teure Spamfallen
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einen reißenden Fluss hinabgleitet, dann<br />
muss ein Insasse das Sagen haben und die<br />
anderen Insassen müssen sozusagen seinen<br />
Kommandos folgen. Denn in Stromschnellen<br />
ist zum Diskutieren keine Zeit. Sinnvoller<br />
wäre es in diesem Fall, gemeinsam ein Floß zu<br />
planen und zu bauen, damit jeder Teilnehmer<br />
seine Fähigkeiten und Fertigkeiten einbringen<br />
kann.<br />
(+) plus: Was kosten solche Seminare eigentlich?<br />
Prohaska: Das variiert stark. Wenn ein<br />
Team nur gemeinsam kocht, dann ist das<br />
selbstverständlich günstiger, als wenn es auf<br />
Kamelen eine Wüste durchquert. Allgemein<br />
gilt: Die Kosten sind in der Regel höher als<br />
bei einem klassischen Seminar. Denn bei<br />
Seminaren, die stark auf ein Erlebnislernen<br />
speziell in der Natur setzen, ist häufig<br />
neben dem eigentlichen Trainer eine geschulte<br />
Fachkraft wie ein Bergführer nötig.<br />
Außerdem benötigt man das passende Equipment.<br />
(+) plus: Welchem Zweck dienen Veranstaltungen,<br />
bei denen vor allem Abenteuer<br />
und Mutproben im Vordergrund stehen?<br />
Prohaska: Sie verfolgen oft zwei Ziele. Zum<br />
einen den Aufbau von wechselseitigem Vertrauen,<br />
da es bei den integrierten Übungen<br />
häufig um die Frage geht: Inwieweit kann<br />
ich meinem Kollegen vertrauen bzw. inwieweit<br />
bin ich bereit, ihm zu vertrauen? Zum<br />
anderen das Wahrnehmen und Verschieben<br />
eigener Grenzen – zum Beispiel, indem man<br />
etwas tut, von dem man zunächst dachte:<br />
Das kann ich nicht. Solche Trainings kommen<br />
vor allem zum Einsatz, wenn in Unternehmen<br />
Veränderungen anstehen, die vom<br />
Einzelnen neue Denk- und Verhaltensmuster<br />
erfordern.<br />
(+) plus: Lenkt der Event-Charakter solcher<br />
Seminare nicht von den eigentlichen<br />
Trainingszielen ab?<br />
Prohaska: Das kann geschehen. Deshalb ist<br />
die Reflexion des gemeinsam bzw. individuell<br />
Erlebten unter professioneller Anleitung<br />
so wichtig. Denn den Teilnehmern erschließt<br />
sich oft nicht unmittelbar, was hieraus für<br />
ihren Arbeits- oder Lebensalltag folgt.<br />
(+) plus: Garantiert das eigene Erleben<br />
einen besseren Transfer in den Berufsalltag<br />
als ein rein theoretisches Vermitteln der<br />
Information?<br />
Prohaska: Aus der modernen Hirnforschung<br />
weiß man, dass Erlebtes – vor allem<br />
wenn es mit positiven Emotionen besetzt<br />
ist – langfristig im Gehirn verankert wird;<br />
jedoch nur, wenn es entsprechend aufgearbeitet<br />
und verarbeitet wird. Erfolgt dieses<br />
Aufarbeiten nicht, bleibt nur das tolle Erlebnis<br />
im Gedächtnis haften. Der Lerneffekt<br />
tendiert also gegen null. Wie erwähnt, ist für<br />
den Lernerfolg die positive Emotion, also zum<br />
Beispiel das Erfolgserlebnis, sehr wichtig.<br />
Deshalb sollten die Trainings die Teilnehmer<br />
zwar fordern, aber keinesfalls überfordern.<br />
Sonst ist die Gefahr groß, dass das<br />
Training zum Beispiel für eher unsportliche<br />
Teilnehmer zum Alptraum wird und das<br />
Gegenteil des intendierten Ziels erreicht<br />
wird.<br />
(+) plus: Worauf sollten Unternehmen<br />
bei der Auswahl der Veranstalter achten?<br />
Woran können sie im Vorfeld erkennen, dass<br />
bei dem Training vermutlich etwas Sinnvolles<br />
herauskommt?<br />
Prohaska: Wie bereits gesagt, ist das Erleben<br />
kein Selbstzweck. Vielmehr soll die<br />
gewünschte Veränderung erreicht werden.<br />
Deshalb sollten Unternehmen unter anderem<br />
darauf achten, inwieweit die Trainer aufgrund<br />
ihrer Biografie dazu in der Lage sind,<br />
