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Verkehrserziehung & Mobilitätsbildung

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Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

Leitgedanken der diesjährigen<br />

Ausgabe der Netzwerkzeitung<br />

Schule & Gesundheit<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> wie <strong>Mobilitätsbildung</strong>, Umwelterziehung<br />

gepaart mit Verbraucherbildung sind feste Bestandteile von<br />

Schule & Gesundheit und der allgemeinen Bildungs- und<br />

Erziehungsaufgaben der Schulen in Hessen. „Verkehr“ und<br />

„Gesundheit“ gehören zusammen, leben quasi in Ehe miteinander<br />

wie unschwer an dem Ausspruch von Sascha Guitry<br />

zu erkennen ist:<br />

„Die Autofahrer sind sicherer, wenn die Straßen trocken<br />

sind. Und die Straßen sind sicherer, wenn die Autofahrer<br />

trocken sind.“<br />

Sicherheit ist eine Frage des eingeübten Umgangs mit dem<br />

Risiko. Jacques Tati formulierte dies gewandter mit der<br />

Aussage:<br />

„Der größte Aberglaube der Gegenwart ist der Glaube an<br />

die Vorfahrt.“<br />

So sind die Abschätzung von Risiken, die mit dem Verkehr<br />

zusammen hängen, für den Lebens- und Schulalltag von<br />

Kindern und Jugendlichen von zunehmender Bedeutung.<br />

Kinder werden schon vom ersten Schultag mit den<br />

Editorial<br />

Auswirkungen auf ihre Lebenswelt konfrontiert und sind<br />

aber mit wachsendem Alter auch aktive, mobile Teilnehmer<br />

am Straßenverkehr. Die angemessene Verkehrsmittelwahl<br />

zur Befriedigung unterschiedlicher Mobilitätsbedürfnisse<br />

in unterschiedlichen Alters- und Entwicklungsphasen von<br />

Kindern und Jugendlichen ist ein zentrales Thema der<br />

<strong>Mobilitätsbildung</strong> und ein wesentlicher Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung<br />

von Kindern und Jugendlichen.<br />

Ansatzpunkte für eine lebendige Auseinandersetzung in der<br />

Schule können Aktionen wie:<br />

4die<br />

jährlich durchgeführte Aktion „Zu-Fuß-zur-Schule“<br />

4Deine<br />

Stadt – dein|t|o|w|n|<br />

4(M)eine<br />

Klasse fährt Rad<br />

4Achtung<br />

Auto<br />

4Risiken<br />

im Straßenverkehr kommunizieren (RISK)<br />

4Umweltschonend<br />

und sozialverträglich unterwegs (nachhaltige<br />

Klassenfahrten)<br />

Hierdurch sollen Schülerinnen und Schüler befähigt werden,<br />

selbständige Entscheidungen zu treffen aber auch die<br />

Risiken abschätzen und bewusst vermeiden zu können.<br />

3


Eine gesundheitsfördernde Schule bezieht immer<br />

auch die Erhaltung und Bewahrung der natürlichen<br />

Lebensbedingungen als eine Basis allen menschlichen<br />

Handelns mit in ihre Arbeit und tägliche Praxis ein.<br />

Eine zukunftsfähige, dauerhaft umweltgerechte Entwicklung<br />

ist eine der zentralen Herausforderungen zu Beginn des<br />

21. Jahrhunderts. Die Generalversammlung der Vereinten<br />

Nationen hat dieser Herausforderung durch die Einrichtung<br />

einer UN-Dekade „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“<br />

Rechnung getragen, an der sich auch das Land Hessen mit<br />

eigener Schwerpunktsetzung beteiligt.<br />

Im Kerngedanken der Bildung für eine nachhaltige<br />

Entwicklung geht es um Kompetenzerwerb für das Bemühen<br />

um:<br />

4<br />

4Die<br />

Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen<br />

4Sozial-<br />

und umweltverträgliche Formen des Wirtschaftens,<br />

Arbeitens und Lebens<br />

4Die<br />

Überwindung der Armut überall auf der Welt<br />

4Die<br />

Teilhabe aller Menschen an Bildung, an demokratischen<br />

Entscheidungsprozessen und an der<br />

Lebensgestaltung.<br />

Hierdurch wird deutlich, dass es auch bei der<br />

Umwelterziehung, einem zentralen Aktionsfeld der Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung, nicht alleine und vordergründig<br />

um die Erhaltung der umgebenden Natur geht, son-<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

dern um umwelt- und sozialverträgliche Befriedigung von<br />

Lebensbedürfnissen.<br />

Die Teilhabe hieran und auch die Befähigung zur aktiven<br />

zukunftsfähigen Lebensgestaltung sind Grundgedanken<br />

der schulischen Umwelterziehung, die sich im Dialog<br />

mit Wirtschaft und Gesellschaft vollzieht, mit dem Ziel<br />

Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten der eigenen<br />

Lebensgestaltung im Rahmen einer demokratisch geprägten<br />

Gesellschaft zu ermöglichen.<br />

Die Vermittlung von Werten einer zukunftsfähigen<br />

Entwicklung, aber auch die Weckung der Bereitschaft, aktiv<br />

an der Gestaltung teilzunehmen, sind zentrale Ziele.<br />

Im vorliegenden Heft fi nden Sie Beispiele für die erfolgreiche<br />

Arbeit an Schulen in diesen Themenfeldern, aber<br />

vor allem auch viele Hinweise auf die Unterstützung dieser<br />

Arbeit durch Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

Die Beiträge sollen Sie ermutigen, die eigene Arbeit zu<br />

refl ektieren, neue Anregungen und Impulse zu sammeln<br />

und Sie vor allem ermutigen, sich weiterhin engagiert für<br />

die Gesundheitsbildung in den hessischen Schulen zu<br />

engagieren.<br />

Karin Wolff<br />

Hessische Kultusministerin


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Hessenweite Aktion „Zu-Fuß-zur-Schule“ am 22. September . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Radfahrausbildung im Realverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

Deine Stadt – dein|t|o|w|n|? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Das „Netzwerk <strong>Verkehrserziehung</strong>“ als Beispiel für die <strong>Mobilitätsbildung</strong> . . . . . 15<br />

ADAC-Jugend-Fahrradturnier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

(M)eine Klasse fährt Rad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

Unsere Klasse: „Fit auf dem Fahrrad, fi t im Verkehr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

„Achtung Auto!“ – Aktionen im Rahmen der <strong>Verkehrserziehung</strong> . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Risiken im Straßenverkehr kommunizieren – Aktion RiSk am Studienseminar . . 28<br />

Alkohol und Drogen im Straßenverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Risiken im Straßenverkehr kommunizieren (RiSk) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

Radfahren und Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

„FahrRad! – Wer zur Schule fährt, gewinnt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

„Nachhaltige Klassenfahrten“<br />

– Umweltschonend und sozialverträglich unterwegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

VCD-Kampagne „Schule bewegt!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Die Bedeutung der Umwelterziehung/ökologischen Bildung im Schulalltag . . 49<br />

Beratung und Unterstützung vor Ort<br />

– die Hessischen Umweltbildungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

Die DVD zur Besser-Esser-Woche-<br />

Angebote für Umweltbildung in Licherode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

Der „Besser-Esser-Pass“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

Wieder von den Alten lernen – Senioren als Umwelttrainer für Kinder . . . . . . . . . 60<br />

Gesunde Schulverpfl egung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

Umweltbildung im Hessischen Ministerium für Umwelt,<br />

ländlichen Raum und Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

Die Musik spielt in den Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

weitere Beiträge<br />

Der zuckerfreie Vormittag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />

Das Projekt„Marburger Gesundheitstag für Kinder“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />

5


Hessenweite Aktion „Zu-Fuß-zur-Schule“<br />

am 22. September<br />

6<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Johanna wartet schon vor der Haustür auf ihre Freundin Maike. Jeden morgen vor der Schule kommt Maike<br />

hier vorbei und holt Johanna ab. Mit dem Schulranzen auf dem Rücken laufen die beiden fröhlich erzählend<br />

die Straße entlang bis zur nächsten Kreuzung. Hier treffen sie meist Fabian und Daniel aus der Parallelklasse.<br />

Oft haben die beiden Jungs eine Idee, was sie gemeinsam am Nachmittag unternehmen könnten, oder sie<br />

überlegen sich ein Spiel für die erste Pause.<br />

Die Realität, wie sie sich allmorgendlich vor vielen Schulen<br />

abspielt, sieht meist etwas anders aus. Immer häufi ger bringen<br />

Eltern ihre Kinder mit dem Auto in die Schule: Man<br />

fährt unmittelbar vor das Schultor und blockiert die An- und<br />

Abfahrt. Aussteigende Mädchen und Jungen irren zwischen<br />

den fahrenden und parkenden Fahrzeugen umher und laufen<br />

dabei Gefahr überrollt zu werden. Nach Schulschluss spielt<br />

sich alles noch einmal in umgekehrter Reihenfolge ab.<br />

Doch neben der akuten Unfallgefahr vor der Schule, hat<br />

das „Elterntaxi“ weitere Nachteile: In den letzten Jahren<br />

hat die Zahl der übergewichtigen Schulanfänger erheblich<br />

zugenommen. Viele Kinder haben schon zu Schulbeginn<br />

Haltungsschäden und leiden unter muskulären Schwächen<br />

und Koordinierungsproblemen. Wichtige Sozialerfahrungen<br />

werden den Kindern genommen, denn das Gespräch<br />

mit Freunden auf dem gemeinsamen Schulweg und das<br />

Gefühl der Selbständigkeit fehlt in der Erfahrungswelt der<br />

„Taxi-Kinder“.<br />

Eltern möchten ihre Kinder gerne vor den Gefahren des<br />

Verkehrs schützen und wissen meist nicht, dass sie sie dabei<br />

einem erhöhten Unfallrisiko aussetzen. Der Großteil der<br />

tödlichen Unfälle im Kindesalter geschieht im elterlichen<br />

PKW. Wenn Kinder den Weg zur Schule laufen, lernen sie<br />

ihre Umgebung besser kennen, erwerben im Straßenverkehr<br />

erste praktische Erfahrungen und erleben dabei die soziale<br />

Gemeinschaft in einer Situation, die nicht von Erwachsenen<br />

permanent kontrolliert wird. Durch mehr Selbständigkeit<br />

wächst auch das Selbstbewusstsein. Möglicherweise entsteht<br />

durch den täglichen gemeinsamen Weg sogar die eine oder<br />

andere Freundschaft. Nebenbei wird sogar unsere Umwelt<br />

geschont, wenn weniger Autos als Elterntaxis zum Einsatz<br />

kommen.<br />

Außerdem berichten Lehrerinnen und Lehrer immer wieder:<br />

Wenn Kinder ihren Schulweg zu Fuß zurückgelegt haben,<br />

erscheinen sie in der Regel wach, fi t und ausgeglichen zum<br />

Unterricht.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass das Verkehrsverhalten von<br />

Jugendlichen und Erwachsenen entscheidend durch das<br />

Verkehrsverhalten der Eltern geprägt wurde. Wer als Kind<br />

nicht gelernt hat, zu Fuß zu gehen, wird auch als Erwachsener<br />

das Auto als Transportmittel bevorzugen.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

„I walk to school“ ist eine Kampagne aus den USA, die auch<br />

in Europa mittlerweile ihren festen Platz gewonnen hat. In<br />

Deutschland ist es der 22. September eines jeden Jahres, an<br />

dem zur Aktion „Zu Fuß zur Schule“ aufgerufen wird.<br />

Im Alleingang oder gemeinsam mit Gemeindeverwaltungen<br />

und Ordnungsbehörden versuchen Schulen und Verbände,<br />

wie etwa der VCD, mit vielfältigen Aktionen Eltern und<br />

Kinder von den Vorteilen des Zufußgehens zu überzeugen.<br />

Man kann beispielsweise am Aktionstag in den verschiedenen<br />

Wohngebieten der Schule die Kinder an einem Ort sammeln<br />

und von dort sternförmig mit Transparenten oder auffälligen<br />

Verkleidungen in die Schule ziehen. Im Schulhof könnte ein<br />

kleiner Empfang für die Kinder mit Bewegungsspielen und<br />

Musik vorbereitet sein.<br />

Auch ein „Zu-Fuß-zur-Schule-Pass“ kann zum Einsatz kommen.<br />

Jedes Kind erhält einen solchen Pass, der jeden Morgen<br />

in der Aktionswoche abgestempelt wird, wenn das Kind zur<br />

Schule gelaufen ist. Die Klasse mit der anteilmäßig größten<br />

Fußgängergruppe erhält eine Auszeichnung.<br />

Es besteht auch die Möglichkeit, langfristig einen „walking<br />

bus“ ins Leben zu rufen, bei dem die Schülerinnen<br />

und Schüler, gemeinsam mit einigen begleitenden Eltern,<br />

täglich einen festgelegten Schulweg laufen und dabei an<br />

so genannten „Haltestellen“ die wartenden Kinder aufnehmen.<br />

Das Team der begleitenden Eltern muss dafür einen<br />

Plan ausarbeiten, um die Regelmäßigkeit des „Schulbusses<br />

auf Beinen“ zu gewährleisten. Über den Aktionstag oder die<br />

Aktionswoche hinaus kann daraus ein Projekt mit einer besonders<br />

nachhaltigen Wirkung entstehen.<br />

Weitere gute Aktionstipps fi nden sich auf der Internetseite<br />

www.iwalktoschool.de.<br />

Die Fachberatung für <strong>Verkehrserziehung</strong> und<br />

<strong>Mobilitätsbildung</strong> in Hessen hat sich gemeinsam mit dem<br />

Kultusministerium das Ziel gesetzt, im Sinne unserer Kinder<br />

und der zu schützenden Umwelt so viele hessische Schulen<br />

wie möglich, zum „Zu-Fuß-zur-Schule“ Aktionstag am 22.<br />

September und natürlich darüber hinaus „auf die Beine“ zu<br />

bringen.<br />

Motivieren auch Sie die Schülerinnen und Schüler, die<br />

Eltern und die Kolleginnen und Kollegen Ihrer Schule dafür<br />

einzutreten, dass das „Elterntaxi“ zukünftig in der Garage<br />

stehen bleibt.<br />

■<br />

Ansprechpartner<br />

Helmut Mag<br />

Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> und <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

am Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main<br />

■<br />

Literatur und Links<br />

4Bleyer,<br />

Gunter<br />

Aktionswoche „Autofreie Schule“. Hintergründe,<br />

Zielsetzung, Ablauf, Auswertung. In: Grundschule 24<br />

(1992) 2, S. 60-62.<br />

4Spitta,<br />

Philipp<br />

Kinder im Verkehr. Neue Konzepte der <strong>Verkehrserziehung</strong><br />

in der Primarstufe. Bonn: VCD e.V. 1997.<br />

u<br />

www.zufusszurschule.de<br />

u<br />

www.iwalktoschool.org<br />

7


Radfahrausbildung im Realverkehr<br />

Das Ausbildungskonzept der Jugendverkehrsschule III in Frankfurt am Main<br />

Im dritten und vierten Jahr der Grundschule nimmt das<br />

Thema Radfahren einen immer größeren Raum sowohl in<br />

der Lebenswirklichkeit der Kinder als auch in der unterrichtlichen<br />

Begleitung durch die Schule ein. Entsprechend den<br />

Fähigkeiten ihres Alters, erkunden Jungen und Mädchen zunehmend<br />

häufi ger ihr Lebensumfeld mit dem Fahrrad, da sie<br />

damit schneller und komfortabler an ihr Ziel kommen als<br />

es zu Fuß oder mit dem Roller möglich wäre. Gleichzeitig<br />

wird es zum beliebten Spiel- und Sportgerät, das dazu<br />

anregt, die im Laufe der Zeit gewonnenen psychomotorischen<br />

Fähigkeiten anzuwenden und neue Erfahrungen und<br />

Kompetenzen hinzuzugewinnen. Im Idealfall, meist also im<br />

ländlichen Raum, können Kinder mit dem Rad ungehindert<br />

experimentieren und relativ ungefährdet die Erfahrung machen,<br />

dass man mit dem Rad oft schneller und erlebnisreicher<br />

an sein Ziel kommt, denn als Mitfahrer im elterlichen PKW.<br />

Im städtischen Bereich liegt aufgrund der Verkehrsdichte<br />

und relativ komplizierter Verkehrsführungen ein objektiv<br />

größeres Unfallrisiko vor, was Eltern und Kinder vor der<br />

Nutzung des Rades eher zurückschrecken lässt. Hier werden<br />

8<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

■ Orientierung an der Lebenswirklichkeit häufi ger das Elterntaxi oder die öffentlichen Verkehrsmittel<br />

der Kinder<br />

zum Erreichen eines Zieles eingesetzt. Als Sport und<br />

Spielgerät kommen Räder in dieser Altersstufe insbesondere<br />

in Innenstadtbereichen seltener zum Einsatz.<br />

■<br />

Motorische Grundlagen müssen<br />

vorhanden sein<br />

Die Lehrpläne aller Bundesländer greifen das natürliche<br />

Interesse der Kinder dieser Altersgruppe auf und integrieren<br />

diesen Schwerpunkt der <strong>Verkehrserziehung</strong> in die fächerübergreifenden<br />

Aufgabengebiete der Grundschule. Während<br />

in den Jahrgangsstufen 1 und 2 das Schulkind als Fußgänger<br />

und Mitfahrer im elterlichen PKW im Mittelpunkt des<br />

Unterrichtes steht, bestimmt später das Fahrradfahren mit<br />

allen seinen Facetten den Inhalt des praktischen und theoretischen<br />

Unterrichtes. Voraussetzung für eine erfolgreiche<br />

Arbeit ist allerdings, dass zuvor die psychomotorischen<br />

Voraussetzungen bei den Kindern geschaffen wurden. Ohne<br />

die entsprechende Bewegungserziehung und ohne vielfältige<br />

Übungen in den Bereichen des Rollens, Gleitens und<br />

Fahrens wird das Radfahren zumindest für jene Kinder ein


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

wenig erfolgreiches Unterfangen, die über keine Erfahrungen<br />

in diesem Bereich verfügen.<br />

■<br />

Aus dem Verkehrsgarten in die Realität<br />

Traditionell wurde die Radfahrausbildung in der<br />

Bundesrepublik durch Polizeibeamte im Schonraum, also auf<br />

aufgemalten Straßen im Miniaturformat auf Schulhöfen oder<br />

in eigens dafür hergerichteten Verkehrsgärten durchgeführt.<br />

Die Vorbereitung durch die Schule beschränkte sich auf das<br />

Auswendiglernen von Verkehrszeichen und Vorfahrts- und<br />

Verhaltensregeln, die auf einem kleinen Parcours in unrealistisch<br />

kurzer räumlicher und zeitlicher Abfolge eingeübt und<br />

anschließend abgeprüft wurden.<br />

Mit der täglichen Verkehrsrealität der Schülerinnen und<br />

Schüler hatte das nur wenig zu tun und jedes Kind, das erstmals<br />

als Teilnehmer am Straßenverkehr einem PKW in der<br />

Rechts-vor-Links-Situation begegnete, war sicherlich sehr<br />

verunsichert, da ein PKW im Schonraum nicht vorgekommen<br />

war. Die Radfahrausbildung der Dritt- und Viertklässler<br />

hat sich jedoch im Laufe der Jahre immer stärker an der<br />

Verkehrsrealität orientiert und auch im Unterricht wird dem<br />

Sozialverhalten im Straßenverkehr und dem Umweltaspekt<br />

des individuellen Mobilitätsverhaltens größere Bedeutung<br />

beigemessen.<br />

Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, die<br />

Verkehrswirklichkeit in ihrem Lebensumfeld im Rahmen<br />

der schulischen Ausbildung kennen zu lernen, um im privaten<br />

Bereich vorausschauend, sicher und rücksichtsvoll am<br />

Straßenverkehr teilnehmen zu können. Dabei sollte auch die<br />

Verkehrsmittelwahl unter Umwelt- und Gesundheitsgesichts<br />

punkten erfolgen.<br />

Die Radfahrausbildung fi ndet heute in vielen ländlichen<br />

und städtischen Gegenden bereits zum Teil im Realverkehr<br />

statt. Nicht immer lassen es die örtlichen Gegebenheiten zu,<br />

die Kinder in der Verkehrswirklichkeit auszubilden. Das<br />

folgende Beispiel will aber zeigen, dass es auch in einer<br />

Großstadt gelingt, selbst Kinder in einem bewegungseingeschränkten<br />

wohnlichen Umfeld, geschützte Erfahrungen mit<br />

Verkehrswirklichkeit machen zu lassen.<br />

■<br />

Ein Beispiel: Radfahrausbildung in Frankfurt<br />

am Main<br />

In Frankfurt am Main gibt es zurzeit sechs<br />

Jugendverkehrsschulen von denen fünf im Realverkehr<br />

mit den Kindern fahren. Die sechste JVS befi ndet sich im<br />

Grüneburgpark und unterrichtet aus organisatorischen<br />

Gründen im Verkehrsgarten. Das folgende Beispiel beschreibt<br />

den Ausbildungsplan der Jugendverkehrsschule III.<br />

Er wird in leicht abgewandelter Form auch in den anderen<br />

mobilen Jugendverkehrsschulen umgesetzt.<br />

Die Ausbildung der Kinder beginnt im zweiten Halbjahr<br />

des dritten Schuljahres. Die unterrichtenden Lehrerinnen<br />

und Lehrer der dritten Klassen treffen sich zu einer<br />

Vorbesprechung gemeinsam mit den beiden Polizeibeamten<br />

und mir, als dem zuständigen Fachberater. Die Kolleginnen<br />

und Kollegen werden über die genaue Abfolge der<br />

Unterrichtseinheiten informiert und erhalten die notwendigen<br />

Materialien. Noch vor der ersten Unterrichtseinheit<br />

kommen die Polizeibeamten zu einem Jahrgangselternabend<br />

in jede Schule, informieren die Eltern über das Vorhaben<br />

und werben für die unabdingbare Unterstützung der Eltern<br />

bei der Instandsetzung der Fahrräder und der Begleitung der<br />

Gruppen im Straßenverkehr.<br />

Die einzelnen Übungstermine liegen absichtlich nicht hintereinander,<br />

sondern folgen in einem gewissen zeitlichen<br />

Abstand. Die Polizeibeamten haben die Erfahrung gemacht,<br />

dass die Kinder in der Zwischenzeit die gewonnenen<br />

Erfahrungen verstärkt in ihr Verhaltensrepertoire übernehmen<br />

und damit eine größere Nachhaltigkeit erreicht werden<br />

kann. Im theoretischen Unterricht der Schule wird die<br />

Thematik ebenfalls über einen Zeitraum von ca. 9 Monaten<br />

immer wieder aufgegriffen, da die Theorie zeitnah zu den<br />

praktischen Übungen erarbeitet werden soll.<br />

9


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

■<br />

10<br />

Auf dem eigenen Rad unterwegs<br />

Zu allen Praxistagen bringen die Kinder ihr eigenes Fahrrad<br />

mit. Entweder begleiten die Eltern ihre Kinder an diesen<br />

Tagen auf dem Schulweg, oder die Kinder erhalten die<br />

Anweisung, ihr Fahrrad auf dem Schulweg zu schieben. Fast<br />

alle Kinder besitzen ein Fahrrad und bringen es auch gerne<br />

mit zur Schule. Auf dem LKW der JVS stehen jedoch<br />

auch einzelne verkehrstaugliche Fahrräder zur Ausleihe zur<br />

Verfügung.<br />

Das Mitbringen der Fahrräder erscheint vielleicht etwas<br />

umständlich, hat aber mehrere Vorteile. Auch Erwachsene<br />

fahren am liebsten mit ihrem eigenen Rad. Kinder mögen<br />

dies umso mehr, weil man leichter auf demselben Rad etwas<br />

lernt, mit dem man auch sonst fährt und weil es natürlich<br />

ein gewisses Erwachsensein dokumentiert, wenn man sein<br />

eigenes Fahrrad mit zur Schule bringen darf. Die Räder werden<br />

außerdem auf diese Weise einem Sicherheitscheck unterzogen<br />

und die JVS wird nicht vor das unlösbare Problem<br />

gestellt sein, für alle Kinder Räder auf dem LKW transportieren<br />

zu müssen.<br />

Zu Beginn jeder Übungseinheit werden die Räder und die<br />

Helme aller Kinder auf ihre Verkehrssicherheit bzw. ihre<br />

Tauglichkeit überprüft. Gegebenenfalls stellen die Beamten<br />

Bremsen ein, tauschen auch mal ein defektes Glühbirnchen<br />

aus und stellen die Halteriemen der Helme richtig ein. Ist<br />

ein Fahrrad auch mit kleinen Hilfsmaßnahmen nicht verkehrssicher<br />

zu machen, erhält das Kind ein Rad der JVS zur<br />

Ausfahrt. Festgestellte Mängel werden auf einem Formular<br />

festgehalten und an die Eltern mit der Bitte um Behebung<br />

weitergeleitet.<br />

■<br />

Vom Schonraum in den Straßenverkehr<br />

Die erste Übungseinheit fi ndet im Schonraum statt. Die<br />

Klasse wird geteilt, so dass die Lehrerinnen oder der Lehrer<br />

parallel Unterricht erteilen kann. Auf dem Schulhof wird<br />

ein Parcours aufgebaut, auf dem Übungen zur Motorik, zum<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Anfahren, zum Umsehen, zum Handzeichen geben, zum<br />

Kurven fahren und zum Bremsen gemacht werden. Kinder<br />

und Eltern erhalten eine schriftliche Rückmeldung darüber,<br />

ob noch Übungsbedarf in dem einen oder anderen Bereich<br />

besteht. Pro Tag können auf diese Weise zwei Klassen unterrichtet<br />

werden.<br />

Die zweite Übungseinheit wird als Klassenausfl ug organisiert<br />

und fi ndet somit unter Leitung der Lehrerin oder des<br />

Lehrers statt. Zusätzlich sind ein oder zwei Begleitpersonen<br />

erforderlich, da auch diesmal die Gruppe wieder geteilt<br />

wird. Bei dieser Tour, die im Idealfall auf Wald- oder<br />

Flurwegen stattfi ndet, sind natürlich alle Teilnehmer mit<br />

dem Fahrrad unterwegs. Es kommt darauf an, bereits erlernte<br />

Fahrfähigkeiten auszubauen und zu verbessern, sowie<br />

Kondition und Konzentration zu trainieren. Geübt<br />

werden Abstand halten, Vorbeifahren an Hindernissen,<br />

Rechtsabbiegen, Linksabbiegen und die Vorfahrtsregel<br />

„rechts vor links“. Auch hierzu sind wieder drei Schulstunden<br />

pro Klasse erforderlich.<br />

Alle weiteren Übungen im Realverkehr erstrecken sich über<br />

das erste 1. Halbjahr des 4. Schuljahres. Hierzu werden<br />

die Klassen wieder halbiert, so dass die Lehrerinnen und<br />

Lehrer die zweite Hälfte ihrer Klasse parallel unterrichten<br />

können. Jeweils eine Begleitperson sichert auf dem Fahrrad<br />

die Gruppe nach hinten ab, während jedes Kind im Wechsel<br />

direkt vor dem verantwortlichen Polizeibeamten herfahren<br />

darf. Während es in Einheit 3 in erster Linie um das Erkennen<br />

und Verstehen von Vorfahrtsschildern und Vorfahrtsregeln<br />

und das Abbiegen geht, wird in Einheit 4 das Fahren im<br />

Straßenverkehr unter Beachtung der Verkehrsregeln und<br />

das Erkennen von Gefahren und Situationen sowie das<br />

Gruppenfahrverhalten trainiert. Spätestens nach dieser<br />

Übungseinheit sollte auch die schriftliche Lernkontrolle im<br />

Unterricht erfolgt sein, da an der 5. Übung nur teilnehmen<br />

kann, wer hierbei mit mindestens 30 Punkten abgeschnitten<br />

hat.<br />

In der abschließenden Beurteilungsfahrt, also der 5.<br />

Unterrichtseinheit, stellen die Beamten fest, in wieweit


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

die Schülerinnen und Schüler sich auf ihrem Schulweg<br />

selbständig, unter Einhaltung des Regelwissens, auf<br />

dem Fahrrad fortbewegen können und dabei auch die<br />

Vorschriften der Gruppenfahrt beachten. Beurteilt werden<br />

natürlich auch das Fahrverhalten, die Fahrsicherheit und das<br />

Gefahrenbewusstsein.<br />

■<br />

Eltern bleiben in der Verantwortung<br />

Über das Ergebnis dieser Beurteilungsfahrt werden Kinder<br />

und Eltern detailliert informiert, denn was unter großer<br />

Konzentration, im Beisein von Erwachsenen gemeistert<br />

wurde, muss nicht unbedingt immer auch gelingen, wenn<br />

das Kind mit dem Fahrrad alleine unterwegs ist. Nach der<br />

abgeschlossenen Ausbildung ist für die tägliche Bewährung<br />

im Straßenverkehr noch viel Übung erforderlich. Es wird<br />

noch einige Zeit dauern, bis ein sicheres und unfallfreies<br />

Radfahren für das jeweilige Kind kein Problem mehr darstellt.<br />

Die Hilfe der Eltern ist also weiterhin gefragt.<br />

Die schriftliche Rückmeldung umfasst folgende Bereiche:<br />

Kenntnisse über Verkehrsregeln und -zeichen, das richtige<br />

Anwenden dieser Zeichen, die sichere Beherrschung<br />

des Fahrrades, die Koordination von Handlungs- und<br />

Bewegungsabläufen sowie das Gefahrenbewusstsein. Die<br />

erreichte Punktzahl gibt Auskunft darüber, in welchem<br />

Maße die Anforderungen erfüllt werden.<br />

Ich halte diese Rückmeldung für unverzichtbar, da sie der<br />

möglichen Illusion der Eltern entgegentritt, ihr Kind habe<br />

nun, analog der Führerscheinprüfung des Autofahrers,<br />

eine „Radfahrprüfung“ abgelegt, die sie jeder weiteren<br />

Verantwortung und Begleitung enthebt. Kinder, die während<br />

der Kontrollfahrt mit weniger als 20 von 40 möglichen<br />

Punkten abgeschnitten haben, erhalten die Möglichkeit an<br />

einem Übungstermin einer anderen Klasse teilzunehmen,<br />

um ein verbessertes Ergebnis erreichen zu können.<br />

Dieses Konzept wurde erfolgreich über viele Jahre erprobt<br />

und nach erfolgter Evaluation modifi ziert. Die Akzeptanz<br />

bei den Schülerinnen, Schülern, den Eltern und den Schulen<br />

ist sehr hoch. Elternbriefe und Kontrollbögen stehen auf<br />

der Seite www.friedrich-list-schule-frankfurt.de unter dem<br />

Punkt <strong>Verkehrserziehung</strong> zur Verfügung.<br />

■<br />

Ansprechpartner<br />

Helmut Mag<br />

Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> und <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

am Staatlichen Schulamt für die Stadt Frankfurt am Main<br />

■<br />

Literatur und Links<br />

4Limbourg,<br />

Maria: Mobilitäts-/<strong>Verkehrserziehung</strong> als<br />

Aufgabe der Grundschulen: Sache-Wort-Zahl, 2001,<br />

Heft 38, www.uni-essen.de/traffi c_education/alt/texte.<br />

ml/MobVeGS.html<br />

4Limbourg,<br />

Maria: Neue Ansätze der<br />

Mobilitäts-/<strong>Verkehrserziehung</strong> in Deutschland<br />

Winterthur, 15. November 2002, www.uni-essen.<br />

de/traffi c_education/alt/ml-d/index-1.html<br />

4Siller,<br />

R. (Hrsg.) (2003): Kinder unterwegs – Schule<br />

macht mobil – Verkehrs- und Mobilitätserziehung in der<br />

Schule. Donauwörth: Auer Verlag 2003<br />

4Empfehlung<br />

der Konferenz der Kultusminister zur<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> in der Schule, Bekanntmachung vom<br />

28. Juli 1994 - Az.: VI/4-6520.1-120/116<br />

4Rahmenplan<br />

Grundschule, 1995<br />

4grundschule.bildung.hessen.<br />

de/Rahmenplan/Teil_C/TCfu1/TCfu1_6<br />

4<strong>Verkehrserziehung</strong><br />

und <strong>Mobilitätsbildung</strong> in der Schule,<br />

Erlass vom 15. Juli 2003, ABl. 8/03<br />

4lernen.bildung.hessen.de/verkehrserziehung/grundla<br />

gen//verkehrserziehung/pool/ve-erlass2003.pdf<br />

4<strong>Verkehrserziehung</strong><br />

und <strong>Mobilitätsbildung</strong> in der Schule,<br />

Hinweise und Empfehlungen für Lehrkräfte, Eltern,<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

4lernen.bildung.hessen.de/verkehrserziehung/grundlagen/<br />

verkehrserziehung/pool/ve-hinw_empf.pdf<br />

11


Deine Stadt – dein|t|o|w|n|?<br />

Die Lebensumwelt verantwortlich mitzugestalten gehört<br />

zu den zentralen Zielen schulischen Lernens überhaupt, ist<br />

letztlich Fluchtpunkt vieler schulischer sowie außer- und nachschulischer<br />

Verhaltensstrategien.<br />

Die Lebensumwelt verantwortlich mitzugestalten gehört<br />

zu den zentralen Zielen schulischen Lernens überhaupt, ist<br />

letztlich Fluchtpunkt vieler schulischer sowie außer- und<br />

nachschulischer Verhaltensstrategien.<br />

Die Komplexität wie gleichermaßen die Kompliziertheit<br />

des Gegenstandsbereiches stehen einer produktiven<br />

Auseinandersetzung mit einschlägigen Problemstellungen<br />

jedoch häufi g entgegen, fehlende Instrumente lassen zudem<br />

manchen noch so engagierten Ansatz ins Leere stoßen.<br />

Diese Erfahrung sammeln Lernende wie Lehrende im Bereich<br />

nachhaltiger Einfl ussnahme auf die Umweltgestaltung<br />

immer wieder, wobei erschwerend hinzukommt, dass im<br />

Bereich schulischen Lernens ein thematischer Zugriff in der<br />

Regel nicht an ein Fach gebunden und zudem selten nur in<br />

wünschenswerter Breite und Tiefe in den Lehrplänen verankert<br />

ist.<br />

Diesem Dilemma, ein anerkannt hochrangiges Ziel mit<br />

nur höchst unzulänglichen Mitteln anzustreben, könnte ein<br />

neues Instrument abhelfen: dein|t|o|w|n|<br />

12<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Mag der Name auch noch so gewöhnungsbedürftig daherkommen,<br />

mag die Bedienerführung auch nicht sofort intuitiv<br />

beherrschbar sein, so wird eines jedoch auf den ersten<br />

sowie mit jedem folgenden Blick klar: dein|t|o|w|n| ist eine<br />

sehr attraktive Lernsoftware zur Erschließung zentraler<br />

Bereiche von Stadtplanung. Sie stellt eine Kombination<br />

aus Planspiel, Verkehrssimulation und multimedialer<br />

Informations-Plattform dar und simuliert eine Modellstadt<br />

in den Bereichen Stadtentwicklung, Verkehr und Mobilität,<br />

Politik, Wirtschaft und Umwelt und vermittelt hier schulisches<br />

Basiswissen.<br />

Das Programm ermöglicht den Schülerinnen und Schülern<br />

erstmalig über einen integrierten Stadtplan- und Gebäude-<br />

Editor „ihre Stadt“ im Spiel abzubilden, zentrale Abläufe zu<br />

simulieren und dabei lokale Fragestellungen zu diskutieren<br />

und zu beantworten. Die Lernenden versetzen sich dabei in<br />

die Rolle verschiedener Entscheidungsträger und erleben<br />

deren unterschiedliche fachspezifi sche Sichtweisen. Durch<br />

Experimentieren am Aufbau der eigenen Stadt erarbeiten<br />

sich die Schülerinnen und Schüler nicht nur fachspezifi sches<br />

Wissen, sondern eignen sich auch methodische und soziale<br />

Kompetenzen an.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

dein|t|o|w|n| orientiert sich an den Lehrplänen der<br />

Sekundarstufen I und II der allgemeinbildenden Schulen<br />

und ist geeignet für den Einsatz in den Klassenstufen 5-13<br />

insbesondere in<br />

4Erdkunde,<br />

4Politik<br />

und Wirtschaft,<br />

4der<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong>/<strong>Mobilitätsbildung</strong>.<br />

