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Standort<br />

FÜRSTENWALDE<br />

Fremd in Fürstenwalde?<br />

Diskussionsveranstaltung zum Thema „Flüchtlinge“<br />

Am 15. Januar fand in der Fürstenwalder<br />

Rahn Schule eine Diskussionsrunde<br />

zum Thema „Flüchtlinge“ statt.<br />

Eingeladen waren Doreen Mernitz,<br />

Leiterin der Asylbewerberunterkunft<br />

Tränkeweg 2, Herr Holz, Vater einer<br />

Schülerin an den Rahn Schulen und<br />

als Bundeswehrsoldat in zahlreichen<br />

Auslandseinsätzen aktiv und Bezad Z.,<br />

Schüler an der Fachoberschule und<br />

selbst Flüchtling. Hintergrund für die<br />

Diskussionsveranstaltung waren die<br />

zahlreichen Gespräche zwischen Schülern,<br />

Lehrern und Eltern, die die Unsicherheit<br />

im Umgang mit diesem<br />

Thema deutlich machten. Ziel der Veranstaltung<br />

war es, Informationen aus<br />

erster Hand und aus unterschiedlichen<br />

Perspektiven zu gewinnen.<br />

Herr Holz berichtete über Erlebnisse<br />

und Erfahrungen, die er in Ländern<br />

wie Kosovo und Afghanistan gemacht<br />

hat, um die Unterschiede<br />

zwischen Deutschland und diesen Regionen<br />

deutlich zu machen. Die Alltagserfahrungen<br />

im Umgang mit Asylbewerbern<br />

und die Arbeit im Heim<br />

standen für Doreen Mernitz im Vordergrund.<br />

Bezad Z. berichtete darüber,<br />

warum und wie er nach Deutschland<br />

gekommen ist. Beeindruckt waren die<br />

Schüler von seinen persönlichen Erfahrungen.<br />

Herr Holz zeigte zum einen Bilder,<br />

um den Schülern einen Eindruck von<br />

seiner Arbeit zu vermitteln, schilderte<br />

andererseits aber auch dramatische<br />

Erlebnisse. Die Bilder verdeutlichten<br />

die Unterschiede zwischen Deutschland<br />

und Afghanistan, angefangen von<br />

den Lehmhütten ohne Fenster über die<br />

verschleierten Frauen bis hin zur grauen,<br />

unwirtlichen Landschaft. Es wurde<br />

deutlich, wie gering die Chance auf<br />

Bildung in diesem Land ist. Den Abschluss<br />

bildete das Foto eines bei<br />

einem Sprengstoffanschlag verletzten<br />

Kindes ohne Arme und mit verbundenem<br />

Oberkörper, das natürlich bei<br />

den Schülern Erschütterung auslöste.<br />

Ebenso fesselnd wie die Ausführungen<br />

von Herrn Holz war die Schilderung<br />

von Bezad Z.. Er berichtete davon,<br />

dass er nur bis zur dritten Klasse eine<br />

Schule besuchen durfte und danach<br />

schwarzarbeiten musste. Sein Entschluss,<br />

nicht kriminell werden zu<br />

wollen, führte dazu, dass er sich mit<br />

17 Jahren allein auf den Weg machte.<br />

Mehr als ein halbes Jahr musste er in<br />

Griechenland ohne Unterstützung<br />

bleiben, bevor es für ihn weiter nach<br />

Deutschland ging. In der Flüchtlingsunterkunft<br />

war es ihm dann möglich,<br />

Deutsch zu lernen. Mittlerweile lebt er<br />

selbständig und besucht unsere Fachoberschule.<br />

Sein Wunsch ist es, eine<br />

Ausbildung zu beenden und einer geregelten<br />

Arbeit nachzugehen. Heimleiterin<br />

D. Mernitz ermöglichte den<br />

Schülern einen weiteren Einblick in<br />

das Thema, der sie emotional stark beschäftigt.<br />

Sie sprach offen über den<br />

Alltag im Flüchtlingsheim und über die<br />

Probleme, z. B. die Feuerwehreinsätze,<br />

die auf Grund des Nichteinhaltens der<br />

Nichtraucherregel notwendig waren.<br />

Deutlich wurde aber auch, dass das<br />

Lernen der deutschen Sprache im<br />

Heim im Vordergrund stände, ebenso<br />

wie das Kennenlernen Deutschlands.<br />

In den Fragen der über 50 teilnehmenden<br />

Schüler wurde spürbar, wie<br />

stark sie an der persönlichen Sichtweise<br />

und den – positiven und negativen<br />

– Erlebnissen der Beteiligten interessiert<br />

sind. Insgesamt entstand<br />

der Eindruck, dass das Thema Flüchtlinge<br />

hochemotional aufgeladen ist,<br />

aber mit der Diskussionsrunde wesentlich<br />

versachlicht werden konnte. Gerade<br />

in den Nachbesprechungen ergaben<br />

sich wesentliche Veränderungen<br />

in den Sichtweisen der Schüler, die<br />

versuchten alle Perspektiven aufzunehmen,<br />

um so ein ausgewogenes Bild zu<br />

entwickeln. Die Angst, die am Anfang<br />

beim Umgang mit diesem Thema<br />

spürbar war, wurde deutlich reduziert.<br />

In der Schlussrunde stellten alle<br />

drei Experten klar, dass die beiden<br />

wichtigsten Voraussetzungen für eine<br />

ge lingende Integration der Zugang und<br />

die Annahme von Bildung auf der einen<br />

und der positive, mitmenschliche Kontakt<br />

zwischen Asylbewerbern und<br />

Deutschen auf der anderen Seite sind.<br />

Insgesamt konnte durch die Diskussionsveranstaltung,<br />

die auch im Rahmen<br />

des Projektes „Schule ohne Rassismus<br />

– Schule mit Courage“ stattfand,<br />

ein Beitrag zur Stärkung der Fürstenwalder<br />

Zivilgesellschaft und zum gegenseitigen<br />

bürgerlichen Engagement<br />

geleistet werden.<br />

Gunter Meinhardt<br />

Stellvertretender Schulleiter<br />

Rahn Schulen Fürstenwalde<br />

1/<strong>2016</strong> r-<strong>aktuell</strong> | 7

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