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Wiehre Magazin, Mai 2016

Bahnhofsliebe: Ludwig Quaas hat sich seinen Traum erfüllt und ist Koch sowie Inhaber der Gaststätte im Wiehre Bahnhof

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PORTRÄT<br />

©Foto: Michael Zäh<br />

Brücken bauen<br />

Nach fast fünf Jahrzehnten zieht Hend Amann Bilanz: Die Deutschen haben sich sehr verändert. Zum Positiven.<br />

Von Beirut nach Buchenbach: Eine Reise um die halbe<br />

Welt hat Hend Ammann in den 60er Jahren hinter<br />

sich gebracht. Nun lebt sie seit knapp 50 Jahren in<br />

Deutschland – und hat den Kulturschock langsam hinter sich<br />

gelassen. Ein Besuch zu Hause bei der Deutschen mit libanesischen<br />

Wurzeln.<br />

Wie eine Königin in ihrem Reich sitzt die eindrucksvolle Anfangsiebzigerin<br />

mit den schönen dunklen Augen auf ihrem Sofa. Aufmerksam,<br />

wach, neugierig – und umgeben von Zeugnissen aus<br />

zwei Kulturen, die sie während ihres erfahrungsreichen Lebens<br />

gesammelt und hier, in ihrem orientalisch-europäischen Empfangsraum<br />

in der Freiburger Oberau, geschmackvoll gruppiert hat.<br />

Wasserpfeifen, Bilder, Zeitschriften in verschiedenen Sprachen.<br />

Wenn Hend Ammann zu sprechen beginnt, spürt man in jeder Silbe<br />

ihre orientalische Herkunft: die volltönende Stimme, der Bilderreichtum<br />

ihrer Sprache, die Satzmelodie. Und wenn sie von ihrer<br />

ersten Berührung mit Deutschland erzählt, ist der Kulturschock<br />

auch heute, ein halbes Jahrhundert danach, noch deutlich spürbar.<br />

„Ich kam aus einer Weltstadt: Beirut. Da war 24<br />

Stunden am Tag was los – Disco und Fest und Arbeit<br />

und Kino in allen Sprachen. Und dann“, Hend<br />

Ammann lacht und macht eine kleine wirkungsvolle<br />

Pause, „kam ich in ein Dorf. Wir sind nämlich<br />

ausgerechnet in Buchenbach gelandet. Und da war<br />

nix! Ein Bauernhof. Und Wasser, Schnee und Kühe!“<br />

Dass es Hend Ammann ausgerechnet nach Buchenbach<br />

verschlug, damals 1967, war eher Zufall. Sie,<br />

die Tochter aus gutem Hause, die eine französische<br />

Schule besucht, alle Freiheiten genossen und nach<br />

dem Abitur in einem Ingenieurbüro angefangen hatte,<br />

lernte in Beirut einen amerikanischen Studenten<br />

kennen. Und verliebte sich. Sie heirateten – und<br />

Hend Ammann<br />

Kulturliebend<br />

Seit fast fünf Jahrzehnten<br />

lebt die kulturbegeisterte<br />

Orientalin mit den ägyptisch-libanesischen<br />

Wurzeln<br />

in Deutschland. Der Liebe<br />

wegen zog sie von Beirut in<br />

den Schwarzwald.<br />

zogen gemeinsam nach Freiburg, wo ihr Mann seine Promotion in<br />

Angriff nahm. „Als wir unsere Sachen herschicken wollten“, erinnert<br />

sich Hend Ammann, „las der Mensch am Zoll auf dem Gepäck<br />

‚Freiburg’ und sagte: ‚Wo gehen Sie denn da hin? Ein kleines Dorf in<br />

Deutschland!’ – schließlich kennen die alle höchstens<br />

Frankfurt. Und weiter: ‚Schämen Sie sich nicht,<br />

in ein kleines Dorf nach Deutschland zu gehen?’ Ich<br />

sagte entrüstet: ‚Das ist eine Stadt!’ – hinterher habe<br />

ich gemerkt, dass er irgendwie recht hatte.“<br />

Hend Amman schmunzelt, wenn sie von ihren<br />

Anfängen in der neuen Heimat erzählt. Und seufzt,<br />

wenn sie sich an die fünf langen Jahre auf dem Bauernhof<br />

in Buchenbach erinnert, mit Auswertungen<br />

und Analysen, auf Französisch und Englisch, für<br />

das Institut ihres Mannes – und mit drei kleinen<br />

Kindern. Erleichterung mischt sich in ihre Stimme,<br />

als sie von dem befreienden Tag berichtet, an dem<br />

endlich alle drei im Kindergarten waren. Und sie als<br />

©Foto: Michael Zäh<br />

22 | Freiburg <strong>Wiehre</strong> Stadtteilmagazin

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