Verkehrserziehung & Mobilitätsbildung
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Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
Leitgedanken der diesjährigen<br />
Ausgabe der Netzwerkzeitung<br />
Schule & Gesundheit<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> wie <strong>Mobilitätsbildung</strong>, Umwelterziehung<br />
gepaart mit Verbraucherbildung sind feste Bestandteile von<br />
Schule & Gesundheit und der allgemeinen Bildungs- und<br />
Erziehungsaufgaben der Schulen in Hessen. „Verkehr“ und<br />
„Gesundheit“ gehören zusammen, leben quasi in Ehe miteinander<br />
wie unschwer an dem Ausspruch von Sascha Guitry<br />
zu erkennen ist:<br />
„Die Autofahrer sind sicherer, wenn die Straßen trocken<br />
sind. Und die Straßen sind sicherer, wenn die Autofahrer<br />
trocken sind.“<br />
Sicherheit ist eine Frage des eingeübten Umgangs mit dem<br />
Risiko. Jacques Tati formulierte dies gewandter mit der<br />
Aussage:<br />
„Der größte Aberglaube der Gegenwart ist der Glaube an<br />
die Vorfahrt.“<br />
So sind die Abschätzung von Risiken, die mit dem Verkehr<br />
zusammen hängen, für den Lebens- und Schulalltag von<br />
Kindern und Jugendlichen von zunehmender Bedeutung.<br />
Kinder werden schon vom ersten Schultag mit den<br />
Editorial<br />
Auswirkungen auf ihre Lebenswelt konfrontiert und sind<br />
aber mit wachsendem Alter auch aktive, mobile Teilnehmer<br />
am Straßenverkehr. Die angemessene Verkehrsmittelwahl<br />
zur Befriedigung unterschiedlicher Mobilitätsbedürfnisse<br />
in unterschiedlichen Alters- und Entwicklungsphasen von<br />
Kindern und Jugendlichen ist ein zentrales Thema der<br />
<strong>Mobilitätsbildung</strong> und ein wesentlicher Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung<br />
von Kindern und Jugendlichen.<br />
Ansatzpunkte für eine lebendige Auseinandersetzung in der<br />
Schule können Aktionen wie:<br />
4die<br />
jährlich durchgeführte Aktion „Zu-Fuß-zur-Schule“<br />
4Deine<br />
Stadt – dein|t|o|w|n|<br />
4(M)eine<br />
Klasse fährt Rad<br />
4Achtung<br />
Auto<br />
4Risiken<br />
im Straßenverkehr kommunizieren (RISK)<br />
4Umweltschonend<br />
und sozialverträglich unterwegs (nachhaltige<br />
Klassenfahrten)<br />
Hierdurch sollen Schülerinnen und Schüler befähigt werden,<br />
selbständige Entscheidungen zu treffen aber auch die<br />
Risiken abschätzen und bewusst vermeiden zu können.<br />
3
Eine gesundheitsfördernde Schule bezieht immer<br />
auch die Erhaltung und Bewahrung der natürlichen<br />
Lebensbedingungen als eine Basis allen menschlichen<br />
Handelns mit in ihre Arbeit und tägliche Praxis ein.<br />
Eine zukunftsfähige, dauerhaft umweltgerechte Entwicklung<br />
ist eine der zentralen Herausforderungen zu Beginn des<br />
21. Jahrhunderts. Die Generalversammlung der Vereinten<br />
Nationen hat dieser Herausforderung durch die Einrichtung<br />
einer UN-Dekade „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“<br />
Rechnung getragen, an der sich auch das Land Hessen mit<br />
eigener Schwerpunktsetzung beteiligt.<br />
Im Kerngedanken der Bildung für eine nachhaltige<br />
Entwicklung geht es um Kompetenzerwerb für das Bemühen<br />
um:<br />
4<br />
4Die<br />
Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen<br />
4Sozial-<br />
und umweltverträgliche Formen des Wirtschaftens,<br />
Arbeitens und Lebens<br />
4Die<br />
Überwindung der Armut überall auf der Welt<br />
4Die<br />
Teilhabe aller Menschen an Bildung, an demokratischen<br />
Entscheidungsprozessen und an der<br />
Lebensgestaltung.<br />
Hierdurch wird deutlich, dass es auch bei der<br />
Umwelterziehung, einem zentralen Aktionsfeld der Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung, nicht alleine und vordergründig<br />
um die Erhaltung der umgebenden Natur geht, son-<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
dern um umwelt- und sozialverträgliche Befriedigung von<br />
Lebensbedürfnissen.<br />
Die Teilhabe hieran und auch die Befähigung zur aktiven<br />
zukunftsfähigen Lebensgestaltung sind Grundgedanken<br />
der schulischen Umwelterziehung, die sich im Dialog<br />
mit Wirtschaft und Gesellschaft vollzieht, mit dem Ziel<br />
Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten der eigenen<br />
Lebensgestaltung im Rahmen einer demokratisch geprägten<br />
Gesellschaft zu ermöglichen.<br />
Die Vermittlung von Werten einer zukunftsfähigen<br />
Entwicklung, aber auch die Weckung der Bereitschaft, aktiv<br />
an der Gestaltung teilzunehmen, sind zentrale Ziele.<br />
Im vorliegenden Heft fi nden Sie Beispiele für die erfolgreiche<br />
Arbeit an Schulen in diesen Themenfeldern, aber<br />
vor allem auch viele Hinweise auf die Unterstützung dieser<br />
Arbeit durch Wirtschaft und Gesellschaft.<br />
Die Beiträge sollen Sie ermutigen, die eigene Arbeit zu<br />
refl ektieren, neue Anregungen und Impulse zu sammeln<br />
und Sie vor allem ermutigen, sich weiterhin engagiert für<br />
die Gesundheitsbildung in den hessischen Schulen zu<br />
engagieren.<br />
Karin Wolff<br />
Hessische Kultusministerin
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Hessenweite Aktion „Zu-Fuß-zur-Schule“ am 22. September . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Radfahrausbildung im Realverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Deine Stadt – dein|t|o|w|n|? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Das „Netzwerk <strong>Verkehrserziehung</strong>“ als Beispiel für die <strong>Mobilitätsbildung</strong> . . . . . 15<br />
ADAC-Jugend-Fahrradturnier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
(M)eine Klasse fährt Rad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
Unsere Klasse: „Fit auf dem Fahrrad, fi t im Verkehr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
„Achtung Auto!“ – Aktionen im Rahmen der <strong>Verkehrserziehung</strong> . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Risiken im Straßenverkehr kommunizieren – Aktion RiSk am Studienseminar . . 28<br />
Alkohol und Drogen im Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
Risiken im Straßenverkehr kommunizieren (RiSk) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
Radfahren und Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
„FahrRad! – Wer zur Schule fährt, gewinnt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
„Nachhaltige Klassenfahrten“<br />
– Umweltschonend und sozialverträglich unterwegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />
VCD-Kampagne „Schule bewegt!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Die Bedeutung der Umwelterziehung/ökologischen Bildung im Schulalltag . . 49<br />
Beratung und Unterstützung vor Ort<br />
– die Hessischen Umweltbildungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />
Die DVD zur Besser-Esser-Woche-<br />
Angebote für Umweltbildung in Licherode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />
Der „Besser-Esser-Pass“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
Wieder von den Alten lernen – Senioren als Umwelttrainer für Kinder . . . . . . . . . 60<br />
Gesunde Schulverpfl egung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />
Umweltbildung im Hessischen Ministerium für Umwelt,<br />
ländlichen Raum und Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />
Die Musik spielt in den Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />
weitere Beiträge<br />
Der zuckerfreie Vormittag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />
Das Projekt„Marburger Gesundheitstag für Kinder“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />
5
Hessenweite Aktion „Zu-Fuß-zur-Schule“<br />
am 22. September<br />
6<br />
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<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Johanna wartet schon vor der Haustür auf ihre Freundin Maike. Jeden morgen vor der Schule kommt Maike<br />
hier vorbei und holt Johanna ab. Mit dem Schulranzen auf dem Rücken laufen die beiden fröhlich erzählend<br />
die Straße entlang bis zur nächsten Kreuzung. Hier treffen sie meist Fabian und Daniel aus der Parallelklasse.<br />
Oft haben die beiden Jungs eine Idee, was sie gemeinsam am Nachmittag unternehmen könnten, oder sie<br />
überlegen sich ein Spiel für die erste Pause.<br />
Die Realität, wie sie sich allmorgendlich vor vielen Schulen<br />
abspielt, sieht meist etwas anders aus. Immer häufi ger bringen<br />
Eltern ihre Kinder mit dem Auto in die Schule: Man<br />
fährt unmittelbar vor das Schultor und blockiert die An- und<br />
Abfahrt. Aussteigende Mädchen und Jungen irren zwischen<br />
den fahrenden und parkenden Fahrzeugen umher und laufen<br />
dabei Gefahr überrollt zu werden. Nach Schulschluss spielt<br />
sich alles noch einmal in umgekehrter Reihenfolge ab.<br />
Doch neben der akuten Unfallgefahr vor der Schule, hat<br />
das „Elterntaxi“ weitere Nachteile: In den letzten Jahren<br />
hat die Zahl der übergewichtigen Schulanfänger erheblich<br />
zugenommen. Viele Kinder haben schon zu Schulbeginn<br />
Haltungsschäden und leiden unter muskulären Schwächen<br />
und Koordinierungsproblemen. Wichtige Sozialerfahrungen<br />
werden den Kindern genommen, denn das Gespräch<br />
mit Freunden auf dem gemeinsamen Schulweg und das<br />
Gefühl der Selbständigkeit fehlt in der Erfahrungswelt der<br />
„Taxi-Kinder“.<br />
Eltern möchten ihre Kinder gerne vor den Gefahren des<br />
Verkehrs schützen und wissen meist nicht, dass sie sie dabei<br />
einem erhöhten Unfallrisiko aussetzen. Der Großteil der<br />
tödlichen Unfälle im Kindesalter geschieht im elterlichen<br />
PKW. Wenn Kinder den Weg zur Schule laufen, lernen sie<br />
ihre Umgebung besser kennen, erwerben im Straßenverkehr<br />
erste praktische Erfahrungen und erleben dabei die soziale<br />
Gemeinschaft in einer Situation, die nicht von Erwachsenen<br />
permanent kontrolliert wird. Durch mehr Selbständigkeit<br />
wächst auch das Selbstbewusstsein. Möglicherweise entsteht<br />
durch den täglichen gemeinsamen Weg sogar die eine oder<br />
andere Freundschaft. Nebenbei wird sogar unsere Umwelt<br />
geschont, wenn weniger Autos als Elterntaxis zum Einsatz<br />
kommen.<br />
Außerdem berichten Lehrerinnen und Lehrer immer wieder:<br />
Wenn Kinder ihren Schulweg zu Fuß zurückgelegt haben,<br />
erscheinen sie in der Regel wach, fi t und ausgeglichen zum<br />
Unterricht.<br />
Die Erfahrung zeigt, dass das Verkehrsverhalten von<br />
Jugendlichen und Erwachsenen entscheidend durch das<br />
Verkehrsverhalten der Eltern geprägt wurde. Wer als Kind<br />
nicht gelernt hat, zu Fuß zu gehen, wird auch als Erwachsener<br />
das Auto als Transportmittel bevorzugen.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
„I walk to school“ ist eine Kampagne aus den USA, die auch<br />
in Europa mittlerweile ihren festen Platz gewonnen hat. In<br />
Deutschland ist es der 22. September eines jeden Jahres, an<br />
dem zur Aktion „Zu Fuß zur Schule“ aufgerufen wird.<br />
Im Alleingang oder gemeinsam mit Gemeindeverwaltungen<br />
und Ordnungsbehörden versuchen Schulen und Verbände,<br />
wie etwa der VCD, mit vielfältigen Aktionen Eltern und<br />
Kinder von den Vorteilen des Zufußgehens zu überzeugen.<br />
Man kann beispielsweise am Aktionstag in den verschiedenen<br />
Wohngebieten der Schule die Kinder an einem Ort sammeln<br />
und von dort sternförmig mit Transparenten oder auffälligen<br />
Verkleidungen in die Schule ziehen. Im Schulhof könnte ein<br />
kleiner Empfang für die Kinder mit Bewegungsspielen und<br />
Musik vorbereitet sein.<br />
Auch ein „Zu-Fuß-zur-Schule-Pass“ kann zum Einsatz kommen.<br />
Jedes Kind erhält einen solchen Pass, der jeden Morgen<br />
in der Aktionswoche abgestempelt wird, wenn das Kind zur<br />
Schule gelaufen ist. Die Klasse mit der anteilmäßig größten<br />
Fußgängergruppe erhält eine Auszeichnung.<br />
Es besteht auch die Möglichkeit, langfristig einen „walking<br />
bus“ ins Leben zu rufen, bei dem die Schülerinnen<br />
und Schüler, gemeinsam mit einigen begleitenden Eltern,<br />
täglich einen festgelegten Schulweg laufen und dabei an<br />
so genannten „Haltestellen“ die wartenden Kinder aufnehmen.<br />
Das Team der begleitenden Eltern muss dafür einen<br />
Plan ausarbeiten, um die Regelmäßigkeit des „Schulbusses<br />
auf Beinen“ zu gewährleisten. Über den Aktionstag oder die<br />
Aktionswoche hinaus kann daraus ein Projekt mit einer besonders<br />
nachhaltigen Wirkung entstehen.<br />
Weitere gute Aktionstipps fi nden sich auf der Internetseite<br />
www.iwalktoschool.de.<br />
Die Fachberatung für <strong>Verkehrserziehung</strong> und<br />
<strong>Mobilitätsbildung</strong> in Hessen hat sich gemeinsam mit dem<br />
Kultusministerium das Ziel gesetzt, im Sinne unserer Kinder<br />
und der zu schützenden Umwelt so viele hessische Schulen<br />
wie möglich, zum „Zu-Fuß-zur-Schule“ Aktionstag am 22.<br />
September und natürlich darüber hinaus „auf die Beine“ zu<br />
bringen.<br />
Motivieren auch Sie die Schülerinnen und Schüler, die<br />
Eltern und die Kolleginnen und Kollegen Ihrer Schule dafür<br />
einzutreten, dass das „Elterntaxi“ zukünftig in der Garage<br />
stehen bleibt.<br />
■<br />
Ansprechpartner<br />
Helmut Mag<br />
Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> und <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
am Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main<br />
■<br />
Literatur und Links<br />
4Bleyer,<br />
Gunter<br />
Aktionswoche „Autofreie Schule“. Hintergründe,<br />
Zielsetzung, Ablauf, Auswertung. In: Grundschule 24<br />
(1992) 2, S. 60-62.<br />
4Spitta,<br />
Philipp<br />
Kinder im Verkehr. Neue Konzepte der <strong>Verkehrserziehung</strong><br />
in der Primarstufe. Bonn: VCD e.V. 1997.<br />
u<br />
www.zufusszurschule.de<br />
u<br />
www.iwalktoschool.org<br />
7
Radfahrausbildung im Realverkehr<br />
Das Ausbildungskonzept der Jugendverkehrsschule III in Frankfurt am Main<br />
Im dritten und vierten Jahr der Grundschule nimmt das<br />
Thema Radfahren einen immer größeren Raum sowohl in<br />
der Lebenswirklichkeit der Kinder als auch in der unterrichtlichen<br />
Begleitung durch die Schule ein. Entsprechend den<br />
Fähigkeiten ihres Alters, erkunden Jungen und Mädchen zunehmend<br />
häufi ger ihr Lebensumfeld mit dem Fahrrad, da sie<br />
damit schneller und komfortabler an ihr Ziel kommen als<br />
es zu Fuß oder mit dem Roller möglich wäre. Gleichzeitig<br />
wird es zum beliebten Spiel- und Sportgerät, das dazu<br />
anregt, die im Laufe der Zeit gewonnenen psychomotorischen<br />
Fähigkeiten anzuwenden und neue Erfahrungen und<br />
Kompetenzen hinzuzugewinnen. Im Idealfall, meist also im<br />
ländlichen Raum, können Kinder mit dem Rad ungehindert<br />
experimentieren und relativ ungefährdet die Erfahrung machen,<br />
dass man mit dem Rad oft schneller und erlebnisreicher<br />
an sein Ziel kommt, denn als Mitfahrer im elterlichen PKW.<br />
Im städtischen Bereich liegt aufgrund der Verkehrsdichte<br />
und relativ komplizierter Verkehrsführungen ein objektiv<br />
größeres Unfallrisiko vor, was Eltern und Kinder vor der<br />
Nutzung des Rades eher zurückschrecken lässt. Hier werden<br />
8<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
■ Orientierung an der Lebenswirklichkeit häufi ger das Elterntaxi oder die öffentlichen Verkehrsmittel<br />
der Kinder<br />
zum Erreichen eines Zieles eingesetzt. Als Sport und<br />
Spielgerät kommen Räder in dieser Altersstufe insbesondere<br />
in Innenstadtbereichen seltener zum Einsatz.<br />
■<br />
Motorische Grundlagen müssen<br />
vorhanden sein<br />
Die Lehrpläne aller Bundesländer greifen das natürliche<br />
Interesse der Kinder dieser Altersgruppe auf und integrieren<br />
diesen Schwerpunkt der <strong>Verkehrserziehung</strong> in die fächerübergreifenden<br />
Aufgabengebiete der Grundschule. Während<br />
in den Jahrgangsstufen 1 und 2 das Schulkind als Fußgänger<br />
und Mitfahrer im elterlichen PKW im Mittelpunkt des<br />
Unterrichtes steht, bestimmt später das Fahrradfahren mit<br />
allen seinen Facetten den Inhalt des praktischen und theoretischen<br />
Unterrichtes. Voraussetzung für eine erfolgreiche<br />
Arbeit ist allerdings, dass zuvor die psychomotorischen<br />
Voraussetzungen bei den Kindern geschaffen wurden. Ohne<br />
die entsprechende Bewegungserziehung und ohne vielfältige<br />
Übungen in den Bereichen des Rollens, Gleitens und<br />
Fahrens wird das Radfahren zumindest für jene Kinder ein
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
wenig erfolgreiches Unterfangen, die über keine Erfahrungen<br />
in diesem Bereich verfügen.<br />
■<br />
Aus dem Verkehrsgarten in die Realität<br />
Traditionell wurde die Radfahrausbildung in der<br />
Bundesrepublik durch Polizeibeamte im Schonraum, also auf<br />
aufgemalten Straßen im Miniaturformat auf Schulhöfen oder<br />
in eigens dafür hergerichteten Verkehrsgärten durchgeführt.<br />
Die Vorbereitung durch die Schule beschränkte sich auf das<br />
Auswendiglernen von Verkehrszeichen und Vorfahrts- und<br />
Verhaltensregeln, die auf einem kleinen Parcours in unrealistisch<br />
kurzer räumlicher und zeitlicher Abfolge eingeübt und<br />
anschließend abgeprüft wurden.<br />
Mit der täglichen Verkehrsrealität der Schülerinnen und<br />
Schüler hatte das nur wenig zu tun und jedes Kind, das erstmals<br />
als Teilnehmer am Straßenverkehr einem PKW in der<br />
Rechts-vor-Links-Situation begegnete, war sicherlich sehr<br />
verunsichert, da ein PKW im Schonraum nicht vorgekommen<br />
war. Die Radfahrausbildung der Dritt- und Viertklässler<br />
hat sich jedoch im Laufe der Jahre immer stärker an der<br />
Verkehrsrealität orientiert und auch im Unterricht wird dem<br />
Sozialverhalten im Straßenverkehr und dem Umweltaspekt<br />
des individuellen Mobilitätsverhaltens größere Bedeutung<br />
beigemessen.<br />
Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, die<br />
Verkehrswirklichkeit in ihrem Lebensumfeld im Rahmen<br />
der schulischen Ausbildung kennen zu lernen, um im privaten<br />
Bereich vorausschauend, sicher und rücksichtsvoll am<br />
Straßenverkehr teilnehmen zu können. Dabei sollte auch die<br />
Verkehrsmittelwahl unter Umwelt- und Gesundheitsgesichts<br />
punkten erfolgen.<br />
Die Radfahrausbildung fi ndet heute in vielen ländlichen<br />
und städtischen Gegenden bereits zum Teil im Realverkehr<br />
statt. Nicht immer lassen es die örtlichen Gegebenheiten zu,<br />
die Kinder in der Verkehrswirklichkeit auszubilden. Das<br />
folgende Beispiel will aber zeigen, dass es auch in einer<br />
Großstadt gelingt, selbst Kinder in einem bewegungseingeschränkten<br />
wohnlichen Umfeld, geschützte Erfahrungen mit<br />
Verkehrswirklichkeit machen zu lassen.<br />
■<br />
Ein Beispiel: Radfahrausbildung in Frankfurt<br />
am Main<br />
In Frankfurt am Main gibt es zurzeit sechs<br />
Jugendverkehrsschulen von denen fünf im Realverkehr<br />
mit den Kindern fahren. Die sechste JVS befi ndet sich im<br />
Grüneburgpark und unterrichtet aus organisatorischen<br />
Gründen im Verkehrsgarten. Das folgende Beispiel beschreibt<br />
den Ausbildungsplan der Jugendverkehrsschule III.<br />
Er wird in leicht abgewandelter Form auch in den anderen<br />
mobilen Jugendverkehrsschulen umgesetzt.<br />
Die Ausbildung der Kinder beginnt im zweiten Halbjahr<br />
des dritten Schuljahres. Die unterrichtenden Lehrerinnen<br />
und Lehrer der dritten Klassen treffen sich zu einer<br />
Vorbesprechung gemeinsam mit den beiden Polizeibeamten<br />
und mir, als dem zuständigen Fachberater. Die Kolleginnen<br />
und Kollegen werden über die genaue Abfolge der<br />
Unterrichtseinheiten informiert und erhalten die notwendigen<br />
Materialien. Noch vor der ersten Unterrichtseinheit<br />
kommen die Polizeibeamten zu einem Jahrgangselternabend<br />
in jede Schule, informieren die Eltern über das Vorhaben<br />
und werben für die unabdingbare Unterstützung der Eltern<br />
bei der Instandsetzung der Fahrräder und der Begleitung der<br />
Gruppen im Straßenverkehr.<br />
Die einzelnen Übungstermine liegen absichtlich nicht hintereinander,<br />
sondern folgen in einem gewissen zeitlichen<br />
Abstand. Die Polizeibeamten haben die Erfahrung gemacht,<br />
dass die Kinder in der Zwischenzeit die gewonnenen<br />
Erfahrungen verstärkt in ihr Verhaltensrepertoire übernehmen<br />
und damit eine größere Nachhaltigkeit erreicht werden<br />
kann. Im theoretischen Unterricht der Schule wird die<br />
Thematik ebenfalls über einen Zeitraum von ca. 9 Monaten<br />
immer wieder aufgegriffen, da die Theorie zeitnah zu den<br />
praktischen Übungen erarbeitet werden soll.<br />
9
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
■<br />
10<br />
Auf dem eigenen Rad unterwegs<br />
Zu allen Praxistagen bringen die Kinder ihr eigenes Fahrrad<br />
mit. Entweder begleiten die Eltern ihre Kinder an diesen<br />
Tagen auf dem Schulweg, oder die Kinder erhalten die<br />
Anweisung, ihr Fahrrad auf dem Schulweg zu schieben. Fast<br />
alle Kinder besitzen ein Fahrrad und bringen es auch gerne<br />
mit zur Schule. Auf dem LKW der JVS stehen jedoch<br />
auch einzelne verkehrstaugliche Fahrräder zur Ausleihe zur<br />
Verfügung.<br />
Das Mitbringen der Fahrräder erscheint vielleicht etwas<br />
umständlich, hat aber mehrere Vorteile. Auch Erwachsene<br />
fahren am liebsten mit ihrem eigenen Rad. Kinder mögen<br />
dies umso mehr, weil man leichter auf demselben Rad etwas<br />
lernt, mit dem man auch sonst fährt und weil es natürlich<br />
ein gewisses Erwachsensein dokumentiert, wenn man sein<br />
eigenes Fahrrad mit zur Schule bringen darf. Die Räder werden<br />
außerdem auf diese Weise einem Sicherheitscheck unterzogen<br />
und die JVS wird nicht vor das unlösbare Problem<br />
gestellt sein, für alle Kinder Räder auf dem LKW transportieren<br />
zu müssen.<br />
Zu Beginn jeder Übungseinheit werden die Räder und die<br />
Helme aller Kinder auf ihre Verkehrssicherheit bzw. ihre<br />
Tauglichkeit überprüft. Gegebenenfalls stellen die Beamten<br />
Bremsen ein, tauschen auch mal ein defektes Glühbirnchen<br />
aus und stellen die Halteriemen der Helme richtig ein. Ist<br />
ein Fahrrad auch mit kleinen Hilfsmaßnahmen nicht verkehrssicher<br />
zu machen, erhält das Kind ein Rad der JVS zur<br />
Ausfahrt. Festgestellte Mängel werden auf einem Formular<br />
festgehalten und an die Eltern mit der Bitte um Behebung<br />
weitergeleitet.<br />
■<br />
Vom Schonraum in den Straßenverkehr<br />
Die erste Übungseinheit fi ndet im Schonraum statt. Die<br />
Klasse wird geteilt, so dass die Lehrerinnen oder der Lehrer<br />
parallel Unterricht erteilen kann. Auf dem Schulhof wird<br />
ein Parcours aufgebaut, auf dem Übungen zur Motorik, zum<br />
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Anfahren, zum Umsehen, zum Handzeichen geben, zum<br />
Kurven fahren und zum Bremsen gemacht werden. Kinder<br />
und Eltern erhalten eine schriftliche Rückmeldung darüber,<br />
ob noch Übungsbedarf in dem einen oder anderen Bereich<br />
besteht. Pro Tag können auf diese Weise zwei Klassen unterrichtet<br />
werden.<br />
Die zweite Übungseinheit wird als Klassenausfl ug organisiert<br />
und fi ndet somit unter Leitung der Lehrerin oder des<br />
Lehrers statt. Zusätzlich sind ein oder zwei Begleitpersonen<br />
erforderlich, da auch diesmal die Gruppe wieder geteilt<br />
wird. Bei dieser Tour, die im Idealfall auf Wald- oder<br />
Flurwegen stattfi ndet, sind natürlich alle Teilnehmer mit<br />
dem Fahrrad unterwegs. Es kommt darauf an, bereits erlernte<br />
Fahrfähigkeiten auszubauen und zu verbessern, sowie<br />
Kondition und Konzentration zu trainieren. Geübt<br />
werden Abstand halten, Vorbeifahren an Hindernissen,<br />
Rechtsabbiegen, Linksabbiegen und die Vorfahrtsregel<br />
„rechts vor links“. Auch hierzu sind wieder drei Schulstunden<br />
pro Klasse erforderlich.<br />
Alle weiteren Übungen im Realverkehr erstrecken sich über<br />
das erste 1. Halbjahr des 4. Schuljahres. Hierzu werden<br />
die Klassen wieder halbiert, so dass die Lehrerinnen und<br />
Lehrer die zweite Hälfte ihrer Klasse parallel unterrichten<br />
können. Jeweils eine Begleitperson sichert auf dem Fahrrad<br />
die Gruppe nach hinten ab, während jedes Kind im Wechsel<br />
direkt vor dem verantwortlichen Polizeibeamten herfahren<br />
darf. Während es in Einheit 3 in erster Linie um das Erkennen<br />
und Verstehen von Vorfahrtsschildern und Vorfahrtsregeln<br />
und das Abbiegen geht, wird in Einheit 4 das Fahren im<br />
Straßenverkehr unter Beachtung der Verkehrsregeln und<br />
das Erkennen von Gefahren und Situationen sowie das<br />
Gruppenfahrverhalten trainiert. Spätestens nach dieser<br />
Übungseinheit sollte auch die schriftliche Lernkontrolle im<br />
Unterricht erfolgt sein, da an der 5. Übung nur teilnehmen<br />
kann, wer hierbei mit mindestens 30 Punkten abgeschnitten<br />
hat.<br />
In der abschließenden Beurteilungsfahrt, also der 5.<br />
Unterrichtseinheit, stellen die Beamten fest, in wieweit
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
die Schülerinnen und Schüler sich auf ihrem Schulweg<br />
selbständig, unter Einhaltung des Regelwissens, auf<br />
dem Fahrrad fortbewegen können und dabei auch die<br />
Vorschriften der Gruppenfahrt beachten. Beurteilt werden<br />
natürlich auch das Fahrverhalten, die Fahrsicherheit und das<br />
Gefahrenbewusstsein.<br />
■<br />
Eltern bleiben in der Verantwortung<br />
Über das Ergebnis dieser Beurteilungsfahrt werden Kinder<br />
und Eltern detailliert informiert, denn was unter großer<br />
Konzentration, im Beisein von Erwachsenen gemeistert<br />
wurde, muss nicht unbedingt immer auch gelingen, wenn<br />
das Kind mit dem Fahrrad alleine unterwegs ist. Nach der<br />
abgeschlossenen Ausbildung ist für die tägliche Bewährung<br />
im Straßenverkehr noch viel Übung erforderlich. Es wird<br />
noch einige Zeit dauern, bis ein sicheres und unfallfreies<br />
Radfahren für das jeweilige Kind kein Problem mehr darstellt.<br />
Die Hilfe der Eltern ist also weiterhin gefragt.<br />
Die schriftliche Rückmeldung umfasst folgende Bereiche:<br />
Kenntnisse über Verkehrsregeln und -zeichen, das richtige<br />
Anwenden dieser Zeichen, die sichere Beherrschung<br />
des Fahrrades, die Koordination von Handlungs- und<br />
Bewegungsabläufen sowie das Gefahrenbewusstsein. Die<br />
erreichte Punktzahl gibt Auskunft darüber, in welchem<br />
Maße die Anforderungen erfüllt werden.<br />
Ich halte diese Rückmeldung für unverzichtbar, da sie der<br />
möglichen Illusion der Eltern entgegentritt, ihr Kind habe<br />
nun, analog der Führerscheinprüfung des Autofahrers,<br />
eine „Radfahrprüfung“ abgelegt, die sie jeder weiteren<br />
Verantwortung und Begleitung enthebt. Kinder, die während<br />
der Kontrollfahrt mit weniger als 20 von 40 möglichen<br />
Punkten abgeschnitten haben, erhalten die Möglichkeit an<br />
einem Übungstermin einer anderen Klasse teilzunehmen,<br />
um ein verbessertes Ergebnis erreichen zu können.<br />
Dieses Konzept wurde erfolgreich über viele Jahre erprobt<br />
und nach erfolgter Evaluation modifi ziert. Die Akzeptanz<br />
bei den Schülerinnen, Schülern, den Eltern und den Schulen<br />
ist sehr hoch. Elternbriefe und Kontrollbögen stehen auf<br />
der Seite www.friedrich-list-schule-frankfurt.de unter dem<br />
Punkt <strong>Verkehrserziehung</strong> zur Verfügung.<br />
■<br />
Ansprechpartner<br />
Helmut Mag<br />
Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> und <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
am Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main<br />
■<br />
Literatur und Links<br />
4Limbourg,<br />
Maria: Mobilitäts-/<strong>Verkehrserziehung</strong> als<br />
Aufgabe der Grundschulen: Sache-Wort-Zahl, 2001,<br />
Heft 38, www.uni-essen.de/traffi c_education/alt/texte.<br />
ml/MobVeGS.html<br />
4Limbourg,<br />
Maria: Neue Ansätze der<br />
Mobilitäts-/<strong>Verkehrserziehung</strong> in Deutschland<br />
Winterthur, 15. November 2002, www.uni-essen.<br />
de/traffi c_education/alt/ml-d/index-1.html<br />
4Siller,<br />
R. (Hrsg.) (2003): Kinder unterwegs – Schule<br />
macht mobil – Verkehrs- und Mobilitätserziehung in der<br />
Schule. Donauwörth: Auer Verlag 2003<br />
4Empfehlung<br />
der Konferenz der Kultusminister zur<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> in der Schule, Bekanntmachung vom<br />
28. Juli 1994 - Az.: VI/4-6520.1-120/116<br />
4Rahmenplan<br />
Grundschule, 1995<br />
4grundschule.bildung.hessen.<br />
de/Rahmenplan/Teil_C/TCfu1/TCfu1_6<br />
4<strong>Verkehrserziehung</strong><br />
und <strong>Mobilitätsbildung</strong> in der Schule,<br />
Erlass vom 15. Juli 2003, ABl. 8/03<br />
4lernen.bildung.hessen.de/verkehrserziehung/grundla<br />
gen//verkehrserziehung/pool/ve-erlass2003.pdf<br />
4<strong>Verkehrserziehung</strong><br />
und <strong>Mobilitätsbildung</strong> in der Schule,<br />
Hinweise und Empfehlungen für Lehrkräfte, Eltern,<br />
Schülerinnen und Schüler<br />
4lernen.bildung.hessen.de/verkehrserziehung/grundlagen/<br />
verkehrserziehung/pool/ve-hinw_empf.pdf<br />
11
Deine Stadt – dein|t|o|w|n|?<br />
Die Lebensumwelt verantwortlich mitzugestalten gehört<br />
zu den zentralen Zielen schulischen Lernens überhaupt, ist<br />
letztlich Fluchtpunkt vieler schulischer sowie außer- und nachschulischer<br />
Verhaltensstrategien.<br />
Die Lebensumwelt verantwortlich mitzugestalten gehört<br />
zu den zentralen Zielen schulischen Lernens überhaupt, ist<br />
letztlich Fluchtpunkt vieler schulischer sowie außer- und<br />
nachschulischer Verhaltensstrategien.<br />
Die Komplexität wie gleichermaßen die Kompliziertheit<br />
des Gegenstandsbereiches stehen einer produktiven<br />
Auseinandersetzung mit einschlägigen Problemstellungen<br />
jedoch häufi g entgegen, fehlende Instrumente lassen zudem<br />
manchen noch so engagierten Ansatz ins Leere stoßen.<br />
Diese Erfahrung sammeln Lernende wie Lehrende im Bereich<br />
nachhaltiger Einfl ussnahme auf die Umweltgestaltung<br />
immer wieder, wobei erschwerend hinzukommt, dass im<br />
Bereich schulischen Lernens ein thematischer Zugriff in der<br />
Regel nicht an ein Fach gebunden und zudem selten nur in<br />
wünschenswerter Breite und Tiefe in den Lehrplänen verankert<br />
ist.<br />
Diesem Dilemma, ein anerkannt hochrangiges Ziel mit<br />
nur höchst unzulänglichen Mitteln anzustreben, könnte ein<br />
neues Instrument abhelfen: dein|t|o|w|n|<br />
12<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Mag der Name auch noch so gewöhnungsbedürftig daherkommen,<br />
