hin. Dieses einseitigeseelisch-geistige Engagement im Nerven-Sinnes-System, vor allem der Haut,hat eine Vernachlässigung des Stoffwechsels zur Folge, die sich vor allem inder geschwächten Fähigkeit zum Abbau der Nahrungsmittel zeigt. Dadurchtreten vermehrt Gifte im Organismus auf, die über die Haut ausgeschiedenwerden müssen. Es geht also darum, die Stoffwechselfähigkeit zu stärkenund die Nerven-Sinnes-Aktivität zu dämpfen.Zunächst wurden rhythmische Schreitübungen gearbeitet, um den starkenBewegungsdrang der Patientin aufzugreifen und ihn in eine rhythmischgeordnete, und damit heilsame Qualität zu verw<strong>and</strong>eln. Außerdem bewirktdiese Übung mit ihrem dreigliedrigen Aufbau von Heben, Tragen und Stellendes Fußes eine ideale Harmonisierung von Wollen, Denken und Fühlen desMenschen.Die Konsonanten T, S und M haben hier die Aufgabe die Verdauungskräfte zustärken.Das T ist eine Gebärde, die weit in die Umgebung hinausgreift, und dann,alles versammelnd, von oben nach unten in den Organismus einströmt. Das Töffnete den hinteren Raum, mehr Ruhe und Vertrauen war die Folge.Das T hat aber vor allem eine Wirkung auf die Verdauung, hilft denAbbauprozess der Nahrungsmittel zu verstärken, im weitesten Sinne dieFremdheit der von außen kommenden Substanzen zu überwinden.Das S wurde von oben nach unten ruhig und bestimmt in derBewegungsführung geübt, d.h. der obere Nerven-Sinnes-Mensch verbindetsich mit dem Stoffwechselbereich. Außerdem beruhigt, besänftigt und formtdas S die überschießende Reaktion des Immunsystems auf äußereErregungen.Mit dem weichen, einfühlsamen und strömenden M wird die Seele demKörper, d.h. dem Ätherleib näher gebracht, zu heftige Reaktionen werdenwieder in den gleichmäßigen Strom eingegliedert, wie er dem Lymphstrom41


eigen ist. Im weiten, klaren Winkel der nach oben, vorne oder untengeöffneten A-Gebärde wird Klarheit an den Organismus weitergegeben, eswird ein offenes “Bei-sich-Sein” bewirkt. Die Haut ist unsere Hülle, und so hatdas umhüllende B die Funktion, die Prozesse, die die Hautbildung bewirken,zu unterstützen. Gleichzeitig regt das “B” die Entgiftung in den Nieren an.Fr. E. hat regelmäßig geübt, ihre Bewegungen wurden geschmeidiger, fülligerund ruhiger. Der hintere Raum öffnete sich, alles schien mehr auf den Bodenzu kommen und wirkte weniger flirrig. Nach drei Wochen waren die Händetrocken, nach weiteren zwei Monaten traten kaum mehr juckende undnässende Perioden auf.Vier Jahre später erzählte Fr. E.: “Gelegentlich kommt die Neurodermitiswieder, dann mache ich einige Tage meine Übungen, und dann geht eswieder weg.”Steife Schulter, Frozen Shoulder, adhäsive KapsulitisFrau P. ist 45 Jahre alt, ledig, sehr schlank und sanguinisch. Sie hatte geradeeine sehr anstrengende und bewegte Zeit mit Berufs- und Wohnortwechselhinter sich. Nun war sie dabei sich in der zweiten Stelle innerhalb kürzesterZeit als Krankenschwester einzuarbeiten.Sie klagte über starke Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich.Außerdem war die rechte Schulter sehr schmerzhaft, schon kleinsteBewegungen des rechten Oberarmes führten zu einer völlig verkrampftenHaltung mit hochgezogenen Schultern. Der rechte Arm konnte also fast nichtbewegt werden. Insgesamt war sie sehr erschöpft. Vor vier Jahren hatte sieein Schleudertrauma erlitten.Bei den ersten Bewegungen wirkte Frau P. vom Nacken und den Schulternabwärts wie versteift, strömende Bewegungen mit den Armen warenüberhaupt nicht möglich. Bei Bewegungen mit den Beinen und Füssen warsie etwas hastig und wenig bewusst. Insgesamt wirkte sie etwas fahrig.Zunächst gingen wir in der Beh<strong>and</strong>lung von einer sehr massivenVerspannung aufgrund der Überlastung aus. Demzufolge versuchten wir inder Arbeit die belebenden Kräfte des Ätherleibes durch L und M zu stärken.Da Frau P. ihre Arme nicht ohne verspannenende Fehlbewegungen benutzenkonnte wurden diese Laute anstatt mit den Armen mit den Beinen oder mitdem ganzen Körper geübt und als Raumformen gelaufen. Außerdem wurdenzur Belebung viele Rhythmen sehr intensiv gearbeitet. Durch die Diagnoseder Steifen Schulter durch den Orthopäden wurde die Beh<strong>and</strong>lung wesentlicherweitert. Bei dieser Erkrankung h<strong>and</strong>elt es sich im weitesten Sinne um einezunächst entzündliche, dann aber ablagerungsbedingte (Kalkablagerungen imGelenk) Bewegungsstörung, die zu einem Bewegungsstopp führte. Sonahmen wir das S in seinem feurig-auflösenden Charakter hinzu. Zuerstwurde mit dem gesunden Arm geübt, dann sollte der kranke esnachempfinden. Ganz allmählich konnte der kranke Arm auch ganz klein dieBewegungen mitmachen. Als die Verspannungen des Nackens nachließenkonnten immer mehr Bewegungen mit den Armen gemacht werden. Dasoffene, staunende A half dabei, die Bewegungen immer leichter, weicher undhöher steigen zu lassen.Im Laufe von 20 Beh<strong>and</strong>lungen besserte sich die Schulter soweit, dass FrauP. ca.3/4 der Bewegungsfähigkeit wiedererlangt hatte, sie konnte den Arm42


