Kurt Zube - Bibliothek der Freien
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re, hatten wir unser längstes Gespräch bei einem<br />
Besuch im Odenwald, im Hause meines<br />
Freundes Gerd Weber, <strong>der</strong> sich wenig später<br />
für den Umzug nach Italien entschied — nicht<br />
ganz freiwillig, son<strong>der</strong>n um sich <strong>der</strong> Willkür<br />
von Behörden zu entziehen. Dort kamen wir<br />
auf den Punkt zu sprechen: Warum müssen wir<br />
uns diese ganzen Bemühungen um die Verbreitung<br />
libertärer Ideen überhaupt antun? <strong>Kurt</strong><br />
hielt daran fest, dass es doch notwendig und<br />
sinnvoll sei, sich für die Selbstbestimmung <strong>der</strong><br />
Individuen einzusetzen, und er sah bei Mackay<br />
in seinem ›Freiheitsucher‹ ein Handbuch für<br />
eine Evolution zur Anarchie, ja von <strong>der</strong> Demokratie<br />
zur Anarchie.<br />
<strong>Kurt</strong> <strong>Zube</strong> war bewusst, dass Menschen in<br />
den wirtschaftlichen Rezessionen keinen Halt<br />
mehr in sich selbst finden, sich die Autoritätsgläubigkeit<br />
permanent verstärkt und dass damit<br />
die ideologischen Rattenfänger aller Schattierung<br />
einen Nährboden nutzen, den man trokken<br />
legen kann, wenn man allen Menschen<br />
Freiheit und Wohlstand sichert. Im Angesicht<br />
dieser Gefahren schrieb er: »Hätten die Gewerkschaften,<br />
auch die Sozialdemokratie, auch<br />
nur einen Bruchteil <strong>der</strong> ökonomischen Erkenntnisse<br />
aus dem ›Freiheitsucher‹ übernommen,<br />
wäre uns das ›Dritte Reich‹ erspart geblieben.«<br />
<strong>Kurt</strong> <strong>Zube</strong>, so war zu lesen, hat viel getan,<br />
um den individualistischen Anarchismus in<br />
Deutschland am Leben zu halten. Aber er selbst<br />
war auch ein originärer Denker, <strong>der</strong> die libertären<br />
Ideen um eigene Ideen und Vorschläge<br />
bereicherte. In einigen Punkten, insbeson<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> Geld-Boden-Frage, war er konkreter als<br />
UWE TIMM<br />
Mackay und Tucker. Wesentlich bleiben auch<br />
hier die Denkanstöße, dass sich Menschen ihrer<br />
Individualität und Eigenverantwortung bewusst<br />
werden, sie sich je<strong>der</strong> Tyrannei wi<strong>der</strong>setzen.<br />
So sind auch seine alternativen ökonomischen<br />
Vorschläge wie SAG (Selbsthilfe auf Gegenseitigkeit)<br />
und später sein Verfahren ESAG<br />
(Existenz-Sicherung auf Gegenseitigkeit) zu<br />
verstehen.<br />
<strong>Kurt</strong> <strong>Zube</strong> hat nie in seinem Leben einen<br />
sicheren Posten zu Lasten an<strong>der</strong>er angestrebt.<br />
Seine Familie musste Notzeiten durchstehen,<br />
finanzielle Probleme bewältigen, die mit seinem<br />
Streben nach Unabhängigkeit zwangsläufig<br />
verbunden waren. Sein Ziel war: ökonomische<br />
Freiheit und Sicherheit für alle Individuen.<br />
Das lebte er vor; hier gab es eine Übereinstimmung<br />
zwischen Leben und Werk. Und das<br />
ist heute selten! Sein Vorbild war ohne Zweifel<br />
John Henry Mackay, aber er klammerte sich<br />
nicht an Mackay o<strong>der</strong> irgendeinen an<strong>der</strong>en<br />
»Vordenker«, als »Idol«, son<strong>der</strong>n besaß Originalität<br />
und vermochte seinen eigenen Beitrag<br />
zur weiteren Evolution des individualistischen<br />
Anarchismus einzubringen.<br />
<strong>Kurt</strong> <strong>Zube</strong> ist trotz schwerer Krankheit immer<br />
ein hellwacher, ja aktiver Mensch geblieben.<br />
Trotz psychischer und physischer Belastung<br />
schrieb er noch ein ausführliches Vorwort<br />
zu einem Buch von Lysan<strong>der</strong> Spooner,<br />
das ein Freund noch übersetzte. Was auch immer<br />
in seinem Leben geschah, er lebte in <strong>der</strong><br />
Überzeugung seines Dichters John Henry Mackay,<br />
<strong>der</strong> für ihn <strong>der</strong> Einzige, für uns immer ein<br />
wichtiger Autor bleiben wird.<br />
So weit laß deine Wünsche fliegen.<br />
Mensch! Nichts sei dir Grenze, nichts sei<br />
Ende dir, und alles Anfang nur zu neuen Zielen.