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Nachbarschaft / dérive - Zeitschrift für Stadtforschung, Heft 73 (4/2018)

Ist Nachbarschaft mehr als ein räumliches Nebeneinander? Die Beiträge zum dérive-Schwerpunktheft Nachbarschaft (Heft 73, Oktober-Dezember 2018) setzen sich mit der Frage, welche Potenziale und Chancen auf der Ebene der Nachbarschaft für Demokratisierung und Teilhabe, für die Stärkung der StadtbürgerInnenschaft und des sozialen Zusammenhalts sowie für nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Wandel vorhanden sind, auseinander. Welche politischen, wirtschaftlichen und planerischen Strukturen fördern eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen selbstorganisierten Initiativen, Politik und Verwaltung? Welche KomplizInnenschaften lassen sich auf lokaler Ebene schließen, um gemeinsam lebenswerte Stadtteile zu schaffen? Wie kann eine Ökonomie des Alltags aussehen, die lokale Strukturen stärkt, sinnstiftende Tätigkeit befördert und sich am Bedarf der Nachbarschaften orientiert? Welche Räume braucht eine lebendige Zivilgesellschaft? Die inhaltliche Reise geht vom Nordbahnviertel in Wien über das Kottbusser Tor und den Mehringplatz in Berlin, Brooklyn und die Kleinstädte Neuenglands bis zu den Comunas in Venezuela. Das Heft kann hier https://shop.derive.at/collections/einzelpublikationen/products/heft-73 bestellt werden.

Ist Nachbarschaft mehr als ein räumliches Nebeneinander? Die Beiträge zum dérive-Schwerpunktheft Nachbarschaft (Heft 73, Oktober-Dezember 2018) setzen sich mit der Frage, welche Potenziale und Chancen auf der Ebene der Nachbarschaft für Demokratisierung und Teilhabe, für die Stärkung der StadtbürgerInnenschaft und des sozialen Zusammenhalts sowie für nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Wandel vorhanden sind, auseinander. Welche politischen, wirtschaftlichen und planerischen Strukturen fördern eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen selbstorganisierten Initiativen, Politik und Verwaltung? Welche KomplizInnenschaften lassen sich auf lokaler Ebene schließen, um gemeinsam lebenswerte Stadtteile zu schaffen? Wie kann eine Ökonomie des Alltags aussehen, die lokale Strukturen stärkt, sinnstiftende Tätigkeit befördert und sich am Bedarf der Nachbarschaften orientiert? Welche Räume braucht eine lebendige Zivilgesellschaft? Die inhaltliche Reise geht vom Nordbahnviertel in Wien über das Kottbusser Tor und den Mehringplatz in Berlin, Brooklyn und die Kleinstädte Neuenglands bis zu den Comunas in Venezuela. Das Heft kann hier https://shop.derive.at/collections/einzelpublikationen/products/heft-73 bestellt werden.

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Okt — Dez <strong>2018</strong><br />

N o <strong>73</strong><br />

<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Stadtforschung</strong><br />

<strong>dérive</strong><br />

NACHBARSCHAFT<br />

<strong>dérive</strong><br />

ISSN 1608-8131<br />

8 euro<br />

<strong>dérive</strong>


Karoline von Perin<br />

Iduna Laube<br />

Auguste von Littrow-Bischoff<br />

Marianne Hainisch<br />

Irma von Troll-Borostyáni<br />

Anna Altmann<br />

Henriette Hontschik<br />

Auguste Fickert<br />

Marie Lang<br />

Rosa Mayreder<br />

Gabriele Possanner von Ehrenthal<br />

Therese Schlesinger<br />

Clotilde Benedikt<br />

Adelheid Popp<br />

Olga Rudel-Zeynek<br />

Eugenie Schwarzwald<br />

Bertha Pauli<br />

Hildegard Burjan<br />

„Frauen und Mädchen!“<br />

Eine Intervention von Tatiana Lecomte<br />

zur Geschichte der politischen Teilhabe<br />

und der Durchsetzung persönlicher Rechte<br />

von Frauen zwischen 1848 und 1918<br />

17. September bis 17. November <strong>2018</strong><br />

Montag bis Samstag, 11 bis 14 Uhr<br />

Palais Niederösterreich<br />

Herrengasse 13, 1010 Wien<br />

www.publicart.at


Editorial<br />

Die Frage, wie eine wahrlich demokratische urbane Gesellschaft<br />

aussehen könnte und müsste, beschäftigt uns seit langer<br />

Zeit. Wir haben diesem Thema mehrere Ausgaben von <strong>dérive</strong><br />

und dem urbanize!-Festival gewidmet: Perspektiven eines<br />

kooperativen Urbanismus, Housing the Many – Stadt der Vielen,<br />

Henri Lefebvre und das Recht auf Stadt, Citopia Now, Stadt<br />

selber machen und letztes Jahr Demokratie. Mit dem diesjährigen<br />

Festival und dieser <strong>dérive</strong>-Ausgabe setzen wir diese<br />

Erkundung fort.<br />

An der <strong>Nachbarschaft</strong>, dem Titel des vorliegenden <strong>Heft</strong>es,<br />

