REGIONALE SCHIENEN 2/2016
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8<br />
[ Verkehrspolitik ]<br />
„40 % Modal Split bis 2030 ist<br />
realistisch“<br />
Verkehrsminister Gerald Klug will Bahn-Güterverkehr stärken<br />
RS: Österreich hat die Verpflichtung aus dem Kyoto-Protokoll<br />
zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen klar<br />
verfehlt. Der Verkehrssektor ist ein starker Treiber für diese<br />
Fehlentwicklung. Er ist aktuell für 28 Prozent von Österreichs<br />
Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Was sind<br />
nach dem starken Signal der Klimakonferenz Ihre Maßnahmen<br />
zur Ökologisierung des Verkehrs?<br />
Klug: Wir bekennen uns klar zu den Klimazielen und richten<br />
auch unsere Politik danach aus. Mir ist es aber wichtig, dass wir<br />
beim Verkehr genau hinschauen. Es geht um zwei Fragen. Erstens:<br />
Wie klimafreundlich ist der Verkehr in Österreich? Und<br />
zweitens: Was wird in die CO 2<br />
-Bilanz eingerechnet? Zum ersten<br />
Punkt: Österreich hat von allen EU-Staaten den höchsten<br />
Bahnanteil. In keinem anderen EU-Land fahren die Menschen<br />
so viel mit der Bahn, und kein anderes hat einen so hohen Anteil<br />
der Bahn am Güterverkehr. Wenn man den gesamten Öffentlichen<br />
Verkehr betrachtet, sieht man, dass Österreich mit<br />
25 Prozent aller zurückgelegten Kilometer auch hier<br />
unter den Besten in Europa ist. Das österreichische<br />
Verkehrssystem ist viel klimafreundlicher<br />
als viele glauben. Und wir tun alles, um unser<br />
Verkehrssystem noch umwelt- und klimafreundlicher<br />
zu machen. Das zweite sind die<br />
Bilanzierungsregeln: CO 2 im Verkehr wird<br />
nach der in einem Land verkauften Treibstoffmenge<br />
berechnet. Und da weiß man –<br />
das Umweltbundesamt weist das im Klimaschutzbericht<br />
auch eindeutig so aus –, dass ein<br />
Drittel des Treibstoffs, der in Österreich verkauft<br />
wird, nicht in Österreich verbraucht wird. Früher<br />
hat man das Tanktourismus genannt: Transit-Lkw<br />
füllen ihre 1.000-Liter-Tanks in Österreich an, weil hier der<br />
Sprit günstiger ist, verbrauchen den Sprit aber im Ausland.<br />
RS: Gibt es einen speziellen Fahrplan/eine Road Map für<br />
CO 2 -Reduktionen?<br />
Klug: Für mein Ministerium gibt es klare Prioritäten, so wie<br />
im Gesamtverkehrsplan beschlossen. Vorrang dabei hat der<br />
Öffentliche Verkehr mit dem Ausbau der Bahn. Jeder Euro,<br />
den wir in eine moderne Bahn-Infrastruktur und für ein gutes<br />
Angebot auf der Schiene investieren, ist aktiver Klimaschutz.<br />
Außerdem sorgen wir für mehr Kostenwahrheit im Verkehr; ab<br />
2017 werden externe Kosten für Lärm und Luftverschmutzung<br />
in die Lkw-Maut eingepreist. Lkws, die die Umwelt mehr belasten,<br />
werden stärker zur Kasse gebeten. Und schließlich hat Klimaschutz<br />
auch eine technologische Komponente. Umweltfreundliche<br />
Antriebe, E-Mobilität, energiesparende Gebäude,<br />
erneuerbare Energien, ressourcenschonende Produktionstechnologien<br />
– darum kümmern wir uns in der Technologieund<br />
Forschungsförderung. Dafür investieren wir jedes Jahr<br />
eine halbe Milliarde Euro.<br />
RS: Der Anteil der Eisenbahn am Güterverkehr soll bis 2030<br />
auf 40 % steigen. Welche Maßnahmen zur Zielerreichung<br />
sind geplant?<br />
„Wir investieren<br />
25 Milliarden<br />
Euro in<br />
die Bahn“<br />
Klug: Wir haben uns ein hohes Ziel gesteckt, aber ich stehe<br />
voll und ganz dazu. Ich halte 40 Prozent Modal Split bis 2030<br />
für realistisch. Wichtig dafür ist es, den Ausbau in den großen<br />
Korridoren fertigzustellen, in die intermodalen Terminals zu<br />
investieren, den Schienengüterverkehr und die Anschlussbahnen<br />
zu fördern und die Gestaltungsmöglichkeiten im Mautbereich<br />
voll auszunutzen.<br />
RS: Was halten Sie von folgenden Maßnahmen? Welche<br />
davon wollen Sie umsetzen, bzw. wo sehen Sie Chancen für<br />
die Umsetzung? Flächendeckende Lkw-Maut?<br />
Klug: Soweit es die Autobahnen und Schnellstraßen betrifft,<br />
also die Straßen, für die ich zuständig bin, gibt es eine flächendeckende<br />
Lkw-Maut. Für die Landesstraßen sind die Länder<br />
zuständig, dazu äußere ich mich nicht.<br />
RS: Anhebung der Mineralölsteuer von Diesel auf das<br />
Niveau von Benzin?<br />
Klug: Über Steuerfragen entscheidet das Finanzministerium,<br />
nicht das Verkehrsministerium.<br />
RS: Kilometerabhängige Pkw-Maut auf Autobahnen?<br />
Klug: Ich finde, wir fahren mit der Vignette sehr gut. Das<br />
System ist bestens eingespielt, und wird von den<br />
Autofahrerinnen und Autofahrern breit akzeptiert.<br />
Es ist einfach und unbürokratisch – und<br />
ich sehe keinen Grund, warum wir das ändern<br />
sollten.<br />
RS: Ökologisierung des Pendlerpauschales?<br />
Klug: Die letzte Reform der Pendlerpauschale<br />
ging bereits in diese Richtung mit dem Jobticket.<br />
Sollte wieder eine größere Änderung<br />
kommen, lohnt es sich sicher, verstärkt darauf<br />
zu achten, dass der Verkehr noch umweltfreundlicher<br />
wird.<br />
RS: Pkw-Tempolimits; z.B. 80/110 km/h?<br />
Klug: Unsere Autobahnen sind für Tempo 130 ausgelegt, die<br />
Überlandstraßen für 100. Daran halten wir auch fest. Und<br />
dort, wo es die Verkehrssicherheit notwendig macht, passt die<br />
Behörde das Tempolimit an die Straßenverhältnisse an.<br />
RS: Revitalisierung/Ausbau von Regionalbahnen: Das mittlere<br />
bzw. südliche Burgenland ist auf dem Weg, schienenfrei<br />
zu werden (Einstellung der Aspangbahn im mittleren<br />
Abschnitt).<br />
Minister Klug testet den selbstfahrenden Bus „Wepod“. © Foto: BMVIT/Hudig