schmerzfrei über Schulterhöhe heben, obwohl der Orthopäde mit einemKrankheitszust<strong>and</strong> von mindestens zwei Jahren gerechnet hatte. Damit warsie dann auch wieder arbeitsfähig.RheumaHerr M., 58 Jahre alt, etwas untersetzt, hat vielfältige Beschwerden:Nierenschwäche, Herzbeschwerden, Angina Pectoris, Rückenbeschwerden,aber auf dem Vordergrund steht z.Z. eine beginnende Polyarthritis (PCP). Erist sehr erschöpft, er werde überhaupt nie richtig wach, kann sich nichtkonzentrieren. Am schlimmsten sind die Schmerzen im Rücken und an denHänden, wo sie verschiedene Gelenke befallen.Herr M. spricht mit leiser Stimme und undeutlich. Er wirkt wie von einergroßen Last gedrückt.Bei den ersten Übungen war ein aktiver, kräftiger Schritt zu sehen, aber nachoben hin war alles schwer. Der Brustraum wirkte fest, fast wie gepanzert, dieArmgebärden waren dementsprechend auch mühsam und lastend.Die Bewegungen waren nicht trocken, sie hatten durchaus fließendenQualitäten, sodass nicht primär der Ätherleib unterstützt werden musste. Mitheileurythmischem Blick sah man im oberen Menschen eine Schwere, diezuwenig Luftigkeit und Leichte hat, im unteren Menschen, z.B. in denkräftigen Schritten ein starkes Engagement des Astralleibes. Hier ging es umeine Regulierung der Tätigkeit des Astralleibes. Dass der Brustraum so festwar, und auch die Sprache nicht richtig strömen konnte, könnte man auch alsAnzeichen dafür sehen, ebenso deutet die Schwäche der Nieren darauf hin,dass es im Bereich des Astralleibes Unregelmäßigkeiten gibt.Der Luftlaut R in verschiedenen Varianten war also die wichtigste Übung,wobei es ganz groß, alles durchluftend und erleichternd, oder auch nur ganzklein, mit Händen und Fingern geübt wurde. Mit den Klängen der Leierkonnten sich die Arme, und damit der Astralleib, in Tonhöhegebärden leichthinauftragen lassen.Für rheumatische Erkrankungen gibt es eine bestimmte Lautfolge von RudolfSteiner, die je nach Art der Erkrankung angew<strong>and</strong>t werden kann:O-L-O-R-O-M-O. Das R steht an zentraler Stelle, die Laute L und M, die denBewegungsstrom fördern können rahmen es ein. Alles wird durchzogen vomO. Mit dem O gehen wir liebevoll auf etwas zu, werden seelisch weiter, d.h.wir können den Astralleib ein wenig aus den unteren Wesensgliedernherausheben, fast wie bei einem kleinen Einschlafen. Begleitet von denKonsonanten L, R und M kann es zu einem verbesserten Gleichgewicht derWesensglieder in bezug auf den Astralleib kommen.43


Für Herrn M. schien es außerdem wichtig zu sein ganz fein differenziert, mitkünstlerischem Empfinden zu bewegen. So arbeiteten wir an einem Gedichtvon Friedrich Hebbel, zu dem in passender Weise die Laute der Rheuma-Übung gemacht wurden.Die Weihe der NachtNächtliche Stille!Heilige Fülle,Wie von göttlichem Segen schwer,Säuselt aus ewiger Ferne daher.Was das lebte,Was aus engem KreiseAuf ins Weitste strebte,Sanft und leiseSank es in sich selbst zurückUnd quillt auf in unbewußtem Glück.Und von allen Sternen niederStrömt ein wunderbarer Segen,Dass die müden Kräfte wiederSich in neuer Frische regen,Und aus allen FinsternissenTritt der Herr, so weit er kann,Und die Fäden, die zerrissen,Knüpft er alle wieder an.Dieses Gedicht, dass auf eine so schöne Art auch die geheimnisvolle Wirkungder <strong>Heileurythmie</strong> beschreibt, gab Herrn M. neue Kraft und Leichtigkeit, unddie Schmerzen ließen nach.44


