Berufsspezial 2016 Fritz+Fränzi
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Ich erzähle<br />
«Du gehörst in<br />
den Wald!»<br />
Yves Maurer, 38, aus Bern,<br />
machte eine Forstwartlehre,<br />
holte die Berufsmaturität nach<br />
und studierte dann<br />
Landschaftsarchitektur. Heute<br />
arbeitet er beim Bundesamt für<br />
Raumentwicklung und<br />
unterrichtet in Zürich an der<br />
Baugewerblichen Berufsschule.<br />
«Mein erster Berufswunsch war<br />
Schreiner. Doch in einer Schnupperlehre<br />
stellte ich fest, dass mir<br />
das überhaupt nicht entspricht.<br />
Dann sagte mein Götti zu mir: ‹Du<br />
gehörst in den Wald!› Nach mehreren<br />
Schnupperlehren war ich überzeugt<br />
und begann eine Lehre beim<br />
Stadtforstamt Zürich am Zürichberg.<br />
Mein Lehrmeister Luigi war ein<br />
stolzer Forstwart, und er wollte<br />
auch aus mir einen stolzen Forstwart<br />
machen. Schon früh sagte er<br />
zu mir: ‹Du wirst die beste Lehrabschlussprüfung<br />
machen, und ich<br />
führe dich dorthin.› Das Vertrauen,<br />
das er mir gab, war für mich als<br />
16-Jähriger etwas Einzigartiges.<br />
Die Art, wie er mich in den Beruf<br />
einführte, prägt mich bis heute. Er<br />
wollte nicht, dass ich während der<br />
Lehre die Berufsmatura mache.<br />
Mehr als einen Tag pro Woche wollte<br />
er mich nicht in der Schule<br />
haben, denn ein Forstwart lernt im<br />
Wald, war er überzeugt. Also<br />
schloss ich die Lehre ohne BMS ab<br />
– tatsächlich mit den besten Noten<br />
meines Jahrgangs.<br />
In meiner ersten Stelle als<br />
Forstwart, wieder bei der Stadt<br />
Zürich, landete ich auf dem harten<br />
Boden der Berufsrealität: Ich hatte<br />
gelernt, die Dinge präzise zu<br />
machen, einen Baum sauber zu<br />
entasten. Meine Vorgesetzten wollten<br />
aber nur, dass es schnell ging<br />
und die Äste weg waren. Dauernd<br />
musste ich meine Qualitätsansprüche<br />
zurückstellen und damit<br />
meinen Berufsstolz verletzen.<br />
Ich hatte ein 60-Prozent-Pensum.<br />
Daneben holzte ich auf eigene<br />
Rechnung, machte Gartenarbeiten<br />
und bildete mich im Gartenbau weiter.<br />
Nach zwei Jahren kündigte ich,<br />
ging drei Monate nach Neuseeland,<br />
holte nach meiner Rückkehr die<br />
Berufsmatura nach. Mein Leben<br />
finanzierte ich mir wieder weitgehend<br />
selbständig mit Garten- und<br />
Waldarbeiten. Während der Berufsmaturitätsschule<br />
entdeckte ich<br />
das Studium der Landwirtschaftsarchitektur<br />
und meldete mich an.<br />
Nach dem Studium, unentschlossen,<br />
was ich machen wollte,<br />
erhielt ich eine Assistenzstelle an<br />
der Hochschule Rapperswil. In dieser<br />
Zeit entdeckte ich die Freude<br />
am Unterrichten und bildete mich<br />
in geografischen Informationssystemen<br />
weiter. Im Wesentlichen<br />
arbeitet man da mit räumlichen<br />
Informationen, welche mit weiteren<br />
Daten vermengt werden, um neue<br />
44 Mai <strong>2016</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Berufswahl-Spezial