interessiert uns vor allem die Frage, welche Potenziale und<br />

Chancen der Maßstab der <strong>Nachbarschaft</strong> <strong>für</strong> Demokratisierung<br />

und Teilhabe, <strong>für</strong> die Stärkung der StadtbürgerInnenschaft<br />

und des sozialen Zusammenhalts, <strong>für</strong> nachhaltigen sozialen,<br />

wirtschaftlichen und ökologischen Wandel bietet. Welche<br />

politischen, wirtschaftlichen und planerischen Strukturen<br />

fördern eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen selbstorganisierten<br />

Initiativen, Politik und Verwaltung? Welche KomplizInnenschaften<br />

lassen sich auf lokaler Ebene schließen, um<br />

gemeinsam lebendige Stadtteile zu schaffen? Wie kann eine<br />

Ökonomie des Alltags aussehen, die lokale Strukturen<br />

stärkt, sinnstiftende Tätigkeit befördert und sich am Bedarf der<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>en orientiert? Welche Räume braucht eine lebendige<br />

Zivilgesellschaft?<br />

<strong>dérive</strong> versteht sich als Initiative, deren Arbeit sich<br />

der Verwirklichung einer urbanen Gesellschaft im besten<br />

Lefebvre’schen Sinn verschreibt. So auch diesmal, wenn es um<br />

das Potenzial <strong>für</strong> eine demokratische Erneuerung geht, die<br />

ihren Ausgangspunkt auf der Ebene des Grätzels nimmt, wie<br />

der Kiez oder eben die großräumliche <strong>Nachbarschaft</strong> in Wien<br />

heißt. Folgerichtig lädt die Wiener Ausgabe des diesjährigen<br />

urbanize!-Festivals unter dem Titel Grätzelhood – Globale<br />

Stadt lokal gestalten von 24. bis 28. Oktober in die Nordbahnhalle<br />

Wien, um die Potenziale der globalen Gesellschaft im<br />

lokalen Maßstab zu erkunden. Wiener Ausgabe deswegen, weil<br />

es <strong>2018</strong> auch ein Berliner urbanize!-Festival gibt. Zum zweiten<br />

Mal nach 2016, als wir urbanize! gemeinsam mit der Planbude<br />

im Hamburger Gängeviertel veranstaltet haben, findet<br />

urbanize! nicht nur in Wien, sondern auch in Berlin statt: Save<br />

the date! heißt es somit gleich <strong>für</strong> zwei ziemlich supere Festivaltermine:<br />

Gemeinsam mit einer breiten Plattform stadtpolitischer<br />

AkteurInnen laden wir von 5. bis 14. Oktober zu urbanize!<br />

nach Berlin, knapp danach folgt urbanize! in Wien von 24. bis<br />

28. Oktober.<br />

In Berlin lädt urbanize! unter dem Motto Bewegung.<br />

Macht.Stadt. zu 10 Tagen intensiver Beschäftigung mit aktuellen<br />

stadtpolitischen Diskursen und Fragestellungen. Lässt<br />

sich in der immer schon widerständigen Metropole doch seit<br />

einigen Jahren verfolgen, wie eine neue StadtbürgerInnenschaft<br />

Gewinn-maximierende Privatisierungen verhindert, Top-down<br />

Bebauungspläne kippt, Stadtentwicklungskonzepte selbst<br />

erstellt oder Bürger- und Volksentscheide gewinnt. Die Normalität<br />

des politischen und Verwaltungshandelns wird in der Bundeshauptstadt<br />

deutlich in kreative Unruhe versetzt. Eine<br />

Vielzahl an Initiativen und Projekten macht deutlich, wie aus<br />

oftmals nachbarschaftsbezogenen Bewegungen heraus Stadt<br />

zusammen emanzipativ-demokratisch gestaltet werden kann.<br />

urbanize! in Berlin thematisiert dieses städtische Handeln<br />

der Vielen. Es präsentiert und diskutiert Ansätze eines<br />

neuen Munizipalismus und verhandelt die Stadt als Gemeingut<br />

und Ausgangspunkt einer umfassenden demokratischen Erneuerung.<br />

Das Programm will mit lokalen AkteurInnen und<br />

internationalen Gästen ausloten, welche gemeinsamen Handlungsmöglichkeiten<br />

zwischen der Vielzahl stadtpolitischer<br />

Initiativen und Projekte, Politik und Verwaltung, kritischer<br />

Wissenschaft und gemeinwohlorientierter Immobilienwirtschaft<br />

bestehen. Debattiert wird die Schaffung nachhaltiger<br />

Strukturen und Kulturen <strong>für</strong> eine breit aufgestellte Stadtentwicklung<br />

