Jahresbericht - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
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der Medenbacher Geme<strong>in</strong>depfarrer Klaus Wallrabenste<strong>in</strong>,<br />
für den das beweist, welch hohe<br />
Akzeptanz die Autobahnkirche b<strong>in</strong>nen kurzer<br />
Zeit <strong>in</strong> den umliegenden Ortschaften erlangt hat.<br />
Ganz <strong>in</strong> der Nähe wohnen auch Patrizia Rehn<br />
<strong>und</strong> Siegfried Weirauch. Mit jeweils 20 Wochenst<strong>und</strong>en<br />
teilen sich die beiden den Küsterdienst<br />
an der Autobahnkirche, halten Innenraum wie<br />
Außenanlagen sauber <strong>und</strong> legen immer wieder<br />
Informationsmaterial über Bauwerk <strong>und</strong> kirchliche<br />
Angebote auf dem Broschürentisch nach.<br />
»Viele Besucher erzählen uns von den Orten, wo<br />
sie h<strong>in</strong>fahren oder herkommen«, erklärt Siegfried<br />
Weirauch (65) <strong>und</strong> ergänzt: »E<strong>in</strong>ige Fernfahrer<br />
planen ihre Pausen mittlerweile so, dass sie hier<br />
an der <strong>Kirche</strong> anhalten können.« Se<strong>in</strong>e Kolleg<strong>in</strong><br />
erzählt begeistert: »E<strong>in</strong>mal sang e<strong>in</strong> Gospelchor,<br />
der gerade auf Tournee war.« Wütend berichtet<br />
sie von dem Morgen, an dem sie die <strong>Kirche</strong> verwüstet<br />
vorfand: »Die Altarbibel <strong>und</strong> alle Broschüren<br />
lagen zerfetzt auf dem Boden herum.«<br />
Doch das, betont Rehn, sei bisher Gott sei Dank<br />
e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfall gewesen. Und der erste Besucher,<br />
der die Bibel so vorfand, habe spontan e<strong>in</strong>e neue<br />
gespendet.<br />
Bunt gemischte Besucherschar<br />
E<strong>in</strong>ige, wie das Ehepaar Otto, nähern sich nur<br />
zögerlich, denn e<strong>in</strong>e <strong>Kirche</strong> haben sie längere<br />
Zeit nicht mehr betreten. Andere wiederum<br />
suchen den Ort ganz bewusst auf, um Ruhe zu<br />
f<strong>in</strong>den <strong>und</strong> nachzudenken. Günter Kretzschmar<br />
kommt als viel reisender Produktvertreter mehrmals<br />
im Monat an der Raststätte Medenbach<br />
vorbei. »Ich halte immer an – selbst wenn ich <strong>in</strong><br />
Eile b<strong>in</strong>«, erklärt der 45-Jährige <strong>und</strong> ergänzt:<br />
»Jedes Mal zünde ich e<strong>in</strong>e Kerze für me<strong>in</strong>e<br />
Lieben zu Hause an.« Genauso regelmäßig wirft<br />
er e<strong>in</strong>en Blick <strong>in</strong> das dicke Buch, <strong>in</strong> das Besucher<br />
ihre Anliegen schreiben, obwohl er das, wie er<br />
zugibt, selbst noch nie getan hat. »Es liegt bereits<br />
das dritte Buch dort aus«, freut sich Pfarrer Wallrabenste<strong>in</strong><br />
über die zahlreichen E<strong>in</strong>träge. »Lieber<br />
Gott, hilf mir aus me<strong>in</strong>er schweren Not. Heute ist<br />
me<strong>in</strong> 28. Hochzeitstag <strong>und</strong> ich liebe von Herzen<br />
e<strong>in</strong>e andere Frau.« »Ich f<strong>in</strong>de es immer wieder<br />
erschreckend, wie viele verzweifelte Menschen<br />
es gibt«, sagt Patrizia Rehn, weist jedoch auch<br />
auf die dankbaren Notizen im Buch h<strong>in</strong>. »Heute<br />
gegen 5 Uhr hatten wir e<strong>in</strong>ige Kilometer zurück<br />
e<strong>in</strong>en Autounfall auf der BAB. Auto Totalschaden!<br />
Gott sei Dank, uns ist nichts passiert«, notierte<br />
e<strong>in</strong>e Familie.<br />
E<strong>in</strong>e Stiftung<br />
Ohne den Kaufmann Alfred Weigle gäbe es die<br />
Medenbacher Autobahnkirche heute nicht. Im<br />
Jahre 1991 hielt er auf e<strong>in</strong>er Geschäftsreise erstmals<br />
an der Autobahnkirche Adelsried am Ammersee<br />
an. »Damals war me<strong>in</strong>e Frau gerade an Krebs<br />
erkrankt <strong>und</strong> es war schon klar, dass sie nicht<br />
mehr lange zu leben hat«, er<strong>in</strong>nert er sich. Als<br />
Weigle den <strong>Kirche</strong>nraum betrat, fasz<strong>in</strong>ierte ihn<br />
die Atmosphäre sofort. Er schlug das Anliegenbuch<br />
auf, las e<strong>in</strong>ige E<strong>in</strong>träge <strong>und</strong> fragte sich<br />
schließlich: »Warum rast du hier so durch die<br />
Gegend <strong>und</strong> jagst dem Mammon h<strong>in</strong>terher, wenn<br />
so viele Leute ganz andere Sorgen haben?« Die<br />
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