PT-Magazin_03_2016_Komplett
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Zahlen, Fakten,<br />
(Vor-)Urteile<br />
Zu statistischen Irrtümern und scheinbar<br />
wissenschaftlich belegten Vorurteilen<br />
frage man die Professoren Gerd<br />
Gigerenzer, Walter Krämer und Thomas<br />
Bauer. Sie versuchen die Öffentlichkeit<br />
seit Jahren mit elementarem mathematischem<br />
Wissen zu bereichern. Denn<br />
Deutschland ist ja nicht nur ein Land der<br />
Dichter und Denker, sondern auch eines<br />
der Erfinder und Wissenschaftler.<br />
Leider ist die universitäre Mühe<br />
in vielen Fällen vergebens. Eher, sagte<br />
schon Albert Einstein, eher lässt sich<br />
ein Atomkern spalten als ein Vorurteil.<br />
Nehmen wir zum Beispiel den Fall, dass<br />
Frauen in Deutschland bei gleicher Qualifikation<br />
und Tätigkeit durchschnittlich<br />
21,6 Prozent weniger als Männer verdienen.<br />
Angeblich. Immer wieder ging diese<br />
Behauptung durch alle Medien. Auch die<br />
Bundesregierung behauptet das unter<br />
http://www.bit.ly/EPD11.<br />
Fast jeder hat schon von dieser<br />
Ungerechtigkeit gehört. Allerdings nur<br />
aus den Medien. Wer sich aber in seinem<br />
Bekanntenkreis umhört, findet meist<br />
keinen Betrieb, welcher Frauen tatsächlich<br />
so offen diskriminiert. Das kann<br />
sich auch kein Betrieb leisten. Das ist<br />
gesetzwidrig. Das würde sofort öffentlich<br />
angeprangert, spätestens seit dem<br />
Antidiskriminierungsgesetz 2006.<br />
Dennoch wird jedes Jahr der „Equal<br />
Pay Day“ zelebriert, dieses Jahr am<br />
19. März. „Bis zu diesem Tag hätten<br />
Frauen hierzulande über den Jahreswechsel<br />
hinaus arbeiten müssen, um<br />
das Jahresgehalt ihrer männlichen Kollegen<br />
zu bekommen“ schrieb Die Zeit<br />
am 17. März. Angeblich sei der 19. März<br />
der Tag, an dem die 21,6 Prozent längere<br />
Jahresarbeitszeit gegenüber Männern<br />
zu Ende ginge.<br />
Klingt stark. Ist aber falsch. Bei selber<br />
Qualifikation und Tätigkeit verdienen<br />
Frauen nicht 21,6 Prozent weniger<br />
als Männer, sondern um die fünf Prozent.<br />
Und zwar nicht wegen vorsätzlicher Diskriminierung,<br />
sondern wegen anderer<br />
Biografien. Je mehr Männer sich wegen<br />
Kindern und Familie freistellen lassen,<br />
umso mehr wird dieser Unterschied verschwinden.<br />
2010 waren das noch sieben<br />
Prozent. Seitdem hat sich die Schere um<br />
ein Drittel geschlossen.<br />
Der Unterschied von 21,6 Prozent<br />
ergibt sich auch nur dann, wenn sämtliche<br />
beruflichen Unterschiede konsequent<br />
ignoriert werden. Man kann<br />
den Unterschied zwischen weiblichen<br />
teilzeitbeschäftigten Reinigungskräften<br />
und männlichen vollzeitarbeitenden<br />
Führungskräften messen. Man<br />
kann anschließend auch behaupten,<br />
der Unterschied hätte nur mit dem<br />
Geschlecht zu tun. Aber das ist schlichtweg<br />
Irreführung.<br />
Selbst wenn die 21,6 Prozent stimmen<br />
würden, wäre die Rechnung falsch.<br />
Denn Frauen müssten nicht 21,6 Prozent,<br />
sondern 27,5 Prozent länger arbeiten, bei<br />
220 Jahres-Arbeitstagen und 24 Tagen<br />
Urlaub fiele der Equal Pay Day auf den<br />
7. April, nicht auf den 19. März. Thomas<br />
Bauer veranschaulicht: „Wenn ein Mann<br />
100 Euro am Tag verdient und eine Frau<br />
nur 50 Euro, dann muss die Frau nicht<br />
einen halben, sondern einen ganzen Tag<br />
länger arbeiten, um auf den gleichen<br />
Verdienst zu kommen.“<br />
Dr. Helfried Schmidt<br />
Quelle: pixabay.com|OpenClipartVectors|CC0 Public Domain<br />
Im Klartext: Ohne die statistischen<br />
Fehler, bei fünf Prozent Wirtschaftschancen<br />
weniger Verdienst, wäre der „Equal<br />
Pay Day“ <strong>2016</strong> auf den 20. Januar gefallen.<br />
Das war der Todestag der amerikanischen<br />
Schauspielerin Audrey Hepburn.<br />
Allerdings hätte die Oscar-, Emmy-, Tonyund<br />
Grammy-Preisträgerin in den drei<br />
Wochen wohl schon mehr verdient als<br />
ein durchschnittlicher Mann irgendwo<br />
auf der Welt im ganzen Jahr. ó<br />
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