26. <strong>Heileurythmie</strong> in der Krebsbeh<strong>and</strong>lungWenn man den Aussagen LeShans (in: <strong>Psych</strong>otherapie gegen den Krebs)folgt, scheint eine Ursache der Krebserkrankung zu sein, dass die Patientennicht “ihre eigene Melodie singen”, d.h. ihr ganz ureigener Lebensimpulsscheint verloren zu sein. Ausgerechnet Krebspatienten werden nach derDiagnose in einen Ausnahmezust<strong>and</strong> versetzt, in dem sie nicht mehr Herrüber das Geschehen sein können. Eine Notwendigkeit jagt die <strong>and</strong>ere;Operation, Chemotherapie oder Bestrahlungen. Der Krebspatient gerät mehrals jeder <strong>and</strong>ere in eine medizinische Maschinerie.So kann ein erster Ansatz für eine heileurythmische Beh<strong>and</strong>lung sein, dassder Krebspatient selber in Bewegung kommt, dass er als ganzer Mensch, mitDenken, Fühlen und Wollen aktiv gesundende Bewegungen ausführt.Die Einzelheiten der heileurythmischen Krebsbeh<strong>and</strong>lung können hier nurangedeutet werden.Es werden häufig die Vokale O und E geübt. Mit dem O wird ein warmesStrömen, ein “Seelischer-Werden” für sich selber geübt, mit dem E einVerbinden des Ich mit dem Ätherleib, aber auch ein Abgrenzen und “Bei-Sich-Sein”. Schon mit diesen zwei Vokalen kann die Suche und die Verbindungzum eigenen Lebensimpuls beginnen und bis ins Organische weiter wirken.Wenn Sie bereits fest gewordenen Ton wieder zum Plastizieren und für neueGestaltung verwenden wollen, müssen Sie ihn feucht machen unddurchkneten. Diese Arbeit verrichtet im übertragenen Sinn organisch das M,das L verleiht dem Organismus Leichte-Kräfte.Dahinein kann die individuelle Persönlichkeit sich organisch neu mit dem Imanifestieren. Das B gibt dem neu gewordenen Organismus eine schützendeHülle, mit dem D verbindet man sich erneut mit der Erde.Diese Lautfolge, O-E-M-L-I-B-D wurde zur Beh<strong>and</strong>lung einerBrustkrebspatientin von Rudolf Steiner angegeben. Trotz dieser individuellenAnordnung kann man ihre Gültigkeit auch für <strong>and</strong>ere Krebspatienten erleben.In jeder Beh<strong>and</strong>lung entwickeln sich eigene Schwerpunkte, es können auchganz <strong>and</strong>ere Laut ausgewählt werden.So wie hier ist die sogenannte Krebsreihe sehr einseitig und einfachdargestellt. Viele Aspekte, die in der anthroposophischen Medizin einewichtige Rolle spielen, z.B. Organbeziehungen, können nur imZusammenhang mit einer ausführlichen Darstellung der Krebserkrankung ausanthroposophische Sicht dargestellt werden.45


Indikation27. Bei welchen Krankheiten hilft die <strong>Heileurythmie</strong>?Allgemeinmedizin:Kinderheilkunde:Heilpädagogik:<strong>Psych</strong>osomatik:<strong>Psych</strong>otherapie:<strong>Psych</strong>iatrie:Krebserkrankungen aller Art,Allergien, Heuschnupfen, Asthma,Rezidivierende Entzündungen,Störungen des VerdauungssystemsDegenerative Erkrankungen, z.B. Arthrose,Rheumatische Erkrankungen,Vegetativer Erschöpfungszust<strong>and</strong>,Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen,Gedächtnisschwäche, ………Entwicklungsstörungen, Stottern,Einschlafprobleme, Ängste, Bettnässen,Haltungsprobleme, Kieferfehlstellungen, Rachitis,Verbesserung der Geschicklichkeit,………Sprachanbahnung,Konstitutionelle Deformationen,Störungen der Bewegungsorganisation,Cerebralparese,Down Syndrom, Microcephalie,………Funktionelle Störungen z.B. des Herzens,Neurodermitis,Erkrankungen des Verdauungstraktes,Reizdarmsyndrom,Kopfschmerzen, Migräne, ………Unterstützung einer psychotherapeutischen Beh<strong>and</strong>lung,Stärkung des Selbstbewusstseins und derAbgrenzungsfähigkeit,Ängste, Unausgeglichenheit,Verbesserung der Selbstwahrnehmung,………Depressionen, <strong>Psych</strong>osen,Angst - und Zwangskrankheiten,dissoziative Störungen,Persönlichkeitsstörungen,Magersucht,………46