von unten, die sich aus den Bedürfnissen und<br />

Fähigkeiten der vielfältigen Stadtgesellschaft speist. An die<br />

dreißig stadtentwicklungspolitische Berliner AkteurInnen laden<br />

zu Vorträgen, Podien, Workshops, Führungen und Exkursionen<br />

ein. Es gilt bestehende Wege zu erkunden und neue zu<br />

ebnen: Für eine plurale und kollaborative, solidarische und<br />

gemeinwohlorientierte Stadt(re)produktion.<br />

Das Wiener urbanize!-Festival schlägt auf seiner Reise<br />

durch die Wiener Bezirke seine Zelte diesmal in der Nordbahnhalle<br />

im zweiten Bezirk auf. Der Ort eignet sich ideal als<br />

Festivalzentrale zum Thema <strong>Nachbarschaft</strong>, liegt er doch<br />

mitten im Stadtentwicklungsgebiet Nordbahnviertel und versteht<br />

sich selbst als Raumressource <strong>für</strong> die be- und entstehenden<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>en. Wer Näheres zur Nordbahnhalle<br />

wissen möchte, sei auf den Beitrag von Christian Peer und Lina<br />

Streeruwitz über das Nordbahnviertel, seine Planungsgeschichte<br />

und das Verhältnis von <strong>Nachbarschaft</strong> und Planung<br />

verwiesen. Mehr darüber und über alle anderen <strong>Heft</strong>-Beiträge<br />