mag die Bedienerführung auch nicht sofort intuitiv<br />
beherrschbar sein, so wird eines jedoch auf den ersten<br />
sowie mit jedem folgenden Blick klar: dein|t|o|w|n| ist eine<br />
sehr attraktive Lernsoftware zur Erschließung zentraler<br />
Bereiche von Stadtplanung. Sie stellt eine Kombination<br />
aus Planspiel, Verkehrssimulation und multimedialer<br />
Informations-Plattform dar und simuliert eine Modellstadt<br />
in den Bereichen Stadtentwicklung, Verkehr und Mobilität,<br />
Politik, Wirtschaft und Umwelt und vermittelt hier schulisches<br />
Basiswissen.<br />
Das Programm ermöglicht den Schülerinnen und Schülern<br />
erstmalig über einen integrierten Stadtplan- und Gebäude-<br />
Editor „ihre Stadt“ im Spiel abzubilden, zentrale Abläufe zu<br />
simulieren und dabei lokale Fragestellungen zu diskutieren<br />
und zu beantworten. Die Lernenden versetzen sich dabei in<br />
die Rolle verschiedener Entscheidungsträger und erleben<br />
deren unterschiedliche fachspezifi sche Sichtweisen. Durch<br />
Experimentieren am Aufbau der eigenen Stadt erarbeiten<br />
sich die Schülerinnen und Schüler nicht nur fachspezifi sches<br />
Wissen, sondern eignen sich auch methodische und soziale<br />
Kompetenzen an.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
dein|t|o|w|n| orientiert sich an den Lehrplänen der<br />
Sekundarstufen I und II der allgemeinbildenden Schulen<br />
und ist geeignet für den Einsatz in den Klassenstufen 5-13<br />
insbesondere in<br />
4Erdkunde,<br />
4Politik<br />
und Wirtschaft,<br />
4der<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong>/<strong>Mobilitätsbildung</strong>.<br />
An verschiedene Sozialformen des Unterrichts angelehnt<br />
gibt es verschiedene Lernmodi, die sich gleichermaßen an<br />
Neueinsteiger wie Fortgeschrittene richten und sich gleichermaßen<br />
für den Einsatz im Frontal- sowie Gruppenunterricht<br />
eignen, besonders ergiebig lässt sich natürlich in Projekten<br />
damit arbeiten.<br />
Die Konzeption geht dabei von folgenden Perspektiven aus:<br />
4In<br />
einer sich immer rascher verändernden Gesellschaft<br />
mit zunehmend komplexeren Strukturen werden bestimmte<br />
Schlüsselqualifi kationen immer bedeutsamer.<br />
Hierzu zählen bspw. Kommunikationsbereitschaft,<br />
Teamfähigkeit, Selbständigkeit, Kreativität, Problemlöseund<br />
Argumentationsvermögen und das Denken in<br />
Zusammenhängen. Diesen Qualifi kationen, die mit den<br />
globalen Zielen des Unterrichts korrespondieren, folgend,<br />
orientiert sich die pädagogisch-didaktische Ausrichtung<br />
des konzipierten Softwareprodukts an dem Grundsatz,<br />
dass der Einsatz neuer Medien dort gerechtfertigt ist, wo<br />
er hilft, die Unterrichtsziele, die primär ohne Blick auf<br />
die neuen Technologien defi niert sind, leichter, effi zienter<br />
und dauerhafter zu erreichen.<br />
4Unsere<br />
Gesellschaft befi ndet sich an der Schwelle<br />
des Übergangs von der Industriegesellschaft zur<br />
Informations- und Wissensgesellschaft, in der aus<br />
Informationen generiertes Wissen zum entscheidenden<br />
Produktionsfaktor wird. Die Vernetzung der weltweit<br />
angelegten Informationsquellen durch das Internet führt<br />
dazu, dass die global verteilte Information prinzipiell für<br />
jeden Menschen, zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar<br />
ist und dass jeder sein individuelles Wissen durch<br />
Aneignung und Verarbeitung der Information selbst<br />
erweitern kann. Dazu werden in zunehmendem Maße<br />
Werkzeuge in Form von Informatiksystemen benötigt,<br />
ohne die die Fülle an Information schon heute nicht<br />
mehr zu bewältigen ist.<br />
4Ursachen<br />
und Folgen einer ständig wachsenden Mobilität<br />
als Bestandteil der Lebensqualität unserer Gesellschaft<br />
sind zentrale Fragestellungen der Gegenwart und<br />
Zukunft. Offene Grenzen in Europa, der Binnenmarkt<br />
und der stetige Anstieg der Freizeitaktivitäten bringen<br />
einen weiteren Anstieg der Mobilität mit sich und stellen<br />
weitere Faktoren im komplexen Wirkungsgefüge<br />
„Mobilität und Verkehr“ dar. In diese Entwicklung ist<br />
der Mensch als Bestandteil der Gesellschaft aktiv und<br />
passiv eingebunden. Entsprechend seinem Alter, seinen<br />
Lebensgewohnheiten und seinen Überzeugungen wird<br />
er als Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Radfahrer, Nutzer<br />
öffentlicher Verkehrsmittel, Kfz-Führer) in Erscheinung<br />
treten und die Verkehrsprozesse beeinfl ussen und mitgestalten.<br />
Heranwachsende müssen als Verkehrsteilnehmer<br />
auf den Straßenverkehr mit seinen Auswirkungen auf<br />
Mensch und Umwelt vorbereitet werden. Neben einem<br />
ausgeprägten Sicherheitsbewusstsein ist ebenso ein sozial-<br />
und umweltbezogenes Mobilitätsverhalten wichtig.<br />
Hier setzt die virtuelle Stadtsimulation dein|t|o|w|n| an:<br />
Sie bildet die unterschiedlichen Lebensbereiche des<br />
Menschen in ihrer Vernetzung am persönlichen Umfeld der<br />
13
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Lernenden ab, ermöglicht damit neben dem Erlernen fachspezifi<br />
schen Wissens auch die Aneignung methodischer und<br />
sozialer Kompetenzen. Durch die Unterstützung von einzelnen<br />
Phasen und Formen des Lernens (Spielen, Vermuten,<br />
Fragen und Beantworten, Argumentieren und Begründen)<br />
leistet dein|t|o|w|n| einen entscheidenden Beitrag zu einem<br />
lebendigen, zeitgemäßen Unterricht unter Einbezug traditioneller<br />
und neuer Medien.<br />
Mit Hilfe der Lernsoftware sollen die komplexen<br />
Zusammenhänge der Themenbereiche Mobilität, Verkehr<br />
und Stadtentwicklung im Unterricht verdeutlicht und spielerisch<br />
erfahren werden. Unter Berücksichtigung der örtlichen<br />
(realen) Gegebenheiten bildet das Programm das lokale<br />
Verkehrsgeschehen ab. Die Schülerinnen und Schüler agieren<br />
also in ihrer eigenen Stadt. Sie versetzen sich dabei in die<br />
Rolle verschiedener Entscheidungsträger (Politiker, Stadt-<br />
und Raumplaner, Verkehrsplaner, Nahverkehrsbetriebe,<br />
Umweltverbände) und erleben die unterschiedlichen fachspezifi<br />
schen Sichtweisen und Handlungsrichtungen bei der<br />
Gestaltung ihres persönlichen Umfeldes.<br />
Parallel zur Software-Entwicklung wird ein Internet-Portal<br />
als zentrale Anlaufstelle für Inhalte und Fragen rund um die<br />
Lernsoftware aufgebaut. Es wird vertiefende Materialien und<br />
Links zu den auf der CD-ROM enthaltenen Lerninhalten bieten<br />
und soll dem Austausch von Erfahrungen der Lehrenden<br />
und Lernenden beim Einsatz des Pogramms dienen.<br />
14<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Neben der Kenntnis der komplexen sachlichen<br />
Zusammenhänge und der in ihr liegenden gesellschaftlichen<br />
Zukunftsherausforderungen sollen die Schülerinnen<br />
und Schüler Mobilitätskompetenzen erwerben. Über das<br />
Verständnis der vielschichtigen Zusammenhänge zwischen<br />
Mobilitätsursachen, Verkehrsentstehung und Verkehrsfolgen<br />
soll bei den Heranwachsenden insgesamt ein nachhaltiges<br />
umweltgerechtes Mobilitätsbewusstsein erreicht werden.<br />
Das Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung gefördert sowie u.a. durch<br />
Maßnahmen des Hessischen Kultusministeriums unterstützt.<br />
Die Einsatzfähigkeit der Lernsoftware soll zum Beginn des<br />
Schuljahres 2006/07 gesichert sein. Die Anschaffung des<br />
Programms durch hessische Schulen wird vom HKM gefördert,<br />
Näheres wird zu gegebener Zeit über das Amtsblatt<br />
veröffentlicht.<br />
■<br />
Autor<br />
Manfred-Th. Koch,<br />
Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> und<br />
<strong>Mobilitätsbildung</strong> beim Staatlichen Schulamt Kassel<br />
u<br />
www.deintown.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Das „Netzwerk <strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />
als Beispiel für die <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Kinder nehmen aus unterschiedlichen Gründen am Verkehrsgeschehen teil. Erwachsene haben ebenfalls<br />
verschiedene Motive, die Verkehrsteilnahme der Kinder so sicher wie möglich zu gestalten. Es erscheint<br />
sinnvoll, die unterschiedlichen Interessenslagen und Motivationen der Beteiligten innerhalb eines Netzwerks<br />
auszutauschen.<br />
Am Beispiel der Stadt Darmstadt soll aufgezeigt werden,<br />
wie ein „Netzwerk <strong>Verkehrserziehung</strong>“ aussehen kann, welche<br />
Akteure mitarbeiten und welche Vorteile sich daraus<br />
ergeben.<br />
■<br />
Schlüsselfaktor „Kommunikation“<br />
Das Thema Verkehr lässt sich schwer eingrenzen. Es gibt<br />
eine Vielzahl von Akteuren und Entscheidungsträgern<br />
im Verkehrsbereich, die dazu beitragen können, die<br />
Verkehrssicherheit zu erhöhen.<br />
Nur über einen Zusammenschluss von engagierten und<br />
betroffenen Personen aus mehreren Bereichen können<br />
die Problemfelder umfassend erkannt, wünschenswerte<br />
Verbesserungen zusammengetragen und optimale<br />
Lösungsansätze erarbeitet werden. Es wird in vielen<br />
Bereichen an der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse<br />
gearbeitet.<br />
Häufi g wissen die verschiedenen Akteure leider nicht von<br />
parallel laufenden Planungen, die in die gleiche Richtung<br />
zielen.<br />
■<br />
Akteure des „Netzwerks <strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />
Das Bewältigen der Schulwege zu Fuß oder mit dem Rad<br />
ist als ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung eines jeden<br />
Kindes zur eigenständigen Eroberung des städtischen<br />
Umfelds zu verstehen. Hauptakteur zur infrastrukturellen<br />
und organisatorischen Sicherung der Schulwege kann nur<br />
die Stadtverwaltung sein. Am Beispiel der Stadt Darmstadt<br />
liegt die Federführung des Netzwerks gebündelt beim<br />
städtischen Schulamt unter Beteiligung des Büros vom<br />
Oberbürgermeister.<br />
Nachdem zunächst zwei Jahre lang in einem Gesprächskreis<br />
zur <strong>Mobilitätsbildung</strong> – unter Beteiligung der Jugendverkehrspolizei<br />
– zahlreiche Anregungen gesammelt werden konnten,<br />
ergab sich bei einem informellen Treffen mit Vertretern der<br />
Stadtverwaltung die Initiative die folgenden Beteiligten zum<br />
15
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
„Netzwerk <strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />
zusammen zu schließen:<br />
4Städtisches<br />
Schulamt (Leitung<br />
des Netzwerks)<br />
4Büro<br />
des Oberbürgermeisters<br />
4Staatliches<br />
Schulamt<br />
4Fachberater<br />
für <strong>Verkehrserziehung</strong> an Darmstädter<br />
Schulen<br />
4Agenda<br />
Büro 21<br />
4Kinder-<br />
und Jugendförderung der Stadt Darmstadt<br />
4Vertreter<br />
der Schulen<br />
4Planungsbüro<br />
VAR, Darmstadt<br />
4Büro<br />
für Stadtökonomie und -ökologie<br />
■<br />
16<br />
Zielsetzung des „Netzwerks <strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />
Die Teilnehmer am Netzwerk haben sich darauf verständigt,<br />
dass der <strong>Verkehrserziehung</strong> eine große Bedeutung beizumessen<br />
ist und wollen sich für eine verstärkte <strong>Verkehrserziehung</strong><br />
einsetzen. Folgende Ziele werden dabei angestrebt:<br />
4Erhöhung<br />
der Verkehrssicherheit<br />
4Sicherung<br />
der Mobilität<br />
4Förderung<br />
der motorischen Fähigkeiten (dem Trend der<br />
Bewegungsarmut entgegen wirken)<br />
4Erhöhung<br />
der Lebensqualität<br />
4Verbesserung<br />
der Situation für den Fuß- & Radverkehr<br />
■<br />
Erste Tätigkeitsschwerpunkte des „Netzwerks<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />
Auf der ersten Sitzung konnten – nachdem die Teilnehmer<br />
über ihre Aktivitäten berichtet hatten – bereits allgemeine<br />
Zielsetzungen besprochen werden. Es wurden die drei nachstehenden<br />
Projekte als wichtig eingestuft, die in konkrete<br />
Maßnahmen münden sollen.<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
4<strong>Verkehrserziehung</strong><br />
in Kindergärten<br />
und Schulen<br />
4Förderung<br />
der Fahrradnutzung<br />
4Schulwegeplanung<br />
Neben dem „Netzwerk<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong>“ gibt<br />
es jährlich vier weitere Treffen des „Gesprächskreises<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong>“ zu dem alle Teilnehmer des Netzwerks<br />
eingeladen sind. Dort werden die laufenden Aktionen besprochen<br />
und weitere geplant. Es werden Defi zite erörtert<br />
und Möglichkeiten zur Verbesserung und die Einbeziehung<br />
weiterer Partner besprochen.<br />
■<br />
Weitere Handlungsansätze, Diskussionsgrundlagen<br />
und Ziele<br />
Überarbeitung von Schulwegeplänen in Darmstadt<br />
Nach dem neusten Stand der Technik sollte ein Schulwegeplan<br />
unter der Beteiligung von<br />
4Schülerinnen,<br />
Schülern und Schülervertretern,<br />
4Eltern<br />
und Elternvertretung,<br />
4Lehrkräften<br />
und Schulleitung,<br />
4Polizei<br />
und<br />
4Stadtverwaltung<br />
erarbeitet werden. Es wird als wichtig angesehen, einen grafi<br />
sch ansprechenden, farbig illustrierten und leicht verständlichen<br />
Schulwegeplan mit eingezeichneten Spielplätzen und<br />
Freizeitzielen zu erarbeiten. Zunächst sollte jedoch eine<br />
Literatur- und Internetrecherche zu dem Thema erfolgen.<br />
Bestehende Pläne mit ähnlicher Zielrichtung, wie die<br />
vorhandenen Fahrrad-, Spielplatz-, Jugendstadt- und<br />
Behindertenstadtpläne werden zur Erstellung des<br />
Schulwegeplans berücksichtigt.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Bestandsanalyse der Möglichkeiten<br />
zur Mobilitätserziehung in Darmstadt<br />
Ziel ist es, dem hohen Mobilitätsbedarf<br />
(und -wunsch) von Kindern und<br />
Jugendlichen mit einem Angebot zu entsprechen.<br />
Da es bereits eine Vielzahl von<br />
Angeboten gibt, sollen diese erfasst und<br />
dokumentiert werden. Folgende Inhalte<br />
sollen ermittelt bzw. erfasst werden:<br />
4Verkehrsräume<br />
zur sicheren Nutzung des Fahrrades ggf.<br />
auch mit Betreuung<br />
4Schulhöfe<br />
mit ansprechenden Freifl ächen zum Üben und<br />
Trainieren des Radfahrens<br />
4Lage<br />
und Öffnungszeiten der Fahrradwerkstätten (städtisch<br />
geförderte und private)<br />
4Lage<br />
und Öffnungszeiten von Fahrradverleihstationen<br />
(städtisch geförderte und private)<br />
4Regelmäßige<br />
Veranstaltungen zum Thema Mobilität<br />
4Organisationen,<br />
die Radparcours o. ä. anbieten oder<br />
vermieten<br />
4Befragung<br />
in Kindergärten, Schulen und Jugendhäusern<br />
zum Thema Mobilität und <strong>Verkehrserziehung</strong> (Sammlung<br />
von Best Practice – Beispielen)<br />
4Schulen<br />
mit besonderen Angeboten (Bewegungsspiele,<br />
Schulhöfe zum selbst gestalten)<br />
Vernetzung der Orte für Kinder und Jugendliche<br />
Ziel ist es, die Orte von Kindern in Darmstadt mittels sicherer<br />
Wege zu vernetzen und explizit sichere Rad- und<br />
Fußwege zu den Schulen aufzuzeigen. Mit Hilfe des<br />
Radverkehrsplans sollen Kinder und Jugendliche ihre<br />
Mobilität in Darmstadt unabhängig und individuell bewerkstelligen<br />
können. Zur Bewältigung des gestiegenen<br />
Mobilitätsbedarfs und der wachsenden Streckenlängen soll<br />
der Radverkehrsplan anregen, die Wege per Rad zurückzulegen.<br />
Besonderer Wert wird auf die Verknüpfung der individuell<br />
sehr unterschiedlichen Ziele gelegt. Wege sind so zu<br />
gestalten, dass eine Aneinanderreihung<br />
der Ziele zu Wegeketten (z.B. Schule<br />
– Treffpunkt von Schülern – Sportplatz<br />
– Wohnung) problemlos möglich gemacht<br />
wird. Der Schulwegeplan soll auf<br />
den gewonnenen Erkenntnissen aus der<br />
Bestandsanalyse beruhen.<br />
Folgende Daten fließen in die<br />
Bearbeitung ein:<br />
4Vorhandene<br />
Schulwegepläne<br />
4Spielplatzplan<br />
4Jugendstadtplan<br />
4Vorhandenes<br />
Radverkehrsnetz<br />
4Lage<br />
der Fußgängerschutzanlagen<br />
4Lage<br />
der Fußgängerüberwege<br />
4Lage<br />
von Querungshilfen<br />
4Lage<br />
von Tempo 30-Zonen<br />
4Lage<br />
der verkehrsberuhigten Bereiche<br />
4Unfall-<br />
und Gefahrenpunkte<br />
Der Radverkehrsplan für Kinder und Jugendliche soll in<br />
einem übersichtlichen Maßstab und unter Beteiligung<br />
von Kindern, Jugendlichen und Vertretern der städtischen<br />
Fachabteilungen erarbeitet werden. Der Plan soll auf Unfall-<br />
und Gefahrenpunkte hinweisen und sichere Wege und<br />
Strecken empfehlen.<br />
Workshop mit Personen, die an der Mobilitätserziehung<br />
in Darmstadt beteiligt sind<br />
Damit die <strong>Verkehrserziehung</strong> in Darmstadt nachhaltig verbessert<br />
werden kann, ist es wünschenswert, ein Netzwerk aller<br />
Akteure zu schaffen. Die Durchführung eines Workshops<br />
in einem geeigneten Rahmen (als Veranstaltungsort wird die<br />
Centralstation vorgeschlagen) könnte hierfür einen wichtigen<br />
Meilenstein darstellen. Der Prozess eines regelmäßigen<br />
Austauschs soll somit nach Möglichkeit verselbständigt<br />
werden.<br />
17
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Folgender Personenkreis zur Teilnahme an dem Workshop<br />
wird vorgeschlagen:<br />
4zuständige<br />
Lehrer für die <strong>Verkehrserziehung</strong> an den<br />
Darmstädter Schulen und Kindergärten<br />
4Eltern-<br />
und Lehrervertreter<br />
4mit<br />
der Mobilitätserziehung betraute Personen aus der<br />
Stadtverwaltung<br />
4Personen<br />
die am Agenda 21-Prozess beteiligt sind<br />
4Personen<br />
aus der Polizeiverwaltung<br />
4Schüler-<br />
und Jugendvertretungen<br />
4Fachleute<br />
4Interessierte<br />
■<br />
18<br />
Autor<br />
Uwe Petry<br />
Planungsbüro VAR<br />
Riedeselstr. 48<br />
64283 Darmstadt<br />
Tel.: 06151 – 10 19 10 5<br />
Fax: 06151 – 66 03 71<br />
E-Mail: uwe.petry@varad.de<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
ADAC-Jugend-<br />
Fahrradturnier<br />
Das Turnier ist ein Übungsprogramm für<br />
acht bis 15-Jährige, bei dem sie lernen, ihr<br />
Fahrrad auch in schwierigen Situationen zu<br />
beherrschen und sich an wichtige sicherheitsrelevante<br />
Verhaltensweisen zu gewöhnen.<br />
Auf einem Parcours müssen die jungen<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeweils acht<br />
Fahraufgaben bewältigen, die an den Anforderungen<br />
und Gefahren des Straßenverkehrs ausgerichtet sind.<br />
Zudem wird die Betriebs- und Verkehrssicherheit der<br />
Fahrräder überprüft.<br />
Mehr als 320.000 Kinder und Jugendliche nehmen<br />
jährlich an solchen Turnieren teil, die zusammen mit<br />
der Deutschen Post bundesweit durchgeführt werden.<br />
■<br />
Ansprechpartner<br />
Alexandro Melus<br />
ADAC Hessen-Thüringen<br />
Fachbereich Verkehr & Technik<br />
Lyoner Straße 22<br />
60528 Frankfurt am Main<br />
Tel.: (0 69) 66 07 84 05<br />
Fax: (0 69) 66 07 84 49<br />
E-Mail: Alexandro.Melus@hth.adac.de<br />
Internet: www.adac.de/hessen-thueringen
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
(M)eine Klasse fährt Rad<br />
Arbeit mit dem Rad als Baustein<br />
von Schule & Gesundheit<br />
■ Dem Bewegungsmangel begegnen liche Fitness von alleine ein. Würden sie jedoch, wie ich es<br />
Der Bewegungsmangel vieler Kinder und Jugendlicher<br />
ist bekannt. Tatsächlich sehe ich jede Woche bei meiner<br />
Arbeit Kinder oder Jugendliche, deren konditionelle und<br />
motorische Kompetenz Mängel aufweist.<br />
Einmal jede Woche bin ich als<br />
Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> in<br />
Schulklassen der Klassenstufen 3 - 8 im<br />
Bereich Wiesbaden und Rheingau/Taunus,<br />
um Verkehrsunterricht, Geschicklichkeitstraining<br />
mit dem Rad und Fahrradausfl üge<br />
durchzuführen.<br />
Ich erkenne einen Unterschied zwischen<br />
Stadt und Land. Die Kinder in Hallgarten,<br />
einem verkehrsarmen Dorf in steiler<br />
Hanglage des Rheingaugebirges, zeigten<br />
sich bei meinem Besuch fast durchweg<br />
konditionsstark und beweglich. Wenn sie<br />
einander besuchen, zu Fuß oder mit dem<br />
Rad, oder zu ihrer hoch am Berg gelegenen<br />
Schule laufen, stellt sich körper-<br />
anderswo gesehen habe, mit dem Bus fast von der Haustüre<br />
abgeholt und an einen anderen Ort zur Schule gebracht, ihr<br />
gesundheitlicher Vorteil als Landkinder wäre fast schon wieder<br />
verloren.<br />
Die meisten Kinder leben in der<br />
Stadt oder auch in den heutigen<br />
Landgemeinden in beinahe städtischer,<br />
jedenfalls verkehrsreicher Umgebung.<br />
Selbst der Umzug mancher Familien<br />
aufs Land stellt die erhofften idyllischen<br />
Verhältnisse nicht her, im Gegenteil, der<br />
Verkehrsdruck wird weiter erhöht.<br />
Wir leben in einer Umwelt, die wir<br />
selbst durch das Automobil geprägt<br />
haben. Seine Vorzüge, Verfügbarkeit,<br />
Geschwindigkeit, Status usw. sind groß<br />
und überzeugend genug, dass wir dafür<br />
Nachteile in Kauf nehmen. Ob wir als<br />
Einzelne Freude am Autofahren empfi<br />
nden oder im Gegensatz dazu das<br />
19
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Auto am liebsten abschaffen würden, mit den Folgen des<br />
Autoverkehrs sind wir in jedem Falle konfrontiert, vor allem<br />
aber unsere Kinder:<br />
4Ihr<br />
Platz zum Spielen wird von Straßen eingeengt.<br />
4Sie<br />
werden bequem gefahren, statt zu laufen oder Rad<br />
zu fahren mit allen Folgen für ihre Gesundheit und die<br />
Wahrnehmung ihrer Umwelt.<br />
4Ihre<br />
Atemluft ist belastet, ihre Umgebung oft verlärmt.<br />
(Die Umweltbelastung durch Energieverbrauch interessiert<br />
hier nur am Rande).<br />
■<br />
20<br />
Mit gutem Beispiel vorangehen<br />
Wir fahren selbst Auto. Probleme klar zu benennen, heißt<br />
also nicht das Auto zu verteufeln. Unsere Aufgabe aber<br />
ist, den Kindern zu helfen, im Leben klar zu kommen. Die<br />
grundlegenden Weichen für das Mobilitätsverhalten werden<br />
im Kindes- und Jugendalter gelegt.<br />
Dabei kann sich die Schule nicht gegen die Gesellschaft<br />
stellen. Unsere Kinder werden im Leben nicht besser klar<br />
kommen, wenn wir ihnen die Abschaffung des Autos nahe<br />
legen oder den Verzicht darauf. Nach einem prüfenden Blick<br />
auf unseren Lehrerparkplatz könnten sie uns böse auslachen.<br />
Und doch können wir ihnen Alternativen aufzeigen. Es wäre<br />
natürlich gut, wenn wir sie vorleben und sie als Vorbilder,<br />
aber auch mit ihnen zusammen praktizieren:<br />
1. Bewegung und Sport<br />
Unsere Botschaft: Bewege dich selbst, bewege dich häufi<br />
g und du wirst Freude daran haben.<br />
2. <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Unsere Botschaft: Du wirst später auch mit dem Auto<br />
fahren, hoffentlich verantwortungsbewusst. Aber es gibt<br />
Alternativen: Bus, Bahn, deine Füße und das Fahrrad.<br />
Wenn du sie benutzt, wirst du neue Erfahrungen machen,<br />
deine Umwelt und die Natur mit wacheren Augen sehen.<br />
(Tatsächlich gibt es Kinder, die auf einem Klassenausfl ug<br />
zum ersten Mal die Bahn nutzen. Wo sollen sie lernen,<br />
später auch nur einen einzigen Tag lang auf ihr Auto zu<br />
verzichten?)<br />
3. <strong>Verkehrserziehung</strong> und Technik<br />
Unsere Botschaft: Wir helfen dir, Regeln und Technik zu<br />
beherrschen, damit du dich sicher bewegen kannst.<br />
■<br />
Freude am Radfahren wecken<br />
Zu Recht wurde die Förderung der Lesekompetenz zum strategischen<br />
Ziel erhoben. Die Freude am Lesen zu erhöhen, ist<br />
dabei von herausragender Bedeutung.<br />
Genau so müssen wir vorgehen, wenn wir dem<br />
Bewegungsmangel abhelfen wollen. Als Verkehrserzieher<br />
kann ich sagen: Die Eingliederung der <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
und <strong>Verkehrserziehung</strong> in den Bereich Schule & Gesundheit<br />
ist ein guter Schritt. Im Bereich meines Schwerpunktes<br />
„(M)eine Klasse fährt Rad“ liegt die wechselseitige<br />
Ergänzung von Sport, Gesundheits- und <strong>Verkehrserziehung</strong>
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
auf der Hand und die guten Ansätze aus diesen Richtungen<br />
werden vereint:<br />
Wenn ich als Experte in eine Klasse komme, dann läuft mein<br />
Projekttag folgendermaßen ab:<br />
Ich greife die Erfahrungen der Kinder auf. Jedes Kind berichtet<br />
von seinen Erlebnissen und auch von Unfällen mit<br />
dem Rad. Ich wiederhole die für Radfahrer wichtigen<br />
Verkehrsregeln und baue dabei auf die nachhaltige und unverzichtbare<br />
Arbeit der Polizisten der Jugendverkehrsschule<br />
auf. Das ist der notwendige theoretische Anteil der<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong>.<br />
Doch die Kinder wissen, dass nun sofort die Praxis folgt.<br />
Zuerst werden die Räder auf ihre Fahrtüchtigkeit und<br />
Verkehrssicherheit untersucht. Manche Reparaturen führen<br />
wir sofort aus, manche verschieben wir auf das Ende des<br />
Projekttages, für die schwierigeren verweisen wir auf den<br />
Fahrradhändler. Die Schülerinnen und Schüler wissen nun<br />
aber, warum ihr Rad repariert werden muss und manchmal<br />
sehen sie sofort, wie es geht.<br />
Dann folgt der Fahrradparcours auf dem Hof. Er<br />
muss einfach und transportabel sein. Anders als die<br />
Jugendverkehrsschule stehen nicht die Verkehrsregeln im<br />
Vordergrund, sondern ein ganz klein wenig Akrobatik, d.h.<br />
die Fahrradbeherrschung: Die Kinder fahren durch einen<br />
Parcours aus Verkehrsleitkegeln, über eine kleine Rampe, sie<br />
versuchen, auf der Stelle zu stehen, aus voller Fahrt zu bremsen,<br />
sie springen über kleine Hindernisse aus Dachlatten, sie<br />
fahren einhändig an der Longe und zum Schluss noch über<br />
eine Wippe. Der Schwerpunkt liegt darauf, Rad und Körper<br />
zu beherrschen um beide beim Fahren zu einer Einheit<br />
werden zu lassen. Die Fortschritte, die Kinder, wenn sie so<br />
gefordert werden, in einer einzigen Doppelstunde machen,<br />
sind manchmal erstaunlich.<br />
Das Ende des Programmpunktes bildet das Fahren in der<br />
Gruppe. Auf dem Hof wird geübt, diszipliniert in einer<br />
Reihe zu fahren, Abstände einzuhalten, zu verharren, wenn<br />
die Gruppe langsam fahren muss, zu beschleunigen, wenn<br />
sie schneller wird. Ziel ist, auch mit mehr als 20 Kindern sicher<br />
auf öffentlichen Straßen fahren zu können. Kinder, die<br />
mit einzelnen Übungen Schwierigkeiten haben, bekommen<br />
von mir die freiwillige Hausaufgabe, diese einfach nachvollziehbaren<br />
Übungen zu Hause zu wiederholen.<br />
Meine Erfahrung ist: Mit der Sicherheit wächst die Freude<br />
am Fahren, die Freude an der Bewegung mit dem Fahrrad.<br />
Nicht selten habe ich schiere Begeisterung gespürt. Auch<br />
die Kinder, die schon als Könner kommen, fühlen sich anerkannt<br />
und bestätigt. Manchmal begreifen sie aber erst hier,<br />
dass sie ihre bereits vorhandenen Fähigkeiten zügeln, dass<br />
sie sich in ihre Gruppe einordnen müssen. Am Ende des<br />
Projekttages stehen kleine Reparaturen oder oft erstaunliche,<br />
weil konkrete Einblicke in die Fahrradtechnik.<br />
„Warum dreht sich ein Rad?“ – Schauen wir doch mal in die<br />
Nabe. – „Da sind ja Kugeln drin.“<br />
Vollständig ist das Programm, wenn an einem zweiten Tag<br />
ein Fahrradausfl ug folgt. Das Fahren im realen Verkehr,<br />
selbst wenn die Strecke auf verkehrsarmen und meist au-<br />
21
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
tofreien Wegen geführt wird, zeigt den Ernstcharakter der<br />
Übungen. Insbesondere wenn eine nicht allzu lange Strecke<br />
gewählt wird, mischt sich die Müdigkeit am Ende mit einem<br />
gewissen Stolz: „Das haben wir geschafft.“<br />
22<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
■ Gemeinschaftserlebnis motiviert zum weil er in ein positives Gesamterlebnis eingebettet ist, nicht<br />
eigenen Handeln<br />
nach kurzer Zeit schon verloren geht.<br />
Natürlich kann dieses Programm nur ein Anstoß sein. Rad<br />
fahren lernt man fast immer in der Familie. Wenn von dort<br />
keine Unterstützung kommt, ist eine effektive Förderung<br />
des Kindes, wie in allen Bereichen des Lernens auch beim<br />
Radfahren schwierig. Die Begeisterung der Kinder kann<br />
aber ihren Eltern und ihnen selbst ein Anstoß sein.<br />
Meine Hoffnung ist, dass mehr Kinder durch meine Arbeit<br />
das Rad als mögliche Alternative erfahren, sich zu bewegen,<br />
es in der Freizeit, als Sportgerät, aber auch im Alltag, z.B.<br />
auf dem Weg zur Schule oder zu Freunden und für Touren<br />
zu nutzen. Die positive Wirkung für ihre Gesundheit und<br />
körperliche Mobilität, da bin ich zuversichtlich, wird nicht<br />
lange auf sich warten lassen.<br />
Durch das Fahren in der Gruppe, aber auch durch die intensive<br />
Diskussion in der Klasse, z.B. über das Verhältnis<br />
Radfahrer-Fußgänger oder das Verhalten an Kreuzungen und<br />
Einmündungen möchte ich das verantwortliche Verhalten<br />
der Kinder im Verkehr stärken, und hoffe, dass dieser Aspekt,<br />
Ich hoffe auch, einen Grundstein für die Zuversicht zu legen,<br />
kleine, leider immer wieder notwendige Reparaturen an<br />
einem Fahrrad selbst ausführen zu können. Oft, namentlich<br />
am Ende des Winters, scheitert das Radfahren schon an dieser<br />
ersten Hürde. Ich versuche, die Hemmschwelle vor dem<br />
Schraubschlüssel zu überwinden, indem ich ihn einfach den<br />
Kindern in die Hand drücke und sage: „Versuch’ es mal.“ Das<br />
Fahrrad als technischer Gegenstand im Erfahrungshorizont<br />
der Kinder ist jedenfalls ein sehr geeignetes Objekt, um<br />
in der Schule Technik zu lehren. Meine Termine, die ich<br />
Klassen für mein Programm anbieten kann, sind für das laufende<br />
Schuljahr vollständig ausgebucht. Deshalb habe ich<br />
eine regionale Fortbildung für Lehrkräfte durchgeführt. Ich<br />
möchte meine Arbeit auf mehrere Schultern verteilen.<br />
Es dauert einige Zeit, sich auf allen angesprochenen Gebieten<br />
eine ausreichende Kompetenz zu erarbeiten. Qualifi zierte<br />
Fortbildung verkürzt, so hoffe ich, diesen Zeitraum und<br />
wirkt mit Sicherheit als ermutigender Anstoß. Ich arbeite<br />
daran, diese Fortbildung weiterzuführen und, falls ich die<br />
notwendige Unterstützung fi nde, landesweit anzubieten.<br />
■<br />
Autor<br />
Jan Prediger<br />
Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> und <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
am Staatlichen Schulamt Rheingau-Taunus Kreis und<br />
Wiesbaden
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Unsere Klasse:<br />