Neurologie:Orthopädie:Gynäkologie:Augenheilkunde:Morbus Parkinson,Multiple Sklerose,Schlaganfall,Epilepsie,………Wirbelsäulen - und Haltungsprobleme,Fußschmerzen,M. Sudeck, Frakturbeh<strong>and</strong>lung, ………Menstruationsbeschwerden,Beschwerden im Klimakterium,Brustkrebs, ………Kurz und Weitsichtigkeit, Schielen (bei Kindern),Astigmatismus, diabetische Netzhauterkrankung,Glaukom, Netzhautablösungen,………Nun sind oben die verschiedensten Erkrankungen genannt, die z.T. mit<strong>Heileurythmie</strong> wirklich geheilt werden können. Z.T. können sie gelindert,aufgehalten, oder erträglicher gemacht werden. In den meisten Fällen werdenparallel zur <strong>Heileurythmie</strong> auch anthroposophische Medikamente verordnet,wobei man immer wieder erlebt, dass sich Medikamente und <strong>Heileurythmie</strong>außerordentlich gut ergänzen, und manchmal erst in Kombination einedurchschlagende Wirkung erzielen.Jeder Heileurythmist wird aus den Gesichtspunkten der Schulmedizin, derverschiedenen Ansätze der anthroposophischen Medizin, seiner persönlichenErfahrung und natürlich aus dem, was sich in der Begegnung mit demPatienten ergibt, eine Therapie entwickeln, und dabei den Patienten ein mehroder weniger langes Stück auf seinem Weg zu Gesund- und/oderSelbstwerdung begleiten.47


Anthroposophischer Hintergrund28. Rudolf SteinerRudolf Steiner hat ab 1912 jungen, interessierten Frauen die ersteneurythmischen Elemente zum Üben gezeigt, die auch schon bald danach inkleinen Aufführungen dargestellt wurden. Bis zu seinem Tod 1925 hat erimmer weiter der jungen Kunst weitere Formen, Übereinstimmungen vonLauten, Tönen, Intervallen usw. mit Bewegungen gegeben. Die wachsendeSchar der Eurythmistinnen ging sofort daran Gedichte, Musikstücke, ja bis hinzu dramatischen Szenen z.B. aus dem Faust (Goethe) auszuarbeiten undaufzuführen.Zunächst st<strong>and</strong> also die Eurythmie als Kunstform im Vordergrund. NachdemSteiner einigen Ärzten Anregungen für eine Erweiterung der Medizin gegebenhatte, beantwortete er auch die Frage nach einer therapeutischenErweiterung der Eurythmie 1924 durch einen Vortragskurs. Dieser Kurs bietetdie Grundlage auf der seitdem Hunderte von Heileurythmisten fast auf derganzen Welt diese Therapie ausüben und weiter entwickeln.Aus welchen Quellen hat Steiner geschöpft, was war sein spirituellerHintergrund?Rudolf Steiner wird 1861 als Sohnösterreichischer Eltern im damaligenUngarn, im heutigen Kroatien geboren.Schon als Knabe hat er eine Artnatürliche Hellsichtigkeit. 1879 besteht ersein Abitur mit Auszeichnung. In Wienstudiert er Naturwissenschaften, hat aberauch bedeutende Lehrer für seinegeisteswissenschaftlichen Interessen. Erbeschäftigt sich intensiv mit Goethe undwird 21-jährig mit der Herausgabe vonGoethes NaturwissenschaftlichenSchriften beauftragt. Es entstehen ersteSchriften im Rahmen seinerGoethestudien.1891 promoviert er im Bereich Philosophie, es entstehen weitere Werke mitphilosophischem Hintergrund. Seine innere geistige Welterfahrung hält ihnnicht ab, sich intensiv mit <strong>and</strong>eren Menschen und deren Ansichtenausein<strong>and</strong>er zusetzen.1897 siedelt er nach Berlin um, arbeitet in literarischen Zusammenhängenund wird ab 1899 Lehrer an der Arbeiter-Bildungsschule, wo er Vorträge undKurse gibt.Seine Vorträge über die geistige Entwicklung und Geschichte der Menschheitwerden immer spiritueller, entstammen inhaltlich immer mehr seinen eigenengeistigen Forschungen, erregen aber desto mehr Widerst<strong>and</strong>, sodass Steiner48