im einleitenden Artikel ab S. 4.<br />

Das urbanize! Festival in Wien bietet die Möglichkeit,<br />

diesen wunderbaren Ort kennen zu lernen und gemeinsam darüber<br />

nachzudenken, welche politischen, ökonomischen und<br />

planerischen Strukturen auf Grätzel-, Bezirks- und Stadtebene<br />

es eigentlich braucht, um eine kollaborative und gemeinwohlorientierte<br />

Stadtproduktion und <strong>Nachbarschaft</strong>s-Entwicklung<br />

zu ermöglichen. Eine Vielzahl an inspirierenden internationalen<br />

Projekten und Initiativen stellen vor, was alles möglich ist,<br />

wenn sich <strong>Nachbarschaft</strong>en solidarisch zusammen schließen.<br />

Und damit es nicht alleine beim Zuhören bleibt, widmen wir<br />

unter dem Motto »How to …« einen ganzen Festivalsamstag dem<br />

nachbarschaftlichen Empowerment mit Workshops zu Methoden<br />

und Werkzeugen der Selbstorganisierung, zu kreativen<br />

Protestformen, sowie dem Learning from … mit Strategien und<br />

Taktiken erfolgreicher Initiativen.<br />

Bereits zum 9. Mal eröffnet urbanize! eine Bühne <strong>für</strong><br />

emanzipatorisches städtisches Handeln. Change begins in the<br />

cities – und ist unter dem gegenwärtigen Rechtsruck mehr als<br />

nötig. Machen wir uns gegenseitig schlau – und werden<br />

gemeinsam stark!<br />

Wir freuen uns auf aktive Teilnahme in Berlin und/oder Wien,<br />

eure <strong>dérive</strong>s<br />

01


Internationales Festival <strong>für</strong><br />

urbane Erkundungen<br />

ur9anize!<br />

Produktive Verunsicherung und<br />

utopischer Überschuss in Theorie und Praxis<br />

Bewegung.Macht.Stadt.<br />

5. — 14. Oktober <strong>2018</strong>, Berlin<br />

www.berlin.urbanize.at<br />

gRÄtZeLhOOd<br />

globale Stadt lokal gestalten<br />

24. — 28. Oktober <strong>2018</strong>, Wien<br />

www.urbanize.at


Inhalt<br />

01<br />

Editorial<br />

Schwerpunkt<br />

04—05<br />

NACHBARSCHAFT<br />

There IS such a thing as SOCIETY<br />

CHRISTOPH LAIMER<br />

06—10<br />

BASISARBEIT an der DEMOKRATIE<br />

CHRISTOPH LAIMER UND<br />

ELKE RAUTH IM GESPRÄCH MIT<br />

ULRIKE HAMANN UND<br />

SANDY KALTENBORN<br />

11—18<br />

»Die STADT, das waren WIR«<br />

Wie die Kleinstädte Neuenglands zur mythischen<br />

Landschaft der amerikanischen Demokratie wurden<br />

GARRETT DASH NELSON<br />

19—24<br />

NACHBARschaft als planungsrelevantes NETZWERK<br />

in innerstädtischen Neubaugebieten<br />

CHRISTIAN PEER,<br />

LINA STREERUWITZ<br />

37—41<br />

Selbstverwaltete COMMUNITIES in VENEZUELA<br />

RICARDO VAZ IM GESPRÄCH MIT<br />

DARIO AZZELLINI<br />

42—44<br />

FOUNDATIONAL Economy<br />

Die Infrastruktur des alltäglichen Lebens<br />

LEONHARD PLANK<br />

45—52<br />

Die NACHBARSCHAFT zusammenschrauben<br />

Wie Eisenwarenhandlungen Dinge, <strong>Nachbarschaft</strong>en<br />

und die physische Welt ordnen<br />

SHANNON MATTERN<br />

Besprechungen<br />

53—55<br />

Freedom, generosity, pleasure S.53<br />

Die Verlorene kritische Sicht S.54<br />

Verlorene Stadtbewohner derive.at<br />

60<br />

IMPRESSUM<br />

25—31<br />

CoMMa neighbourhood ATLAS<br />

LORENZO TRIPODI<br />

Kunstinsert<br />

32—36<br />

Herwig Turk<br />

Unstable Grounds |<br />

Unsicherer Boden |<br />

Terra Mobile |<br />

Majava Tla<br />

–<br />

<strong>dérive</strong> – Radio <strong>für</strong> <strong>Stadtforschung</strong><br />

Jeden 1. Dienstag im Monat von<br />

17.30 bis 18 Uhr in Wien auf ORANGE 94.0<br />

oder als Webstream http://o94.at/live.<br />

Sendungsarchiv: http://cba.fro.at/series/1235<br />

03


CHRISTOPH LAIMER<br />

NACHBARSCHAFT<br />

There IS such a thing as SOCIETY<br />

Lange Zeit lautete eines der Versprechen der Stadt, in der Anonymität<br />

des Urbanen die Möglichkeit zu haben der sozialen<br />

Kontrolle des Dorfes – und den damit verbundenen Konsequenzen<br />

– zu entfliehen. Ganz egal welchen Lifestyle man pflegte,<br />

welche sexuelle Orientierung man hatte, welche politischen<br />

Ansichten man teilte und in welchen Kreisen man sich bewegte<br />

– die Stadt machte Platz <strong>für</strong> individuelle Lebensentwürfe und<br />

im besten Fall ließen sich gleichgesinnte Menschen finden, mit<br />

denen der eigene Lebensentwurf geteilt werden konnte. Diese<br />

Freiheit durch Anonymität war autoritären politischen Bewegungen<br />

schon immer ein Dorn im Auge: Die Nationalsozialisten<br />

etwa installierten Blockwarte als Kontroll- und Überwachungsinstanz<br />

und damit als autoritäres Bindeglied zwischen Privatraum<br />

und NS-Terror-Regime, die als Treppen-Terrier der<br />

Ausspitzelung und Denunziation abtrünnigen Verhaltens in<br />

der <strong>Nachbarschaft</strong> dienten. Und auch die Figur der HausmeisterInnen<br />

ist im öffentlichen Gedächtnis durchaus mit einem<br />

erheblichen Ausmaß an Kontrolle verbunden.<br />

Die Anonymität aber war Teil des Freiheitsversprechens<br />

einer modernen, individualistischen Gesellschaft. Ermöglicht<br />

oder zumindest erleichtert wurde diese individuelle Freiheit<br />

durch einen Sozialstaat, der es erlaubte, die heimatliche Scholle<br />

hinter sich zu lassen und die familiären Bande zu lockern<br />

oder gar zu kappen, indem er soziale Absicherung in Krisenzeiten<br />

garantierte.<br />

Interessanterweise hat sich der Wunsch nach Anonymität<br />

in den letzten Jahren vorrangig ins Internet verlagert, in der<br />

Stadt hingegen tritt dieser eher in den Hintergrund und wird<br />

durch die Beliebtheit von urbanen Dörfern überlagert. Das<br />

Thema soziale Kontrolle spielt in diesem Zusammenhang keine<br />

entscheidende Rolle. Die überwunden geglaubte Dorf- und<br />

Landromantik, unterfüttert mit der Sehnsucht nach Authentizität<br />

und Naturverbundenheit und dem Versprechen einer<br />

heilen Welt, übt auf die gestresste, abstiegsgefährdete Mittelschicht<br />

eine große Anziehungskraft aus.<br />

Bei aller Notwendigkeit <strong>für</strong> das Recht auf Anonymität<br />

im Stadtraum einzutreten, führt kein Weg vorbei am Mensch als<br />

sozialem Wesen, <strong>für</strong> das soziale Kontakte und Austausch unerlässlich<br />