„Fit auf dem Fahrrad, fi t im Verkehr“<br />
Die Fahrradwoche an der Gustav-Heinemann-Schule in Hofgeismar<br />
Eine Anregung, (k)ein Leitfaden<br />
■<br />
„Schneckenfahrt“<br />
Jonas fand es ziemlich schwierig, etwas an die Tafel zu<br />
schreiben. Nicht etwa, weil er die Lösung nicht wusste, sondern<br />
weil er gerade auf seinem Fahrrad an der Tafel vorbei<br />
fuhr - möglichst langsam. „Schneckenfahrt“ heißt diese<br />
Geschicklichkeitsübung, eine von über zwanzig Stationen,<br />
die mit dem eigenen Fahrrad zu bewältigen waren. Sie wiederum<br />
gehörten zu einem der 13 Bausteine, die während der<br />
letzten Fahrradwoche an der Gustav-Heinemann-Schule in<br />
Hofgeismar zu absolvieren waren.<br />
Auch in diesem Jahr steht das Fahrrad für eine Woche wieder<br />
auf dem Stundenplan aller Fünftklässler der GHS. Vor den<br />
Sommerferien wird es als Verkehrsmittel und Sport- und<br />
Freizeitgerät zum zentralen Unterrichtsgegenstand.<br />
■<br />
Im Schulprogramm<br />
Unter dem Motto „Unsere Klasse: Fit auf dem Fahrrad, fi t<br />
im Verkehr“ wurde die Fahrradwoche als Beitrag zum<br />
Wettbewerb „Fahrradfreundliche Schule“ 2001 aus der<br />
Taufe gehoben. Der Erfolg, die Begeisterung der Schüler<br />
und die vielen positiven Rückmeldungen aus der gesamten<br />
Schulgemeinde führten dazu, dass die Veranstaltung heute<br />
seinen festen Platz im Schulleben hat und im Schulprogramm<br />
verankert ist.<br />
Ein solcher „Unterricht in <strong>Verkehrserziehung</strong>“ nutzt in<br />
hervorragender Weise die Motivation der 10 bis 14-jährigen.<br />
Gerade für sie hat das Fahrrad als Freizeitgerät und<br />
universelles Fortbewegungsmittel einen besonders hohen<br />
Stellenwert. Fahrrad Fahren macht mobil und viel Spaß.<br />
Auf den aktiven Umgang mit dem eigenen Fahrrad ist bei<br />
einem Fahrradprojekt der Schwerpunkt zu legen.<br />
■<br />
Ziele<br />
Eine Aktionswoche, die im 5. Schuljahr das Fahrrad in den<br />
Mittelpunkt handlungsorientierter Unterrichtsprojekte stellt,<br />
hat zum Ziel:<br />
23
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
4Die<br />
Freude an der Bewegung zu fördern und dem<br />
Bewegungsmangel entgegen zu wirken.<br />
4Das<br />
Rad fahren im Schul- und Wohnbereich sicherer und<br />
attraktiver zu gestalten.<br />
4Die<br />
psychomotorischen und fahrpraktischen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten zu steigern.<br />
4Die<br />
Voraussetzungen für die Durchführung sicherer<br />
Radwanderungen mit der Klasse zu schaffen.<br />
4Unter<br />
Vermeidung des „erhobenen Zeigefi ngers“ die<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> der Grundschule weiterzuführen<br />
4Das<br />
Fahrrad zum Gegenstand von <strong>Mobilitätsbildung</strong> zu<br />
machen, die über den reinen Sicherheitsaspekt hinaus<br />
geht.<br />
4Die<br />
Schüler anzuregen, ihren Schulweg mit dem Fahrrad<br />
zu bewältigen.<br />
■<br />
24<br />
Organisatorischer Rahmen<br />
Den Anforderungen moderner <strong>Mobilitätsbildung</strong> folgend,<br />
werden außerschulische Partner wie Landesverkehrswacht,<br />
Polizei, Rettungsdienste, örtliche Optiker, ADAC oder andere<br />
Experten beteiligt. Die Fahrradwerkstatt der GHS stellt<br />
Leihräder, Helme (Helmpfl icht!) und mit seinem WP-Kurs<br />
technisches Know-how bereit. Nach dem Motto „Groß hilft<br />
Klein“ sind ältere Schüler als Helfer und Betreuer tätig, engagierte<br />
Eltern bringen ihre Kompetenzen ein.<br />
Die Klassenlehrer/innen begleiten ihre Klasse über die gesamte<br />
Fahrradwoche, die sich aus 13 Bausteinen zusammensetzt.<br />
Zur Durchführung bestimmter Bausteine (z.B. 3,7,11)<br />
werden kompetente Kollegen/innen zeitweise frei gestellt.<br />
Ein Teil des Schulgeländes wird dem Fahrrad fahren<br />
reserviert.<br />
■<br />
Bausteine<br />
1. Fahrradcheck<br />
Zum Start obligatorisch für jedes Fahrrad (Fahrradwerkstatt)<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
2. Fahrradparcours<br />
Geschicklichkeitsparcours als Klassenwettbewerb (z.B.<br />
ADAC oder Eigenbau)<br />
3. Fahren in der Gruppe<br />
Üben des Gruppenfahrens im Schonraum und Realverkehr<br />
(evtl. mit Polizei)<br />
4. Sehtest<br />
Im Klassenraum mit Bescheinigung (örtliche Optiker)<br />
5. Verkehrszeichen und -regeln<br />
Verkehrssicheres Fahrrad und verkehrssicheres Verhalten<br />
(Verkehrswacht)<br />
6. Fahrradhelm<br />
„Melonentest“ (Verkehrswacht)<br />
7. Platten fl icken<br />
Gruppenarbeit am Vorderrad (Fahrradwerkstatt)<br />
8. „Toter Winkel“<br />
Eine ganze Klasse „verschwindet“ zwischen den<br />
Markierungsbändern. (z.B. Löschfahrzeug der Feuerwehr)<br />
9. „Achtung Auto“<br />
Aktion des ADAC zum Anhalteweg eines Autos.<br />
10. Grundmaßnahmen zur Lebensrettung<br />
Einüben grundlegenden Verhaltens nach einem Unfall<br />
(z.B. DRK)<br />
11. Fahrradstationen<br />
22 Geschicklichkeitsübungen mit dem eigenen<br />
Fahrrad, Sammeln farbiger Aufkleber auf einem<br />
Laufzettel<br />
12. Fahrradthemen; Fächerverbindende Themen rund<br />
ums Fahrrad, Gesundheit und Mobilität: z.B. Texte,<br />
Tagebücher, Dokumentation, Plakate, Zeichnungen,
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
■<br />
Gedichte, Lieder, Vorbereitung der Fahrradtour (Klassen-<br />
und Fachlehrer/innen)<br />
13. Fahrradtour<br />
Höhepunkt und Abschluss der Fahrradwoche<br />
Zugegeben, eine solche umfangreiche Fahrradwoche, an<br />
der die ganze Jahrgangsstufe 5 (acht Klassen / über 200<br />
Schüler) teilnimmt, erfordert einen nicht unerheblichen organisatorischen<br />
und personellen Aufwand. Teamarbeit ist<br />
vonnöten.<br />
Doch Mut zur Lücke! Es geht auch ohne Fahrradwerkstatt<br />
und es muss auch nicht gleich eine ganze Fahrradwoche<br />
sein! Ein kleines, überschaubares Fahrradprojekt mit einigen<br />
außerschulischen Partnern als Unterstützer (z.B.<br />
Fahrradhändler) und wenigen Bausteinen, ein oder zwei<br />
Tage… und ein erfolgreicher Anfang ist gemacht.<br />
Die Fahrradwoche der GHS: eine Anregung, einige Ideen,<br />
(k)ein Leitfaden.........<br />
■<br />
Fazit<br />
Ein Fahrradprojekt zu Beginn der Sekundarstufe I<br />
4muss<br />
keine Fahrradwoche mit vielen Bausteinen sein<br />
4benötigt,<br />
um erfolgreich zu sein, keine Fahrradwerkstatt<br />
und muss nicht mehrere Tage dauern.<br />
4ist<br />
in besondere Weise geeignet, die <strong>Verkehrserziehung</strong><br />
der Grundschule fortzusetzen.<br />
4führt<br />
zu einer <strong>Mobilitätsbildung</strong>, wie sie als Modul im<br />
Rahmen des Arbeitsfeldes „Schule & Gesundheit“ angelegt<br />
ist. (Abb. 2)<br />
4erfüllt<br />
eine Forderung des HKM:<br />
„Besonders geeignet für die Sekundarstufe I sind<br />
Fahrradthemen und -projekte, die Unterrichtsvorhaben<br />
der Grundschule weiterführen können. Bis zum Ende<br />
des 10. Schuljahres sollte jede Schülerin und jeder<br />
Schüler an einem Unterrichtsvorhaben oder einer<br />
Arbeitsgemeinschaft zum Thema „Fahrrad und Schule“<br />
teilgenommen haben.“ (Bekanntmachungen und Mitteilungen<br />
des Hess. Kultusministeriums Abl. 8/03 S. 582)<br />
4liefert<br />
einen Beitrag zur Schärfung des Schulprofi ls<br />
4wird<br />
ein Erfolg, bereichert das Schulleben und macht<br />
Spaß.<br />
■<br />
Informationen & Autor<br />
Erwin Gerhart<br />
Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong><br />
Beim Staatlichen Schulamt für den Landkreis und die Stadt<br />
Kassel<br />
Erwin.Gerhart@t-online.de<br />
Gustav-Heinemann-Schule<br />
Adolf-Häger-Str. 8<br />
34369 Hofgeismar<br />
E-Mail: gs.hofgeismar@schule.landkreiskassel.de<br />
25
26<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
„Achtung Auto!“ – Aktionen im Rahmen der<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong><br />
Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club Hessen-Thüringen e.V. (ADAC) bietet allen Schulen im Lande<br />
Hessen eine Aktion zur <strong>Verkehrserziehung</strong> und Verkehrssicherheit an.<br />
Dieses Angebot betrifft die Schülerinnen und Schüler ab<br />
Klasse 5. Die Aktion „Achtung Auto!“ ist ein Angebot im<br />
Rahmen der „Öffnung von Schule“. Über die Annahme des<br />
Angebotes entscheidet die Schule selbst im Rahmen ihrer<br />
Planung und geltender Bestimmungen.<br />
■<br />
Ziele der Aktion<br />
Mit den Schülerinnen und Schülern ab Klasse 5 sollen<br />
Bremswege demonstriert und erörtert werden. Dabei<br />
wird der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit,<br />
Reaktionsweg und Anhalteweg handlungsorientiert erfahren<br />
und theoretisch erarbeitet. Für die Verkehrssicherheit<br />
spielen das Reaktionsvermögen, die Bremswege anderer<br />
Verkehrsteilnehmer und die eigenen eine entscheidende Rolle.<br />
Gefährdungen haben oft ihre Ursache in Fehleinschätzungen<br />
der Verkehrsteilnehmer.<br />
■<br />
Übungen und Demonstrationen<br />
4Die<br />
Schülerinnen und Schüler laufen auf ein bestimmtes<br />
Ziel zu und sollen versuchen, nach einem Signal so<br />
schnell wie möglich stehen zu bleiben. Solche Übungen<br />
werden wiederholt und variiert.<br />
4Schülerinnen<br />
und Schüler können als Mitfahrer/innen im<br />
Auto sehen und feststellen, wie das Auto auf ein Signal<br />
hin zum Stillstand gebracht wird. Die Schülerinnen und<br />
Schüler erfahren dabei auch das vorschriftsmäßige, richtige<br />
Angurten im PKW. Die Aktionsfahrzeuge sind mit<br />
den vorgeschriebenen Rückhalteeinrichtungen ausgestattet.<br />
Es ist nicht erforderlich, dass alle Kinder einer<br />
Klasse an diesem Beispiel als Mitfahrer/innen beteiligt<br />
sind, auch die Beobachtung ist lehrreich.<br />
4Je<br />
nach örtlichen Verhältnissen bzw. Voraussetzungen<br />
wird auch der Anhalteweg bei verschiedenen<br />
Fahrbahnzuständen, z.B. auf nasser Fahrbahn<br />
demonstriert.<br />
Grundsätzlich ist es möglich und wünschenswert, dass<br />
Einzelheiten und Korrekturen im Ablauf unter denen, die<br />
die Aktion durchführen (Klassenleiter/-in, Lehrer/-in für
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> oder Schulbeauftragte(r)/Fachberater/in<br />
für <strong>Verkehrserziehung</strong> und Moderator/in des ADAC), abgesprochen<br />
werden.<br />
■<br />
Auswertung<br />
Die gesehenen und erlebten Beispiele werden an Ort und<br />
Stelle einschließlich der Messergebnisse ausgewertet und<br />
erörtert: Von den Schülerinnen und Schülern sollen das<br />
Reaktionsvermögen, der Bremsweg, die Bremsspur, der<br />
Anhalteweg, die Reaktionszeit und die Geschwindigkeit<br />
in Beziehung gesetzt, erläutert und die Konsequenzen<br />
für das Verhalten z.B. an Fußgängerüberwegen genannt<br />
werden. Dieser ersten Auswertung sollte in aller Regel<br />
eine Nacharbeit im Verkehrsunterricht der Schule folgen.<br />
Hierfür wird bei der Aktion dem/der Klassenlehrer/in<br />
Übungsmaterial ausgehändigt.<br />
■<br />
Organisation<br />
Zielgruppen sind Schülerinnen und Schüler ab 5.<br />
Schuljahrgang aller Schulen, der Zeitbedarf entspricht 2<br />
Schulstunden also 1 1 /2 Stunden für eine Klasse.<br />
Parkplätze oder Privatstraßen, die durch eine vollständige<br />
Absperrung zu „nichtöffentlichen Flächen“ werden<br />
(z.B. Parkplätze vor Sportanlagen, Schwimmbädern,<br />
Einkaufszentren), werden mit der Verkehrsbehörde vereinbart.<br />
Mindestmaße der asphaltierten Fläche: ca. 100 x 5 m.<br />
Pro Veranstaltung wird ein(e) Moderator/in vom ADAC<br />
Hessen/Thüringen gestellt, der/die zuvor für die Aktion<br />
entsprechend ausgebildet wurde. Hierzu kommen: Der/die<br />
Klassenlehrer/in oder der/die Lehrer/in für <strong>Verkehrserziehung</strong><br />
in der Klasse außerdem nach Möglichkeit auch ein(e)<br />
Verkehrserzieher/in der Polizei. Das benötigte Material für<br />
die Aktion wird vom ADAC gestellt.<br />
Zeit- und Rahmenplanung<br />
Das dargestellte Angebot gilt jährlich für die Monate März<br />
und November. Die Terminabsprache erfolgt direkt zwischen<br />
Schule und ADAC. Die Schulen organisieren bzw.<br />
bereiten vor:<br />
4eine<br />
geeignete Fläche zur Durchführung (vgl. 4.3),<br />
4die<br />
Bekanntgabe der Straßen- oder Platzsperrung für die<br />
Anwohner,<br />
4die<br />
Bitte an die Feuerwehr, die Fahrbahn wunschgemäß<br />
zu bewässern,<br />
4die<br />
Benachrichtigung der Polizei und Verkehrsbehörde<br />
(Gemeinde).<br />
Freiwilliges Angebot<br />
Bei der dargestellten Aktion handelt es sich um ein freiwilliges<br />
Angebot, d.h. die Teilnahme der Schulen ab Klasse 5 ist<br />
von der Entscheidung des Schulleiters/der Schulleiterin und<br />
der zu beteiligenden Gremien abhängig. Wenn die genannte<br />
personelle Begleitung und Betreuung gewährleistet ist, handelt<br />
es sich um eine Schulveranstaltung auch im versicherungsrechtlichen<br />
Sinne.<br />
In aller Regel (Ausnahme: Projekttage und -wochen) ist<br />
die Aktion so durchzuführen, dass regulär geplanter und<br />
durchführbarer Unterricht nicht ausfällt, also ggf. auch an<br />
Nachmittagen.<br />
■<br />
Ansprechpartnerin<br />
ADAC Hessen-Thüringen e.V.<br />
Frau Inge Mang<br />
Tel.: 069-6607-8404<br />
Lyoner Str. 22<br />
60528 Frankfurt am Main<br />
E-Mail: Inge.Mang@hth.adac.de<br />
27
Kernstück des RiSk-Projektes sind Aktionstage an beruflichen<br />
Schulen, in denen Schülerinnen und Schüler, die<br />
bereits einen Führerschein haben oder kurz davor sind,<br />
die persönliche und emotionale Seite des Autofahrens und<br />
das eigene Risikoverhalten im Straßenverkehr hinterfragen.<br />
Ausgehend von der Erkenntnis, dass nicht Wissen vor<br />
Unfällen schützt, sondern eine tragfähige innere Haltung<br />
beim Fahren, konzentriert sich dieses Projekt ganz auf<br />
die Seite der Motivation der Fahranfängerinnen und<br />
Fahranfänger wie auch der Mitfahrerinnen und Mitfahrer.<br />
Das allgemein vorhandene Wissen um die Risiken wird durch<br />
die Diskussion von typischen Dilemmata in potenziellen<br />
Gefahrensituationen, das begleitete Fahren mit Schülerinnen<br />
und Schülern sowie eine Auswertungsrunde ins Bewusstsein<br />
geholt und emotional vertieft. In den Diskussionen, die ohne<br />
Druck und Belehrung stattfi nden, entsteht immer wieder<br />
ein intensiver Austausch zwischen den Schülerinnen und<br />
Schülern, wie auch tatsächliche Anteilnahme an den erstaunlich<br />
zahlreichen Schilderungen von schweren Unfällen aus<br />
dem Erfahrungsbereich der Jugendlichen.<br />
Das Ziel dieser Sensibilisierung ist, ein risikobewussteres,<br />
sicheres Fahrverhalten bei den Schülerinnen und Schülern<br />
28<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Risiken im Straßenverkehr kommunizieren<br />
– Aktion RiSk am Studienseminar<br />
Seit November 2004 ist das Studienseminar für berufl iche Schulen<br />
in Kassel mit Außenstelle in Fulda und seinen assoziierten Ausbildungsschulen<br />
Kooperationspartner des Projektes RiSk - „Risiken im<br />
Straßenverkehr kommunizieren“. Ziel dieses Projektes ist die Senkung<br />
des Risikos von Verkehrsunfällen durch eine Beeinfl ussung der Risikodisposition<br />
jugendlicher Fahranfänger – in diesem Fall konzentriert<br />
auf Schülerinnen und Schüler der Berufsschulklassen. Weitere Partner<br />
dieses Projektes sind ADAC, ACE, AvD, ADFC, VCD, Unfallkasse Hessen,<br />
Landesverkehrswacht Hessen und Landesverband Hessischer Fahrlehrer<br />
e.V.<br />
auf der Basis emotionalen Bewusstseins anzubahnen, das im<br />
System des Lebensraums Schule integriert ist. Letztendlich<br />
hoffen wir langfristig, eine Senkung der Unfallquoten der<br />
Fahranfängerinnen und Fahranfänger an berufl ichen Schulen<br />
zu erzielen.<br />
Unser Engagement richtet sich auf schulischer Ebene in erster<br />
Linie an Schülerinnen und Schüler, die die Teilzeitschulformen<br />
an Ausbildungsschulen des Studienseminars für berufliche<br />
Schulen besuchen, inzwischen liegen auch positive<br />
Erfahrungen mit Vollzeitschulformen vor.<br />
In gemeinsamer Verantwortung bilden wir Lehrkräfte<br />
im Vorbereitungsdienst (LiV) in Gesprächsführung und<br />
Moderationstechniken aus. Hierzu fand bisher zweimalig eine<br />
von den Projektpartnern mitfi nanzierte Blockveranstaltung<br />
in Weilburg statt, an der auch die Studienseminare für berufl<br />
iche Schulen in Gießen und Darmstadt beteiligt waren.<br />
Die weitere Ausbildung und Begleitung der zu Moderatoren<br />
ausgebildeten LiV fi ndet in Seminarveranstaltungen statt.<br />
Bisher fanden an zahlreichen Schulen in Kassel und<br />
Umgebung Aktionstage statt, zuletzt in Fritzlar und Korbach,
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
im Juli auch in Bad Hersfeld, Witzenhausen und Eschwege.<br />
Geplant sind weitere Projekte zur Verkehrssicherheitsarbeit<br />
und die stärkere Einbindung der Lehrkräfte an den<br />
berufl ichen Schulen im Bereich der Fortbildung, um die<br />
Nachhaltigkeit der Aktion zu sichern.<br />
Unsere Konzepte der Moderatorenausbildung und der<br />
Aktionstage an den Ausbildungsschulen haben sich bisher<br />
grundsätzlich bewährt und werden kontinuierlich im Prozess<br />
bearbeitet. Im Verlauf der Durchführung haben die Lehrkräfte<br />
im Vorbereitungsdienst nach einer Grundausbildung<br />
in Gesprächs- und Moderationstechniken, nach ersten<br />
Erfahrungen der Umsetzung an Aktionstagen und der<br />
Anwendung der Gesprächstechniken im eigenen Unterricht,<br />
ihrer Selbsteinschätzung nach weiteren Trainings- und<br />
Unterstützungsbedarf, insbesondere individuelle Coaching-<br />
und Beratungsangebote zur eigenen Weiterentwicklung eingefordert.<br />
Für die LiV wird dies in Form von unbewerteten<br />
Wahlpfl ichtmodulen umgesetzt, die durch die Neuordnung<br />
der Lehrerbildung möglich wurden. Im Rahmen des modularisierten<br />
Ausbildungskonzeptes haben wir in diesem<br />
Sinne Angebote im seminarinternen Wahlpfl ichtbereich<br />
zur Gesprächsführung sowie zu Moderationstechniken und<br />
Beratung als Grund- und Aufbaumodule integriert und die<br />
Aktion RiSk in unserem Seminarausbildungskonzept als<br />
Regelangebot verankert. Für uns sind diese Angebote im<br />
Rahmen des RiSk-Konzeptes Teil unseres Anliegens, den<br />
Gedanken von Schule & Gesundheit möglichst vielfältig in<br />
unserem Seminar umzusetzen.<br />
Im Bereich der Seminarentwicklung erfahren wir durch das<br />
Engagement und die Arbeit im Bereich der Verkehrssicherheit<br />
eine förderliche Stärkung unserer Identität im Entstehen von<br />
Gemeinschaftsgefühl durch die im Team von Ausbilderinnen,<br />
Ausbildern, Lehrerinnen und Lehrern im Vorbereitungsdienst<br />
geplante Durchführung, die Vor- und Nachbereitung von<br />
Aktionstagen zur Verkehrssicherheit in einem gemeinsam<br />
verantworteten Lernprozess.<br />
Unsere Vision ist der Einsatz von ausgebildeten<br />
Moderatorinnen und Moderatoren als Multiplikatoren und<br />
die Durchführung von Aktionstagen an Ausbildungsschulen<br />
in der Fläche. Eine hohe Akzeptanz dieses Projektes ist bei<br />
den Bildungseinrichtungen vorhanden.<br />
Diese Angebote für die LiV sind grundsätzlich aufgrund der<br />
neuen Stellung der Studienseminare in der Lehrerbildung<br />
auch für den Fortbildungsbereich geöffnet.<br />
Inwieweit das Angebot auf den gymnasialen Bereich (Sek<br />
II) übertragen werden kann, muss noch geklärt werden. Im<br />
Rahmen der neuen Möglichkeit zur Teilzertifi zierung im<br />
Bereich Sicherheit und Verkehr ist dieses Konzept für die<br />
gymnasiale Oberstufe interessant.<br />
■<br />
Ansprechpartner<br />
Verantwortliche für die Aktion RiSk am Studienseminar für<br />
berufl iche Schulen in Kassel:<br />
H. Hagelüken<br />
Seminarleiterin<br />
E-Mail: h.hagelüken@afl .hessen.de<br />
H. Kaufmann<br />
E-Mail: Horst_Kaufmann@t-online.de<br />
Dr. F. Starke<br />
E-Mail: frank.joachim.starke@web.de<br />
29
Alkohol und Drogen<br />
im Straßenverkehr<br />
Alkoholbedingte Auffälligkeiten im Straßenverkehr sind<br />
nach wie vor der häufi gste Grund zur Teilnahme an einer<br />
medizinisch-psychologischen Untersuchung. Mit Abstand<br />
folgt auf Platz zwei die Gruppe der unter Drogeneinfl uss<br />
am Straßenverkehr Teilnehmenden, so die Bundesanstalt<br />
für Straßenwesen (BASt).<br />
Vergleicht man die Statistik<br />
der letzten Jahre, so lässt sich<br />
ein leichter Abwärtstrend bei<br />
Alkoholauffälligkeiten beobachten.<br />
Die Auffälligkeiten<br />
im Zusammenhang mit<br />
Drogen hingegen wiesen<br />
eine starke Zunahme auf.<br />
Dies lässt sich einerseits<br />
darauf zurückführen, dass<br />
die Polizei heute über gute<br />
Testmöglichkeiten verfügt.<br />
Noch vor wenigen Jahren musste ein Drogensünder kaum<br />
eine Ahndung befürchten. Mittlerweile lässt sich anhand<br />
eines Drugwipe-Tests innerhalb von nur 5 Minuten feststellen,<br />
welche Drogen bzw. Drogenkombinationen ein<br />
Fahrer genommen hat. Lediglich etwas Schweiß z.B. von<br />
30<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
der Stirn reicht für diesen Test aus. War der Test positiv,<br />
folgt eine Blutanalyse, die genaue Daten über die Menge<br />
und den Zeitpunkt des Konsums liefert. Außerdem dient<br />
die Blutanalyse als rechtsmittelfähiger Beweis. Ein weiterer<br />
Grund für den Anstieg liegt darin, dass die Polizei zunehmend<br />
Jugendliche in den<br />
Überwachungsfokus nimmt.<br />
Handelt es sich bei den alkoholisierten<br />
Autofahrern<br />
hauptsächlich um die<br />
Altersgruppe 40+, so sind<br />
die Konsumenten von illegalen<br />
Drogen wesentlich jünger,<br />
Tendenz fallend. Nach<br />
einer Untersuchung des<br />
Drogenreferats Frankfurt<br />
mit 1500 Frankfurter<br />
Schülerinnen und Schülern<br />
im Jahre 2005 gaben 38 Prozent der Jugendlichen an, mindestens<br />
einmal Haschisch geraucht zu haben. 24 Prozent der<br />
Zehn- bis Zwölftklässler hatten im Laufe des vergangenen<br />
Jahres Cannabis konsumiert, 12 Prozent innerhalb des<br />
letzten Monats. Jede fünfte Schülerin oder Schüler war
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
beim Erstkonsum dreizehn<br />
Jahre alt oder jünger.<br />
Erstaunlich ist das Ausmaß<br />
der Uninformiertheit. Sechs<br />
Prozent der Jugendlichen<br />
wussten nicht, dass Cannabis<br />
eine illegale Droge ist, 8 Prozent waren unschlüssig. Im<br />
Gegensatz zu Alkohol hat Cannabis bei jungen Menschen<br />
ein viel positiveres Image. Sie ist die am weitesten verbreitete<br />
und am häufi gsten konsumierte illegale Droge.<br />
Berufsschülerinnen und -schüler neigen zu häufi gerem und<br />
intensiverem Konsum als Schüler an Allgemeinbildenden<br />
Schulen. War man vor 35 Jahren aufgrund einer Studie der<br />
Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch der Meinung,<br />
dass Cannabis bei mäßigem Konsum weder körperlich abhängig<br />
mache noch geistige oder psychische Schäden verursachen<br />
könne, so hat sich diese Einschätzung im Laufe der<br />
Jahrzehnte relativiert.<br />
■<br />
Rechtliche Konsequenzen bei Alkohol am Steuer<br />
Kennzeichen der aktuellen<br />
Drogenpolitik ist,<br />
die Risiken des Cannabis-<br />
Gebrauchs nicht zu unterschätzen.<br />
Sprach man noch<br />
Anfang der 70er Jahre von<br />
einer Aussteigerdroge für einen kleinen Personenkreis,<br />
so spricht man heute von einer Alltagsdroge. Allein in<br />
Deutschland schätzt man, dass ca. 3,4 Millionen Personen<br />
jährlich zu den Konsumenten zählen und etwa 400 000<br />
davon wenden sie missbräuchlich an, sprich sind abhängig.<br />
Etwa ein Drittel aller Konsumenten nehmen<br />
Rauschgift häufi g (täglich) und vielfach in Kombination<br />
mit Alkohol oder anderen psychoaktiven Substanzen. Die<br />
Folgen des Gebrauchs umfassen Konzentrations- und<br />
Gedächtnisstörungen, Verlangsamung der Reaktionsgeschwindigkeit,<br />
Beeinträchtigung des Urteilsvermögens. Es besteht<br />
ein hohes Risiko für den Konsumenten in Depressionen und<br />
Blutalkoholkonzentration bei Fahrsicherheit bei Fahrunsicherheit bei Unfall<br />
ab 0,3‰ keine Führerscheinentzug<br />
7 Punkte<br />
Geld- oder Freiheitsstrafe<br />
ab 0,5‰ 4 Punkte<br />
Fahrverbot bis<br />
3 Monate<br />
ab 1,1‰ Führerscheinentzug<br />
7 Punkte<br />
Geld- oder Freiheitsstrafe<br />
Führerscheinentzug<br />
7 Punkte<br />
Geld- oder Freiheitsstrafe<br />
Führerscheinentzug<br />
7 Punkte<br />
Geld- oder Freiheitsstrafe<br />
Führerscheinentzug<br />
7 Punkte<br />
Geld- oder Freiheitsstrafe<br />
Schadenersatz, Schmerzensgeld,<br />
evtl. Rente an<br />
Opfer<br />
Führerscheinentzug<br />
7 Punkte<br />
Geld- oder Freiheitsstrafe<br />
Schadenersatz, Schmerzensgeld,<br />
evtl. Rente an<br />
Opfer<br />
Führerscheinentzug<br />
7 Punkte<br />
Geld- oder Freiheitsstrafe<br />
Schadenersatz, Schmerzensgeld,<br />
evtl. Rente an<br />
Opfer<br />
31
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Phobien abzugleiten. Bei jungen Menschen, die einen körperlichen<br />
und psychischen Reifungsprozess durchlaufen,<br />
lässt sich feststellen, dass sich Abhängigkeiten schneller als<br />
bei Erwachsenen einstellen und die Schäden größer sind<br />
– bei manchen von ihnen sind die psychischen und affektiven<br />
Schäden so schwerwiegend, dass nur noch eine psychiatrische<br />
Behandlung helfen kann. Eine Übersicht über die<br />
Wirkungsweise verschiedener illegaler Drogen ist auf der<br />
Internetseite www.checkwerfaehrt.de zu fi nden.<br />
Darüber hinaus verschlechtern Jugendliche Drogenkonsumenten<br />
ihre Chancen bei der Lehrstellensuche. Der Anteil<br />
der Ausbildungsbetriebe, die einen freiwilligen Drogentest<br />
im Zusammenhang einer Bewerbung verlangen, nimmt<br />
stetig zu. Die meisten Jugendlichen wissen zwar, welche<br />
Rechtsfolgen es hat, wenn sie alkoholisiert hinterm Steuer<br />
erwischt werden. Über die Konsequenzen, die es für ihre<br />
Zukunft haben kann, wenn sie einmal mit illegalen Drogen<br />
erwischt werden sind sie in der Regel nicht informiert.<br />
■<br />
32<br />
Rechtliche Konsequenzen bei Drogen am<br />
Steuer<br />
Nach den §§ 29 ff. des Betäubungsmittelgesetzes ist grundsätzlich<br />
jeder Umgang mit Drogen strafbar. Bei geringen<br />
Mengen und wenn keine Fremdgefährdung (z.B. auf<br />
dem Schulhof) vorliegt, kann die Staatsanwaltschaft das<br />
Verfahren einstellen. In Hessen gilt derzeit:<br />
4bis<br />
6g: Grundsätzlich keine Strafverfolgung<br />
46g<br />
bis 15g: Strafverfolgung möglich, vor allem im<br />
Wiederholungsfall<br />
4ab<br />
15g: Strafverfolgung<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Selbst wenn ein Strafverfahren eingestellt wurde, geht eine<br />
Meldung an die Führerscheinstelle. Für Führerscheininhaber<br />
gilt dann:<br />
Nach § 24 a Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ist das<br />
Fahren unter Drogeneinfl uss grundsätzlich verboten. Wer es<br />
dennoch tut, begeht eine Ordnungswidrigkeit (Bußgeld bis<br />
1500€, Fahrverbot von 1 bis 3 Monaten und 4 Punkte in<br />
Flensburg). Wenn zudem Anzeichen vor Fahruntüchtigkeit<br />
vorliegen, droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe<br />
bis zu 5 Jahren (§§ 315 c / 316 StGB) und 7 Punkte in<br />
Flensburg.<br />
Weitere Folgen:<br />
4Entzug<br />
der Fahrerlaubnis<br />
4medizinisch-psychologische<br />
Untersuchung(en)<br />
4Geld-<br />
oder Freiheitsstrafe<br />
47<br />
Punkte in Flensburg<br />
4Eingeschränkte<br />
Versicherungsleistungen (Vollkasko<br />
zahlt nicht, die Kfz-Haftpfl ichtversicherung kann bis zu<br />
5000€ beim Unfallverursacher in Regress nehmen)<br />
Es können auf den jugendlichen Fahrer und Fahrerinnen ungeahnte<br />
Kosten zu kommen. Nach Bezahlung des Bußgeldes<br />
und der Geldstrafe (ca. 250 bis 850€) erfolgt bei Entzug der<br />
Fahrerlaubnis die MPU und mehrere Drogen-Screenings<br />
zum Beweis, dass die Drogenprobleme beseitigt sind (ca.<br />
500€ für eine MPU und ca. 900€ zu ihrer Vorbereitung, ca.<br />
140€ für ein Screening). Bei einer Durchfallquote von ca.<br />
60% muss der Betroffene unter Umstand mehrfach antreten.<br />
Da können für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis<br />
schnell mehrere tausend Euro zusammenkommen. Für<br />
Schülerinnen, Schüler und Auszubildende ist dies ein teures<br />
und langwieriges Unterfangen. Bis zur Wiedererlangung der
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Alle Drogen<br />
setzen die<br />
Verkehrstüchtigkeit<br />
herab<br />
Drogen haben keinen<br />
besonderen Einfluss<br />
auf die<br />
Verkehrstüchtigkeit<br />
Statements der Vier-Ecken-Konferenz<br />
Nur Alkohol und<br />
Beruhigungsmittel<br />
verringern die<br />
Verkehrstüchtigkeit<br />
Drogen,<br />
die anregen und<br />
aufputschen<br />
verbessern auch die<br />
Verkehrstüchtigkeit<br />
Fahrerlaubnis können mehrere Jahre vergehen. Im ungünstigsten<br />
Fall kann sie ganz ausbleiben, wenn der Nachweis<br />
einer dauerhaften Abstinenz von Drogen nicht gelingt. Dies<br />
gilt ebenso für Alkohol.<br />
Da für junge Menschen die Mobilität einen sehr hohen<br />
Stellenwert hat, ist der Führerscheinentzug nicht<br />
nur sehr schmerzhaft sondern schafft weitere Probleme.<br />
Schülerinnen und Schüler aus ländlichen Gegenden können<br />
eventuell die Schule oder den Arbeitsplatz schlecht erreichen.<br />
Das gleich gilt, wenn sich der Arbeitsplatz auf der<br />
Grünen Wiese befi ndet. In vielen Branchen ist der Besitz<br />
einer Fahrerlaubnis Einstellungsvoraussetzung oder unerlässlich<br />
zur Berufsausübung, so dass der Verlust auch den<br />
Arbeitsplatz kosten kann. In fast jeder Berufsschulklasse mit<br />
Führerscheininhabern fi nden sich Schüler und Schülerinnen,<br />
die einen Entzug der Fahrerlaubnis zu beklagen haben.<br />
Im Interesse der Schülerinnen und Schüler ist es dringend geboten,<br />
dieses Thema zum Unterrichtsgegenstand zu machen.<br />
Als Anknüpfungspunkt kann nach einer Einführung in das<br />
Thema zu Beginn der Unterrichtsstunde ein Zeitungsartikel<br />
dienen, um den Schülern die Wichtigkeit zu verdeutlichen<br />
und eine persönliche Anteilnahme und Betroffenheit auszulösen.<br />
Im Anschluss bietet sich eine „Vier-Ecken-Konferenz“<br />
an: Vier Statements werden auf Plakaten jeweils einer Ecke<br />
des Raumes zugeordnet.<br />
Die Jugendlichen begeben sich in die Ecke, deren Standpunkt<br />
ihrer eigenen Meinung nahe kommt. Die Gruppen erhalten<br />
folgende Aufgaben:<br />
1. Sie tauschen Motive und Erfahrungen aus, die ihre Wahl<br />
bestimmt haben.<br />
2. Sie stellen fest, welche Motive und Erfahrungen allen<br />
gemeinsam sind. Die wichtigsten werden schriftlich<br />