An verschiedene Sozialformen des Unterrichts angelehnt<br />

gibt es verschiedene Lernmodi, die sich gleichermaßen an<br />

Neueinsteiger wie Fortgeschrittene richten und sich gleichermaßen<br />

für den Einsatz im Frontal- sowie Gruppenunterricht<br />

eignen, besonders ergiebig lässt sich natürlich in Projekten<br />

damit arbeiten.<br />

Die Konzeption geht dabei von folgenden Perspektiven aus:<br />

4In<br />

einer sich immer rascher verändernden Gesellschaft<br />

mit zunehmend komplexeren Strukturen werden bestimmte<br />

Schlüsselqualifi kationen immer bedeutsamer.<br />

Hierzu zählen bspw. Kommunikationsbereitschaft,<br />

Teamfähigkeit, Selbständigkeit, Kreativität, Problemlöseund<br />

Argumentationsvermögen und das Denken in<br />

Zusammenhängen. Diesen Qualifi kationen, die mit den<br />

globalen Zielen des Unterrichts korrespondieren, folgend,<br />

orientiert sich die pädagogisch-didaktische Ausrichtung<br />

des konzipierten Softwareprodukts an dem Grundsatz,<br />

dass der Einsatz neuer Medien dort gerechtfertigt ist, wo<br />

er hilft, die Unterrichtsziele, die primär ohne Blick auf<br />

die neuen Technologien defi niert sind, leichter, effi zienter<br />

und dauerhafter zu erreichen.<br />

4Unsere<br />

Gesellschaft befi ndet sich an der Schwelle<br />

des Übergangs von der Industriegesellschaft zur<br />

Informations- und Wissensgesellschaft, in der aus<br />

Informationen generiertes Wissen zum entscheidenden<br />

Produktionsfaktor wird. Die Vernetzung der weltweit<br />

angelegten Informationsquellen durch das Internet führt<br />

dazu, dass die global verteilte Information prinzipiell für<br />

jeden Menschen, zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar<br />

ist und dass jeder sein individuelles Wissen durch<br />

Aneignung und Verarbeitung der Information selbst<br />

erweitern kann. Dazu werden in zunehmendem Maße<br />

Werkzeuge in Form von Informatiksystemen benötigt,<br />

ohne die die Fülle an Information schon heute nicht<br />

mehr zu bewältigen ist.<br />

4Ursachen<br />

und Folgen einer ständig wachsenden Mobilität<br />

als Bestandteil der Lebensqualität unserer Gesellschaft<br />

sind zentrale Fragestellungen der Gegenwart und<br />

Zukunft. Offene Grenzen in Europa, der Binnenmarkt<br />

und der stetige Anstieg der Freizeitaktivitäten bringen<br />

einen weiteren Anstieg der Mobilität mit sich und stellen<br />

weitere Faktoren im komplexen Wirkungsgefüge<br />

„Mobilität und Verkehr“ dar. In diese Entwicklung ist<br />

der Mensch als Bestandteil der Gesellschaft aktiv und<br />

passiv eingebunden. Entsprechend seinem Alter, seinen<br />

Lebensgewohnheiten und seinen Überzeugungen wird<br />

er als Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Radfahrer, Nutzer<br />

öffentlicher Verkehrsmittel, Kfz-Führer) in Erscheinung<br />

treten und die Verkehrsprozesse beeinfl ussen und mitgestalten.<br />

Heranwachsende müssen als Verkehrsteilnehmer<br />

auf den Straßenverkehr mit seinen Auswirkungen auf<br />

Mensch und Umwelt vorbereitet werden. Neben einem<br />

ausgeprägten Sicherheitsbewusstsein ist ebenso ein sozial-<br />

und umweltbezogenes Mobilitätsverhalten wichtig.<br />

Hier setzt die virtuelle Stadtsimulation dein|t|o|w|n| an:<br />

Sie bildet die unterschiedlichen Lebensbereiche des<br />

Menschen in ihrer Vernetzung am persönlichen Umfeld der<br />

13


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Lernenden ab, ermöglicht damit neben dem Erlernen fachspezifi<br />

schen Wissens auch die Aneignung methodischer und<br />

sozialer Kompetenzen. Durch die Unterstützung von einzelnen<br />

Phasen und Formen des Lernens (Spielen, Vermuten,<br />

Fragen und Beantworten, Argumentieren und Begründen)<br />

leistet dein|t|o|w|n| einen entscheidenden Beitrag zu einem<br />

lebendigen, zeitgemäßen Unterricht unter Einbezug traditioneller<br />

und neuer Medien.<br />

Mit Hilfe der Lernsoftware sollen die komplexen<br />

Zusammenhänge der Themenbereiche Mobilität, Verkehr<br />

und Stadtentwicklung im Unterricht verdeutlicht und spielerisch<br />

erfahren werden. Unter Berücksichtigung der örtlichen<br />

(realen) Gegebenheiten bildet das Programm das lokale<br />

Verkehrsgeschehen ab. Die Schülerinnen und Schüler agieren<br />

also in ihrer eigenen Stadt. Sie versetzen sich dabei in die<br />

Rolle verschiedener Entscheidungsträger (Politiker, Stadt-<br />

und Raumplaner, Verkehrsplaner, Nahverkehrsbetriebe,<br />

Umweltverbände) und erleben die unterschiedlichen fachspezifi<br />

schen Sichtweisen und Handlungsrichtungen bei der<br />

Gestaltung ihres persönlichen Umfeldes.<br />

Parallel zur Software-Entwicklung wird ein Internet-Portal<br />

als zentrale Anlaufstelle für Inhalte und Fragen rund um die<br />

Lernsoftware aufgebaut. Es wird vertiefende Materialien und<br />

Links zu den auf der CD-ROM enthaltenen Lerninhalten bieten<br />

und soll dem Austausch von Erfahrungen der Lehrenden<br />

und Lernenden beim Einsatz des Pogramms dienen.<br />

14<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Neben der Kenntnis der komplexen sachlichen<br />

Zusammenhänge und der in ihr liegenden gesellschaftlichen<br />

Zukunftsherausforderungen sollen die Schülerinnen<br />

und Schüler Mobilitätskompetenzen erwerben. Über das<br />

Verständnis der vielschichtigen Zusammenhänge zwischen<br />

Mobilitätsursachen, Verkehrsentstehung und Verkehrsfolgen<br />

soll bei den Heranwachsenden insgesamt ein nachhaltiges<br />

umweltgerechtes Mobilitätsbewusstsein erreicht werden.<br />

Das Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung gefördert sowie u.a. durch<br />

Maßnahmen des Hessischen Kultusministeriums unterstützt.<br />

Die Einsatzfähigkeit der Lernsoftware soll zum Beginn des<br />

Schuljahres 2006/07 gesichert sein. Die Anschaffung des<br />

Programms durch hessische Schulen wird vom HKM gefördert,<br />

Näheres wird zu gegebener Zeit über das Amtsblatt<br />

veröffentlicht.<br />

■<br />

Autor<br />

Manfred-Th. Koch,<br />

Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> und<br />

<strong>Mobilitätsbildung</strong> beim Staatlichen Schulamt Kassel<br />

u<br />

www.deintown.de


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Das „Netzwerk <strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />

als Beispiel für die <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Kinder nehmen aus unterschiedlichen Gründen am Verkehrsgeschehen teil. Erwachsene haben ebenfalls<br />

verschiedene Motive, die Verkehrsteilnahme der Kinder so sicher wie möglich zu gestalten. Es erscheint<br />

sinnvoll, die unterschiedlichen Interessenslagen und Motivationen der Beteiligten innerhalb eines Netzwerks<br />

auszutauschen.<br />

Am Beispiel der Stadt Darmstadt soll aufgezeigt werden,<br />

wie ein „Netzwerk <strong>Verkehrserziehung</strong>“ aussehen kann, welche<br />

Akteure mitarbeiten und welche Vorteile sich daraus<br />

ergeben.<br />

■<br />

Schlüsselfaktor „Kommunikation“<br />

Das Thema Verkehr lässt sich schwer eingrenzen. Es gibt<br />

eine Vielzahl von Akteuren und Entscheidungsträgern<br />

im Verkehrsbereich, die dazu beitragen können, die<br />

Verkehrssicherheit zu erhöhen.<br />

Nur über einen Zusammenschluss von engagierten und<br />

betroffenen Personen aus mehreren Bereichen können<br />

die Problemfelder umfassend erkannt, wünschenswerte<br />

Verbesserungen zusammengetragen und optimale<br />

Lösungsansätze erarbeitet werden. Es wird in vielen<br />

Bereichen an der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse<br />

gearbeitet.<br />

Häufi g wissen die verschiedenen Akteure leider nicht von<br />

parallel laufenden Planungen, die in die gleiche Richtung<br />

zielen.<br />

■<br />

Akteure des „Netzwerks <strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />

Das Bewältigen der Schulwege zu Fuß oder mit dem Rad<br />

ist als ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung eines jeden<br />

Kindes zur eigenständigen Eroberung des städtischen<br />

Umfelds zu verstehen. Hauptakteur zur infrastrukturellen<br />

und organisatorischen Sicherung der Schulwege kann nur<br />

die Stadtverwaltung sein. Am Beispiel der Stadt Darmstadt<br />

liegt die Federführung des Netzwerks gebündelt beim<br />

städtischen Schulamt unter Beteiligung des Büros vom<br />

Oberbürgermeister.<br />

Nachdem zunächst zwei Jahre lang in einem Gesprächskreis<br />

zur <strong>Mobilitätsbildung</strong> – unter Beteiligung der Jugendverkehrspolizei<br />

– zahlreiche Anregungen gesammelt werden konnten,<br />

ergab sich bei einem informellen Treffen mit Vertretern der<br />

Stadtverwaltung die Initiative die folgenden Beteiligten zum<br />

15


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

„Netzwerk <strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />

zusammen zu schließen:<br />

4Städtisches<br />

Schulamt (Leitung<br />

des Netzwerks)<br />

4Büro<br />

des Oberbürgermeisters<br />

4Staatliches<br />

Schulamt<br />

4Fachberater<br />

für <strong>Verkehrserziehung</strong> an Darmstädter<br />

Schulen<br />

4Agenda<br />

Büro 21<br />

4Kinder-<br />

und Jugendförderung der Stadt Darmstadt<br />

4Vertreter<br />

der Schulen<br />

4Planungsbüro<br />

VAR, Darmstadt<br />

4Büro<br />

für Stadtökonomie und -ökologie<br />

■<br />

16<br />

Zielsetzung des „Netzwerks <strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />

Die Teilnehmer am Netzwerk haben sich darauf verständigt,<br />

dass der <strong>Verkehrserziehung</strong> eine große Bedeutung beizumessen<br />

ist und wollen sich für eine verstärkte <strong>Verkehrserziehung</strong><br />

einsetzen. Folgende Ziele werden dabei angestrebt:<br />

4Erhöhung<br />

der Verkehrssicherheit<br />

4Sicherung<br />

der Mobilität<br />

4Förderung<br />

der motorischen Fähigkeiten (dem Trend der<br />

Bewegungsarmut entgegen wirken)<br />

4Erhöhung<br />

der Lebensqualität<br />

4Verbesserung<br />

der Situation für den Fuß- & Radverkehr<br />

■<br />

Erste Tätigkeitsschwerpunkte des „Netzwerks<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong>“<br />

Auf der ersten Sitzung konnten – nachdem die Teilnehmer<br />

über ihre Aktivitäten berichtet hatten – bereits allgemeine<br />

Zielsetzungen besprochen werden. Es wurden die drei nachstehenden<br />

Projekte als wichtig eingestuft, die in konkrete<br />

Maßnahmen münden sollen.<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

4<strong>Verkehrserziehung</strong><br />

in Kindergärten<br />

und Schulen<br />

4Förderung<br />

der Fahrradnutzung<br />

4Schulwegeplanung<br />

Neben dem „Netzwerk<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong>“ gibt<br />

es jährlich vier weitere Treffen des „Gesprächskreises<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong>“ zu dem alle Teilnehmer des Netzwerks<br />

eingeladen sind. Dort werden die laufenden Aktionen besprochen<br />

und weitere geplant. Es werden Defi zite erörtert<br />

und Möglichkeiten zur Verbesserung und die Einbeziehung<br />

weiterer Partner besprochen.<br />

■<br />

Weitere Handlungsansätze, Diskussionsgrundlagen<br />

und Ziele<br />

Überarbeitung von Schulwegeplänen in Darmstadt<br />

Nach dem neusten Stand der Technik sollte ein Schulwegeplan<br />

unter der Beteiligung von<br />

4Schülerinnen,<br />

Schülern und Schülervertretern,<br />

4Eltern<br />

und Elternvertretung,<br />

4Lehrkräften<br />

und Schulleitung,<br />

4Polizei<br />

und<br />

4Stadtverwaltung<br />

erarbeitet werden. Es wird als wichtig angesehen, einen grafi<br />

sch ansprechenden, farbig illustrierten und leicht verständlichen<br />

Schulwegeplan mit eingezeichneten Spielplätzen und<br />

Freizeitzielen zu erarbeiten. Zunächst sollte jedoch eine<br />

Literatur- und Internetrecherche zu dem Thema erfolgen.<br />

Bestehende Pläne mit ähnlicher Zielrichtung, wie die<br />

vorhandenen Fahrrad-, Spielplatz-, Jugendstadt- und<br />

Behindertenstadtpläne werden zur Erstellung des<br />

Schulwegeplans berücksichtigt.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Bestandsanalyse der Möglichkeiten<br />

zur Mobilitätserziehung in Darmstadt<br />

Ziel ist es, dem hohen Mobilitätsbedarf<br />

(und -wunsch) von Kindern und<br />

Jugendlichen mit einem Angebot zu entsprechen.<br />

Da es bereits eine Vielzahl von<br />

Angeboten gibt, sollen diese erfasst und<br />

dokumentiert werden. Folgende Inhalte<br />

sollen ermittelt bzw. erfasst werden:<br />

4Verkehrsräume<br />

zur sicheren Nutzung des Fahrrades ggf.<br />

auch mit Betreuung<br />

4Schulhöfe<br />

mit ansprechenden Freifl ächen zum Üben und<br />

Trainieren des Radfahrens<br />

4Lage<br />

und Öffnungszeiten der Fahrradwerkstätten (städtisch<br />

geförderte und private)<br />

4Lage<br />

und Öffnungszeiten von Fahrradverleihstationen<br />

(städtisch geförderte und private)<br />

4Regelmäßige<br />

Veranstaltungen zum Thema Mobilität<br />

4Organisationen,<br />

die Radparcours o. ä. anbieten oder<br />

vermieten<br />

4Befragung<br />

in Kindergärten, Schulen und Jugendhäusern<br />

zum Thema Mobilität und <strong>Verkehrserziehung</strong> (Sammlung<br />

von Best Practice – Beispielen)<br />

4Schulen<br />

mit besonderen Angeboten (Bewegungsspiele,<br />

Schulhöfe zum selbst gestalten)<br />

Vernetzung der Orte für Kinder und Jugendliche<br />

Ziel ist es, die Orte von Kindern in Darmstadt mittels sicherer<br />

Wege zu vernetzen und explizit sichere Rad- und<br />

Fußwege zu den Schulen aufzuzeigen. Mit Hilfe des<br />

Radverkehrsplans sollen Kinder und Jugendliche ihre<br />

Mobilität in Darmstadt unabhängig und individuell bewerkstelligen<br />

können. Zur Bewältigung des gestiegenen<br />

Mobilitätsbedarfs und der wachsenden Streckenlängen soll<br />

der Radverkehrsplan anregen, die Wege per Rad zurückzulegen.<br />

Besonderer Wert wird auf die Verknüpfung der individuell<br />

sehr unterschiedlichen Ziele gelegt. Wege sind so zu<br />

gestalten, dass eine Aneinanderreihung<br />

der Ziele zu Wegeketten (z.B. Schule<br />

– Treffpunkt von Schülern – Sportplatz<br />

– Wohnung) problemlos möglich gemacht<br />

wird. Der Schulwegeplan soll auf<br />

den gewonnenen Erkenntnissen aus der<br />

Bestandsanalyse beruhen.<br />

Folgende Daten fließen in die<br />

Bearbeitung ein:<br />

4Vorhandene<br />

Schulwegepläne<br />

4Spielplatzplan<br />

4Jugendstadtplan<br />

4Vorhandenes<br />

Radverkehrsnetz<br />

4Lage<br />

der Fußgängerschutzanlagen<br />

4Lage<br />

der Fußgängerüberwege<br />

4Lage<br />

von Querungshilfen<br />

4Lage<br />

von Tempo 30-Zonen<br />

4Lage<br />

der verkehrsberuhigten Bereiche<br />

4Unfall-<br />

und Gefahrenpunkte<br />

Der Radverkehrsplan für Kinder und Jugendliche soll in<br />

einem übersichtlichen Maßstab und unter Beteiligung<br />

von Kindern, Jugendlichen und Vertretern der städtischen<br />

Fachabteilungen erarbeitet werden. Der Plan soll auf Unfall-<br />

und Gefahrenpunkte hinweisen und sichere Wege und<br />

Strecken empfehlen.<br />

Workshop mit Personen, die an der Mobilitätserziehung<br />

in Darmstadt beteiligt sind<br />

Damit die <strong>Verkehrserziehung</strong> in Darmstadt nachhaltig verbessert<br />

werden kann, ist es wünschenswert, ein Netzwerk aller<br />

Akteure zu schaffen. Die Durchführung eines Workshops<br />

in einem geeigneten Rahmen (als Veranstaltungsort wird die<br />

Centralstation vorgeschlagen) könnte hierfür einen wichtigen<br />

Meilenstein darstellen. Der Prozess eines regelmäßigen<br />

Austauschs soll somit nach Möglichkeit verselbständigt<br />

werden.<br />

17


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Folgender Personenkreis zur Teilnahme an dem Workshop<br />

wird vorgeschlagen:<br />

4zuständige<br />

Lehrer für die <strong>Verkehrserziehung</strong> an den<br />

Darmstädter Schulen und Kindergärten<br />

4Eltern-<br />

und Lehrervertreter<br />

4mit<br />

der Mobilitätserziehung betraute Personen aus der<br />

Stadtverwaltung<br />

4Personen<br />

die am Agenda 21-Prozess beteiligt sind<br />

4Personen<br />

aus der Polizeiverwaltung<br />

4Schüler-<br />

und Jugendvertretungen<br />

4Fachleute<br />

4Interessierte<br />

■<br />

18<br />

Autor<br />

Uwe Petry<br />

Planungsbüro VAR<br />

Riedeselstr. 48<br />

64283 Darmstadt<br />

Tel.: 06151 – 10 19 10 5<br />

Fax: 06151 – 66 03 71<br />

E-Mail: uwe.petry@varad.de<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

ADAC-Jugend-<br />

Fahrradturnier<br />

Das Turnier ist ein Übungsprogramm für<br />

acht bis 15-Jährige, bei dem sie lernen, ihr<br />

Fahrrad auch in schwierigen Situationen zu<br />

beherrschen und sich an wichtige sicherheitsrelevante<br />

Verhaltensweisen zu gewöhnen.<br />

Auf einem Parcours müssen die jungen<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer jeweils acht<br />

Fahraufgaben bewältigen, die an den Anforderungen<br />

und Gefahren des Straßenverkehrs ausgerichtet sind.<br />

Zudem wird die Betriebs- und Verkehrssicherheit der<br />

Fahrräder überprüft.<br />

Mehr als 320.000 Kinder und Jugendliche nehmen<br />

jährlich an solchen Turnieren teil, die zusammen mit<br />

der Deutschen Post bundesweit durchgeführt werden.<br />

■<br />

Ansprechpartner<br />

Alexandro Melus<br />

ADAC Hessen-Thüringen<br />

Fachbereich Verkehr & Technik<br />

Lyoner Straße 22<br />

60528 Frankfurt am Main<br />

Tel.: (0 69) 66 07 84 05<br />

Fax: (0 69) 66 07 84 49<br />

E-Mail: Alexandro.Melus@hth.adac.de<br />

Internet: www.adac.de/hessen-thueringen


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

(M)eine Klasse fährt Rad<br />

Arbeit mit dem Rad als Baustein<br />

von Schule & Gesundheit<br />

■ Dem Bewegungsmangel begegnen liche Fitness von alleine ein. Würden sie jedoch, wie ich es<br />

Der Bewegungsmangel vieler Kinder und Jugendlicher<br />

ist bekannt. Tatsächlich sehe ich jede Woche bei meiner<br />

Arbeit Kinder oder Jugendliche, deren konditionelle und<br />

motorische Kompetenz Mängel aufweist.<br />

Einmal jede Woche bin ich als<br />

Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> in<br />

Schulklassen der Klassenstufen 3 - 8 im<br />

Bereich Wiesbaden und Rheingau/Taunus,<br />

um Verkehrsunterricht, Geschicklichkeitstraining<br />

mit dem Rad und Fahrradausfl üge<br />

durchzuführen.<br />

Ich erkenne einen Unterschied zwischen<br />

Stadt und Land. Die Kinder in Hallgarten,<br />

einem verkehrsarmen Dorf in steiler<br />

Hanglage des Rheingaugebirges, zeigten<br />

sich bei meinem Besuch fast durchweg<br />

konditionsstark und beweglich. Wenn sie<br />

einander besuchen, zu Fuß oder mit dem<br />

Rad, oder zu ihrer hoch am Berg gelegenen<br />

Schule laufen, stellt sich körper-<br />

anderswo gesehen habe, mit dem Bus fast von der Haustüre<br />

abgeholt und an einen anderen Ort zur Schule gebracht, ihr<br />

gesundheitlicher Vorteil als Landkinder wäre fast schon wieder<br />

verloren.<br />

Die meisten Kinder leben in der<br />

Stadt oder auch in den heutigen<br />

Landgemeinden in beinahe städtischer,<br />

jedenfalls verkehrsreicher Umgebung.<br />

Selbst der Umzug mancher Familien<br />

aufs Land stellt die erhofften idyllischen<br />

Verhältnisse nicht her, im Gegenteil, der<br />

Verkehrsdruck wird weiter erhöht.<br />

Wir leben in einer Umwelt, die wir<br />

selbst durch das Automobil geprägt<br />

haben. Seine Vorzüge, Verfügbarkeit,<br />

Geschwindigkeit, Status usw. sind groß<br />

und überzeugend genug, dass wir dafür<br />

Nachteile in Kauf nehmen. Ob wir als<br />

Einzelne Freude am Autofahren empfi<br />

nden oder im Gegensatz dazu das<br />

19


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Auto am liebsten abschaffen würden, mit den Folgen des<br />

Autoverkehrs sind wir in jedem Falle konfrontiert, vor allem<br />

aber unsere Kinder:<br />

4Ihr<br />

Platz zum Spielen wird von Straßen eingeengt.<br />

4Sie<br />

werden bequem gefahren, statt zu laufen oder Rad<br />

zu fahren mit allen Folgen für ihre Gesundheit und die<br />

Wahrnehmung ihrer Umwelt.<br />

4Ihre<br />

Atemluft ist belastet, ihre Umgebung oft verlärmt.<br />

(Die Umweltbelastung durch Energieverbrauch interessiert<br />

hier nur am Rande).<br />

■<br />

20<br />

Mit gutem Beispiel vorangehen<br />

Wir fahren selbst Auto. Probleme klar zu benennen, heißt<br />

also nicht das Auto zu verteufeln. Unsere Aufgabe aber<br />

ist, den Kindern zu helfen, im Leben klar zu kommen. Die<br />

grundlegenden Weichen für das Mobilitätsverhalten werden<br />

im Kindes- und Jugendalter gelegt.<br />

Dabei kann sich die Schule nicht gegen die Gesellschaft<br />

stellen. Unsere Kinder werden im Leben nicht besser klar<br />

kommen, wenn wir ihnen die Abschaffung des Autos nahe<br />

legen oder den Verzicht darauf. Nach einem prüfenden Blick<br />

auf unseren Lehrerparkplatz könnten sie uns böse auslachen.<br />

Und doch können wir ihnen Alternativen aufzeigen. Es wäre<br />

natürlich gut, wenn wir sie vorleben und sie als Vorbilder,<br />

aber auch mit ihnen zusammen praktizieren:<br />

1. Bewegung und Sport<br />

Unsere Botschaft: Bewege dich selbst, bewege dich häufi<br />

g und du wirst Freude daran haben.<br />

2. <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Unsere Botschaft: Du wirst später auch mit dem Auto<br />

fahren, hoffentlich verantwortungsbewusst. Aber es gibt<br />

Alternativen: Bus, Bahn, deine Füße und das Fahrrad.<br />

Wenn du sie benutzt, wirst du neue Erfahrungen machen,<br />

deine Umwelt und die Natur mit wacheren Augen sehen.<br />

(Tatsächlich gibt es Kinder, die auf einem Klassenausfl ug<br />

zum ersten Mal die Bahn nutzen. Wo sollen sie lernen,<br />

später auch nur einen einzigen Tag lang auf ihr Auto zu<br />

verzichten?)<br />

3. <strong>Verkehrserziehung</strong> und Technik<br />

Unsere Botschaft: Wir helfen dir, Regeln und Technik zu<br />

beherrschen, damit du dich sicher bewegen kannst.<br />

■<br />

Freude am Radfahren wecken<br />

Zu Recht wurde die Förderung der Lesekompetenz zum strategischen<br />

Ziel erhoben. Die Freude am Lesen zu erhöhen, ist<br />

dabei von herausragender Bedeutung.<br />

Genau so müssen wir vorgehen, wenn wir dem<br />

Bewegungsmangel abhelfen wollen. Als Verkehrserzieher<br />

kann ich sagen: Die Eingliederung der <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

und <strong>Verkehrserziehung</strong> in den Bereich Schule & Gesundheit<br />

ist ein guter Schritt. Im Bereich meines Schwerpunktes<br />

„(M)eine Klasse fährt Rad“ liegt die wechselseitige<br />

Ergänzung von Sport, Gesundheits- und <strong>Verkehrserziehung</strong>


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

auf der Hand und die guten Ansätze aus diesen Richtungen<br />

werden vereint:<br />

Wenn ich als Experte in eine Klasse komme, dann läuft mein<br />

Projekttag folgendermaßen ab:<br />

Ich greife die Erfahrungen der Kinder auf. Jedes Kind berichtet<br />

von seinen Erlebnissen und auch von Unfällen mit<br />

dem Rad. Ich wiederhole die für Radfahrer wichtigen<br />

Verkehrsregeln und baue dabei auf die nachhaltige und unverzichtbare<br />

Arbeit der Polizisten der Jugendverkehrsschule<br />

auf. Das ist der notwendige theoretische Anteil der<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong>.<br />

Doch die Kinder wissen, dass nun sofort die Praxis folgt.<br />

Zuerst werden die Räder auf ihre Fahrtüchtigkeit und<br />

Verkehrssicherheit untersucht. Manche Reparaturen führen<br />

wir sofort aus, manche verschieben wir auf das Ende des<br />

Projekttages, für die schwierigeren verweisen wir auf den<br />

Fahrradhändler. Die Schülerinnen und Schüler wissen nun<br />

aber, warum ihr Rad repariert werden muss und manchmal<br />

sehen sie sofort, wie es geht.<br />

Dann folgt der Fahrradparcours auf dem Hof. Er<br />

muss einfach und transportabel sein. Anders als die<br />

Jugendverkehrsschule stehen nicht die Verkehrsregeln im<br />

Vordergrund, sondern ein ganz klein wenig Akrobatik, d.h.<br />

die Fahrradbeherrschung: Die Kinder fahren durch einen<br />

Parcours aus Verkehrsleitkegeln, über eine kleine Rampe, sie<br />

versuchen, auf der Stelle zu stehen, aus voller Fahrt zu bremsen,<br />

sie springen über kleine Hindernisse aus Dachlatten, sie<br />

fahren einhändig an der Longe und zum Schluss noch über<br />

eine Wippe. Der Schwerpunkt liegt darauf, Rad und Körper<br />

zu beherrschen um beide beim Fahren zu einer Einheit<br />

werden zu lassen. Die Fortschritte, die Kinder, wenn sie so<br />

gefordert werden, in einer einzigen Doppelstunde machen,<br />

sind manchmal erstaunlich.<br />

Das Ende des Programmpunktes bildet das Fahren in der<br />

Gruppe. Auf dem Hof wird geübt, diszipliniert in einer<br />

Reihe zu fahren, Abstände einzuhalten, zu verharren, wenn<br />

die Gruppe langsam fahren muss, zu beschleunigen, wenn<br />

sie schneller wird. Ziel ist, auch mit mehr als 20 Kindern sicher<br />

auf öffentlichen Straßen fahren zu können. Kinder, die<br />

mit einzelnen Übungen Schwierigkeiten haben, bekommen<br />

von mir die freiwillige Hausaufgabe, diese einfach nachvollziehbaren<br />

Übungen zu Hause zu wiederholen.<br />

Meine Erfahrung ist: Mit der Sicherheit wächst die Freude<br />

am Fahren, die Freude an der Bewegung mit dem Fahrrad.<br />

Nicht selten habe ich schiere Begeisterung gespürt. Auch<br />

die Kinder, die schon als Könner kommen, fühlen sich anerkannt<br />

und bestätigt. Manchmal begreifen sie aber erst hier,<br />

dass sie ihre bereits vorhandenen Fähigkeiten zügeln, dass<br />

sie sich in ihre Gruppe einordnen müssen. Am Ende des<br />

Projekttages stehen kleine Reparaturen oder oft erstaunliche,<br />

weil konkrete Einblicke in die Fahrradtechnik.<br />

„Warum dreht sich ein Rad?“ – Schauen wir doch mal in die<br />

Nabe. – „Da sind ja Kugeln drin.“<br />

Vollständig ist das Programm, wenn an einem zweiten Tag<br />

ein Fahrradausfl ug folgt. Das Fahren im realen Verkehr,<br />

selbst wenn die Strecke auf verkehrsarmen und meist au-<br />

21


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

tofreien Wegen geführt wird, zeigt den Ernstcharakter der<br />

Übungen. Insbesondere wenn eine nicht allzu lange Strecke<br />

gewählt wird, mischt sich die Müdigkeit am Ende mit einem<br />

gewissen Stolz: „Das haben wir geschafft.“<br />

22<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

■ Gemeinschaftserlebnis motiviert zum weil er in ein positives Gesamterlebnis eingebettet ist, nicht<br />

eigenen Handeln<br />

nach kurzer Zeit schon verloren geht.<br />

Natürlich kann dieses Programm nur ein Anstoß sein. Rad<br />

fahren lernt man fast immer in der Familie. Wenn von dort<br />

keine Unterstützung kommt, ist eine effektive Förderung<br />

des Kindes, wie in allen Bereichen des Lernens auch beim<br />

Radfahren schwierig. Die Begeisterung der Kinder kann<br />

aber ihren Eltern und ihnen selbst ein Anstoß sein.<br />

Meine Hoffnung ist, dass mehr Kinder durch meine Arbeit<br />

das Rad als mögliche Alternative erfahren, sich zu bewegen,<br />

es in der Freizeit, als Sportgerät, aber auch im Alltag, z.B.<br />

auf dem Weg zur Schule oder zu Freunden und für Touren<br />

zu nutzen. Die positive Wirkung für ihre Gesundheit und<br />

körperliche Mobilität, da bin ich zuversichtlich, wird nicht<br />

lange auf sich warten lassen.<br />

Durch das Fahren in der Gruppe, aber auch durch die intensive<br />

Diskussion in der Klasse, z.B. über das Verhältnis<br />

Radfahrer-Fußgänger oder das Verhalten an Kreuzungen und<br />

Einmündungen möchte ich das verantwortliche Verhalten<br />

der Kinder im Verkehr stärken, und hoffe, dass dieser Aspekt,<br />

Ich hoffe auch, einen Grundstein für die Zuversicht zu legen,<br />

kleine, leider immer wieder notwendige Reparaturen an<br />

einem Fahrrad selbst ausführen zu können. Oft, namentlich<br />

am Ende des Winters, scheitert das Radfahren schon an dieser<br />

ersten Hürde. Ich versuche, die Hemmschwelle vor dem<br />

Schraubschlüssel zu überwinden, indem ich ihn einfach den<br />

Kindern in die Hand drücke und sage: „Versuch’ es mal.“ Das<br />

Fahrrad als technischer Gegenstand im Erfahrungshorizont<br />

der Kinder ist jedenfalls ein sehr geeignetes Objekt, um<br />

in der Schule Technik zu lehren. Meine Termine, die ich<br />

Klassen für mein Programm anbieten kann, sind für das laufende<br />

Schuljahr vollständig ausgebucht. Deshalb habe ich<br />

eine regionale Fortbildung für Lehrkräfte durchgeführt. Ich<br />

möchte meine Arbeit auf mehrere Schultern verteilen.<br />

Es dauert einige Zeit, sich auf allen angesprochenen Gebieten<br />

eine ausreichende Kompetenz zu erarbeiten. Qualifi zierte<br />

Fortbildung verkürzt, so hoffe ich, diesen Zeitraum und<br />

wirkt mit Sicherheit als ermutigender Anstoß. Ich arbeite<br />

daran, diese Fortbildung weiterzuführen und, falls ich die<br />

notwendige Unterstützung fi nde, landesweit anzubieten.<br />

■<br />

Autor<br />

Jan Prediger<br />

Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> und <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

am Staatlichen Schulamt Rheingau-Taunus Kreis und<br />

Wiesbaden


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Unsere Klasse:<br />

„Fit auf dem Fahrrad, fi t im Verkehr“<br />

Die Fahrradwoche an der Gustav-Heinemann-Schule in Hofgeismar<br />

Eine Anregung, (k)ein Leitfaden<br />

■<br />

„Schneckenfahrt“<br />

Jonas fand es ziemlich schwierig, etwas an die Tafel zu<br />

schreiben. Nicht etwa, weil er die Lösung nicht wusste, sondern<br />

weil er gerade auf seinem Fahrrad an der Tafel vorbei<br />

fuhr - möglichst langsam. „Schneckenfahrt“ heißt diese<br />

Geschicklichkeitsübung, eine von über zwanzig Stationen,<br />

die mit dem eigenen Fahrrad zu bewältigen waren. Sie wiederum<br />

gehörten zu einem der 13 Bausteine, die während der<br />

letzten Fahrradwoche an der Gustav-Heinemann-Schule in<br />

Hofgeismar zu absolvieren waren.<br />

Auch in diesem Jahr steht das Fahrrad für eine Woche wieder<br />

auf dem Stundenplan aller Fünftklässler der GHS. Vor den<br />

Sommerferien wird es als Verkehrsmittel und Sport- und<br />

Freizeitgerät zum zentralen Unterrichtsgegenstand.<br />

■<br />

Im Schulprogramm<br />

Unter dem Motto „Unsere Klasse: Fit auf dem Fahrrad, fi t<br />

im Verkehr“ wurde die Fahrradwoche als Beitrag zum<br />

Wettbewerb „Fahrradfreundliche Schule“ 2001 aus der<br />

Taufe gehoben. Der Erfolg, die Begeisterung der Schüler<br />

und die vielen positiven Rückmeldungen aus der gesamten<br />

Schulgemeinde führten dazu, dass die Veranstaltung heute<br />

seinen festen Platz im Schulleben hat und im Schulprogramm<br />

verankert ist.<br />

Ein solcher „Unterricht in <strong>Verkehrserziehung</strong>“ nutzt in<br />

hervorragender Weise die Motivation der 10 bis 14-jährigen.<br />

Gerade für sie hat das Fahrrad als Freizeitgerät und<br />

universelles Fortbewegungsmittel einen besonders hohen<br />

Stellenwert. Fahrrad Fahren macht mobil und viel Spaß.<br />

Auf den aktiven Umgang mit dem eigenen Fahrrad ist bei<br />

einem Fahrradprojekt der Schwerpunkt zu legen.<br />

■<br />

Ziele<br />

Eine Aktionswoche, die im 5. Schuljahr das Fahrrad in den<br />

Mittelpunkt handlungsorientierter Unterrichtsprojekte stellt,<br />

hat zum Ziel:<br />

23


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

4Die<br />

Freude an der Bewegung zu fördern und dem<br />

Bewegungsmangel entgegen zu wirken.<br />

4Das<br />

Rad fahren im Schul- und Wohnbereich sicherer und<br />

attraktiver zu gestalten.<br />

4Die<br />

psychomotorischen und fahrpraktischen Fähigkeiten<br />

und Fertigkeiten zu steigern.<br />

4Die<br />

Voraussetzungen für die Durchführung sicherer<br />

Radwanderungen mit der Klasse zu schaffen.<br />

4Unter<br />

Vermeidung des „erhobenen Zeigefi ngers“ die<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> der Grundschule weiterzuführen<br />