sind. In einer Zeit der immer stärkeren Fragmentierung<br />

und Vereinzelung ist die Sehnsucht nach einem Leben in<br />

Gemeinschaft deutlich im Anwachsen wie zahlreiche Haus- und<br />

Baugruppenprojekte zeigen. Im Gegensatz zum Land bietet<br />

die Stadt jedoch den Vorteil, sich soziale Kontakte aussuchen zu<br />

können und auch hier spielt das Thema <strong>Nachbarschaft</strong> zusehends<br />

wieder eine wichtigere Rolle.<br />

Bei aller Notwendigkeit <strong>für</strong> das Recht auf<br />

Anonymität im Stadtraum einzutreten, führt<br />

kein Weg vorbei am Mensch als<br />

sozialem Wesen, <strong>für</strong> das soziale Kontakte und<br />

Austausch unerlässlich sind.<br />

Historisch war die räumliche Nähe der <strong>Nachbarschaft</strong> immer<br />

auch eine soziale: »Der Nachbar war von gleichem Stand, arbeitete<br />

und lebte unter ähnlichen Verhältnissen. Wer sich räumlich<br />

nah war, der war sich auch sozial nah, man war denselben<br />

Nöten und Zwängen unterworfen und zur Bewältigung des<br />

eigenen Alltags unausweichlich aufeinander angewiesen. Und<br />

viele blieben ihr Leben lang Mitglied ein und derselben Dorfgemeinschaft.<br />

<strong>Nachbarschaft</strong> war Schicksal.« (Siebel 2015) Die<br />

industrielle Revolution läutete ein Ende <strong>für</strong> eine Vielzahl dieser<br />

Dorfgemeinschaften ein, um ihr unstillbares Verlangen nach<br />

Arbeitskraft befriedigen zu können. <strong>Nachbarschaft</strong> konstituierte<br />

sich unter völlig veränderten Bedingungen in den ArbeiterInnenvierteln<br />

neu. Mit der zunehmenden Diversifizierung der Gesellschaft,<br />

die dazu führte, dass nicht mehr alle BewohnerInnen<br />

einer <strong>Nachbarschaft</strong> in den selben Fabriken arbeiteten, den gleichen<br />

Lohn nach Hause brachten, von den gleichen Sorgen<br />

und Nöten geplagt wurden, übereinstimmende Interessen und<br />

Verhaltensnormen hatten, verschwand neben dem Bewusstsein<br />

einer gemeinsamen Klasse anzugehören mit den Segnungen<br />

des aufkommenden Wohlfahrtsstaates auch die ökonomische Notwendigkeit<br />

einer engen <strong>Nachbarschaft</strong>. Gegenseitige Hilfe<br />

war im Alltag nicht mehr notwendig, <strong>Nachbarschaft</strong> keine<br />

Schicksalsgemeinschaft mehr.<br />

Walter Siebel weist in seinem Text über <strong>Nachbarschaft</strong><br />

darauf hin, dass erst das Ende der <strong>Nachbarschaft</strong> als Produktionsgemeinschaft,<br />

wie sie in der Vormoderne durchaus verbreitet<br />

war, »die Intimisierung einer privaten Sphäre der Wohnung«<br />

(Siebel 2015) in breiten Kreisen der Gesellschaft zum Standard<br />

machte. Erst mit dieser Entwicklung entstand das Bedürfnis<br />

nach Distanz, Abschottung und dem Schutz der Privatsphäre.<br />

Wie wir wissen, stimmt diese Analyse aktuell nicht mehr<br />

in vollem Umfang. Das Bedürfnis <strong>Nachbarschaft</strong> wieder in<br />

einem umfassenderen Verständnis zu leben, steigt zwar nicht<br />

unbedingt generell, aber doch in erheblicheren Teilen der Gesellschaft.<br />

Verantwortlich da<strong>für</strong> sind mehrere Phänomene. Die<br />

radikale Individualisierung der Gesellschaft hat in den besonders<br />

stark von neoliberaler Politik geprägten Staaten wie beispielsweise<br />

Großbritannien zu einer mit verheerenden Folgen verbun-<br />

04<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>73</strong> — NACHBARSCHAFT


denen Vereinzelung und Vereinsamung von speziell alten, nicht<br />

mehr im Berufsleben stehenden Menschen geführt. Hunderttausende<br />

haben im Schnitt nur einmal monatlich die Möglichkeit<br />

eines Gesprächs mit Verwandten oder Bekannten, die Hälfte der<br />

über 75-Jährigen lebt alleine. Der Trend zu SeniorInnen-WGs,<br />

Generationenwohnen oder erfolgreiche private Initiativen wie<br />

die Online-<strong>Nachbarschaft</strong>s-Plattform frag nebenan zeigen, dass<br />