festgehalten.<br />
Die „Vier-Ecken-Konferenz“ dient dazu sich ein Bild<br />
vom Informationsstand zu machen und ein Meinungsbild<br />
herzustellen. Anschließend wird ein Fallbeispiel eines<br />
Jugendlichen konstruiert, der in eine Verkehrskontrolle gerät.<br />
Die Schüler und Schülerinnen überlegen, was weiter<br />
passiert.<br />
Für einen weitergehenden Einstieg sind die folgenden<br />
Unterrichtseinheiten zu empfehlen:<br />
4Drogen<br />
und Medikamente im Straßenverkehr –<br />
Unterrichtseinheit für Gymnasien und Berufsschulen<br />
Fachstelle Prävention (Mechthild Reith) im Verein<br />
Arbeits- und Erziehungshilfe e.V.<br />
E-Mail: praevention@vae-ev.de<br />
4don’t<br />
drug and drive – Unterrichtsleitfaden<br />
www.dont-drug-and-drive.de<br />
■<br />
Autor<br />
Donald Karg<br />
Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> beim Staatlichen<br />
Schulamt Frankfurt und Mitglied der Arbeitsgruppe<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> beim Kultusministerium<br />
u<br />
www.checkwerfaehrt.de<br />
33
Im Jahr 2004 rückte die Weltgesundheitsorganisation unter<br />
dem Motto „Road safety is no accident“ Fragen der<br />
Verkehrssicherheit in den Blickpunkt. Sie machte darauf<br />
aufmerksam, dass Straßenverkehrsunfälle weltweit<br />
die Hauptursache für Unfälle mit Todesfolge sind. Das<br />
Statistische Bundesamt belegt, dass in Deutschland mit<br />
seit vielen Jahren gleich bleibender Tendenz die jungen<br />
Fahranfängerinnen und Fahranfänger weit überproportional<br />
von Verkehrsunfällen betroffen sind. Das Risiko<br />
der Altersgruppe der 17- bis 24-jährigen Benutzerinnen<br />
und Benutzer von Pkw oder Motorrad, bei einem Unfall<br />
getötet oder verletzt zu werden, ist im Vergleich zur<br />
Gesamtbevölkerung fast dreimal so hoch. Junge Männer<br />
sind auffällig gefährdeter als junge Frauen, diese verunglücken<br />
häufi ger als Mitfahrerinnen. Junge Menschen<br />
mit dem höchsten Unfallrisiko trifft man in keinem anderen<br />
Bereich in so großer Zahl wie in den Lerngruppen bestimmter<br />
Ausbildungsberufe in der Teilzeitberufsschule<br />
(Auszubildende im dualen System) bzw. in den Angeboten<br />
der berufl ichen Schulen für junge Menschen ohne<br />
Schulabschluss und ohne Ausbildungsplatz.<br />
34<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Risiken im Straßenverkehr kommunizieren (RiSk)<br />
Moderatorenausbildung am Beispiel des Studienseminars für berufl iche Schulen in Gießen (von Ulrich Kohl)<br />
Ausgehend von der Erkenntnis, dass Verkehrsverhalten nur zu<br />
einem Teil vernunftgesteuert ist, befasst sich das Pilotprojekt<br />
„Risiken im Straßenverkehr kommunizieren“ (RiSk) hauptsächlich<br />
mit psychischen und sozialen Determinanten<br />
des Verkehrsverhaltens. In geeigneten pädagogischen<br />
Arrangements werden durch entsprechende kommunikative<br />
Steuerung affektive und psychosoziale Hintergründe<br />
bewusst und in der Gruppe besprechbar. Das RiSk-Projekt<br />
wird von zahlreichen Partnern der Verkehrssicherheit, der<br />
öffentlichen Unfallversicherung und hessischen Ministerien<br />
unterstützt.<br />
■<br />
Die Konzeption<br />
In von Moderatoren geleiteten Gruppendiskussionen sollen<br />
junge Fahranfängerinnen und Fahranfänger selbst<br />
Lösungsstrategien für alltägliche Dilemma-Situationen entdecken<br />
und begründend artikulieren und somit für die selbstkritisch<br />
refl exive Betrachtung des eigenen Fahrverhaltens<br />
sensibilisiert werden. Das Erzeugen von Problembewusstsein,<br />
Problemsensibilisierung und persönlicher Betroffenheit steht<br />
im Mittelpunkt.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Im fahrpraktischen Teil der Schulung haben die<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Führerschein die<br />
Möglichkeit, einen Fahrschulwagen ca. 30 Minuten zu fahren.<br />
Sie werden auf der Fahrt von einer Fahrschullehrerin<br />
oder einem Fahrschullehrer sowie von mitfahrenden<br />
Mitschülerinnen und -schülern begleitet, beobachtet und<br />
wahrgenommen. Es schließt sich eine Diskussion darüber<br />
an, wie die verschiedenen Fahrstile auf die Mitfahrenden<br />
„gewirkt“ haben und welche Sicherheits- aber auch welche<br />
Gefährdungspotentiale von den Beteiligten darin gesehen<br />
werden. Eingebunden wird in diese Diskussion auch die<br />
Selbstwahrnehmung und -einschätzung der Fahrerin bzw.<br />
des Fahrers.<br />
Für die Moderatorenausbildung besonders geeignet erscheinen<br />
Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiV), die im Rahmen<br />
ihrer Ausbildung dadurch eine zusätzliche Qualifi kation in<br />
professioneller Gesprächsführung erhalten und innerhalb des<br />
modularisierten Vorbereitungsdienstes den pädagogischen<br />
Umgang mit der <strong>Verkehrserziehung</strong> praktizieren (exemplarisch<br />
für viele andere Bereiche von Präventionserziehung).<br />
■ RiSk als Seminarbeitrag zur Initiative<br />
„Schule & Gesundheit“<br />
Die Moderatorenausbildung am Gießener Studienseminar<br />
für berufl iche Schulen ist eingebettet in die Aktivitäten<br />
zur Initiative „Schule & Gesundheit“ des Hessischen<br />
Kultusministeriums. Die Leitziele des Seminars fordern unter<br />
anderem eine nachhaltige Gesundheitsförderung. Dies betrifft<br />
zum einen den seminarinternen Bereich, zum anderen<br />
aber auch die Vorbereitung der zukünftigen Lehrerinnen und<br />
Lehrer auf unterrichtliche und organisatorische Umsetzung<br />
mit und für Schüler und Schülerinnen in den berufl ichen<br />
Schulen, in denen sie während ihrer Ausbildung oder im<br />
späteren Berufsleben unterrichten. Die ausgebildeten jungen<br />
Berufsschullehrkräfte (Moderatoren) können sowohl<br />
mit eigenen Lerngruppen über einen längeren Zeitraum als<br />
auch mit fremden Lerngruppen RiSk-Projekte durchführen.<br />
Dem RiSk-Projekt wird dann Erfolg beschieden sein, wenn<br />
die Moderatorenausbildung kontinuierlich angeboten und<br />
das Angebot von Schulen auch nachgefragt wird. In diesem<br />
Sinne hat das Studienseminar für berufl iche Schulen<br />
in Gießen in enger Zusammenarbeit mit der Theoder-Litt-<br />
Schule in Gießen zu einer konstituierenden Sitzung eingeladen,<br />
um die Durchführung von RiSk-Projekten an geeigneten<br />
Schulen in der gesamten Stadtregion anzuregen und<br />
zu vernetzen. Dies erfolgt als Einstieg in eine Phase zur<br />
Erzeugung einer fl ächendeckenden Nachhaltigkeit, nachdem<br />
bereits erfolgreich Pilotprojekte in Gießen und auch<br />
in Dillenburg (zusammen mit den dortigen Gewerblichen<br />
Schulen des Lahn-Dill-Kreises) stattgefunden haben.<br />
■<br />
Ausbildungscurriculare Bedeutung und<br />
Anbindung des RiSk-Projektes<br />
Bei der Ausgestaltung und Erfüllung der im Hessischen<br />
Schulgesetz festgeschriebenen Aufgabenfelder Unterrichten,<br />
Erziehen, Beraten und Betreuen stellt im Bereich der berufl<br />
ichen Schule die Erziehungsaufgabe besonders hohe<br />
Anforderungen an die Lehrkräfte. Erziehungsarbeit muss in<br />
diesem Bereich der Erwachsenenbildung auf einen durch Beratung<br />
und Betreuung sowie Begleitung unterstützten Selbstentwicklungsprozess<br />
abzielen, in dem auch ausreichend Zeit<br />
und Raum für Selbstbeobachtung und Refl exion gegeben<br />
wird. Ziel der Arbeit ist es in erster Linie, für das Leben in<br />
der Gemeinschaft „fi t zu machen“, indem die individuelle<br />
Verantwortung bewusst und handelnd umsetzbar wird. Dies<br />
kann besonders dadurch erfolgen, dass der/die Einzelne mit<br />
den Gefahren und Verlockungen unsozialen Verhaltens, das<br />
vielleicht für den Moment Vorteile verspricht, bewusst und<br />
verantwortungsvoll umgehen kann. Diese Intention ist konzeptionell<br />
am ehesten durch eine Präventionserziehung zu erreichen,<br />
die verschiedene Brennpunkte in Aufgabenbereichen<br />
der Erziehungsarbeit in berufl ichen Schulen bedenkt (Drogen,<br />
Gewalt, Diskriminierung, Verhalten im Straßenverkehr, problematisches<br />
Gesundheitsverhalten, …). Schülerinnen und<br />
Schüler berufl icher Schulen müssen befähigt werden, ihr<br />
Verhalten bewusst und sozialverantwortlich zu gestalten<br />
und Konfl iktpotentialen refl ektiert begegnen zu können. Um<br />
35
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
dies leisten zu können, müssen Lehrkräfte insbesondere<br />
über kommunikative Kompetenzen verfügen, die die oben<br />
beschriebenen Prozesse in Gang setzen.<br />
Die RiSk-Moderatorenausbildung ist im Studienseminar für<br />
berufl iche Schulen in Gießen an die Ausbildungs-Module<br />
„Kommunikation unter besonderer Berücksichtigung von<br />
Präsentation“ und „Schule mitgestalten und entwickeln“ angebunden.<br />
Sie bietet die Möglichkeit, erziehungsrelevante<br />
kommunikative Kompetenzen am Beispiel einer Erziehung<br />
der Schülerinnen und Schüler als „Fahranfänger“ zu gefahrenpräventivem<br />
Verkehrsverhalten zu „trainieren“. Die<br />
so erlangte Qualifi zierung der Lehrkräfte ist grundsätzlich<br />
in vielen „Erziehungssituationen“ im Alltag berufl icher<br />
Schulen einsetzbar.<br />
36<br />
■<br />
Kontakte<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Studienseminar für berufl iche Schulen Gießen<br />
Schubertstr. 60 (Haus 15)<br />
35392 Gießen<br />
Tel.: 0641/4800-370<br />
sts-bs-gi@afl .hessen.de<br />
Gunter Krieg (Koordinator der am RiSk-Projekt beteiligten<br />
Studienseminare)<br />
gupiakrieg@yahoo.de<br />
Kurt Bernecker (Seminarleiter)<br />
k.bernecker@afl .hessen.de<br />
Ulrich Kohl (RiSk-Beauftragter)<br />
ulrichkohl.de@gmx.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Radfahren und Schule<br />
Wie bringen wir das kleinste Blatt der Blüte zur Entfaltung?<br />
Es hat den Vorstand des Allgemeinen Fahrrad-Clubs Hessen<br />
(ADFC) sehr gefreut, dass dem Verband die Möglichkeit<br />
eingeräumt wird, für diese Ausgabe der Netzwerkzeitung<br />
einen Beitrag zu leisten.<br />
Wir sind ein Verband, der es sich zur Aufgabe gemacht hat,<br />
den Radverkehr zu fördern. Dazu befassen wir uns unter anderem<br />
mit:<br />
4Radtourismus<br />
(Radfernwegenetz, Unterkünfte für Radler:<br />
Bett & Bike, Mitnahme von Rädern bei der Bahn)<br />
4Verkehrspolitik,<br />
Ausbau der Radinfrastruktur, Radwege,<br />
Fahrradstreifen, Wegweisung, Abstellplätze in Innenstädten<br />
und an Bahnhöfen,<br />
4Imageverbesserung<br />
des Radfahrens<br />
4Fahrradtechnik,<br />
wir beraten z.B. unsere Mitglieder über<br />
unsere Verbandszeitschrift<br />
4Zusammen<br />
mit der AOK haben wir die Kampagne „Mit<br />
dem Rad zur Arbeit“ initiiert.<br />
4<br />
-<br />
-<br />
Im Bereich Schule und Mobilitätserziehung:<br />
Mitarbeit bei der Aktion „Unsere Klasse im Verkehr“<br />
Teilnahme am Aktionsbündnis „Mehr Bewegung in<br />
die Schule“<br />
-<br />
Radfahrkurse für Erwachsene, die als Fahranfängerinnen<br />
und Fahranfänger oder nach langer Pause unsichere<br />
Fahrerinnen und Fahrer Hilfe brauchen, um sich<br />
im Straßenverkehr zurecht zu fi nden.<br />
Wir stehen für eine gesundheitsfördernde und umweltfreundliche<br />
Art der Fortbewegung und sehen uns dementsprechend<br />
als Verband, der sich für Umwelt und Gesundheit einsetzt.<br />
4„Radfahren<br />
gehört zu den gesündesten Sportarten überhaupt<br />
und hat zudem noch weitere Vorzüge. Radfahren<br />
ist deshalb so gesund, weil es eine ideale Kombination<br />
aus optimalem Trainingseffekt und geringem Verletzungsund<br />
Schädigungsrisiko bietet. Anders dagegen leider<br />
viele Spielsportarten wie Fußball oder Tennis. Hier zeigen<br />
die Verletzungsstatistiken ganz klar eine deutlich<br />
größere Gefährdung für den Körper der Sportlerin/des<br />
Sportlers und zudem einen geringeren Trainingseffekt.“<br />
Diese Ansicht vertritt Dr. Achim Schmitt vom Institut<br />
Natursport und Ökologie an der Sporthochschule Köln.<br />
Auch wenn es uns als Radfahrverband fern liegt, uns gegen<br />
andere Sportarten auszusprechen, so wird hier doch von<br />
37
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
neutraler Seite ein deutliches Zeugnis für den Radsport und<br />
das Radfahren abgelegt. 1<br />
Wir können es von unserem Ansatz her nur begrüßen, dass das<br />
Hessische Kultusministerium einen Arbeitsbereich „Schule<br />
& Gesundheit“ eingerichtet hat, um damit Gesundheit und<br />
Wohlbefi nden aller am Schulleben Beteiligten zu fördern.<br />
Und es erscheint uns passend und richtig, dass der Bereich<br />
der <strong>Verkehrserziehung</strong>, dem das Radfahren sicher auch zuzuordnen,<br />
ist zu den Blütenblättern der Blume gehört, die als<br />
Symbol für „Schule & Gesundheit“ stehen soll.<br />
Zu den Erkenntnissen der Sporthochschule Köln würde es<br />
passen, wenn dem Radfahren an Schulen ein breiter Raum<br />
eingeräumt würde. Es ist nicht nur eine der gesündesten<br />
Sportarten, die ein breites Spektrum zwischen Freizeit-<br />
Breiten- und Leistungssport abdeckt.<br />
Ebenso ist Radfahren eine umweltfreundliche, abgas- und<br />
lärmfreie, außerdem platzsparende Art der Fortbewegung<br />
und Mobilität.<br />
■<br />
38<br />
Fahrrad und Schule<br />
Ein Blick in die Schulen zeigt jedoch, dass das Radfahren,<br />
von Ausnahmen abgesehen, dort eine eher kümmerliche<br />
Rolle spielt.<br />
4Die<br />
Zahl der Kinder, die mit dem Rad zur Schule kommen,<br />
ist weit geringer als die der Nutzer des „Elterntaxis“.<br />
4Radausfl<br />
üge oder größere „Radevents“, Fahrradtage oder<br />
Veranstaltungen die das Radfahren in den Mittelpunkt<br />
stellen, sind eher die Ausnahme als die Regel.<br />
4Eine<br />
Suche nach Fortbildungsveranstaltungen auf dem<br />
hessischen Bildungsserver mit dem Thema Fahrrad<br />
führt zum gegenwärtigen Zeitpunkt (14.07.06) zu nur<br />
einem einzigen Treffer, einem ersten Angebot unseres<br />
Verbandes, Titel: „(M)eine Klasse fährt Rad“.<br />
1 ) Aus Fit und gesund mit dem Rad, herausgegeben von der Barmer<br />
Ersatzkasse, April 2006, S. 6<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
4Größter,<br />
vielleicht einziger Lichtblick ist die fl ächendeckend<br />
wirksame Arbeit der Jugendverkehrsschulen der<br />
Polizei im 4. Schuljahr.<br />
Doch ist es nicht unsere Sache zu klagen! Zur Vorbereitung<br />
auf diesen Artikel haben wir die Netzwerkzeitung 2004<br />
zum Thema „Ernährung, Bewegung und Entspannung“ gelesen.<br />
Ein Blick auf den Bildungsserver zeigt: Es gibt zu<br />
dieser Thematik aktuell rund 240 Fortbildungsangebote für<br />
Lehrkräfte in Hessen. Wenn diese Zahl ein Indikator für die<br />
Wirksamkeit des Arbeitsbereiches „Schule & Gesundheit“<br />
ist, dann sind wir voller Hoffnung, dass sich auch in dem<br />
von uns vertretenen Bereich etwas bewegen lässt.<br />
Wir sind uns klar, dass das Radfahren als Schulsport oder als<br />
Mobilitätsprogramm für Schülerinnen und Schüler sich nicht<br />
so einfach etablieren lässt wie z.B. eine Bewegungsschule,<br />
die auf Elemente des Yogas zurückgreift. Denn neben den<br />
geringen Gefahren, die vom Radfahren an sich ausgehen,<br />
stehen die Gefahren, die den jungen Fahrradnutzerninnen<br />
und Fahradnutzern in einem vom Automobil bestimmten<br />
Verkehr drohen.<br />
Wer das Radfahren an den Schulen als gesunden Sport<br />
stärker etablieren will, kann diesen Aspekt auf keinen Fall<br />
ausklammern. Betrachten wir also einmal so nahe wie<br />
möglich die Situation junger Verkehrsanfängerinnen und<br />
Verkehrsanfänger, um daraus geeignete Schlüsse zu ziehen:<br />
■<br />
Kinder auf dem Fahrrad<br />
Stellen wir uns ein Kind im 3. oder 4. Schuljahr vor, 9 Jahre<br />
alt. Es darf mit dem Rad noch auf dem Fußweg fahren<br />
– könnte aber, da es älter als 8 ist, auch schon die Straße<br />
benutzen. Dieses Kind will zur Schule fahren oder einen<br />
Freund besuchen und muss dazu eine vorfahrtsberechtigte<br />
Straße benutzen.<br />
Soll es die Fahrbahn benutzen oder den Bürgersteig?
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Eine Frage, die keinesfalls pauschal beantwortet werden<br />
kann. Wie weit ist die Fahrsicherheit dieses Kindes bereits<br />
entwickelt? Kann es ohne zu schwanken in gerader Linie ca.<br />
50 – 80 cm neben der Bordsteinkante fahren? Reagiert es<br />
verunsichert, wenn es ein parkendes Auto umfahren muss?<br />
Kann es aus Seitenstraßen einbiegende Autos rechtzeitig<br />
wahrnehmen und beharrt es in angemessener Weise bei<br />
gleichzeitiger Bremsbereitschaft auf seinem Vorfahrtsrecht?<br />
Nehmen wir an, dieses Kind ist sich seiner Sache nicht zu<br />
hundert Prozent sicher. In diesem Fall sollte es allenfalls in<br />
Begleitung Erwachsener die Fahrbahn benutzen.<br />
Wenigstens ein Erwachsener sollte etwas schräg versetzt<br />
hinter dem Kind fahren und ihm bei Bedarf Hinweise oder<br />
Hilfen geben, ideal wären hier zwei Personen, eine, die voraus<br />
fährt und angemessenes Verhalten vormacht, eine, die<br />
hinterher fährt und entsprechend ihren Beobachtungen korrigierend<br />
eingreift: „Fahr etwas weiter rechts!“ oder „Schau<br />
nach vorne!“.<br />
Lassen wir unser Kind auf dem Bürgersteig fahren, weil wir<br />
es noch für zu unsicher halten. Schon ergeben sich bei einer<br />
einfachen Einmündung zahlreiche Gefahren: Akzeptiert ein<br />
aus der Querstraße von rechts einbiegender Autofahrer das<br />
Vorfahrtsrecht des auf dem Bürgersteig fahrenden Kindes<br />
oder missachtet er es, weil er in Eile ist? Winkt er etwa dem<br />
verunsichert wirkenden Kind, vorbeizufahren, während<br />
vielleicht gleichzeitig ein plötzlich von links einbiegender<br />
Autofahrer das Kind übersieht?<br />
Das Fahren auf dem Bürgersteig trennt den Radfahrer und die<br />
Radfahrerin vom fl ießenden Verkehr und gibt ihm/ihr damit<br />
eine vorübergehende manchmal nur vermeintliche Sicherheit.<br />
An Kreuzungen oder Einmündungen kann diese Sicherheit<br />
leicht in ihr Gegenteil umschlagen. Einmündungen sind absolute<br />
Gefahrenpunkte für Radfahrerinnen und Radfahrer,<br />
denn bevor sie den Bordstein verlassen, waren sie oft gar<br />
nicht im Blickfeld der Autofahrerinnen und Autofahrer.<br />
Nicht weniger gefährlich kann das Befahren eines<br />
Bürgersteiges gegen die Fahrtrichtung der Straße sein. An<br />
jeder Einmündung, ja selbst Hofeinfahrt droht Gefahr von<br />
Autofahrern oder auch Fußgängern, die gewohnheitsmäßig<br />
zunächst nach links schauen und dann oft einfach losfahren<br />
oder –gehen.<br />
Auch das Auffahren auf eine Bordsteinkante will gelernt sein.<br />
Ist der Winkel zu spitz, ist ein Sturz gerade eines fahrunsicheren<br />
Kindes geradezu vorprogrammiert.<br />
■<br />
Ausweitung eines praxisorientierten<br />
Verkehrsunterrichts<br />
Wer die gesundheitsfördernde Wirkung des Radfahrens<br />
für Kinder nutzen will, muss diese Gefahren beachten.<br />
Radfahren und Schule heißt zuerst einmal Radfahren und<br />
Verkehrsunterricht. Doch wie soll dieser Verkehrsunterricht<br />
aussehen?<br />
Zunächst einmal muss klar sein: Die Mutter allen<br />
Verkehrsunterrichts ist die Jugendverkehrsschule der<br />
Polizei. Die von ganzen Schulklassen heiß erwartete<br />
Schulungswoche kann in ihrer Bedeutung gar nicht hoch genug<br />
eingeschätzt werden. Doch nach unserer Einschätzung<br />
kommt dieser Unterricht zu spät, und die Polizei wird mit<br />
ihrer Arbeit weitgehend allein gelassen. Der Einsatz der<br />
Polizistinnen und Polizisten bedarf der Ergänzung, vor allem,<br />
wenn das Radfahren nicht nur als individuelle Möglichkeit<br />
der Fortbewegung sondern als Teil von Schule & Gesundheit<br />
gesehen werden soll. Bereits im Kindergarten, spätestens<br />
aber in der zweiten Klasse sollte es fest institutionalisierte<br />
erste Übungen mit dem Rad geben, in die die Eltern zu<br />
Anfang unbedingt an Ort und Stelle einbezogen werden<br />
sollten. Neben der Jugendverkehrsschule im 3. Schuljahr<br />
sollten dann weitere Maßnahmen stehen, wie wir sie weiter<br />
unten vorschlagen.<br />
Schritt für Schritt mit der sich altersgemäß verbessernden<br />
Koordination der Schülerinnen und Schüler sollten<br />
39
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Beweglichkeitsschulung, Erwerb von Wissen und Erfahrung<br />
und die wachsende Begeisterung für das Radfahren Hand in<br />
Hand gehen.<br />
■<br />
40<br />
Vorerfahrungen aufgreifen und refl ektieren<br />
Ein Verkehrsunterricht, wie er uns vorschwebt, gehalten von<br />
Fachberaterinnen und Fachberatern für <strong>Verkehrserziehung</strong><br />
oder Lehrkräften, die sich auf Fortbildungen mit dieser<br />
Frage befasst haben, muss zunächst die Vorerfahrungen der<br />
Kinder aufgreifen und ernst nehmen:<br />
4„Als<br />
ich mit meinem Papa unterwegs war, bin ich mal mit<br />
dem Vorderrad in eine Rille gekommen...“<br />
4„Nachdem<br />
mein Opa die Bremse neu eingestellt hat, ist<br />
sie so stark gewesen, dass ich mit dem Kopf über den<br />
Lenker...“<br />
4„Wir<br />
waren mal unterwegs ins Schwimmbad, da hat sich<br />
ein Handtuch in den Speichen...“<br />
4So<br />
beginnen ihre Berichte, und sie wollen und müssen<br />
gemeinsam mit der Klasse erörtert und für die zukünftige<br />
Fahrpraxis fruchtbar gemacht werden: „Was hättest<br />
du besser machen können, was muss man nach deiner<br />
Erfahrung vermeiden?“<br />
4Dann<br />
müssen einige Situationen besprochen und untersucht<br />
werden, in die Kinder, die mit dem Rad unterwegs<br />
sind, auf jeden Fall geraten werden:<br />
4Verlassen<br />
eines Geh- oder Radweges, Kreuzen einer<br />
Straße<br />
4Fahren<br />
gegen die Fahrtrichtung auf Geh- und Radwegen<br />
4Konfl<br />
ikte mit Fußgängerinnen und Fußgängern<br />
4Rechts<br />
vor Links-Regel mit Ausnahmen (Einmündungen<br />
mit Bordsteinkante und Feldwege sind nachrangig, auch<br />
wenn sie von rechts kommen)<br />
4Wichtigkeit<br />
guter Bremsen<br />
4Anhaltspunkte,<br />
das Verhalten von Autofahrerinnen und<br />
Autofahrern einzuschätzen, Blickkontakt herstellen,<br />
wenn es möglich ist usw.<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Auch einige wichtige Verkehrszeichen sollten gezeigt und<br />
erörtert werden.<br />
Selbstverständlich sollte die Verpfl ichtung angesprochen<br />
werden, bei Schulveranstaltungen einen Helm zu tragen.<br />
Diese unseres Wissens leider nur in den Handreichungen zum<br />
gültigen Erlass <strong>Verkehrserziehung</strong> und <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
versteckte Forderung dient nicht nur der Sicherheit der<br />
Kinder, sondern auch der Absicherung von Lehrkräften oder<br />
Begleitpersonen bei Fahrradveranstaltungen. 2<br />
■<br />
Radfahren als praktische Übung<br />
Nachteil allen Unterrichts, der nur auf Sehen, Hören und<br />
Sprechen beruht, ist, dass er vorwiegend nur den Kopf erreichen<br />
kann, nicht den ganzen Menschen. Deshalb ist es<br />
wenigstens ebenso wichtig, praktische Übungen mit dem<br />
Rad durchzuführen. Das muss nicht aufwändig sein, es ist in<br />
jedem Fall von schnell erkennbarem Nutzen:<br />
4Der<br />
Hütchenparcours mit Verkehrsleitkegeln,<br />
4eine<br />
kleine Rampe oder ein ähnliches Hindernis,<br />
4fahren<br />
an einer Longe (zeitweise nur eine Hand am<br />
Lenker, Vorübung für das Handzeichen geben),<br />
4Übungen<br />
zum Fahren im Schritttempo bis hin zum<br />
Stehen auf der Stelle,<br />
4fahren<br />
über ein schmales Brett oder ein sog. Schrägbrett,<br />
4Bremsübungen<br />
mit einer und beiden Bremsen,<br />
4effektive<br />
Nutzung der Gangschaltung bei<br />
Geschicklichkeitsübungen.<br />
Diese und andere Übungen führen dazu, dass die Kinder<br />
mit ihrem Rad zu einer Einheit werden, dass sie in einer<br />
Gefahrensituation die Fahrt verzögern können, ohne zeitaufwändig<br />
und unsicher den Fuß auf den Boden stellen zu müssen,<br />
dass sie den Kopf für die Beobachtung des Verkehrs frei-<br />
2 ) Der ADFC begrüßt das Tragen von Helmen, spricht sich aber gegen<br />
eine generelle Helmpfl icht aus, da sie unseres Erachtens nur dazu führen<br />
wird, dass berechtigte Regressansprüche geschädigter Radfahrerinnen und<br />
Radfahrern von ihren Unfallgegnerinnen und Unfallgegnern abgewehrt<br />
werden können.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
bekommen, weil sie sich nicht so sehr auf die Beherrschung<br />
des Rades konzentrieren müssen.<br />
Die Begeisterung wird groß sein, wenn die so erworbenen<br />
Fertigkeiten und Kenntnisse in einen Radausfl ug der Klasse<br />
eingebracht werden dürfen. Aber auch hier bedarf es einiger<br />
Vorübungen und –überlegungen.<br />
4Das<br />
Gruppenverhalten auf dem Hof muss besprochen<br />
und geübt werden.<br />
4Handzeichen<br />
und Abstände der Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmern müssen vereinbart sein.<br />
4Wie<br />
biegt man mit einer Großgruppe nach links in eine<br />
Vorfahrtsstraße ein?<br />
4Wie<br />
geht man mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
um, die unsicher sind oder die allmählich die Kräfte<br />
verlassen?<br />
4Wo<br />
stellt man die Räder bei einem Stopp hin?<br />
4Wer<br />
ist „letzter Mann“ und wie wird die Leiterin/der<br />
Leiter von einem Defekt benachrichtigt?<br />
Es muss den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu<br />
Bewusstsein kommen, dass ihre Gesundheit, unter<br />
Umständen ihr Leben von ihrer Disziplin, von ihrem<br />
Gruppenverhalten, von ihrer eigenen Fahrsicherheit und von<br />
der Verkehrstüchtigkeit ihres Rades abhängen kann.<br />
Gelingt es, die Kinder in diesen Fragen zu sensibilisieren,<br />
treten oft in der Zeit zwischen dem Verkehrsunterricht und<br />
einem Klassenausfl ug erstaunliche Trainingseffekte ein:<br />
Was noch nicht gekonnt wurde, wird privat mit Eltern und<br />
Geschwistern geübt.<br />
Auch die Räder werden auf Vordermann gebracht. Trotzdem<br />
ist hier die Vorarbeit der Lehrkraft gefragt. Er/Sie muss<br />
4einen<br />
Elternbrief schreiben und auf die Verantwortung<br />
der Eltern für ein verkehrstüchtiges Rad hinweisen,<br />
4selbst<br />
oder mit Helferinnen und Helfern die<br />
Verkehrssicherheit der Schülerräder prüfen,<br />
4eine<br />
Tour vorbereiten, die zwar öffentliche Straßen berühren<br />
darf, aber doch vorwiegend auf verkehrsarmen<br />
oder –freien Wegen geführt sein sollte,<br />
4für<br />
eine oder mehrere erwachsene Begleitpersonen sorgen<br />
und diese in das Konzept einweisen,<br />
4selbst<br />
oder durch eine Helferin/einen Helfer über ausreichend<br />
technisches Know-how verfügen, um eine Panne<br />
an einem Rad reparieren zu können.<br />
Erst wenn alle diese Voraussetzungen geschaffen und ein<br />
gemeinsamer Radausfl ug absolviert wurde, ist die Tür aufgestoßen<br />
für eine Mobilitätserziehung, die das Rad als eine<br />
mögliche Alternative, als ein mögliches Verkehrsmittel für<br />
Wege in Beruf und Freizeit in Erwägung zieht. Erst wenn<br />
die positive Erfahrung gemacht, die Begeisterung geweckt<br />
wurde, die das Radfahren auslösen kann, wird es zu einem<br />
Mittel der aktiven Gesundheitserziehung.<br />
■<br />
Aspekte eines Schulungskonzeptes für<br />
die Lehrerfortbildung<br />
Wir sind dabei, ein Schulungskonzept auf regionaler Ebene,<br />
aber auch landesweit zu erproben, das folgende Module<br />
enthält:<br />
4<strong>Verkehrserziehung</strong><br />
4Geschicklichkeitstraining<br />
4Planung<br />
einer schülergerechten Radtour und praktische<br />
Analyse des Streckenverlaufes<br />
4Durchführung<br />
der Planung mit einer Schülergruppe unter<br />
verantwortlicher Anleitung<br />
4Einführung<br />
in die Fahrradtechnik<br />
Gerade der letzte Punkt stellt neben dem Aspekt der<br />
Verkehrssicherheit eine weitere, nicht zu unterschätzende<br />
Hürde für eine stärkere Verbreitung des Radfahrens in<br />
der Schule dar. Die Sorge, dass eine Panne bei einem<br />
Radausfl ug zu großen Schwierigkeiten, ja zum Abbruch<br />
der Veranstaltung führen kann, ist nicht unberechtigt. Es ist<br />
daher erforderlich, dass Radtouren von Lehrkräften, Eltern<br />
41
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
oder anderen Helferinnen und Helfern begleitet werden, die<br />
über ein ausreichendes Technikwissen und –können verfügen<br />
und geeignete Werkzeuge und Ersatzteile mitführen.<br />
Sinnvoll ist natürlich, den Lehrkräften selbst beim Erwerb<br />
dieses Technikwissens zu helfen. Denn dieses Wissen lässt<br />
sich in Fächern wie Sachkunde, Arbeitslehre oder Kursen<br />
des Wahlpfl ichtunterrichts gewinnbringend verwerten. Mit<br />
dem Fahrrad steht für einen einführenden Technikunterricht<br />
eine Maschine zur Verfügung, die den Schülerinnen und<br />
Schülern bekannt und für ihren Alltag von Bedeutung ist.<br />
Gleichzeitig ist die Fahrradtechnik hinreichend komplex<br />
für anspruchsvolle Aufgaben, dennoch einfach genug, dass<br />
auch jüngere Schülerinnen und Schüler Defekte zumindest<br />
erkennen und beschreiben, in manchen Fällen unter qualifi -<br />
zierter Anleitung aber auch schon sehr früh selbst beheben<br />
können. Man denke nur an das Verstellen der Sattelhöhe, das<br />
Festziehen von Schrauben, wenn Zubehörteile klappern oder<br />
sich lösen, und an das altbekannte Flicken eines „Platten“.<br />
■<br />
42<br />
Andere Anbieter - Netzwerke<br />
Unser Ziel muss sein, z.B. über die Schulämter, die für<br />
die <strong>Verkehrserziehung</strong> in den Schulamtsbezirken zuständig<br />
sind, aber auch auf anderem Wege, z.B. über<br />
die Internetseiten der Radfahrverbände oder auch des<br />
Kultusministeriums den Schulen Angebote zu machen,<br />
durch die sie ihren Schülerinnen und Schülern regelmäßig<br />
Radfahrveranstaltungen, Trainingstage, Ausfl üge, Radtouren,<br />
Wettfahrten usw. anbieten können. Der ADFC wird sich bemühen,<br />
nach ersten Schritten weitere Schulungsangebote aufzulegen,<br />
selbst Angebote zur Begleitung von Radausfl ügen<br />
zu machen und dabei mit anderen Verbänden wie der<br />
Verkehrswacht oder Sportvereinen zusammenzuarbeiten. In<br />
die Lehrerfortbildung, besonders die Technikschulung und<br />
die Beratung von Schulen können örtliche Radhändler einbezogen<br />
werden, schließlich haben auch sie ein berechtigtes<br />
und nachvollziehbares Interesse an einer Förderung des<br />
Radfahrens.<br />
■<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Ausblick für die Zukunft<br />
Auf überregionaler Ebene bedarf es eines deutlichen Anstoßes,<br />
wie wir ihn durch die Initiative des Arbeitsbereiches „Schule<br />
