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25. Juni<br />
<strong>2009</strong> • Nr. 26 Wirtschaft : Unternehmen und Branchen<br />
von Andreas Karius<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. 26 , <strong>2009</strong><br />
MANNHEIM. Mit <strong>de</strong>r „Reform <strong>de</strong>r Reform“<br />
will die Große Koalition Unternehmen<br />
bei <strong>de</strong>r Besteuerung um zusätzlich<br />
knapp 2 Mrd Euro entlasten.<br />
Die bis En<strong>de</strong> 2<strong>01</strong>0 befristeten Än<strong>de</strong>rungen<br />
an <strong>de</strong>r Unternehmensteuerreform<br />
sollen krisenverschärfen<strong>de</strong> Effekte<br />
<strong>de</strong>r gegenwärtigen Steuergesetze<br />
vermei<strong>de</strong>n. Kernpunkte <strong>de</strong>r Neuregelung<br />
sind Hilfen für mittelständische<br />
Firmen bei <strong>de</strong>r Umsatzsteuer<br />
und eine Lockerung <strong>de</strong>r so genannten<br />
Zinsschranke. Größter Block im neuen<br />
Konjunkturprogramm ist die Ausweitung<br />
<strong>de</strong>r Ist-Besteuerung. Dabei<br />
muss eine Firma im Unterschied zur<br />
üblichen Regelung, <strong>de</strong>r so genannten<br />
Soll-Besteuerung, die Umsatzsteuer<br />
erst dann ans Finanzamt abführen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> die Rechnung tatsächlich<br />
bezahlt hat. Bislang gab es<br />
die Ausnahme durch die günstige Ist-<br />
Besteuerung nur für kleine Unternehmen,<br />
die im Vorjahr einen Umsatz<br />
von weniger als 250 000 Euro erzielt<br />
haben. In <strong>de</strong>n neuen Län<strong>de</strong>rn galt eine<br />
Obergrenze von 500 000 Euro, allerdings<br />
befristet bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres.<br />
Nun soll die höhere Obergrenze bun-<br />
DIHK-Konjunkturumfrage<br />
Aufhellung <strong>de</strong>r Lage in <strong>de</strong>n<br />
nächsten Monaten erwartet<br />
von Kathrin Irmer<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. 26 , <strong>2009</strong><br />
BERLIN. Die <strong>de</strong>utsche Wirtschaft zeigt<br />
sich etwas zuversichtlicher als noch zu<br />
Jahresbeginn. Das zeigt die Konjunkturumfrage<br />
<strong>de</strong>s Deutschen Industrie-<br />
und Han<strong>de</strong>lskammertag (DIHK) im<br />
Frühsommer <strong>2009</strong>.<br />
„Waren zu Jahresbeginn die Erwartungen<br />
<strong>de</strong>r Unternehmen noch weit<br />
schlechter als die Geschäftslage, beginnt<br />
sich das Bild nun allmählich zu<br />
drehen: Die Geschäftserwartungen<br />
zeigen sich im Frühsommer etwas<br />
aufgehellt“, sagt DIHK-Hauptgeschäftsführer<br />
Martin Wansleben.<br />
Trotz dieser ersten positiven Signale<br />
lägen Geschäftserwartungen und Lagebeurteilungen<br />
krisenbedingt nach<br />
wie vor auf zu tiefem und teilweise<br />
sogar auf erschreckend niedrigem Niveau.<br />
Der DIHK-Befragung liegen<br />
mehr als 22 000 Unternehmensantworten<br />
zugrun<strong>de</strong>. So sagten 14 % <strong>de</strong>r<br />
befragten Unternehmen, ihre Geschäftserwartungen<br />
seien gut (11 %<br />
zu Jahresbeginn), 45 % stuften die<br />
Geschäftserwartungen gleichbleibend<br />
ein und 41 % sagten, die Aussichten<br />
seien schlechter gewor<strong>de</strong>n.<br />
Exportieren<strong>de</strong> Großindustrie<br />
beson<strong>de</strong>rs hart getroffen<br />