das soziale Wesen Mensch wieder in den Vordergrund tritt und<br />

seine Rechte einfordert.<br />

Ein anderes Ziel des Neoliberalismus,<br />

die Zerschlagung des Sozialstaates,<br />

trägt ebenfalls dazu bei, dass <strong>Nachbarschaft</strong>en<br />

wieder als wichtige Ressource<br />

gesehen werden.<br />

Ein anderes Ziel des Neoliberalismus, die Zerschlagung des<br />

Sozialstaates, trägt ebenfalls dazu bei, dass <strong>Nachbarschaft</strong>en<br />

wieder als wichtige Ressource gesehen werden. Die aktuell in<br />

der Linken breit diskutierten Themen wie kollektives Eigentum<br />

und Commons wurzeln in jener Zeit, als <strong>Nachbarschaft</strong> nicht<br />

nur ein räumliches Nebeneinander, sondern ein soziales Netzwerk<br />

war. Garrett Dash Nelson erzählt in seinem Artikel <strong>für</strong><br />

diese Ausgabe die Geschichte der (Klein-)Städte Neuenglands,<br />

die aus spezifischen historischen, gesellschaftlichen und auch<br />

räumlichen Gründen besonders demokratische Gemeinschaften<br />

bildeten, die zu einem hohen Grad auf Selbstverwaltung und<br />

Gemeineigentum basierten. Einzelne Aspekte dieser Struktur –<br />

wie beispielsweise Stadtversammlungen – haben sich in manchen<br />

Städten bis heute gehalten.<br />

Die Krise der repräsentativen Demokratie ist eine weitere<br />

Ursache, die <strong>Nachbarschaft</strong>en wieder verstärkt in den Blickpunkt<br />

rücken. Über munizipalistische Initiativen, die <strong>Nachbarschaft</strong>en<br />

als zentralen Ort <strong>für</strong> eine radikale Demokratisierung<br />

sehen, mit Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau und ihrer<br />

Plattform Barcelona en Comú als populäre Aushängeschilder,<br />

war in <strong>dérive</strong> schon des Öfteren zu lesen. In der vorliegenden<br />

Ausgabe gibt es ein Interview mit Dario Azzellini, der sich seit<br />

vielen Jahren mit dem Thema Selbstverwaltung beschäftigt,<br />

ein ausgewiesener Experte <strong>für</strong> die gesellschaftspolitischen Verhältnisse<br />

Venezuelas ist und Einblicke in die Bottom-up-entwickelten<br />

Selbstverwaltungsstrukturen gibt, die von der lokalen<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>s- bis auf die regionale Stadtebene reichen, und<br />

ihren Wechselbeziehung zu den zentralstaatlichen Organen.<br />

Mit Ulrike Hamann und Sandy Kaltenborn aus der<br />

nachbarschaftlich organisierten Berliner Bottom-up-Initiative<br />

Kotti & Co haben wir über Auswirkungen <strong>für</strong> die Herausbildung<br />

sozialer Beziehungen in einer <strong>Nachbarschaft</strong> durch gemeinsamen<br />

öffentlichen Protest gesprochen. Die MieterInnen von Kotti<br />

& Co waren über die Jahre mit ständigen Mieterhöhungen konfrontiert,<br />

die 2011 ein Ausmaß erreichten, das weder trag- noch<br />

leistbar war. Bemerkenswert an Kotti & Co ist, dass es trotz<br />

der Diversität der <strong>Nachbarschaft</strong> und der gesellschaftlich marginalisierten<br />

Stellung vieler BewohnerInnen der Wohnbauten<br />

gelungen ist, sich über Jahre sichtbar und erfolgreich zu organisieren.<br />

Kotti & Co zeigt vor wie wichtig Selbstermächtigung und<br />

gegenseitige Unterstützung <strong>für</strong> eine Demokratisierung der<br />

urbanen Gesellschaften sind und welche Rolle <strong>Nachbarschaft</strong>en<br />

dabei spielen können.<br />

Um nachbarschaftliche Vernetzung und Aktivismus<br />

anzuregen und zu unterstützen, Informationen bereitzustellen<br />

und Wissen zu vermitteln, arbeitet die Berliner Plattform<br />

Tesserae Urban Social Research an der Entwicklung eines digitalen<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>s-Atlas. Lorenzo Tripodi, Teil von Tesserae<br />

und Autor eines Beitrages <strong>für</strong> diesen Schwerpunkt, sieht in<br />

nachbarschaftlichen Aktivitäten ebenso ein Potenzial <strong>für</strong> demokratische<br />