eine <strong>and</strong>ere Plattform für sein Wirken in der Theosophischen Gesellschaftf<strong>and</strong>, deren Generalsekretär er ab 1902 war. Der von Überlieferungen ausindischen Quellen gespeisten Theosophischen Gesellschaft stellt Steiner auseigener Forschung erarbeitete Erkenntnisse gegenüber, die er mitnaturwissenschaftlicher, westlicher Forschergenauigkeit betreibt. In dieserZeit beschreibt er in Büchern und Vorträgen u.a. das drei- und viergliedrigeMenschenbild, aber auch geistige Hintergründe für die Erdentwicklung unddie Reinkarnation. Durch diese Eigenständigkeit wird 1913 die Gründung derAnthroposophischen Gesellschaft nötig (Anthropos=Mensch,Sophia=Weisheit). Steiner reist durch ganz Europa und hält Vortragszyklen zuThemen wie Religion und Kunst. Ab 1913 wird in Dornach (Schweiz) einZentrum für die neue Bewegung errichtet, das Goetheanum.Nach dem 1. Weltkrieg widmet sich Steiner zunehmend sozialen Fragen undder Erneuerung mehrerer Lebensgebiete: Waldorfpädagogik, Heilpädagogik,Medizin, L<strong>and</strong>wirtschaft, Christengemeinschaft, soziale Dreigliederung,künstlerische Impulse wie die Eurythmie und Sprachgestaltung. Zu all diesenThemen hält er Kurse, die von den jeweiligen Berufsgruppen erbeten wurden.In der Sylvesternacht 1922 wird das aus Holz errichtete Goetheanum, an demMenschen aller europäischen Nationen gebaut hatten, durch Br<strong>and</strong>stiftungzerstört. Steiner entwirft das zweite Goetheanum in einer völlig <strong>and</strong>erenGestalt.Seine letzten Lebensjahre widmet er neben der Unterstützung der neugegründeten Initiativen der Darstellung der Verhältnisse von Karma undReinkarnation. Rudolf Steiner stirbt am 30.März 1925.49


29. AnthroposophieWas also ist Anthroposophie? Aus der kurzen Biographie Steiners und denDarstellungen des Menschenbildes haben Sie schon viele Aspektekennengelernt: Es gibt eine Welt, die unseren normalen Sinnen nichtzugänglich ist, für die man die Wahrnehmungsorgane erst entwickeln muss.Steiner hat dafür ein Buch “ Wie erlangt man Erkenntnisse der höherenWelten” geschrieben. Wenn man aber diese Wahrnehmungsfähigkeiten nochnicht erworben hat, was wohl für die meisten unter uns gilt, kann man sichdoch mit den Aussagen der Anthroposophie beschäftigen. Werunvoreingenommen und mit gesundem Menschenverst<strong>and</strong> die Ideen derAnthroposophie durchdenkt oder im praktischen Leben anwendet, kann ihrenWahrheitsgehalt erleben. Durch diesen aktiven Umgang mit solchenspirituellen Inhalten verändert man sich als ganzer Mensch.Anthroposophie ist keine Sekte, man wird zu nichts verpflichtet, nicht finanziellausgenommen, nicht indoktriniert, man kann kommen und gehen wann manwill. Es gibt die anthroposophische Bewegung, dazu werden sich wohl vielezugehörig fühlen, die dem Geistesgut der Anthroposophie verbunden sind.Die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft sind auch zu nichtsverpflichtet, wollen nur durch ihre Mitgliedschaft eine intensivere Verbindungzu den geistigen Impulsen pflegen. Anthroposophie ist trotz ihrergrundsätzlich christlichen Ausrichtung für alle Religionen und Kulturen offen.So ist es auch möglich, dass es anthroposophische Institutionen in allenErdteilen gibt, Waldorfpädagogik existiert z.Z. in 76 Ländern.Wenn Sie als Patientin oder Patient <strong>Heileurythmie</strong> bekommen möchtenbrauchen Sie sich überhaupt nicht mit Anthroposophie zu beschäftigen, eswird auch keinem Heileurythmisten daran gelegen sein, anthroposophischeInhalte mit Ihnen zu besprechen. Es könnte natürlich schon sein, dass einegeistige Neuorientierung einen Gesundungsprozess unterstützen würde, aberwie und welche Wege ein Patient dabei einschlägt, bleibt ganz ihmüberlassen. Hat der Patient aber Fragen, die aus dem anthroposophischenAnsatz besprochen werden können, kann das durchaus auch vomHeileurythmisten aufgegriffen werden.50