& Gesundheit“ erhoffen. Es ist von nicht zu überschätzender<br />
Bedeutung, wenn das Kultusministerium - zum Beispiel durch<br />
diese Netzwerkzeitung - deutlich macht, dass Radfahren<br />
eine wichtige Komponente einer gesundheitsorientierten<br />
Schulkultur ist. Regelmäßige Fahrradveranstaltungen gehören<br />
in die Schulprogramme der einzelnen Schulen und<br />
sollten in hoffentlich zahlreichen Fällen Bestandteil der<br />
„Zertifi zierung Gesundheitsfördernder Schulen“ sein.<br />
Die Einzelveranstaltung, der Radausfl ug, die regelmäßige<br />
Fortbildung von Lehrkräften können dabei nur ein Anfang<br />
sein. Radfahren muss im Alltag der Schulen eine größere<br />
Rolle spielen, wenn es zur körperlichen Gesundheit und<br />
mentalen Fitness beitragen soll. Das wird der Fall sein, wenn<br />
mehr Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte das Fahrrad<br />
als Verkehrsmittel für ihren Schulweg entdecken und nutzen.<br />
Es ist dazu auch erforderlich, möglichst überdachte, gut einsehbare<br />
und damit sichere Abstellanlagen für Fahrräder zu<br />
schaffen oder alte Abstellanlagen entsprechend zu erneuern<br />
und zu reaktivieren. Damit wird der ganzen Schulgemeinde<br />
demonstriert: Es ist erwünscht, dass man mit dem Rad<br />
kommt.<br />
Ebenso wichtig kann für viele Schulen eine detaillierte<br />
Schulwegplanung sein, die den Schülerinnen und Schülern<br />
sichere Weg zur Schule aufweist. Wo es erforderlich ist,<br />
müssen die Verkehrsbehörden auf Gefahrenstellen hingewiesen<br />
werden, damit diese beseitigt und die Schulwege für<br />
Radfahrer sicher gemacht werden.<br />
■<br />
Autoren<br />
Christine Rhodes, Mitarbeiterin des ADFC Hessen<br />
Jan Prediger, ADFC-Kreisverband<br />
Wiesbaden/Rheingau-Taunus
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
„FahrRad! – Wer zur Schule fährt,<br />
gewinnt“<br />
VCD-Kampagne einer virtuellen Radtour durch Deutschland für Jugendliche<br />
der Schulklassen 7 bis 10<br />
Kinder und Jugendliche bilden im täglichen<br />
Ausbildungsverkehr einen Großteil der<br />
VerkehrsteilnehmerInnen. Obwohl das Fahrrad gerade auf<br />
kurzen Entfernungen wie Schulwegen häufi g das ideale<br />
Verkehrsmittel darstellt, werden viele Schülerinnen und<br />
Schüler täglich mit dem Eltern-Taxi zur<br />
Schule gebracht. Hierdurch wird nicht nur<br />
die Umwelt belastet, auch die Sicherheit<br />
und Gesundheit der Schülerinnen und<br />
Schüler wird durch ein erhöhtes Pkw-<br />
Aufkommen vor der Schule gefährdet.<br />
Zudem ist es angesichts des verbreiteten<br />
Bewegungsmangels bei Kindern und<br />
Jugendlichen nach Ansicht des VCD<br />
wichtig, die körperliche Auslastung von<br />
jungen Menschen zu fördern und der<br />
Fixierung auf das Auto als bequemes<br />
Fortbewegungsmittel entgegenzuwirken.<br />
Deshalb startete der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)<br />
im Mai 2006 seine bundesweite Kampagne »FahrRad!<br />
– Wer zur Schule fährt, gewinnt«. Ziel der Kampagne ist<br />
es, möglichst viele Schülerinnen und Schüler zu motivie-<br />
ren, mit dem Fahrrad zur Schule zu kommen. Dafür hat<br />
der VCD eine virtuelle Radtour im Internet konzipiert. Mit<br />
jedem Kilometer, den die Jugendlichen in der Realität per<br />
Fahrrad auf dem Schulweg zurücklegen, rückt die ganze<br />
Schulklasse unter www.virtuelle-radtour.de auf der online-<br />
Tour vor. Dort warten auf jeder Etappe<br />
interessante Informationen rund ums<br />
Rad, Gewinnspiele und Aktionsideen.<br />
Die Lehrkräfte können an den Stationen<br />
von ausgearbeiteten Unterrichtsideen<br />
profi tieren. Mitmachen können alle<br />
Schulklassen der Stufen sieben bis zehn<br />
nach Anmeldung durch einen koordinierenden<br />
Lehrer bzw. eine Lehrerin.<br />
Die VCD-Kampagne »FahrRad!« läuft<br />
bis Ende Oktober 2006 und kann noch<br />
bequem nach den Sommerferien in den<br />
Klassen gestartet werden.<br />
Der VCD setzt sich bereits seit vielen Jahren für eine sichere,<br />
gesunde und umweltgerechte Mobilität von Kindern<br />
und Jugendlichen ein. Mit »FahrRad!« möchte der VCD das<br />
Image des Fahrrades bei den Jugendlichen verbessern und<br />
43
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
sie für das umweltschonende Zweirad gewinnen. Denn Rad<br />
fahren ist gesund, stellt einen wichtigen Beitrag zum Umwelt-<br />
und Klimaschutz dar und trägt dazu bei, dass sich Kinder in<br />
der Schule besser konzentrieren können. Wer den Schulweg<br />
mit dem Fahrrad zurücklegt, verbessert darüber hinaus seine<br />
sozialen Kontakte, übt verkehrssicheres Verhalten und stärkt<br />
sein Selbstbewusstsein. Die VCD-Kampagne möchte Lust<br />
aufs Rad fahren machen und erreichen, dass die Jugendlichen<br />
auch nach Abschluss des Projektes das Fahrrad als bevorzugtes<br />
Fortbewegungsmittel im Alltag nutzen.<br />
Bereits nach einem Drittel der Kampagnenlaufzeit beteiligen<br />
sich mehr als 50 Schulklassen aus zehn Bundesländern mit<br />
über 1.350 Schülerinnen und Schülern an »FahrRad!«. Mit<br />
dabei sind auch zwei Schulen aus Hessen: das Gymnasium<br />
Nidda sowie die Maria-Ward-Schule Bad Homburg.<br />
Machen auch Sie mit! Die Anmeldung zum VCD-Projekt<br />
»FahrRad!« kann telefonisch unter 030/280351-0, per Fax<br />
(-10), E-Mail (virtuelle-radtour@vcd.org) oder im Internet unter<br />
www.virtuelle-radtour.de erfolgen. Einen Info-Flyer zur<br />
Kampagne gibt es unter www.vcd.org im VCD-Onlineshop<br />
gegen eine Versandkostenpauschale von 2,50 Euro. Die<br />
VCD-Kampagne wird vom Bundesministerium für Verkehr,<br />
Bau und Stadtentwicklung im Rahmen des Nationalen<br />
Radverkehrsplanes 2002 – 2012 gefördert.<br />
44<br />
■<br />
Ansprechpartner<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)<br />
FahrRad!-Team<br />
Kochstraße 27<br />
10969 Berlin<br />
Tel.: 030/28 03 51-0<br />
Fax: 030/280 351-10<br />
E-Mail: virtuelle-radtour@vcd.org<br />
u<br />
www.virtuelle-radtour.de<br />
u<br />
www.vcd.org
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
„Nachhaltige Klassenfahrten“ – Umweltschonend<br />
und sozialverträglich unterwegs<br />
Die Planungshilfe „Nachhaltige Klassenfahrten“ vom VCD<br />
Schul- und Klassenfahrten bieten die Möglichkeit einmaliger,<br />
intensiver Erlebnisse, die Schülerinnen und Schülern<br />
lange in Erinnerung bleiben und ihr Verhalten prägen. Dabei<br />
spielt nicht nur die Atmosphäre und das Ziel der Reise eine<br />
Rolle, sondern auch die gemeinsame An- und Abreise, die<br />
Unterkunft und die Aktivitäten vor Ort. Im Sinne einer<br />
nachhaltigen Entwicklung sollten bei der Organisation einer<br />
Klassenfahrt nicht nur ökonomische, sondern auch soziale<br />
und ökologische Belange berücksichtigt werden. Stattdessen<br />
stehen oft die Kosten im Vordergrund und verdrängen andere<br />
wichtige Aspekte. Ein Beispiel für diese Prioritätensetzung<br />
ist, dass viele Klassen inzwischen lieber billig weit weg fl iegen<br />
als in der näheren Umgebung zu bleiben und umweltschonend<br />
mit Bus oder Bahn zu reisen. Dabei gerät aus dem<br />
Blick, dass dadurch langfristig ein Reiseverhalten vermittelt<br />
wird, das der Umwelt schadet. „Mal eben nach Nizza fl iegen“<br />
kann nicht im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung<br />
sein, wie sie die Bundesregierung und internationale politische<br />
Gremien anstreben.<br />
Sich im Dickicht der Reiseanbieter zurechtzufi nden und<br />
eine Klassenfahrt nachhaltig zu planen ist anspruchsvoll<br />
und erfordert individuellen Einsatz. Die Planungshilfe<br />
„Nachhaltige Klassenfahrten“ vom VCD soll eine erste<br />
Orientierung bieten, wie nachhaltige Klassenfahrten aussehen<br />
und organisiert werden können. Eine Unterkunft, die<br />
Wert legt auf eine gesunde und vollwertige Ernährung, kann<br />
Teil einer solchen Fahrt sein, ebenso wie ein umweltpädagogisches<br />
Begleitprogramm oder die umweltfreundliche<br />
Anreise mit Bus oder Bahn.<br />
Der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) setzt sich seit<br />
vielen Jahren für eine ökologische und sozialverträgliche<br />
Verkehrspolitik ein. Die Planungshilfe „Nachhaltige<br />
Klassenfahrten“ ist ein weiterer Baustein des VCD für<br />
eine zukunftsfähige Mobilität im Tourismus. Sie wird<br />
im Rahmen der vom Bundesministerium für Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) initiierten<br />
Kampagne „ECHT GERECHT. Clever kaufen“ fi nanziell<br />
gefördert. Die Kampagne bietet eine Plattform, die die<br />
vielfältigen Möglichkeiten nachhaltigen Reisens aufzeigt<br />
und einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. So können<br />
sich Verbraucherinnen und Verbraucher bereits im Vorfeld<br />
über kostengünstige, verbraucher- und umweltfreundliche<br />
Alternativen informieren.<br />
45
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
Der VCD bietet darüber hinaus gemeinsam mit seinem<br />
Kooperationspartner im Herbst 2006 zwei „Schnupperklassenfahrten“<br />
an. Diese Angebote für Lehrer und Lehrerinnen<br />
bieten eine Orientierung, wie nachhaltige Klassenfahrten<br />
aussehen und organisiert werden können. Spaß, Qualität<br />
und Bildungsauftrag bilden keinen Gegensatz. Im Rahmen<br />
der angebotenen Schnupperreisen werden verschiedene<br />
Elemente aufgegriffen, die wesentlicher Bestandteil einer<br />
Klassenfahrt sind, und im Sinne einer nachhaltigen<br />
Entwicklung vertieft.<br />
Eine Fahrt vom 1. bis 3. Oktober führt nach Sachsen-Anhalt.<br />
Dort liegt eingebettet in waldigen Höhen des oberen Selktals<br />
im Ostharz das Kinder- und Erholungszentrum, („KiEZ“)<br />
Güntersberge. Die zweite Fahrt vom 26. bis 29. Oktober<br />
führt in die Hauptstadt der Tschechischen Republik.<br />
46<br />
Rundum klasse!<br />
Kanufahren im Canyon<br />
Wildnis im Wald<br />
Stöbern in der Stadt<br />
Faszination in der Ferne<br />
Schatzsuche im Schacht<br />
Mikroskopieren am Meer<br />
Hoch hinaus im Hochseilgarten<br />
Planungshilfe nachhaltiger<br />
Klassenfahrten<br />
■<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
weitere Informationen<br />
Haben Sie Fragen? Gerne helfen Ihnen weiter:<br />
Verkehrsclub Deutschland (VCD)<br />
Kochstraße 27<br />
10969 Berlin<br />
Tel.: 030-280 351 22<br />
Fax: 030-280 351 10<br />
E-Mail: ulrich.kohnen@vcd.org<br />
oder<br />
Anke Biedenkapp<br />
Stattreisen Hannover e.V.<br />
Hausmannstraße 9-10<br />
30159 Hannover<br />
Tel.: 0511-169 41 67<br />
Fax: 0511-164 03 91<br />
E-Mail: info@reisepavillon-online.de<br />
Internet: www.reisepavillon-online.de<br />
u<br />
www.reiselust-deutschland.de/28.html
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
VCD-Kampagne „Schule bewegt!“<br />
Bundesweiter Förderwettbewerb für Schulwegprojekte der ersten bis<br />
sechsten Klasse sind im vollen Gange<br />
Viele Kinder erleben Ihr Wohnumfeld durch die Autoscheibe.<br />
Den Weg zur Schule oder zu Freunden fi nden Eltern oft zu<br />
gefährlich und kutschieren ihre Sprösslinge lieber mit dem<br />
Auto, statt sie zu Fuß gehen zu lassen. Ein Grund, warum<br />
immer mehr Kinder in Deutschland an Bewegungsmangel<br />
leiden. Andererseits sind schnelle Autos, unaufmerksame<br />
Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, unübersichtliche<br />
Fußgängerüberwege und fehlende Fahrradwege<br />
Schuld daran, dass Kinder immer wieder im Straßenverkehr<br />
verunglücken. Im Jahr 2005 kamen laut Bundesamt für<br />
Statistik zum ersten Mal nach fünf Jahren wieder mehr<br />
Kinder unter 15 Jahren im Straßenverkehr ums Leben:<br />
159 Kinder wurden bei Straßenverkehrsunfällen tödlich<br />
verletzt.<br />
■<br />
Geld für mehr Sicherheit und Bewegung<br />
auf dem Schulweg<br />
Im Sommer 2005 startete der Verkehrsclub Deutschland<br />
e.V. (VCD) deshalb gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk<br />
(DKHW) den bundesweiten Förderwettbewerb<br />
„Schule bewegt!“. Mit der Aktion wollen der VCD<br />
und das DKHW erreichen, dass die Schulwege für<br />
die Kinder sicherer und attraktiver werden. Für dieses Ziel<br />
stellten die Partner einen gemeinsamen Förderfonds in<br />
Höhe von 30 000 Euro zur Verfügung. Als Begleiteffekt<br />
der Kampagne erhofft sich der VCD, dass mehr Kinder und<br />
Jugendliche den Weg zur Schule eigenständig zu Fuß, mit<br />
dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen.<br />
Nun werden Ideen wahr: die erfolgversprechendsten<br />
fünfzehn Schulweg-Projekte sind in der Zwischenzeit<br />
ausgewählt und im vollen Gange. Nach den Sommerferien<br />
2006 wird es eine Abschlussveranstaltung geben, auf der<br />
die Endergebnisse aller teilnehmenden Schulen präsentiert<br />
werden.<br />
■<br />
Schule bewegt!<br />
Was bisher in den Projekten geschah<br />
4Die<br />
Kinder analysierten die Verkehrssituation auf ihrem<br />
Schulweg, führten Befragungen durch, sammelten<br />
Unterschriften zur Änderung der Ampelschaltung<br />
in ihrem Ort und hielten die Ergebnisse fotographisch,<br />
schriftlich und bildnerisch fest.<br />
47
<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />
4Eltern<br />
wurden mit einbezogen: als Fahrerinnen und<br />
Fahrer für umweltfreundliche Fahrgemeinschaften oder<br />
als Schulwege-Planer.<br />
4In<br />
öffentlichen Veranstaltungen trugen die Schülerinnen<br />
und Schüler ihre Wünsche und Forderungen für einen<br />
besseren Schulweg beispielsweise dem Bürgermeister<br />
oder dem Baustadtrat vor .<br />
4Die<br />
Geschwindigkeit konnte im Ortsteil herabgestuft werden<br />
von 50 km/h auf die ZONE-30, an der Grundschule<br />
Obervorschütz in Hessen konnte die Aufstellung eines<br />
Geschwindigkeitsmessgeräts am Ortseingang bewirkt<br />
werden.<br />
4Vor<br />
der Schule wurde eine Schulbushaltestelle<br />
eingerichtet.<br />
4Mehrere<br />
Straßenquerungen und -einmündungen wurden<br />
durch Dauermarkierungen abgesichert, Kinderampeln<br />
konnten gebaut, ein Fahrbahnteiler errichtet und viele<br />
Sichthindernisse beseitigt werden.<br />
Kinder vor der Montessori-Grundschule in Bamberg mit einer<br />
Schülermutter als Schulweghelferin, Mai 2006, Quelle:<br />
Montessori-Grundschule<br />
48<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
4Die<br />
Kinder lernten, ihre Fahrräder selbstständig zu<br />
reparieren.<br />
4Aktionstage,<br />
Workshops und Schulfeste mit<br />
Sicherheitstrainings wurden durchgeführt.<br />
■<br />
Ansprechpartner<br />
Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)<br />
„Schule bewegt!“<br />
Öykü Kaygusuz<br />
Kochstraße 27<br />
10969 Berlin<br />
Tel.: 030 - 280 351 0<br />
Fax: 030 - 280 351 10<br />
E-Mail: kommunikation@vcd.org<br />
Internet: www.vcd.org<br />
u<br />
www.vcd.org/schule_bewegt.html
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Die Bedeutung der Umwelterziehung/<br />
ökologischen Bildung im Schulalltag<br />
Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne<br />
der unmittelbaren und mittelbaren Lebensumwelt der<br />
Schülerinnen und Schüler hat im Kontext von Schule &<br />
Gesundheit eine große Bedeutung. Ohne Beachtung natürlicher<br />
Grenzen der Umweltnutzung und deren Gestaltung<br />
durch den Menschen ist langfristig ein Überleben der<br />
Menschheit nicht gesichert, ist die Basis eines gesunden<br />
Lebens nicht mehr vorhanden. Bereits im Jahre<br />
1977 haben die europäischen Umweltminister in der<br />
Deklaration von Tifl is die Umweltbildung als integralen<br />
Bestandteil schulischer Bildung festgeschrieben. Die<br />
Kultusministerkonferenz hat diesen Beschluss 1980 für<br />
Deutschland aufgegriffen und die Umwelterziehung als<br />
fächerübergreifende Querschnittsaufgabe festgeschrieben.<br />
Das Hessische Schulgesetz greift diesen Beschluss<br />
auf und schreibt in §6 die Umwelterziehung/ökologische<br />
Bildung als besondere fächerübergreifende Bildungs- und<br />
Erziehungsaufgabe fest.<br />
Die Sicherung einer natürlichen – gesunden Lebensumwelt<br />
als Basiskonzept aller Lebensmöglichkeiten für Menschen<br />
wurde im Jahre 1992 auf der Konferenz von Rio festgeschrieben.<br />
Dies hat im Bereich der Umweltbildung zu weit<br />
reichenden Konsequenzen und zu einer engeren Verbindung<br />
mit Nachbarbereichen geführt.<br />
Ziele, Absichten und Möglichkeiten einer zukunftsfähigen<br />
Entwicklung in allen die Lebensbereiche der Menschen umfassenden<br />
Bereichen wurden weltweit in der Bildung für eine<br />
nachhaltige Entwicklung zusammengefasst. Im Jahre 2002<br />
– zehn Jahre nach Rio – haben die an der Agenda 21 beteiligten<br />
146 Staaten noch einmal die besondere Bedeutung von<br />
Bildung als zentralem Bestandteil nachhaltiger Entwicklung<br />
herausgestellt und für die Jahre 2005-2014 eine Dekade<br />
Bildung für eine nachhaltige Entwicklung beschlossen.<br />
Unter nachhaltiger Entwicklung wird seitdem verstanden:<br />
Die Bedürfnisse der heutigen Generation so zu befriedigen,<br />
dass die Befriedigung zukünftiger Generationen dadurch<br />
nicht gefährdet wird.<br />
In einem Projekt des Rates für nachhaltige Entwicklung haben<br />
Schülerinnen und Schüler das mit ihren eigenen Worten<br />
treffend beschrieben:<br />
49
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Nachhaltige Entwicklung:<br />
4faire<br />
Entwicklungschancen für alle Menschen<br />
4eine<br />
Zukunft für kommende Generationen<br />
4den<br />
Kindern ein intaktes ökologisches und ökonomisches<br />
Gefüge hinterlassen. (Jugend schreibt Zukunft, Hrsg. Rat<br />
für nachhaltige Entwicklung, ökom-Verlag 2002)<br />
Die Schulen sind aufgefordert, für diesen fächerübergreifenden<br />
Bereich ein Konzept der Umsetzung zu erarbeiten<br />
und im schulischen Curriculum sowie im Schulprogramm<br />
festzuschreiben (Material: Schulprogramm nachhaltige<br />
Entwicklung, Gießen 2004).<br />
Dies bedeutet für die Umwelterziehung den Horizont zu<br />
erweitern und die Beschäftigung mit der ökologischen<br />
Bedrohung – es ist fünf vor zwölf – zu verlassen und<br />
sich den Bereichen zu zu wenden, in denen zukünftige<br />
Gestaltungsmöglichkeiten und Notwendigkeiten liegen.<br />
Es gilt einerseits, Kindern und Jugendlichen zu vermitteln,<br />
welche Gestaltungsmöglichkeiten sie haben, wo sie<br />
mitwirken können und ihnen andererseits eine globale<br />
Perspektive auf zentrale Probleme, Entwicklungsrisiken und<br />
Entwicklungschancen zu vermitteln.<br />
Zentrale Inhaltsfelder sind dabei:<br />
4Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Konsum<br />
4Energieversorgung<br />
und Perspektiven zukünftiger<br />
Energiekonzepte<br />
4Natürliche<br />
Ressourcen und effektiver Umgang mit diesen<br />
Ressourcen<br />
4Naturnutzung<br />
und Naturgestaltung<br />
4Bauen,<br />
Wohnen, regionale Planung<br />
4Mobilität<br />
und Verkehr – der Tourismus der Zukunft.<br />
Eine querliegende Aufgabe ist die Sicherstellung der<br />
Partizipation von Kindern und Jugendlichen auf allen Stufen<br />
der Beschäftigung mit diesen Themen. Dies schließt auf allen<br />
Stufen in der Schule die Einbeziehung von unmittelbaren<br />
Naturerfahrungen und das Naturerleben mit ein.<br />
50<br />
■<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Weitere Informationen<br />
Internetlinks und Materialbörsen zu allen Themenfeldern der<br />
Umweltbildung/Bildung für eine nachhaltige Entwicklung<br />
˛ www.transfer-21.de<br />
umfangreiche Sammlung von Werkstattmaterialien für<br />
Unterricht und Schulgestaltung<br />
˛ www.dekade.org<br />
ausführliche und tagesaktuelle Informationen zur Dekade<br />
der Vereinten Nationen Bildung für eine nachhaltige<br />
Entwicklung, 2005-2014<br />
˛ www.umweltbildung.de<br />
Plattform der Arbeitsgemeinschaft Natur und Umweltbildung<br />
mit ausführlichen Datenbanken zu Materialien und außerschulischen<br />
Lernorten<br />
˛ lernarchiv.bildung.hessen.de/archiv/<br />
ausführliche und ständig aktualisierte Sammlung von<br />
Unterrichtsmaterialien und Verweisen<br />
˛ www.umweltbildung.at<br />
ausführliches Portal zur Umweltbildung in Österreich, viele<br />
Themen und Materialhinweise<br />
˛ www.umweltbildung.ch<br />
Portal der schweizerischen Stiftung für Umweltbildung,<br />
Materialien und Hinweise in Deutsch und Französisch<br />
˛ www.ensi.org<br />
englischsprachiges Portal des internationalen Netzwerkes<br />
ENSI (environment and school initiative, an dem auch<br />
Hessen beteiligt ist)<br />
˛ www.hmulv.hessen.de/umwelt/abfall/oekologische_schule/<br />
˛<br />
www.sauberhaftes-hessen.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Umfangreiche Unterstützung und Beratung ist erhältlich<br />
über die Homepage des Arbeitskreises „Die ökologische<br />
Schule“ der hessischen kommunalen Abfallberater:<br />
Umweltkampagne der Hessischen Landesregierung<br />
˛ www.energie-und-schule-hessen.de<br />
Gemeinsames Energieportal von AFL, Wirtschaftsministerium,schaft<br />
Hessenenergie und der Energiewirt-<br />
■<br />
Druckschriften<br />
Schulprogramm nachhaltige Entwicklung, Handreichungen<br />
zur Entwicklung von Schulprogrammbausteinen, Hrsg.<br />
Reiner Mathar, Transfer 21 Hessen, 2004<br />
Beispiele guter Praxis in Hessen, (CD-ROM) Hrsg. Reiner<br />
Mathar, Transfer 21 Hessen, 2005<br />
Wegfi nder Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung,<br />
Mittel- und Südhessen, Hrsg. Reiner Mathar, Transfer 21<br />
Hessen, Gießen 2005<br />
Wegfi nder Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung,<br />
Nordhessen, Hrsg.: Reiner Mathar, Transfer 21 Hessen,<br />
Giessen 2006 (2. Aufl age)<br />
■<br />
Ansprechpartner<br />
Ansprechpartner in Hessen für die übergreifenden Aufgaben<br />
des Programms Transfer 21:<br />
Reiner Mathar<br />
Amt für Lehrerbildung<br />
r.mathar@afl .hessen.de<br />
Alle Broschüren können hier kostenlos bestellt werden.<br />
51
Beratung und Unterstützung vor Ort –<br />
die Hessischen Umweltbildungszentren<br />
52<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Schulentwicklung braucht Austausch und Unterstützung – unter diesem Motto haben das Hessische Kultusministerium<br />
und des Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz zunächst mit acht<br />
Umweltbildungszentren in Hessen Vereinbarungen zur Betreuung von Schulen vor Ort getroffen. Diese<br />
Betreuung soll im Rahmen von Schule & Gesundheit Schulen bei der Arbeit im Rahmen des Teilzertifi kats<br />
Umwelt/Bildung für eine nachhaltige Entwicklung unterstützen.<br />
Dies geschieht zum einen durch die Organisation von regionalen<br />
Treffen. Hier haben die Schulen die Möglichkeit<br />
ihre Projekte und Vorhaben vorzustellen und eine<br />
Rückmeldung und Beratung durch andere Schulen und vor<br />
allem auch durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />
Umweltbildungszentren. Darüber hinaus bieten die Zentren<br />
eine Fachberatung in den Themenfeldern der Bildung für<br />
eine nachhaltige Entwicklung bis hin zur Organisation<br />
schulinterner Veranstaltungen an. Diese reichen dabei von<br />
der Vor-Ort-Beratung bis hin zur Fortbildung von Energie-<br />
und Umweltteams der Schülerinnen und Schüler. Diese<br />
Maßnahme ist Teil der hessischen Schwerpunktsetzung im<br />
Rahmen des Transferprogramms 21 – Die Zukunft gestalten<br />
lernen. Hier wird das Ziel verfolgt, mindestens 10%<br />
der Schulen in Hessen aktiv einzubinden. Das Netz der<br />
Beratungszentren soll in den nächsten Jahren ausgebaut<br />
werden.<br />
■<br />
Wassererlebnishaus Fuldatal<br />
Das Wassererlebnishaus Fuldatal im Rohrbachtal nahe der<br />
Fulda bei Kassel gelegen, bietet in einem überschaubaren<br />
Naturraum eine Vielzahl von Lernorten, die unterschiedlichste<br />
Erfahrungs- und Erlebnismöglichkeiten eröffnen. Im<br />
Mittelpunkt steht das Lebenselement Wasser.<br />
Die ganzheitliche und handlungsorientierte Konzeption<br />
der umweltpädagogischen Angebote umfasst Aktivitäten<br />
von der spielerischen Erkundung bis hin zur wissenschaftlichen<br />
Untersuchung. Unter fachkundiger Anleitung können<br />
Kindergarten-, Schul- und Jugendgruppen zu einem selbst<br />
gewählten Themenschwerpunkt aus dem Angebot arbeiten.<br />
Naturerfahrung mit allen Sinnen<br />
Viele Lernmöglichkeiten bietet das naturnah gestaltete<br />
Gelände des Wassererlebnishauses. Im gut zugänglichen<br />
Teich kann das Leben im und am Wasser erforscht<br />
werden. Am Wasserspieltisch lassen sich mit Sand,<br />
Kies, Ton und anderen Naturmaterialien Wasserläufe<br />
modellieren und Strömungsverläufe verfolgen. In der<br />
Wasserwerkstatt können Boote und Wasserräder gebaut<br />
werden. Im Wasserlabor stehen Mikroskope, Schnelltests<br />
für die Wasseranalyse und Materialien für einfache
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Wasserexperimente bereit. Für Oberstufenschüler wird ein<br />
Methodenkurs „Gewässeruntersuchung“ sowie fachliche<br />
Beratung bei Projektarbeiten angeboten. Pfl anzenkläranlage,<br />
Regenwasserzisterne und Solaranlage bieten Beispiele für<br />
umweltgerechte Haustechnik im praktischen Betrieb.<br />
Wassererlebnishaus<br />
Junghecksweg 9<br />
34233 Fuldatal-Simmershausen<br />
www.wassererlebnishaus-fuldatal.de<br />
Tel.: 0561 - 9812 346<br />
Fax: 0561 - 9812 347<br />
■<br />
Licherode – Zentrum für praxisnahe<br />
Umweltbildung<br />
Seit 1995 verfolgt das Ökologische Schullandheim und<br />
Tagungshaus Licherode sehr erfolgreich sein ganzheitlich<br />
ökologie-orientiertes Gesamtkonzept. Fast 3.000<br />
Schulkinder und 500 Lehrkräfte nutzen Jahr für Jahr die<br />
vielfältigen Umweltbildungsangebote. Dazu wurde ein beeindruckendes<br />
Netzwerk aus regionalen Partnerschaften<br />
und attraktiven Lernorten aufgebaut, auf das sich die über<br />
20 Mitarbeiter des Hauses bei ihrer umweltpädagogischen<br />
Arbeit mit Kindern stützen können.<br />
Insgesamt bietet Licherode zwölf Wochenthemen für<br />
Klassenfahrten an, darunter auch die „Besser-Esser-Woche“<br />
und die „Waldhüter-Woche“, die jeweils mit einem kindgerechten<br />
Zertifi kat abschließen. Und ganz egal, ob man<br />
in Licherode eine Wasserwoche, eine Wollwoche, eine<br />
Milchwoche oder eine Solarwoche verbringt, alle Licheröder<br />
Umweltbildungswochen sind als offi zielle Lehrerbildung<br />
mit bis zu 50 Fortbildungspunkten anerkannt.<br />
In enger Kooperation mit dem Amt für Lehrerbildung<br />
und den Lernenden Regionen Hersfeld-Rotenburg/<br />
Werra-Meißner führt Licherode bundesweit bedeutsame<br />
Pilotprojekte durch: So entwickelt Licherode gemeinsam<br />
mit der Uni Kassel Konzepte für eine „Regional-biologische<br />
Schulverpfl egung“ und bildet im Auftrag der Deutschen<br />
Umweltstiftung Senioren zu Umwelttrainern für Kinder<br />
und Jugendliche aus. Zudem gibt Licherode zahlreiche<br />
praxisnahe Lehrerhandreichungen heraus, darunter die<br />
Schriftenreihe „Lernen und Erleben“ und die DVD zum<br />
„Besser-Esser-Konzept“. Licherode wurde von der Unesco<br />
als offi zielles Projekt der UN-Weltdekade „Bildung für<br />
nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet.<br />
Ökologisches Schullandheim Licherode<br />
Lindenstraße 14<br />
36211 Alheim-Licherode<br />
www.oekonetz-licherode.de<br />
Tel.: 05664 - 9486 0<br />
Fax: 05664 - 9486 40<br />
■<br />
Umweltzentrum Fulda<br />
Seit seiner Eröffnung zur Landesgartenschau 1994 hat sich<br />
das Umweltzentrum zu einem intensiv genutzten Lernort<br />
für Schulgruppen entwickelt. Darüber hinaus ist es mit<br />
seinem breiten Umweltbildungsangebot zu einem Ort<br />
der Information und Begegnung für die Öffentlichkeit geworden<br />
und erfüllt eine wichtige Rolle in der regionalen<br />
Lehrerfortbildung.<br />
Mit Schülerinnen und Schülern aller Altersstufen werden<br />
Unterrichtsprojekte durchgeführt. Zur Betreuung stehen derzeit<br />
fünf pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur<br />
Verfügung. Zum Spektrum der angebotenen Themen gehören<br />
alle Themenbereiche der Bildung für eine nachhaltige<br />
Entwicklung.<br />
Bei allen Angeboten stehen Handlungsorientierung und<br />
entdeckendes Lernen im Vordergrund. Meist arbeiten<br />
die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen an<br />
Stationen, können ihr Lerntempo selbst bestimmen und<br />
individuelle Lösungswege einschlagen. Ein regelmäßiges<br />
Nachmittagsangebot für interessierte Kinder und Jugendliche<br />
rundet das Angebot ab. Für Lehrerinnen und Lehrer bietet<br />
53
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
das Zentrum Workshops und kollegiale Beratung an. Schulen,<br />
die einen Schulgarten anlegen wollen, oder ihr Schulgelände<br />
naturnah gestalten wollen, erhalten vielfältige Anregungen<br />
auf dem Außengelände in der Fuldaaue und Beratung durch<br />
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.<br />
Umweltzentrum Fulda<br />
Johannisstraße 44<br />
36041 Fulda<br />
Tel.: 0661 - 9709 790<br />
Fax: 0661 - 9709 791<br />
www.umweltzentrum-fulda.de<br />
■<br />
54<br />
Jugendwaldheim Roßberg bei Marburg<br />
Das 1991 gegründete Jugendwaldheim – ein zum außerschulischen<br />
Lernort umgebautes Forsthaus in der Nähe<br />
von Marburg – hat nicht nur viele beispielhafte Angebote<br />
der praktischen Umweltbildung entwickelt, sondern gibt<br />
regional und überregional viele fruchtbare Impulse zur<br />
Schulentwicklung und Lehrerbildung im Bereich des ökologischen<br />
Lernens und der Nachhaltigkeit. Das engagierte<br />
Team um den Gründer Dr. Hartmut Bölts – hat sich in<br />
Kooperation mit der Universität Marburg, den begleitenden<br />
Projektschulen und vielen außerschulischen Partnern hohe<br />
Ziele der ökologischen Bewusstseinsbildung gesteckt und diese<br />
fortwährend refl ektiert und weiter entwickelt. Neben den<br />
klassischen Themen der Umweltbildung vom Naturerleben<br />
über die Waldpädagogik bis hin zum Bereich Energie und<br />
Klimaschutz, legt das Jugendwaldheim einen Schwerpunkt<br />
auch im Bereich Landwirtschaft, Ernährung und in globale<br />
Zusammenhänge.<br />
Jugendwaldheim Roßberg<br />
Forsthaus 1<br />
35085 Ebsdorfergrund-Roßberg<br />
Tel.: 06424 - 5197<br />
■<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Umweltlernen Frankfurt e.V. Frankfurt/<br />
Main<br />
Umweltlernen Frankfurt e.V. bietet nicht nur eine Vielzahl<br />
umweltpädagogischer Veranstaltungen an, sondern hat sich<br />
um Ziel gesetzt, die Kooperation von Schule, Kommune und<br />
Bürgern im Ökologiebereich zu fördern und zu moderieren.<br />
Für beispielhafte Leistungen im Sinne der Agenda 21 wurde<br />
