bearbeitet - 4_VSWG-Zur Geschichte der spanischen Reitermilizen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
i<br />
72 Die Composieiön <strong>der</strong> Caballeros de Cuantla (1586— 1593)<br />
Frage war, wie sich die Zusammenarbeit mit den Corregidoren vom<br />
Protokoll her gestalten sollte. In <strong>der</strong> ersten Ausarbeitung war dieses Problem<br />
nicht berührt worden. Die zweite Stufe bestimmte, daß <strong>der</strong> Corregidor<br />
in den gemeinsamen Sitzungen den Vorrang genießen sollte. Die<br />
endgültige Form <strong>der</strong> Instruktion widmete diesem, für den Privilegienund<br />
Ständestaat typischen Problem mehrere Abschnitte und gab dem<br />
Kommissar den Vorrang, den er zur Durchführung seines Auftrages auch<br />
benötigte. Der Kommissar sollte die Zeit und den Ort <strong>der</strong> Zusammenkünfte<br />
bestimmen dürfen, jedoch wurde es ihm untersagt, das Haus, in<br />
dem er wohnte, o<strong>der</strong> die Residenz des Corregidors als Versammlungsort<br />
auszuwählen. Bei Anwesenheit des Corregidors sollte diesem <strong>der</strong> erste<br />
Platz, die erste Stimme und <strong>der</strong> Vorrang beim Unterschreiben <strong>der</strong> Aktenstücke<br />
eingeräumt werden. War nur sein Stellvertreter anwesend, gebührten<br />
dem Kommissar diese Vorrechte. War Einmütigkeit in den Beratungen<br />
nicht zu erzielen, dann sollte <strong>der</strong> Meinung des Kommissars gefolgt<br />
und seine Anordnungen sollten ausgeführt werden, bis die Krone<br />
den Streitpunkt entschieden hatte. Traten Zweifel auf, die beide — Kommissar<br />
und Corregidor — nicht zu lösen vermochten, dann war <strong>der</strong> Entscheid<br />
<strong>der</strong> Cdmara de Castilla einzuholen. Den Corregidoren wurde befohlen,<br />
an allen Sitzungen teilzunehmen und sich dafür von allen an<strong>der</strong>en<br />
Dienstgeschäften zu befreien. In grundherrschaftlichen Orten hatte<br />
<strong>der</strong> Kommissar in allen Dingen den Vorrang gegenüber den Justiz- und<br />
Verwaltungsbehörden des Grundherrn. Hier durfte er auch sein Quartier<br />
zum Versammlungsort bestimmen. Während es in <strong>der</strong> ersten Ausfertigung<br />
den Kommissaren erlaubt wurde, Escribanos eigener Wahl in den O rtschaften<br />
für ihre Dienstgeschäfte heranzuziehen, womit die häufig parteiischen<br />
Escribanos de Cabildo ausgeschaltet werden konnten, räumte<br />
ihnen die endgültige Fassung nur das Recht ein, neue, nicht durch den<br />
Cabildo bestimmte Schätzer auszuwählen. Die Real Provisiön von 1562<br />
wurde in diesem Punkte für die Dauer <strong>der</strong> Kommission suspendiert. In<br />
<strong>der</strong> Praxis haben die Kommissare jedoch beide Rechte ausgeübt. Schließlich<br />
verlieh die Instruktion den Kommissaren dadurch ein beson<strong>der</strong>es Ajisehen,<br />
daß ihnen eine sichtbare Exekutivgewalt in Gestalt eines von<br />
ihnen zu benennenden Alguacil beigegeben wurde, <strong>der</strong>, mit dem königlichen<br />
Gerichtsstab versehen, die Anordnungen seines Vorgesetzten auf<br />
<strong>der</strong> Stelle durchführen konnte«». Mit diesen Vollmachten ist es den Kommissaren<br />
im allgemeinen ohne Schwierigkeiten gelungen, sich gegenüber<br />
