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Ausgrenzung, Stigmatisierung, Exotisierung - Urbane Lebenswelten von Roma / dérive - Zeitschrift für Stadtforschung, Heft 64 (3/2016)

Wer mit halbwegs wachem Geist in Europa lebt, weiß, dass Roma diskriminiert werden, ihnen mit rassistischem Hass und Gewalt begegnet wird; und doch scheint die Verdrängungsleistung in Bezug auf die untragbare Situation groß. Als ausgegrenzte und stigmatisierte europäische Minderheit trifft die Roma die neoliberale Stadtentwicklung der letzten Jahrzehnte besonders hart. Seien es die Privatisierung von kommunalen Dienstleistungen, die Kommodifizierung von Wohnraum oder die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums. Die Sommerausgabe von dérive greift all diese Punkte auf und setzt sich mit klassischen Vorurteilen wie dem Nomadentum oder dem Betteln auseinander. Darüberhinaus gibt es einen ausführlichen Beitrag über den Städtebau in Brasilien. Das Heft kann hier https://shop.derive.at/collections/einzelpublikationen/products/heft-64 bestellt werden.

Wer mit halbwegs wachem Geist in Europa lebt, weiß, dass Roma diskriminiert werden, ihnen mit rassistischem Hass und Gewalt begegnet wird; und doch scheint die Verdrängungsleistung in Bezug auf die untragbare Situation groß. Als ausgegrenzte und stigmatisierte europäische Minderheit trifft die Roma die neoliberale Stadtentwicklung der letzten Jahrzehnte besonders hart. Seien es die Privatisierung von kommunalen Dienstleistungen, die Kommodifizierung von Wohnraum oder die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums. Die Sommerausgabe von dérive greift all diese Punkte auf und setzt sich mit klassischen Vorurteilen wie dem Nomadentum oder dem Betteln auseinander. Darüberhinaus gibt es einen ausführlichen Beitrag über den Städtebau in Brasilien.
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Gilda-Nancy Horvath<br />

WIR lassen<br />

ES ZU<br />

Die Verantwortung<br />

des Nichthandelns und<br />

die Bedeutung<br />

der Selbstrepräsentation<br />

<strong>Roma</strong>, Selbstrepräsentation,<br />

Menschenrechte, Zivilisation, Geschichte,<br />

Medien, Mythen<br />

Kampagne »Wir sind gegen das Wort Zigeuner« —<br />

Doris, Harri und Sissi Stojka.<br />

Foto — Bettina Neubauer<br />

Europa versteht sich als Hort der Zivilisation und<br />

als Wiege <strong>von</strong> Aufklärung und Menschenrechten.<br />

Das Schicksal der <strong>Roma</strong>, die seit gut sechs<br />

Jahrhunderten in Europa leben, steht zu diesem<br />

Selbstverständnis in krassem Widerspruch. Kurzen<br />

Pausen der Duldung stehen lange Zeiten der<br />

Verachtung, Vertreibung und Vernichtung gegenüber.<br />

Auch heute sehen sich <strong>Roma</strong> mit Segregation,<br />

Verdrängung, Diskriminierung und rassistischer<br />

Gewalt wie z.B. 2008/09 in Ungarn oder 1995 in<br />

Österreich konfrontiert. Gegen das Unwissen<br />

über Geschichte und Bedeutung der <strong>Roma</strong> <strong>für</strong><br />

Europa entsteht das RomArchive, das damit antritt<br />

durch Aufklärung <strong>für</strong> mehr Verständnis zu sorgen.<br />

Für Gilda-Nancy Horvath verkörpern Projekte<br />

wie dieses die Hoffnung, dass die Idee Europas<br />

gestärkt wird und der Trend zu Abkapselung<br />

und nationalstaatlichem Egoismus gebremst wird.<br />

Wie wir die Ärmsten und Schwächsten in dieser Gesellschaft<br />

behandeln, ist der historische Maßstab, an dem die Glaubwürdigkeit<br />

dessen was wir Europa nennen gemessen werden<br />

wird. Die <strong>Roma</strong> und all jene Menschen, die jetzt auf der Flucht<br />

sind, sind der Spiegel, den Europa sich nicht vorhalten will.<br />

Aus gutem Grund, denn was würde es sehen? Eine Fratze dessen,<br />

was dereinst die Wiege der Menschenrechte und Aufklärung<br />

war, oder zumindest behauptete es zu sein.<br />

Staunend wie ein Kind, stand ich vor dir Europa.<br />

Voll der Freude, der Aufbruchsstimmung, voller Lust auf das<br />

Neue, den Fortschritt, die Zukunft. Das ist jetzt 15 Jahre<br />

her. Es mag pathetisch klingen, übertrieben, kitschig. Doch<br />

ich halte es nur <strong>für</strong> angebracht zu fragen: Was ist aus dir<br />

geworden, Europa?<br />

<strong>Roma</strong> sind ein Teil Europas<br />

Wenn ich über <strong>Roma</strong> schreiben soll, dann muss ich<br />

zwangsläufig auch über all das schreiben, was die Situation der<br />

<strong>Roma</strong> beeinflusst: Die Bildungssituation verschiedener<br />

Länder in Europa, die unterschiedlichen Entwicklungen in der<br />

Historie und Politik post-kommunistischer Länder und jenen<br />

in Zentraleuropa; auch über den Holocaust und wie dieser sich<br />

heute auf die nachfolgenden Generationen auswirkt. Ebenso<br />

Gilda-Nancy Horvath — WIR lassen ES ZU<br />

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