4Das<br />

Fahrrad zum Gegenstand von <strong>Mobilitätsbildung</strong> zu<br />

machen, die über den reinen Sicherheitsaspekt hinaus<br />

geht.<br />

4Die<br />

Schüler anzuregen, ihren Schulweg mit dem Fahrrad<br />

zu bewältigen.<br />

■<br />

24<br />

Organisatorischer Rahmen<br />

Den Anforderungen moderner <strong>Mobilitätsbildung</strong> folgend,<br />

werden außerschulische Partner wie Landesverkehrswacht,<br />

Polizei, Rettungsdienste, örtliche Optiker, ADAC oder andere<br />

Experten beteiligt. Die Fahrradwerkstatt der GHS stellt<br />

Leihräder, Helme (Helmpfl icht!) und mit seinem WP-Kurs<br />

technisches Know-how bereit. Nach dem Motto „Groß hilft<br />

Klein“ sind ältere Schüler als Helfer und Betreuer tätig, engagierte<br />

Eltern bringen ihre Kompetenzen ein.<br />

Die Klassenlehrer/innen begleiten ihre Klasse über die gesamte<br />

Fahrradwoche, die sich aus 13 Bausteinen zusammensetzt.<br />

Zur Durchführung bestimmter Bausteine (z.B. 3,7,11)<br />

werden kompetente Kollegen/innen zeitweise frei gestellt.<br />

Ein Teil des Schulgeländes wird dem Fahrrad fahren<br />

reserviert.<br />

■<br />

Bausteine<br />

1. Fahrradcheck<br />

Zum Start obligatorisch für jedes Fahrrad (Fahrradwerkstatt)<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

2. Fahrradparcours<br />

Geschicklichkeitsparcours als Klassenwettbewerb (z.B.<br />

ADAC oder Eigenbau)<br />

3. Fahren in der Gruppe<br />

Üben des Gruppenfahrens im Schonraum und Realverkehr<br />

(evtl. mit Polizei)<br />

4. Sehtest<br />

Im Klassenraum mit Bescheinigung (örtliche Optiker)<br />

5. Verkehrszeichen und -regeln<br />

Verkehrssicheres Fahrrad und verkehrssicheres Verhalten<br />

(Verkehrswacht)<br />

6. Fahrradhelm<br />

„Melonentest“ (Verkehrswacht)<br />

7. Platten fl icken<br />

Gruppenarbeit am Vorderrad (Fahrradwerkstatt)<br />

8. „Toter Winkel“<br />

Eine ganze Klasse „verschwindet“ zwischen den<br />

Markierungsbändern. (z.B. Löschfahrzeug der Feuerwehr)<br />

9. „Achtung Auto“<br />

Aktion des ADAC zum Anhalteweg eines Autos.<br />

10. Grundmaßnahmen zur Lebensrettung<br />

Einüben grundlegenden Verhaltens nach einem Unfall<br />

(z.B. DRK)<br />

11. Fahrradstationen<br />

22 Geschicklichkeitsübungen mit dem eigenen<br />

Fahrrad, Sammeln farbiger Aufkleber auf einem<br />

Laufzettel<br />

12. Fahrradthemen; Fächerverbindende Themen rund<br />

ums Fahrrad, Gesundheit und Mobilität: z.B. Texte,<br />

Tagebücher, Dokumentation, Plakate, Zeichnungen,


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

■<br />

Gedichte, Lieder, Vorbereitung der Fahrradtour (Klassen-<br />

und Fachlehrer/innen)<br />

13. Fahrradtour<br />

Höhepunkt und Abschluss der Fahrradwoche<br />

Zugegeben, eine solche umfangreiche Fahrradwoche, an<br />

der die ganze Jahrgangsstufe 5 (acht Klassen / über 200<br />

Schüler) teilnimmt, erfordert einen nicht unerheblichen organisatorischen<br />

und personellen Aufwand. Teamarbeit ist<br />

vonnöten.<br />

Doch Mut zur Lücke! Es geht auch ohne Fahrradwerkstatt<br />

und es muss auch nicht gleich eine ganze Fahrradwoche<br />

sein! Ein kleines, überschaubares Fahrradprojekt mit einigen<br />

außerschulischen Partnern als Unterstützer (z.B.<br />

Fahrradhändler) und wenigen Bausteinen, ein oder zwei<br />

Tage… und ein erfolgreicher Anfang ist gemacht.<br />

Die Fahrradwoche der GHS: eine Anregung, einige Ideen,<br />

(k)ein Leitfaden.........<br />

■<br />

Fazit<br />

Ein Fahrradprojekt zu Beginn der Sekundarstufe I<br />

4muss<br />

keine Fahrradwoche mit vielen Bausteinen sein<br />

4benötigt,<br />

um erfolgreich zu sein, keine Fahrradwerkstatt<br />

und muss nicht mehrere Tage dauern.<br />

4ist<br />

in besondere Weise geeignet, die <strong>Verkehrserziehung</strong><br />

der Grundschule fortzusetzen.<br />

4führt<br />

zu einer <strong>Mobilitätsbildung</strong>, wie sie als Modul im<br />

Rahmen des Arbeitsfeldes „Schule & Gesundheit“ angelegt<br />

ist. (Abb. 2)<br />

4erfüllt<br />

eine Forderung des HKM:<br />

„Besonders geeignet für die Sekundarstufe I sind<br />

Fahrradthemen und -projekte, die Unterrichtsvorhaben<br />

der Grundschule weiterführen können. Bis zum Ende<br />

des 10. Schuljahres sollte jede Schülerin und jeder<br />

Schüler an einem Unterrichtsvorhaben oder einer<br />

Arbeitsgemeinschaft zum Thema „Fahrrad und Schule“<br />

teilgenommen haben.“ (Bekanntmachungen und Mitteilungen<br />

des Hess. Kultusministeriums Abl. 8/03 S. 582)<br />

4liefert<br />

einen Beitrag zur Schärfung des Schulprofi ls<br />

4wird<br />

ein Erfolg, bereichert das Schulleben und macht<br />

Spaß.<br />

■<br />

Informationen & Autor<br />

Erwin Gerhart<br />

Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong><br />

Beim Staatlichen Schulamt für den Landkreis und die Stadt<br />

Kassel<br />

Erwin.Gerhart@t-online.de<br />

Gustav-Heinemann-Schule<br />

Adolf-Häger-Str. 8<br />

34369 Hofgeismar<br />

E-Mail: gs.hofgeismar@schule.landkreiskassel.de<br />

25


26<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

„Achtung Auto!“ – Aktionen im Rahmen der<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong><br />

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club Hessen-Thüringen e.V. (ADAC) bietet allen Schulen im Lande<br />

Hessen eine Aktion zur <strong>Verkehrserziehung</strong> und Verkehrssicherheit an.<br />

Dieses Angebot betrifft die Schülerinnen und Schüler ab<br />

Klasse 5. Die Aktion „Achtung Auto!“ ist ein Angebot im<br />

Rahmen der „Öffnung von Schule“. Über die Annahme des<br />

Angebotes entscheidet die Schule selbst im Rahmen ihrer<br />

Planung und geltender Bestimmungen.<br />

■<br />

Ziele der Aktion<br />

Mit den Schülerinnen und Schülern ab Klasse 5 sollen<br />

Bremswege demonstriert und erörtert werden. Dabei<br />

wird der Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit,<br />

Reaktionsweg und Anhalteweg handlungsorientiert erfahren<br />

und theoretisch erarbeitet. Für die Verkehrssicherheit<br />

spielen das Reaktionsvermögen, die Bremswege anderer<br />

Verkehrsteilnehmer und die eigenen eine entscheidende Rolle.<br />

Gefährdungen haben oft ihre Ursache in Fehleinschätzungen<br />

der Verkehrsteilnehmer.<br />

■<br />

Übungen und Demonstrationen<br />

4Die<br />

Schülerinnen und Schüler laufen auf ein bestimmtes<br />

Ziel zu und sollen versuchen, nach einem Signal so<br />

schnell wie möglich stehen zu bleiben. Solche Übungen<br />

werden wiederholt und variiert.<br />

4Schülerinnen<br />

und Schüler können als Mitfahrer/innen im<br />

Auto sehen und feststellen, wie das Auto auf ein Signal<br />

hin zum Stillstand gebracht wird. Die Schülerinnen und<br />

Schüler erfahren dabei auch das vorschriftsmäßige, richtige<br />

Angurten im PKW. Die Aktionsfahrzeuge sind mit<br />

den vorgeschriebenen Rückhalteeinrichtungen ausgestattet.<br />

Es ist nicht erforderlich, dass alle Kinder einer<br />

Klasse an diesem Beispiel als Mitfahrer/innen beteiligt<br />

sind, auch die Beobachtung ist lehrreich.<br />

4Je<br />

nach örtlichen Verhältnissen bzw. Voraussetzungen<br />

wird auch der Anhalteweg bei verschiedenen<br />

Fahrbahnzuständen, z.B. auf nasser Fahrbahn<br />

demonstriert.<br />

Grundsätzlich ist es möglich und wünschenswert, dass<br />

Einzelheiten und Korrekturen im Ablauf unter denen, die<br />

die Aktion durchführen (Klassenleiter/-in, Lehrer/-in für


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> oder Schulbeauftragte(r)/Fachberater/in<br />

für <strong>Verkehrserziehung</strong> und Moderator/in des ADAC), abgesprochen<br />

werden.<br />

■<br />

Auswertung<br />

Die gesehenen und erlebten Beispiele werden an Ort und<br />

Stelle einschließlich der Messergebnisse ausgewertet und<br />

erörtert: Von den Schülerinnen und Schülern sollen das<br />

Reaktionsvermögen, der Bremsweg, die Bremsspur, der<br />

Anhalteweg, die Reaktionszeit und die Geschwindigkeit<br />

in Beziehung gesetzt, erläutert und die Konsequenzen<br />

für das Verhalten z.B. an Fußgängerüberwegen genannt<br />

werden. Dieser ersten Auswertung sollte in aller Regel<br />

eine Nacharbeit im Verkehrsunterricht der Schule folgen.<br />

Hierfür wird bei der Aktion dem/der Klassenlehrer/in<br />

Übungsmaterial ausgehändigt.<br />

■<br />

Organisation<br />

Zielgruppen sind Schülerinnen und Schüler ab 5.<br />

Schuljahrgang aller Schulen, der Zeitbedarf entspricht 2<br />

Schulstunden also 1 1 /2 Stunden für eine Klasse.<br />

Parkplätze oder Privatstraßen, die durch eine vollständige<br />

Absperrung zu „nichtöffentlichen Flächen“ werden<br />

(z.B. Parkplätze vor Sportanlagen, Schwimmbädern,<br />

Einkaufszentren), werden mit der Verkehrsbehörde vereinbart.<br />

Mindestmaße der asphaltierten Fläche: ca. 100 x 5 m.<br />

Pro Veranstaltung wird ein(e) Moderator/in vom ADAC<br />

Hessen/Thüringen gestellt, der/die zuvor für die Aktion<br />

entsprechend ausgebildet wurde. Hierzu kommen: Der/die<br />

Klassenlehrer/in oder der/die Lehrer/in für <strong>Verkehrserziehung</strong><br />

in der Klasse außerdem nach Möglichkeit auch ein(e)<br />

Verkehrserzieher/in der Polizei. Das benötigte Material für<br />

die Aktion wird vom ADAC gestellt.<br />

Zeit- und Rahmenplanung<br />

Das dargestellte Angebot gilt jährlich für die Monate März<br />

und November. Die Terminabsprache erfolgt direkt zwischen<br />

Schule und ADAC. Die Schulen organisieren bzw.<br />

bereiten vor:<br />

4eine<br />

geeignete Fläche zur Durchführung (vgl. 4.3),<br />

4die<br />

Bekanntgabe der Straßen- oder Platzsperrung für die<br />

Anwohner,<br />

4die<br />

Bitte an die Feuerwehr, die Fahrbahn wunschgemäß<br />

zu bewässern,<br />

4die<br />

Benachrichtigung der Polizei und Verkehrsbehörde<br />

(Gemeinde).<br />

Freiwilliges Angebot<br />

Bei der dargestellten Aktion handelt es sich um ein freiwilliges<br />

Angebot, d.h. die Teilnahme der Schulen ab Klasse 5 ist<br />

von der Entscheidung des Schulleiters/der Schulleiterin und<br />

der zu beteiligenden Gremien abhängig. Wenn die genannte<br />

personelle Begleitung und Betreuung gewährleistet ist, handelt<br />

es sich um eine Schulveranstaltung auch im versicherungsrechtlichen<br />

Sinne.<br />

In aller Regel (Ausnahme: Projekttage und -wochen) ist<br />

die Aktion so durchzuführen, dass regulär geplanter und<br />

durchführbarer Unterricht nicht ausfällt, also ggf. auch an<br />

Nachmittagen.<br />

■<br />

Ansprechpartnerin<br />

ADAC Hessen-Thüringen e.V.<br />

Frau Inge Mang<br />

Tel.: 069-6607-8404<br />

Lyoner Str. 22<br />

60528 Frankfurt am Main<br />

E-Mail: Inge.Mang@hth.adac.de<br />

27


Kernstück des RiSk-Projektes sind Aktionstage an beruflichen<br />

Schulen, in denen Schülerinnen und Schüler, die<br />

bereits einen Führerschein haben oder kurz davor sind,<br />

die persönliche und emotionale Seite des Autofahrens und<br />

das eigene Risikoverhalten im Straßenverkehr hinterfragen.<br />

Ausgehend von der Erkenntnis, dass nicht Wissen vor<br />

Unfällen schützt, sondern eine tragfähige innere Haltung<br />

beim Fahren, konzentriert sich dieses Projekt ganz auf<br />

die Seite der Motivation der Fahranfängerinnen und<br />

Fahranfänger wie auch der Mitfahrerinnen und Mitfahrer.<br />

Das allgemein vorhandene Wissen um die Risiken wird durch<br />

die Diskussion von typischen Dilemmata in potenziellen<br />

Gefahrensituationen, das begleitete Fahren mit Schülerinnen<br />

und Schülern sowie eine Auswertungsrunde ins Bewusstsein<br />

geholt und emotional vertieft. In den Diskussionen, die ohne<br />

Druck und Belehrung stattfi nden, entsteht immer wieder<br />

ein intensiver Austausch zwischen den Schülerinnen und<br />

Schülern, wie auch tatsächliche Anteilnahme an den erstaunlich<br />

zahlreichen Schilderungen von schweren Unfällen aus<br />

dem Erfahrungsbereich der Jugendlichen.<br />

Das Ziel dieser Sensibilisierung ist, ein risikobewussteres,<br />

sicheres Fahrverhalten bei den Schülerinnen und Schülern<br />

28<br />

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<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Risiken im Straßenverkehr kommunizieren<br />

– Aktion RiSk am Studienseminar<br />

Seit November 2004 ist das Studienseminar für berufl iche Schulen<br />

in Kassel mit Außenstelle in Fulda und seinen assoziierten Ausbildungsschulen<br />

Kooperationspartner des Projektes RiSk - „Risiken im<br />

Straßenverkehr kommunizieren“. Ziel dieses Projektes ist die Senkung<br />

des Risikos von Verkehrsunfällen durch eine Beeinfl ussung der Risikodisposition<br />

jugendlicher Fahranfänger – in diesem Fall konzentriert<br />

auf Schülerinnen und Schüler der Berufsschulklassen. Weitere Partner<br />

dieses Projektes sind ADAC, ACE, AvD, ADFC, VCD, Unfallkasse Hessen,<br />

Landesverkehrswacht Hessen und Landesverband Hessischer Fahrlehrer<br />

e.V.<br />

auf der Basis emotionalen Bewusstseins anzubahnen, das im<br />

System des Lebensraums Schule integriert ist. Letztendlich<br />

hoffen wir langfristig, eine Senkung der Unfallquoten der<br />

Fahranfängerinnen und Fahranfänger an berufl ichen Schulen<br />

zu erzielen.<br />

Unser Engagement richtet sich auf schulischer Ebene in erster<br />

Linie an Schülerinnen und Schüler, die die Teilzeitschulformen<br />

an Ausbildungsschulen des Studienseminars für berufliche<br />

Schulen besuchen, inzwischen liegen auch positive<br />

Erfahrungen mit Vollzeitschulformen vor.<br />

In gemeinsamer Verantwortung bilden wir Lehrkräfte<br />

im Vorbereitungsdienst (LiV) in Gesprächsführung und<br />

Moderationstechniken aus. Hierzu fand bisher zweimalig eine<br />

von den Projektpartnern mitfi nanzierte Blockveranstaltung<br />

in Weilburg statt, an der auch die Studienseminare für berufl<br />

iche Schulen in Gießen und Darmstadt beteiligt waren.<br />

Die weitere Ausbildung und Begleitung der zu Moderatoren<br />

ausgebildeten LiV fi ndet in Seminarveranstaltungen statt.<br />

Bisher fanden an zahlreichen Schulen in Kassel und<br />

Umgebung Aktionstage statt, zuletzt in Fritzlar und Korbach,


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

im Juli auch in Bad Hersfeld, Witzenhausen und Eschwege.<br />

Geplant sind weitere Projekte zur Verkehrssicherheitsarbeit<br />

und die stärkere Einbindung der Lehrkräfte an den<br />

berufl ichen Schulen im Bereich der Fortbildung, um die<br />

Nachhaltigkeit der Aktion zu sichern.<br />

Unsere Konzepte der Moderatorenausbildung und der<br />

Aktionstage an den Ausbildungsschulen haben sich bisher<br />

grundsätzlich bewährt und werden kontinuierlich im Prozess<br />

bearbeitet. Im Verlauf der Durchführung haben die Lehrkräfte<br />

im Vorbereitungsdienst nach einer Grundausbildung<br />

in Gesprächs- und Moderationstechniken, nach ersten<br />

Erfahrungen der Umsetzung an Aktionstagen und der<br />

Anwendung der Gesprächstechniken im eigenen Unterricht,<br />

ihrer Selbsteinschätzung nach weiteren Trainings- und<br />

Unterstützungsbedarf, insbesondere individuelle Coaching-<br />

und Beratungsangebote zur eigenen Weiterentwicklung eingefordert.<br />

Für die LiV wird dies in Form von unbewerteten<br />

Wahlpfl ichtmodulen umgesetzt, die durch die Neuordnung<br />

der Lehrerbildung möglich wurden. Im Rahmen des modularisierten<br />

Ausbildungskonzeptes haben wir in diesem<br />

Sinne Angebote im seminarinternen Wahlpfl ichtbereich<br />

zur Gesprächsführung sowie zu Moderationstechniken und<br />

Beratung als Grund- und Aufbaumodule integriert und die<br />

Aktion RiSk in unserem Seminarausbildungskonzept als<br />

Regelangebot verankert. Für uns sind diese Angebote im<br />

Rahmen des RiSk-Konzeptes Teil unseres Anliegens, den<br />

Gedanken von Schule & Gesundheit möglichst vielfältig in<br />

unserem Seminar umzusetzen.<br />

Im Bereich der Seminarentwicklung erfahren wir durch das<br />

Engagement und die Arbeit im Bereich der Verkehrssicherheit<br />

eine förderliche Stärkung unserer Identität im Entstehen von<br />

Gemeinschaftsgefühl durch die im Team von Ausbilderinnen,<br />

Ausbildern, Lehrerinnen und Lehrern im Vorbereitungsdienst<br />

geplante Durchführung, die Vor- und Nachbereitung von<br />

Aktionstagen zur Verkehrssicherheit in einem gemeinsam<br />

verantworteten Lernprozess.<br />

Unsere Vision ist der Einsatz von ausgebildeten<br />

Moderatorinnen und Moderatoren als Multiplikatoren und<br />

die Durchführung von Aktionstagen an Ausbildungsschulen<br />

in der Fläche. Eine hohe Akzeptanz dieses Projektes ist bei<br />

den Bildungseinrichtungen vorhanden.<br />

Diese Angebote für die LiV sind grundsätzlich aufgrund der<br />

neuen Stellung der Studienseminare in der Lehrerbildung<br />

auch für den Fortbildungsbereich geöffnet.<br />

Inwieweit das Angebot auf den gymnasialen Bereich (Sek<br />

II) übertragen werden kann, muss noch geklärt werden. Im<br />

Rahmen der neuen Möglichkeit zur Teilzertifi zierung im<br />

Bereich Sicherheit und Verkehr ist dieses Konzept für die<br />

gymnasiale Oberstufe interessant.<br />

■<br />

Ansprechpartner<br />

Verantwortliche für die Aktion RiSk am Studienseminar für<br />

berufl iche Schulen in Kassel:<br />

H. Hagelüken<br />

Seminarleiterin<br />

E-Mail: h.hagelüken@afl .hessen.de<br />

H. Kaufmann<br />

E-Mail: Horst_Kaufmann@t-online.de<br />

Dr. F. Starke<br />

E-Mail: frank.joachim.starke@web.de<br />

29


Alkohol und Drogen<br />

im Straßenverkehr<br />

Alkoholbedingte Auffälligkeiten im Straßenverkehr sind<br />

nach wie vor der häufi gste Grund zur Teilnahme an einer<br />

medizinisch-psychologischen Untersuchung. Mit Abstand<br />

folgt auf Platz zwei die Gruppe der unter Drogeneinfl uss<br />

am Straßenverkehr Teilnehmenden, so die Bundesanstalt<br />

für Straßenwesen (BASt).<br />

Vergleicht man die Statistik<br />

der letzten Jahre, so lässt sich<br />

ein leichter Abwärtstrend bei<br />

Alkoholauffälligkeiten beobachten.<br />

Die Auffälligkeiten<br />

im Zusammenhang mit<br />

Drogen hingegen wiesen<br />

eine starke Zunahme auf.<br />

Dies lässt sich einerseits<br />

darauf zurückführen, dass<br />

die Polizei heute über gute<br />

Testmöglichkeiten verfügt.<br />

Noch vor wenigen Jahren musste ein Drogensünder kaum<br />

eine Ahndung befürchten. Mittlerweile lässt sich anhand<br />

eines Drugwipe-Tests innerhalb von nur 5 Minuten feststellen,<br />

welche Drogen bzw. Drogenkombinationen ein<br />

Fahrer genommen hat. Lediglich etwas Schweiß z.B. von<br />

30<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

der Stirn reicht für diesen Test aus. War der Test positiv,<br />

folgt eine Blutanalyse, die genaue Daten über die Menge<br />

und den Zeitpunkt des Konsums liefert. Außerdem dient<br />

die Blutanalyse als rechtsmittelfähiger Beweis. Ein weiterer<br />

Grund für den Anstieg liegt darin, dass die Polizei zunehmend<br />

Jugendliche in den<br />

Überwachungsfokus nimmt.<br />

Handelt es sich bei den alkoholisierten<br />

Autofahrern<br />

hauptsächlich um die<br />

Altersgruppe 40+, so sind<br />

die Konsumenten von illegalen<br />

Drogen wesentlich jünger,<br />

Tendenz fallend. Nach<br />

einer Untersuchung des<br />

Drogenreferats Frankfurt<br />

mit 1500 Frankfurter<br />

Schülerinnen und Schülern<br />

im Jahre 2005 gaben 38 Prozent der Jugendlichen an, mindestens<br />

einmal Haschisch geraucht zu haben. 24 Prozent der<br />

Zehn- bis Zwölftklässler hatten im Laufe des vergangenen<br />

Jahres Cannabis konsumiert, 12 Prozent innerhalb des<br />

letzten Monats. Jede fünfte Schülerin oder Schüler war


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

beim Erstkonsum dreizehn<br />

Jahre alt oder jünger.<br />

Erstaunlich ist das Ausmaß<br />

der Uninformiertheit. Sechs<br />

Prozent der Jugendlichen<br />

wussten nicht, dass Cannabis<br />

eine illegale Droge ist, 8 Prozent waren unschlüssig. Im<br />

Gegensatz zu Alkohol hat Cannabis bei jungen Menschen<br />

ein viel positiveres Image. Sie ist die am weitesten verbreitete<br />

und am häufi gsten konsumierte illegale Droge.<br />

Berufsschülerinnen und -schüler neigen zu häufi gerem und<br />

intensiverem Konsum als Schüler an Allgemeinbildenden<br />

Schulen. War man vor 35 Jahren aufgrund einer Studie der<br />

Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch der Meinung,<br />

dass Cannabis bei mäßigem Konsum weder körperlich abhängig<br />

mache noch geistige oder psychische Schäden verursachen<br />

könne, so hat sich diese Einschätzung im Laufe der<br />

Jahrzehnte relativiert.<br />

■<br />

Rechtliche Konsequenzen bei Alkohol am Steuer<br />

Kennzeichen der aktuellen<br />

Drogenpolitik ist,<br />

die Risiken des Cannabis-<br />

Gebrauchs nicht zu unterschätzen.<br />

Sprach man noch<br />

Anfang der 70er Jahre von<br />

einer Aussteigerdroge für einen kleinen Personenkreis,<br />

so spricht man heute von einer Alltagsdroge. Allein in<br />

Deutschland schätzt man, dass ca. 3,4 Millionen Personen<br />

jährlich zu den Konsumenten zählen und etwa 400 000<br />

davon wenden sie missbräuchlich an, sprich sind abhängig.<br />

Etwa ein Drittel aller Konsumenten nehmen<br />

Rauschgift häufi g (täglich) und vielfach in Kombination<br />

mit Alkohol oder anderen psychoaktiven Substanzen. Die<br />

Folgen des Gebrauchs umfassen Konzentrations- und<br />

Gedächtnisstörungen, Verlangsamung der Reaktionsgeschwindigkeit,<br />

Beeinträchtigung des Urteilsvermögens. Es besteht<br />

ein hohes Risiko für den Konsumenten in Depressionen und<br />

Blutalkoholkonzentration bei Fahrsicherheit bei Fahrunsicherheit bei Unfall<br />

ab 0,3‰ keine Führerscheinentzug<br />

7 Punkte<br />

Geld- oder Freiheitsstrafe<br />

ab 0,5‰ 4 Punkte<br />

Fahrverbot bis<br />

3 Monate<br />

ab 1,1‰ Führerscheinentzug<br />

7 Punkte<br />

Geld- oder Freiheitsstrafe<br />

Führerscheinentzug<br />

7 Punkte<br />

Geld- oder Freiheitsstrafe<br />

Führerscheinentzug<br />

7 Punkte<br />

Geld- oder Freiheitsstrafe<br />

Führerscheinentzug<br />

7 Punkte<br />

Geld- oder Freiheitsstrafe<br />

Schadenersatz, Schmerzensgeld,<br />

evtl. Rente an<br />

Opfer<br />

Führerscheinentzug<br />

7 Punkte<br />

Geld- oder Freiheitsstrafe<br />

Schadenersatz, Schmerzensgeld,<br />

evtl. Rente an<br />

Opfer<br />

Führerscheinentzug<br />

7 Punkte<br />

Geld- oder Freiheitsstrafe<br />

Schadenersatz, Schmerzensgeld,<br />

evtl. Rente an<br />

Opfer<br />

31


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Phobien abzugleiten. Bei jungen Menschen, die einen körperlichen<br />

und psychischen Reifungsprozess durchlaufen,<br />

lässt sich feststellen, dass sich Abhängigkeiten schneller als<br />

bei Erwachsenen einstellen und die Schäden größer sind<br />

– bei manchen von ihnen sind die psychischen und affektiven<br />

Schäden so schwerwiegend, dass nur noch eine psychiatrische<br />

Behandlung helfen kann. Eine Übersicht über die<br />

Wirkungsweise verschiedener illegaler Drogen ist auf der<br />

Internetseite www.checkwerfaehrt.de zu fi nden.<br />

Darüber hinaus verschlechtern Jugendliche Drogenkonsumenten<br />

ihre Chancen bei der Lehrstellensuche. Der Anteil<br />

der Ausbildungsbetriebe, die einen freiwilligen Drogentest<br />

im Zusammenhang einer Bewerbung verlangen, nimmt<br />

stetig zu. Die meisten Jugendlichen wissen zwar, welche<br />

Rechtsfolgen es hat, wenn sie alkoholisiert hinterm Steuer<br />

erwischt werden. Über die Konsequenzen, die es für ihre<br />

Zukunft haben kann, wenn sie einmal mit illegalen Drogen<br />

erwischt werden sind sie in der Regel nicht informiert.<br />

■<br />

32<br />

Rechtliche Konsequenzen bei Drogen am<br />

Steuer<br />

Nach den §§ 29 ff. des Betäubungsmittelgesetzes ist grundsätzlich<br />

jeder Umgang mit Drogen strafbar. Bei geringen<br />

Mengen und wenn keine Fremdgefährdung (z.B. auf<br />

dem Schulhof) vorliegt, kann die Staatsanwaltschaft das<br />

Verfahren einstellen. In Hessen gilt derzeit:<br />

4bis<br />

6g: Grundsätzlich keine Strafverfolgung<br />

46g<br />

bis 15g: Strafverfolgung möglich, vor allem im<br />

Wiederholungsfall<br />

4ab<br />

15g: Strafverfolgung<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Selbst wenn ein Strafverfahren eingestellt wurde, geht eine<br />

Meldung an die Führerscheinstelle. Für Führerscheininhaber<br />

gilt dann:<br />

Nach § 24 a Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ist das<br />

Fahren unter Drogeneinfl uss grundsätzlich verboten. Wer es<br />

dennoch tut, begeht eine Ordnungswidrigkeit (Bußgeld bis<br />

1500€, Fahrverbot von 1 bis 3 Monaten und 4 Punkte in<br />

Flensburg). Wenn zudem Anzeichen vor Fahruntüchtigkeit<br />

vorliegen, droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe<br />

bis zu 5 Jahren (§§ 315 c / 316 StGB) und 7 Punkte in<br />

Flensburg.<br />

Weitere Folgen:<br />

4Entzug<br />

der Fahrerlaubnis<br />

4medizinisch-psychologische<br />

Untersuchung(en)<br />

4Geld-<br />

oder Freiheitsstrafe<br />

47<br />

Punkte in Flensburg<br />

4Eingeschränkte<br />

Versicherungsleistungen (Vollkasko<br />

zahlt nicht, die Kfz-Haftpfl ichtversicherung kann bis zu<br />

5000€ beim Unfallverursacher in Regress nehmen)<br />

Es können auf den jugendlichen Fahrer und Fahrerinnen ungeahnte<br />

Kosten zu kommen. Nach Bezahlung des Bußgeldes<br />

und der Geldstrafe (ca. 250 bis 850€) erfolgt bei Entzug der<br />

Fahrerlaubnis die MPU und mehrere Drogen-Screenings<br />

zum Beweis, dass die Drogenprobleme beseitigt sind (ca.<br />

500€ für eine MPU und ca. 900€ zu ihrer Vorbereitung, ca.<br />

140€ für ein Screening). Bei einer Durchfallquote von ca.<br />

60% muss der Betroffene unter Umstand mehrfach antreten.<br />

Da können für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis<br />

schnell mehrere tausend Euro zusammenkommen. Für<br />

Schülerinnen, Schüler und Auszubildende ist dies ein teures<br />

und langwieriges Unterfangen. Bis zur Wiedererlangung der


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Alle Drogen<br />

setzen die<br />

Verkehrstüchtigkeit<br />

herab<br />

Drogen haben keinen<br />

besonderen Einfluss<br />

auf die<br />

Verkehrstüchtigkeit<br />

Statements der Vier-Ecken-Konferenz<br />

Nur Alkohol und<br />

Beruhigungsmittel<br />

verringern die<br />

Verkehrstüchtigkeit<br />

Drogen,<br />

die anregen und<br />

aufputschen<br />

verbessern auch die<br />

Verkehrstüchtigkeit<br />

Fahrerlaubnis können mehrere Jahre vergehen. Im ungünstigsten<br />

Fall kann sie ganz ausbleiben, wenn der Nachweis<br />

einer dauerhaften Abstinenz von Drogen nicht gelingt. Dies<br />

gilt ebenso für Alkohol.<br />

Da für junge Menschen die Mobilität einen sehr hohen<br />

Stellenwert hat, ist der Führerscheinentzug nicht<br />

nur sehr schmerzhaft sondern schafft weitere Probleme.<br />

Schülerinnen und Schüler aus ländlichen Gegenden können<br />

eventuell die Schule oder den Arbeitsplatz schlecht erreichen.<br />

Das gleich gilt, wenn sich der Arbeitsplatz auf der<br />

Grünen Wiese befi ndet. In vielen Branchen ist der Besitz<br />

einer Fahrerlaubnis Einstellungsvoraussetzung oder unerlässlich<br />

zur Berufsausübung, so dass der Verlust auch den<br />

Arbeitsplatz kosten kann. In fast jeder Berufsschulklasse mit<br />

Führerscheininhabern fi nden sich Schüler und Schülerinnen,<br />

die einen Entzug der Fahrerlaubnis zu beklagen haben.<br />

Im Interesse der Schülerinnen und Schüler ist es dringend geboten,<br />

dieses Thema zum Unterrichtsgegenstand zu machen.<br />

Als Anknüpfungspunkt kann nach einer Einführung in das<br />

Thema zu Beginn der Unterrichtsstunde ein Zeitungsartikel<br />

dienen, um den Schülern die Wichtigkeit zu verdeutlichen<br />

und eine persönliche Anteilnahme und Betroffenheit auszulösen.<br />

Im Anschluss bietet sich eine „Vier-Ecken-Konferenz“<br />

an: Vier Statements werden auf Plakaten jeweils einer Ecke<br />

des Raumes zugeordnet.<br />

Die Jugendlichen begeben sich in die Ecke, deren Standpunkt<br />

ihrer eigenen Meinung nahe kommt. Die Gruppen erhalten<br />

folgende Aufgaben:<br />

1. Sie tauschen Motive und Erfahrungen aus, die ihre Wahl<br />

bestimmt haben.<br />

2. Sie stellen fest, welche Motive und Erfahrungen allen<br />

gemeinsam sind. Die wichtigsten werden schriftlich<br />

festgehalten.<br />

Die „Vier-Ecken-Konferenz“ dient dazu sich ein Bild<br />

vom Informationsstand zu machen und ein Meinungsbild<br />

herzustellen. Anschließend wird ein Fallbeispiel eines<br />

Jugendlichen konstruiert, der in eine Verkehrskontrolle gerät.<br />

Die Schüler und Schülerinnen überlegen, was weiter<br />

passiert.<br />

Für einen weitergehenden Einstieg sind die folgenden<br />

Unterrichtseinheiten zu empfehlen:<br />

4Drogen<br />

und Medikamente im Straßenverkehr –<br />

Unterrichtseinheit für Gymnasien und Berufsschulen<br />

Fachstelle Prävention (Mechthild Reith) im Verein<br />

Arbeits- und Erziehungshilfe e.V.<br />

E-Mail: praevention@vae-ev.de<br />

4don’t<br />

drug and drive – Unterrichtsleitfaden<br />

www.dont-drug-and-drive.de<br />

■<br />

Autor<br />

Donald Karg<br />

Fachberater für <strong>Verkehrserziehung</strong> beim Staatlichen<br />

Schulamt Frankfurt und Mitglied der Arbeitsgruppe<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> beim Kultusministerium<br />

u<br />

www.checkwerfaehrt.de<br />

33


Im Jahr 2004 rückte die Weltgesundheitsorganisation unter<br />

dem Motto „Road safety is no accident“ Fragen der<br />

Verkehrssicherheit in den Blickpunkt. Sie machte darauf<br />

aufmerksam, dass Straßenverkehrsunfälle weltweit<br />

die Hauptursache für Unfälle mit Todesfolge sind. Das<br />

Statistische Bundesamt belegt, dass in Deutschland mit<br />

seit vielen Jahren gleich bleibender Tendenz die jungen<br />

Fahranfängerinnen und Fahranfänger weit überproportional<br />

von Verkehrsunfällen betroffen sind. Das Risiko<br />

der Altersgruppe der 17- bis 24-jährigen Benutzerinnen<br />

und Benutzer von Pkw oder Motorrad, bei einem Unfall<br />

getötet oder verletzt zu werden, ist im Vergleich zur<br />

Gesamtbevölkerung fast dreimal so hoch. Junge Männer<br />

sind auffällig gefährdeter als junge Frauen, diese verunglücken<br />

häufi ger als Mitfahrerinnen. Junge Menschen<br />

mit dem höchsten Unfallrisiko trifft man in keinem anderen<br />

Bereich in so großer Zahl wie in den Lerngruppen bestimmter<br />

Ausbildungsberufe in der Teilzeitberufsschule<br />

(Auszubildende im dualen System) bzw. in den Angeboten<br />

der berufl ichen Schulen für junge Menschen ohne<br />

Schulabschluss und ohne Ausbildungsplatz.<br />

34<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Risiken im Straßenverkehr kommunizieren (RiSk)<br />