der Verein und das Stadtschulamt zum Schulträger 21 ausgezeichnet.<br />
Seit seiner Gründung vor mehr als zehn Jahren unterstützt<br />
und berät Umweltlernen Frankfurt e.V. Schulen und<br />
Kindertageseinrichtungen bei Umweltbildungsprojekten<br />
und bietet Veranstaltungen und Aktionen des erlebnisorientierten<br />
Umweltlernens an. Dabei wurde eine Vielfalt innovativer<br />
Themen und Aktionsformen entwickelt. Darüber<br />
hinaus werden Kooperationspartner für Schulen vermittelt,<br />
die Zusammenarbeit der Schulen mit ihrem Umfeld moderiert<br />
und beispielhafte Partizipationsmodelle zur verstärkten<br />
Aktivierung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen<br />
entwickelt.<br />
Umweltlernen Frankfurt e.V.<br />
Seehofstraße 41<br />
60594 Frankfurt/Main<br />
www.umweltlernen-frankfurt.de<br />
Tel.: 06921 - 230 130<br />
■<br />
Umweltzentrum Kinzigaue, Hanau<br />
Das jüngste Umweltzentrum Hessens entstand als Projekt<br />
der Landesgartenschau in Hanau 2002. Seitdem hat sich die<br />
Einrichtung in Hanau und im Main-Kinzig-Kreis etabliert<br />
und in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern ein innovatives<br />
Angebot im „Grünen Klassenzimmer“ entwickelt.<br />
Über 50 Kurse und Projekte stehen auf dem Programm<br />
des Umweltzentrums. Auch Kindergeburtstage, Projekte<br />
mit Ganztagsschulen, zur berufl ichen Orientierung, zum<br />
Sozialen Lernen in Klassen und Familienveranstaltungen<br />
am Wochenende werden angeboten. Neben den klassischen
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Umweltthemen fi nden sich viele neue und interessante Ideen.<br />
Neuestes Projekt ist eine Mit-Mach-Wanderausstellung zum<br />
Themenbereich Bionik-Ideenlabor Natur in Kooperation<br />
mit der Universität Darmstadt. Das Umweltzentrum<br />
Kinzigaue bietet mit einer Landschaftsgärtnerin Beratung<br />
für Schulen bei der Gestaltung von Schulgärten und<br />
Naturerlebnisräumen, von der Erfassung der Bedürfnisse<br />
der Schülerinnen und Schüler bis zur Kostenkalkulation und<br />
Hilfe bei der Umsetzung.<br />
Umweltzentrum Kinzigaue<br />
Philipp-August-Schleißner Weg 2<br />
63452 Hanau<br />
www.umweltzentrum-hanau.de<br />
Tel.: 06181 - 3049 148<br />
■<br />
Naturschutzhaus Weilbacher Kiesgruben<br />
Das Naturschutzhaus Weilbacher Kiesgruben ist ein Zentrum<br />
für praktische Umweltbildung und befi ndet sich mitten im<br />
Rhein-Main-Gebiet in einer Kiesgrubenlandschaft. Ein Teil<br />
des Geländes ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Die<br />
verbleibende Fläche teilen sich Kiesabbau, Rekultivierung,<br />
Landwirtschaft und Naherholung.<br />
Das Naturlehrgebiet in einer offenen gelassen Kiesgrube<br />
mit zahlreichen Feucht- und Trockenbiotopen lädt zum<br />
Entdecken ein. In der Gartenanlage mit dem biologisch<br />
bewirtschafteten Bauerngarten, Steingarten, Kräutergarten<br />
und Nisthilfenwand werden Anregungen zum biologischen<br />
Gärtnern gegeben. Ein kleines Bienenhaus soll das Interesse<br />
an der Imkerei wecken.<br />
Die Themen des Angebots reichen darüber hinaus von<br />
der Auseinandersetzung mit umweltpädagogischen<br />
Konzepten, Natur und Kunst, nachhaltige Entwicklung über<br />
Stadtökologie, Kommunikation und Gruppenpädagogik bis<br />
hin zum Projektmanagement. Jährlich werden wechselnde<br />
Schulaktionen mit unterschiedlichen Schwerpunktthemen<br />
angeboten.<br />
Naturschutzzentrum Weilbacher Kiesgruben<br />
Frankfurterstraße 74<br />
65439 Flörsheim-Weilbach<br />
www.weilbacher-kiesgruben.de<br />
Tel.: 06145 - 9363 60<br />
■<br />
Naturschutzzentrum Bergstraße<br />
Seit seiner Eröffnung anlässlich des Hessen-Tages im Juni<br />
2004 hat sich das Naturschutzzentrum Bergstraße zu einer<br />
immer stärker frequentierten Einrichtung entwickelt.<br />
Menschen aller Alterstufen sind zu Gast bei den zahlreichen<br />
Veranstaltungen zwischen März und November, besuchen<br />
die Ausstellungsräume oder genießen das Freigelände<br />
am Erlachsee bei Getränken und Kuchen aus biologischem<br />
Anbau, die das integrierte Bistro vornehmlich am<br />
Wochenende anbietet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in<br />
der Arbeit mit Gruppen, die bei der breiten Palette des so genannten<br />
„Abrufprogrammes“ die Qual der Wahl haben. Natur<br />
erleben, Neues entdecken und ausprobieren, die Verbindung<br />
von Wissenschaft und Kreativität, in den Austausch mit anderen<br />
treten und mit allen Sinnen genießen, diese Grundsätze<br />
sind allen angebotenen Programmen gemein.<br />
Das Naturschutzzentrum ist eine akkreditierte Einrichtung<br />
für die Fortbildung von Lehrern, betreut im südhessischen<br />
Raum das Projekt des Hessischen Kultusministeriums<br />
„Umweltschulen“ und engagiert sich speziell im Bereich<br />
der „Nachhaltigen Entwicklung“ sowie bei der Aus- und<br />
Weiterbildung von Multiplikatoren im Bereich Natur- und<br />
Umweltbildung.<br />
Naturschutzzentrum Bergstrasse<br />
An der Erlache 17<br />
64625 Bensheim<br />
Tel.: 06251 - 708 793<br />
Fax: 06251 - 708 729<br />
www.naturschutzzentrum-bergstrasse.de<br />
E-Mail: info@naturschutzzentrum-bergstrasse.de<br />
55
Mit Unterstützung des Hessischen Kultusministeriums<br />
wurde nun eine DVD zur Besser-Esser-Woche produziert,<br />
die das Konzept in acht Minuten sehr lebendig vorstellt.<br />
Aufgrund der dankenswerten Unterstützung durch Frau Dr.<br />
Zelazny wird die DVD im kommenden Herbst als Ergänzung<br />
des Ordners „Schule & Gesundheit“ an über 2.000 hessische<br />
Schulen verteilt. Die Verankerung des Besser-Esser-<br />
Konzepts im Schulprogramm ist ein möglicher Baustein<br />
auf dem Weg zur Zertifi zierung als „Gesundheitsfördernde<br />
Schule“<br />
Die „Besser-Esser-Woche“ kann im Prinzip an jeder<br />
Schule durchgeführt werden; das Amt für Lehrerbildung<br />
(AfL) und das Staatliches Schulamt für den Landkreis<br />
Hersfeld-Rotenburg und den Werra-Meißner-Kreis bieten<br />
hierzu Workshops und Seminare in Licherode an. Sehr<br />
gut kann die Besser-Esser-Woche aber auch im Rahmen<br />
einer Projektwoche in Licherode erprobt werden. Sie ist<br />
eine von zwölf Umweltbildungswochen, die Licherode<br />
zur Zeit anbietet. Und egal, ob Solarwoche, Waldwoche<br />
oder Milchwoche, alle Licheröder Umweltbildungswochen<br />
sind als Lehrerbildung akkreditiert, das heißt, die teilnehmenden<br />
Lehrkräfte erhalten 40 Punkte für ihr persönliches<br />
56<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Die DVD zur Besser-Esser-Woche –<br />
Angebote für Umweltbildung in Licherode<br />
Das Umweltbildungszentrum Licherode hat gemeinsam mit der Uni Kassel Konzepte zur Verankerung einer<br />
regional-biologischen Schulverpfl egung entwickelt und erprobt. Als pädagogisches Herzstück ist dabei die<br />
„Besser-Esser-Woche“ entstanden, eine kompakte Bildungseinheit, die die Themen gesunde Ernährung und<br />
biologischer Landbau handlungsorientiert und kindgerecht miteinander verknüpft.<br />
Fortbildungskonto. Hinzu kommen 10 Punkte für das verbindliche<br />
Vorbereitungsseminar.<br />
■<br />
Autor<br />
Klaus Adamaschek<br />
Umweltbildungszentrum Licherode<br />
Hessisches Amt für Lehrerbildung
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Der „Besser-Esser-Pass“<br />
Eine Eintrittskarte für ein regional-biologisches Schulessen<br />
Im Ökologischen Schullandheim im nordhessischen<br />
Dörfchen Alheim-Licherode wurden in den letzten zehn<br />
Jahren 30.000 Schulkinder regional-biologisch verpfl egt.<br />
Aufbauend auf den meist positiven Erfahrungen hat ein<br />
Licheröder Projektteam nun in Kooperation mit dem hessischen<br />
Amt für Lehrerbildung (AfL) die Aufgabe übernommen,<br />
Modellschulen bei der Umstellung auf regional-biologische<br />
Verpfl egung zu begleiten.<br />
Als Kernstück sollte eine kompakte Projektwoche für Kinder<br />
im Alter von 8 bis 12 Jahren entwickelt werden, die sich an<br />
einem ganzheitlich umweltpädagogischen Bildungskonzept<br />
orientieren sollte:<br />
4Der<br />
sinnesorientierte Einstieg über Stationsarbeiten<br />
(Lernwerkstätten) soll spielerisch in das Wochenthema<br />
einführen, Interesse wecken, Fragestellungen eröffnen<br />
und Wissen vermitteln.<br />
4Der<br />
Besuch bei einem Kooperationspartner oder<br />
Lernort der Region soll den Kindern authentische<br />
Hintergrundinformationen und eigene konkrete Lebenserfahrungen<br />
ermöglichen.<br />
4Die<br />
Herstellung eigener Produkte soll die Chance bieten,<br />
handwerklich und kreativ tätig zu werden und die neuen<br />
Erfahrungen und Erlebnisse durch eigene praktische<br />
Aktivitäten zu verarbeiten.<br />
4Die<br />
abschließende Auszeichnung mit einem Zertifi kat,<br />
in Form und Inhalt der Altersgruppe angepasst, soll<br />
die persönliche Aneignung erhöhen und zur weiteren<br />
Auseinandersetzung motivieren.<br />
Entstanden ist nach einjähriger Entwicklungsarbeit die<br />
so genannte „Besser-Esser-Woche“, bei der es um gesunde<br />
Ernährung, regionale Landwirtschaft und biologischen<br />
Landbau geht. Das aber nicht langweilig und trocken, sondern<br />
aktiv und mit allen Sinnen. Die Kinder hocken nicht<br />
im Klassenzimmer, sondern es geht auf den Bauernhof und<br />
in die Schulküche. Und am Ende gibt es sogar ein Zertifi kat,<br />
den „Besser-Esser-Pass“, der dann quasi die Eintrittskarte<br />
für ein gesundes und regional-biologisches Schulessen<br />
darstellt. Die „Besser-Esser-Woche“ wurde an verschiedenen<br />
Modellschulen und in Licherode mit Schulklassen<br />
der Jahrgänge 3 bis 6 insgesamt 16 Mal erprobt und weiter<br />
entwickelt, und das sowohl im Regelunterricht als auch<br />
57
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
im Nachmittagsangebot. Die Projektwochen wurden von<br />
der Universität Kassel im Rahmen einer Diplomarbeit<br />
evaluiert, Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit der „Besser-<br />
Esser-Woche“ werden dort eindrucksvoll belegt. Besonders<br />
ermutigend waren die Ergebnisse an der Eckhardt-Vonhold-<br />
Schule (EVS), einer Grundschule mit Ganztagsangeboten in<br />
Schwalmstadt-Treysa. Dort wurde das gesamte Kollegium<br />
im Rahmen eines Pädagogischen Tages in Licherode mit den<br />
Zielsetzungen und den Inhalten der „Besser-Esser-Woche“<br />
vertraut gemacht. Die EVS wird die „Besser-Esser-Woche“<br />
zukünftig mit allen dritten Klassen eigenständig durchführen,<br />
der „Besser-Esser-Pass“ hat somit, wie z.B. ein „Fahrrad-<br />
Pass“ oder ein „Freischwimmer-Ausweis“, seinen festen<br />
Platz im Schulprogramm gefunden. Und einiges bewegt<br />
hat die „Besser-Esser-Woche“ auch bei den Kindern: Die<br />
Akzeptanz gesunder und regionaler Biokost, dies belegen<br />
die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt, hat ganz spürbar zugenommen.<br />
Mit der „Besser-Esser-Woche“ wurde ein wirksames<br />
Instrument entwickelt, das die Themen „Ökologischer<br />
Landbau“ und „Gesunde Ernährung“ kindgerecht und anschaulich<br />
miteinander verknüpft. Sie kann einen Beitrag<br />
leisten, zeitgemäße Konzepte der Umweltbildung (ganzheitliche<br />
Ausrichtung, Berücksichtigung der Nachhaltigkeit) in<br />
den Prozess der Ernährungsumstellung an Ganztagsschulen<br />
einzubringen. Entscheidend ist dabei die dauerhafte<br />
Verankerung solcher Ansätze im Schulprogramm und somit<br />
im Schulleben als Ganzes.<br />
■<br />
58<br />
Autor<br />
Klaus Adamaschek<br />
Umweltbildungszentrum Licherode<br />
Hessisches Amt für Lehrerbildung<br />
■<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Die fünf Bausteine der Besser-Esser-<br />
Woche<br />
Tag 1: Die Lernwerkstatt Ernährung – Ein spannender<br />
Einstieg mit allen Sinnen<br />
Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten in Kleingruppen<br />
zehn unterschiedliche Stationen zum Thema Ernährung.<br />
Wer „erschmeckt“ Brotsorten mit verbundenen Augen?<br />
– Wie viele Stück Würfelzucker sind in Cola, Ketchup<br />
und Fruchtzwergen? – Wer kann Gewürze am Geruch bestimmen?<br />
Es wird getastet, gefühlt, geschmeckt und gerochen<br />
– und jeder darf sich sogar sein eigenes leckeres Öko-<br />
Pausenbrötchen zubereiten. Mindestens genauso wichtig<br />
wie die handlungsorientierten Stationen ist die ausgiebige<br />
Nachbesprechung im Anschluss an die Stationsarbeit.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Tag 2: Der Besuch auf dem Biohof - Biolandbau aus<br />
erster Hand<br />
Einen Vormittag lang erkunden die Kinder einen Biohof, der<br />
natürlich zu den Zulieferern der Schulküche oder des Öko-<br />
Caterers gehört, und lernen die Menschen persönlich kennen,<br />
die Lebensmittel für die Schulküche produzieren. Die<br />
Klassen werden in vier Gruppen aufgeteilt und gehen dem<br />
ökologischen Landbau auf die Spur – natürlich nicht nur<br />
durch Zuschauen, sondern durch eigenes Mitanpacken. Es<br />
wird Getreide mit der Hand gemahlen, die Schweine werden<br />
gefüttert, es wird je nach Jahreszeit eingesät, pikiert und<br />
natürlich auch geerntet. In der „Lernwerkstatt Ökolandbau“<br />
erfahren die Schülerinnen und Schüler Wissenswertes und<br />
Spannendes über Landwirtschaft und ihre Erzeugnisse.<br />
Tag 3: Gemeinsam kochen und gemeinsam genießen<br />
Unter fachlicher Anleitung wird in der Schulküche Gemüse<br />
„geschnibbelt“ und Salat geputzt, es wird gebrutzelt und gekocht,<br />
und dabei möglichst viel von dem verarbeitet, was am<br />
Vortag auf dem Biohof selber geerntet wurde. So schließt sich<br />
ein kleiner exemplarischer Kreislauf von der Ur-Produktion<br />
bis in die Schulkantine. Und hier leistet jeder seinen eigenen<br />
Beitrag, egal ob beim Kochen, beim Dekorieren oder beim<br />
Eindecken. Und schließlich wird das schmackhafte Menü<br />
natürlich auch gemeinsam genossen.<br />
Tag 4: Auswerten, diskutieren, und präsentieren<br />
Der vierte Tag dient der Auswertung, dem vertiefenden<br />
Gespräch und der Erarbeitung einer eigenen Präsentation in<br />
Gruppenarbeit. Dem Alter angemessen wird das bisher Erlebte<br />
und Erlernte diskutiert und auf eigene Zusammenhänge<br />
übertragen. Beispiele für konkrete Aufgabenstellungen sind<br />
Dokumentationen und Ausstellungen zur Projektwoche,<br />
die Gestaltung von Speiseplänen für die Schulkantine,<br />
Vorschläge für das Sortiment des Schulkiosk, Bio-Dekoration<br />
der Cafeteria oder auch Umfragen bei Mitschülerinnen,<br />
Mitschülern und Lehrkräften zum Thema regionale Biokost.<br />
Tag 5: Der Besser-Esser-Pass, verdiente Anerkennung<br />
und Belohnung<br />
Am letzten Tag der Projektwoche werden die Ergebnisse<br />
der Gruppenarbeiten vorgestellt und die Projektwoche wird<br />
in einem zusammenfassenden Abschlussgespräch vertieft.<br />
Schließlich erhalten die Schülerinnen und Schüler in einer<br />
Feierstunde ihr ganz offi zielles Zertifi kat, den „Besser-<br />
Esser-Pass“, der nicht nur vom Umweltpädagogen und<br />
Schulleiter unterzeichnet ist, sondern der sogar das Logo<br />
des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung<br />
und Landwirtschaft trägt. Die Inhalte der Woche und bei älteren<br />
Kindern auch die individuellen Leistungen werden im<br />
Zertifi kat klar wieder gegeben.<br />
■<br />
Weitere Informationen<br />
Ökologisches Schullandheim Licherode<br />
Zentrum für praxisnahe Umweltbildung<br />
Lindenstraße 14<br />
36211 Alheim-Licherode<br />
Tel.: 05664 - 9486 0<br />
Fax: 05664 - 9486 40<br />
E-Mail: oekonetz.licherode@t-online.de<br />
■<br />
Konzeption<br />
Johannes Lutz<br />
Dipl. Ing. agr. und Umweltpädagoge, Licherode<br />
59
60<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Wieder von den Alten lernen – Senioren als<br />
Umwelttrainer für Kinder<br />
Unsere Gesellschaft kann es sich sicher nicht leisten, auf die besonderen Kompetenzen zu verzichten, über<br />
die die ältere Generation gerade im Umweltbereich verfügt. Aber wie kann man engagementbereite<br />
Senioren fi t dafür machen, Wissen und Erfahrungen über Natur und Umwelt an Kinder und Jugendliche<br />
weiterzugeben? Und wie kann man Senior-Referenten erfolgreich in schulische Bildungsarbeit eingliedern?<br />
Diesen Fragen geht des Umweltbildungszentrum Licherode gemeinsam mit dem Amt für Lehrerbildung im<br />
Rahmen zweier bundesweiter Pilotprojekte nach.<br />
■ Umweltbildungswochen für über 30.000 Arbeit. Unter diesen Kooperationspartnern fi nden sich auf-<br />
Kinder<br />
fällig viele ältere Menschen.<br />
Rund um Alheim-Licherode im nordhessischen Landkreis<br />
Hersfeld-Rotenburg hat sich in den letzten zwölf Jahren<br />
ein ganz besonderes Netzwerk für eine praxisnahe<br />
Umweltbildung von Kindern und Jugendlichen entwickelt.<br />
Initiator und Kristallisationspunkt dieser Entwicklung ist das<br />
Umweltbildungszentrum in Licherode. Am Ökologischen<br />
Schullandheim Licherode haben seit 1995 über 30.000<br />
Schulkinder vor allem aus Hessen Umweltbildungswochen<br />
verbracht und dabei spielerisch vieles über Natur, ökologische<br />
Zusammenhänge und die eigenen Lebensgrundlagen<br />
gelernt. Hinzu kommen praxisnahe Angebote in der Aus-<br />
und Fortbildung von Pädagogen in enger Kooperation mit<br />
dem Amt für Lehrerbildung.<br />
Unterstützt wird das Licheröder Umweltzentrum bei seiner<br />
Bildungsarbeit von einem umfassenden Netzwerk regionaler<br />
Kooperationspartnerschaften. Über 50 Partner und Betriebe,<br />
darunter Biolandwirte, Handwerker, Künstler, Naturschützer<br />
und Förster geben Kindern und Lehrkräften authentischen<br />
Einblick in die tägliche Praxis und die Hintergründe ihrer<br />
■<br />
Auch Senioren brauchen pädagogisches<br />
Rüstzeug<br />
Die Erfahrungen in der alltäglichen Licheröder<br />
Bildungsarbeit belegen, dass ältere Menschen über 55 Jahre,<br />
also sogenannte „Senioren“, gerade im Umweltbereich<br />
über wichtige Erfahrungen verfügen, die eine sehr lebendige<br />
Bereicherung z.B. für die Nachmittagsangebote an<br />
Ganztagsschulen darstellen könnten – und dass Senioren oft<br />
einen besseren Zugang zu Kindern als deren eigene Eltern<br />
oder auch Lehrkräfte haben.<br />
Auf der anderen Seite entwickeln sich aber nicht automatisch<br />
wundersame Lernprozesse, wenn man einen 60-jährigen<br />
Vogelexperten und eine Schulklasse gemeinsam auf<br />
eine Waldlichtung stellt. Denn vielen Senioren fehlt das<br />
methodische und didaktische Rüstzeug für kindgerechte umweltpädagogische<br />
Arbeit.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Vor diesem Hintergrund hat Licherode den Zertifi katslehrgang<br />
„Senioren als Umwelttrainer für Kinder und Jugendliche“<br />
entwickelt. In einem 60 Unterrichtsstunden umfassenden<br />
Fortbildungslehrgang werden engagementbereite Senioren<br />
in die Lage versetzt, authentische Erfahrungen und erworbenes<br />
Wissen in Bereichen wie Gesundheit, Ernährung,<br />
Energie, Umwelt- und Naturschutz kindgerecht und pädagogisch<br />
sinnvoll an Schulkinder weiterzugeben.<br />
Im Verlauf des Lehrgangs wechseln sich Theorieblöcke im<br />
Licheröder Tagungspavillon und praktische Übungen am<br />
Teich, im Wald und in der Werkstatt ab. Hinzu kommen<br />
Hospitationen an Schulen und im Umweltzentrum Licherode.<br />
Durchgeführt werden die Lehrgänge vom Didaktik-Experten<br />
Wolfgang Ellenberger, dem Umweltpädagogen Johannes<br />
Lutz und Klaus Adamaschek vom Amt für Lehrerbildung als<br />
Projektleiter. Zuständig für die wissenschaftliche Begleitung<br />
und Evaluation ist Dr. Claudia Olejniczak vom Institut für<br />
Entwicklungsplanung und Strukturforschung an der Uni<br />
Hannover.<br />
■<br />
Von Naturkosmetik bis Sonnenenergie<br />
Am Ende des Lehrgangs, der sich über mehrere Monate<br />
zieht, erarbeitet jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer<br />
sein eigenes Praxisprojekt, das er zukünftig als „Senior-<br />
Umwelttrainer“ an Kinder und Jugendliche weitergeben<br />
kann. Der Lehrgang endet mit einem vom Staatlichen<br />
Schulamt für den Landkreis Hersfeld-Rotenburg und den<br />
Werra-Meißner-Kreis und der Deutschen Bundesstiftung<br />
Umwelt (DBU) anerkannten offi ziellen Zertifi kat, das quasi<br />
als „Eintrittskarte“ in die Referententätigkeit an Schulen<br />
und Kindergärten dient.<br />
„Kosmetik aus der Natur“, „Energie-Sklaven im Haushalt“,<br />
„Vom Korn zum Brot“ oder „Von der Kaulquappe zum Frosch“<br />
– das sind nur einige Beispiele für die Themen der mittlerweile<br />
25 in Licherode ausgebildeten Senior-Umwelttrainer.<br />
Aufgelistet sind die vielfältigen Angebote in der Referenten-<br />
Datei der Lernenden Regionen Hersfeld-Rotenburg/Werra-<br />
Meißner, die das Projekt intensiv unterstützen.<br />
Aber damit ist die Arbeit für das Licheröder Projektteam<br />
noch nicht beendet. Denn die Erfahrung zeigt, dass viele<br />
gut gemeinte Konzepte zur Einbindung ehrenamtlicher<br />
Expertinnen und Experten in schulische Bildungsarbeit in<br />
der konkreten Umsetzung scheitern, z.B. an mangelnder<br />
Koordination oder fehlenden Kooperationsstrukturen. Die<br />
Senioren-Referentinnen und -Referenten dürfen in ihrem<br />
neuen Tätigkeitsbereich nicht allein gelassen werden, sondern<br />
brauchen Unterstützung.<br />
■<br />
Erprobung einer „Senioren-Referenten-<br />
Datei“<br />
Welche Faktoren lassen die Einbindung von qualifi zierten und<br />
engagementwilligen Senioren in die Umweltbildungsarbeit<br />
nun auch wirklich zu einem dauerhaften Erfolg werden?<br />
Das ist die Fragestellung eines neuen Modellversuches, den<br />
Licherode im Rahmen der Lernenden Regionen Hersfeld-<br />
Rotenburg/Werra-Meißner in den kommenden zwei Jahren<br />
durchführen wird.<br />
Mit einem ganzen Bündel von fl ankierenden Maßnahmen<br />
soll der Einsatz der ausgebildeten Senioren-Referentinnen<br />
und -Referenten an Schulen und Kindergärten in der Region<br />
um Rotenburg an der Fulda konzeptionell und professionell<br />
begleitet werden. Zu den geplanten Maßnahmen gehören<br />
u. a. eine enge Einbindung der Senioren-Referentinnen und<br />
-Referenten ins Kollegium, regelmäßige Revisionstermine<br />
und die Benennung von „Partnerlehrkräften“ an den<br />
Einsatzschulen.<br />
Das Licheröder Modellprojekt „Senioren als Umwelttrainer<br />
für Kinder“ hat eine bundesweite Resonanz hervorgerufen,<br />
so wurde u. a. in der Frankfurter Rundschau und im<br />
Hessischen Fernsehen ausführlich berichtet. Mittlerweile<br />
haben Bildungsträger aus verschiedenen Bundesländern<br />
Interesse am Konzept angemeldet. Am 13. Oktober 2006 wird<br />
61
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
das Konzept in Baden-Baden mit dem „Otto-Mühlschlegel-<br />
Preis 2006 – Zukunft Alter“ der Robert-Bosch-Stiftung<br />
ausgezeichnet.<br />
■<br />
62<br />
Literatur<br />
Tipp zum bundesweiten „Generationennetzwerk Umwelt“<br />
und zum Licheröder Umwelttrainer-Konzept:<br />
Olejniczak, Claudia; Geißler, Clemens (Hrsg.): Alt und Jung –<br />
Generationen in der Umweltbildung und Naturschutzarbeit.<br />
Praxisbuch. Hannover 2006.<br />
Bezug: Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung<br />
Internet: www.ies.uni-hannover.de<br />
E-Mail: mailbox@ies.uni-hannover.de<br />
■<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
weitere Informationen<br />
Umweltbildungszentrum Licherode<br />
Lindenstraße 14<br />
36211 Alheim<br />
Tel.: 05664 - 9486 0<br />
Fax: 05664 - 9486 40<br />
E-Mail: oekonetz.licherode@t-online.de<br />
■<br />
Autor<br />
Klaus Adamaschek<br />
Amt für Lehrerbildung<br />
■<br />
Fotos<br />
Angelika Adamaschek<br />
Rotenburg<br />
u<br />
www.oekologische-bildung.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Gesunde Schulverpfl egung<br />
Wie Ökologie und Gesundheitsförderung in einer Region zueinander fi nden<br />
„Es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind zu erziehen“<br />
(Afrikanische Weisheit)<br />
In der Region Fulda werden ab dem Schuljahr 06/07 insgesamt<br />
18 Schulen ganztägig arbeiten. Die Richtlinien<br />
sehen eine Verpfl ichtung zum Anbieten einer gesunden<br />
Mittagsverpfl egung vor, wobei der Schulträger<br />
im Einvernehmen mit der jeweiligen Schule dazu die<br />
Voraussetzungen bereitstellt.<br />
Dies war für uns von „Schule & Gesundheit“ im Staatlichen<br />
Schulamt für den Landkreis Fulda Anlass und eine gute<br />
Gelegenheit, die Schulen zu beraten und zu ermutigen, eine<br />
abwechslungsreiche und gesunde Schulverpfl egung auf der<br />
Grundlage regionaler und ökologisch erzeugter Lebensmittel<br />
anzubieten.<br />
Fulda steht für eine Region, in der ökologisch und familienpolitisch<br />
noch eine „heile Welt“ zu existieren scheint: Eine<br />
weitgehend von Schadstoffen unbelastete Umwelt ist selbstverständlich,<br />
ökologisch produzierte Nahrungsmittel fi nden<br />
sich praktisch vor der Haustür, in vielen Familien ist das gemeinsame<br />
Einnehmen von Mahlzeiten noch üblich.<br />
In dieser Hinsicht bestehen ausgezeichnete Voraussetzungen<br />
für die Gewinnung gesunder, ökologisch einwandfreier<br />
Lebensmittel, und es erscheint nur konsequent, für<br />
die Ernährung unserer Kinder und Jugendlichen die<br />
Erzeugnisse aus unserer Region zu nutzen. Aber auch durch<br />
die Vorarbeiten eines tragfähigen Netzwerkes verschiedener<br />
Einrichtungen sind gute Grundlagen für eine gesunde<br />
Schulverpfl egung gelegt. Im Folgenden möchten wir aus der<br />
Sicht von „Schule & Gesundheit“ kurz darüber berichten.<br />
Im Verlauf der letzten Jahre gab es eine Reihe unterschiedlicher<br />
Initiativen mit dem Ziel, ökologische Produktionsweise<br />
und gesunde Ernährung in der breiten Öffentlichkeit, besonders<br />
auch in Schulen und Kindergärten, zu thematisieren.<br />
Viele dieser Initiativen liefen im Umweltzentrum und der<br />
im Rahmen der ökologischen Lernwerkstatt dort angesiedelten<br />
Lehrerfortbildung zusammen. Als ein Ergebnis solcher<br />
jahrelangen Vorarbeiten ist das Umweltzentrum im Rahmen<br />
der von 2005 bis 2015 ausgerufenen UN-Dekade „Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung“ neben dem Umweltzentrum<br />
Kinzigaue für das Thema „gesunde Ernährung“ in<br />
Kindertagesstätten und Schulen zuständig.<br />
63
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Als ein besonders glücklicher Umstand hat sich erwiesen,<br />
dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der<br />
Hochschule Fulda, vor allem im Fachbereich Ökotrophologie,<br />
an gemeinsamen Projekten interessiert waren. Unter anderem<br />
sind die jetzt bundesweit über die Verbraucherzentralen<br />
erhältlichen Materialien („Fühlen wie’s schmeckt“)<br />
an Fuldaer Schulen erprobt worden.<br />
Gesunde Ernährung und Verbraucherbildung sind ein originärer<br />
Auftrag der Verbraucherzentrale. Die Verbraucherzentrale<br />
Fulda hat als beständiger Kooperationspartner von<br />
Anfang an eigene Projekte zu gesunder Ernährung durchgeführt,<br />
aber auch gemeinsame Vorhaben unterstützt und eine<br />
Fülle von Materialien und anderen Unterstützungsmöglichkeiten<br />
beigesteuert.<br />
In Zusammenarbeit mit dem hessischen Ministerium<br />
für Umwelt, ländlichen Raum und<br />
Verbraucherschutz (HMULV) und dem<br />
Bauernverband wurde die Öffnung zu den<br />
Erzeugern sehr früh durch Maßnahmen wie<br />
„Bauernhof als Klassenzimmer“ aufgezeigt<br />
und von den Schulen wahrgenommen, unter<br />
anderem auch in Kooperation mit dem<br />
Bauernverband.<br />
Im Rahmen der „Lokalen Agenda 21“ arbeitet seit November<br />
2003 eine Arbeitsgruppe „ökologische und regionale<br />
Lebensmittel für Großküchen in Fulda“. Hier sind unter anderem<br />
regionale Erzeuger (wie z.B. Antoniushof und andere<br />
Biohöfe), Vermarkter und die Verbraucherzentrale vertreten.<br />
In einem sechswöchigen Pilotprojekt wurde die Versorgung<br />
von 28 Kindertagesstätten mit täglich rund 600 Essen teilweise<br />
auf ökologische und regionale Produkte umgestellt.<br />
Die Evaluation erfolgte in Zusammenarbeit mit dem ökologischen<br />
Großküchenservice (ÖGS) in Frankfurt.<br />
Die aus einer Arbeitsloseninitiative entstandene gemeinnützige<br />
Einrichtung „Grümel“, die sich mit der Beschäftigung<br />
und Förderung von auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten<br />
Gruppen befasst, beliefert Schulen und Kindertagesstätten<br />
64<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
bereits seit 10 Jahren mit vollwertiger, gesunder<br />
Pausenverpfl egung. Auch Grümel ist von Anfang an dem<br />
Umweltschutzgedanken verpfl ichtet, z.B. in der Verarbeitung<br />
regional erzeugter vollwertiger Nahrungsmittel.<br />
Das im Auftrag des Staatlichen Schulamtes arbeitende<br />
„Netzwerk Ganztagsschule“ bietet Vertreterinnen und<br />
Vertretern betroffener bzw. interessierter Schulen eine<br />
Plattform, um Themen, die im Zusammenhang mit der<br />
Einrichtung von Ganztagsschulen stehen, zu entwickeln.<br />
Trotz unterschiedlicher Ausgangssituationen in den einzelnen<br />
Schulen ist die gesundheitsförderliche Schulverpfl egung<br />
ein zentrales gemeinsames Anliegen.<br />
Die genannten Organisationen verstehen Nachhaltigkeit<br />
als eines ihrer gemeinsamen Ziele. Unsere Aufgabe war<br />
und ist es, diese Einrichtungen für eine gesundheitsförderliche<br />
Schulverpfl egung zu gewinnen und ihre<br />
Erfahrungen zu nutzen. Wir möchten in den<br />
nächsten Absätzen die Schritte darstellen, die<br />
wir in der Region bis zum heutigen Zeitpunkt<br />
zurückgelegt haben.<br />
Im Jahr 2005 bot „Schule & Gesundheit“ in der<br />
Region Fulda verschiedene Veranstaltungen an in Form von<br />
Runden Tischen mit Experten. Gerade die Weiterentwicklung<br />
von Schule als Ganztagsschule rückt den Aspekt „Schule<br />
als Lebensraum“ in den Vordergrund, das heißt auch die<br />
Fragen nach der Ausgestaltung der Schulverpfl egung. Es<br />
kommt nicht nur darauf an ‚was’, sondern ‚wie’, ‚wo’ und<br />
‚mit wem’ gegessen wird. Damit erweitert sich diese Frage<br />
zu einem zentralen Bestandteil von Schulklimaentwicklung<br />
und wird damit zu einem Pfeiler einer gelingenden<br />
Schulgesundheitskultur.<br />
In diesen Veranstaltungen wurden eine Reihe verschiedener<br />
Modelle zur Schulverpfl egung dargestellt und erörtert - als<br />
Alternative zur Belieferung der Schulen durch Großcaterer<br />
mit einer importierten Komplettlösung.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Schon seit dem Jahr 2002 ist die Unterstützung einer gesundheitsförderlichen<br />
