nachrichten aus hessen
Archivnachrichten%20aus%20Hessen%2016_1_2016
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20 MEMORY OF THE WORLD archiv<strong>nachrichten</strong> 16/1· 2016<br />
handschriftlichen Ergänzungen. Eine Stichprobe zeigt<br />
hier zwar, dass diese Schriften bei der Her<strong>aus</strong>gabe der<br />
„Kleineren Schriften“ zu Rate gezogen wurden, jedoch<br />
sind die Ergänzungen Jacob Grimms nur teilweise in<br />
die Ausgabe eingeflossen. 5<br />
■ Briefe<br />
Hinsichtlich der Marburger Briefe der Brüder Grimm<br />
stellt sich die Frage, ob diese deswegen längere Zeit<br />
im Familienbesitz verwahrt wurden, weil sie besonders<br />
brisante Themen zum Inhalt haben oder ob andere<br />
Gründe die Deponierung in den Grimm-Schränken verhindert<br />
haben. Bei den An-Briefen sollen zwei Beispiele<br />
näher untersucht werden: Es sind derzeit achtundzwanzig<br />
Briefe des Schweriner Altertumsforschers Friedrich<br />
Lisch an die Brüder Grimm bekannt. Sechsundzwanzig<br />
davon befinden sich in der Staatsbibliothek zu Berlin, 6<br />
einer in der Jagiellonenbibliothek in Krakau und einer<br />
im Bestand 340 Grimm in Marburg. Inhaltlich lässt sich<br />
kein pl<strong>aus</strong>ibler Grund für eine Aussortierung nachvollziehen<br />
und allem Anschein nach scheint der Brief als<br />
Andenken bzw. Autograph oder vielleicht auch zufällig<br />
in der Familie verblieben zu sein.<br />
■ Visitenkarten<br />
Eine für die Grimm-Forschung sehr interessante<br />
Sammlung sind die Visitenkarten. Darunter befinden<br />
sich Karten <strong>aus</strong> verschiedenen Lebensstationen der<br />
Brüder Grimm, von Bekannten <strong>aus</strong> der Kasseler Zeit,<br />
des Professors Matsko, der kurhessischen Hofdamen<br />
von Stockh<strong>aus</strong>en, von Gräffendorf und von Scheel,<br />
des Hofrats Harnier, von den Göttinger Kollegen Blumenbach,<br />
Benecke, Dahlmann, Ewald, Gervinus, Gauß,<br />
Heeren, Himly, Kraut, vom preußischen Staatsminister<br />
Eichhorn, den Berliner Kollegen Homeyer, Lepsius oder<br />
von Olfers. Diese Karten sind nicht nur Lebenszeugnisse,<br />
die die sozialen Kontakte der Brüder Grimm dokumentieren,<br />
auch manches „Nicht ermittelt“ bei den<br />
Personenrecherchen zu den Briefen und Tagebüchern<br />
wird sich durch Sichtung vermeiden lassen.<br />
■ Fotografien<br />
Eine ebenso unterschätzte Sammlung sind die Fotografien.<br />
Einige der Familienfotos sind Unikate – beispielsweise<br />
die Daguerreotypie von Hermann Biow <strong>aus</strong><br />
dem Jahr 1847, die als Vorlage für das Doppelporträt<br />
im „Deutschen Wörterbuch“ diente –, diese Sammlung<br />
beinhaltet auch Bilder der nächsten Bekannten von Jacob<br />
und Wilhelm Grimm. Mit Sicherheit befindet sich<br />
unter dieser Gruppe auch die Sammlung von Fotografien,<br />
die Jacob Grimm seit den 1850er-Jahren anlegte.<br />
Aber auch innerhalb der Familienbriefe – am Beispiel<br />
der Briefe Herman Grimms an die Brüder – lässt<br />
sich nicht erkennen, weshalb die Briefe mit der Signatur<br />
Br 1916–22, 1926–39 nicht den Berliner Konvoluten<br />
zugeordnet wurden. Der größere Teil eines zerschnittenen<br />
Briefs befindet sich beispielsweise in Marburg<br />
(Br 1918), der fehlende Ausschnitt liegt im Berliner<br />
Grimm-Nachlass 382, Bl. 1. Manche der Marburger<br />
Briefe zeigen den Stempel „Grimm-Schrank“. Dies ist<br />
ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Grimm-Erben<br />
bzw. Reinhold Steig als Nachlassverwalter bereits in<br />
den Berliner Grimm-Schränken deponierte Briefe wieder<br />
her<strong>aus</strong>genommen haben. Die Auswahl der Briefe<br />
scheint also – soweit das aufgrund dieser Stichproben<br />
beurteilt werden kann – eher Zufällen als Absichten geschuldet<br />
zu sein.<br />
Jacob und Wilhelm Grimm. Daguerreotypie von Hermann Biow,<br />
1847 (HStAM 340 Grimm B 72)<br />
Durch die Beschriftung von Familienangehörigen<br />
(meist von Auguste Grimm) ist die Identität fast aller<br />
abgelichteten Personen feststellbar. Sehr erleuchtend<br />
ist ihr Hinweis auf das Altersporträt von Jacob Grimm<br />
mit einer Rose in einer Vase: „die Rose ist vom Grab<br />
seines Bruder Wilhelm.“ Die Zuordnung der Aufnahmen<br />
der Wohnhäuser und Innenansichtern der Grimmschen<br />
Wohnungen lässt sich ebenso nur durch Auguste<br />
Grimms und Marko Plocks Beschriftungen vornehmen.