nachrichten aus hessen
Archivnachrichten%20aus%20Hessen%2016_1_2016
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30 WELTEREIGNIS REFORMATION archiv<strong>nachrichten</strong> 16/1· 2016<br />
■ Luther und Europa<br />
Ausstellung im Hessischen Staatsarchiv Marburg<br />
„Reformationsgeschichte international“ ist das Thema der Ausstellung „Luther und<br />
Europa. Wege der Reformation und der fürstliche Reformator Philipp von Hessen“,<br />
die am 5. November 2015 im Staatsarchiv Marburg eröffnet wurde und bis zum<br />
25. Mai 2016 dort präsentiert wurde. Anschließend ist sie als Wander<strong>aus</strong>stellung in<br />
ganz Hessen zu sehen.<br />
Die Ausstellung gliedert sich in zwei Teile: In einer<br />
Vitrinen<strong>aus</strong>stellung werden einschlägige und hochkarätige<br />
Dokumente <strong>aus</strong> dem Staatsarchiv Marburg<br />
präsentiert. Zentrale Texte wie die Confessio Augustana,<br />
das Wormser Edikt und Bekenntnisschriften wie<br />
die Schmalkaldischen Artikel sind in zeitgenössischen<br />
Ausfertigungen und Drucken zu sehen. Die Aktenüberlieferung<br />
vor allem <strong>aus</strong> dem „Politischen Archiv“<br />
Philipps des Großmütigen von Hessen (HStAM Best. 3)<br />
zeigt die starke Vernetzung des Landgrafen sowohl mit<br />
den Vertretern der verschiedenen reformatorischen<br />
Glaubensrichtungen als auch mit den europäischen<br />
Herrschern. Die großen Namen der Zeit sind unter den<br />
Schreiben, die an Philipp gerichtet wurden, zu sehen –<br />
ob es nun eine Stellungnahme Martin Luthers zur Doppelehe<br />
des Landgrafen ist oder Briefe von Huldrych<br />
Zwingli und Philipp Melanchthon. Große Ereignisse<br />
Große Ereignisse der europäischen<br />
Geschichte werden authentisch<br />
dokumentiert.<br />
der europäischen Geschichte wie die Erschaffung der<br />
anglikanischen Staatskirche in England werden durch<br />
Briefwechsel mit König Heinrich VIII. und Königin Elisabeth<br />
I. von England authentisch dokumentiert. Weitere<br />
Schwerpunkte der Ausstellung sind die Religionskriege<br />
in Frankreich und die Flucht der Hugenotten – auch<br />
nach Hessen – sowie der Aufstand gegen die spanische<br />
Krone in den Niederlanden.<br />
Die Archivalienpräsentation greift in ihrer Gliederung<br />
die begleitende stark bebilderte Tafel<strong>aus</strong>stellung<br />
auf. Sie wurde konzipiert von Justa Carrasco und<br />
Reinhard Neebe, gefördert hat sie das Hessische Kultusministerium.<br />
Sie führt zunächst in den sozial- und<br />
glaubensgeschichtlichen Hintergrund während des<br />
Umbruchs von Mittelalter zu Früher Neuzeit ein, in<br />
eine Zeit tiefer Verunsicherung. Die wachsende Kritik<br />
an Ablasshandel und Missständen im Papsttum führen<br />
zur Entstehung reformatorischer Ideen. Ausführlich<br />
dargestellt wird die Ausdifferenzierung in evangelisch-lutherische,<br />
reformierte, calvinistische Zweige<br />
und die Täuferbewegung sowie die Verbreitung des<br />
neuen Glaubens in ganz Europa. Auch das problematische<br />
Verhältnis Luthers zu Juden und Türken oder<br />
die ambivalente Rolle der Frau in der Reformation<br />
sind Themen der Ausstellung. Selbstverständlich fehlen<br />
die wichtigsten Ereignisse im Reich bis zur Mitte<br />
des 16. Jahrhunderts nicht – Thesenanschlag, Reichstag<br />
zu Worms, Bauernkrieg, Schmalkaldischer Bund,<br />
Augsburger Religionsfrieden –, wobei das kirchliche<br />
Geschehen immer eingebettet wird in die allgemeinen<br />
politischen Zusammenhänge. Auch den regional<br />
bedeutenden Entwicklungen während der Reformationszeit<br />
wie der Homberger Kirchenordnung und der<br />
Blüte des Bildungswesens (Gründung der Marburger<br />
Universität, Ziegenhainer Zuchtordnung) sind eigene<br />
Tafeln gewidmet. In seiner Bedeutung für die Ausbreitung<br />
des neuen Glaubens besonders her<strong>aus</strong>gestellt<br />
wird der „European Player“ Philipp der Großmütige<br />
von Hessen. Seine Mittlerfunktion äußerte sich nicht<br />
nur in dem von ihm organisierten Marburger Religionsgespräch.<br />
So war „Der selbstbewusste Weg der Reformation<br />
in Hessen“ Thema des Festvortrags von Frau<br />
Professorin Gury Schneider-Ludorff anlässlich der sehr<br />
gut besuchten Ausstellungseröffnung am 5. November<br />
2015.<br />
Neben Abbildungen zeitgenössischer Gemälde,<br />
handschriftlicher Dokumente, Druckschriften und Porträts<br />
nutzt die Ausstellung <strong>aus</strong>sagekräftige Übersichtsdarstellungen,<br />
die etwa die Ausbildung verschiedener<br />
reformatorischer Glaubensrichtungen in den Zentren<br />
Wittenberg, Zürich und Genf oder die Verbreitung<br />
der Schriften Luthers anschaulich verdeutlichen. Ihre<br />
ansprechende graphische Gestaltung und die didaktische<br />
Aufbereitung der 24 Tafeln macht sie für eine