Die Exporterwartung <strong>de</strong>r Unternehmen<br />
hat sich seit <strong>de</strong>r Befragung am<br />
Jahresbeginn kaum verän<strong>de</strong>rt. 48 %<br />
<strong>de</strong>r befragten Unternehmen schätzen<br />
die Exporterwartung als geringer ein,<br />
38 % als gleich und nur 14 % als besser.<br />
Beson<strong>de</strong>rs hart trifft es hier die<br />
exportieren<strong>de</strong> Großindustrie. Die Lagebeurteilung<br />
fiel hier von minus 9<br />
Punkten zu Jahresanfang auf minus<br />
40 Punkte im Frühsommer <strong>2009</strong>.<br />
Da die Kapazitäten schlecht ausgelastet<br />
seien, reduzierten die Unternehmen<br />
ihre Investitionen für die<br />
nächsten Monate weiter, kommentiert<br />
Wansleben die Zahlen. Es dominierten<br />
Ersatz und Rationalisierung; Kapazitätsaufbau<br />
fin<strong>de</strong> kaum statt. Ins-<br />
Bild: DIHK<br />
<strong>de</strong>sweit für zwei Jahre eingeführt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Gelockert wird auch die Zinsschranke<br />
durch eine Anhebung <strong>de</strong>r Freigrenze<br />
von 1 Mio auf 3 Mio Euro. Durch<br />
die Zinschranke können Firmen ihre<br />
Zinskosten nur bis zu 30 % <strong>de</strong>s Gewinns<br />
absetzen. Dies sollte international<br />
tätige Konzerne davon abhalten,<br />
Gewinne ins Ausland zu verschieben<br />
und im Inland überhöhte Kosten geltend<br />
zu machen.<br />
Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> die so genannte<br />
„Mantelkauf“-Regel gelockert. Diese<br />
Regel sollte verhin<strong>de</strong>rn, dass Investoren<br />
eine mit hohen Verlusten belastete<br />
Firma nur übernehmen, um diese<br />
Verluste steuerlich geltend zu machen.<br />
Nun können Unternehmen die<br />
Verlustvorträge von übernommenen<br />
Firmen wie<strong>de</strong>r nutzen. Dazu muss<br />
aber entwe<strong>de</strong>r eine Vereinbarung<br />
über die Sicherung von Arbeitsplätzen<br />
existieren o<strong>de</strong>r die Lohnsumme<br />
in <strong>de</strong>n nächsten fünf Jahren min<strong>de</strong>stens<br />
80 % betragen. Der Investor muss<br />
außer<strong>de</strong>m min<strong>de</strong>stens 15 % frisches<br />
Kapital in das übernommene Unternehmen<br />
einbringen.<br />
DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben:<br />
„Die Erwartungen zeigen sich im<br />
Frühsommer <strong>2009</strong> etwas aufgehellt.“<br />
gesamt, so <strong>de</strong>r DIHK- Hauptgeschäftsführer,<br />
müsse von einem eher holprigen<br />
Aufwärtspfad ausgegangen wer<strong>de</strong>n.<br />
Denn „neben arbeitsmarktbedingten<br />
Rückschlägen bleibt das Finanzierungsthema<br />
auch in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n<br />
Monaten für viele Unternehmen<br />
eine Herausfor<strong>de</strong>rung. Gera<strong>de</strong> in<br />
<strong>de</strong>n exportstarken Teilen unserer<br />
Wirtschaft haben sich die Finanzierungsbedingungen<br />
zuletzt sichtlich<br />
verschlechtert.“<br />
Bei <strong>de</strong>r aktuellen Umfrage erwartet<br />
je<strong>de</strong>s siebte Unternehmen, dass sich<br />
seine wirtschaftliche Lage in <strong>de</strong>n<br />
nächsten Monaten aufhellt. Zu Jahresanfang<br />
gab sich in<strong>de</strong>s nur je<strong>de</strong>s<br />
zehnte Unternehmen optimistisch.<br />
Der Anteil <strong>de</strong>r Pessimisten ist von<br />
knapp 50 % auf aktuell immerhin nur<br />