Reformen, weist aber gleichzeitig auf die Beschränkung<br />

lokaler Ansätze im Hinblick auf die übergreifenden<br />

globalen Faktoren hin. Der <strong>Nachbarschaft</strong>satlas soll helfen, Wissen<br />

und Ressourcen auf lokaler Ebene zu mobilisieren und<br />

gleichzeitig Ebenen-übergreifende Beziehungen und Abhängigkeiten<br />

in größerem Maßstab aufzuzeigen.<br />

Eine wichtige Funktion <strong>für</strong> <strong>Nachbarschaft</strong>en haben<br />

immer auch Einrichtungen <strong>für</strong> die kleinteilige Nahversorgung<br />

und deren Funktion als soziale Treffpunkte gespielt. Die Struktur<br />

dieser Einrichtungen ist über die letzten Jahrzehnte stark<br />

ausgedünnt. In Missachtung der sozialen Funktionen von<br />

Greißlern, Gemischtwarenhandlungen und Tschecherln 1 wurden<br />

diese in großer Zahl auf dem Altar der Marktwirtschaft geopfert.<br />

Shannon Mattern steuert zu diesem Themenkreis eine Betrachtung<br />

der nachbarschaftlichen Funktion von Eisenwaren- und<br />

Gemischtwarenhandlungen in US-amerikanischen Städten bei<br />

und wie diese die Bedürfnisse und Werte der Gemeinschaft<br />

widerspiegeln und sie oft auch prägen.<br />

Mit Alltagsökonomie setzt sich auch Leonhard Plank<br />

in seinem Beitrag Foundational Economy auseinander. Er<br />

plädiert da<strong>für</strong> die »demokratische Kontrolle über die Grundlagen<br />

