ERF Antenne 0304|2016 Identität
Das Magazin von ERF – Der Sinnsender
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<strong>ERF</strong> THEMA<br />
Wandel und Gefühle<br />
Wenn sich etwas in meinem gewohnten Umfeld verändert,<br />
kommen erst die Gedanken, dann die Gefühle.<br />
Starke sogar. Denn wie jeder andere Mensch brauche<br />
auch ich diesen vertrauten Ort, an dem ich mich entfalten<br />
kann: meine Heimat. Zu ihr gehören vertraute Menschen<br />
und eine erfüllende Arbeit. Aber auch ein sicheres<br />
Zuhause, ein Stück dieser Erde. Dieser Ort<br />
macht einen großen Teil meiner <strong>Identität</strong> aus.<br />
Als nun Gruppen von Fremden um unser<br />
Grundstück liefen, machte ich mir zuerst<br />
Gedanken. Dann die Sorgen. Das ist nicht<br />
schlecht, es waren aber schnell zu viele. Ich<br />
musste das durchbuchstabieren: Was ich denke<br />
und fühle, entspricht oft nicht der Realität.<br />
Denn - wie gesagt - hier ist nichts Schlimmes passiert.<br />
Für mich war es daher besser, die Bedenken ohne konkrete<br />
Anhaltspunkte mit Gott durchzusprechen und ansonsten<br />
offen auf die Menschen zuzugehen.<br />
Meine Heimat. Zu ihr gehören<br />
vertraute Menschen und<br />
eine erfüllende Arbeit.<br />
ab, diesen Ort immer wieder neu zu schaffen und<br />
aufzubauen. Allein eine Krankheit reicht aus; schon<br />
ist es aus mit der beschaulichen Heimat. Letztlich unterscheidet<br />
mich nicht viel von den Menschen, die auf<br />
der Suche sind. Nur eine Reihe von Geschenken: ein<br />
Land, in dem Frieden ist. Menschen, die mich mögen.<br />
Arbeit, die zu mir passt. Als ob etwas davon ganz<br />
in meiner Hand liegt. Diese Einstellung hat mir geholfen,<br />
mit einem großen Herz denen zu begegnen,<br />
die dieses Glück gerade nicht haben.<br />
Wir sind alle auf der Suche<br />
Meine neuen Nachbarn haben ihre Heimat aufgrund<br />
von Krieg und Verfolgung verloren. Und sie sind auf<br />
der Suche nach einer neuen. Auch die so genannten<br />
Wirtschaftsflüchtlinge versuchen endlich einen Ort zu<br />
finden, an dem sie finanziell einen Fuß auf den Boden<br />
bekommen.<br />
Auf den ersten Blick ist es bei mir ganz anders. Ich habe<br />
Familie, Freunde, Beruf und ein Haus zum Wohnen -<br />
vieles von dem, was Heimat ausmacht. Und doch merke<br />
ich, dass ich nichts davon sicher in der Hand habe. Vieles<br />
von dem, was ich täglich tue, zielt vielmehr darauf<br />
Meine <strong>Identität</strong> richtig füllen<br />
Manche wundern sich, warum heutige Flüchtlinge<br />
fast immer ein Smartphone dabei haben. Ist jemandem<br />
die letzte Verbindung nach Hause nicht zu<br />
gönnen? Wichtiger ist: Viel mehr als ihr Smartphone<br />
haben sie meist nicht dabei, weil sie alles andere<br />
verloren haben. Für mich stellte sich die Frage: Wer<br />
bin ich, wenn ich alles verliere? Jetzt ehrlich mal! Wer<br />
sind wir ohne Auto, den Fernseher und Thermomix?<br />
Was bleibt von mir übrig, wenn dieser ganze Speck<br />
mal weg ist? Wer bin ich, müsste ich morgen nur mit<br />
Smartphone in der Hand nach, sagen wir mal, Australien<br />
ausreisen? Mir wurde bewusst, wie viele Dinge<br />
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ANTENNE 0304|16