Moderatorenausbildung am Beispiel des Studienseminars für berufl iche Schulen in Gießen (von Ulrich Kohl)<br />

Ausgehend von der Erkenntnis, dass Verkehrsverhalten nur zu<br />

einem Teil vernunftgesteuert ist, befasst sich das Pilotprojekt<br />

„Risiken im Straßenverkehr kommunizieren“ (RiSk) hauptsächlich<br />

mit psychischen und sozialen Determinanten<br />

des Verkehrsverhaltens. In geeigneten pädagogischen<br />

Arrangements werden durch entsprechende kommunikative<br />

Steuerung affektive und psychosoziale Hintergründe<br />

bewusst und in der Gruppe besprechbar. Das RiSk-Projekt<br />

wird von zahlreichen Partnern der Verkehrssicherheit, der<br />

öffentlichen Unfallversicherung und hessischen Ministerien<br />

unterstützt.<br />

■<br />

Die Konzeption<br />

In von Moderatoren geleiteten Gruppendiskussionen sollen<br />

junge Fahranfängerinnen und Fahranfänger selbst<br />

Lösungsstrategien für alltägliche Dilemma-Situationen entdecken<br />

und begründend artikulieren und somit für die selbstkritisch<br />

refl exive Betrachtung des eigenen Fahrverhaltens<br />

sensibilisiert werden. Das Erzeugen von Problembewusstsein,<br />

Problemsensibilisierung und persönlicher Betroffenheit steht<br />

im Mittelpunkt.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Im fahrpraktischen Teil der Schulung haben die<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Führerschein die<br />

Möglichkeit, einen Fahrschulwagen ca. 30 Minuten zu fahren.<br />

Sie werden auf der Fahrt von einer Fahrschullehrerin<br />

oder einem Fahrschullehrer sowie von mitfahrenden<br />

Mitschülerinnen und -schülern begleitet, beobachtet und<br />

wahrgenommen. Es schließt sich eine Diskussion darüber<br />

an, wie die verschiedenen Fahrstile auf die Mitfahrenden<br />

„gewirkt“ haben und welche Sicherheits- aber auch welche<br />

Gefährdungspotentiale von den Beteiligten darin gesehen<br />

werden. Eingebunden wird in diese Diskussion auch die<br />

Selbstwahrnehmung und -einschätzung der Fahrerin bzw.<br />

des Fahrers.<br />

Für die Moderatorenausbildung besonders geeignet erscheinen<br />

Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiV), die im Rahmen<br />

ihrer Ausbildung dadurch eine zusätzliche Qualifi kation in<br />

professioneller Gesprächsführung erhalten und innerhalb des<br />

modularisierten Vorbereitungsdienstes den pädagogischen<br />

Umgang mit der <strong>Verkehrserziehung</strong> praktizieren (exemplarisch<br />

für viele andere Bereiche von Präventionserziehung).<br />

■ RiSk als Seminarbeitrag zur Initiative<br />

„Schule & Gesundheit“<br />

Die Moderatorenausbildung am Gießener Studienseminar<br />

für berufl iche Schulen ist eingebettet in die Aktivitäten<br />

zur Initiative „Schule & Gesundheit“ des Hessischen<br />

Kultusministeriums. Die Leitziele des Seminars fordern unter<br />

anderem eine nachhaltige Gesundheitsförderung. Dies betrifft<br />

zum einen den seminarinternen Bereich, zum anderen<br />

aber auch die Vorbereitung der zukünftigen Lehrerinnen und<br />

Lehrer auf unterrichtliche und organisatorische Umsetzung<br />

mit und für Schüler und Schülerinnen in den berufl ichen<br />

Schulen, in denen sie während ihrer Ausbildung oder im<br />

späteren Berufsleben unterrichten. Die ausgebildeten jungen<br />

Berufsschullehrkräfte (Moderatoren) können sowohl<br />

mit eigenen Lerngruppen über einen längeren Zeitraum als<br />

auch mit fremden Lerngruppen RiSk-Projekte durchführen.<br />

Dem RiSk-Projekt wird dann Erfolg beschieden sein, wenn<br />

die Moderatorenausbildung kontinuierlich angeboten und<br />

das Angebot von Schulen auch nachgefragt wird. In diesem<br />

Sinne hat das Studienseminar für berufl iche Schulen<br />

in Gießen in enger Zusammenarbeit mit der Theoder-Litt-<br />

Schule in Gießen zu einer konstituierenden Sitzung eingeladen,<br />

um die Durchführung von RiSk-Projekten an geeigneten<br />

Schulen in der gesamten Stadtregion anzuregen und<br />

zu vernetzen. Dies erfolgt als Einstieg in eine Phase zur<br />

Erzeugung einer fl ächendeckenden Nachhaltigkeit, nachdem<br />

bereits erfolgreich Pilotprojekte in Gießen und auch<br />

in Dillenburg (zusammen mit den dortigen Gewerblichen<br />

Schulen des Lahn-Dill-Kreises) stattgefunden haben.<br />

■<br />

Ausbildungscurriculare Bedeutung und<br />

Anbindung des RiSk-Projektes<br />

Bei der Ausgestaltung und Erfüllung der im Hessischen<br />

Schulgesetz festgeschriebenen Aufgabenfelder Unterrichten,<br />

Erziehen, Beraten und Betreuen stellt im Bereich der berufl<br />

ichen Schule die Erziehungsaufgabe besonders hohe<br />

Anforderungen an die Lehrkräfte. Erziehungsarbeit muss in<br />

diesem Bereich der Erwachsenenbildung auf einen durch Beratung<br />

und Betreuung sowie Begleitung unterstützten Selbstentwicklungsprozess<br />

abzielen, in dem auch ausreichend Zeit<br />

und Raum für Selbstbeobachtung und Refl exion gegeben<br />

wird. Ziel der Arbeit ist es in erster Linie, für das Leben in<br />

der Gemeinschaft „fi t zu machen“, indem die individuelle<br />

Verantwortung bewusst und handelnd umsetzbar wird. Dies<br />

kann besonders dadurch erfolgen, dass der/die Einzelne mit<br />

den Gefahren und Verlockungen unsozialen Verhaltens, das<br />

vielleicht für den Moment Vorteile verspricht, bewusst und<br />

verantwortungsvoll umgehen kann. Diese Intention ist konzeptionell<br />

am ehesten durch eine Präventionserziehung zu erreichen,<br />

die verschiedene Brennpunkte in Aufgabenbereichen<br />

der Erziehungsarbeit in berufl ichen Schulen bedenkt (Drogen,<br />

Gewalt, Diskriminierung, Verhalten im Straßenverkehr, problematisches<br />

Gesundheitsverhalten, …). Schülerinnen und<br />

Schüler berufl icher Schulen müssen befähigt werden, ihr<br />

Verhalten bewusst und sozialverantwortlich zu gestalten<br />

und Konfl iktpotentialen refl ektiert begegnen zu können. Um<br />

35


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

dies leisten zu können, müssen Lehrkräfte insbesondere<br />

über kommunikative Kompetenzen verfügen, die die oben<br />

beschriebenen Prozesse in Gang setzen.<br />

Die RiSk-Moderatorenausbildung ist im Studienseminar für<br />

berufl iche Schulen in Gießen an die Ausbildungs-Module<br />

„Kommunikation unter besonderer Berücksichtigung von<br />

Präsentation“ und „Schule mitgestalten und entwickeln“ angebunden.<br />

Sie bietet die Möglichkeit, erziehungsrelevante<br />

kommunikative Kompetenzen am Beispiel einer Erziehung<br />

der Schülerinnen und Schüler als „Fahranfänger“ zu gefahrenpräventivem<br />

Verkehrsverhalten zu „trainieren“. Die<br />

so erlangte Qualifi zierung der Lehrkräfte ist grundsätzlich<br />

in vielen „Erziehungssituationen“ im Alltag berufl icher<br />

Schulen einsetzbar.<br />

36<br />

■<br />

Kontakte<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Studienseminar für berufl iche Schulen Gießen<br />

Schubertstr. 60 (Haus 15)<br />

35392 Gießen<br />

Tel.: 0641/4800-370<br />

sts-bs-gi@afl .hessen.de<br />

Gunter Krieg (Koordinator der am RiSk-Projekt beteiligten<br />

Studienseminare)<br />

gupiakrieg@yahoo.de<br />

Kurt Bernecker (Seminarleiter)<br />

k.bernecker@afl .hessen.de<br />

Ulrich Kohl (RiSk-Beauftragter)<br />

ulrichkohl.de@gmx.de


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Radfahren und Schule<br />

Wie bringen wir das kleinste Blatt der Blüte zur Entfaltung?<br />

Es hat den Vorstand des Allgemeinen Fahrrad-Clubs Hessen<br />

(ADFC) sehr gefreut, dass dem Verband die Möglichkeit<br />

eingeräumt wird, für diese Ausgabe der Netzwerkzeitung<br />

einen Beitrag zu leisten.<br />

Wir sind ein Verband, der es sich zur Aufgabe gemacht hat,<br />

den Radverkehr zu fördern. Dazu befassen wir uns unter anderem<br />

mit:<br />

4Radtourismus<br />

(Radfernwegenetz, Unterkünfte für Radler:<br />

Bett & Bike, Mitnahme von Rädern bei der Bahn)<br />

4Verkehrspolitik,<br />

Ausbau der Radinfrastruktur, Radwege,<br />

Fahrradstreifen, Wegweisung, Abstellplätze in Innenstädten<br />

und an Bahnhöfen,<br />

4Imageverbesserung<br />

des Radfahrens<br />

4Fahrradtechnik,<br />

wir beraten z.B. unsere Mitglieder über<br />

unsere Verbandszeitschrift<br />

4Zusammen<br />

mit der AOK haben wir die Kampagne „Mit<br />

dem Rad zur Arbeit“ initiiert.<br />

4<br />

-<br />

-<br />

Im Bereich Schule und Mobilitätserziehung:<br />

Mitarbeit bei der Aktion „Unsere Klasse im Verkehr“<br />

Teilnahme am Aktionsbündnis „Mehr Bewegung in<br />

die Schule“<br />

-<br />

Radfahrkurse für Erwachsene, die als Fahranfängerinnen<br />

und Fahranfänger oder nach langer Pause unsichere<br />

Fahrerinnen und Fahrer Hilfe brauchen, um sich<br />

im Straßenverkehr zurecht zu fi nden.<br />

Wir stehen für eine gesundheitsfördernde und umweltfreundliche<br />

Art der Fortbewegung und sehen uns dementsprechend<br />

als Verband, der sich für Umwelt und Gesundheit einsetzt.<br />

4„Radfahren<br />

gehört zu den gesündesten Sportarten überhaupt<br />

und hat zudem noch weitere Vorzüge. Radfahren<br />

ist deshalb so gesund, weil es eine ideale Kombination<br />

aus optimalem Trainingseffekt und geringem Verletzungsund<br />

Schädigungsrisiko bietet. Anders dagegen leider<br />

viele Spielsportarten wie Fußball oder Tennis. Hier zeigen<br />

die Verletzungsstatistiken ganz klar eine deutlich<br />

größere Gefährdung für den Körper der Sportlerin/des<br />

Sportlers und zudem einen geringeren Trainingseffekt.“<br />

Diese Ansicht vertritt Dr. Achim Schmitt vom Institut<br />

Natursport und Ökologie an der Sporthochschule Köln.<br />

Auch wenn es uns als Radfahrverband fern liegt, uns gegen<br />

andere Sportarten auszusprechen, so wird hier doch von<br />

37


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

neutraler Seite ein deutliches Zeugnis für den Radsport und<br />

das Radfahren abgelegt. 1<br />

Wir können es von unserem Ansatz her nur begrüßen, dass das<br />

Hessische Kultusministerium einen Arbeitsbereich „Schule<br />

& Gesundheit“ eingerichtet hat, um damit Gesundheit und<br />

Wohlbefi nden aller am Schulleben Beteiligten zu fördern.<br />

Und es erscheint uns passend und richtig, dass der Bereich<br />

der <strong>Verkehrserziehung</strong>, dem das Radfahren sicher auch zuzuordnen,<br />

ist zu den Blütenblättern der Blume gehört, die als<br />

Symbol für „Schule & Gesundheit“ stehen soll.<br />

Zu den Erkenntnissen der Sporthochschule Köln würde es<br />

passen, wenn dem Radfahren an Schulen ein breiter Raum<br />

eingeräumt würde. Es ist nicht nur eine der gesündesten<br />

Sportarten, die ein breites Spektrum zwischen Freizeit-<br />

Breiten- und Leistungssport abdeckt.<br />

Ebenso ist Radfahren eine umweltfreundliche, abgas- und<br />

lärmfreie, außerdem platzsparende Art der Fortbewegung<br />

und Mobilität.<br />

■<br />

38<br />

Fahrrad und Schule<br />

Ein Blick in die Schulen zeigt jedoch, dass das Radfahren,<br />

von Ausnahmen abgesehen, dort eine eher kümmerliche<br />

Rolle spielt.<br />

4Die<br />

Zahl der Kinder, die mit dem Rad zur Schule kommen,<br />

ist weit geringer als die der Nutzer des „Elterntaxis“.<br />

4Radausfl<br />

üge oder größere „Radevents“, Fahrradtage oder<br />

Veranstaltungen die das Radfahren in den Mittelpunkt<br />

stellen, sind eher die Ausnahme als die Regel.<br />

4Eine<br />

Suche nach Fortbildungsveranstaltungen auf dem<br />

hessischen Bildungsserver mit dem Thema Fahrrad<br />

führt zum gegenwärtigen Zeitpunkt (14.07.06) zu nur<br />

einem einzigen Treffer, einem ersten Angebot unseres<br />

Verbandes, Titel: „(M)eine Klasse fährt Rad“.<br />

1 ) Aus Fit und gesund mit dem Rad, herausgegeben von der Barmer<br />

Ersatzkasse, April 2006, S. 6<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

4Größter,<br />

vielleicht einziger Lichtblick ist die fl ächendeckend<br />

wirksame Arbeit der Jugendverkehrsschulen der<br />

Polizei im 4. Schuljahr.<br />

Doch ist es nicht unsere Sache zu klagen! Zur Vorbereitung<br />

auf diesen Artikel haben wir die Netzwerkzeitung 2004<br />

zum Thema „Ernährung, Bewegung und Entspannung“ gelesen.<br />

Ein Blick auf den Bildungsserver zeigt: Es gibt zu<br />

dieser Thematik aktuell rund 240 Fortbildungsangebote für<br />

Lehrkräfte in Hessen. Wenn diese Zahl ein Indikator für die<br />

Wirksamkeit des Arbeitsbereiches „Schule & Gesundheit“<br />

ist, dann sind wir voller Hoffnung, dass sich auch in dem<br />

von uns vertretenen Bereich etwas bewegen lässt.<br />

Wir sind uns klar, dass das Radfahren als Schulsport oder als<br />

Mobilitätsprogramm für Schülerinnen und Schüler sich nicht<br />

so einfach etablieren lässt wie z.B. eine Bewegungsschule,<br />

die auf Elemente des Yogas zurückgreift. Denn neben den<br />

geringen Gefahren, die vom Radfahren an sich ausgehen,<br />

stehen die Gefahren, die den jungen Fahrradnutzerninnen<br />

und Fahradnutzern in einem vom Automobil bestimmten<br />

Verkehr drohen.<br />

Wer das Radfahren an den Schulen als gesunden Sport<br />

stärker etablieren will, kann diesen Aspekt auf keinen Fall<br />

ausklammern. Betrachten wir also einmal so nahe wie<br />

möglich die Situation junger Verkehrsanfängerinnen und<br />

Verkehrsanfänger, um daraus geeignete Schlüsse zu ziehen:<br />

■<br />

Kinder auf dem Fahrrad<br />

Stellen wir uns ein Kind im 3. oder 4. Schuljahr vor, 9 Jahre<br />

alt. Es darf mit dem Rad noch auf dem Fußweg fahren<br />

– könnte aber, da es älter als 8 ist, auch schon die Straße<br />

benutzen. Dieses Kind will zur Schule fahren oder einen<br />

Freund besuchen und muss dazu eine vorfahrtsberechtigte<br />

Straße benutzen.<br />

Soll es die Fahrbahn benutzen oder den Bürgersteig?


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Eine Frage, die keinesfalls pauschal beantwortet werden<br />

kann. Wie weit ist die Fahrsicherheit dieses Kindes bereits<br />

entwickelt? Kann es ohne zu schwanken in gerader Linie ca.<br />

50 – 80 cm neben der Bordsteinkante fahren? Reagiert es<br />

verunsichert, wenn es ein parkendes Auto umfahren muss?<br />

Kann es aus Seitenstraßen einbiegende Autos rechtzeitig<br />

wahrnehmen und beharrt es in angemessener Weise bei<br />

gleichzeitiger Bremsbereitschaft auf seinem Vorfahrtsrecht?<br />

Nehmen wir an, dieses Kind ist sich seiner Sache nicht zu<br />

hundert Prozent sicher. In diesem Fall sollte es allenfalls in<br />

Begleitung Erwachsener die Fahrbahn benutzen.<br />

Wenigstens ein Erwachsener sollte etwas schräg versetzt<br />

hinter dem Kind fahren und ihm bei Bedarf Hinweise oder<br />

Hilfen geben, ideal wären hier zwei Personen, eine, die voraus<br />

fährt und angemessenes Verhalten vormacht, eine, die<br />

hinterher fährt und entsprechend ihren Beobachtungen korrigierend<br />

eingreift: „Fahr etwas weiter rechts!“ oder „Schau<br />

nach vorne!“.<br />

Lassen wir unser Kind auf dem Bürgersteig fahren, weil wir<br />

es noch für zu unsicher halten. Schon ergeben sich bei einer<br />

einfachen Einmündung zahlreiche Gefahren: Akzeptiert ein<br />

aus der Querstraße von rechts einbiegender Autofahrer das<br />

Vorfahrtsrecht des auf dem Bürgersteig fahrenden Kindes<br />

oder missachtet er es, weil er in Eile ist? Winkt er etwa dem<br />

verunsichert wirkenden Kind, vorbeizufahren, während<br />

vielleicht gleichzeitig ein plötzlich von links einbiegender<br />

Autofahrer das Kind übersieht?<br />

Das Fahren auf dem Bürgersteig trennt den Radfahrer und die<br />

Radfahrerin vom fl ießenden Verkehr und gibt ihm/ihr damit<br />

eine vorübergehende manchmal nur vermeintliche Sicherheit.<br />

An Kreuzungen oder Einmündungen kann diese Sicherheit<br />

leicht in ihr Gegenteil umschlagen. Einmündungen sind absolute<br />

Gefahrenpunkte für Radfahrerinnen und Radfahrer,<br />

denn bevor sie den Bordstein verlassen, waren sie oft gar<br />

nicht im Blickfeld der Autofahrerinnen und Autofahrer.<br />

Nicht weniger gefährlich kann das Befahren eines<br />

Bürgersteiges gegen die Fahrtrichtung der Straße sein. An<br />

jeder Einmündung, ja selbst Hofeinfahrt droht Gefahr von<br />

Autofahrern oder auch Fußgängern, die gewohnheitsmäßig<br />

zunächst nach links schauen und dann oft einfach losfahren<br />

oder –gehen.<br />

Auch das Auffahren auf eine Bordsteinkante will gelernt sein.<br />

Ist der Winkel zu spitz, ist ein Sturz gerade eines fahrunsicheren<br />

Kindes geradezu vorprogrammiert.<br />

■<br />

Ausweitung eines praxisorientierten<br />

Verkehrsunterrichts<br />

Wer die gesundheitsfördernde Wirkung des Radfahrens<br />

für Kinder nutzen will, muss diese Gefahren beachten.<br />

Radfahren und Schule heißt zuerst einmal Radfahren und<br />

Verkehrsunterricht. Doch wie soll dieser Verkehrsunterricht<br />

aussehen?<br />

Zunächst einmal muss klar sein: Die Mutter allen<br />

Verkehrsunterrichts ist die Jugendverkehrsschule der<br />

Polizei. Die von ganzen Schulklassen heiß erwartete<br />

Schulungswoche kann in ihrer Bedeutung gar nicht hoch genug<br />

eingeschätzt werden. Doch nach unserer Einschätzung<br />

kommt dieser Unterricht zu spät, und die Polizei wird mit<br />

ihrer Arbeit weitgehend allein gelassen. Der Einsatz der<br />

Polizistinnen und Polizisten bedarf der Ergänzung, vor allem,<br />

wenn das Radfahren nicht nur als individuelle Möglichkeit<br />

der Fortbewegung sondern als Teil von Schule & Gesundheit<br />

gesehen werden soll. Bereits im Kindergarten, spätestens<br />

aber in der zweiten Klasse sollte es fest institutionalisierte<br />

erste Übungen mit dem Rad geben, in die die Eltern zu<br />

Anfang unbedingt an Ort und Stelle einbezogen werden<br />

sollten. Neben der Jugendverkehrsschule im 3. Schuljahr<br />

sollten dann weitere Maßnahmen stehen, wie wir sie weiter<br />

unten vorschlagen.<br />

Schritt für Schritt mit der sich altersgemäß verbessernden<br />

Koordination der Schülerinnen und Schüler sollten<br />

39


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Beweglichkeitsschulung, Erwerb von Wissen und Erfahrung<br />

und die wachsende Begeisterung für das Radfahren Hand in<br />

Hand gehen.<br />

■<br />

40<br />

Vorerfahrungen aufgreifen und refl ektieren<br />

Ein Verkehrsunterricht, wie er uns vorschwebt, gehalten von<br />

Fachberaterinnen und Fachberatern für <strong>Verkehrserziehung</strong><br />

oder Lehrkräften, die sich auf Fortbildungen mit dieser<br />

Frage befasst haben, muss zunächst die Vorerfahrungen der<br />

Kinder aufgreifen und ernst nehmen:<br />

4„Als<br />

ich mit meinem Papa unterwegs war, bin ich mal mit<br />

dem Vorderrad in eine Rille gekommen...“<br />

4„Nachdem<br />

mein Opa die Bremse neu eingestellt hat, ist<br />

sie so stark gewesen, dass ich mit dem Kopf über den<br />

Lenker...“<br />

4„Wir<br />

waren mal unterwegs ins Schwimmbad, da hat sich<br />

ein Handtuch in den Speichen...“<br />

4So<br />

beginnen ihre Berichte, und sie wollen und müssen<br />

gemeinsam mit der Klasse erörtert und für die zukünftige<br />

Fahrpraxis fruchtbar gemacht werden: „Was hättest<br />

du besser machen können, was muss man nach deiner<br />

Erfahrung vermeiden?“<br />

4Dann<br />

müssen einige Situationen besprochen und untersucht<br />

werden, in die Kinder, die mit dem Rad unterwegs<br />

sind, auf jeden Fall geraten werden:<br />

4Verlassen<br />

eines Geh- oder Radweges, Kreuzen einer<br />

Straße<br />

4Fahren<br />

gegen die Fahrtrichtung auf Geh- und Radwegen<br />

4Konfl<br />

ikte mit Fußgängerinnen und Fußgängern<br />

4Rechts<br />

vor Links-Regel mit Ausnahmen (Einmündungen<br />

mit Bordsteinkante und Feldwege sind nachrangig, auch<br />

wenn sie von rechts kommen)<br />

4Wichtigkeit<br />

guter Bremsen<br />

4Anhaltspunkte,<br />

das Verhalten von Autofahrerinnen und<br />

Autofahrern einzuschätzen, Blickkontakt herstellen,<br />

wenn es möglich ist usw.<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Auch einige wichtige Verkehrszeichen sollten gezeigt und<br />

erörtert werden.<br />

Selbstverständlich sollte die Verpfl ichtung angesprochen<br />

werden, bei Schulveranstaltungen einen Helm zu tragen.<br />

Diese unseres Wissens leider nur in den Handreichungen zum<br />

gültigen Erlass <strong>Verkehrserziehung</strong> und <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

versteckte Forderung dient nicht nur der Sicherheit der<br />

Kinder, sondern auch der Absicherung von Lehrkräften oder<br />

Begleitpersonen bei Fahrradveranstaltungen. 2<br />

■<br />

Radfahren als praktische Übung<br />

Nachteil allen Unterrichts, der nur auf Sehen, Hören und<br />

Sprechen beruht, ist, dass er vorwiegend nur den Kopf erreichen<br />

kann, nicht den ganzen Menschen. Deshalb ist es<br />

wenigstens ebenso wichtig, praktische Übungen mit dem<br />

Rad durchzuführen. Das muss nicht aufwändig sein, es ist in<br />

jedem Fall von schnell erkennbarem Nutzen:<br />

4Der<br />

Hütchenparcours mit Verkehrsleitkegeln,<br />

4eine<br />

kleine Rampe oder ein ähnliches Hindernis,<br />

4fahren<br />

an einer Longe (zeitweise nur eine Hand am<br />

Lenker, Vorübung für das Handzeichen geben),<br />

4Übungen<br />

zum Fahren im Schritttempo bis hin zum<br />

Stehen auf der Stelle,<br />

4fahren<br />

über ein schmales Brett oder ein sog. Schrägbrett,<br />

4Bremsübungen<br />

mit einer und beiden Bremsen,<br />

4effektive<br />

Nutzung der Gangschaltung bei<br />

Geschicklichkeitsübungen.<br />

Diese und andere Übungen führen dazu, dass die Kinder<br />

mit ihrem Rad zu einer Einheit werden, dass sie in einer<br />

Gefahrensituation die Fahrt verzögern können, ohne zeitaufwändig<br />

und unsicher den Fuß auf den Boden stellen zu müssen,<br />

dass sie den Kopf für die Beobachtung des Verkehrs frei-<br />

2 ) Der ADFC begrüßt das Tragen von Helmen, spricht sich aber gegen<br />

eine generelle Helmpfl icht aus, da sie unseres Erachtens nur dazu führen<br />

wird, dass berechtigte Regressansprüche geschädigter Radfahrerinnen und<br />

Radfahrern von ihren Unfallgegnerinnen und Unfallgegnern abgewehrt<br />

werden können.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 <strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

bekommen, weil sie sich nicht so sehr auf die Beherrschung<br />

des Rades konzentrieren müssen.<br />

Die Begeisterung wird groß sein, wenn die so erworbenen<br />

Fertigkeiten und Kenntnisse in einen Radausfl ug der Klasse<br />

eingebracht werden dürfen. Aber auch hier bedarf es einiger<br />

Vorübungen und –überlegungen.<br />

4Das<br />

Gruppenverhalten auf dem Hof muss besprochen<br />

und geübt werden.<br />

4Handzeichen<br />

und Abstände der Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmern müssen vereinbart sein.<br />

4Wie<br />

biegt man mit einer Großgruppe nach links in eine<br />

Vorfahrtsstraße ein?<br />

4Wie<br />

geht man mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />

um, die unsicher sind oder die allmählich die Kräfte<br />

verlassen?<br />

4Wo<br />

stellt man die Räder bei einem Stopp hin?<br />

4Wer<br />

ist „letzter Mann“ und wie wird die Leiterin/der<br />

Leiter von einem Defekt benachrichtigt?<br />

Es muss den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu<br />

Bewusstsein kommen, dass ihre Gesundheit, unter<br />

Umständen ihr Leben von ihrer Disziplin, von ihrem<br />

Gruppenverhalten, von ihrer eigenen Fahrsicherheit und von<br />

der Verkehrstüchtigkeit ihres Rades abhängen kann.<br />

Gelingt es, die Kinder in diesen Fragen zu sensibilisieren,<br />

treten oft in der Zeit zwischen dem Verkehrsunterricht und<br />

einem Klassenausfl ug erstaunliche Trainingseffekte ein:<br />

Was noch nicht gekonnt wurde, wird privat mit Eltern und<br />

Geschwistern geübt.<br />

Auch die Räder werden auf Vordermann gebracht. Trotzdem<br />

ist hier die Vorarbeit der Lehrkraft gefragt. Er/Sie muss<br />

4einen<br />

Elternbrief schreiben und auf die Verantwortung<br />

der Eltern für ein verkehrstüchtiges Rad hinweisen,<br />

4selbst<br />

oder mit Helferinnen und Helfern die<br />

Verkehrssicherheit der Schülerräder prüfen,<br />

4eine<br />

Tour vorbereiten, die zwar öffentliche Straßen berühren<br />

darf, aber doch vorwiegend auf verkehrsarmen<br />

oder –freien Wegen geführt sein sollte,<br />

4für<br />

eine oder mehrere erwachsene Begleitpersonen sorgen<br />

und diese in das Konzept einweisen,<br />

4selbst<br />

oder durch eine Helferin/einen Helfer über ausreichend<br />

technisches Know-how verfügen, um eine Panne<br />

an einem Rad reparieren zu können.<br />

Erst wenn alle diese Voraussetzungen geschaffen und ein<br />

gemeinsamer Radausfl ug absolviert wurde, ist die Tür aufgestoßen<br />

für eine Mobilitätserziehung, die das Rad als eine<br />

mögliche Alternative, als ein mögliches Verkehrsmittel für<br />

Wege in Beruf und Freizeit in Erwägung zieht. Erst wenn<br />

die positive Erfahrung gemacht, die Begeisterung geweckt<br />

wurde, die das Radfahren auslösen kann, wird es zu einem<br />

Mittel der aktiven Gesundheitserziehung.<br />

■<br />

Aspekte eines Schulungskonzeptes für<br />

die Lehrerfortbildung<br />

Wir sind dabei, ein Schulungskonzept auf regionaler Ebene,<br />

aber auch landesweit zu erproben, das folgende Module<br />

enthält:<br />

4<strong>Verkehrserziehung</strong><br />

4Geschicklichkeitstraining<br />

4Planung<br />

einer schülergerechten Radtour und praktische<br />

Analyse des Streckenverlaufes<br />

4Durchführung<br />

der Planung mit einer Schülergruppe unter<br />

verantwortlicher Anleitung<br />

4Einführung<br />

in die Fahrradtechnik<br />

Gerade der letzte Punkt stellt neben dem Aspekt der<br />

Verkehrssicherheit eine weitere, nicht zu unterschätzende<br />

Hürde für eine stärkere Verbreitung des Radfahrens in<br />

der Schule dar. Die Sorge, dass eine Panne bei einem<br />

Radausfl ug zu großen Schwierigkeiten, ja zum Abbruch<br />

der Veranstaltung führen kann, ist nicht unberechtigt. Es ist<br />

daher erforderlich, dass Radtouren von Lehrkräften, Eltern<br />

41


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

oder anderen Helferinnen und Helfern begleitet werden, die<br />

über ein ausreichendes Technikwissen und –können verfügen<br />

und geeignete Werkzeuge und Ersatzteile mitführen.<br />

Sinnvoll ist natürlich, den Lehrkräften selbst beim Erwerb<br />

dieses Technikwissens zu helfen. Denn dieses Wissen lässt<br />

sich in Fächern wie Sachkunde, Arbeitslehre oder Kursen<br />

des Wahlpfl ichtunterrichts gewinnbringend verwerten. Mit<br />

dem Fahrrad steht für einen einführenden Technikunterricht<br />

eine Maschine zur Verfügung, die den Schülerinnen und<br />

Schülern bekannt und für ihren Alltag von Bedeutung ist.<br />

Gleichzeitig ist die Fahrradtechnik hinreichend komplex<br />

für anspruchsvolle Aufgaben, dennoch einfach genug, dass<br />

auch jüngere Schülerinnen und Schüler Defekte zumindest<br />

erkennen und beschreiben, in manchen Fällen unter qualifi -<br />

zierter Anleitung aber auch schon sehr früh selbst beheben<br />

können. Man denke nur an das Verstellen der Sattelhöhe, das<br />

Festziehen von Schrauben, wenn Zubehörteile klappern oder<br />

sich lösen, und an das altbekannte Flicken eines „Platten“.<br />

■<br />

42<br />

Andere Anbieter - Netzwerke<br />

Unser Ziel muss sein, z.B. über die Schulämter, die für<br />

die <strong>Verkehrserziehung</strong> in den Schulamtsbezirken zuständig<br />

sind, aber auch auf anderem Wege, z.B. über<br />

die Internetseiten der Radfahrverbände oder auch des<br />

Kultusministeriums den Schulen Angebote zu machen,<br />

durch die sie ihren Schülerinnen und Schülern regelmäßig<br />

Radfahrveranstaltungen, Trainingstage, Ausfl üge, Radtouren,<br />

Wettfahrten usw. anbieten können. Der ADFC wird sich bemühen,<br />

nach ersten Schritten weitere Schulungsangebote aufzulegen,<br />

selbst Angebote zur Begleitung von Radausfl ügen<br />

zu machen und dabei mit anderen Verbänden wie der<br />

Verkehrswacht oder Sportvereinen zusammenzuarbeiten. In<br />

die Lehrerfortbildung, besonders die Technikschulung und<br />

die Beratung von Schulen können örtliche Radhändler einbezogen<br />

werden, schließlich haben auch sie ein berechtigtes<br />

und nachvollziehbares Interesse an einer Förderung des<br />

Radfahrens.<br />

■<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Ausblick für die Zukunft<br />