30. Krankheit auf dem Hintergrund vonReinkarnation und KarmaDie Wiederholung unseres Lebens auf der Erde im Dienste einerkontinuierlichen Weiterentwicklung ist eine wesentliche Grundannahme derAnthroposophie. In jedem Leben werden gewisse Fähigkeiten erworben, diein verw<strong>and</strong>elter Form im nächsten Leben als Begabung vorh<strong>and</strong>en seinkönnen. Aber auch Versäumnisse oder Schulden haben einen Abdruck imnächsten Leben und stellen sich oft als Stolpersteine, die zur Entwicklungaufrufen, dar. Den Ausgleich, der sich in diesem Leben für einvorhergehendes einstellt, nennt man Karma. Karmischer Ausgleich verläuftmit Gesetzmäßigkeiten, die Steiner vor allem am Ende seines Lebenserforschte und darstellte. Zum persönlichen Karma gehören bestimmteMenschen, denen man sowohl in Sympathie wie auch in Antipathieverbunden sein kann. Es gibt auch ein übergeordnetes Karma, das ganzeGruppen von Menschen verbindet.Der Karma-Gedanke schließt die Freiheit nicht aus, denn in jedem Moment istder Mensch frei, neue Wege zu gehen, den Situationen mit neu zuerwerbenden Fähigkeiten zu begegnen, neue Impulse für das weitere Lebenzu ergreifen.Krankheiten kann man als Helfer auf diesem Weg betrachten, kommen siedoch manchmal wie aus “heiterem Himmel”. Oft kommt eine Genesungzust<strong>and</strong>e, wenn man etwas grundsätzlich Neues gelernt hat, was mit derKrankheit vielleicht gar nicht zusammenzuhängen scheint, was sie einemaber ermöglicht hat.Viele Menschen haben von diesen Zusammenhängen durchaus ein Gefühl,wenn sie fragen: Was für einen Sinn hat meine Krankheit? Manchmal kannman in der bisherigen Biographie einen Sinn finden, oft aber misslingt dieserVersuch. Denken Sie nur an die Krebserkrankungen kleiner Kinder. Anbloßen Zufall oder Pech zu glauben widerstrebt vielen Menschen. Da kannder Gedanke an Reinkarnation hilfreich sein, auch wenn man mitSpekulationen sehr vorsichtig sein muss. Allein das “ Fürmöglichhalten”derartiger Zusammenhänge verschafft einem eine <strong>and</strong>ere Einstellung zuKrankheiten.Nun könnte man meinen, dass es zu einer gewissen Gleichgültigkeit oderÜberheblichkeit führen könnte, weil man z.B. denkt: Der hat sich das ja allesim letzten Leben selbst eingebrockt. Aber das Gegenteil ist der Fall. MehrRespekt und Achtung vor dem Wirken so großer Kräfte und dem Ringenjedes Menschen um seine individuelle Entwicklung, gerade wenn es ihn durchtiefste Abgründe führt, sind die Folge. Dies ist der wahre Boden, auf dem dieanthroposophischen Initiativen arbeiten, wodurch z.B. in anthroposophischenKliniken ein viel respektvollerer Umgang mit den Menschen möglich wird alsin der heute üblichen mechanistischen Medizin.Durch Übungen kann man sich einen mehr oder weniger tiefen Einblick in diekarmischen Verhältnisse verschaffen. Wie Sie oben gesehen haben, muss mitjeder Entwicklung in dieser Richtung gleichzeitig eine moralische Entwicklungeinhergehen, d.h. anthroposophische Gedanken kann man nicht nur lernen,man verändert sich auch mit ihnen.51


31. <strong>Heileurythmie</strong> mit geistig-behinderten MenschenWenn man die Idee von Reinkarnation und Karma zugrunde legt, bekommtdas Phänomen “geistige Behinderung” eine ganz neue Dimension.Ein Spitzenpianist spielt auf einem verstimmten Klavier, trotz seines Könnenswird seine Musik schrecklich klingen und die Mitmenschen nicht erreichen.Ähnlich kann man die Situation eines geistig-behinderten Menschen sehen.Seine Leiblich-ätherische Konstitution ist wie ein verstimmtes Klavier, und deran sich gesunde geistige Wesenskern, das Ich, kann sich durch ein solchesInstrument nicht richtig offenbaren.Dieses Ich geht durch die Inkarnationen und schafft sich in der Zeit zwischenden Verkörperungen auf der Erde die Voraussetzungen für das kommendeErdenleben. Es kann gar nicht krank sein, es ist unzerstörbar. Es könntejedoch einen karmischen Grund geben, dass ein Mensch eine Inkarnationunter den Bedingungen der Behinderung antritt, im nächsten Leben kann ersich u.U. mit neuen Kräften als außerordentlich gut begabter Mensch zeigen.In anthroposophischen Kreisen spricht man meistens von “Seelen-pflegebedürftigen”Menschen. Damit zeigt sich die Haltung, dass man die zwischenGeist und Körper vermittelnde Seele pflegt und stärkt um dem Geistwesendoch noch zu einem möglichst umfassenden Eingreifen und Umgestalten desLeibes zu verhelfen, sodass dieses Geistwesen hier und da unverstellt inErscheinung treten kann.Auch damit positive Kräfte und Erfahrungen den Weg in eine neue Inkarnationebnen, werden Körper und Seele ganz besonders umsorgt. So arbeitet manin die Zukunft hinein.Die <strong>Heileurythmie</strong> mit ihrer Möglichkeit, bis in die konstitutionell veranlagtenSchichten zu wirken, hat hier eine besonders wichtige Aufgabe. Die obenbeschriebene anthroposophische Menschenkunde bietet auch in derBetrachtung der verschiedenen Behinderungen eigenständige Ansätze. Hiersteht die Genesung gleichwertig neben der Arbeit für ein gutes Ergreifen desLeibes durch die geistige Individualität als Basis für ein nächstes Leben.52