Schulentwicklung zentrales Anliegen der<br />
„Tage der Schulgesundheit“. Diese bildeten Meilensteine im<br />
Prozess der Netzwerkbildung und der Sensibilisierung und<br />
Gewinnung von Schulen für den Gedanken der gesunden<br />
Ernährung. Bei allen genannten Maßnahmen und Aktivitäten<br />
wurde die eigentliche Zielgruppe, die Gruppe der eigentlich<br />
Betroffenen, nämlich die Schülerinnen und Schüler, nur<br />
mittelbar angesprochen. Aber: Wie erreicht man 14- bis<br />
17-Jährige?<br />
Die Idee war ein Fest für Jugendliche: Im Rahmen des<br />
alle 2 Jahre stattfi ndenden „Agrarkulturtages“ luden das<br />
Antoniusheim, der Kreisbauernverband, die Landfrauen und<br />
der Landrat des Landkreises Fulda gemeinsam mit „Schule &<br />
Gesundheit“ zu einer Hofparty mit Kochduell von 4 Klassen<br />
Fuldaer Gymnasien im Beisein von Rundfunk und lokaler<br />
Prominenz ein. Die Besonderheit lag darin, Jugendliche für<br />
die Idee der Zubereitung und des Genusses gesunder und<br />
wohlschmeckender Gerichte zu begeistern. Eine Fortsetzung<br />
erfuhr diese Aktion durch die Überreichung von Preisen in<br />
Form von Koch-Workshops in der lokalen „Genussschule“<br />
für die Jugendlichen.<br />
■<br />
Ausblick<br />
Anfang September 2006 wird an einem Fuldaer Gymnasium<br />
die Schulmensa eröffnet. Der Kooperationsvertrag mit dem<br />
Antoniusheim sieht unter anderem vor:<br />
4dass<br />
Begegnungsmöglichkeiten zwischen Menschen mit<br />
und ohne Behinderung geschaffen werden,<br />
4dass<br />
Arbeitsplätze für Menschen mit und ohne<br />
Behinderung geschaffen werden,<br />
4dass<br />
dazu beigetragen wird, die Umwelt durch eine ökologische<br />
Wirtschaftsweise zu erhalten,<br />
4dass<br />
die Versorgung der Schule mit gesunden<br />
Lebensmitteln in das pädagogische Konzept als ganztätig<br />
arbeitende Schule eingebettet werden soll (Zitat aus<br />
dem Versorgungs- und Liefervertrag zwischen Schule<br />
und Antoniusheim).<br />
Vor uns allen, aber vor allem vor der Schule liegt die große<br />
Aufgabe, dass die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen<br />
und Lehrer, die Sekretärinnen und auch die Hausmeister diese<br />
Ziele zu ihren eigenen machen, aber wir sind sicher, dass<br />
wir auf dem richtigen Weg sind. Für die Region wünschen<br />
wir uns, dass sich noch viele Schulen für dieses Modell entscheiden<br />
mögen. Die richtigen Partner stehen vor unserer<br />
Haustür bereit.<br />
■<br />
Autoren<br />
Gudrun Schwechla<br />
Schulpsychologin und Generalistin „Schule & Gesundheit“<br />
im Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda<br />
Dr. Hans Unbehauen<br />
Lehrer und Fachberater „Schule & Gesundheit“ im<br />
Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda<br />
65
66<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Umweltbildung im Hessischen Ministerium für<br />
Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz<br />
Umweltbildung als Bildungsauftrag im Umweltressort<br />
■ Ziele<br />
wickelt, die Initiativen zur Gestaltung der Dekade koordi-<br />
Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ist zu einem<br />
Schlüsselbegriff der Umweltpolitik geworden. Das Hessische<br />
Umweltministerium räumt dabei der Umweltbildung als<br />
vorsorgendes Instrument einen besonderen Stellenwert ein.<br />
Durch Umweltbildung werden ökologische Zusammenhänge<br />
vermittelt, kurzfristige und langfristige Folgen von Eingriffen<br />
in die Umwelt verdeutlicht und Akzeptanz für umweltbezogene<br />
politische Maßnahmen erzeugt.<br />
Umweltbildung wird heute als integraler Bestandteil einer<br />
Bildung für nachhaltige Entwicklung verstanden. Diese hat<br />
zum Ziel, die Menschen zur aktiven Gestaltung einer ökologisch<br />
verträglichen, wirtschaftlich leistungsfähigen und<br />
sozial gerechten Umwelt unter Berücksichtigung globaler<br />
Aspekte zu befähigen.<br />
Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2005 bis 2014 zur<br />
Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen.<br />
Unter Federführung der Deutschen UNESCO-<br />
Kommission und dem von ihr berufenen Nationalkomitee<br />
werden ein gemeinsamer Aktionsplan für die Dekade ent-<br />
niert und die nationalen Aktivitäten gebündelt. Die aktive<br />
Beteiligung der Länder ist dabei ausdrücklich erwünscht.<br />
Im Rahmen der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung“ engagiert sich das Umweltministerium in<br />
Kooperation mit den hessischen Umweltbildungsträgern<br />
mit seinen Projekten und Initiativen. Die Entwicklung einer<br />
landesbezogenen und ressortübergreifenden Strategie zur<br />
Umsetzung und Gestaltung der UN-Dekade in Hessen wurde<br />
im Dezember 2005 vom Kabinett beschlossen.<br />
■<br />
Schwerpunkte<br />
Kindergärten<br />
Durch die Umweltbildung im Kleinkindalter wird eine<br />
vielseitige Naturbegegnung mit spielerischem Entdecken<br />
und sinnlichem Wahrnehmen gefördert. Konkretes<br />
Umweltverhalten wie Wasser- und Energiesparen oder<br />
Abfallvermeidung wird eingeübt. Gleichzeitig werden die
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Erwachsenen mit einbezogen. Das Umweltministerium setzt<br />
sein Engagement in der vorschulischen Erziehung z.B. mit<br />
Fachtagungen oder Themen bezogenen Fortbildungen für<br />
Erzieherinnen und Erzieher in Hessen fort.<br />
Schulen<br />
Die Erziehung in der Schule verändert sich hin zu<br />
mehr Komplexität im ökologischen Denken. In der<br />
Umwelterziehung spielen sozial- und geisteswissenschaftliche<br />
Inhalte eine immer größere Rolle. Bildung für<br />
Nachhaltigkeit benötigt eine produktive, von thematischer<br />
und methodischer Vielfalt lebende Kooperation zwischen<br />
allen wichtigen gesellschaftlichen Gruppen. Hierzu ist<br />
eine Vernetzung von schulischen und außerschulischen<br />
Bildungsträgern erforderlich, die vom Umweltministerium<br />
unterstützt und gefördert wird.<br />
Die Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“ ist ein Angebot<br />
an die Schule, den Ursprung der Nahrungsmittel zu erfahren<br />
und das Wissen um die Produktionsweisen durch Besuche<br />
in landwirtschaftlichen Betrieben in Hessen mit Erkundung,<br />
Beobachtung und Mitarbeit vor Ort zu erweitern.<br />
Wichtig ist die fruchtbare Zusammenarbeit mit der hessischen<br />
Lehrerbildung. Darüber hinaus werden Kooperationen<br />
mit umweltbewussten hessischen Wirtschaftsbetrieben,<br />
mit Umweltzentren und anderen außerschulischen<br />
Bildungsträgern unterstützt. Bei der berufl ichen Bildung<br />
wirkt das Umweltministerium darauf hin, dass moderne<br />
Umweltschutztechnologien und Themen wie vorsorgender<br />
betrieblicher Umweltschutz und Umweltmanagementsysteme<br />
in die Lehrinhalte mit aufgenommen werden.<br />
Mit der Ausschreibung „Umweltschulen“ unterstützt Hessen<br />
das Engagement hessischer Schulen zur nachhaltigen<br />
Entwicklung und Verbesserung ihrer Umweltsituation. Als<br />
erste hessische Schule hat sich die Frankfurter Liebigschule<br />
einer umfassenden Umweltprüfung unterzogen. Mit der<br />
Standorteintragung gemäß der europäischen Öko-Audit-<br />
Verordnung ist ein Projekt auch formal umgesetzt, an dem<br />
Schülerinnen, Schüler, Eltern, Lehrkräfte und externe<br />
Beteiligte mit Einsatz und Eifer erfolgreich mitgewirkt haben.<br />
Die Maßnahme wurde vom Hessischen Umweltministerium<br />
als Modellprojekt gefördert.<br />
Außerschulische Bildungsträger<br />
Das Umweltministerium fördert die Zusammenarbeit<br />
mit den außerschulischen Umweltbildungsträgern in<br />
Hessen. Die seit 2001 eingerichtete „Koordinierungsrunde<br />
Umweltbildung Hessen“, eine zweimal jährlich tagende<br />
Arbeitsgruppe, der Vertreterinnen und Vertreter hessischer<br />
Umweltbildungszentren und Vertreterinnen und Vertreter<br />
der mit Umweltbildung befassten Ministerien sowie der<br />
Lehrerbildung angehören, hat sich außerordentlich bewährt.<br />
Ziel dieser Arbeitsgruppe ist die Verbesserung des<br />
Austausches von Information, die frühzeitige Entwicklung<br />
von Kooperationsmöglichkeiten sowie die Koordination der<br />
Umweltbildungsaktivitäten in Hessen. Mit der Stärkung der<br />
Umweltbildung wird auch ihre Rolle im Prozess der nachhaltigen<br />
Entwicklung verdeutlicht.<br />
Maßnahmen zur Professionalisierung der Multiplikatoren im<br />
Umweltbildungsbereich sowie Qualifi zierungsmaßnahmen<br />
werden organisatorisch und finanziell unterstützt.<br />
Zur Überprüfung und Weiterentwicklung der<br />
Umweltbildungsarbeit in Hessen werden Maßnahmen zur<br />
Evaluierung und Qualitätssicherung in den Bildungsstätten<br />
gefördert und die Ergebnisse den nationalen und internationalen<br />
Untersuchungen zu Umweltbewusstsein und<br />
Handlungsbereitschaft gegenübergestellt.<br />
Waldpädagogik: Das Wissen über den Wald<br />
vermehren<br />
Mit der Änderung des Hessischen Forstgesetzes im<br />
Dezember 2000 wurden die forstliche Umweltbildung<br />
und Waldpädagogik gesetzliche Aufgabe der<br />
67
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Landesforstverwaltung. Es geht vor allem darum, der<br />
Bevölkerung grundlegendes Wissen über den Wald und<br />
seine vielfältigen Funktionen sowie die Bedeutung der<br />
Forstwirtschaft zu vermitteln. Besondere Beachtung fi nden<br />
die Zielgruppen Schul- und Kindergartenkinder.<br />
Bereits vorhandene Einrichtungen, wie die Wildparke und<br />
Jugendwaldheime, sollen schwerpunktmäßig als forstliche<br />
Umweltbildungszentren genutzt und ausgebaut werden. Das<br />
Forstpersonal wird für diese Aufgaben gezielt weiter- und<br />
fortgebildet.<br />
Umweltbildung im Biosphärenreservat Rhön<br />
Unter dem Leitbild „Schutz durch Nutzung“ bietet<br />
das Biosphärenreservat eine Vielzahl von<br />
Umweltbildungsangeboten für alle Altersgruppen an.<br />
Das UNESCO-Informationszentrum Wasserkuppe zeigt<br />
in einer Dauerausstellung den Weg der Rhön vom „Land<br />
der armen Leute“ zur „Europäischen Modellregion“. Im<br />
zwei-monatigen Wechsel werden Ausstellungen zu unterschiedlichen<br />
Themen des Biosphärenreservats angeboten.<br />
Multivisionsschauen in Deutsch, Englisch und Französisch<br />
informieren die Besucherinnen und Besucher über die<br />
Entstehung der Rhön und die Ziele des Biosphärenreservats.<br />
Die hauptamtliche Naturschutzwacht konzentriert ihre<br />
Umweltbildungsaufgaben in den Kindergärten und<br />
Schulen, während ein Netzwerk von privaten Natur- und<br />
Landschaftsführern ein breit gefächertes Angebot für alle<br />
gesellschaftlichen Gruppierungen bereithält.<br />
Neben der Wasserkuppe bestehen mit dem Landschafts-<br />
und Informationszentrum in Rasdorf, dem Haus am<br />
Roten Moor, dem Naturkundemuseum in Tann und dem<br />
Kreisgeschichtlichen Museum in Hünfeld weitere interessante<br />
Umweltbildungsangebote im hessischen Teil des<br />
Biosphärenreservates Rhön.<br />
68<br />
Freiwilliges ökologisches Jahr<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
In Hessen wird das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) seit<br />
1994 auf der Grundlage des „Gesetzes zur Förderung des<br />
freiwilligen ökologischen Jahres“ angeboten. Ziel des FÖJ<br />
ist es, jungen Menschen zwischen 16 und 27 Jahren ein Jahr<br />
lang Erfahrungen im Natur- und Umweltschutz zu ermöglichen,<br />
ihnen Einblick in gesellschaftliche und ökologische<br />
Zusammenhänge zu geben und verantwortliches, soziales<br />
und ökologisches Handeln einzuüben.<br />
Umweltbildung im Naturschutz<br />
Die Naturschutz-Akademie Hessen (NAH) in Wetzlar entwickelt<br />
im Auftrag des Landes Hessen innovative natur- und<br />
umweltpädagogische Konzepte und bietet moderne berufliche<br />
Fortbildung. Dem dient auch die Koordination der<br />
Bildungsangebote aller Partner des Fortbildungsverbundes<br />
Natur und Landschaft (FBNL). Hierbei spielen die Einbindung<br />
in ein bundesweites Netzwerk von Umweltbildungseinrichtungen<br />
(BANU) sowie nationale und internationale<br />
Kontakte im Umweltbildungsbereich eine wichtige Rolle.<br />
Geoparks – das System Erde „begreifen“<br />
Geoparks haben die Aufgabe, die umfassende Bedeutung geologischer<br />
und geomorphologischer Prozesse für die räumliche<br />
Verteilung natürlicher Ressourcen, die Landnutzung,<br />
die Oberfl ächengestalt sowie die Wirtschafts- und<br />
Kulturgeschichte einer Region bewusst und „erlebbar“ zu<br />
machen. Der Naturpark Bergstraße-Odenwald vereint eine<br />
vielfältige Landschaft, die sich vom Rheintal im Westen über<br />
weite Teile des Odenwaldes bis hin zum Maintal im Osten<br />
und dem Neckartal im Süden erstreckt. Die Vielfältigkeit<br />
der Landschaft ist ein Teil des großen Potenzials dieser<br />
Region, die zum Teil einmalige naturhistorische Schätze<br />
wie das Felsenmeer oder die Grube Messel aufweisen kann.<br />
Im vergangenen Jahr wurde der Nationale und Europäische<br />
Geopark Bergstraße-Odenwald in das neu geschaffene
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Globale Netzwerk Nationaler Geoparks der UNESCO aufgenommen.<br />
Mit dieser höchsten Auszeichnung wurde der<br />
jahrelange engagierte und lebendige Beteiligungsprozess<br />
gewürdigt, der ein tragfähiges regionales und thematisches<br />
Netzwerk geschaffen hat. Mit speziell auf die Bedürfnisse<br />
von Kindern zugeschnittenen Angeboten eröffnet der Geo-<br />
und Naturpark eine neue Dimension des nachhaltigen<br />
Lernens und schafft bei den Erwachsenen von Morgen ein<br />
Bewusstsein für den aktiven und verantwortungsvollen<br />
Umgang mit ihrer Region.<br />
■<br />
Arbeitskreis „Die ökologische Schule in<br />
Hessen“<br />
Abfall- und Umweltberatung in Hessen<br />
Der Arbeitskreis „Die ökologische Schule“ ist eine Initiative<br />
zur Abfall- und Umweltberatung in ganz Hessen. Er setzt<br />
sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der Abfall-<br />
und Umweltbehörden aller hessischer Landkreise und<br />
Kommunen sowie deren Entsorgungsbetrieben. Darüber<br />
hinaus sind darin vertreten die Hessische Lehrerbildung,<br />
Verbraucherzentrale, Umweltzentren und freie Umweltbildner<br />
sowie das Hessische Umweltministerium, welches die<br />
Arbeitstreffen mit einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch<br />
seit 1996 koordiniert. Ziel der Initiative ist die Einführung<br />
und Weiterverbreitung von Nachhaltigkeitsstrategien für<br />
Schulen.<br />
Den Schwerpunkt dabei bilden Maßnahmen zur<br />
Abfallvermeidung und -trennung, Energieeinsparung,<br />
Wassereinsparung und Ressourcenschonung. Mit der<br />
Entwicklung und Durchführung von Unterrichtseinheiten,<br />
Fortbildung von Multiplikatoren, Entwicklung und<br />
Verbreitung von Info- und Arbeitsmaterialien (Broschüren,<br />
Bilderbücher, Ausstellungen, Plakate), mit themenbezogenen<br />
Projekten, Wettbewerben und mit Führungen zu themenbezogenen<br />
außerschulischen Lernorten erreicht der Arbeitskreis<br />
seine Zielgruppen: Schulen (Schulklassen, Lehrkräfte,<br />
Eltern), Kindertagesstätten sowie Verbraucherinnen und<br />
Verbraucher allgemein.<br />
Der Arbeitskreis orientiert sich in seiner Vorgehensweise<br />
an den Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung und ist<br />
dabei eingebunden in die vom Land Hessen aufgrund eines<br />
Kabinettbeschlusses ressortübergreifend zu entwickelnde<br />
Strategie zur Unterstützung der UN-Dekade „Bildung für<br />
nachhaltige Entwicklung“.<br />
Im Rahmen der 66. Hauptversammlung der Deutschen<br />
UNESCO-Kommission in Hildesheim wurde der Arbeitskreis<br />
für seine vorbildlichen und innovativen Bildungsinitiativen<br />
als offi zielles Projekt der UN-Weltdekade „Bildung für<br />
nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. Vertreterinnen<br />
und Vertreter des Arbeitskreises nahmen die Auszeichnung<br />
aus der Hand von Walter Hirche, Präsident der Deutschen<br />
UNESCO-Kommission, am 28. Juni 2006 in Hildesheim<br />
entgegen.<br />
Angebote des Arbeitskreises<br />
4Info-<br />
und Unterrichtsmaterialien<br />
4Aktionen<br />
4Fortbildung<br />
zu unterschiedlichen Themen,<br />
u.a. Abfallvermeidung, Kompostierung,<br />
Getränkeverpackungen, Kork, ökologische Schul- und<br />
Unterrichtsmaterialien, (Recycling-) Papier, gesundes<br />
Schulfrühstück, Energieeinsparung, Wassersparen,<br />
Agenda 21<br />
4Umweltschutz<br />
allgemein<br />
■<br />
Kontakt<br />
Ulrich Labonté<br />
Tel.: 0611 - 8151195<br />
E-Mail: ulrich.labonte@hmulv.hessen.de<br />
69
Die Musik spielt in den Ländern<br />
70<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Der Weg zur Nachhaltigkeit führt über Bildung. Den Bundesländern kommt dabei eine wichtige Scharnierfunktion<br />
zu, denn sie sind nicht nur „näher am Geschehen“, sondern darüber hinaus auch für fast alle<br />
Bereiche der Bildung zuständig. Neben der Schule gewinnt dabei der außerschulische Bildungsbereich mit<br />
seinen vielen Facetten eine immer größere Bedeutung. Hier zeigen die Umweltressorts der Länder bemerkenswerten<br />
Einsatz bei der Unterstützung der UN-Dekade.<br />
Auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der<br />
Vereinten Nationen in Rio de Janeiro im Jahre 1992 unterschrieben<br />
178 Staaten – darunter die Bundesrepublik<br />
Deutschland – die „Agenda 21“ als Rahmenvereinbarung<br />
und setzten damit das Prinzip der Nachhaltigkeit auf die<br />
Tagesordnung des 21. Jahrhunderts. Zehn Jahre später<br />
musste die Staatengemeinschaft auf dem UN-Weltgipfel in<br />
Johannesburg 2002 feststellen, dass die Umsetzung einer<br />
nachhaltigen Entwicklung aus verschiedenen Gründen nur<br />
ungenügend vorangekommen ist. Die Vereinten Nationen<br />
riefen deshalb eine UN-Dekade „Bildung für nachhaltige<br />
Entwicklung“ (BNE) für die Jahre 2005 bis 2014 aus und<br />
beauftragten die UNESCO mit der Durchführung. Die<br />
Bundesregierung beschloss einstimmig, die Weltdekade<br />
zu unterstützen, und rief zu einer „Allianz Nachhaltigkeit<br />
Lernen“ auf.<br />
Zwischen dem auf globaler Ebene propagierten Ziel einer<br />
global nachhaltigen Entwicklung und seiner Umsetzung vor<br />
Ort im Alltag der Menschen klafft nach wie vor eine sehr<br />
große Lücke. Vor Ort wird dies besonders deutlich sichtbar,<br />
weil hier bei dem Bemühen um Nachhaltigkeit die unterschiedlichsten<br />
Interessen aufeinanderprallen. Nachhaltige<br />
Entwicklung kann nur durch die Verschränkung mehrerer,<br />
zum Teil konkurrierender Ebenen gelingen: Es geht<br />
nicht nur um den Erhalt der physischen Umwelt, sondern<br />
weit darüber hinaus auch um die kulturelle Mit-Welt, um<br />
produktives Wirtschaftswachstum, soziale Gerechtigkeit<br />
und ökologische Nachhaltigkeit. Zwar sind grundsätzlich<br />
Veränderungspotentiale der Gesellschaft in Richtung nachhaltigen<br />
Konsums, nachhaltiger Mobilität oder Klimaschutz<br />
möglich, doch sie können nicht allein durch ordnungspolitische<br />
oder fi skalische Mittel erzielt werden. Zum<br />
Erreichen einer nachhaltigeren Gesellschaft ist vielmehr<br />
ein Wandlungsprozess nötig, der alle Menschen betrifft<br />
und der von jedem vor Ort gelebt werden muss. Der Weg<br />
zur Nachhaltigkeit führt über Bildung, gesellschaftliche<br />
Kommunikationsprozesse und entsprechende demokratische<br />
Entscheidungen.<br />
Den Bundesländern kommt dabei eine wichtige<br />
Scharnierfunktion zu, denn sie sind nicht nur „näher am<br />
Geschehen“, sondern darüber hinaus auch für fast alle<br />
Bereiche der Bildung zuständig. Neben der Schule gewinnt<br />
dabei der außerschulische Bildungsbereich mit seinen vielen<br />
Facetten eine immer größere Bedeutung. Hier zeigen die
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Umweltressorts der Länder bemerkenswerten Einsatz bei<br />
der Unterstützung der UN-Dekade BNE.<br />
■<br />
Außerschulischer Bereich gewinnt an<br />
Bedeutung<br />
Die Umweltminister der Länder haben dies rechtzeitig erkannt<br />
und bereits im November 2003 (61. Sitzung der<br />
Umweltministerkonferenz, 19.-20.11.03 in Hamburg)<br />
„Empfehlungen zur Umweltbildung und zur Bildung für<br />
nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet. Darin unterstrichen<br />
sie die Bedeutung der Umweltbildung für den<br />
Prozess der nachhaltigen Entwicklung und empfahlen den<br />
Ländern, sich an der UN-Dekade BNE zu beteiligen. Die<br />
Zahl der Veranstaltungen, Fortbildungen oder Projekte usw.,<br />
die seit Beginn der UN-Dekade BNE mit Unterstützung<br />
durch die Umweltressorts der Länder stattfanden, ist beachtlich.<br />
Im Kultusbereich arbeitet seit mehreren Jahren<br />
erfolgreich das Programm der Bund-Länder-Kommission<br />
für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK)<br />
Transfer 21 mit dem Ziel, Schülerinnen und Schülern<br />
Gestaltungskompetenz für die Zukunft näher zu bringen.<br />
Aber auch außerhalb von Schule gibt es viele herausragende<br />
Beispiele einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, darunter<br />
das Projekt „Leben gestalten lernen“ im Elementarbereich<br />
(Bayern), das Projekt des Umweltzentrums Naturgut<br />
Ophoven „Sonnige Zeiten – Grünes Klassenzimmer“<br />
(Nordrhein-Westfalen), der Wettbewerb „Alt und Jung<br />
für eine zukunftsfähige Entwicklung“ (Mecklenburg-<br />
Vorpommern), die Einrichtung einer Koordinationsstelle<br />
für die Dekade bei einem Umweltverband (Thüringen), die<br />
Zertifi zierung von Einrichtungen und Anbietern der umwelt-<br />
und entwicklungspolitischen Bildung (Schleswig-Holstein)<br />
oder der bundesweite Modellversuch „Nachhaltigkeit in<br />
der berufl ichen Aus- und Weiterbildung am Beispiel von<br />
Wärmeschutzmaßnahmen im Gebäudebestand“ (Hamburg),<br />
um nur einige zu nennen.<br />
■<br />
Länder erstellen eigene Aktionspläne zur<br />
UN-Dekade<br />
Das große Interesse an der UN-Dekade und das Engagement<br />
in vielen Ländern lässt sich auch an den zahlreichen<br />
Auftaktveranstaltungen ablesen, die unter wesentlicher<br />
Beteiligung der Umweltressorts seit Beginn der Dekade<br />
2005 stattfanden oder demnächst geplant sind. Zu nennen<br />
sind hier Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg,<br />
Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,<br />
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-<br />
Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. In mehreren<br />
Ländern liegen Kabinettbeschlüsse zur Unterstützung der<br />
UN-Dekade oder der Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
vor. Die Federführung für die Unterstützung der UN-<br />
Dekade BNE wurde in den meisten Bundesländern auf die<br />
Umweltressorts übertragen und dabei in der Regel eine enge<br />
Zusammenarbeit mit dem Bildungsressort vereinbart.<br />
Besonders bemerkenswert ist, dass bereits drei Länder<br />
(Baden-Württemberg, Hamburg, Thüringen) einen eigenen<br />
Aktionsplan zur Dekade verabschiedet haben und weitere<br />
Länder (u.a. Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-<br />
Anhalt) dies planen. Diese Pläne beinhalten meist Leitlinien<br />
zur Unterstützung der UN-Dekade und führen daneben in einer<br />
Liste besonders wichtige Vorhaben auf Länderebene auf.<br />
■<br />
Umweltministerkonferenz unterstützt UN-<br />
Dekade<br />
Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und<br />
-senatoren der Länder sahen auf ihrer 63. Sitzung (4. bis<br />
5. November 2004 in Niedernhausen) im Hinblick auf<br />
ihr vielfältiges Engagement auf diesem Themenfeld die<br />
Notwendigkeit, über den langen Zeitraum von zehn Jahren im<br />
Deutschen Nationalkomitee der UN-Dekade BNE vertreten<br />
zu sein. Das Nationalkomitee ist dieser Bitte nachgekommen<br />
und hat mich als Vertreterin der Umweltministerkonferenz<br />
(UMK) in das Deutsche Nationalkomitee berufen.<br />
71
Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />
Seitdem hat sich die UMK mehrfach mit der Bildung für<br />
nachhaltige Entwicklung befasst und in entsprechenden<br />
Beschlüssen auf die Bedeutung der Umweltbildung und<br />
Bildung für nachhaltige Entwicklung hingewiesen sowie entsprechende<br />
Handlungsvorschläge unterbreitet. So kann beispielsweise<br />
durch eine bessere Zusammenarbeit von Schulen<br />
mit den außerschulischen Trägern der Umweltbildung sowie<br />
durch die Entwicklung von Konzepten und Qualitätsstandards<br />
ein wichtiger Beitrag zur UN-Dekade BNE geleistet werden<br />
(UMK-Beschluss „Umweltbildung an Ganztagsschulen“,<br />
62. UMK, 6. bis 7. Mai 2004). Auch im Elementarbereich<br />
(UMK-Beschluss „Umweltbildung im Elementarbereich“,<br />
63. UMK, 4. bis 5. November 2004) sollte nach Meinung<br />
der UMK das Thema nachhaltige Entwicklung sowohl in<br />
der Aus- und Fortbildung der Fachkräfte als auch bei der<br />
Erstellung von Bildungsplänen auf Länderebene und in der<br />
Qualitätsentwicklung von Kindertageseinrichtungen verankert<br />
werden.<br />
72<br />
■<br />
Autorin<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Staatsrätin Dr. Herlind Gundelach<br />
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und<br />
Hansestadt Hamburg<br />
Mitglied im Nationalkomitee für die UN-Dekade als<br />
Vertreterin der Umweltministerkonferenz.<br />
aus: „UNESCO heute“ 1/2006<br />
u<br />
www.umweltministerkonferenz.de<br />
u<br />
www.blak-ne.de
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />
weitere Beiträge<br />
Der zuckerfreie Vormittag<br />
In der Schule sind die Leistungsanforderungen hoch, dafür ist eine optimale Nährstoffversorgung nötig.<br />
Schüler und Schülerinnen, die schon zu Hause ausgewogen gefrühstückt haben und ein Pausenfrühstück in<br />
der Schule essen, sind im Unterricht konzentrierter, besser gelaunt und aktiver als Schüler/innen, die ohne<br />
Frühstück zur Schule kommen. Deshalb ist für Kinder und Jugendliche, die morgens nicht frühstücken, ein<br />
Pausenbrot besonders wichtig.<br />
Dabei sollte die Auswahl der Lebensmittel stimmen: Ein<br />
ausgewogenes Frühstück stellt Energie über eine lange Zeit<br />
bereit und enthält viele lebensnotwendige Nährstoffe. Süße<br />
Pausenschnitten, süße Stückchen oder süße Getränke liefern<br />
dagegen Energie, die schnell wieder verbraucht ist. Das<br />
Gehirn ist bald wieder müde.<br />
Zudem bringt ein hoher und häufi ger Zuckerkonsum gerade<br />
für Kinder gesundheitliche Nachteile mit sich: Zucker ist entscheidend<br />
an der Entstehung von Übergewicht und Zahnkaries<br />
beteiligt. Außerdem sinkt mit hohem Konsum von gezuckerten<br />
Lebensmitteln und Getränken die Nährstoffzufuhr<br />
von kritischen Vitaminen und Mineralstoffen.<br />
Ein Zuckerverbot ist nicht möglich, pädagogisch nicht sinnvoll<br />
und auch gar nicht nötig. Es gibt eine andere Lösung<br />
zum Umgang mit Süßigkeiten und süßen Getränken, den<br />
„zuckerfreien Vormittag“. Der zuckerfreie Vormittag ist gut<br />
für die Zähne und gut für den gesamten Körper.<br />
Zuckerfreier Vormittag heißt, nach dem morgendlichen<br />
Zähneputzen bis zum Mittagessen kauaktive, naturbelassene<br />
Lebensmittel als Zwischenmahlzeit aussuchen – also ein<br />
ausgewogenes Pausenfrühstück – und Getränke ohne Zucker<br />
z.B. Mineralwasser, ungesüßte Tees wählen.<br />
Lebensmittel wie rohes Gemüse, frisches Obst und<br />
Vollkornprodukte enthalten viele wertvolle Nährstoffe und<br />
regen den Speichelfl uss an, weil sie kräftig gekaut werden<br />
müssen. Durch das Kauen von rohem Gemüse, Obst und<br />
73
weitere Beiträge<br />
Brot entsteht sehr viel mehr und qualitativ besserer Speichel.<br />
Dieser spült, repariert und härtet die Zähne. Speichel<br />
schützt Zähne und Zahnfl eisch. Kauen ist nicht nur wichtig<br />
für unsere Zähne, vielmehr auch für den ganzen Körper.<br />
So ist beispielsweise eine gut entwickelte Kaumuskulatur<br />
Grundvoraussetzung für die Sprachentwicklung.<br />
Eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme ist ebenfalls mit<br />
entscheidend für Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit.<br />
Das beste Getränk für den Schultag ist Mineralwasser. So<br />
werden die Zähne vor häufi gen Zuckerangriffen bewahrt<br />
und eine ausreichende kalorienfreie Wasserversorgung<br />
gewährleistet.<br />
Zuckerfreie Stunden am Vormittag erlauben einen süßen<br />
Nachtisch nach dem Mittagessen und das Naschen am<br />
Nachmittag in der Schule oder zu Hause, wobei gilt: Lieber<br />
mit Genuss und ohne schlechtes Gewissen ein leckeres Eis,<br />
ein Stück Kuchen, ein paar Gummibärchen auf einmal genießen,<br />
als in kleinen Portionen über den Nachmittag verteilt<br />
essen.<br />
Fazit: Der zuckerfreie Vormittag ist die Lösung für den<br />
Umgang mit Süßigkeiten und süßen Getränken, fördert<br />
gleichzeitig eine vollwertige Ernährung und somit die gesunde<br />
Entwicklung der Kinder.<br />
74<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
■<br />
Umsetzungsmöglichkeiten in der Schule<br />
Das gemeinsame Klassen-/Schulfrühstück in der<br />
Grundschule<br />
Gemeinsames Schulfrühstück oder Klassenfrühstück bedeutet<br />
Trennung von Ess- und Spielpause. In einer gesondert<br />
eingerichteten Frühstückspause von in der Regel 10<br />
Minuten nehmen die Kinder gemeinsam mit der Lehrer/in<br />
in Ruhe das 2. Frühstück ein. Im Anschluss daran erfolgt die<br />
15-minütige Bewegungspause auf dem Schulhof. Im Idealfall<br />
ist die Durchführung nicht von der Einstellung der Lehrer/in<br />
abhängig, sondern gehört zum Schulalltag und wird wie jede<br />
andere Pause durch ein Klingelzeichen angekündigt und<br />
beendet.<br />
Erfahrungen zeigen, dass nach Einrichtung einer gemeinsamen<br />
Frühstückspause wesentlich mehr Kinder ein<br />
Frühstück mitbringen, sich die Qualität des Frühstücks<br />
verbessert hat und dass viel seltener als früher angebissene<br />
Nahrungsmittel weggeworfen werden.<br />
Essen und Trinken kann am Beispiel des Pausenfrühstücks<br />
als ausgewogene Mahlzeit in der Schule – exemplarisch und<br />
situationsbezogen – besprochen und erfahren werden. Die<br />
Kinder erleben, was sie essen und andere mitbringen. Das<br />
Essen kann mit allen Sinnen genossen werden, Neugier<br />
wecken, zum Nachmachen, Tauschen und Abgeben anregen,<br />
neue Lebensmittel können kennen gelernt werden.<br />
Essen in Ruhe und Gesellschaft kann darüber hinaus die<br />
Klassengemeinschaft stärken. Das Frühstück wird täglich<br />
eingeübt und somit zur Gewohnheit. Langfristig kann die<br />
Qualität durch Sachinformationen und Vorbilder verbessert<br />
werden.