Auf überregionaler Ebene bedarf es eines deutlichen Anstoßes,<br />

wie wir ihn durch die Initiative des Arbeitsbereiches „Schule<br />

& Gesundheit“ erhoffen. Es ist von nicht zu überschätzender<br />

Bedeutung, wenn das Kultusministerium - zum Beispiel durch<br />

diese Netzwerkzeitung - deutlich macht, dass Radfahren<br />

eine wichtige Komponente einer gesundheitsorientierten<br />

Schulkultur ist. Regelmäßige Fahrradveranstaltungen gehören<br />

in die Schulprogramme der einzelnen Schulen und<br />

sollten in hoffentlich zahlreichen Fällen Bestandteil der<br />

„Zertifi zierung Gesundheitsfördernder Schulen“ sein.<br />

Die Einzelveranstaltung, der Radausfl ug, die regelmäßige<br />

Fortbildung von Lehrkräften können dabei nur ein Anfang<br />

sein. Radfahren muss im Alltag der Schulen eine größere<br />

Rolle spielen, wenn es zur körperlichen Gesundheit und<br />

mentalen Fitness beitragen soll. Das wird der Fall sein, wenn<br />

mehr Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte das Fahrrad<br />

als Verkehrsmittel für ihren Schulweg entdecken und nutzen.<br />

Es ist dazu auch erforderlich, möglichst überdachte, gut einsehbare<br />

und damit sichere Abstellanlagen für Fahrräder zu<br />

schaffen oder alte Abstellanlagen entsprechend zu erneuern<br />

und zu reaktivieren. Damit wird der ganzen Schulgemeinde<br />

demonstriert: Es ist erwünscht, dass man mit dem Rad<br />

kommt.<br />

Ebenso wichtig kann für viele Schulen eine detaillierte<br />

Schulwegplanung sein, die den Schülerinnen und Schülern<br />

sichere Weg zur Schule aufweist. Wo es erforderlich ist,<br />

müssen die Verkehrsbehörden auf Gefahrenstellen hingewiesen<br />

werden, damit diese beseitigt und die Schulwege für<br />

Radfahrer sicher gemacht werden.<br />

■<br />

Autoren<br />

Christine Rhodes, Mitarbeiterin des ADFC Hessen<br />

Jan Prediger, ADFC-Kreisverband<br />

Wiesbaden/Rheingau-Taunus


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

„FahrRad! – Wer zur Schule fährt,<br />

gewinnt“<br />

VCD-Kampagne einer virtuellen Radtour durch Deutschland für Jugendliche<br />

der Schulklassen 7 bis 10<br />

Kinder und Jugendliche bilden im täglichen<br />

Ausbildungsverkehr einen Großteil der<br />

VerkehrsteilnehmerInnen. Obwohl das Fahrrad gerade auf<br />

kurzen Entfernungen wie Schulwegen häufi g das ideale<br />

Verkehrsmittel darstellt, werden viele Schülerinnen und<br />

Schüler täglich mit dem Eltern-Taxi zur<br />

Schule gebracht. Hierdurch wird nicht nur<br />

die Umwelt belastet, auch die Sicherheit<br />

und Gesundheit der Schülerinnen und<br />

Schüler wird durch ein erhöhtes Pkw-<br />

Aufkommen vor der Schule gefährdet.<br />

Zudem ist es angesichts des verbreiteten<br />

Bewegungsmangels bei Kindern und<br />

Jugendlichen nach Ansicht des VCD<br />

wichtig, die körperliche Auslastung von<br />

jungen Menschen zu fördern und der<br />

Fixierung auf das Auto als bequemes<br />

Fortbewegungsmittel entgegenzuwirken.<br />

Deshalb startete der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)<br />

im Mai 2006 seine bundesweite Kampagne »FahrRad!<br />

– Wer zur Schule fährt, gewinnt«. Ziel der Kampagne ist<br />

es, möglichst viele Schülerinnen und Schüler zu motivie-<br />

ren, mit dem Fahrrad zur Schule zu kommen. Dafür hat<br />

der VCD eine virtuelle Radtour im Internet konzipiert. Mit<br />

jedem Kilometer, den die Jugendlichen in der Realität per<br />

Fahrrad auf dem Schulweg zurücklegen, rückt die ganze<br />

Schulklasse unter www.virtuelle-radtour.de auf der online-<br />

Tour vor. Dort warten auf jeder Etappe<br />

interessante Informationen rund ums<br />

Rad, Gewinnspiele und Aktionsideen.<br />

Die Lehrkräfte können an den Stationen<br />

von ausgearbeiteten Unterrichtsideen<br />

profi tieren. Mitmachen können alle<br />

Schulklassen der Stufen sieben bis zehn<br />

nach Anmeldung durch einen koordinierenden<br />

Lehrer bzw. eine Lehrerin.<br />

Die VCD-Kampagne »FahrRad!« läuft<br />

bis Ende Oktober 2006 und kann noch<br />

bequem nach den Sommerferien in den<br />

Klassen gestartet werden.<br />

Der VCD setzt sich bereits seit vielen Jahren für eine sichere,<br />

gesunde und umweltgerechte Mobilität von Kindern<br />

und Jugendlichen ein. Mit »FahrRad!« möchte der VCD das<br />

Image des Fahrrades bei den Jugendlichen verbessern und<br />

43


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

sie für das umweltschonende Zweirad gewinnen. Denn Rad<br />

fahren ist gesund, stellt einen wichtigen Beitrag zum Umwelt-<br />

und Klimaschutz dar und trägt dazu bei, dass sich Kinder in<br />

der Schule besser konzentrieren können. Wer den Schulweg<br />

mit dem Fahrrad zurücklegt, verbessert darüber hinaus seine<br />

sozialen Kontakte, übt verkehrssicheres Verhalten und stärkt<br />

sein Selbstbewusstsein. Die VCD-Kampagne möchte Lust<br />

aufs Rad fahren machen und erreichen, dass die Jugendlichen<br />

auch nach Abschluss des Projektes das Fahrrad als bevorzugtes<br />

Fortbewegungsmittel im Alltag nutzen.<br />

Bereits nach einem Drittel der Kampagnenlaufzeit beteiligen<br />

sich mehr als 50 Schulklassen aus zehn Bundesländern mit<br />

über 1.350 Schülerinnen und Schülern an »FahrRad!«. Mit<br />

dabei sind auch zwei Schulen aus Hessen: das Gymnasium<br />

Nidda sowie die Maria-Ward-Schule Bad Homburg.<br />

Machen auch Sie mit! Die Anmeldung zum VCD-Projekt<br />

»FahrRad!« kann telefonisch unter 030/280351-0, per Fax<br />

(-10), E-Mail (virtuelle-radtour@vcd.org) oder im Internet unter<br />

www.virtuelle-radtour.de erfolgen. Einen Info-Flyer zur<br />

Kampagne gibt es unter www.vcd.org im VCD-Onlineshop<br />

gegen eine Versandkostenpauschale von 2,50 Euro. Die<br />

VCD-Kampagne wird vom Bundesministerium für Verkehr,<br />

Bau und Stadtentwicklung im Rahmen des Nationalen<br />

Radverkehrsplanes 2002 – 2012 gefördert.<br />

44<br />

■<br />

Ansprechpartner<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)<br />

FahrRad!-Team<br />

Kochstraße 27<br />

10969 Berlin<br />

Tel.: 030/28 03 51-0<br />

Fax: 030/280 351-10<br />

E-Mail: virtuelle-radtour@vcd.org<br />

u<br />

www.virtuelle-radtour.de<br />

u<br />

www.vcd.org


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

„Nachhaltige Klassenfahrten“ – Umweltschonend<br />

und sozialverträglich unterwegs<br />

Die Planungshilfe „Nachhaltige Klassenfahrten“ vom VCD<br />

Schul- und Klassenfahrten bieten die Möglichkeit einmaliger,<br />

intensiver Erlebnisse, die Schülerinnen und Schülern<br />

lange in Erinnerung bleiben und ihr Verhalten prägen. Dabei<br />

spielt nicht nur die Atmosphäre und das Ziel der Reise eine<br />

Rolle, sondern auch die gemeinsame An- und Abreise, die<br />

Unterkunft und die Aktivitäten vor Ort. Im Sinne einer<br />

nachhaltigen Entwicklung sollten bei der Organisation einer<br />

Klassenfahrt nicht nur ökonomische, sondern auch soziale<br />

und ökologische Belange berücksichtigt werden. Stattdessen<br />

stehen oft die Kosten im Vordergrund und verdrängen andere<br />

wichtige Aspekte. Ein Beispiel für diese Prioritätensetzung<br />

ist, dass viele Klassen inzwischen lieber billig weit weg fl iegen<br />

als in der näheren Umgebung zu bleiben und umweltschonend<br />

mit Bus oder Bahn zu reisen. Dabei gerät aus dem<br />

Blick, dass dadurch langfristig ein Reiseverhalten vermittelt<br />

wird, das der Umwelt schadet. „Mal eben nach Nizza fl iegen“<br />

kann nicht im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung<br />

sein, wie sie die Bundesregierung und internationale politische<br />

Gremien anstreben.<br />

Sich im Dickicht der Reiseanbieter zurechtzufi nden und<br />

eine Klassenfahrt nachhaltig zu planen ist anspruchsvoll<br />

und erfordert individuellen Einsatz. Die Planungshilfe<br />

„Nachhaltige Klassenfahrten“ vom VCD soll eine erste<br />

Orientierung bieten, wie nachhaltige Klassenfahrten aussehen<br />

und organisiert werden können. Eine Unterkunft, die<br />

Wert legt auf eine gesunde und vollwertige Ernährung, kann<br />

Teil einer solchen Fahrt sein, ebenso wie ein umweltpädagogisches<br />

Begleitprogramm oder die umweltfreundliche<br />

Anreise mit Bus oder Bahn.<br />

Der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) setzt sich seit<br />

vielen Jahren für eine ökologische und sozialverträgliche<br />

Verkehrspolitik ein. Die Planungshilfe „Nachhaltige<br />

Klassenfahrten“ ist ein weiterer Baustein des VCD für<br />

eine zukunftsfähige Mobilität im Tourismus. Sie wird<br />

im Rahmen der vom Bundesministerium für Ernährung,<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) initiierten<br />

Kampagne „ECHT GERECHT. Clever kaufen“ fi nanziell<br />

gefördert. Die Kampagne bietet eine Plattform, die die<br />

vielfältigen Möglichkeiten nachhaltigen Reisens aufzeigt<br />

und einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. So können<br />

sich Verbraucherinnen und Verbraucher bereits im Vorfeld<br />

über kostengünstige, verbraucher- und umweltfreundliche<br />

Alternativen informieren.<br />

45


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

Der VCD bietet darüber hinaus gemeinsam mit seinem<br />

Kooperationspartner im Herbst 2006 zwei „Schnupperklassenfahrten“<br />

an. Diese Angebote für Lehrer und Lehrerinnen<br />

bieten eine Orientierung, wie nachhaltige Klassenfahrten<br />

aussehen und organisiert werden können. Spaß, Qualität<br />

und Bildungsauftrag bilden keinen Gegensatz. Im Rahmen<br />

der angebotenen Schnupperreisen werden verschiedene<br />

Elemente aufgegriffen, die wesentlicher Bestandteil einer<br />

Klassenfahrt sind, und im Sinne einer nachhaltigen<br />

Entwicklung vertieft.<br />

Eine Fahrt vom 1. bis 3. Oktober führt nach Sachsen-Anhalt.<br />

Dort liegt eingebettet in waldigen Höhen des oberen Selktals<br />

im Ostharz das Kinder- und Erholungszentrum, („KiEZ“)<br />

Güntersberge. Die zweite Fahrt vom 26. bis 29. Oktober<br />

führt in die Hauptstadt der Tschechischen Republik.<br />

46<br />

Rundum klasse!<br />

Kanufahren im Canyon<br />

Wildnis im Wald<br />

Stöbern in der Stadt<br />

Faszination in der Ferne<br />

Schatzsuche im Schacht<br />

Mikroskopieren am Meer<br />

Hoch hinaus im Hochseilgarten<br />

Planungshilfe nachhaltiger<br />

Klassenfahrten<br />

■<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

weitere Informationen<br />

Haben Sie Fragen? Gerne helfen Ihnen weiter:<br />

Verkehrsclub Deutschland (VCD)<br />

Kochstraße 27<br />

10969 Berlin<br />

Tel.: 030-280 351 22<br />

Fax: 030-280 351 10<br />

E-Mail: ulrich.kohnen@vcd.org<br />

oder<br />

Anke Biedenkapp<br />

Stattreisen Hannover e.V.<br />

Hausmannstraße 9-10<br />

30159 Hannover<br />

Tel.: 0511-169 41 67<br />

Fax: 0511-164 03 91<br />

E-Mail: info@reisepavillon-online.de<br />

Internet: www.reisepavillon-online.de<br />

u<br />

www.reiselust-deutschland.de/28.html


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

VCD-Kampagne „Schule bewegt!“<br />

Bundesweiter Förderwettbewerb für Schulwegprojekte der ersten bis<br />

sechsten Klasse sind im vollen Gange<br />

Viele Kinder erleben Ihr Wohnumfeld durch die Autoscheibe.<br />

Den Weg zur Schule oder zu Freunden fi nden Eltern oft zu<br />

gefährlich und kutschieren ihre Sprösslinge lieber mit dem<br />

Auto, statt sie zu Fuß gehen zu lassen. Ein Grund, warum<br />

immer mehr Kinder in Deutschland an Bewegungsmangel<br />

leiden. Andererseits sind schnelle Autos, unaufmerksame<br />

Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer, unübersichtliche<br />

Fußgängerüberwege und fehlende Fahrradwege<br />

Schuld daran, dass Kinder immer wieder im Straßenverkehr<br />

verunglücken. Im Jahr 2005 kamen laut Bundesamt für<br />

Statistik zum ersten Mal nach fünf Jahren wieder mehr<br />

Kinder unter 15 Jahren im Straßenverkehr ums Leben:<br />

159 Kinder wurden bei Straßenverkehrsunfällen tödlich<br />

verletzt.<br />

■<br />

Geld für mehr Sicherheit und Bewegung<br />

auf dem Schulweg<br />

Im Sommer 2005 startete der Verkehrsclub Deutschland<br />

e.V. (VCD) deshalb gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk<br />

(DKHW) den bundesweiten Förderwettbewerb<br />

„Schule bewegt!“. Mit der Aktion wollen der VCD<br />

und das DKHW erreichen, dass die Schulwege für<br />

die Kinder sicherer und attraktiver werden. Für dieses Ziel<br />

stellten die Partner einen gemeinsamen Förderfonds in<br />

Höhe von 30 000 Euro zur Verfügung. Als Begleiteffekt<br />

der Kampagne erhofft sich der VCD, dass mehr Kinder und<br />

Jugendliche den Weg zur Schule eigenständig zu Fuß, mit<br />

dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen.<br />

Nun werden Ideen wahr: die erfolgversprechendsten<br />

fünfzehn Schulweg-Projekte sind in der Zwischenzeit<br />

ausgewählt und im vollen Gange. Nach den Sommerferien<br />

2006 wird es eine Abschlussveranstaltung geben, auf der<br />

die Endergebnisse aller teilnehmenden Schulen präsentiert<br />

werden.<br />

■<br />

Schule bewegt!<br />

Was bisher in den Projekten geschah<br />

4Die<br />

Kinder analysierten die Verkehrssituation auf ihrem<br />

Schulweg, führten Befragungen durch, sammelten<br />

Unterschriften zur Änderung der Ampelschaltung<br />

in ihrem Ort und hielten die Ergebnisse fotographisch,<br />

schriftlich und bildnerisch fest.<br />

47


<strong>Verkehrserziehung</strong> & <strong>Mobilitätsbildung</strong><br />

4Eltern<br />

wurden mit einbezogen: als Fahrerinnen und<br />

Fahrer für umweltfreundliche Fahrgemeinschaften oder<br />

als Schulwege-Planer.<br />

4In<br />

öffentlichen Veranstaltungen trugen die Schülerinnen<br />

und Schüler ihre Wünsche und Forderungen für einen<br />

besseren Schulweg beispielsweise dem Bürgermeister<br />

oder dem Baustadtrat vor .<br />

4Die<br />

Geschwindigkeit konnte im Ortsteil herabgestuft werden<br />

von 50 km/h auf die ZONE-30, an der Grundschule<br />

Obervorschütz in Hessen konnte die Aufstellung eines<br />

Geschwindigkeitsmessgeräts am Ortseingang bewirkt<br />

werden.<br />

4Vor<br />

der Schule wurde eine Schulbushaltestelle<br />

eingerichtet.<br />

4Mehrere<br />

Straßenquerungen und -einmündungen wurden<br />

durch Dauermarkierungen abgesichert, Kinderampeln<br />

konnten gebaut, ein Fahrbahnteiler errichtet und viele<br />

Sichthindernisse beseitigt werden.<br />

Kinder vor der Montessori-Grundschule in Bamberg mit einer<br />

Schülermutter als Schulweghelferin, Mai 2006, Quelle:<br />

Montessori-Grundschule<br />

48<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

4Die<br />

Kinder lernten, ihre Fahrräder selbstständig zu<br />

reparieren.<br />

4Aktionstage,<br />

Workshops und Schulfeste mit<br />

Sicherheitstrainings wurden durchgeführt.<br />

■<br />

Ansprechpartner<br />

Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)<br />

„Schule bewegt!“<br />

Öykü Kaygusuz<br />

Kochstraße 27<br />

10969 Berlin<br />

Tel.: 030 - 280 351 0<br />

Fax: 030 - 280 351 10<br />

E-Mail: kommunikation@vcd.org<br />

Internet: www.vcd.org<br />

u<br />

www.vcd.org/schule_bewegt.html


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Die Bedeutung der Umwelterziehung/<br />

ökologischen Bildung im Schulalltag<br />

Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Sinne<br />

der unmittelbaren und mittelbaren Lebensumwelt der<br />

Schülerinnen und Schüler hat im Kontext von Schule &<br />

Gesundheit eine große Bedeutung. Ohne Beachtung natürlicher<br />

Grenzen der Umweltnutzung und deren Gestaltung<br />

durch den Menschen ist langfristig ein Überleben der<br />

Menschheit nicht gesichert, ist die Basis eines gesunden<br />

Lebens nicht mehr vorhanden. Bereits im Jahre<br />

1977 haben die europäischen Umweltminister in der<br />

Deklaration von Tifl is die Umweltbildung als integralen<br />

Bestandteil schulischer Bildung festgeschrieben. Die<br />

Kultusministerkonferenz hat diesen Beschluss 1980 für<br />

Deutschland aufgegriffen und die Umwelterziehung als<br />

fächerübergreifende Querschnittsaufgabe festgeschrieben.<br />

Das Hessische Schulgesetz greift diesen Beschluss<br />

auf und schreibt in §6 die Umwelterziehung/ökologische<br />

Bildung als besondere fächerübergreifende Bildungs- und<br />

Erziehungsaufgabe fest.<br />

Die Sicherung einer natürlichen – gesunden Lebensumwelt<br />

als Basiskonzept aller Lebensmöglichkeiten für Menschen<br />

wurde im Jahre 1992 auf der Konferenz von Rio festgeschrieben.<br />

Dies hat im Bereich der Umweltbildung zu weit<br />

reichenden Konsequenzen und zu einer engeren Verbindung<br />

mit Nachbarbereichen geführt.<br />

Ziele, Absichten und Möglichkeiten einer zukunftsfähigen<br />

Entwicklung in allen die Lebensbereiche der Menschen umfassenden<br />

Bereichen wurden weltweit in der Bildung für eine<br />

nachhaltige Entwicklung zusammengefasst. Im Jahre 2002<br />

– zehn Jahre nach Rio – haben die an der Agenda 21 beteiligten<br />

146 Staaten noch einmal die besondere Bedeutung von<br />

Bildung als zentralem Bestandteil nachhaltiger Entwicklung<br />

herausgestellt und für die Jahre 2005-2014 eine Dekade<br />

Bildung für eine nachhaltige Entwicklung beschlossen.<br />

Unter nachhaltiger Entwicklung wird seitdem verstanden:<br />

Die Bedürfnisse der heutigen Generation so zu befriedigen,<br />

dass die Befriedigung zukünftiger Generationen dadurch<br />

nicht gefährdet wird.<br />

In einem Projekt des Rates für nachhaltige Entwicklung haben<br />

Schülerinnen und Schüler das mit ihren eigenen Worten<br />

treffend beschrieben:<br />

49


Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Nachhaltige Entwicklung:<br />

4faire<br />

Entwicklungschancen für alle Menschen<br />

4eine<br />

Zukunft für kommende Generationen<br />

4den<br />

Kindern ein intaktes ökologisches und ökonomisches<br />

Gefüge hinterlassen. (Jugend schreibt Zukunft, Hrsg. Rat<br />

für nachhaltige Entwicklung, ökom-Verlag 2002)<br />

Die Schulen sind aufgefordert, für diesen fächerübergreifenden<br />

Bereich ein Konzept der Umsetzung zu erarbeiten<br />

und im schulischen Curriculum sowie im Schulprogramm<br />

festzuschreiben (Material: Schulprogramm nachhaltige<br />

Entwicklung, Gießen 2004).<br />

Dies bedeutet für die Umwelterziehung den Horizont zu<br />

erweitern und die Beschäftigung mit der ökologischen<br />

Bedrohung – es ist fünf vor zwölf – zu verlassen und<br />

sich den Bereichen zu zu wenden, in denen zukünftige<br />

Gestaltungsmöglichkeiten und Notwendigkeiten liegen.<br />

Es gilt einerseits, Kindern und Jugendlichen zu vermitteln,<br />

welche Gestaltungsmöglichkeiten sie haben, wo sie<br />

mitwirken können und ihnen andererseits eine globale<br />

Perspektive auf zentrale Probleme, Entwicklungsrisiken und<br />

Entwicklungschancen zu vermitteln.<br />

Zentrale Inhaltsfelder sind dabei:<br />

4Ernährung,<br />

Landwirtschaft und Konsum<br />

4Energieversorgung<br />

und Perspektiven zukünftiger<br />

Energiekonzepte<br />

4Natürliche<br />

Ressourcen und effektiver Umgang mit diesen<br />

Ressourcen<br />

4Naturnutzung<br />

und Naturgestaltung<br />

4Bauen,<br />

Wohnen, regionale Planung<br />

4Mobilität<br />

und Verkehr – der Tourismus der Zukunft.<br />

Eine querliegende Aufgabe ist die Sicherstellung der<br />

Partizipation von Kindern und Jugendlichen auf allen Stufen<br />

der Beschäftigung mit diesen Themen. Dies schließt auf allen<br />

Stufen in der Schule die Einbeziehung von unmittelbaren<br />

Naturerfahrungen und das Naturerleben mit ein.<br />

50<br />

■<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Weitere Informationen<br />

Internetlinks und Materialbörsen zu allen Themenfeldern der<br />

Umweltbildung/Bildung für eine nachhaltige Entwicklung<br />

˛ www.transfer-21.de<br />

umfangreiche Sammlung von Werkstattmaterialien für<br />

Unterricht und Schulgestaltung<br />

˛ www.dekade.org<br />

ausführliche und tagesaktuelle Informationen zur Dekade<br />

der Vereinten Nationen Bildung für eine nachhaltige<br />

Entwicklung, 2005-2014<br />

˛ www.umweltbildung.de<br />

Plattform der Arbeitsgemeinschaft Natur und Umweltbildung<br />

mit ausführlichen Datenbanken zu Materialien und außerschulischen<br />

Lernorten<br />

˛ lernarchiv.bildung.hessen.de/archiv/<br />

ausführliche und ständig aktualisierte Sammlung von<br />

Unterrichtsmaterialien und Verweisen<br />

˛ www.umweltbildung.at<br />

ausführliches Portal zur Umweltbildung in Österreich, viele<br />

Themen und Materialhinweise<br />

˛ www.umweltbildung.ch<br />

Portal der schweizerischen Stiftung für Umweltbildung,<br />

Materialien und Hinweise in Deutsch und Französisch<br />

˛ www.ensi.org<br />

englischsprachiges Portal des internationalen Netzwerkes<br />

ENSI (environment and school initiative, an dem auch<br />

Hessen beteiligt ist)<br />

˛ www.hmulv.hessen.de/umwelt/abfall/oekologische_schule/<br />

˛<br />

www.sauberhaftes-hessen.de


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Umfangreiche Unterstützung und Beratung ist erhältlich<br />

über die Homepage des Arbeitskreises „Die ökologische<br />

Schule“ der hessischen kommunalen Abfallberater:<br />

Umweltkampagne der Hessischen Landesregierung<br />

˛ www.energie-und-schule-hessen.de<br />

Gemeinsames Energieportal von AFL, Wirtschaftsministerium,schaft<br />

Hessenenergie und der Energiewirt-<br />

■<br />

Druckschriften<br />

Schulprogramm nachhaltige Entwicklung, Handreichungen<br />

zur Entwicklung von Schulprogrammbausteinen, Hrsg.<br />

Reiner Mathar, Transfer 21 Hessen, 2004<br />

Beispiele guter Praxis in Hessen, (CD-ROM) Hrsg. Reiner<br />

Mathar, Transfer 21 Hessen, 2005<br />

Wegfi nder Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung,<br />

Mittel- und Südhessen, Hrsg. Reiner Mathar, Transfer 21<br />

Hessen, Gießen 2005<br />

Wegfi nder Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung,<br />

Nordhessen, Hrsg.: Reiner Mathar, Transfer 21 Hessen,<br />

Giessen 2006 (2. Aufl age)<br />

■<br />

Ansprechpartner<br />

Ansprechpartner in Hessen für die übergreifenden Aufgaben<br />

des Programms Transfer 21:<br />

Reiner Mathar<br />

Amt für Lehrerbildung<br />

r.mathar@afl .hessen.de<br />

Alle Broschüren können hier kostenlos bestellt werden.<br />

51


Beratung und Unterstützung vor Ort –<br />

die Hessischen Umweltbildungszentren<br />

52<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Schulentwicklung braucht Austausch und Unterstützung – unter diesem Motto haben das Hessische Kultusministerium<br />

und des Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz zunächst mit acht<br />

Umweltbildungszentren in Hessen Vereinbarungen zur Betreuung von Schulen vor Ort getroffen. Diese<br />

Betreuung soll im Rahmen von Schule & Gesundheit Schulen bei der Arbeit im Rahmen des Teilzertifi kats<br />

Umwelt/Bildung für eine nachhaltige Entwicklung unterstützen.<br />

Dies geschieht zum einen durch die Organisation von regionalen<br />

Treffen. Hier haben die Schulen die Möglichkeit<br />

ihre Projekte und Vorhaben vorzustellen und eine<br />

Rückmeldung und Beratung durch andere Schulen und vor<br />

allem auch durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />

Umweltbildungszentren. Darüber hinaus bieten die Zentren<br />

eine Fachberatung in den Themenfeldern der Bildung für<br />

eine nachhaltige Entwicklung bis hin zur Organisation<br />

schulinterner Veranstaltungen an. Diese reichen dabei von<br />

der Vor-Ort-Beratung bis hin zur Fortbildung von Energie-<br />

und Umweltteams der Schülerinnen und Schüler. Diese<br />

Maßnahme ist Teil der hessischen Schwerpunktsetzung im<br />

Rahmen des Transferprogramms 21 – Die Zukunft gestalten<br />

lernen. Hier wird das Ziel verfolgt, mindestens 10%<br />

der Schulen in Hessen aktiv einzubinden. Das Netz der<br />

Beratungszentren soll in den nächsten Jahren ausgebaut<br />

werden.<br />

■<br />

Wassererlebnishaus Fuldatal<br />

Das Wassererlebnishaus Fuldatal im Rohrbachtal nahe der<br />

Fulda bei Kassel gelegen, bietet in einem überschaubaren<br />

Naturraum eine Vielzahl von Lernorten, die unterschiedlichste<br />

Erfahrungs- und Erlebnismöglichkeiten eröffnen. Im<br />

Mittelpunkt steht das Lebenselement Wasser.<br />

Die ganzheitliche und handlungsorientierte Konzeption<br />

der umweltpädagogischen Angebote umfasst Aktivitäten<br />

von der spielerischen Erkundung bis hin zur wissenschaftlichen<br />

Untersuchung. Unter fachkundiger Anleitung können<br />

Kindergarten-, Schul- und Jugendgruppen zu einem selbst<br />

gewählten Themenschwerpunkt aus dem Angebot arbeiten.<br />

Naturerfahrung mit allen Sinnen<br />

Viele Lernmöglichkeiten bietet das naturnah gestaltete<br />

Gelände des Wassererlebnishauses. Im gut zugänglichen<br />

Teich kann das Leben im und am Wasser erforscht<br />

werden. Am Wasserspieltisch lassen sich mit Sand,<br />

Kies, Ton und anderen Naturmaterialien Wasserläufe<br />

modellieren und Strömungsverläufe verfolgen. In der<br />

Wasserwerkstatt können Boote und Wasserräder gebaut<br />

werden. Im Wasserlabor stehen Mikroskope, Schnelltests<br />

für die Wasseranalyse und Materialien für einfache


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Wasserexperimente bereit. Für Oberstufenschüler wird ein<br />

Methodenkurs „Gewässeruntersuchung“ sowie fachliche<br />

Beratung bei Projektarbeiten angeboten. Pfl anzenkläranlage,<br />

Regenwasserzisterne und Solaranlage bieten Beispiele für<br />

umweltgerechte Haustechnik im praktischen Betrieb.<br />

Wassererlebnishaus<br />

Junghecksweg 9<br />

34233 Fuldatal-Simmershausen<br />

www.wassererlebnishaus-fuldatal.de<br />

Tel.: 0561 - 9812 346<br />

Fax: 0561 - 9812 347<br />

■<br />

Licherode – Zentrum für praxisnahe<br />

Umweltbildung<br />

Seit 1995 verfolgt das Ökologische Schullandheim und<br />

Tagungshaus Licherode sehr erfolgreich sein ganzheitlich<br />

ökologie-orientiertes Gesamtkonzept. Fast 3.000<br />

Schulkinder und 500 Lehrkräfte nutzen Jahr für Jahr die<br />

vielfältigen Umweltbildungsangebote. Dazu wurde ein beeindruckendes<br />

Netzwerk aus regionalen Partnerschaften<br />

und attraktiven Lernorten aufgebaut, auf das sich die über<br />

20 Mitarbeiter des Hauses bei ihrer umweltpädagogischen<br />

Arbeit mit Kindern stützen können.<br />

Insgesamt bietet Licherode zwölf Wochenthemen für<br />

Klassenfahrten an, darunter auch die „Besser-Esser-Woche“<br />

und die „Waldhüter-Woche“, die jeweils mit einem kindgerechten<br />

Zertifi kat abschließen. Und ganz egal, ob man<br />

in Licherode eine Wasserwoche, eine Wollwoche, eine<br />

Milchwoche oder eine Solarwoche verbringt, alle Licheröder<br />

Umweltbildungswochen sind als offi zielle Lehrerbildung<br />

mit bis zu 50 Fortbildungspunkten anerkannt.<br />

In enger Kooperation mit dem Amt für Lehrerbildung<br />

und den Lernenden Regionen Hersfeld-Rotenburg/<br />

Werra-Meißner führt Licherode bundesweit bedeutsame<br />

Pilotprojekte durch: So entwickelt Licherode gemeinsam<br />

mit der Uni Kassel Konzepte für eine „Regional-biologische<br />

Schulverpfl egung“ und bildet im Auftrag der Deutschen<br />

Umweltstiftung Senioren zu Umwelttrainern für Kinder<br />

und Jugendliche aus. Zudem gibt Licherode zahlreiche<br />

praxisnahe Lehrerhandreichungen heraus, darunter die<br />

Schriftenreihe „Lernen und Erleben“ und die DVD zum<br />

„Besser-Esser-Konzept“. Licherode wurde von der Unesco<br />

als offi zielles Projekt der UN-Weltdekade „Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet.<br />

Ökologisches Schullandheim Licherode<br />

Lindenstraße 14<br />

36211 Alheim-Licherode<br />

www.oekonetz-licherode.de<br />

Tel.: 05664 - 9486 0<br />

Fax: 05664 - 9486 40<br />

■<br />

Umweltzentrum Fulda<br />

Seit seiner Eröffnung zur Landesgartenschau 1994 hat sich<br />

das Umweltzentrum zu einem intensiv genutzten Lernort<br />

für Schulgruppen entwickelt. Darüber hinaus ist es mit<br />

seinem breiten Umweltbildungsangebot zu einem Ort<br />

der Information und Begegnung für die Öffentlichkeit geworden<br />

und erfüllt eine wichtige Rolle in der regionalen<br />

Lehrerfortbildung.<br />

Mit Schülerinnen und Schülern aller Altersstufen werden<br />

Unterrichtsprojekte durchgeführt. Zur Betreuung stehen derzeit<br />

fünf pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur<br />

Verfügung. Zum Spektrum der angebotenen Themen gehören<br />

alle Themenbereiche der Bildung für eine nachhaltige<br />

Entwicklung.<br />

Bei allen Angeboten stehen Handlungsorientierung und<br />

entdeckendes Lernen im Vordergrund. Meist arbeiten<br />

die Schülerinnen und Schüler in kleinen Gruppen an<br />

Stationen, können ihr Lerntempo selbst bestimmen und<br />

individuelle Lösungswege einschlagen. Ein regelmäßiges<br />

Nachmittagsangebot für interessierte Kinder und Jugendliche<br />

rundet das Angebot ab. Für Lehrerinnen und Lehrer bietet<br />

53


Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

das Zentrum Workshops und kollegiale Beratung an. Schulen,<br />

die einen Schulgarten anlegen wollen, oder ihr Schulgelände<br />

naturnah gestalten wollen, erhalten vielfältige Anregungen<br />

auf dem Außengelände in der Fuldaaue und Beratung durch<br />

die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.<br />

Umweltzentrum Fulda<br />

Johannisstraße 44<br />

36041 Fulda<br />

Tel.: 0661 - 9709 790<br />

Fax: 0661 - 9709 791<br />

www.umweltzentrum-fulda.de<br />

■<br />

54<br />

Jugendwaldheim Roßberg bei Marburg<br />

Das 1991 gegründete Jugendwaldheim – ein zum außerschulischen<br />

Lernort umgebautes Forsthaus in der Nähe<br />

von Marburg – hat nicht nur viele beispielhafte Angebote<br />

der praktischen Umweltbildung entwickelt, sondern gibt<br />

regional und überregional viele fruchtbare Impulse zur<br />

Schulentwicklung und Lehrerbildung im Bereich des ökologischen<br />

Lernens und der Nachhaltigkeit. Das engagierte<br />

Team um den Gründer Dr. Hartmut Bölts – hat sich in<br />

Kooperation mit der Universität Marburg, den begleitenden<br />

Projektschulen und vielen außerschulischen Partnern hohe<br />

Ziele der ökologischen Bewusstseinsbildung gesteckt und diese<br />

fortwährend refl ektiert und weiter entwickelt. Neben den<br />

klassischen Themen der Umweltbildung vom Naturerleben<br />

über die Waldpädagogik bis hin zum Bereich Energie und<br />

Klimaschutz, legt das Jugendwaldheim einen Schwerpunkt<br />

auch im Bereich Landwirtschaft, Ernährung und in globale<br />

Zusammenhänge.<br />

Jugendwaldheim Roßberg<br />

Forsthaus 1<br />

35085 Ebsdorfergrund-Roßberg<br />

Tel.: 06424 - 5197<br />

■<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Umweltlernen Frankfurt e.V. Frankfurt/<br />