rund 40 % gesunken. Damit dreht <strong>de</strong>r<br />
Erwartungssaldo, von seinem Rekordtiefstand<br />
(Jahresbeginn: minus 35<br />
Punkte) ausgehend nach oben auf minus<br />
27 Prozentpunkte. Die Sal<strong>de</strong>nverbesserung<br />
be<strong>de</strong>utet die erste Stimmungsaufhellung<br />
gegenüber einer<br />
Vorumfrage seit zwei Jahren. „Die<br />
<strong>de</strong>utschen Industriebetriebe sind<br />
nach herben Rückschlägen jetzt für<br />
das Auslandsgeschäft etwas zuversichtlicher“,<br />
so Wansleben.<br />
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW) hat die Korrektur<br />
<strong>de</strong>r Unternehmenssteuerreform<br />
begrüßt. „Die En<strong>de</strong> Mai im Finanzausschuss<br />
verabschie<strong>de</strong>ten, zeitlich<br />
begrenzten Erleichterungen bei<br />
<strong>de</strong>r Zinsschranke und <strong>de</strong>r Verlustverrechnung<br />
helfen Unternehmen in <strong>de</strong>r<br />
Krise, die mit fallen<strong>de</strong>n Gewinnen<br />
und Liquiditätsproblemen konfrontiert<br />
sind“, erklärte das Institut.<br />
Bei<strong>de</strong> Regelungsanpassungen seien,<br />
gera<strong>de</strong> angesichts <strong>de</strong>r angespannten<br />
Konjunkturlage, als dringend notwendig<br />
einzustufen. Substanzbesteuerung<br />
wer<strong>de</strong> vermie<strong>de</strong>n, Übernahmen<br />
und Umstrukturierungen wür<strong>de</strong>n erleichtert.<br />
Mit <strong>de</strong>n Beschlüssen reagiere die<br />
Regierung auf die berechtigte Kritik<br />
an Elementen <strong>de</strong>r Unternehmenssteuerreform<br />
im Jahr 2008, die durch<br />
<strong>Produktion</strong> 5<br />
Unternehmenssteuern<br />
Gelockerte Zinsschranke hilft Firmen in <strong>de</strong>r Krise<br />
Verluste von übernommenen<br />
Unternehmen wie<strong>de</strong>r nutzen<br />
Bild: Falko Matte, Fotolia.com<br />
Die Besteuerung <strong>de</strong>r Unternehmenssubstanz<br />
unabhängig vom Gewinn war einer<br />
<strong>de</strong>r Hauptkritikpunkte <strong>de</strong>r nun korrigierten<br />
Unternehmenssteuerreform<br />
Entkoppelung <strong>de</strong>r Steuerbelastung<br />
von <strong>de</strong>r tatsächlichen Ertragssituation<br />
eines Unternehmens zu Eingriffen<br />
in die Unternehmenssubstanz geführt<br />
hätten. Die Erhöhung <strong>de</strong>s Freibetrags<br />
bei <strong>de</strong>r Zinsschranke nutzt laut ZEW<br />
mittelständischen Firmen. Die Lockerung<br />
<strong>de</strong>r „Mantelkauf“-Regel kann<br />
<strong>de</strong>m Institut zufolge Unternehmen je<strong>de</strong>r<br />
Größe helfen: Unternehmen in<br />
<strong>de</strong>r Klemme mit aus früheren Jahren<br />
stammen<strong>de</strong>n Verlusten fän<strong>de</strong>n nun<br />
leichter einen Käufer; letztere erhielten<br />
bei <strong>de</strong>r Unternehmensübernahme<br />
in Form <strong>de</strong>r übergehen<strong>de</strong>n Verlustvorträge<br />
ein zusätzliches Steuersparpotenzial.<br />
Korrekturen an <strong>de</strong>r Reform<br />
gehen <strong>de</strong>m BDI nicht weit genug<br />
Dagegen kritisierte BDI-Hauptgeschäftsführer<br />
Werner Schnappauf die<br />
Korrekturen an <strong>de</strong>r Unternehmensteuerreform<br />
als nicht ausreichend.<br />
Der Politik warf er vor, sich nur mit<br />
winzigen Schritten auf ein krisenfestes<br />
Steuerrecht zuzubewegen.