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />
Die „Wasserbar“ oder Trinken im Unterricht in allen<br />
Klassenstufen<br />
Kinder trinken im Durchschnitt zu wenig und oft das Falsche.<br />
Die Wasserbar in der Klasse regt zu häufi gem und richtigem<br />
Trinken an. Die Umsetzung erfolgt im Einvernehmen mit<br />
den Eltern, die die Finanzierung übernehmen. Geht man<br />
davon aus, dass jedes Kind bis zu 0,5L pro Schultag trinkt,<br />
so werden pro Woche bei 20 Kindern 50L Mineralwasser,<br />
d.h. ca. 4 Kästen benötigt. Jede Familie müsste im Jahr im<br />
Höchstfall 8 Kästen Wasser bezahlen.<br />
Die Lieferung kann entweder über die Eltern oder noch<br />
besser über einen Getränkelieferanten erfolgen. Zu Beginn<br />
des Schuljahres wird eine Namensliste erstellt. Sind die<br />
Wasserkästen fast leer, erhalten die zuständigen Eltern über<br />
ihr Kind von der Klassenlehrerin/vom Klassenlehrer eine<br />
Nachricht. Im 2. Fall bringt und holt ein Getränkelieferant in<br />
regelmäßigen Abständen oder bei Bedarf die Wasserkästen.<br />
Ist die ganze Schule an dem Projekt beteiligt, ist dies in der<br />
Regel kein Problem. Auch der Hausmeister kann mit einbezogen<br />
werden. Im Klassenraum wird genau wie ein Tafel-<br />
und Ordnungsdienst ein Getränkedienst eingerichtet. Dieser<br />
kümmert sich um den Nachschub, räumt das Leergut ein und<br />
spült – wenn vorhanden – die Trinkbecher. Es können auch<br />
namentlich markierte Mineralwasserfl aschen zum Einsatz<br />
kommen. Trinkrituale, d.h., Regelungen, wann getrunken<br />
werden darf, vereinfachen die Umsetzung.<br />
Einbeziehung der Eltern: Auf dem ersten Elternabend<br />
sollten die Eltern über das „Verpfl egungskonzept“ an der<br />
Schule informiert werden. Je stärker eine gesund erhaltende<br />
Ernährung von Anfang an in das Schulkonzept integriert ist,<br />
um so eher wird es von den Eltern akzeptiert.<br />
Hilfestellungen bieten die Mitarbeiterinnen der Arbeitskreise<br />
Jugendzahnpfl ege (AKJ), sowie eine Reihe von Materialien,<br />
z.B. die CD-ROM „Irma mag’s bunt!“ mit vielen<br />
Frühstücksideen, die bei dem zuständigen AKJ bezogen<br />
werden können.<br />
■<br />
Autoren<br />
Dr. Ulrike Freund<br />
Dipl. oec. troph. Marie-Luise Lenz-Graf<br />
Dr. Andrea Thumeyer<br />
Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpfl ege in Hessen<br />
Rhonestraße 4<br />
60528 Frankfurt<br />
Tel.: 069 - 427 2751 95<br />
Fax: 069 - 427 2751 05<br />
Fotos: Thumeyer/Lenz-Graf<br />
u<br />
www.jugendzahnpfl ege.hzn.de<br />
75
Das Projekt „Marburger<br />
Gesundheitstag für Kinder“<br />
Der „Marburger Gesundheitstag für Kinder“ entstand 2002 im<br />
Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit für die Häusliche<br />
Kinderkrankenpfl ege Marburg-Biedenkopf e.V.<br />
Thomas Kopaniak und Wieland Sulzer, zwei<br />
Unternehmer aus Marburg, die Geschäftsführerin der<br />
Häuslichen Kinderkrankenpfl ege Petra Opitz und die<br />
Kinderkrankenschwester Andrea Müller, entwickelten die<br />
Idee eines Gesundheitstages für Kinder. Die Recherche ergab<br />
schnell, dass es Gesundheitstage für Frauen, Männer,<br />
Herz- und Krebspatienten gibt – aber keine für Kinder!<br />
Gerade aber bei den Kindern erschien es der Arbeitsgruppe<br />
sehr sinnvoll anzusetzen. Denn die Berichte z.B. über<br />
Bewegungsmangel und gestörtes Essverhalten bereits im<br />
Kindesalter sind alarmierend. Das Team überlegte, welche<br />
Partner aus dem Kreis Marburg-Biedenkopf für dieses<br />
Projekt gewonnen werden könnten. Überraschend schnell<br />
wurden zehn engagierte Institutionen gefunden, mit ihnen 10<br />
Stationen inhaltlich entwickelt und in das Rahmenkonzept<br />
eingebunden. Ziel war ein Parcours, auf dem Kleingruppen<br />
von maximal 10-12 Kindern einen schulischen Vormittag<br />
lang mit verschiedenen Gesundheitsthemen in direkte<br />
Berührung kommen sollten. Sehr wichtig war allen die praxisnahe,<br />
experimentelle und kindgerechte Gestaltung der<br />
Stationen. Der Theorieanteil sollte möglichst kurz gehalten<br />
werden.<br />
76<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
weitere Beiträge<br />
Es entstand ein lebendiger, abwechslungsreicher<br />
Parcours. Als Zielgruppe wurden die dritten und vierten<br />
Grundschulklassen gewählt, was sich zwischenzeitlich bestens<br />
bewährt hat. Durch die freundliche Unterstützung von<br />
Marion Closmann, der Inhaberin des Großraumkinos in<br />
Marburg, war ein idealer Veranstaltungsort gefunden, der<br />
den Gesundheitspartnern und den Kindern ein optimales<br />
Arbeiten ermöglichte. Das gesunde Pausenfrühstück für bisher<br />
alle Gesundheitstage wurde in Zusammenarbeit mit der<br />
Lebensmittelgruppe Tegut angeboten. Wir danken hierbei<br />
besonders Herrn Georg Sedlmaier.<br />
Die Grundschule Marburg-Wehrda war die erste<br />
Grundschule, die den „Marburger Gesundheitstag für<br />
Kinder“ absolvierte. Im Februar 2006 fand bereits der 5.<br />
„Marburger Gesundheitstag für Kinder“ statt. Bei Kindern,<br />
Lehren, den Partnern und öffentlichen Institutionen,<br />
fanden diese Tage bisher großen Anklang. Vor- und<br />
Nachbesprechungen in der Schule – oft eingebettet in<br />
Projekttage – leiteten den Gesundheitstag ein und schlossen<br />
ihn mit einer Ergebnisanalyse ab. Mittlerweile hat sich der<br />
„Marburger Gesundheitstag für Kinder“ auch zu einem festen<br />
Bestandteil eines weiteren Gesundheitsprojektes des staat-
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />
lichen Schulamtes für den Landkreis Marburg-Biedenkopf<br />
etabliert, welches an vier Marburger Grundschulen durchgeführt<br />
wird.<br />
Unter den Partnern, die mit großem Engagement zusammen<br />
arbeiten, ist ein Netzwerk entstanden, das mittlerweile<br />
weitere Ideen entwickelte, die an diesen Grundschulen<br />
durchgeführt werden. Eine Präsentation des Marburger<br />
Gesundheitstages für Kinder auf der Fachtagung „Schule &<br />
Gesundheit“ im Herbst 2007 ist in Planung.<br />
Im Folgenden stellen unsere Partner ihr Konzept der<br />
Stationen vor.<br />
■<br />
Station 1: „Fit? Auf Herz und Lunge<br />
geprüft!“<br />
Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH/Häusliche<br />
Kinderkrankenpfl ege Marburg<br />
Die Kinderklinik Marburg, in Kooperation mit der<br />
Häuslichen Kinderkrankenpfl ege Marburg, wählte das<br />
Thema „Herz-Kreislauf-System“ unter dem Titel: „Fit? Auf<br />
Herz und Lunge geprüft!“<br />
In einem kurzen Vortrag erklärten wir den Schülerinnen und<br />
Schülern der 3. Klassen anhand einer bildlichen Darstellung<br />
die Herz- und Lungenfunktion sowie den Blutkreislauf. Dazu<br />
ließen wir die Schüler ihren eigenen Puls ertasten und brachten<br />
ihnen Begriffe wie Blutdruck, Lunge und Herzfunktion<br />
näher. Anschließend erhielten sie einen Pass, in dem ihre<br />
Puls- und Blutdruckwerte eingetragen wurden, bevor sie in<br />
eine dreiminütige „Tobephase“ (Belastungsphase) starteten.<br />
Diese Aktivitäten bestanden aus Seilspringen und<br />
Treppenlaufen, welche die Mädchen und Jungen sehr unterschiedlich<br />
forderten. Im Anschluss wurden erneut Puls<br />
und Blutdruck gemessen, um den Kindern die Veränderung<br />
deutlich zu machen. Gespannt und voller Neugier registrierten<br />
die Schüler die erneut gemessenen Werte. Das abschließende<br />
„Watteweitpusten“ diente dem Ziel, den Kindern das<br />
Fassungsvermögen ihrer Lunge zu veranschaulichen.<br />
Anhand dieser Station konnte den Schülerinnen und Schülern<br />
der Sinn von regelmäßigem Sport und Bewegung vermittelt<br />
werden.<br />
■<br />
Station 2: Was ist Sache mit dem Zahnbelag?<br />
Ak Jugendzahnpfl ege Marburg-Biedenkopf<br />
Zahnbelag (Plaque) ist die Ursache für die beiden häufi gsten<br />
Erkrankungen der Mundhöhle, die Karies und die Gingivitis<br />
(Zahnfl eischentzündung).<br />
Da die Kinder aus dem Prophylaxeunterricht durch die<br />
Mitarbeiterinnen des Arbeitskreises Jugendzahnpfl ege bereits<br />
Kenntnisse über die Kariesentstehung mitbringen, haben<br />
sie hier die Gelegenheit diese aufzufrischen und zu vertiefen.<br />
Wir sprechen über die Zusammensetzung des Zahnbelages,<br />
die plaquebildenden Bakterien, über deren Rolle bei der<br />
Entstehung von Karies und Zahnfl eischbluten, und natürlich<br />
auch über die Plaquebeseitigung, das Zähneputzen.<br />
Da die Kinder während des Gesundheitstags viele neue und<br />
verschiedene Dinge erfahren und erleben, ist es wichtig,<br />
diese neuen Kenntnisse in der Folgezeit im Unterricht auf-<br />
77
weitere Beiträge<br />
zuarbeiten. Zu diesem Zweck stellen wir den begleitenden<br />
Lehrern Anregungen und Material für deren Umsetzung zur<br />
Verfügung.<br />
Versuche mit der eigenen Plaquebildung und anschließender<br />
Anfärbung sollen die Kinder dazu anregen:<br />
4sich<br />
mit dem Thema „Zahnbeläge und Zahngesundheit“<br />
auseinanderzusetzen,<br />
4mittels<br />
des Versuchs „Einfärben der Zahnbeläge“ das<br />
Ausmaß ihrer eigenen Zahnbeläge zu untersuchen,<br />
4den<br />
Zusammenhang zwischen unzureichender<br />
Gebisspfl ege und der Entstehung<br />
4von<br />
Zahnerkrankungen (z.B. Karies) aufzuzeigen sowie<br />
das Gebiss nach den Hauptmahlzeiten richtig zu<br />
reinigen.<br />
Darüber hinaus ist es Rahmen einer solchen Veranstaltung<br />
möglich, nichtalltäglichen technischen Aufwand zu betreiben<br />
und den Kindern mit Hilfe eines Plakoskops, einer<br />
Kamera, die mit einem Mikroskop verbundenen ist, lebende<br />
Bakterien im eigenen Zahnbelag vorzuführen.<br />
■<br />
78<br />
Station 3: „Pausenbrot-Experten“<br />
Ak Jugendzahnpfl ege/Ernährung am Fachbereich Gesundheit<br />
Marburg-Biedenkopf<br />
Begründung<br />
Häufi g festgestellte mangelhafte Frühstückssituation bei<br />
Schulkindern, d.h. Kinder frühstücken nicht oder das Falsche.<br />
Das hat negative Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit,<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefi nden der Kinder,<br />
auf Dauer auch gesundheitliche Nachteile.<br />
Ziel<br />
Optimierung des Pausenfrühstücks von Schulkindern<br />
im Rahmen eines zuckerfreien Vormittags, Kinder der<br />
Jahrgangsstufen 3 werden zu Pausenbrot-Experten.<br />
Ablauf<br />
Die Kinder erhalten eine kurze Einführung in das Thema und<br />
den Experiment-Ablauf. Jedes Kind bekommt eine abgeklebte<br />
Schwimmbrille und verdeckt damit die Augen. „Blind“<br />
greift es einen Spieß mit je drei Proben von Lebensmitteln<br />
aus den Gruppen Brot, Milch (Käse) und Gemüse. Es soll<br />
erkennen und benennen, welche Lebensmittel es isst. Die<br />
Lebensmittel werden den Gruppen zugeordnet, die jeweils<br />
auch durch eine Farbe symbolisiert werden. So wird die Drei-<br />
Farben-Regel für das Schulfrühstück entwickelt: Ein ideales<br />
Pausenfrühstück<br />
setzt sich immer<br />
aus diesen drei<br />
Komponenten (Farben)<br />
zusammen:<br />
(Vollkorn-) Getreide<br />
(braun), Milch/<br />
-produkt (weiß) und<br />
Obst oder Gemüse<br />
(grün). Fotos zeigen,<br />
dass sich vielfältige,<br />
leckere<br />
Frühstücke aus diesen<br />
Komponenten<br />
herstellen lassen;<br />
Brotfrühstücke sowie<br />
Müsli. Die<br />
Farbregel ist einprägsam<br />
und dient
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />
zum Checken. Die Kinder sollen das Gelernte unbedingt den<br />
Eltern zu Hause weitersagen.<br />
Nachbereitung<br />
4Arbeitsblatt<br />
„Braun-weiß-grün“: Die Kinder wählen<br />
unter den dargestellten Komponenten aus, tragen ihre<br />
Frühstückswünsche in das Arbeitsblatt ein und teilen sie<br />
ihren Eltern mit.<br />
4aid-Arbeitsheft<br />
für die Grundschule „5 Sterne fürs<br />
Frühstücken“<br />
■<br />
Station 4: Gesundheitsquiz für Kinder<br />
Marburger Apotheker<br />
Insgesamt wurden 4 Schwerpunktthemen behandelt.<br />
Die Kinder sollten durch Fragespiele erkennen, welche<br />
Nahrungsbestandteile für die Ernährung wichtig und welche<br />
ungesund sind. Die erste Fragestellung befasste sich mit dem<br />
Thema „Flüssigkeit“. Die Kinder sollten anhand der Fragen<br />
lernen, welche Flüssigkeitsmenge täglich getrunken werden<br />
soll und welche Getränke besonders empfehlenswert sind.<br />
Als nächster wichtiger Nebennährstoff stand der „Zucker“ im<br />
Blickpunkt. Den Kindern wurde vermittelt, dass zuckerhaltige<br />
Speisen nur in geringen Mengen pro Tag aufgenommen<br />
werden dürfen, da Zucker nur sogenannte „leere“ Kalorien<br />
sind. Zucker wird oft in hohen Mengen versteckt mit den<br />
Nahrungsmitteln aufgenommen. Den Kindern wurde anhand<br />
von Süßgetränken (Coca Cola, Fanta), Ketchup und<br />
Schokolade (Nutella) bildlich mit Würfelzucker-Pyramiden<br />
gezeigt, wie viel Zucker in den jeweiligen Nahrungsmitteln<br />
enthalten ist. Desweiteren wurde das Thema „Fett“ behandelt.<br />
Dabei wurde deutlich, welche Fette der Körper benötigt<br />
und welche Fette dagegen sparsam verwendet werden<br />
sollen. Auch hier gab es Quizfragen, die als Beispiele für<br />
hohen Fettgehalt Kartoffelchips oder Pommes Frites und<br />
als Beispiele für fettarme Nahrungsmittel Kartoffeln oder<br />
Kartoffelbrei behandelten. Auch Mayonnaise als Beispiel<br />
für ein fetthaltiges Nahrungsmittel wurde behandelt. Die<br />
Kinder sollten dabei selbständig erkennen, auf welche Fette<br />
man verzichten soll (Fast Food).<br />
Als letzter wichtiger Nahrungsbestandteil (Mineralstoff)<br />
wurde das „Calcium“ besprochen. Hier sollten die Kinder<br />
anhand verschiedener Quizfragen beantworten, welche<br />
Menge Calcium pro Tag im Grundschulalter zugeführt werden<br />
soll. Es wurde beispielhaft berechnet, wie viel Calcium<br />
zum Beispiel Milch, Joghurt oder Käse enthält. Den Kindern<br />
wurde bewusst: „Wer als Kind viel Milch trinkt, dessen<br />
Knochengesundheit hält ein Leben lang“.<br />
Am Ende des Gesundheitsquiz wurden die Kinder befragt,<br />
aus welchen Bestandteilen ein gesundes Frühstück besteht,<br />
was ihnen mit tollem Erfolg gelang. Es wurde allen Kindern<br />
deutlich, dass „Cola mit Pommes und Ketchup/Mayo“<br />
nicht zu den täglichen Nahrungsbestandteilen zählen dürfen.<br />
Fast Food darf zwar in Ausnahmefällen gegessen werden,<br />
jedoch sollte die gesunde Ernährung mit viel Obst und<br />
Gemüse, pfl anzlichen Ölen und wenig Fleisch und Wurst im<br />
Mittelpunkt stehen.<br />
79
weitere Beiträge<br />
■ Station 5: Richtig Sitzen, Stehen Tragen<br />
– spielerisch erfahren<br />
Physicum – Fitnesswelt Marburg<br />
1. Die Wirbelsäule (Funktion und Aufbau)<br />
Die Form der Wirbelsäüle erkunden:<br />
4Aufgabe<br />
mit Partner: Tücher unter verschiedene Bereiche<br />
der WS legen und herausziehen.<br />
4Erklärung<br />
des Aufbaus der Wirbelsäule am Model<br />
2. Wie hebe/trage ich richtig?<br />
Die wichtigsten Regeln für das Heben und Tragen von<br />
Lasten:<br />
4Die<br />
Last nahe am Körper hochheben und auch tragen<br />
4Beim<br />
Heben die Beine stets beugen<br />
4Den<br />
Rücken gerade halten<br />
4(Evtl.<br />
Schulranzen TÜV)<br />
80<br />
3. Wie sitze ich richtig?<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Den Kindern werden Sitzpositionen gezeigt worauf sie feststellen<br />
sollen was jeweils falsch an dieser Sitzposition ist<br />
(z.B. Stuhl zu niedrig, Tisch zu hoch etc.).<br />
4. Wer steht am Stabilsten?<br />
Paarübung: Die Kinder versuchen sich gegenseitig aus dem<br />
Gleichgewicht zu bringen?<br />
4Wann<br />
stehst Du am Wackeligsten?<br />
4Wann<br />
stehst Du am Stabilsten?<br />
Variante: mit wackeligem Untergrund (Core Board oder zusammengerollte<br />
Matte)<br />
5. Kräftigungs- und Beweglichkeitsübungen<br />
4Gleichgewicht:<br />
Zuspiel eines Luftballons im Einbeinstand<br />
(Luftballon)<br />
4Bauch:<br />
Handtuch / Tuchklau + Ballonwurf in Rückenlage<br />
von Händen zu Füßen und zurück (Tuch, Ballon)<br />
4Robin<br />
Hood der Bogenschütze (Theraband)<br />
4Beweglichkeit:<br />
Katzenbuckel und Pferderücken, Kobra<br />
■<br />
Station 6: „Gefühle“<br />
Deutscher Kinderschutzbund<br />
Unser Ansatz ist der Zusammenhang zwischen Körper<br />
und Seele – schlechte Gefühle können auf Dauer den<br />
Körper krank machen. Der äußere Rahmen für unsere<br />
Aktion: In einer Ecke des großen Raumes haben wir ein<br />
„Beduinenzelt“ aufgebaut, die Kinder sitzen darin in angenehmem<br />
Duft (Duftlampe) und warmem Licht auf Kissen.<br />
(Gutes Gefühl – „geil hier drin“ – „schön kuschelig“). Damit<br />
ist das Gespräch zum Thema „was macht gute- was macht
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />
schlechte Gefühle“ bereits angestoßen und sinnfällig gemacht.<br />
Der Zusammenhang zwischen der Gefühlswelt und<br />
dem körperlichen Befi nden wird den Kindern in Beispielen,<br />
die sie selber fi nden, klargemacht (Zittern vor Angst, rot vor<br />
Scham....).<br />
Wir erzählen den Kindern eine Geschichte, in der es um<br />
Mobbing in der Schule geht und um einen Jungen, der sich in<br />
dieser Situation, die die Kinder irgendwie alle kennen, Hilfe<br />
holt und sie auch bekommt. Während des Zuhörens kreuzen<br />
die Kinder auf „Gefühlekärtchen“ (stilisierte Gesichter, die<br />
verschiedene Gefühle ausdrücken) das Gesicht an, das die<br />
Gefühle der einzelnen Personen der Geschichte ausdrückt.<br />
Darüber sprechen wir im Anschluss. Der Unterschied zwischen<br />
„petzen“ und „Hilfe holen“ wird mit den Kindern<br />
diskutiert. Wir suchen Personen, bei denen sich Kinder in<br />
bedrückenden oder sie ängstigenden Situationen Hilfe holen<br />
können. Das Recht der Kinder auf eigenständige Beratung<br />
wird erläutert und die Kinder erhalten zum Abschluss<br />
Kärtchen, auf denen die Nummer des Kinder-Jugendtelefons<br />
gedruckt ist, die „Nummer gegen Kummer“, die man anrufen<br />
kann, wenn man niemanden weiß, den man um Hilfe<br />
bitten kann.<br />
Die Botschaft, die wir den Kindern vermitteln: wenn Du<br />
Dich schlecht fühlst und diese Gefühle über längere Zeit anhalten,<br />
dann such Dir einen Menschen, zu dem Du Vertrauen<br />
hast und mit dem Du darüber reden kannst, jemanden der<br />
Dir hilft, aus der unguten Situation herauszukommen. Hol<br />
Dir Hilfe!<br />
■<br />
Station 7: Erste Hilfe<br />
Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.<br />
Zielsetzung<br />
Frühzeitige Sensibilisierung der Schulkinder für die Erste<br />
Hilfe und Förderung prosozialen Verhaltens. Darüber<br />
hinaus soll erkannt werden, dass Hilfe bereits mit der<br />
Kontaktaufnahme und Betreuung eines Verletzten oder<br />
Erkrankten anfängt.<br />
Durchführung<br />
Mit viel Freude entdecken die Kinder die ausgelegten<br />
Verbandkästen und können das Material natürlich auch<br />
selbst betrachten und anfassen. Zuerst gibt es eine Einleitung<br />
durch einen Ausbilder der Johanniter, der kurz erklärt,<br />
wann man einen Verband (mit Kompresse/Mullbinde oder<br />
Verbandpäckchen) anlegt und vor allem wie. Ein Kind darf<br />
sich mit Hilfe von Theaterschminke und Kunstblut eine<br />
(mäßig blutende) Wunde mimen lassen. Daraufhin wird<br />
die korrekte Handhabung des Verbandes noch einmal vom<br />
Ausbilder demonstriert. Dabei achtet dieser besonders auf<br />
eine angemessene Betreuung des „verletzten“ Schülers.<br />
81
weitere Beiträge<br />
Anschließend beginnt die praktische Übung. Ein Kind bekommt<br />
eine Wunde geschminkt, ein anderes versorgt es<br />
– bis alle Kinder mit Wunde und Verband versehen sind.<br />
Mit Spaß bei der Sache und auch einigem Geschick meistern<br />
die Kinder ihre Aufgabe und vergessen auch nicht den<br />
Klassenkameraden zu trösten. Und natürlich fehlt es auch<br />
keinem Schüler an Ideen, was man zu Hause den Eltern erzählen<br />
kann, was denn da Schlimmes passiert ist!<br />
■<br />
82<br />
Station 8: Bewegung ist Leben<br />
Verein zur Bewegungsförderung und Psychomotorik e.V.<br />
Marburg<br />
Vielfach wird der Zusammenhang von Bewegung und<br />
Gesundheit auf die Erhaltung und Verbesserung des Herz-<br />
Kreislauf-Systems und des Halte- und Stützapparates reduziert.<br />
Der Nutzen und die Notwendigkeit von Bewegung<br />
für die Gesundheit von Kindern muss aber umfassender und<br />
grundsätzlicher betrachtet werden. Ohne eine ausgewogene<br />
Einheit von Bewegung und Wahrnehmung ist die gesamte<br />
Entwicklung von Kindern beeinträchtigt. Nur indem das Kind<br />
über Bewegungshandlungen auf seine Umwelt zugeht, sich<br />
in ihr ausprobiert und damit experimentiert, bekommt es die<br />
notwendigen Reize, Erfahrungen und Informationen für die<br />
Entwicklung von motorischen, sensorischen, kognitiven und<br />
emotional-sozialen Kompetenzen. Bewegungsmangel, fehlende<br />
aktive Auseinandersetzungen mit dem eigenen Körper<br />
und Reizüberfl utung, insbesondere in den Sinnesbereichen<br />
Hören und Sehen, führen zu deutlichen Einschränkungen.<br />
Bewegung und Wahrnehmung bilden daher eine notwendige<br />
Grundlage der kindlichen Entwicklung.<br />
Diesen Zusammenhang möchten wir Kindern an dem<br />
Beispiel der Entwicklung der motorischen Kompetenz: „des<br />
Schreibens mit einem Stift“ deutlich machen. Um diese motorische<br />
Kompetenz sicher im 7. Lebensjahr anwenden zu<br />
können, müssen Kinder in ihrer Entwicklung wichtige andere<br />
motorische Kompetenzen erlangen, in verschiedenen<br />
Lebensstadien vielfältige Bewegungshandlungen ausfüh-<br />
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ren und bewältigen. In sieben Stationen, die die Abfolge<br />
der sieben Lebensjahre repräsentieren, werden die Kinder<br />
auf die den Lebensabschnitten zugehörigen motorischen<br />
Anforderungen hingewiesen und ebenso aufgefordert die jeweiligen<br />
Bewegungsaufgaben aktiv zu bewältigen.<br />
4Station<br />
1. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Krabbeln,<br />
Kriechen“ – Bewegungsaufgabe: „Reifenturm<br />
durchkriechen“<br />
4Station<br />
2. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Steigen,<br />
Klettern“ – Bewegungsaufgabe: „Kastenrahmen<br />
durchsteigen“<br />
4Station<br />
3. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Balancieren“<br />
– Bewegungsaufgabe: „Auf Seilschnecke balancieren“<br />
4Station<br />
4. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Federn,<br />
Wippen“ – Bewegungaufgabe: „Auf Wackelbrettern<br />
wippen“<br />
4Station<br />
5. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Hüpfen,<br />
Springen“ – Bewegungsaufgabe: „Slalomparcours entlanghüpfen,<br />
-springen“<br />
4Station<br />
6. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Fangen,<br />
Zielwerfen, koordinierte Arm-Handbewegungen“ –<br />
Bewegungsaufgabe: „Führen eines Balles mit einem<br />
Stab entlang einer Spur“<br />
4Station<br />
7. Lebensjahr: Bewegungthema: „präzise<br />
feinmotorische Tätigkeiten mit den Händen“ –<br />
Bewegungsaufgabe: „Gegenstände mit Wäscheklammer<br />
transportieren, Schreiben mit einem Stift“
Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />
■ Station 9: Mit allen Sinnen<br />
Orangenschalen, Zimt und Curry. Bei Curry haben die meisten<br />
Kinder Schwierigkeiten, erkennen es aber als Gewürz.<br />
Fachbereich Gesundheit, Kinder- und Jugendärztlicher<br />
Dienst, des Landkreises Marburg-Biedenkopf<br />
Tastsinn<br />
Mit den fünf Sinnesorganen nehmen wir die Zustände und<br />
Vorgänge in der Welt um uns wahr. Mit Augen, Ohren, Die Kinder ertasten verschiedene Gegenstände: Wollknäuel,<br />
Nase, Zunge und Haut nehmen wir die Reize auf, die Büroklammern, Knete und Tesarollen. Dies gelingt fast al-<br />
über Nervenbahnen ins Gehirn weitergeleitet werden und<br />
dort in ganz bestimmten Arealen verarbeitet werden, sodass<br />
sie von uns als Bilder oder Bewegungen, Geräusche,<br />
len Kindern mühelos.<br />
Gerüche, Geschmack, Temperatur oder Berührung erfahren<br />
werden. Das wichtigste Sinnesorgan des Menschen, das<br />
Geschmackssinn<br />
Auge, nimmt 70% der täglichen Wahrnehmung auf, ande- Die Kinder dürfen die Geschmacksrichtungen süß, sauer<br />
re Sinnesorgane sind weniger ausgeprägt (Geschmack) oder und salzig erleben. Da bitter als eklig empfunden wird und<br />
verkümmert (Geruch). In den praktischen Versuchen zu al- der Geschmack lange erhalten bleibt, verzichten wir auf dielen<br />
Sinnesbereichen sollen die Kinder sich auf jeweils ein se Erfahrung. Die Kinder strecken die Zunge heraus und be-<br />
Sinnesorgan konzentrieren und erfahren wie wir Geschmack,<br />
Tastsinn und Geruch unter Ausschaltung des Sehens erleben.<br />
Bei diesen Versuchen werden die Kinder mit einer beklebten<br />
kommen Zucker, Salz und Zitronensaft darauf geträufelt.<br />
Schwimmbrille ausgestattet, um nicht die Sinneserfahrung<br />
durch Sehen zu verfälschen.<br />
Hören<br />
Dieser Versuch zeigt den Unterschiede zwischen Luft- und<br />
Knochenleitung beim Hören: ein Drahtkleiderbügel wird<br />
Geruchssinn<br />
mit Schnüren versehen, diese werden um die Zeigefi nger<br />
gewickelt. Nun schlagen die Kinder den Bügel gegen eine<br />
Die Kinder sollen verschiedene Düfte „erriechen“, Metalltür und lauschen auf das Geräusch. Dann halten sie<br />
ohne etwas zu sehen. Als Beispiele nehmen wir hierfür sich die Ohren zu und schlagen wiederum mit dem Bügel<br />
gegen die Tür. Das Gehörte unterscheidet sich deutlich und<br />
erstaunt Kinder und Begleitpersonen.<br />
Sehen<br />
Die Kinder werden wieder mit der beklebten Schwimmbrille<br />
ausgestattet und dürfen sich dann unter Zuhilfenahme der<br />
Hände und Arme einen Weg durch den Raum ertasten und<br />
auch Treppen hinauf- und hinuntersteigen. Diese Erfahrung<br />
wird zunächst oft als „cool“ geschildert, bei genauerem<br />
Nachdenken aber als schwierig und gefährlich für den Alltag<br />
eingeschätzt.<br />
83
weitere Beiträge<br />
■<br />
84<br />
Station 10 - Suchtprävention<br />
Fachstelle für Suchtprävention für den Kreis Marburg<br />
Biedenkopf<br />
Wenn gegen Suchtgefahren Schutzfaktoren entwickelt werden<br />
sollen, muss damit bereits begonnen werden, bevor<br />
Kinder erste Erfahrungen mit Suchtmitteln machen. Deshalb<br />
sollte Suchtprävention im Kindergarten und der Grundschule<br />
beginnen.<br />
Der Beitrag der Fachstelle für Suchtprävention zum<br />
Marburger Gesundheitstag beruht auf dem Programm<br />
„Eigenständig Werden“, einem Programm zur Sucht- und<br />
Gewaltprävenvention, Persönlichkeitsentwicklung und<br />
Gesundheitsförderung für die Klassenstufen 1-6. Ziel ist<br />
es, im Rahmen des Schulunterrichts Kinder zu stärken und<br />
ihnen Kompetenzen und Fähigkeiten für ein Leben ohne<br />
Sucht zu vermitteln. Dies ist naturgemäß im Rahmen des<br />
Gesundheitstages nur beschränkt möglich. Unser Angebot<br />
heißt: „Sich selbst vertrauen“. Durch kurze Übungen und<br />
Spiele wird das Selbstvertrauen der Schülerinnen und<br />
Schüler gefördert.<br />
Mit der „magischen Muschel“ stellen sie sich vor und dar,<br />
was sie an sich mögen und auf welche Fähigkeiten sie<br />
stolz sind. Gleichzeitig üben sie, einander zuzuhören. Im<br />
„Komplimente-Spiel“ wünschen sie sich jemand an ihre<br />
rechte Seite und sagen diesem, was sie an ihm mögen. Das<br />
„Ja/Nein-Spiel“ dient der spielerischen Annäherung an das<br />
Thema „Selbstbehauptung“: inwieweit gelingt es mir, mein<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
„Nein“ gegen das „Ja“ des Anderen aufrecht zu erhalten oder<br />
durchzusetzen? Dieses lebendige und laute Spiel macht Spaß<br />
und dient dem Ausdrücken von Aggressionen, ohne dem<br />
Anderen weh zu tun. Eine kurze Auswertung der Stimmung<br />
per „Daumenkino“ beendet das Angebot.<br />
Der Leiter erhält Rückmeldung, wie es den Kindern geht<br />
und wie die Übungen angekommen sind.<br />
■<br />
Ansprechpartner & Autoren<br />
Andrea Müller<br />
Am Kesseltrisch 8<br />
35287 Amöneburg<br />
Tel.: 06422 - 897789<br />
Fax: 06422 - 898703<br />
E-Mail: mueller-andrea@t-online.de<br />
Thomas Kopaniak<br />
Deutschhausstraße 22<br />
35037 Marburg<br />
Tel.: 06421 - 61166<br />
Fax: 06421 - 66996<br />
E-Mail: buero@kopaniak-immobilien.de
■<br />
86<br />
Herausgeber<br />
Schule & Gesundheit<br />
Hessisches Kultusministerium<br />
Luisenplatz 10<br />
65185 Wiesbaden<br />
■<br />
Verantwortlich<br />
B. Zelazny<br />
■<br />
Redaktionsteam<br />
A. Breuker, M. Melcher, R. Weißgraeber<br />
■<br />
Layout und Titelgestaltung<br />
R. Weißgraeber<br />
robert@weissgraeber.info<br />
■<br />
Druckerei<br />
Druckerei Zeidler GmbH & Co KG, Mainz-Kastel<br />
■<br />
Titelbilder<br />
istockphoto<br />
Erscheinungsweise: 1x jährlich<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />
unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.<br />
www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />
Impressum<br />
■<br />
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Gerne nehmen wir diese auf. Um einen reibungslosen<br />
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Fax: 0611 - 368 1736<br />
Tel.: 0611 - 368 2736<br />
Telefonische Sprechstunde:<br />
Dienstags und Donnerstags<br />
zwischen 10:00 und 12:00 Uhr, 14.00 bis 16.00 Uhr<br />
Das Scherpunktthema der nächsten Ausgabe ist „Lehrerinnen-<br />
und Lehrergesundheit“, gerne nehmen wir aber auch Artikel<br />
zu anderen Themengebieten auf.
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Schule & Gesundheit<br />
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