, *l,et 27 “ te u“d dr,itte Ausfertigung <strong>der</strong> Instruktion vom 9. Juli 1586,<br />
ebda., Fols. 243v.—246r. bzw. 253v.—254r<br />
Die Entsendung <strong>der</strong> Kommissare und ihr Auftrag 73<br />
den Lokalbehörden durchzusetzen240. Die Kommission, die zunächst auf<br />
neunzig Tage begrenzt war, ist später immer wie<strong>der</strong> verlängert worden.<br />
Es hat nun ganz den Anschein, als ob die Krone mit diesen Maßnahmen<br />
bestrebt gewesen ist, die Regional- und Küstenverteidigung im Süden<br />
Spaniens zu verbessern, um für die sich abzeichnende kriegerische<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit England gerüstet zu sein, das schon mehrfach<br />
Landungsunternehmen durchgeführt hatte. Jedoch ist es sehr wahrscheinlich,<br />
daß man die Möglichkeit einer Composieiön bereits ins Auge gefaßt<br />
hatte, als die Kommissare entsandt wurden. Man wollte vermutlich zunächst<br />
die Reaktion <strong>der</strong> Bevölkerung abwarten. Wenn, wie es befohlen<br />
worden war, entschlossen gegen Regidoren, Jurados und an<strong>der</strong>e Honoratiorengruppen<br />
vorgegangen würde, dann waren entsprechende Angebote<br />
von seiten <strong>der</strong> Betroffenen sehr wahrscheinlich. Eine geheime Instruktion<br />
ist den Kommissaren aber offensichtlich nicht mitgegeben worden,<br />
in <strong>der</strong> angeordnet worden wäre, die Composieiön anzustreben241.<br />
Als sie jedoch von ersten Angeboten zur Composieiön aus einzelnen<br />
Städten berichteten, zeigte sich die Cdmara de Castilla nicht überrascht<br />
und hatte schon ein mehr o<strong>der</strong> weniger festes Konzept von <strong>der</strong> Art des<br />
Vorgehens. Etwa gegen Ende August, Anfang September 1586, nachdem<br />
die Kommissionen kaum begonnen hatten, berichteten mehrere Kommissare<br />
von dem Wunsch, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Regidoren und Jurados, Abordnungen<br />
nach Madrid zu entsenden, um über „die Umwandlung dieses<br />
Dienstes (<strong>der</strong> Caballeria de Cuantia) in einen an<strong>der</strong>en (gemeint sind<br />
Geldzahlungen)“ zu verhandeln. Die interessierten Gruppen fürchteten<br />
die öffentliche Bekanntgabe ihrer Einschreibung in die Listen <strong>der</strong> Caballeros<br />
de Cuantia und baten um Aufschiebung <strong>der</strong> Verkündung bis zum<br />
Abschluß <strong>der</strong> gewünschten Verhandlungen242. Die Krone hat diese Nachrichten<br />
mit großem Interesse vermerkt und zunächst geradezu zur Entsendung<br />
solcher Abordnungen ermutigt243. Bald darauf hat sie jedoch verfügt,<br />
daß <strong>der</strong>artige Angebote zur Composieiön vor den Kommissaren<br />
240 Nur in einem Fall berichtete ein Kommissar, daß man versucht habe, ihm<br />
Listen vorzuenthalten. Vgl. S. 115.<br />
241 In dem regen Briefwechsel zwischen dem Sekretär <strong>der</strong> Cdmara de Castilla<br />
und den Kommissaren findet sich keine Anspielung auf eine <strong>der</strong>artige Anweisung.<br />
242 Juan Vdzquez de Salazar an Juan Pacheco vom 14. September 1586, o.O.,<br />
(Kopie), u. <strong>der</strong>s. an Juan de Ribera und den Corregidor von Cördoba vom 15.<br />
September 1586, o.O., (Kopie). A.G.S., C.d.C. Lib. 370, Fols. 260v. 261r. bzw.<br />
262r.—262v.<br />
242 Vgl. ebda.<br />
I