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etc. sind hierbei nicht zu vergessen, <strong>de</strong>nn frei<br />
nach <strong>de</strong>m Mo�o „do it yourself“ ist auch Harry<br />
bei <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>r zur „Familie“ gehören<strong>de</strong>n<br />
Personen sehr variabel! Da wären zum Beispiel<br />
<strong>de</strong>r drogensüchtige aber durchaus romantisch<br />
veranlagte Komiker Eamon Fish, <strong>de</strong>ssen Sendung<br />
Harrys Format ist, <strong>de</strong>nn Harry arbeitet beim<br />
Fernsehen wo die Sendung „Und Freitags Fish“<br />
Harry`s und Eamons gemeinsames Baby ist. Ein<br />
Baby, dass sie verbin<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>nn genau dies ist<br />
<strong>de</strong>r springen<strong>de</strong> Punkt: Harry fühlt sich in <strong>de</strong>r<br />
Beziehung zu Cyd und ihrer Tochter isoliert und<br />
wenn <strong>de</strong>r kleine Engel zornig im Supermarkt<br />
steht und lauthals skandiert „Mein Papa hä�e mir<br />
Kelloggs Frosties gekau� und überhaupt, du bist<br />
nicht mein Papa und hast mir gar nichts zu sagen!“<br />
läu� es Harry heiß und kalt <strong>de</strong>n Rücken runter,<br />
<strong>de</strong>nn auch für ihn ist diese Situation nicht immer<br />
einfach. Harry wünscht sich also ein Baby mit Cyd,<br />
doch die bezaubern<strong>de</strong> Cyd hat ja bereits eines und<br />
ist gera<strong>de</strong> dabei ein weiteres zu bekommen, in<strong>de</strong>m<br />
sie sich mit ihrem Catering selbstständig macht.<br />
Wozu also noch ein Kind mit Harry? Das passt<br />
nun wirklich nicht in Cyds Terminplan, wo sie<br />
sich doch grad selbst verwirklicht, wie es immer<br />
ihr Traum war. Und Harry soll es ja nicht wagen<br />
ihr dabei im Wege zu stehen – wohin dies führt hat<br />
er bereits bei seiner Gina, seiner Ex-Frau, hautnah<br />
miterleben dürfen. Ach ja Gina, Gina die gera<strong>de</strong><br />
dabei ist mit Pat und „<strong>de</strong>m Neuen“ nach Amerika<br />
zu ziehen, England zu verlassen und Harry<br />
damit selbst <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>s Wochenendvaters zu<br />
berauben, was auch nicht zur Verbesserung von<br />
Harrys allgemeiner Lage beiträgt. Auch Eamon,<br />
<strong>de</strong>r grad auf Entzug ist, kann Harry dabei keine<br />
wesentliche Stütze sein, während nun auch noch<br />
<strong>de</strong>r Sen<strong>de</strong>r darüber berät „Und Freitags Fish“<br />
einzustellen... Und überhaupt? Wo bleibt die Liebe<br />
im Alltag? Wo bleibt sie mit einer quasi rund um<br />
die Uhr arbeiten<strong>de</strong>n Frau? Und Begehren? Alles<br />
was halt so dazu gehört und was sich Harry bei<strong>de</strong>r<br />
schönen Kazumi zu fin<strong>de</strong>n erho�...<br />
Mit Charme, einer klaren Sicht <strong>de</strong>r Dinge und viel<br />
britischem Humor gelingt es Tony Parsons <strong>de</strong>n<br />
Leser mit <strong>de</strong>r Geschichte von Harry und seiner<br />
Familie zu begeistern.<br />
Piper Verlag, 336 Seiten, Preis: 13,00€<br />
„Schwarzfahrer“<br />
Michael-Andrè Werner<br />
Stefan Kork ist bei oberflächlicher Betrachtung ein<br />
Be�ler, ein Schnorrer <strong>de</strong>r sich in <strong>de</strong>n Bahnhöfen<br />
<strong>de</strong>s Berliner Untergrunds herumtreibt und<br />
