noch Plätze frei! - DLRG
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enötigt er, um Wassersicherheit<br />
zu erlangen? Diese Fragen<br />
zu beantworten, ist vor allem<br />
im Interesse der Kinder wichtig,<br />
die es besonders in sportlicher<br />
Hinsicht zu fördern gilt.<br />
LR: Sie haben zu diesem<br />
Thema zusammen mit Dr.<br />
Thomas Fritz auf der Fachtagung<br />
„Schwimmen in der<br />
Schule“ am Landesinstitut<br />
für Schule in Soest darüber<br />
einen Vortrag gehalten. Wie<br />
war die Resonanz?<br />
Prof. Dr. Kurz: Sie war überwältigend!<br />
Alle hatten geahnt,<br />
befürchtet oder vermutet, dass<br />
nicht alle Kinder über eine gute<br />
Schwimmfähigkeit verfügen –<br />
jetzt können wir dies mit Zahlen<br />
belegen. Die Ergebnisse sind<br />
angekommen und aus meiner<br />
Sicht auch bei allen Adressaten<br />
richtig und verantwortungsbe-<br />
wusst eingeordnet und verstanden:<br />
unter den gegenwärtigen<br />
Bedingungen ist das System<br />
Schule ganz einfach überfordert,<br />
vor allem bei den gravierenden<br />
Unterschieden der körperlichen<br />
Voraussetzungen in<br />
einer Schulklasse einen optimalen<br />
Schwimmunterricht anzubieten.<br />
LR: Herr Dr. Fritz, bei Ihrer Schuluntersuchung<br />
zur Schwimmfähigkeit<br />
hatten Sie die beachtliche<br />
Teilnahmequote von<br />
89 %, das entspricht 71 Schulen.<br />
Worauf führen Sie diese<br />
positive Resonanz zurück?<br />
Dr. Thomas Fritz: Die Hauptursache<br />
dürfte in unserem Bemühen<br />
um die Schulen liegen!<br />
Wir haben eine anschauliche<br />
DVD erstellt, eine Hotline geschaltet,<br />
den Mailkontakt mit<br />
den Sportlehrkräften gesucht<br />
und auch mit manchem Schulleiter<br />
direkt telefoniert. Trotz<br />
der guten Motivation der Lehrer,<br />
sich an der Untersuchung<br />
1 - 2 0 0 7<br />
beteiligen zu wollen, hat sich<br />
gezeigt, dass vor allem die<br />
Sportlehrer recht hoch belastet<br />
sind. Wir sind dankbar, dass<br />
so viele die zusätzliche Arbeit<br />
auf sich genommen haben –<br />
um der Sache und der Kinder<br />
willen.<br />
LR: Weshalb haben Ihre sportmotorischen<br />
Tests für die<br />
Untersuchung einen starken<br />
Bezug zu den fünf schwimmerischen<br />
Grundfertigkeiten<br />
(Gleiten, Springen, Tauchen,<br />
Auftreiben, Atmen; Anm. d.<br />
Verf.)?<br />
Dr. Thomas Fritz: Wir waren<br />
uns sehr schnell mit den Experten<br />
darüber einig, dass motorische<br />
Basisqualifikationen nichts<br />
mit einer bestimmten Schwimmtechnik<br />
zu tun haben. Motorische<br />
Basisqualifikationen sind<br />
unserem Ansatz nach dem Kri-<br />
terium der kulturellen Teilhabe<br />
bestimmt. Sie sind Voraussetzung<br />
dafür, dass Kinder an der<br />
heutigen Bewegungs-, Spielund<br />
Sportkultur teilhaben können.<br />
Leider werden die dafür<br />
notwendigen Voraussetzungen<br />
im Ausbildungsprozess des<br />
Schwimmens <strong>noch</strong> zu oft vernachlässigt<br />
und es wird viel zu<br />
schnell an einer Schwimmtechnik<br />
gearbeitet! Hier gilt es<br />
die fachliche Qualifikation der<br />
das Schwimmen Lehrenden zu<br />
verbessern.<br />
LR: Sie haben festgestellt,<br />
dass etwa jedes fünfte Kind<br />
nach Abschluss der Primarstufe<br />
keine 25 m schwimmen<br />
kann! Welche Ursachen sehen<br />
Sie dafür?<br />
Prof. Dr. Kurz: Da gibt es sicher<br />
ein sehr komplexes Ursachengefüge<br />
aus sozialer Herkunft,<br />
der Rolle der Familie für<br />
den Sport oder auch der Religionszugehörigkeit.<br />
Wenn in der<br />
Familie der Sport nicht geför-<br />
fachthema<br />
Schüler sind Nichtschwimmer!<br />
dert wird, etwa durch Fahrten<br />
zum Training oder den Wettkämpfen,Vereinsmitgliedschaften,<br />
Zahlen von Eintrittsgeldern<br />
oder den Kauf von Sportsachen,<br />
hat die Schule keine Chance,<br />
diese Defizite zu kompensieren!<br />
Leider delegieren hier viele Elternhäuser<br />
diese Verantwortung<br />
einfach an die Schule.<br />
LR: Müssen wir uns vom Ziel<br />
einer fast 100%igen Schwimmfähigkeit<br />
der Kinder und Jugendlichen<br />
in Deutschland<br />
verabschieden?<br />
Prof. Dr. Kurz: Nein, schwimmen<br />
können ist für die Wassersicherheit<br />
elementar und für<br />
einen ganzheitlichen Sport als<br />
kulturelle Teilhabe unersetzlich.<br />
LR: Nur 14 % der Schüler geben<br />
in Ihrer Untersuchung an,<br />
das Schwimmen in der Schule<br />
gelernt zu haben! Wie verlief<br />
die von Ihnen gewünschte<br />
Diskussion zu diesem Punkt<br />
seit Oktober 2006?<br />
Bild: <strong>DLRG</strong><br />
Schwimmausbildung in der Schule –<br />
bald ein Bild mit Seltenheitswert?<br />
Prof. Dr. Kurz: Sie verlief sehr<br />
erregt, aber nicht einseitig zulasten<br />
der Schule! Das System<br />
Schule erreicht zwar flächendeckend<br />
alle Kinder, muss jedoch<br />
auf familiären Vorleistungen<br />
aufbauen. Das ist weniger<br />
eine sportpraktische Forderung<br />
an die Eltern, als vielmehr eine<br />
Frage des Engagements und<br />
der Motivation der Eltern, ihre<br />
Kinder für den Sport, die Bewegung<br />
oder das Schwimmen<br />
zu interessieren!<br />
LR: Warum besteht ein direkter<br />
Zusammenhang in Ihrer<br />
Untersuchung zwischen den<br />
schlechtesten Testergebnissen<br />
der Kinder beim Schwimmen<br />
und dem Lernort Schule?<br />
Prof. Dr. Kurz: Der Lehrer beim<br />
Schulschwimmen hat mindestens<br />
25 Schüler mit unterschiedlichsten<br />
Voraussetzungen vom<br />
„größten Angsthasen im Wasser“<br />
bis hin zum Könner. Diese<br />
Heterogenität kann er didaktisch<br />
und methodisch nicht bewäl- Ø<br />
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