32. Kosmische Kräfte in der <strong>Heileurythmie</strong>“Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer,und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf demWasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.”“ Im Urbeginne war das Wort, und das Wort war bei Gott”.Wortkräfte erschufen die Welt, so könnte man aus diesen Texten aus derBibel schließen.Die Astrologie zeigt unseren Zusammenhang mit den kosmischen Rhythmenin oft beeindruckender Weise. Auch die neuere Esoterik spricht überZusammenhänge zwischen Edelsteinen, Bäumen und Planeten u.v.m..Magische Zeichen , wie die Runen konnten Kräfte entfalten.Durch Rudolf Steiner sind Zusammenhänge zwischen Körperorganen undPlaneten einerseits, Planeten, Tierkreiskräften und Lauten <strong>and</strong>ererseitsdargestellt worden.Kann es nicht sein, dass in den Kräften der Laute, die wir mit Hilfe derEurythmie neu kennenlernen können, kosmische Kräfte wirksam sind, die imUrbeginn der Welt das Leben auf der Erde gestalteten?Das muss den Ergebnissen der naturwissenschaftlichen Forschung über dieEntstehung des Lebens gar nicht widersprechen, es fügt jedoch eine weitere,geistige Dimension hinzu.So hätten wir mit der <strong>Heileurythmie</strong> eine Therapieform, die mit denjenigenKräften umgeht, die zu Beginn unserer Evolution an unserem Leib tätigwaren, und die vielleicht in der Entwicklung eines jeden menschlichen Leibesnach wie vor beteiligt sind. Auch hier gilt, dass diese Idee dernaturwissenschaftlichen Anschauung nicht widerspricht, wir müssen uns nuraus den gewohnten kausalen Denkbahnen lösen, um etwas Zusätzliches fürmöglich zu halten. Wodurch das Leben wirklich seinen Anfang genommen hatkann allen Ernstes auch heute noch kein Naturwissenschaftler erklären.53


33. Die Ausbildung zur HeileurythmistinZunächst muss die zukünftige Heileurythmistin ein vierjähriges Eurythmie-Studium absolvieren. In dieser Zeit wird vor allem die Eurythmie als Kunstgelernt, d.h. durch die eurythmischen Bewegungen werden z.B. Gedichte,Geschichten Märchen, oder dramatische Szenen sichtbar gemacht. In derToneurythmie werden Musikstücke eurythmisch erarbeitet (siehe Kapitel 16).Alles dies geschieht häufig in Gruppen. Das Wahrnehmungsvermögen fürfeinste seelisch-geistige Bewegungsprozesse wird durch das Sichtbarmachenaller seelischen Bewegungen mit Hilfe der Lautbewegungen odermusikalischen Grundelemente in allen nur denkbaren Varianten geschult.Choreographische Arbeit schärft die Aufmerksamkeit für die Bewegungenzwischen den Menschen. In der Eurythmie werden die Bewegungen auch inder Kunst nicht hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der persönlichenInterpretation, sondern auch nach den gesetzmäßig in der Sprache oderMusik liegenden ätherischen Bewegungen erarbeitet.Nach diesem Grundstudium muss man einige Jahre als Eurythmistin arbeiten,d.h. entweder unterrichten, Kurse geben oder in der künstlerischen Arbeit alsBühneneurythmistin tätig sein.Erst dann kann die eigentliche <strong>Heileurythmie</strong>-Ausbildung angeschlossenwerden, die dann noch einmal 1 ½ Jahre dauert. In dieser Zeit lernt man dieVerw<strong>and</strong>lungen der Laute in heileurythmische Kräfte. Auf dem Lehrplanstehen u.a. Anatomie, allgemeine und spezielle Krankheitslehre, Embryologie,Heilpädagogik und die Vertiefung der anthroposophischen Menschenkunde.In einem ½ jährigen Praktikum übt man sich im Umgang mit krankenMenschen. Eine <strong>Dipl</strong>omarbeit schließt die Ausbildung ab.Derzeit gibt es an der Alanus-Hochschule bei Bonn einen Bachelor-Studiengang Eurythmie und einen Master-Studiengang <strong>Heileurythmie</strong>.Alle diese Studien finden in der Regel als Vollzeitausbildungen statt, dieAusbildungsstätten sind privat, d.h. man muss Studiengebühren entrichten.Danach muss die Heileurythmistin sechs Monate mit einer erfahrenenKollegin zusammenarbeiten, 450 durchgeführte Beh<strong>and</strong>lungen nachweisenund einen schriftlichen Therapieverlauf einreichen, um als vollgültiges Mitgliedin den Berufsverb<strong>and</strong> <strong>Heileurythmie</strong> aufgenommen zu werden. Dadurcherlangt sie auch die Anerkennung der Krankenkassen, die die Kosten einer<strong>Heileurythmie</strong>-Beh<strong>and</strong>lung erstatten.54