die Fahrgäste um ihr sauer verdientes Geld<br />
erleichtert.<br />
Aber Be�eln ist hier nicht Be�eln, son<strong>de</strong>rn ein<br />
Job, eine Möglichkeit Geld zu verdienen. Und<br />
Be�eln ist kein einfacher Job. Das braucht eine<br />
innere Einstellung, Vorbereitung, Durchdachtheit,<br />
Sitzfleisch, vor allem Sitzfleisch. Und am<br />
schlimmsten ist die Langeweile. Man kann sich<br />
ja schlecht ein Buch rausholen und ein bisschen<br />
lesen.<br />
Aber vor allem ist es nur eine Überbrückung, bis<br />
man die eigentliche Bestimmung, <strong>de</strong>n eigentlichen<br />
Beruf gefun<strong>de</strong>n hat. So ist Kork so etwas wie<br />
Ka�as Hungerkünstler. Immer auf <strong>de</strong>r Suche<br />
nach neuen Projekten. Dinge, die man sich mit<br />
Freun<strong>de</strong>n nachts in einer Kneipe und nach <strong>de</strong>m<br />
sechsten Bier aus<strong>de</strong>nkt.<br />
Und davon hat Kork eine ganze Menge, zum<br />
Beispiel das Flohmarkt-Projekt, das Regenschirm-<br />
Projekt, das Lyrik-als-Werbeze�el-Projekt und<br />
schließlich das Rathausprojekt, welches aber<br />
bislang nicht aus <strong>de</strong>m Stadium <strong>de</strong>r Namensfindung<br />
herausgekommen war. Die Realisierung dieser<br />
Projekte scheiterte bisher allerdings immer am<br />
Zeitfaktor. Schließlich muss man sich ja seinen<br />
Lebensunterhalt verdienen bzw. erbe�eln.<br />
Und das ist <strong>de</strong>r Grund warum Kork zusammen<br />
mit seinen Kumpanen Doberstein und Zabel einen<br />
ebenso einfachen wie genialen Plan ausbrütet, um<br />
das ansonst dür�ige Einkommen zu verbessern.<br />
Sie besorgen sich in einem Secondhand-Geschä�<br />
eine ähnliche Gar<strong>de</strong>robe wie sie<br />
die Kontrolleure <strong>de</strong>s Berliner Verkehrsnetzes<br />
tragen. So „verklei<strong>de</strong>t“, nehmen sie die<br />
Schwarzfahrer aufs Korn und luchsen ihnen das<br />
fällige Bußgeld von 60 D-Mark ab.<br />
Der Rest <strong>de</strong>r Geschichte ist schnell erzählt. So<br />
kontrollieren Sie fortan wie Kontrolleure und nur<br />
die Tatsache dass sie einen an<strong>de</strong>ren Arbeitgeber<br />
haben, sozusagen selbstständig sind, unterschei<strong>de</strong>t<br />
sie noch von <strong>de</strong>n „echten“ Kollegen.<br />
LIES MICH!<br />
Und dabei verliert man schon ziemlich schnell<br />
<strong>de</strong>n Eindruck, dass es Gauner sind, die sich quasi<br />
die »Robin-Hood-Metho<strong>de</strong>« zueigen machen,<br />
son<strong>de</strong>rn merkt, dass sie das Geld erstens nur für<br />
sich benutzen und es ihnen zweitens ziemlich<br />
egal ist, wen sie da ausnehmen und dass sie eben<br />
nicht so sympathisch sind, wie sie am Anfang<br />
vielleicht scheinen mögen. So wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>m<br />
Deckmantel <strong>de</strong>r Autorität schon mal gültige<br />
Au�ri�serlaubnisse für Straßenmusikanten in<br />
<strong>de</strong>n U-Bahnhöfen als abgelaufen erklärt und samt<br />
Tageseinnahmen konfisziert, eine Oma beklaut<br />
und Straßenzeitungsverkäufer verjagt.<br />
So lebt <strong>de</strong>r Roman sowieso eher durch die drei<br />
sehr unterschiedlichen Charaktere als durch eine<br />
spannen<strong>de</strong> Handlung, wodurch man sich als Leser<br />
<strong>de</strong>nnoch gut unterhalten fühlt.<br />