Main<br />

Umweltlernen Frankfurt e.V. bietet nicht nur eine Vielzahl<br />

umweltpädagogischer Veranstaltungen an, sondern hat sich<br />

um Ziel gesetzt, die Kooperation von Schule, Kommune und<br />

Bürgern im Ökologiebereich zu fördern und zu moderieren.<br />

Für beispielhafte Leistungen im Sinne der Agenda 21 wurde<br />

der Verein und das Stadtschulamt zum Schulträger 21 ausgezeichnet.<br />

Seit seiner Gründung vor mehr als zehn Jahren unterstützt<br />

und berät Umweltlernen Frankfurt e.V. Schulen und<br />

Kindertageseinrichtungen bei Umweltbildungsprojekten<br />

und bietet Veranstaltungen und Aktionen des erlebnisorientierten<br />

Umweltlernens an. Dabei wurde eine Vielfalt innovativer<br />

Themen und Aktionsformen entwickelt. Darüber<br />

hinaus werden Kooperationspartner für Schulen vermittelt,<br />

die Zusammenarbeit der Schulen mit ihrem Umfeld moderiert<br />

und beispielhafte Partizipationsmodelle zur verstärkten<br />

Aktivierung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen<br />

entwickelt.<br />

Umweltlernen Frankfurt e.V.<br />

Seehofstraße 41<br />

60594 Frankfurt/Main<br />

www.umweltlernen-frankfurt.de<br />

Tel.: 06921 - 230 130<br />

■<br />

Umweltzentrum Kinzigaue, Hanau<br />

Das jüngste Umweltzentrum Hessens entstand als Projekt<br />

der Landesgartenschau in Hanau 2002. Seitdem hat sich die<br />

Einrichtung in Hanau und im Main-Kinzig-Kreis etabliert<br />

und in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern ein innovatives<br />

Angebot im „Grünen Klassenzimmer“ entwickelt.<br />

Über 50 Kurse und Projekte stehen auf dem Programm<br />

des Umweltzentrums. Auch Kindergeburtstage, Projekte<br />

mit Ganztagsschulen, zur berufl ichen Orientierung, zum<br />

Sozialen Lernen in Klassen und Familienveranstaltungen<br />

am Wochenende werden angeboten. Neben den klassischen


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Umweltthemen fi nden sich viele neue und interessante Ideen.<br />

Neuestes Projekt ist eine Mit-Mach-Wanderausstellung zum<br />

Themenbereich Bionik-Ideenlabor Natur in Kooperation<br />

mit der Universität Darmstadt. Das Umweltzentrum<br />

Kinzigaue bietet mit einer Landschaftsgärtnerin Beratung<br />

für Schulen bei der Gestaltung von Schulgärten und<br />

Naturerlebnisräumen, von der Erfassung der Bedürfnisse<br />

der Schülerinnen und Schüler bis zur Kostenkalkulation und<br />

Hilfe bei der Umsetzung.<br />

Umweltzentrum Kinzigaue<br />

Philipp-August-Schleißner Weg 2<br />

63452 Hanau<br />

www.umweltzentrum-hanau.de<br />

Tel.: 06181 - 3049 148<br />

■<br />

Naturschutzhaus Weilbacher Kiesgruben<br />

Das Naturschutzhaus Weilbacher Kiesgruben ist ein Zentrum<br />

für praktische Umweltbildung und befi ndet sich mitten im<br />

Rhein-Main-Gebiet in einer Kiesgrubenlandschaft. Ein Teil<br />

des Geländes ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Die<br />

verbleibende Fläche teilen sich Kiesabbau, Rekultivierung,<br />

Landwirtschaft und Naherholung.<br />

Das Naturlehrgebiet in einer offenen gelassen Kiesgrube<br />

mit zahlreichen Feucht- und Trockenbiotopen lädt zum<br />

Entdecken ein. In der Gartenanlage mit dem biologisch<br />

bewirtschafteten Bauerngarten, Steingarten, Kräutergarten<br />

und Nisthilfenwand werden Anregungen zum biologischen<br />

Gärtnern gegeben. Ein kleines Bienenhaus soll das Interesse<br />

an der Imkerei wecken.<br />

Die Themen des Angebots reichen darüber hinaus von<br />

der Auseinandersetzung mit umweltpädagogischen<br />

Konzepten, Natur und Kunst, nachhaltige Entwicklung über<br />

Stadtökologie, Kommunikation und Gruppenpädagogik bis<br />

hin zum Projektmanagement. Jährlich werden wechselnde<br />

Schulaktionen mit unterschiedlichen Schwerpunktthemen<br />

angeboten.<br />

Naturschutzzentrum Weilbacher Kiesgruben<br />

Frankfurterstraße 74<br />

65439 Flörsheim-Weilbach<br />

www.weilbacher-kiesgruben.de<br />

Tel.: 06145 - 9363 60<br />

■<br />

Naturschutzzentrum Bergstraße<br />

Seit seiner Eröffnung anlässlich des Hessen-Tages im Juni<br />

2004 hat sich das Naturschutzzentrum Bergstraße zu einer<br />

immer stärker frequentierten Einrichtung entwickelt.<br />

Menschen aller Alterstufen sind zu Gast bei den zahlreichen<br />

Veranstaltungen zwischen März und November, besuchen<br />

die Ausstellungsräume oder genießen das Freigelände<br />

am Erlachsee bei Getränken und Kuchen aus biologischem<br />

Anbau, die das integrierte Bistro vornehmlich am<br />

Wochenende anbietet. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in<br />

der Arbeit mit Gruppen, die bei der breiten Palette des so genannten<br />

„Abrufprogrammes“ die Qual der Wahl haben. Natur<br />

erleben, Neues entdecken und ausprobieren, die Verbindung<br />

von Wissenschaft und Kreativität, in den Austausch mit anderen<br />

treten und mit allen Sinnen genießen, diese Grundsätze<br />

sind allen angebotenen Programmen gemein.<br />

Das Naturschutzzentrum ist eine akkreditierte Einrichtung<br />

für die Fortbildung von Lehrern, betreut im südhessischen<br />

Raum das Projekt des Hessischen Kultusministeriums<br />

„Umweltschulen“ und engagiert sich speziell im Bereich<br />

der „Nachhaltigen Entwicklung“ sowie bei der Aus- und<br />

Weiterbildung von Multiplikatoren im Bereich Natur- und<br />

Umweltbildung.<br />

Naturschutzzentrum Bergstrasse<br />

An der Erlache 17<br />

64625 Bensheim<br />

Tel.: 06251 - 708 793<br />

Fax: 06251 - 708 729<br />

www.naturschutzzentrum-bergstrasse.de<br />

E-Mail: info@naturschutzzentrum-bergstrasse.de<br />

55


Mit Unterstützung des Hessischen Kultusministeriums<br />

wurde nun eine DVD zur Besser-Esser-Woche produziert,<br />

die das Konzept in acht Minuten sehr lebendig vorstellt.<br />

Aufgrund der dankenswerten Unterstützung durch Frau Dr.<br />

Zelazny wird die DVD im kommenden Herbst als Ergänzung<br />

des Ordners „Schule & Gesundheit“ an über 2.000 hessische<br />

Schulen verteilt. Die Verankerung des Besser-Esser-<br />

Konzepts im Schulprogramm ist ein möglicher Baustein<br />

auf dem Weg zur Zertifi zierung als „Gesundheitsfördernde<br />

Schule“<br />

Die „Besser-Esser-Woche“ kann im Prinzip an jeder<br />

Schule durchgeführt werden; das Amt für Lehrerbildung<br />

(AfL) und das Staatliches Schulamt für den Landkreis<br />

Hersfeld-Rotenburg und den Werra-Meißner-Kreis bieten<br />

hierzu Workshops und Seminare in Licherode an. Sehr<br />

gut kann die Besser-Esser-Woche aber auch im Rahmen<br />

einer Projektwoche in Licherode erprobt werden. Sie ist<br />

eine von zwölf Umweltbildungswochen, die Licherode<br />

zur Zeit anbietet. Und egal, ob Solarwoche, Waldwoche<br />

oder Milchwoche, alle Licheröder Umweltbildungswochen<br />

sind als Lehrerbildung akkreditiert, das heißt, die teilnehmenden<br />

Lehrkräfte erhalten 40 Punkte für ihr persönliches<br />

56<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Die DVD zur Besser-Esser-Woche –<br />

Angebote für Umweltbildung in Licherode<br />

Das Umweltbildungszentrum Licherode hat gemeinsam mit der Uni Kassel Konzepte zur Verankerung einer<br />

regional-biologischen Schulverpfl egung entwickelt und erprobt. Als pädagogisches Herzstück ist dabei die<br />

„Besser-Esser-Woche“ entstanden, eine kompakte Bildungseinheit, die die Themen gesunde Ernährung und<br />

biologischer Landbau handlungsorientiert und kindgerecht miteinander verknüpft.<br />

Fortbildungskonto. Hinzu kommen 10 Punkte für das verbindliche<br />

Vorbereitungsseminar.<br />

■<br />

Autor<br />

Klaus Adamaschek<br />

Umweltbildungszentrum Licherode<br />

Hessisches Amt für Lehrerbildung


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Der „Besser-Esser-Pass“<br />

Eine Eintrittskarte für ein regional-biologisches Schulessen<br />

Im Ökologischen Schullandheim im nordhessischen<br />

Dörfchen Alheim-Licherode wurden in den letzten zehn<br />

Jahren 30.000 Schulkinder regional-biologisch verpfl egt.<br />

Aufbauend auf den meist positiven Erfahrungen hat ein<br />

Licheröder Projektteam nun in Kooperation mit dem hessischen<br />

Amt für Lehrerbildung (AfL) die Aufgabe übernommen,<br />

Modellschulen bei der Umstellung auf regional-biologische<br />

Verpfl egung zu begleiten.<br />

Als Kernstück sollte eine kompakte Projektwoche für Kinder<br />

im Alter von 8 bis 12 Jahren entwickelt werden, die sich an<br />

einem ganzheitlich umweltpädagogischen Bildungskonzept<br />

orientieren sollte:<br />

4Der<br />

sinnesorientierte Einstieg über Stationsarbeiten<br />

(Lernwerkstätten) soll spielerisch in das Wochenthema<br />

einführen, Interesse wecken, Fragestellungen eröffnen<br />

und Wissen vermitteln.<br />

4Der<br />

Besuch bei einem Kooperationspartner oder<br />

Lernort der Region soll den Kindern authentische<br />

Hintergrundinformationen und eigene konkrete Lebenserfahrungen<br />

ermöglichen.<br />

4Die<br />

Herstellung eigener Produkte soll die Chance bieten,<br />

handwerklich und kreativ tätig zu werden und die neuen<br />

Erfahrungen und Erlebnisse durch eigene praktische<br />

Aktivitäten zu verarbeiten.<br />

4Die<br />

abschließende Auszeichnung mit einem Zertifi kat,<br />

in Form und Inhalt der Altersgruppe angepasst, soll<br />

die persönliche Aneignung erhöhen und zur weiteren<br />

Auseinandersetzung motivieren.<br />

Entstanden ist nach einjähriger Entwicklungsarbeit die<br />

so genannte „Besser-Esser-Woche“, bei der es um gesunde<br />

Ernährung, regionale Landwirtschaft und biologischen<br />

Landbau geht. Das aber nicht langweilig und trocken, sondern<br />

aktiv und mit allen Sinnen. Die Kinder hocken nicht<br />

im Klassenzimmer, sondern es geht auf den Bauernhof und<br />

in die Schulküche. Und am Ende gibt es sogar ein Zertifi kat,<br />

den „Besser-Esser-Pass“, der dann quasi die Eintrittskarte<br />

für ein gesundes und regional-biologisches Schulessen<br />

darstellt. Die „Besser-Esser-Woche“ wurde an verschiedenen<br />

Modellschulen und in Licherode mit Schulklassen<br />

der Jahrgänge 3 bis 6 insgesamt 16 Mal erprobt und weiter<br />

entwickelt, und das sowohl im Regelunterricht als auch<br />

57


Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

im Nachmittagsangebot. Die Projektwochen wurden von<br />

der Universität Kassel im Rahmen einer Diplomarbeit<br />

evaluiert, Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit der „Besser-<br />

Esser-Woche“ werden dort eindrucksvoll belegt. Besonders<br />

ermutigend waren die Ergebnisse an der Eckhardt-Vonhold-<br />

Schule (EVS), einer Grundschule mit Ganztagsangeboten in<br />

Schwalmstadt-Treysa. Dort wurde das gesamte Kollegium<br />

im Rahmen eines Pädagogischen Tages in Licherode mit den<br />

Zielsetzungen und den Inhalten der „Besser-Esser-Woche“<br />

vertraut gemacht. Die EVS wird die „Besser-Esser-Woche“<br />

zukünftig mit allen dritten Klassen eigenständig durchführen,<br />

der „Besser-Esser-Pass“ hat somit, wie z.B. ein „Fahrrad-<br />

Pass“ oder ein „Freischwimmer-Ausweis“, seinen festen<br />

Platz im Schulprogramm gefunden. Und einiges bewegt<br />

hat die „Besser-Esser-Woche“ auch bei den Kindern: Die<br />

Akzeptanz gesunder und regionaler Biokost, dies belegen<br />

die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt, hat ganz spürbar zugenommen.<br />

Mit der „Besser-Esser-Woche“ wurde ein wirksames<br />

Instrument entwickelt, das die Themen „Ökologischer<br />

Landbau“ und „Gesunde Ernährung“ kindgerecht und anschaulich<br />

miteinander verknüpft. Sie kann einen Beitrag<br />

leisten, zeitgemäße Konzepte der Umweltbildung (ganzheitliche<br />

Ausrichtung, Berücksichtigung der Nachhaltigkeit) in<br />

den Prozess der Ernährungsumstellung an Ganztagsschulen<br />

einzubringen. Entscheidend ist dabei die dauerhafte<br />

Verankerung solcher Ansätze im Schulprogramm und somit<br />

im Schulleben als Ganzes.<br />

■<br />

58<br />

Autor<br />

Klaus Adamaschek<br />

Umweltbildungszentrum Licherode<br />

Hessisches Amt für Lehrerbildung<br />

■<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Die fünf Bausteine der Besser-Esser-<br />

Woche<br />

Tag 1: Die Lernwerkstatt Ernährung – Ein spannender<br />

Einstieg mit allen Sinnen<br />

Die Schülerinnen und Schüler bearbeiten in Kleingruppen<br />

zehn unterschiedliche Stationen zum Thema Ernährung.<br />

Wer „erschmeckt“ Brotsorten mit verbundenen Augen?<br />

– Wie viele Stück Würfelzucker sind in Cola, Ketchup<br />

und Fruchtzwergen? – Wer kann Gewürze am Geruch bestimmen?<br />

Es wird getastet, gefühlt, geschmeckt und gerochen<br />

– und jeder darf sich sogar sein eigenes leckeres Öko-<br />

Pausenbrötchen zubereiten. Mindestens genauso wichtig<br />

wie die handlungsorientierten Stationen ist die ausgiebige<br />

Nachbesprechung im Anschluss an die Stationsarbeit.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Tag 2: Der Besuch auf dem Biohof - Biolandbau aus<br />

erster Hand<br />

Einen Vormittag lang erkunden die Kinder einen Biohof, der<br />

natürlich zu den Zulieferern der Schulküche oder des Öko-<br />

Caterers gehört, und lernen die Menschen persönlich kennen,<br />

die Lebensmittel für die Schulküche produzieren. Die<br />

Klassen werden in vier Gruppen aufgeteilt und gehen dem<br />

ökologischen Landbau auf die Spur – natürlich nicht nur<br />

durch Zuschauen, sondern durch eigenes Mitanpacken. Es<br />

wird Getreide mit der Hand gemahlen, die Schweine werden<br />

gefüttert, es wird je nach Jahreszeit eingesät, pikiert und<br />

natürlich auch geerntet. In der „Lernwerkstatt Ökolandbau“<br />

erfahren die Schülerinnen und Schüler Wissenswertes und<br />

Spannendes über Landwirtschaft und ihre Erzeugnisse.<br />

Tag 3: Gemeinsam kochen und gemeinsam genießen<br />

Unter fachlicher Anleitung wird in der Schulküche Gemüse<br />

„geschnibbelt“ und Salat geputzt, es wird gebrutzelt und gekocht,<br />

und dabei möglichst viel von dem verarbeitet, was am<br />

Vortag auf dem Biohof selber geerntet wurde. So schließt sich<br />

ein kleiner exemplarischer Kreislauf von der Ur-Produktion<br />

bis in die Schulkantine. Und hier leistet jeder seinen eigenen<br />

Beitrag, egal ob beim Kochen, beim Dekorieren oder beim<br />

Eindecken. Und schließlich wird das schmackhafte Menü<br />

natürlich auch gemeinsam genossen.<br />

Tag 4: Auswerten, diskutieren, und präsentieren<br />

Der vierte Tag dient der Auswertung, dem vertiefenden<br />

Gespräch und der Erarbeitung einer eigenen Präsentation in<br />

Gruppenarbeit. Dem Alter angemessen wird das bisher Erlebte<br />

und Erlernte diskutiert und auf eigene Zusammenhänge<br />

übertragen. Beispiele für konkrete Aufgabenstellungen sind<br />

Dokumentationen und Ausstellungen zur Projektwoche,<br />

die Gestaltung von Speiseplänen für die Schulkantine,<br />

Vorschläge für das Sortiment des Schulkiosk, Bio-Dekoration<br />

der Cafeteria oder auch Umfragen bei Mitschülerinnen,<br />

Mitschülern und Lehrkräften zum Thema regionale Biokost.<br />

Tag 5: Der Besser-Esser-Pass, verdiente Anerkennung<br />

und Belohnung<br />

Am letzten Tag der Projektwoche werden die Ergebnisse<br />

der Gruppenarbeiten vorgestellt und die Projektwoche wird<br />

in einem zusammenfassenden Abschlussgespräch vertieft.<br />

Schließlich erhalten die Schülerinnen und Schüler in einer<br />

Feierstunde ihr ganz offi zielles Zertifi kat, den „Besser-<br />

Esser-Pass“, der nicht nur vom Umweltpädagogen und<br />

Schulleiter unterzeichnet ist, sondern der sogar das Logo<br />

des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung<br />

und Landwirtschaft trägt. Die Inhalte der Woche und bei älteren<br />

Kindern auch die individuellen Leistungen werden im<br />

Zertifi kat klar wieder gegeben.<br />

■<br />

Weitere Informationen<br />

Ökologisches Schullandheim Licherode<br />

Zentrum für praxisnahe Umweltbildung<br />

Lindenstraße 14<br />

36211 Alheim-Licherode<br />

Tel.: 05664 - 9486 0<br />

Fax: 05664 - 9486 40<br />

E-Mail: oekonetz.licherode@t-online.de<br />

■<br />

Konzeption<br />

Johannes Lutz<br />

Dipl. Ing. agr. und Umweltpädagoge, Licherode<br />

59


60<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Wieder von den Alten lernen – Senioren als<br />

Umwelttrainer für Kinder<br />

Unsere Gesellschaft kann es sich sicher nicht leisten, auf die besonderen Kompetenzen zu verzichten, über<br />

die die ältere Generation gerade im Umweltbereich verfügt. Aber wie kann man engagementbereite<br />

Senioren fi t dafür machen, Wissen und Erfahrungen über Natur und Umwelt an Kinder und Jugendliche<br />

weiterzugeben? Und wie kann man Senior-Referenten erfolgreich in schulische Bildungsarbeit eingliedern?<br />

Diesen Fragen geht des Umweltbildungszentrum Licherode gemeinsam mit dem Amt für Lehrerbildung im<br />

Rahmen zweier bundesweiter Pilotprojekte nach.<br />

■ Umweltbildungswochen für über 30.000 Arbeit. Unter diesen Kooperationspartnern fi nden sich auf-<br />

Kinder<br />

fällig viele ältere Menschen.<br />

Rund um Alheim-Licherode im nordhessischen Landkreis<br />

Hersfeld-Rotenburg hat sich in den letzten zwölf Jahren<br />

ein ganz besonderes Netzwerk für eine praxisnahe<br />

Umweltbildung von Kindern und Jugendlichen entwickelt.<br />

Initiator und Kristallisationspunkt dieser Entwicklung ist das<br />

Umweltbildungszentrum in Licherode. Am Ökologischen<br />

Schullandheim Licherode haben seit 1995 über 30.000<br />

Schulkinder vor allem aus Hessen Umweltbildungswochen<br />

verbracht und dabei spielerisch vieles über Natur, ökologische<br />

Zusammenhänge und die eigenen Lebensgrundlagen<br />

gelernt. Hinzu kommen praxisnahe Angebote in der Aus-<br />

und Fortbildung von Pädagogen in enger Kooperation mit<br />

dem Amt für Lehrerbildung.<br />

Unterstützt wird das Licheröder Umweltzentrum bei seiner<br />

Bildungsarbeit von einem umfassenden Netzwerk regionaler<br />

Kooperationspartnerschaften. Über 50 Partner und Betriebe,<br />

darunter Biolandwirte, Handwerker, Künstler, Naturschützer<br />

und Förster geben Kindern und Lehrkräften authentischen<br />

Einblick in die tägliche Praxis und die Hintergründe ihrer<br />

■<br />

Auch Senioren brauchen pädagogisches<br />

Rüstzeug<br />

Die Erfahrungen in der alltäglichen Licheröder<br />

Bildungsarbeit belegen, dass ältere Menschen über 55 Jahre,<br />

also sogenannte „Senioren“, gerade im Umweltbereich<br />

über wichtige Erfahrungen verfügen, die eine sehr lebendige<br />

Bereicherung z.B. für die Nachmittagsangebote an<br />

Ganztagsschulen darstellen könnten – und dass Senioren oft<br />

einen besseren Zugang zu Kindern als deren eigene Eltern<br />

oder auch Lehrkräfte haben.<br />

Auf der anderen Seite entwickeln sich aber nicht automatisch<br />

wundersame Lernprozesse, wenn man einen 60-jährigen<br />

Vogelexperten und eine Schulklasse gemeinsam auf<br />

eine Waldlichtung stellt. Denn vielen Senioren fehlt das<br />

methodische und didaktische Rüstzeug für kindgerechte umweltpädagogische<br />

Arbeit.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Vor diesem Hintergrund hat Licherode den Zertifi katslehrgang<br />

„Senioren als Umwelttrainer für Kinder und Jugendliche“<br />

entwickelt. In einem 60 Unterrichtsstunden umfassenden<br />

Fortbildungslehrgang werden engagementbereite Senioren<br />

in die Lage versetzt, authentische Erfahrungen und erworbenes<br />

Wissen in Bereichen wie Gesundheit, Ernährung,<br />

Energie, Umwelt- und Naturschutz kindgerecht und pädagogisch<br />

sinnvoll an Schulkinder weiterzugeben.<br />

Im Verlauf des Lehrgangs wechseln sich Theorieblöcke im<br />

Licheröder Tagungspavillon und praktische Übungen am<br />

Teich, im Wald und in der Werkstatt ab. Hinzu kommen<br />

Hospitationen an Schulen und im Umweltzentrum Licherode.<br />

Durchgeführt werden die Lehrgänge vom Didaktik-Experten<br />

Wolfgang Ellenberger, dem Umweltpädagogen Johannes<br />

Lutz und Klaus Adamaschek vom Amt für Lehrerbildung als<br />

Projektleiter. Zuständig für die wissenschaftliche Begleitung<br />

und Evaluation ist Dr. Claudia Olejniczak vom Institut für<br />

Entwicklungsplanung und Strukturforschung an der Uni<br />

Hannover.<br />

■<br />

Von Naturkosmetik bis Sonnenenergie<br />

Am Ende des Lehrgangs, der sich über mehrere Monate<br />

zieht, erarbeitet jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer<br />

sein eigenes Praxisprojekt, das er zukünftig als „Senior-<br />

Umwelttrainer“ an Kinder und Jugendliche weitergeben<br />

kann. Der Lehrgang endet mit einem vom Staatlichen<br />

Schulamt für den Landkreis Hersfeld-Rotenburg und den<br />

Werra-Meißner-Kreis und der Deutschen Bundesstiftung<br />

Umwelt (DBU) anerkannten offi ziellen Zertifi kat, das quasi<br />

als „Eintrittskarte“ in die Referententätigkeit an Schulen<br />

und Kindergärten dient.<br />

„Kosmetik aus der Natur“, „Energie-Sklaven im Haushalt“,<br />

„Vom Korn zum Brot“ oder „Von der Kaulquappe zum Frosch“<br />

– das sind nur einige Beispiele für die Themen der mittlerweile<br />

25 in Licherode ausgebildeten Senior-Umwelttrainer.<br />

Aufgelistet sind die vielfältigen Angebote in der Referenten-<br />

Datei der Lernenden Regionen Hersfeld-Rotenburg/Werra-<br />

Meißner, die das Projekt intensiv unterstützen.<br />

Aber damit ist die Arbeit für das Licheröder Projektteam<br />

noch nicht beendet. Denn die Erfahrung zeigt, dass viele<br />

gut gemeinte Konzepte zur Einbindung ehrenamtlicher<br />

Expertinnen und Experten in schulische Bildungsarbeit in<br />

der konkreten Umsetzung scheitern, z.B. an mangelnder<br />

Koordination oder fehlenden Kooperationsstrukturen. Die<br />

Senioren-Referentinnen und -Referenten dürfen in ihrem<br />

neuen Tätigkeitsbereich nicht allein gelassen werden, sondern<br />

brauchen Unterstützung.<br />

■<br />

Erprobung einer „Senioren-Referenten-<br />

Datei“<br />

Welche Faktoren lassen die Einbindung von qualifi zierten und<br />

engagementwilligen Senioren in die Umweltbildungsarbeit<br />

nun auch wirklich zu einem dauerhaften Erfolg werden?<br />

Das ist die Fragestellung eines neuen Modellversuches, den<br />

Licherode im Rahmen der Lernenden Regionen Hersfeld-<br />

Rotenburg/Werra-Meißner in den kommenden zwei Jahren<br />

durchführen wird.<br />

Mit einem ganzen Bündel von fl ankierenden Maßnahmen<br />

soll der Einsatz der ausgebildeten Senioren-Referentinnen<br />

und -Referenten an Schulen und Kindergärten in der Region<br />

um Rotenburg an der Fulda konzeptionell und professionell<br />

begleitet werden. Zu den geplanten Maßnahmen gehören<br />

u. a. eine enge Einbindung der Senioren-Referentinnen und<br />

-Referenten ins Kollegium, regelmäßige Revisionstermine<br />

und die Benennung von „Partnerlehrkräften“ an den<br />

Einsatzschulen.<br />

Das Licheröder Modellprojekt „Senioren als Umwelttrainer<br />

für Kinder“ hat eine bundesweite Resonanz hervorgerufen,<br />

so wurde u. a. in der Frankfurter Rundschau und im<br />

Hessischen Fernsehen ausführlich berichtet. Mittlerweile<br />

haben Bildungsträger aus verschiedenen Bundesländern<br />

Interesse am Konzept angemeldet. Am 13. Oktober 2006 wird<br />

61


Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

das Konzept in Baden-Baden mit dem „Otto-Mühlschlegel-<br />

Preis 2006 – Zukunft Alter“ der Robert-Bosch-Stiftung<br />

ausgezeichnet.<br />

■<br />

62<br />

Literatur<br />

Tipp zum bundesweiten „Generationennetzwerk Umwelt“<br />

und zum Licheröder Umwelttrainer-Konzept:<br />

Olejniczak, Claudia; Geißler, Clemens (Hrsg.): Alt und Jung –<br />

Generationen in der Umweltbildung und Naturschutzarbeit.<br />

Praxisbuch. Hannover 2006.<br />

Bezug: Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung<br />

Internet: www.ies.uni-hannover.de<br />

E-Mail: mailbox@ies.uni-hannover.de<br />

■<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

weitere Informationen<br />

Umweltbildungszentrum Licherode<br />

Lindenstraße 14<br />

36211 Alheim<br />

Tel.: 05664 - 9486 0<br />

Fax: 05664 - 9486 40<br />

E-Mail: oekonetz.licherode@t-online.de<br />

■<br />

Autor<br />

Klaus Adamaschek<br />

Amt für Lehrerbildung<br />

■<br />

Fotos<br />

Angelika Adamaschek<br />

Rotenburg<br />

u<br />

www.oekologische-bildung.de


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Gesunde Schulverpfl egung<br />

Wie Ökologie und Gesundheitsförderung in einer Region zueinander fi nden<br />

„Es braucht ein ganzes Dorf um ein Kind zu erziehen“<br />

(Afrikanische Weisheit)<br />

In der Region Fulda werden ab dem Schuljahr 06/07 insgesamt<br />

18 Schulen ganztägig arbeiten. Die Richtlinien<br />

sehen eine Verpfl ichtung zum Anbieten einer gesunden<br />

Mittagsverpfl egung vor, wobei der Schulträger<br />

im Einvernehmen mit der jeweiligen Schule dazu die<br />

Voraussetzungen bereitstellt.<br />

Dies war für uns von „Schule & Gesundheit“ im Staatlichen<br />

Schulamt für den Landkreis Fulda Anlass und eine gute<br />

Gelegenheit, die Schulen zu beraten und zu ermutigen, eine<br />

abwechslungsreiche und gesunde Schulverpfl egung auf der<br />

Grundlage regionaler und ökologisch erzeugter Lebensmittel<br />

anzubieten.<br />

Fulda steht für eine Region, in der ökologisch und familienpolitisch<br />

noch eine „heile Welt“ zu existieren scheint: Eine<br />

weitgehend von Schadstoffen unbelastete Umwelt ist selbstverständlich,<br />

ökologisch produzierte Nahrungsmittel fi nden<br />

sich praktisch vor der Haustür, in vielen Familien ist das gemeinsame<br />

Einnehmen von Mahlzeiten noch üblich.<br />

In dieser Hinsicht bestehen ausgezeichnete Voraussetzungen<br />

für die Gewinnung gesunder, ökologisch einwandfreier<br />

Lebensmittel, und es erscheint nur konsequent, für<br />

die Ernährung unserer Kinder und Jugendlichen die<br />

Erzeugnisse aus unserer Region zu nutzen. Aber auch durch<br />

die Vorarbeiten eines tragfähigen Netzwerkes verschiedener<br />

Einrichtungen sind gute Grundlagen für eine gesunde<br />

Schulverpfl egung gelegt. Im Folgenden möchten wir aus der<br />

Sicht von „Schule & Gesundheit“ kurz darüber berichten.<br />

Im Verlauf der letzten Jahre gab es eine Reihe unterschiedlicher<br />

Initiativen mit dem Ziel, ökologische Produktionsweise<br />

und gesunde Ernährung in der breiten Öffentlichkeit, besonders<br />

auch in Schulen und Kindergärten, zu thematisieren.<br />

Viele dieser Initiativen liefen im Umweltzentrum und der<br />

im Rahmen der ökologischen Lernwerkstatt dort angesiedelten<br />

Lehrerfortbildung zusammen. Als ein Ergebnis solcher<br />

jahrelangen Vorarbeiten ist das Umweltzentrum im Rahmen<br />

der von 2005 bis 2015 ausgerufenen UN-Dekade „Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung“ neben dem Umweltzentrum<br />

Kinzigaue für das Thema „gesunde Ernährung“ in<br />

Kindertagesstätten und Schulen zuständig.<br />

63


Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Als ein besonders glücklicher Umstand hat sich erwiesen,<br />

dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der<br />

Hochschule Fulda, vor allem im Fachbereich Ökotrophologie,<br />

an gemeinsamen Projekten interessiert waren. Unter anderem<br />

sind die jetzt bundesweit über die Verbraucherzentralen<br />

erhältlichen Materialien („Fühlen wie’s schmeckt“)<br />

an Fuldaer Schulen erprobt worden.<br />

Gesunde Ernährung und Verbraucherbildung sind ein originärer<br />

Auftrag der Verbraucherzentrale. Die Verbraucherzentrale<br />

Fulda hat als beständiger Kooperationspartner von<br />

Anfang an eigene Projekte zu gesunder Ernährung durchgeführt,<br />

aber auch gemeinsame Vorhaben unterstützt und eine<br />

Fülle von Materialien und anderen Unterstützungsmöglichkeiten<br />

beigesteuert.<br />

In Zusammenarbeit mit dem hessischen Ministerium<br />

für Umwelt, ländlichen Raum und<br />

Verbraucherschutz (HMULV) und dem<br />

Bauernverband wurde die Öffnung zu den<br />

Erzeugern sehr früh durch Maßnahmen wie<br />

„Bauernhof als Klassenzimmer“ aufgezeigt<br />

und von den Schulen wahrgenommen, unter<br />

anderem auch in Kooperation mit dem<br />

Bauernverband.<br />

Im Rahmen der „Lokalen Agenda 21“ arbeitet seit November<br />

2003 eine Arbeitsgruppe „ökologische und regionale<br />

Lebensmittel für Großküchen in Fulda“. Hier sind unter anderem<br />

regionale Erzeuger (wie z.B. Antoniushof und andere<br />

Biohöfe), Vermarkter und die Verbraucherzentrale vertreten.<br />

In einem sechswöchigen Pilotprojekt wurde die Versorgung<br />

von 28 Kindertagesstätten mit täglich rund 600 Essen teilweise<br />

auf ökologische und regionale Produkte umgestellt.<br />

Die Evaluation erfolgte in Zusammenarbeit mit dem ökologischen<br />

Großküchenservice (ÖGS) in Frankfurt.<br />

Die aus einer Arbeitsloseninitiative entstandene gemeinnützige<br />

Einrichtung „Grümel“, die sich mit der Beschäftigung<br />

und Förderung von auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten<br />