die hierfür nötigen Reflexions- und Transferprozesse<br />
bei ihren Mitarbeitern auszulösen.<br />
Sie sollten auch darauf achten, dass das Seminardesign<br />
ausreichend Zeit für den Transfer<br />
vorsieht. Erleben und Be- sowie Verarbeiten<br />
müssen in einem ausgewogenen Verhältnis<br />
stehen.<br />
(+) plus: Welche Anforderungen stellen<br />
solche Trainingsdesigns an die Trainer?<br />
Prohaska: Sie müssen zunächst ausgewiesene<br />
Fachkräfte für die jeweilige alternative<br />
Trainingsart sein – also zum Beispiel bei<br />
Kletter-Events erfahrene Bergführer oder<br />
-steiger. Das ist wichtig für die Sicherheit<br />
der Teilnehmer. Sie müssen aber auch die<br />
Arbeits- und Kommunikationsprozesse in<br />
Unternehmen kennen und persönlichkeits-<br />
oder teambildende Prozesse bei Menschen<br />
auslösen und verantwortlich begleiten können.<br />
Also zum Beispiel eine Coaching- oder<br />
Trainingsausbildung haben. Eine Einzelperson<br />
kann diese Anforderungen oft nicht<br />
erfüllen. Deshalb kommen bei solchen<br />
Trainings häufig Trainerteams zum Einsatz.<br />
(+) plus: Wohin geht der Trend beim Erlebnislernen?<br />
Prohaska: Meines Erachtens geht der<br />
Trend weg von eher exotischen Designs, wie<br />
zum Beispiel dem gemeinsamen Durchqueren<br />
einer Wüste, und Trainings, die eine<br />
�� S o f t S k i l l S<br />
Survival-Komponente haben. Stattdessen<br />
werden zunehmend Elemente wie gemeinsames<br />
Kochen oder Trommeln in die Seminare<br />
integriert – aus Kostengründen und<br />
weil viele Unternehmen registrieren: Auch<br />
so erzielen wir die gewünschten Ergebnisse.<br />
Und keinesfalls vergessen sollte man: Auch<br />
das klassische Rollenspiel stellt eine Form<br />
des Erlebnislernens dar. Dasselbe gilt für das<br />
Bearbeiten von konkreten arbeitsplatzbezogenen<br />
Projektaufgaben im Seminar. Auch<br />
hiermit kann ein erfahrener Trainer Seminarteilnehmern<br />
das Aha-Erlebnis vermitteln,<br />
auf das das Erlebnislernen zumeist setzt.<br />
(+) plus: Warum werden trotzdem so<br />
viele Seminare mit einem eher exotischen<br />
Design angeboten?<br />
Prohaska: Eine Ursache ist gewiss, dass<br />
auch der Trainingsmarkt immer härter umkämpft<br />
ist. Deshalb sucht manch Anbieter<br />
nach ausgefallenen Seminardesigns, um seine<br />
Angebote von denen der Mitbewerber abzuheben.<br />
Das Ergebnis sind dann häufig scheinbar<br />
neue Seminare, die sich primär durch ihre<br />
Verpackung von den Konkurrenzangeboten<br />
unterscheiden.<br />
(+) plus: Haben Sie hierfür ein Beispiel?<br />
Prohaska: Nehmen Sie das Thema Führen.<br />
Das kann man heute in Seminaren mit Pferden,<br />
Wölfen, Schwertwalen und Adlern lernen<br />
– um nur ein paar »tierische« Beispiele<br />
zu nennen. Hinzu kommt: Je exotischer ein<br />
Seminardesign ist, umso leichter kann man<br />
es vielfach zumindest auf den ersten Blick<br />
vermarkten – auch weil die Presse gerne über<br />
solche neuen exotischen Angebote im Markt<br />
berichtet. Ob diese Trainings jedoch ausgehend<br />
vom postulierten Trainingsziel das intelligenteste<br />
Design haben, ist eine ganz andere<br />
Frage. Das gilt es im konkreten Einzelfall,<br />
abhängig von den Teilnehmern und der Zielsetzung,<br />
stets neu zu prüfen. n<br />
Zur pErSON<br />
>> Sabine Prohaska<br />
ist Inhaberin des<br />
Trainings- und Beratungsunternehmens<br />
seminar consult prohaska,<br />
Wien, das unter<br />
anderem Trainer und<br />
Coaches ausbildet. Sie<br />
ist Autorin des Buchs<br />
»Erfolgreich im Training<br />
— Praxishandbuch«. (Tel.: +43/664-3851767;<br />
E-Mail: prohaska@seminarconsult.at; Internet:<br />
www.seminarconsult.at).<br />
RepoRt pLus 5|2011 41