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Jahresbericht - Evangelische Kirche in Hessen und Nassau

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E<strong>in</strong>e »Massenbewegung« sei der christlichislamische<br />

Dialog freilich nicht, erklärt Claus J.<br />

Braun, <strong>in</strong>terreligiöser Beauftragter der EKHN.<br />

Durchschnittlich 8 bis 20 Personen stark s<strong>in</strong>d die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Gruppen, die sich um e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>ander<br />

bemühen – e<strong>in</strong> Unterfangen mit Hürden.<br />

Vertrauen muss wachsen<br />

»E<strong>in</strong> Treffen von Christen <strong>und</strong> Muslimen ist häufig<br />

e<strong>in</strong>e Begegnung von Menschen mit jeweils völlig<br />

unterschiedlichen Erfahrungen«, sagt Braun.<br />

»Vertreter von Moscheegeme<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d oft<br />

Männer der ersten Generation <strong>in</strong> Deutschland,<br />

während auf christlicher Seite vielfach Frauen<br />

der bürgerlichen Mittelschicht gesprächsbereit<br />

s<strong>in</strong>d.« Letztere <strong>in</strong>teressiert zum Beispiel, ob<br />

beide Religionen an den gleichen Gott glauben.<br />

»Muslimische Männer s<strong>in</strong>d eher am Praktischen<br />

orientiert: Sie suchen nach Antworten, wie sie<br />

als Gläubige <strong>in</strong> der deutschen Gesellschaft leben<br />

können.«<br />

Hürden auf dem Weg zue<strong>in</strong>ander s<strong>in</strong>d:<br />

fehlende Deutsch- oder Türkischkenntnisse,<br />

Schwierigkeiten, den eigenen Glauben zu vermitteln<br />

wie den anderen anzuerkennen. »E<strong>in</strong><br />

angemessener Umgang mit dem jeweils eigenen<br />

Absolutheitsanspruch fehlt bislang«, bestätigt<br />

Braun. Se<strong>in</strong>er Erfahrung nach geht der Anstoß<br />

zum Dialog häufig von Christen aus. Aus Angst,<br />

missioniert oder »verwestlicht« zu werden, reagiere<br />

mancher Muslim zurückhaltend darauf. Persönliche<br />

Begegnungen würden jedoch helfen, diese<br />

Skepsis zu verr<strong>in</strong>gern.<br />

Das me<strong>in</strong>t auch Ramazan Kuruyüz, muslimischer<br />

Vorsitzender der Christlich-islamischen<br />

Gesellschaft Gießen (CIG). »Die Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

Kopftuch tragender Frauen auf dem Arbeitsmarkt<br />

nimmt zu, sogar hochqualifizierte Muslime<br />

werden trotz Fachkräftemangels benachteiligt«,<br />

sagt er. »Wir brauchen gerade jetzt von der<br />

Politik konkrete Zeichen für e<strong>in</strong> Integrationsangebot:<br />

Integration bedeutet dabei Partizipation.«<br />

Die CIG ist seit ihrer Gründung 1996 <strong>in</strong><br />

Gießen e<strong>in</strong>e Institution geworden. Und e<strong>in</strong>e Art<br />

Servicee<strong>in</strong>richtung, berichtet Pfarrer Frank-Tilo<br />

Becher, Vorsitzender der Gesellschaft. Sucht e<strong>in</strong><br />

Krankenhauspfarrer nach e<strong>in</strong>em Seelsorger für<br />

e<strong>in</strong>en muslimischen Patienten, wird bei der CIG<br />

nachgefragt. Will e<strong>in</strong>e Schulklasse e<strong>in</strong>e Moschee<br />

besuchen, kl<strong>in</strong>gelt beim Vorsitzenden das<br />

Telefon. Auch gr<strong>und</strong>legende Informationen über<br />

den Islam <strong>und</strong> Positionen zu Themen wie der<br />

Rolle der Frau stehen hoch im Kurs. »Geredet<br />

wird mite<strong>in</strong>ander, nicht übere<strong>in</strong>ander«, betont<br />

der Pfarrer.<br />

Die gr<strong>und</strong>sätzliche Voraussetzung dazu<br />

heißt: persönliches Vertrauen. Das braucht Zeit.<br />

Manchmal müsse man viele St<strong>und</strong>en mite<strong>in</strong>ander<br />

Tee tr<strong>in</strong>ken, um gegenseitig etwas zu<br />

erfahren. Und Alltagsbegegnungen s<strong>in</strong>d entscheidend:<br />

»Nur dann können auch religiöse<br />

Unterschiede thematisiert werden«, me<strong>in</strong>t Frank-<br />

Tilo Becher. Die Festgäste <strong>in</strong> Gießen s<strong>in</strong>d sich<br />

jedenfalls e<strong>in</strong>ig: »Wenn wir zusammen leben<br />

wollen«, ist häufig zu hören, »müssen wir mite<strong>in</strong>ander<br />

reden.« ■

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