Gruppen befasst, beliefert Schulen und Kindertagesstätten<br />

64<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

bereits seit 10 Jahren mit vollwertiger, gesunder<br />

Pausenverpfl egung. Auch Grümel ist von Anfang an dem<br />

Umweltschutzgedanken verpfl ichtet, z.B. in der Verarbeitung<br />

regional erzeugter vollwertiger Nahrungsmittel.<br />

Das im Auftrag des Staatlichen Schulamtes arbeitende<br />

„Netzwerk Ganztagsschule“ bietet Vertreterinnen und<br />

Vertretern betroffener bzw. interessierter Schulen eine<br />

Plattform, um Themen, die im Zusammenhang mit der<br />

Einrichtung von Ganztagsschulen stehen, zu entwickeln.<br />

Trotz unterschiedlicher Ausgangssituationen in den einzelnen<br />

Schulen ist die gesundheitsförderliche Schulverpfl egung<br />

ein zentrales gemeinsames Anliegen.<br />

Die genannten Organisationen verstehen Nachhaltigkeit<br />

als eines ihrer gemeinsamen Ziele. Unsere Aufgabe war<br />

und ist es, diese Einrichtungen für eine gesundheitsförderliche<br />

Schulverpfl egung zu gewinnen und ihre<br />

Erfahrungen zu nutzen. Wir möchten in den<br />

nächsten Absätzen die Schritte darstellen, die<br />

wir in der Region bis zum heutigen Zeitpunkt<br />

zurückgelegt haben.<br />

Im Jahr 2005 bot „Schule & Gesundheit“ in der<br />

Region Fulda verschiedene Veranstaltungen an in Form von<br />

Runden Tischen mit Experten. Gerade die Weiterentwicklung<br />

von Schule als Ganztagsschule rückt den Aspekt „Schule<br />

als Lebensraum“ in den Vordergrund, das heißt auch die<br />

Fragen nach der Ausgestaltung der Schulverpfl egung. Es<br />

kommt nicht nur darauf an ‚was’, sondern ‚wie’, ‚wo’ und<br />

‚mit wem’ gegessen wird. Damit erweitert sich diese Frage<br />

zu einem zentralen Bestandteil von Schulklimaentwicklung<br />

und wird damit zu einem Pfeiler einer gelingenden<br />

Schulgesundheitskultur.<br />

In diesen Veranstaltungen wurden eine Reihe verschiedener<br />

Modelle zur Schulverpfl egung dargestellt und erörtert - als<br />

Alternative zur Belieferung der Schulen durch Großcaterer<br />

mit einer importierten Komplettlösung.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Schon seit dem Jahr 2002 ist die Unterstützung einer gesundheitsförderlichen<br />

Schulentwicklung zentrales Anliegen der<br />

„Tage der Schulgesundheit“. Diese bildeten Meilensteine im<br />

Prozess der Netzwerkbildung und der Sensibilisierung und<br />

Gewinnung von Schulen für den Gedanken der gesunden<br />

Ernährung. Bei allen genannten Maßnahmen und Aktivitäten<br />

wurde die eigentliche Zielgruppe, die Gruppe der eigentlich<br />

Betroffenen, nämlich die Schülerinnen und Schüler, nur<br />

mittelbar angesprochen. Aber: Wie erreicht man 14- bis<br />

17-Jährige?<br />

Die Idee war ein Fest für Jugendliche: Im Rahmen des<br />

alle 2 Jahre stattfi ndenden „Agrarkulturtages“ luden das<br />

Antoniusheim, der Kreisbauernverband, die Landfrauen und<br />

der Landrat des Landkreises Fulda gemeinsam mit „Schule &<br />

Gesundheit“ zu einer Hofparty mit Kochduell von 4 Klassen<br />

Fuldaer Gymnasien im Beisein von Rundfunk und lokaler<br />

Prominenz ein. Die Besonderheit lag darin, Jugendliche für<br />

die Idee der Zubereitung und des Genusses gesunder und<br />

wohlschmeckender Gerichte zu begeistern. Eine Fortsetzung<br />

erfuhr diese Aktion durch die Überreichung von Preisen in<br />

Form von Koch-Workshops in der lokalen „Genussschule“<br />

für die Jugendlichen.<br />

■<br />

Ausblick<br />

Anfang September 2006 wird an einem Fuldaer Gymnasium<br />

die Schulmensa eröffnet. Der Kooperationsvertrag mit dem<br />

Antoniusheim sieht unter anderem vor:<br />

4dass<br />

Begegnungsmöglichkeiten zwischen Menschen mit<br />

und ohne Behinderung geschaffen werden,<br />

4dass<br />

Arbeitsplätze für Menschen mit und ohne<br />

Behinderung geschaffen werden,<br />

4dass<br />

dazu beigetragen wird, die Umwelt durch eine ökologische<br />

Wirtschaftsweise zu erhalten,<br />

4dass<br />

die Versorgung der Schule mit gesunden<br />

Lebensmitteln in das pädagogische Konzept als ganztätig<br />

arbeitende Schule eingebettet werden soll (Zitat aus<br />

dem Versorgungs- und Liefervertrag zwischen Schule<br />

und Antoniusheim).<br />

Vor uns allen, aber vor allem vor der Schule liegt die große<br />

Aufgabe, dass die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen<br />

und Lehrer, die Sekretärinnen und auch die Hausmeister diese<br />

Ziele zu ihren eigenen machen, aber wir sind sicher, dass<br />

wir auf dem richtigen Weg sind. Für die Region wünschen<br />

wir uns, dass sich noch viele Schulen für dieses Modell entscheiden<br />

mögen. Die richtigen Partner stehen vor unserer<br />

Haustür bereit.<br />

■<br />

Autoren<br />

Gudrun Schwechla<br />

Schulpsychologin und Generalistin „Schule & Gesundheit“<br />

im Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda<br />

Dr. Hans Unbehauen<br />

Lehrer und Fachberater „Schule & Gesundheit“ im<br />

Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda<br />

65


66<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Umweltbildung im Hessischen Ministerium für<br />

Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz<br />

Umweltbildung als Bildungsauftrag im Umweltressort<br />

■ Ziele<br />

wickelt, die Initiativen zur Gestaltung der Dekade koordi-<br />

Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ist zu einem<br />

Schlüsselbegriff der Umweltpolitik geworden. Das Hessische<br />

Umweltministerium räumt dabei der Umweltbildung als<br />

vorsorgendes Instrument einen besonderen Stellenwert ein.<br />

Durch Umweltbildung werden ökologische Zusammenhänge<br />

vermittelt, kurzfristige und langfristige Folgen von Eingriffen<br />

in die Umwelt verdeutlicht und Akzeptanz für umweltbezogene<br />

politische Maßnahmen erzeugt.<br />

Umweltbildung wird heute als integraler Bestandteil einer<br />

Bildung für nachhaltige Entwicklung verstanden. Diese hat<br />

zum Ziel, die Menschen zur aktiven Gestaltung einer ökologisch<br />

verträglichen, wirtschaftlich leistungsfähigen und<br />

sozial gerechten Umwelt unter Berücksichtigung globaler<br />

Aspekte zu befähigen.<br />

Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2005 bis 2014 zur<br />

Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen.<br />

Unter Federführung der Deutschen UNESCO-<br />

Kommission und dem von ihr berufenen Nationalkomitee<br />

werden ein gemeinsamer Aktionsplan für die Dekade ent-<br />

niert und die nationalen Aktivitäten gebündelt. Die aktive<br />

Beteiligung der Länder ist dabei ausdrücklich erwünscht.<br />

Im Rahmen der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“ engagiert sich das Umweltministerium in<br />

Kooperation mit den hessischen Umweltbildungsträgern<br />

mit seinen Projekten und Initiativen. Die Entwicklung einer<br />

landesbezogenen und ressortübergreifenden Strategie zur<br />

Umsetzung und Gestaltung der UN-Dekade in Hessen wurde<br />

im Dezember 2005 vom Kabinett beschlossen.<br />

■<br />

Schwerpunkte<br />

Kindergärten<br />

Durch die Umweltbildung im Kleinkindalter wird eine<br />

vielseitige Naturbegegnung mit spielerischem Entdecken<br />

und sinnlichem Wahrnehmen gefördert. Konkretes<br />

Umweltverhalten wie Wasser- und Energiesparen oder<br />

Abfallvermeidung wird eingeübt. Gleichzeitig werden die


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Erwachsenen mit einbezogen. Das Umweltministerium setzt<br />

sein Engagement in der vorschulischen Erziehung z.B. mit<br />

Fachtagungen oder Themen bezogenen Fortbildungen für<br />

Erzieherinnen und Erzieher in Hessen fort.<br />

Schulen<br />

Die Erziehung in der Schule verändert sich hin zu<br />

mehr Komplexität im ökologischen Denken. In der<br />

Umwelterziehung spielen sozial- und geisteswissenschaftliche<br />

Inhalte eine immer größere Rolle. Bildung für<br />

Nachhaltigkeit benötigt eine produktive, von thematischer<br />

und methodischer Vielfalt lebende Kooperation zwischen<br />

allen wichtigen gesellschaftlichen Gruppen. Hierzu ist<br />

eine Vernetzung von schulischen und außerschulischen<br />

Bildungsträgern erforderlich, die vom Umweltministerium<br />

unterstützt und gefördert wird.<br />

Die Initiative „Bauernhof als Klassenzimmer“ ist ein Angebot<br />

an die Schule, den Ursprung der Nahrungsmittel zu erfahren<br />

und das Wissen um die Produktionsweisen durch Besuche<br />

in landwirtschaftlichen Betrieben in Hessen mit Erkundung,<br />

Beobachtung und Mitarbeit vor Ort zu erweitern.<br />

Wichtig ist die fruchtbare Zusammenarbeit mit der hessischen<br />

Lehrerbildung. Darüber hinaus werden Kooperationen<br />

mit umweltbewussten hessischen Wirtschaftsbetrieben,<br />

mit Umweltzentren und anderen außerschulischen<br />

Bildungsträgern unterstützt. Bei der berufl ichen Bildung<br />

wirkt das Umweltministerium darauf hin, dass moderne<br />

Umweltschutztechnologien und Themen wie vorsorgender<br />

betrieblicher Umweltschutz und Umweltmanagementsysteme<br />

in die Lehrinhalte mit aufgenommen werden.<br />

Mit der Ausschreibung „Umweltschulen“ unterstützt Hessen<br />

das Engagement hessischer Schulen zur nachhaltigen<br />

Entwicklung und Verbesserung ihrer Umweltsituation. Als<br />

erste hessische Schule hat sich die Frankfurter Liebigschule<br />

einer umfassenden Umweltprüfung unterzogen. Mit der<br />

Standorteintragung gemäß der europäischen Öko-Audit-<br />

Verordnung ist ein Projekt auch formal umgesetzt, an dem<br />

Schülerinnen, Schüler, Eltern, Lehrkräfte und externe<br />

Beteiligte mit Einsatz und Eifer erfolgreich mitgewirkt haben.<br />

Die Maßnahme wurde vom Hessischen Umweltministerium<br />

als Modellprojekt gefördert.<br />

Außerschulische Bildungsträger<br />

Das Umweltministerium fördert die Zusammenarbeit<br />

mit den außerschulischen Umweltbildungsträgern in<br />

Hessen. Die seit 2001 eingerichtete „Koordinierungsrunde<br />

Umweltbildung Hessen“, eine zweimal jährlich tagende<br />

Arbeitsgruppe, der Vertreterinnen und Vertreter hessischer<br />

Umweltbildungszentren und Vertreterinnen und Vertreter<br />

der mit Umweltbildung befassten Ministerien sowie der<br />

Lehrerbildung angehören, hat sich außerordentlich bewährt.<br />

Ziel dieser Arbeitsgruppe ist die Verbesserung des<br />

Austausches von Information, die frühzeitige Entwicklung<br />

von Kooperationsmöglichkeiten sowie die Koordination der<br />

Umweltbildungsaktivitäten in Hessen. Mit der Stärkung der<br />

Umweltbildung wird auch ihre Rolle im Prozess der nachhaltigen<br />

Entwicklung verdeutlicht.<br />

Maßnahmen zur Professionalisierung der Multiplikatoren im<br />

Umweltbildungsbereich sowie Qualifi zierungsmaßnahmen<br />

werden organisatorisch und finanziell unterstützt.<br />

Zur Überprüfung und Weiterentwicklung der<br />

Umweltbildungsarbeit in Hessen werden Maßnahmen zur<br />

Evaluierung und Qualitätssicherung in den Bildungsstätten<br />

gefördert und die Ergebnisse den nationalen und internationalen<br />

Untersuchungen zu Umweltbewusstsein und<br />

Handlungsbereitschaft gegenübergestellt.<br />

Waldpädagogik: Das Wissen über den Wald<br />

vermehren<br />

Mit der Änderung des Hessischen Forstgesetzes im<br />

Dezember 2000 wurden die forstliche Umweltbildung<br />

und Waldpädagogik gesetzliche Aufgabe der<br />

67


Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Landesforstverwaltung. Es geht vor allem darum, der<br />

Bevölkerung grundlegendes Wissen über den Wald und<br />

seine vielfältigen Funktionen sowie die Bedeutung der<br />

Forstwirtschaft zu vermitteln. Besondere Beachtung fi nden<br />

die Zielgruppen Schul- und Kindergartenkinder.<br />

Bereits vorhandene Einrichtungen, wie die Wildparke und<br />

Jugendwaldheime, sollen schwerpunktmäßig als forstliche<br />

Umweltbildungszentren genutzt und ausgebaut werden. Das<br />

Forstpersonal wird für diese Aufgaben gezielt weiter- und<br />

fortgebildet.<br />

Umweltbildung im Biosphärenreservat Rhön<br />

Unter dem Leitbild „Schutz durch Nutzung“ bietet<br />

das Biosphärenreservat eine Vielzahl von<br />

Umweltbildungsangeboten für alle Altersgruppen an.<br />

Das UNESCO-Informationszentrum Wasserkuppe zeigt<br />

in einer Dauerausstellung den Weg der Rhön vom „Land<br />

der armen Leute“ zur „Europäischen Modellregion“. Im<br />

zwei-monatigen Wechsel werden Ausstellungen zu unterschiedlichen<br />

Themen des Biosphärenreservats angeboten.<br />

Multivisionsschauen in Deutsch, Englisch und Französisch<br />

informieren die Besucherinnen und Besucher über die<br />

Entstehung der Rhön und die Ziele des Biosphärenreservats.<br />

Die hauptamtliche Naturschutzwacht konzentriert ihre<br />

Umweltbildungsaufgaben in den Kindergärten und<br />

Schulen, während ein Netzwerk von privaten Natur- und<br />

Landschaftsführern ein breit gefächertes Angebot für alle<br />

gesellschaftlichen Gruppierungen bereithält.<br />

Neben der Wasserkuppe bestehen mit dem Landschafts-<br />

und Informationszentrum in Rasdorf, dem Haus am<br />

Roten Moor, dem Naturkundemuseum in Tann und dem<br />

Kreisgeschichtlichen Museum in Hünfeld weitere interessante<br />

Umweltbildungsangebote im hessischen Teil des<br />

Biosphärenreservates Rhön.<br />

68<br />

Freiwilliges ökologisches Jahr<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

In Hessen wird das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) seit<br />

1994 auf der Grundlage des „Gesetzes zur Förderung des<br />

freiwilligen ökologischen Jahres“ angeboten. Ziel des FÖJ<br />

ist es, jungen Menschen zwischen 16 und 27 Jahren ein Jahr<br />

lang Erfahrungen im Natur- und Umweltschutz zu ermöglichen,<br />

ihnen Einblick in gesellschaftliche und ökologische<br />

Zusammenhänge zu geben und verantwortliches, soziales<br />

und ökologisches Handeln einzuüben.<br />

Umweltbildung im Naturschutz<br />

Die Naturschutz-Akademie Hessen (NAH) in Wetzlar entwickelt<br />

im Auftrag des Landes Hessen innovative natur- und<br />

umweltpädagogische Konzepte und bietet moderne berufliche<br />

Fortbildung. Dem dient auch die Koordination der<br />

Bildungsangebote aller Partner des Fortbildungsverbundes<br />

Natur und Landschaft (FBNL). Hierbei spielen die Einbindung<br />

in ein bundesweites Netzwerk von Umweltbildungseinrichtungen<br />

(BANU) sowie nationale und internationale<br />

Kontakte im Umweltbildungsbereich eine wichtige Rolle.<br />

Geoparks – das System Erde „begreifen“<br />

Geoparks haben die Aufgabe, die umfassende Bedeutung geologischer<br />

und geomorphologischer Prozesse für die räumliche<br />

Verteilung natürlicher Ressourcen, die Landnutzung,<br />

die Oberfl ächengestalt sowie die Wirtschafts- und<br />

Kulturgeschichte einer Region bewusst und „erlebbar“ zu<br />

machen. Der Naturpark Bergstraße-Odenwald vereint eine<br />

vielfältige Landschaft, die sich vom Rheintal im Westen über<br />

weite Teile des Odenwaldes bis hin zum Maintal im Osten<br />

und dem Neckartal im Süden erstreckt. Die Vielfältigkeit<br />

der Landschaft ist ein Teil des großen Potenzials dieser<br />

Region, die zum Teil einmalige naturhistorische Schätze<br />

wie das Felsenmeer oder die Grube Messel aufweisen kann.<br />

Im vergangenen Jahr wurde der Nationale und Europäische<br />

Geopark Bergstraße-Odenwald in das neu geschaffene


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Globale Netzwerk Nationaler Geoparks der UNESCO aufgenommen.<br />

Mit dieser höchsten Auszeichnung wurde der<br />

jahrelange engagierte und lebendige Beteiligungsprozess<br />

gewürdigt, der ein tragfähiges regionales und thematisches<br />

Netzwerk geschaffen hat. Mit speziell auf die Bedürfnisse<br />

von Kindern zugeschnittenen Angeboten eröffnet der Geo-<br />

und Naturpark eine neue Dimension des nachhaltigen<br />

Lernens und schafft bei den Erwachsenen von Morgen ein<br />

Bewusstsein für den aktiven und verantwortungsvollen<br />

Umgang mit ihrer Region.<br />

■<br />

Arbeitskreis „Die ökologische Schule in<br />

Hessen“<br />

Abfall- und Umweltberatung in Hessen<br />

Der Arbeitskreis „Die ökologische Schule“ ist eine Initiative<br />

zur Abfall- und Umweltberatung in ganz Hessen. Er setzt<br />

sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern der Abfall-<br />

und Umweltbehörden aller hessischer Landkreise und<br />

Kommunen sowie deren Entsorgungsbetrieben. Darüber<br />

hinaus sind darin vertreten die Hessische Lehrerbildung,<br />

Verbraucherzentrale, Umweltzentren und freie Umweltbildner<br />

sowie das Hessische Umweltministerium, welches die<br />

Arbeitstreffen mit einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch<br />

seit 1996 koordiniert. Ziel der Initiative ist die Einführung<br />

und Weiterverbreitung von Nachhaltigkeitsstrategien für<br />

Schulen.<br />

Den Schwerpunkt dabei bilden Maßnahmen zur<br />

Abfallvermeidung und -trennung, Energieeinsparung,<br />

Wassereinsparung und Ressourcenschonung. Mit der<br />

Entwicklung und Durchführung von Unterrichtseinheiten,<br />

Fortbildung von Multiplikatoren, Entwicklung und<br />

Verbreitung von Info- und Arbeitsmaterialien (Broschüren,<br />

Bilderbücher, Ausstellungen, Plakate), mit themenbezogenen<br />

Projekten, Wettbewerben und mit Führungen zu themenbezogenen<br />

außerschulischen Lernorten erreicht der Arbeitskreis<br />

seine Zielgruppen: Schulen (Schulklassen, Lehrkräfte,<br />

Eltern), Kindertagesstätten sowie Verbraucherinnen und<br />

Verbraucher allgemein.<br />

Der Arbeitskreis orientiert sich in seiner Vorgehensweise<br />

an den Grundsätzen einer nachhaltigen Entwicklung und ist<br />

dabei eingebunden in die vom Land Hessen aufgrund eines<br />

Kabinettbeschlusses ressortübergreifend zu entwickelnde<br />

Strategie zur Unterstützung der UN-Dekade „Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung“.<br />

Im Rahmen der 66. Hauptversammlung der Deutschen<br />

UNESCO-Kommission in Hildesheim wurde der Arbeitskreis<br />

für seine vorbildlichen und innovativen Bildungsinitiativen<br />

als offi zielles Projekt der UN-Weltdekade „Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. Vertreterinnen<br />

und Vertreter des Arbeitskreises nahmen die Auszeichnung<br />

aus der Hand von Walter Hirche, Präsident der Deutschen<br />

UNESCO-Kommission, am 28. Juni 2006 in Hildesheim<br />

entgegen.<br />

Angebote des Arbeitskreises<br />

4Info-<br />

und Unterrichtsmaterialien<br />

4Aktionen<br />

4Fortbildung<br />

zu unterschiedlichen Themen,<br />

u.a. Abfallvermeidung, Kompostierung,<br />

Getränkeverpackungen, Kork, ökologische Schul- und<br />

Unterrichtsmaterialien, (Recycling-) Papier, gesundes<br />

Schulfrühstück, Energieeinsparung, Wassersparen,<br />

Agenda 21<br />

4Umweltschutz<br />

allgemein<br />

■<br />

Kontakt<br />

Ulrich Labonté<br />

Tel.: 0611 - 8151195<br />

E-Mail: ulrich.labonte@hmulv.hessen.de<br />

69


Die Musik spielt in den Ländern<br />

70<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Der Weg zur Nachhaltigkeit führt über Bildung. Den Bundesländern kommt dabei eine wichtige Scharnierfunktion<br />

zu, denn sie sind nicht nur „näher am Geschehen“, sondern darüber hinaus auch für fast alle<br />

Bereiche der Bildung zuständig. Neben der Schule gewinnt dabei der außerschulische Bildungsbereich mit<br />

seinen vielen Facetten eine immer größere Bedeutung. Hier zeigen die Umweltressorts der Länder bemerkenswerten<br />

Einsatz bei der Unterstützung der UN-Dekade.<br />

Auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der<br />

Vereinten Nationen in Rio de Janeiro im Jahre 1992 unterschrieben<br />

178 Staaten – darunter die Bundesrepublik<br />

Deutschland – die „Agenda 21“ als Rahmenvereinbarung<br />

und setzten damit das Prinzip der Nachhaltigkeit auf die<br />

Tagesordnung des 21. Jahrhunderts. Zehn Jahre später<br />

musste die Staatengemeinschaft auf dem UN-Weltgipfel in<br />

Johannesburg 2002 feststellen, dass die Umsetzung einer<br />

nachhaltigen Entwicklung aus verschiedenen Gründen nur<br />

ungenügend vorangekommen ist. Die Vereinten Nationen<br />

riefen deshalb eine UN-Dekade „Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung“ (BNE) für die Jahre 2005 bis 2014 aus und<br />

beauftragten die UNESCO mit der Durchführung. Die<br />

Bundesregierung beschloss einstimmig, die Weltdekade<br />

zu unterstützen, und rief zu einer „Allianz Nachhaltigkeit<br />

Lernen“ auf.<br />

Zwischen dem auf globaler Ebene propagierten Ziel einer<br />

global nachhaltigen Entwicklung und seiner Umsetzung vor<br />

Ort im Alltag der Menschen klafft nach wie vor eine sehr<br />

große Lücke. Vor Ort wird dies besonders deutlich sichtbar,<br />

weil hier bei dem Bemühen um Nachhaltigkeit die unterschiedlichsten<br />

Interessen aufeinanderprallen. Nachhaltige<br />

Entwicklung kann nur durch die Verschränkung mehrerer,<br />

zum Teil konkurrierender Ebenen gelingen: Es geht<br />

nicht nur um den Erhalt der physischen Umwelt, sondern<br />

weit darüber hinaus auch um die kulturelle Mit-Welt, um<br />

produktives Wirtschaftswachstum, soziale Gerechtigkeit<br />

und ökologische Nachhaltigkeit. Zwar sind grundsätzlich<br />

Veränderungspotentiale der Gesellschaft in Richtung nachhaltigen<br />

Konsums, nachhaltiger Mobilität oder Klimaschutz<br />

möglich, doch sie können nicht allein durch ordnungspolitische<br />

oder fi skalische Mittel erzielt werden. Zum<br />

Erreichen einer nachhaltigeren Gesellschaft ist vielmehr<br />

ein Wandlungsprozess nötig, der alle Menschen betrifft<br />

und der von jedem vor Ort gelebt werden muss. Der Weg<br />

zur Nachhaltigkeit führt über Bildung, gesellschaftliche<br />

Kommunikationsprozesse und entsprechende demokratische<br />

Entscheidungen.<br />

Den Bundesländern kommt dabei eine wichtige<br />

Scharnierfunktion zu, denn sie sind nicht nur „näher am<br />

Geschehen“, sondern darüber hinaus auch für fast alle<br />

Bereiche der Bildung zuständig. Neben der Schule gewinnt<br />

dabei der außerschulische Bildungsbereich mit seinen vielen<br />

Facetten eine immer größere Bedeutung. Hier zeigen die


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Umweltressorts der Länder bemerkenswerten Einsatz bei<br />

der Unterstützung der UN-Dekade BNE.<br />

■<br />

Außerschulischer Bereich gewinnt an<br />

Bedeutung<br />

Die Umweltminister der Länder haben dies rechtzeitig erkannt<br />

und bereits im November 2003 (61. Sitzung der<br />

Umweltministerkonferenz, 19.-20.11.03 in Hamburg)<br />

„Empfehlungen zur Umweltbildung und zur Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet. Darin unterstrichen<br />

sie die Bedeutung der Umweltbildung für den<br />

Prozess der nachhaltigen Entwicklung und empfahlen den<br />

Ländern, sich an der UN-Dekade BNE zu beteiligen. Die<br />

Zahl der Veranstaltungen, Fortbildungen oder Projekte usw.,<br />

die seit Beginn der UN-Dekade BNE mit Unterstützung<br />

durch die Umweltressorts der Länder stattfanden, ist beachtlich.<br />

Im Kultusbereich arbeitet seit mehreren Jahren<br />

erfolgreich das Programm der Bund-Länder-Kommission<br />

für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK)<br />

Transfer 21 mit dem Ziel, Schülerinnen und Schülern<br />

Gestaltungskompetenz für die Zukunft näher zu bringen.<br />

Aber auch außerhalb von Schule gibt es viele herausragende<br />

Beispiele einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, darunter<br />

das Projekt „Leben gestalten lernen“ im Elementarbereich<br />

(Bayern), das Projekt des Umweltzentrums Naturgut<br />

Ophoven „Sonnige Zeiten – Grünes Klassenzimmer“<br />

(Nordrhein-Westfalen), der Wettbewerb „Alt und Jung<br />

für eine zukunftsfähige Entwicklung“ (Mecklenburg-<br />

Vorpommern), die Einrichtung einer Koordinationsstelle<br />

für die Dekade bei einem Umweltverband (Thüringen), die<br />

Zertifi zierung von Einrichtungen und Anbietern der umwelt-<br />

und entwicklungspolitischen Bildung (Schleswig-Holstein)<br />

oder der bundesweite Modellversuch „Nachhaltigkeit in<br />

der berufl ichen Aus- und Weiterbildung am Beispiel von<br />

Wärmeschutzmaßnahmen im Gebäudebestand“ (Hamburg),<br />

um nur einige zu nennen.<br />

■<br />

Länder erstellen eigene Aktionspläne zur<br />

UN-Dekade<br />

Das große Interesse an der UN-Dekade und das Engagement<br />

in vielen Ländern lässt sich auch an den zahlreichen<br />

Auftaktveranstaltungen ablesen, die unter wesentlicher<br />

Beteiligung der Umweltressorts seit Beginn der Dekade<br />

2005 stattfanden oder demnächst geplant sind. Zu nennen<br />

sind hier Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg,<br />

Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen,<br />

Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-<br />

Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. In mehreren<br />

Ländern liegen Kabinettbeschlüsse zur Unterstützung der<br />

UN-Dekade oder der Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

vor. Die Federführung für die Unterstützung der UN-<br />

Dekade BNE wurde in den meisten Bundesländern auf die<br />

Umweltressorts übertragen und dabei in der Regel eine enge<br />

Zusammenarbeit mit dem Bildungsressort vereinbart.<br />

Besonders bemerkenswert ist, dass bereits drei Länder<br />

(Baden-Württemberg, Hamburg, Thüringen) einen eigenen<br />

Aktionsplan zur Dekade verabschiedet haben und weitere<br />

Länder (u.a. Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-<br />

Anhalt) dies planen. Diese Pläne beinhalten meist Leitlinien<br />

zur Unterstützung der UN-Dekade und führen daneben in einer<br />

Liste besonders wichtige Vorhaben auf Länderebene auf.<br />

■<br />

Umweltministerkonferenz unterstützt UN-<br />

Dekade<br />

Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und<br />

-senatoren der Länder sahen auf ihrer 63. Sitzung (4. bis<br />

5. November 2004 in Niedernhausen) im Hinblick auf<br />

ihr vielfältiges Engagement auf diesem Themenfeld die<br />

Notwendigkeit, über den langen Zeitraum von zehn Jahren im<br />

Deutschen Nationalkomitee der UN-Dekade BNE vertreten<br />

zu sein. Das Nationalkomitee ist dieser Bitte nachgekommen<br />

und hat mich als Vertreterin der Umweltministerkonferenz<br />

(UMK) in das Deutsche Nationalkomitee berufen.<br />

71


Umwelterziehung & ökologische Bildung<br />

Seitdem hat sich die UMK mehrfach mit der Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung befasst und in entsprechenden<br />

Beschlüssen auf die Bedeutung der Umweltbildung und<br />

Bildung für nachhaltige Entwicklung hingewiesen sowie entsprechende<br />

Handlungsvorschläge unterbreitet. So kann beispielsweise<br />

durch eine bessere Zusammenarbeit von Schulen<br />

mit den außerschulischen Trägern der Umweltbildung sowie<br />

durch die Entwicklung von Konzepten und Qualitätsstandards<br />

ein wichtiger Beitrag zur UN-Dekade BNE geleistet werden<br />

(UMK-Beschluss „Umweltbildung an Ganztagsschulen“,<br />

62. UMK, 6. bis 7. Mai 2004). Auch im Elementarbereich<br />

(UMK-Beschluss „Umweltbildung im Elementarbereich“,<br />

63. UMK, 4. bis 5. November 2004) sollte nach Meinung<br />

der UMK das Thema nachhaltige Entwicklung sowohl in<br />

der Aus- und Fortbildung der Fachkräfte als auch bei der<br />

Erstellung von Bildungsplänen auf Länderebene und in der<br />

Qualitätsentwicklung von Kindertageseinrichtungen verankert<br />

werden.<br />

72<br />

■<br />

Autorin<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

Staatsrätin Dr. Herlind Gundelach<br />

Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und<br />

Hansestadt Hamburg<br />

Mitglied im Nationalkomitee für die UN-Dekade als<br />

Vertreterin der Umweltministerkonferenz.<br />

aus: „UNESCO heute“ 1/2006<br />

u<br />

www.umweltministerkonferenz.de<br />

u<br />

www.blak-ne.de


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006<br />

weitere Beiträge<br />

Der zuckerfreie Vormittag<br />

In der Schule sind die Leistungsanforderungen hoch, dafür ist eine optimale Nährstoffversorgung nötig.<br />

Schüler und Schülerinnen, die schon zu Hause ausgewogen gefrühstückt haben und ein Pausenfrühstück in<br />

der Schule essen, sind im Unterricht konzentrierter, besser gelaunt und aktiver als Schüler/innen, die ohne<br />

Frühstück zur Schule kommen. Deshalb ist für Kinder und Jugendliche, die morgens nicht frühstücken, ein<br />

Pausenbrot besonders wichtig.<br />

Dabei sollte die Auswahl der Lebensmittel stimmen: Ein<br />

ausgewogenes Frühstück stellt Energie über eine lange Zeit<br />

bereit und enthält viele lebensnotwendige Nährstoffe. Süße<br />

Pausenschnitten, süße Stückchen oder süße Getränke liefern<br />

dagegen Energie, die schnell wieder verbraucht ist. Das<br />

Gehirn ist bald wieder müde.<br />

Zudem bringt ein hoher und häufi ger Zuckerkonsum gerade<br />

für Kinder gesundheitliche Nachteile mit sich: Zucker ist entscheidend<br />

an der Entstehung von Übergewicht und Zahnkaries<br />

beteiligt. Außerdem sinkt mit hohem Konsum von gezuckerten<br />

Lebensmitteln und Getränken die Nährstoffzufuhr<br />

von kritischen Vitaminen und Mineralstoffen.<br />

Ein Zuckerverbot ist nicht möglich, pädagogisch nicht sinnvoll<br />

und auch gar nicht nötig. Es gibt eine andere Lösung<br />

zum Umgang mit Süßigkeiten und süßen Getränken, den<br />

„zuckerfreien Vormittag“. Der zuckerfreie Vormittag ist gut<br />

für die Zähne und gut für den gesamten Körper.<br />

Zuckerfreier Vormittag heißt, nach dem morgendlichen<br />

Zähneputzen bis zum Mittagessen kauaktive, naturbelassene<br />

Lebensmittel als Zwischenmahlzeit aussuchen – also ein<br />

ausgewogenes Pausenfrühstück – und Getränke ohne Zucker<br />

z.B. Mineralwasser, ungesüßte Tees wählen.<br />

Lebensmittel wie rohes Gemüse, frisches Obst und<br />

Vollkornprodukte enthalten viele wertvolle Nährstoffe und<br />

regen den Speichelfl uss an, weil sie kräftig gekaut werden<br />

müssen. Durch das Kauen von rohem Gemüse, Obst und<br />

73


weitere Beiträge<br />

Brot entsteht sehr viel mehr und qualitativ besserer Speichel.<br />

Dieser spült, repariert und härtet die Zähne. Speichel<br />

schützt Zähne und Zahnfl eisch. Kauen ist nicht nur wichtig<br />

für unsere Zähne, vielmehr auch für den ganzen Körper.<br />

So ist beispielsweise eine gut entwickelte Kaumuskulatur<br />

Grundvoraussetzung für die Sprachentwicklung.<br />

Eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme ist ebenfalls mit<br />

entscheidend für Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit.<br />

Das beste Getränk für den Schultag ist Mineralwasser. So<br />

werden die Zähne vor häufi gen Zuckerangriffen bewahrt<br />

und eine ausreichende kalorienfreie Wasserversorgung<br />

gewährleistet.<br />

Zuckerfreie Stunden am Vormittag erlauben einen süßen<br />

Nachtisch nach dem Mittagessen und das Naschen am<br />

Nachmittag in der Schule oder zu Hause, wobei gilt: Lieber<br />

mit Genuss und ohne schlechtes Gewissen ein leckeres Eis,<br />

ein Stück Kuchen, ein paar Gummibärchen auf einmal genießen,<br />

als in kleinen Portionen über den Nachmittag verteilt<br />

essen.<br />

Fazit: Der zuckerfreie Vormittag ist die Lösung für den<br />

Umgang mit Süßigkeiten und süßen Getränken, fördert<br />

gleichzeitig eine vollwertige Ernährung und somit die gesunde<br />

Entwicklung der Kinder.<br />

74<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

■<br />

Umsetzungsmöglichkeiten in der Schule<br />

Das gemeinsame Klassen-/Schulfrühstück in der<br />

Grundschule<br />

Gemeinsames Schulfrühstück oder Klassenfrühstück bedeutet<br />

Trennung von Ess- und Spielpause. In einer gesondert<br />

eingerichteten Frühstückspause von in der Regel 10<br />

Minuten nehmen die Kinder gemeinsam mit der Lehrer/in<br />

in Ruhe das 2. Frühstück ein. Im Anschluss daran erfolgt die<br />

15-minütige Bewegungspause auf dem Schulhof. Im Idealfall<br />

ist die Durchführung nicht von der Einstellung der Lehrer/in<br />

abhängig, sondern gehört zum Schulalltag und wird wie jede<br />

andere Pause durch ein Klingelzeichen angekündigt und<br />

beendet.<br />

Erfahrungen zeigen, dass nach Einrichtung einer gemeinsamen<br />

Frühstückspause wesentlich mehr Kinder ein<br />

Frühstück mitbringen, sich die Qualität des Frühstücks<br />

verbessert hat und dass viel seltener als früher angebissene<br />

Nahrungsmittel weggeworfen werden.<br />

Essen und Trinken kann am Beispiel des Pausenfrühstücks<br />

als ausgewogene Mahlzeit in der Schule – exemplarisch und<br />

situationsbezogen – besprochen und erfahren werden. Die<br />

Kinder erleben, was sie essen und andere mitbringen. Das<br />

Essen kann mit allen Sinnen genossen werden, Neugier<br />

wecken, zum Nachmachen, Tauschen und Abgeben anregen,<br />

neue Lebensmittel können kennen gelernt werden.<br />

Essen in Ruhe und Gesellschaft kann darüber hinaus die<br />

Klassengemeinschaft stärken. Das Frühstück wird täglich<br />

eingeübt und somit zur Gewohnheit. Langfristig kann die<br />

Qualität durch Sachinformationen und Vorbilder verbessert<br />

werden.