AnhangHinweise auf weiterführende Literatur:Eurythmie und <strong>Heileurythmie</strong>Armstrong, Daniela: Augen-<strong>Heileurythmie</strong>. Verlag am GoetheanumBort, Julia. Heil-Eurythmie mit Seelepflege-bedürftigen Kindern. Natura VerlagDubach, Annemarie: Grundelemente der Eurythmie. Philosophisch-Anthroposophischer VerlagGrimm, Rüdiger (Herausg.): Heilende Kräfte in der Bewegung. Verlag FreiesGeisteslebenHeusser, Peter ( Herausg.): <strong>Heileurythmie</strong> und Hygienische Eurythmie. Verlagam GoetheanumKirchner-Bockholt, Magarete: Grundelemente der Heil-Eurythmie.Philosophisch-Anthroposophischer VerlagSteiner, Rudolf: Eurythmie als sichtbare Sprache. Rudolf Steiner VerlagSteiner, Rudolf: Eurythmie als sichtbarer Gesang. Rudolf Steiner VerlagSteiner, Rudolf: Heileruythmie. Rudolf Steiner VerlagSteinke, Ursula: Lesebuch <strong>Heileurythmie</strong>. Verlag Ch. MöllmannWennerschou, Lasse: Was ist <strong>Heileurythmie</strong>. Verlag am GoetheanumAnthroposophische MedizinFintelmann, Volker: Krebssprechstunde. Verlag UrachhausFintelmann, Volker: Alterssprechstunde. Verlag UrachhausFintelmann, Volker Intuitive Medizin. Hippokrates VerlagGlöckler, Michaela: Kindersprechstunde. Verlag UrachhausHeide,von der, Paul: Therapie mit geistig-seelischen Mitteln. Verlag amGoetheanumHolzapfel, Walter: Im Kraftfeld der Organe. Verlag am GoetheanumHusemann/Wolff: Das Bild des Menschen. Verlag Freies GeisteslebenSteiner, Rudolf: Geisteswissenschaft und Medizin. Rudolf Steiner VerlagSteiner/Wegmann: Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst. RudolfSteiner VerlagSteiner, Rudolf: Heilpädagogischer Kurs. Rudolf Steiner VerlagTreichler, Markus: Sprechstunde <strong>Psych</strong>otherapie. Verlag UrachhausTreichler, Rudolf: Die Entwicklung der Seele im Lebenslauf. Verlag FreiesGeistesleben.55


Adressen:Hinweise zur <strong>Heileurythmie</strong> im Internet:www.berufsverb<strong>and</strong>-heileurythmie.dewww.goetheanum.chwww.heileurythmie.deHier können Sie die Adressen von Heileurythmistinnen undHeileurythmisten in Ihrer Umgebung erfahren:Berufsverb<strong>and</strong> <strong>Heileurythmie</strong>Roggenstr. 8270794 FilderstadtTel. 0711/7799723Email: sekretariat@berufsverb<strong>and</strong>-heileurythmie.deHier finden Sie in Ihrer Nähe arbeitende anthroposophische Ärzte:Gesellschaft anthroposophischer ÄrzteRoggenstr. 8270794 FilderstadtTel. 0711/7799711Gesetzliche Krankenkassen, die z.Z. die <strong>Heileurythmie</strong> in ihremLeistungskatalog aufgenommen haben:Securvita BKKPostfach 10582920039 HamburgTel. 0800 600 3000IKK Innungskrankenkasse HamburgKieler Strasse 464 – 47022525 HamburgTel. 01802/22676756


Alle meine Bemühungen diese Schrift bei einem Verlag unterzubringen sindgescheitert. Daher stelle ich sie Ihnen jetzt als kostenlose PDF-Datei zumHerunterladen zur Verfügung.Über Resonanz oder eine kleine Aufw<strong>and</strong>entschädigung würde ich michfreuen.Kto: 40392600BLZ: 43060967<strong>Sabine</strong> <strong>Petersen</strong>Heileurythmistin / <strong>Dipl</strong>om-<strong>Psych</strong>ologin / GestalttherapeutinJägersberg 724103 KielTel. 0431/ 99 049 12www.<strong>Living</strong><strong>Brain</strong><strong>Body</strong>.dewww.praxis-jaegersberg.deEmail: sab-petersen@web.de57

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