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Archivnachrichten%20aus%20Hessen%2016_1_2016
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8 MEMORY OF THE WORLD archiv<strong>nachrichten</strong> 16/1· 2016<br />
■ An was werden wir uns morgen<br />
erinnern?<br />
Das Unesco-Programm „Memory of the World“<br />
Was wäre, wenn wir unser kollektives Gedächtnis verlören? Wo wir doch zur Vermeidung<br />
von Gedächtnisverlust Vermerke und Tagebücher schreiben, damit wir später<br />
darauf zurückgreifen können. Was wären wir ohne Gedächtnisbildung und Erinnerungskultur?<br />
Wer aber entscheidet heute, an was wir uns erinnern werden oder<br />
wollen? Karl Popper hat attestiert, dass wir heute nicht wissen, was wir morgen<br />
wissen werden. Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard, Staatssekretär a.D., Vorsitzender<br />
des Deutschen Nominierungskomitees für das Unesco-Programm „Memory of the<br />
World“ und ehem. Mitglied des International Advicory Committees (IAC) der Unesco,<br />
stellt in seinem Beitrag das Unesco-Programm „Memory oft the World“ vor, das<br />
für die Archive von großer Bedeutung ist.<br />
Wenn man sich der Frage nach dem Gedächtnisverlust<br />
nähert, ist es sinnvoll, sich vor der Frage des Bewahrens<br />
– zur besseren Trennschärfe – der des Verlustes<br />
zuzuwenden. Verdrängen, Vergessen, Verlieren: Was<br />
dies bedeutet, haben Fernsehbilder gezeigt, als das<br />
Gedächtnis der Stadt Köln beim Zusammensturz des<br />
Stadtarchivs nicht nur buchstäblich in den Schutt fiel.<br />
Aber nicht nur dort: Wir denken an die Bilder der brennenden<br />
Herzogin-Amalia-Bibliothek in Weimar, die<br />
um die Welt gingen, daran, dass in Afghanistan Statuen<br />
im Bamian-Tal von chiliastischen Taliban und im<br />
syrischen Palmyra Tempelanlagen von islamistischen<br />
Terroristen gesprengt und in Timbuktu von Terroristen<br />
Koran-Handschriften zerstört wurden.<br />
Gänzlich neu sind die Fragen nach der Zukunft der<br />
Vergangenheit in der Gegenwart natürlich nicht. Nur<br />
sind sie im Sinne der Aufklärung und Schillers berühmter<br />
Jenaer Antrittsvorlesung von 1789 „Was heißt und<br />
zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“<br />
stets neu zu stellen. Keineswegs liegt, Hans Rothfels<br />
folgend, die Wahrheit „nur“ in Akten („veritas in actis“).<br />
Nicht die formale Überlieferung in Schrift kommt in den<br />
Blick, sondern auch andere Formen wie audiovisuelle<br />
Dokumente, Plakate, Steine, Bronzescheiben u.a.m.<br />
zählen, wenn es um die jeweilige inhaltliche Bedeutung<br />
für Fragen von Echtheit und Wahrheit, für Erinnerung<br />
und Wahrnehmung geht. Schrift(liches) allein genügt<br />
nicht, denn schon bei Platon lesen wir eine Warnung<br />
des Pharao, die dieser dem Erfinder der Schrift mitgab.<br />
Hatte jener stolz seine Erfindung gepriesen, so hatte<br />
der König überraschend geantwortet: „Mein Lieber,<br />
Du hast nichts zur Stärkung des Gedächtnisses erfunden,<br />
sondern zu seiner Schwächung.“<br />
Seite <strong>aus</strong> Schota Rustawelis<br />
Gedicht „Der Recke im Tigerfell“<br />
(Georgien)<br />
Rothschild Miscellany<br />
(Israel)<br />
Nachlass von Claude Nobs<br />
zum Montreux Jazz-Festival<br />
(Schweiz)<br />
Werke des Fray Bernardino<br />
de Sahagún<br />
(Mexiko, Italien)