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />

Die „Wasserbar“ oder Trinken im Unterricht in allen<br />

Klassenstufen<br />

Kinder trinken im Durchschnitt zu wenig und oft das Falsche.<br />

Die Wasserbar in der Klasse regt zu häufi gem und richtigem<br />

Trinken an. Die Umsetzung erfolgt im Einvernehmen mit<br />

den Eltern, die die Finanzierung übernehmen. Geht man<br />

davon aus, dass jedes Kind bis zu 0,5L pro Schultag trinkt,<br />

so werden pro Woche bei 20 Kindern 50L Mineralwasser,<br />

d.h. ca. 4 Kästen benötigt. Jede Familie müsste im Jahr im<br />

Höchstfall 8 Kästen Wasser bezahlen.<br />

Die Lieferung kann entweder über die Eltern oder noch<br />

besser über einen Getränkelieferanten erfolgen. Zu Beginn<br />

des Schuljahres wird eine Namensliste erstellt. Sind die<br />

Wasserkästen fast leer, erhalten die zuständigen Eltern über<br />

ihr Kind von der Klassenlehrerin/vom Klassenlehrer eine<br />

Nachricht. Im 2. Fall bringt und holt ein Getränkelieferant in<br />

regelmäßigen Abständen oder bei Bedarf die Wasserkästen.<br />

Ist die ganze Schule an dem Projekt beteiligt, ist dies in der<br />

Regel kein Problem. Auch der Hausmeister kann mit einbezogen<br />

werden. Im Klassenraum wird genau wie ein Tafel-<br />

und Ordnungsdienst ein Getränkedienst eingerichtet. Dieser<br />

kümmert sich um den Nachschub, räumt das Leergut ein und<br />

spült – wenn vorhanden – die Trinkbecher. Es können auch<br />

namentlich markierte Mineralwasserfl aschen zum Einsatz<br />

kommen. Trinkrituale, d.h., Regelungen, wann getrunken<br />

werden darf, vereinfachen die Umsetzung.<br />

Einbeziehung der Eltern: Auf dem ersten Elternabend<br />

sollten die Eltern über das „Verpfl egungskonzept“ an der<br />

Schule informiert werden. Je stärker eine gesund erhaltende<br />

Ernährung von Anfang an in das Schulkonzept integriert ist,<br />

um so eher wird es von den Eltern akzeptiert.<br />

Hilfestellungen bieten die Mitarbeiterinnen der Arbeitskreise<br />

Jugendzahnpfl ege (AKJ), sowie eine Reihe von Materialien,<br />

z.B. die CD-ROM „Irma mag’s bunt!“ mit vielen<br />

Frühstücksideen, die bei dem zuständigen AKJ bezogen<br />

werden können.<br />

■<br />

Autoren<br />

Dr. Ulrike Freund<br />

Dipl. oec. troph. Marie-Luise Lenz-Graf<br />

Dr. Andrea Thumeyer<br />

Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpfl ege in Hessen<br />

Rhonestraße 4<br />

60528 Frankfurt<br />

Tel.: 069 - 427 2751 95<br />

Fax: 069 - 427 2751 05<br />

Fotos: Thumeyer/Lenz-Graf<br />

u<br />

www.jugendzahnpfl ege.hzn.de<br />

75


Das Projekt „Marburger<br />

Gesundheitstag für Kinder“<br />

Der „Marburger Gesundheitstag für Kinder“ entstand 2002 im<br />

Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit für die Häusliche<br />

Kinderkrankenpfl ege Marburg-Biedenkopf e.V.<br />

Thomas Kopaniak und Wieland Sulzer, zwei<br />

Unternehmer aus Marburg, die Geschäftsführerin der<br />

Häuslichen Kinderkrankenpfl ege Petra Opitz und die<br />

Kinderkrankenschwester Andrea Müller, entwickelten die<br />

Idee eines Gesundheitstages für Kinder. Die Recherche ergab<br />

schnell, dass es Gesundheitstage für Frauen, Männer,<br />

Herz- und Krebspatienten gibt – aber keine für Kinder!<br />

Gerade aber bei den Kindern erschien es der Arbeitsgruppe<br />

sehr sinnvoll anzusetzen. Denn die Berichte z.B. über<br />

Bewegungsmangel und gestörtes Essverhalten bereits im<br />

Kindesalter sind alarmierend. Das Team überlegte, welche<br />

Partner aus dem Kreis Marburg-Biedenkopf für dieses<br />

Projekt gewonnen werden könnten. Überraschend schnell<br />

wurden zehn engagierte Institutionen gefunden, mit ihnen 10<br />

Stationen inhaltlich entwickelt und in das Rahmenkonzept<br />

eingebunden. Ziel war ein Parcours, auf dem Kleingruppen<br />

von maximal 10-12 Kindern einen schulischen Vormittag<br />

lang mit verschiedenen Gesundheitsthemen in direkte<br />

Berührung kommen sollten. Sehr wichtig war allen die praxisnahe,<br />

experimentelle und kindgerechte Gestaltung der<br />

Stationen. Der Theorieanteil sollte möglichst kurz gehalten<br />

werden.<br />

76<br />

www.schuleundgesundheit.hessen.de<br />

weitere Beiträge<br />

Es entstand ein lebendiger, abwechslungsreicher<br />

Parcours. Als Zielgruppe wurden die dritten und vierten<br />

Grundschulklassen gewählt, was sich zwischenzeitlich bestens<br />

bewährt hat. Durch die freundliche Unterstützung von<br />

Marion Closmann, der Inhaberin des Großraumkinos in<br />

Marburg, war ein idealer Veranstaltungsort gefunden, der<br />

den Gesundheitspartnern und den Kindern ein optimales<br />

Arbeiten ermöglichte. Das gesunde Pausenfrühstück für bisher<br />

alle Gesundheitstage wurde in Zusammenarbeit mit der<br />

Lebensmittelgruppe Tegut angeboten. Wir danken hierbei<br />

besonders Herrn Georg Sedlmaier.<br />

Die Grundschule Marburg-Wehrda war die erste<br />

Grundschule, die den „Marburger Gesundheitstag für<br />

Kinder“ absolvierte. Im Februar 2006 fand bereits der 5.<br />

„Marburger Gesundheitstag für Kinder“ statt. Bei Kindern,<br />

Lehren, den Partnern und öffentlichen Institutionen,<br />

fanden diese Tage bisher großen Anklang. Vor- und<br />

Nachbesprechungen in der Schule – oft eingebettet in<br />

Projekttage – leiteten den Gesundheitstag ein und schlossen<br />

ihn mit einer Ergebnisanalyse ab. Mittlerweile hat sich der<br />

„Marburger Gesundheitstag für Kinder“ auch zu einem festen<br />

Bestandteil eines weiteren Gesundheitsprojektes des staat-


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />

lichen Schulamtes für den Landkreis Marburg-Biedenkopf<br />

etabliert, welches an vier Marburger Grundschulen durchgeführt<br />

wird.<br />

Unter den Partnern, die mit großem Engagement zusammen<br />

arbeiten, ist ein Netzwerk entstanden, das mittlerweile<br />

weitere Ideen entwickelte, die an diesen Grundschulen<br />

durchgeführt werden. Eine Präsentation des Marburger<br />

Gesundheitstages für Kinder auf der Fachtagung „Schule &<br />

Gesundheit“ im Herbst 2007 ist in Planung.<br />

Im Folgenden stellen unsere Partner ihr Konzept der<br />

Stationen vor.<br />

■<br />

Station 1: „Fit? Auf Herz und Lunge<br />

geprüft!“<br />

Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH/Häusliche<br />

Kinderkrankenpfl ege Marburg<br />

Die Kinderklinik Marburg, in Kooperation mit der<br />

Häuslichen Kinderkrankenpfl ege Marburg, wählte das<br />

Thema „Herz-Kreislauf-System“ unter dem Titel: „Fit? Auf<br />

Herz und Lunge geprüft!“<br />

In einem kurzen Vortrag erklärten wir den Schülerinnen und<br />

Schülern der 3. Klassen anhand einer bildlichen Darstellung<br />

die Herz- und Lungenfunktion sowie den Blutkreislauf. Dazu<br />

ließen wir die Schüler ihren eigenen Puls ertasten und brachten<br />

ihnen Begriffe wie Blutdruck, Lunge und Herzfunktion<br />

näher. Anschließend erhielten sie einen Pass, in dem ihre<br />

Puls- und Blutdruckwerte eingetragen wurden, bevor sie in<br />

eine dreiminütige „Tobephase“ (Belastungsphase) starteten.<br />

Diese Aktivitäten bestanden aus Seilspringen und<br />

Treppenlaufen, welche die Mädchen und Jungen sehr unterschiedlich<br />

forderten. Im Anschluss wurden erneut Puls<br />

und Blutdruck gemessen, um den Kindern die Veränderung<br />

deutlich zu machen. Gespannt und voller Neugier registrierten<br />

die Schüler die erneut gemessenen Werte. Das abschließende<br />

„Watteweitpusten“ diente dem Ziel, den Kindern das<br />

Fassungsvermögen ihrer Lunge zu veranschaulichen.<br />

Anhand dieser Station konnte den Schülerinnen und Schülern<br />

der Sinn von regelmäßigem Sport und Bewegung vermittelt<br />

werden.<br />

■<br />

Station 2: Was ist Sache mit dem Zahnbelag?<br />

Ak Jugendzahnpfl ege Marburg-Biedenkopf<br />

Zahnbelag (Plaque) ist die Ursache für die beiden häufi gsten<br />

Erkrankungen der Mundhöhle, die Karies und die Gingivitis<br />

(Zahnfl eischentzündung).<br />

Da die Kinder aus dem Prophylaxeunterricht durch die<br />

Mitarbeiterinnen des Arbeitskreises Jugendzahnpfl ege bereits<br />

Kenntnisse über die Kariesentstehung mitbringen, haben<br />

sie hier die Gelegenheit diese aufzufrischen und zu vertiefen.<br />

Wir sprechen über die Zusammensetzung des Zahnbelages,<br />

die plaquebildenden Bakterien, über deren Rolle bei der<br />

Entstehung von Karies und Zahnfl eischbluten, und natürlich<br />

auch über die Plaquebeseitigung, das Zähneputzen.<br />

Da die Kinder während des Gesundheitstags viele neue und<br />

verschiedene Dinge erfahren und erleben, ist es wichtig,<br />

diese neuen Kenntnisse in der Folgezeit im Unterricht auf-<br />

77


weitere Beiträge<br />

zuarbeiten. Zu diesem Zweck stellen wir den begleitenden<br />

Lehrern Anregungen und Material für deren Umsetzung zur<br />

Verfügung.<br />

Versuche mit der eigenen Plaquebildung und anschließender<br />

Anfärbung sollen die Kinder dazu anregen:<br />

4sich<br />

mit dem Thema „Zahnbeläge und Zahngesundheit“<br />

auseinanderzusetzen,<br />

4mittels<br />

des Versuchs „Einfärben der Zahnbeläge“ das<br />

Ausmaß ihrer eigenen Zahnbeläge zu untersuchen,<br />

4den<br />

Zusammenhang zwischen unzureichender<br />

Gebisspfl ege und der Entstehung<br />

4von<br />

Zahnerkrankungen (z.B. Karies) aufzuzeigen sowie<br />

das Gebiss nach den Hauptmahlzeiten richtig zu<br />

reinigen.<br />

Darüber hinaus ist es Rahmen einer solchen Veranstaltung<br />

möglich, nichtalltäglichen technischen Aufwand zu betreiben<br />

und den Kindern mit Hilfe eines Plakoskops, einer<br />

Kamera, die mit einem Mikroskop verbundenen ist, lebende<br />

Bakterien im eigenen Zahnbelag vorzuführen.<br />

■<br />

78<br />

Station 3: „Pausenbrot-Experten“<br />

Ak Jugendzahnpfl ege/Ernährung am Fachbereich Gesundheit<br />

Marburg-Biedenkopf<br />

Begründung<br />

Häufi g festgestellte mangelhafte Frühstückssituation bei<br />

Schulkindern, d.h. Kinder frühstücken nicht oder das Falsche.<br />

Das hat negative Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit,<br />

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die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefi nden der Kinder,<br />

auf Dauer auch gesundheitliche Nachteile.<br />

Ziel<br />

Optimierung des Pausenfrühstücks von Schulkindern<br />

im Rahmen eines zuckerfreien Vormittags, Kinder der<br />

Jahrgangsstufen 3 werden zu Pausenbrot-Experten.<br />

Ablauf<br />

Die Kinder erhalten eine kurze Einführung in das Thema und<br />

den Experiment-Ablauf. Jedes Kind bekommt eine abgeklebte<br />

Schwimmbrille und verdeckt damit die Augen. „Blind“<br />

greift es einen Spieß mit je drei Proben von Lebensmitteln<br />

aus den Gruppen Brot, Milch (Käse) und Gemüse. Es soll<br />

erkennen und benennen, welche Lebensmittel es isst. Die<br />

Lebensmittel werden den Gruppen zugeordnet, die jeweils<br />

auch durch eine Farbe symbolisiert werden. So wird die Drei-<br />

Farben-Regel für das Schulfrühstück entwickelt: Ein ideales<br />

Pausenfrühstück<br />

setzt sich immer<br />

aus diesen drei<br />

Komponenten (Farben)<br />

zusammen:<br />

(Vollkorn-) Getreide<br />

(braun), Milch/<br />

-produkt (weiß) und<br />

Obst oder Gemüse<br />

(grün). Fotos zeigen,<br />

dass sich vielfältige,<br />

leckere<br />

Frühstücke aus diesen<br />

Komponenten<br />

herstellen lassen;<br />

Brotfrühstücke sowie<br />

Müsli. Die<br />

Farbregel ist einprägsam<br />

und dient


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />

zum Checken. Die Kinder sollen das Gelernte unbedingt den<br />

Eltern zu Hause weitersagen.<br />

Nachbereitung<br />

4Arbeitsblatt<br />

„Braun-weiß-grün“: Die Kinder wählen<br />

unter den dargestellten Komponenten aus, tragen ihre<br />

Frühstückswünsche in das Arbeitsblatt ein und teilen sie<br />

ihren Eltern mit.<br />

4aid-Arbeitsheft<br />

für die Grundschule „5 Sterne fürs<br />

Frühstücken“<br />

■<br />

Station 4: Gesundheitsquiz für Kinder<br />

Marburger Apotheker<br />

Insgesamt wurden 4 Schwerpunktthemen behandelt.<br />

Die Kinder sollten durch Fragespiele erkennen, welche<br />

Nahrungsbestandteile für die Ernährung wichtig und welche<br />

ungesund sind. Die erste Fragestellung befasste sich mit dem<br />

Thema „Flüssigkeit“. Die Kinder sollten anhand der Fragen<br />

lernen, welche Flüssigkeitsmenge täglich getrunken werden<br />

soll und welche Getränke besonders empfehlenswert sind.<br />

Als nächster wichtiger Nebennährstoff stand der „Zucker“ im<br />

Blickpunkt. Den Kindern wurde vermittelt, dass zuckerhaltige<br />

Speisen nur in geringen Mengen pro Tag aufgenommen<br />

werden dürfen, da Zucker nur sogenannte „leere“ Kalorien<br />

sind. Zucker wird oft in hohen Mengen versteckt mit den<br />

Nahrungsmitteln aufgenommen. Den Kindern wurde anhand<br />

von Süßgetränken (Coca Cola, Fanta), Ketchup und<br />

Schokolade (Nutella) bildlich mit Würfelzucker-Pyramiden<br />

gezeigt, wie viel Zucker in den jeweiligen Nahrungsmitteln<br />

enthalten ist. Desweiteren wurde das Thema „Fett“ behandelt.<br />

Dabei wurde deutlich, welche Fette der Körper benötigt<br />

und welche Fette dagegen sparsam verwendet werden<br />

sollen. Auch hier gab es Quizfragen, die als Beispiele für<br />

hohen Fettgehalt Kartoffelchips oder Pommes Frites und<br />

als Beispiele für fettarme Nahrungsmittel Kartoffeln oder<br />

Kartoffelbrei behandelten. Auch Mayonnaise als Beispiel<br />

für ein fetthaltiges Nahrungsmittel wurde behandelt. Die<br />

Kinder sollten dabei selbständig erkennen, auf welche Fette<br />

man verzichten soll (Fast Food).<br />

Als letzter wichtiger Nahrungsbestandteil (Mineralstoff)<br />

wurde das „Calcium“ besprochen. Hier sollten die Kinder<br />

anhand verschiedener Quizfragen beantworten, welche<br />

Menge Calcium pro Tag im Grundschulalter zugeführt werden<br />

soll. Es wurde beispielhaft berechnet, wie viel Calcium<br />

zum Beispiel Milch, Joghurt oder Käse enthält. Den Kindern<br />

wurde bewusst: „Wer als Kind viel Milch trinkt, dessen<br />

Knochengesundheit hält ein Leben lang“.<br />

Am Ende des Gesundheitsquiz wurden die Kinder befragt,<br />

aus welchen Bestandteilen ein gesundes Frühstück besteht,<br />

was ihnen mit tollem Erfolg gelang. Es wurde allen Kindern<br />

deutlich, dass „Cola mit Pommes und Ketchup/Mayo“<br />

nicht zu den täglichen Nahrungsbestandteilen zählen dürfen.<br />

Fast Food darf zwar in Ausnahmefällen gegessen werden,<br />

jedoch sollte die gesunde Ernährung mit viel Obst und<br />

Gemüse, pfl anzlichen Ölen und wenig Fleisch und Wurst im<br />

Mittelpunkt stehen.<br />

79


weitere Beiträge<br />

■ Station 5: Richtig Sitzen, Stehen Tragen<br />

– spielerisch erfahren<br />

Physicum – Fitnesswelt Marburg<br />

1. Die Wirbelsäule (Funktion und Aufbau)<br />

Die Form der Wirbelsäüle erkunden:<br />

4Aufgabe<br />

mit Partner: Tücher unter verschiedene Bereiche<br />

der WS legen und herausziehen.<br />

4Erklärung<br />

des Aufbaus der Wirbelsäule am Model<br />

2. Wie hebe/trage ich richtig?<br />

Die wichtigsten Regeln für das Heben und Tragen von<br />

Lasten:<br />

4Die<br />

Last nahe am Körper hochheben und auch tragen<br />

4Beim<br />

Heben die Beine stets beugen<br />

4Den<br />

Rücken gerade halten<br />

4(Evtl.<br />

Schulranzen TÜV)<br />

80<br />

3. Wie sitze ich richtig?<br />

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Den Kindern werden Sitzpositionen gezeigt worauf sie feststellen<br />

sollen was jeweils falsch an dieser Sitzposition ist<br />

(z.B. Stuhl zu niedrig, Tisch zu hoch etc.).<br />

4. Wer steht am Stabilsten?<br />

Paarübung: Die Kinder versuchen sich gegenseitig aus dem<br />

Gleichgewicht zu bringen?<br />

4Wann<br />

stehst Du am Wackeligsten?<br />

4Wann<br />

stehst Du am Stabilsten?<br />

Variante: mit wackeligem Untergrund (Core Board oder zusammengerollte<br />

Matte)<br />

5. Kräftigungs- und Beweglichkeitsübungen<br />

4Gleichgewicht:<br />

Zuspiel eines Luftballons im Einbeinstand<br />

(Luftballon)<br />

4Bauch:<br />

Handtuch / Tuchklau + Ballonwurf in Rückenlage<br />

von Händen zu Füßen und zurück (Tuch, Ballon)<br />

4Robin<br />

Hood der Bogenschütze (Theraband)<br />

4Beweglichkeit:<br />

Katzenbuckel und Pferderücken, Kobra<br />

■<br />

Station 6: „Gefühle“<br />

Deutscher Kinderschutzbund<br />

Unser Ansatz ist der Zusammenhang zwischen Körper<br />

und Seele – schlechte Gefühle können auf Dauer den<br />

Körper krank machen. Der äußere Rahmen für unsere<br />

Aktion: In einer Ecke des großen Raumes haben wir ein<br />

„Beduinenzelt“ aufgebaut, die Kinder sitzen darin in angenehmem<br />

Duft (Duftlampe) und warmem Licht auf Kissen.<br />

(Gutes Gefühl – „geil hier drin“ – „schön kuschelig“). Damit<br />

ist das Gespräch zum Thema „was macht gute- was macht


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />

schlechte Gefühle“ bereits angestoßen und sinnfällig gemacht.<br />

Der Zusammenhang zwischen der Gefühlswelt und<br />

dem körperlichen Befi nden wird den Kindern in Beispielen,<br />

die sie selber fi nden, klargemacht (Zittern vor Angst, rot vor<br />

Scham....).<br />

Wir erzählen den Kindern eine Geschichte, in der es um<br />

Mobbing in der Schule geht und um einen Jungen, der sich in<br />

dieser Situation, die die Kinder irgendwie alle kennen, Hilfe<br />

holt und sie auch bekommt. Während des Zuhörens kreuzen<br />

die Kinder auf „Gefühlekärtchen“ (stilisierte Gesichter, die<br />

verschiedene Gefühle ausdrücken) das Gesicht an, das die<br />

Gefühle der einzelnen Personen der Geschichte ausdrückt.<br />

Darüber sprechen wir im Anschluss. Der Unterschied zwischen<br />

„petzen“ und „Hilfe holen“ wird mit den Kindern<br />

diskutiert. Wir suchen Personen, bei denen sich Kinder in<br />

bedrückenden oder sie ängstigenden Situationen Hilfe holen<br />

können. Das Recht der Kinder auf eigenständige Beratung<br />

wird erläutert und die Kinder erhalten zum Abschluss<br />

Kärtchen, auf denen die Nummer des Kinder-Jugendtelefons<br />

gedruckt ist, die „Nummer gegen Kummer“, die man anrufen<br />

kann, wenn man niemanden weiß, den man um Hilfe<br />

bitten kann.<br />

Die Botschaft, die wir den Kindern vermitteln: wenn Du<br />

Dich schlecht fühlst und diese Gefühle über längere Zeit anhalten,<br />

dann such Dir einen Menschen, zu dem Du Vertrauen<br />

hast und mit dem Du darüber reden kannst, jemanden der<br />

Dir hilft, aus der unguten Situation herauszukommen. Hol<br />

Dir Hilfe!<br />

■<br />

Station 7: Erste Hilfe<br />

Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.<br />

Zielsetzung<br />

Frühzeitige Sensibilisierung der Schulkinder für die Erste<br />

Hilfe und Förderung prosozialen Verhaltens. Darüber<br />

hinaus soll erkannt werden, dass Hilfe bereits mit der<br />

Kontaktaufnahme und Betreuung eines Verletzten oder<br />

Erkrankten anfängt.<br />

Durchführung<br />

Mit viel Freude entdecken die Kinder die ausgelegten<br />

Verbandkästen und können das Material natürlich auch<br />

selbst betrachten und anfassen. Zuerst gibt es eine Einleitung<br />

durch einen Ausbilder der Johanniter, der kurz erklärt,<br />

wann man einen Verband (mit Kompresse/Mullbinde oder<br />

Verbandpäckchen) anlegt und vor allem wie. Ein Kind darf<br />

sich mit Hilfe von Theaterschminke und Kunstblut eine<br />

(mäßig blutende) Wunde mimen lassen. Daraufhin wird<br />

die korrekte Handhabung des Verbandes noch einmal vom<br />

Ausbilder demonstriert. Dabei achtet dieser besonders auf<br />

eine angemessene Betreuung des „verletzten“ Schülers.<br />

81


weitere Beiträge<br />

Anschließend beginnt die praktische Übung. Ein Kind bekommt<br />

eine Wunde geschminkt, ein anderes versorgt es<br />

– bis alle Kinder mit Wunde und Verband versehen sind.<br />

Mit Spaß bei der Sache und auch einigem Geschick meistern<br />

die Kinder ihre Aufgabe und vergessen auch nicht den<br />

Klassenkameraden zu trösten. Und natürlich fehlt es auch<br />

keinem Schüler an Ideen, was man zu Hause den Eltern erzählen<br />

kann, was denn da Schlimmes passiert ist!<br />

■<br />

82<br />

Station 8: Bewegung ist Leben<br />

Verein zur Bewegungsförderung und Psychomotorik e.V.<br />

Marburg<br />

Vielfach wird der Zusammenhang von Bewegung und<br />

Gesundheit auf die Erhaltung und Verbesserung des Herz-<br />

Kreislauf-Systems und des Halte- und Stützapparates reduziert.<br />

Der Nutzen und die Notwendigkeit von Bewegung<br />

für die Gesundheit von Kindern muss aber umfassender und<br />

grundsätzlicher betrachtet werden. Ohne eine ausgewogene<br />

Einheit von Bewegung und Wahrnehmung ist die gesamte<br />

Entwicklung von Kindern beeinträchtigt. Nur indem das Kind<br />

über Bewegungshandlungen auf seine Umwelt zugeht, sich<br />

in ihr ausprobiert und damit experimentiert, bekommt es die<br />

notwendigen Reize, Erfahrungen und Informationen für die<br />

Entwicklung von motorischen, sensorischen, kognitiven und<br />

emotional-sozialen Kompetenzen. Bewegungsmangel, fehlende<br />

aktive Auseinandersetzungen mit dem eigenen Körper<br />

und Reizüberfl utung, insbesondere in den Sinnesbereichen<br />

Hören und Sehen, führen zu deutlichen Einschränkungen.<br />

Bewegung und Wahrnehmung bilden daher eine notwendige<br />

Grundlage der kindlichen Entwicklung.<br />

Diesen Zusammenhang möchten wir Kindern an dem<br />

Beispiel der Entwicklung der motorischen Kompetenz: „des<br />

Schreibens mit einem Stift“ deutlich machen. Um diese motorische<br />

Kompetenz sicher im 7. Lebensjahr anwenden zu<br />

können, müssen Kinder in ihrer Entwicklung wichtige andere<br />

motorische Kompetenzen erlangen, in verschiedenen<br />

Lebensstadien vielfältige Bewegungshandlungen ausfüh-<br />

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ren und bewältigen. In sieben Stationen, die die Abfolge<br />

der sieben Lebensjahre repräsentieren, werden die Kinder<br />

auf die den Lebensabschnitten zugehörigen motorischen<br />

Anforderungen hingewiesen und ebenso aufgefordert die jeweiligen<br />

Bewegungsaufgaben aktiv zu bewältigen.<br />

4Station<br />

1. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Krabbeln,<br />

Kriechen“ – Bewegungsaufgabe: „Reifenturm<br />

durchkriechen“<br />

4Station<br />

2. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Steigen,<br />

Klettern“ – Bewegungsaufgabe: „Kastenrahmen<br />

durchsteigen“<br />

4Station<br />

3. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Balancieren“<br />

– Bewegungsaufgabe: „Auf Seilschnecke balancieren“<br />

4Station<br />

4. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Federn,<br />

Wippen“ – Bewegungaufgabe: „Auf Wackelbrettern<br />

wippen“<br />

4Station<br />

5. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Hüpfen,<br />

Springen“ – Bewegungsaufgabe: „Slalomparcours entlanghüpfen,<br />

-springen“<br />

4Station<br />

6. Lebensjahr: Bewegungsthema: „Fangen,<br />

Zielwerfen, koordinierte Arm-Handbewegungen“ –<br />

Bewegungsaufgabe: „Führen eines Balles mit einem<br />

Stab entlang einer Spur“<br />

4Station<br />

7. Lebensjahr: Bewegungthema: „präzise<br />

feinmotorische Tätigkeiten mit den Händen“ –<br />

Bewegungsaufgabe: „Gegenstände mit Wäscheklammer<br />

transportieren, Schreiben mit einem Stift“


Netzwerkzeitung Schule & Gesundheit 2006 weitere Beiträge<br />

■ Station 9: Mit allen Sinnen<br />

Orangenschalen, Zimt und Curry. Bei Curry haben die meisten<br />

Kinder Schwierigkeiten, erkennen es aber als Gewürz.<br />

Fachbereich Gesundheit, Kinder- und Jugendärztlicher<br />

Dienst, des Landkreises Marburg-Biedenkopf<br />

Tastsinn<br />

Mit den fünf Sinnesorganen nehmen wir die Zustände und<br />

Vorgänge in der Welt um uns wahr. Mit Augen, Ohren, Die Kinder ertasten verschiedene Gegenstände: Wollknäuel,<br />

Nase, Zunge und Haut nehmen wir die Reize auf, die Büroklammern, Knete und Tesarollen. Dies gelingt fast al-<br />

über Nervenbahnen ins Gehirn weitergeleitet werden und<br />

dort in ganz bestimmten Arealen verarbeitet werden, sodass<br />

sie von uns als Bilder oder Bewegungen, Geräusche,<br />

len Kindern mühelos.<br />

Gerüche, Geschmack, Temperatur oder Berührung erfahren<br />

werden. Das wichtigste Sinnesorgan des Menschen, das<br />

Geschmackssinn<br />

Auge, nimmt 70% der täglichen Wahrnehmung auf, ande- Die Kinder dürfen die Geschmacksrichtungen süß, sauer<br />

re Sinnesorgane sind weniger ausgeprägt (Geschmack) oder und salzig erleben. Da bitter als eklig empfunden wird und<br />

verkümmert (Geruch). In den praktischen Versuchen zu al- der Geschmack lange erhalten bleibt, verzichten wir auf dielen<br />

Sinnesbereichen sollen die Kinder sich auf jeweils ein se Erfahrung. Die Kinder strecken die Zunge heraus und be-<br />

Sinnesorgan konzentrieren und erfahren wie wir Geschmack,<br />

Tastsinn und Geruch unter Ausschaltung des Sehens erleben.<br />

Bei diesen Versuchen werden die Kinder mit einer beklebten<br />

kommen Zucker, Salz und Zitronensaft darauf geträufelt.<br />

Schwimmbrille ausgestattet, um nicht die Sinneserfahrung<br />

durch Sehen zu verfälschen.<br />

Hören<br />

Dieser Versuch zeigt den Unterschiede zwischen Luft- und<br />

Knochenleitung beim Hören: ein Drahtkleiderbügel wird<br />

Geruchssinn<br />

mit Schnüren versehen, diese werden um die Zeigefi nger<br />

gewickelt. Nun schlagen die Kinder den Bügel gegen eine<br />

Die Kinder sollen verschiedene Düfte „erriechen“, Metalltür und lauschen auf das Geräusch. Dann halten sie<br />

ohne etwas zu sehen. Als Beispiele nehmen wir hierfür sich die Ohren zu und schlagen wiederum mit dem Bügel<br />

gegen die Tür. Das Gehörte unterscheidet sich deutlich und<br />

erstaunt Kinder und Begleitpersonen.<br />

Sehen<br />

Die Kinder werden wieder mit der beklebten Schwimmbrille<br />

ausgestattet und dürfen sich dann unter Zuhilfenahme der<br />

Hände und Arme einen Weg durch den Raum ertasten und<br />

auch Treppen hinauf- und hinuntersteigen. Diese Erfahrung<br />

wird zunächst oft als „cool“ geschildert, bei genauerem<br />

Nachdenken aber als schwierig und gefährlich für den Alltag<br />

eingeschätzt.<br />

83


weitere Beiträge<br />

■<br />

84<br />

Station 10 - Suchtprävention<br />

Fachstelle für Suchtprävention für den Kreis Marburg<br />

Biedenkopf<br />

Wenn gegen Suchtgefahren Schutzfaktoren entwickelt werden<br />

sollen, muss damit bereits begonnen werden, bevor<br />

Kinder erste Erfahrungen mit Suchtmitteln machen. Deshalb<br />

sollte Suchtprävention im Kindergarten und der Grundschule<br />

beginnen.<br />

Der Beitrag der Fachstelle für Suchtprävention zum<br />

Marburger Gesundheitstag beruht auf dem Programm<br />

„Eigenständig Werden“, einem Programm zur Sucht- und<br />

Gewaltprävenvention, Persönlichkeitsentwicklung und<br />

Gesundheitsförderung für die Klassenstufen 1-6. Ziel ist<br />

es, im Rahmen des Schulunterrichts Kinder zu stärken und<br />

ihnen Kompetenzen und Fähigkeiten für ein Leben ohne<br />

Sucht zu vermitteln. Dies ist naturgemäß im Rahmen des<br />

Gesundheitstages nur beschränkt möglich. Unser Angebot<br />

heißt: „Sich selbst vertrauen“. Durch kurze Übungen und<br />

Spiele wird das Selbstvertrauen der Schülerinnen und<br />

Schüler gefördert.<br />

Mit der „magischen Muschel“ stellen sie sich vor und dar,<br />

was sie an sich mögen und auf welche Fähigkeiten sie<br />

stolz sind. Gleichzeitig üben sie, einander zuzuhören. Im<br />

„Komplimente-Spiel“ wünschen sie sich jemand an ihre<br />

rechte Seite und sagen diesem, was sie an ihm mögen. Das<br />

„Ja/Nein-Spiel“ dient der spielerischen Annäherung an das<br />

Thema „Selbstbehauptung“: inwieweit gelingt es mir, mein<br />

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„Nein“ gegen das „Ja“ des Anderen aufrecht zu erhalten oder<br />

durchzusetzen? Dieses lebendige und laute Spiel macht Spaß<br />

und dient dem Ausdrücken von Aggressionen, ohne dem<br />

Anderen weh zu tun. Eine kurze Auswertung der Stimmung<br />

per „Daumenkino“ beendet das Angebot.<br />

Der Leiter erhält Rückmeldung, wie es den Kindern geht<br />

und wie die Übungen angekommen sind.<br />

■<br />

Ansprechpartner & Autoren<br />

Andrea Müller<br />

Am Kesseltrisch 8<br />

35287 Amöneburg<br />

Tel.: 06422 - 897789<br />

Fax: 06422 - 898703<br />

E-Mail: mueller-andrea@t-online.de<br />

Thomas Kopaniak<br />

Deutschhausstraße 22<br />

35037 Marburg<br />

Tel.: 06421 - 61166<br />

Fax: 06421 - 66996<br />

E-Mail: buero@kopaniak-immobilien.de


■<br />

86<br />

Herausgeber<br />

Schule & Gesundheit<br />

Hessisches Kultusministerium<br />

Luisenplatz 10<br />

65185 Wiesbaden<br />

■<br />

Verantwortlich<br />

B. Zelazny<br />

■<br />

Redaktionsteam<br />

A. Breuker, M. Melcher, R. Weißgraeber<br />

■<br />

Layout und Titelgestaltung<br />

R. Weißgraeber<br />

robert@weissgraeber.info<br />

■<br />

Druckerei<br />

Druckerei Zeidler GmbH & Co KG, Mainz-Kastel<br />

■<br />

Titelbilder<br />

istockphoto<br />

Erscheinungsweise: 1x jährlich<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

unbedingt die Meinung des Herausgebers wieder.<br />

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Impressum<br />

■<br />

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Dienstags und Donnerstags<br />

zwischen 10:00 und 12:00 Uhr, 14.00 bis 16.00 Uhr<br />

Das Scherpunktthema der nächsten Ausgabe ist „Lehrerinnen-<br />

und Lehrergesundheit“, gerne nehmen wir aber auch Artikel<br />

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