Au�au Taschenbuch Verlag, 208 Seiten, Preis 7,95€<br />
„Tage mit Romy“<br />
Chantal Pelletier<br />
“Broadcast me a joyful noise into the times, Lord,<br />
count your blessings, ignore the lowest fear, come<br />
one, what more? It’s been a bad day, please don’t<br />
take your pictures.” Was kann jetzt noch kommen?<br />
Die Frage die sich je<strong>de</strong>m Verzweifelten stellt, <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>nkt schlimmer geht’s nicht mehr! Gar nicht so<br />
schlecht, soweit und schon ziemlich nah dran<br />
von R.E.M. - je<strong>de</strong>r hat mal einen schlechten Tag,<br />
aber <strong>de</strong>r Tag, <strong>de</strong>n die Heldin in Chantal Pelletier`s<br />
Roman „Tage mit Romy” durchlebt ist nicht nur<br />
ein bad Day, <strong>de</strong>r sich vor ihr au�ürmt, wie eine<br />
drohen<strong>de</strong> Tsunami vor Japans Strand, in <strong>de</strong>m<br />
Moment in <strong>de</strong>m die Menschen mit angstvoll<br />
geweiteten Augen und starren Glie<strong>de</strong>rn erkennen,<br />
dass es kein entrinnen gibt. Mit einem bewaffneten<br />
Überfall auf ihren geliebten Renault, <strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>ssen Diebstahl gipfelt und eine schier endlose<br />
Wartezeit auf <strong>de</strong>r Polizeiwache nach sich zieht,<br />
bekommt man gleich zu Beginn <strong>de</strong>r Geschichte<br />
einen zagha�en Einblick wie sich ein solcher Tag,<br />
<strong>de</strong>n man selbst nie durchleben möchte, anfühlt.<br />
Erschöp� von <strong>de</strong>n Strapazen <strong>de</strong>s Tages hat unsere<br />
Heldin nur noch einen Wunsch: ins Be� zu fallen<br />
und in Ruhe gelassen zu wer<strong>de</strong>n, doch dass es<br />
dazu nicht kommt weiß die Mu�er mit nerven<strong>de</strong>n<br />
Anrufen zu verhin<strong>de</strong>rn, im Fernsehen läu� eine<br />
Sendung für Gehörlose und plötzlich klingelt es<br />
an <strong>de</strong>r Tür… und dann noch um diese Zeit! Wie<br />
verhält man sich, wenn plötzlich eine längst tot<br />
geglaubte Schauspielerin bei einem vor <strong>de</strong>r Tür<br />
steht? Eine Frage mit <strong>de</strong>r sich unsere vom Tag<br />
bisher so gebeutelte Heldin spontan konfrontiert<br />
sieht, <strong>de</strong>nn vor ihrer Tür steht Romy Schnei<strong>de</strong>r.<br />
Fragt man sich ob man jetzt auch noch <strong>de</strong>n<br />
Verstand verliert o<strong>de</strong>r bi�et man <strong>de</strong>n ungela<strong>de</strong>nen<br />
aber <strong>de</strong>nnoch sehr willkommenen Gast fasziniert<br />
und mit <strong>de</strong>m Kopf voller Fragen herein? Pelletier`s<br />
Heldin entschließt sich für die zweite Variante<br />
und nutzt so die Gelegenheit einige traumha�e<br />
Tage mit Romy zu verbringen. Tage voller Glück<br />
über Romys Anwesenheit und Sorge darüber,<br />
dass die weltbekannte und ihr <strong>de</strong>nnoch frem<strong>de</strong><br />
Romy sie genauso plötzlich wie sie in ihrem Leben<br />
au�auchte auch wie<strong>de</strong>r verlassen könnte. Von <strong>de</strong>r<br />
Zeit, die die bei<strong>de</strong>n Frauen gemeinsam verbringen,<br />
han<strong>de</strong>lt diese bezaubern<strong>de</strong> kleine Geschichte.<br />
Verlag Kiepenheuer & Witsch, 176 Seiten, Preis: 16,90€<br />
Blicklicht- 13