des guten Lebens vor Ort und von unten zurückzuerlangen«<br />

und streicht die Bedeutung des kollektiven Konsums unerlässlicher<br />

Güter und Dienstleistungen des Alltags <strong>für</strong> unser aller<br />

Wohlergehen hervor.<br />

1<br />

Für die des Österreichischen<br />

nicht Mächtigen, der Duden sagt:<br />

ein Greißler ist ein kleiner<br />

Lebensmittelhändler, ein Tschecherl<br />

ein ebensolches, einfaches<br />

Gast- oder Kaffeehaus.<br />

Christoph Laimer ist Chefredakteur von <strong>dérive</strong>.<br />

Literatur<br />

Baumann, Zygmunt (2009): Gemeinschaften.<br />

Frankfurt: Suhrkamp.<br />

Siebel, Walter (2015): <strong>Nachbarschaft</strong>. Verfügbar unter:<br />

philosophie-indebate.de/3038/<br />

schwerpunktbeitrag-nachbarschaft [Stand 11.9.<strong>2018</strong>]<br />

Christoph Laimer — NACHBARSCHAFT. There IS such a thing as SOCIETY<br />

05


INTERVIEW MIT ULRIKE HAMANN UND SANY KALTENBORN<br />

BASISARBEIT<br />

an der DEMOKRATIE<br />

Ihr kämpft seit vielen Jahren als Teil der Initiative Kotti & Co<br />

gegen Mietsteigerung und Verdrängung am Kottbusser Tor.<br />

Was ist der Kotti eigentlich <strong>für</strong> ein Ort?<br />

Foto — Sandy Kaltenborn<br />

Die Mietergemeinschaft Kotti & Co in Berlin kämpft<br />

seit 2011 <strong>für</strong> bezahlbare Mieten im sozialen Wohnungsbau<br />

und die Re-Kommunalisierung der Sozialbauten<br />

am Kottbusser Tor in Berlin Kreuzberg.<br />

Mit ihrem Gecekondu 1 Protesthäuschen und dem<br />

Slogan I love Kotti ist sie zum Symbol <strong>für</strong> geeinten<br />

Widerstand und vielstimmigen Protest quer durch<br />

soziale und kulturelle Milieus geworden. <strong>dérive</strong> hat<br />

mit den MitbegründerInnen Ulrike Hamann und<br />

Sandy Kaltenborn über die Erfahrungen der Initiative,<br />

das Entstehen von <strong>Nachbarschaft</strong> und die<br />

Selbstermächtigung durch Protest gesprochen.<br />

Sandy Kaltenborn Während die meisten Leute bei Kreuzberg<br />

eher an die Gründerzeitbauten denken, ist das Kottbusser<br />

Tor durch Sozialbauten mit bis zu 12 Stockwerken aus den<br />

1970ern definiert – also einer Gebäudehöhe, die weit über die<br />

klassischen vier Gründerzeit-Etagen hinausgeht. Insgesamt gibt<br />

es hier um die 1.000 Wohnungen, die alle sozialer Wohnungsbau<br />

sind.<br />

Der Kotti ist einer der bekanntesten Orte in Berlin und<br />

über Berlin hinaus – mit einem eher schlechten Ruf. An<br />

diesem Ort, der räumlich durch eine große Kreuzung geprägt<br />

ist, laufen unterschiedliche Stränge zusammen: zum einen<br />

die Geschichte der Migration, sei es Arbeitsmigration oder<br />

Flucht – hier wohnen viele türkische und arabische Leute – und<br />

gleichzeitig ist es ein Ort, der als Tor zur Oranienstraße gelesen<br />

werden kann, einem der ehemaligen Zentren <strong>für</strong> Sub- und<br />

Gegenkultur. Eine starke Kunst- und Off-Kultur-Szene, die<br />

ihre Wurzeln in den 1970er/80er-Jahren hat, hat diesen Ort<br />

gleichermaßen geprägt. Einstürzende Neubauten oder »Schade,<br />

dass Beton nicht brennt« haben hier ihren Ursprung. Die<br />

Geschichte der HausbesetzerInnenbewegung ist ebenso präsent.<br />

Ein, zwei Straßen weiter stehen ehemals besetzte Häuser.<br />

Das Kottbusser Tor ist also ein Ort der Diversität, hier leben<br />

Leute aus verschiedenen Nationen, hauptsächlich arme Leute,<br />

aber auch zunehmend Menschen aus der Mittelschicht und reichere<br />

Leute. All das macht den Ort interessant.<br />

Ulrike Hamann Das Kottbusser Tor war einer der Ausgangspunkte<br />

<strong>für</strong> die geplante Umstrukturierung von Kreuzberg.<br />

Der Ort wird heute von sozialem Wohnbau umfasst,<br />

großen Blöcken, die in den 1970ern im Rahmen der sogenannten<br />

Kahlschlagsanierung gebaut wurden. Damals sollte der<br />

gesamte Altbaubestand abgerissen und durch Neubau ersetzt<br />

werden. Kreuzberg lag direkt am Rande West-Berlins knapp<br />

vor der Berliner Mauer, eine Gegend, die dem Abriss preisgegeben<br />

worden war. Es kam dann bekanntermaßen nicht dazu,<br />

weil sich viele gegen den Abriss der Gründerzeithäuser gewehrt<br />

hatten. Die behutsame Stadterneuerung hat hier ihren<br />

Ursprung. An diesem Punkt in den 1960/70ern beginnt auch<br />

die Migrationsgeschichte des Stadtteils, weil die Häuser leer<br />

standen und die VermieterInnen dachten, sie könnten migrantische<br />

Mieter als ZwischennutzerInnen zu überteuerten Mieten<br />

hereinholen, mit dem Kalkül, dass ihnen die MieterInnenrechte<br />

06<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>73</strong> — NACHBARSCHAFT


GARRETT DASH NELSON<br />

»Die STADT,<br />

das waren WIR«<br />

Wie die Kleinstädte Neuenglands zur mythischen Landschaft<br />

der amerikanischen Demokratie wurden<br />

Selbstverwaltung, <strong>Nachbarschaft</strong>, Demokratie,<br />

Stadtversammlung, Kleinstadt, Neuengland, Commons<br />

Storrowton Village, restaurierte Gebäude aus dem 18. Jahrhundert<br />

auf dem Gelände der Eastern States Exposition, Springfield,<br />

Massachusetts, Postkarte ca. 1930-1945. (c) The Springfield News Company<br />

»Vor ein oder zwei Jahrhunderten«, beginnt das Voiceover im Dokumentarfilm The<br />

City von 1939, »bauten wir unsere Kirche und steckten das Gemeingut ab. Als nächstes<br />

errichteten wir das Rathaus, um einen Ort <strong>für</strong> Mitsprache zu haben.« Aaron Coplands<br />

Partitur schlägt einen hellen Ton an, als die Kamera über die Häuser und Farmen<br />

von Shirley Center, Massachusetts, schwenkt, und der Erzähler fährt fort: »Wenn die<br />

Stadtversammlung stattfindet, kennen wir unsere Rechte und Pflichten, und es ist<br />

kein Unglück, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind. In allem, was zählt, halten wir<br />

Nachbarn zusammen.« Zwischen Szenen, die lokale politische Versammlungen,<br />

Kunsthandwerker, die Körbe weben, und Bauern und Bäuerinnen bei der Feldarbeit<br />

zeigen, legt der Film eine Vision der kommunalen Demokratie dar. »Arbeiten und<br />

Leben, wir haben ein Gleichgewicht gefunden. Die Stadt, das waren wir, und wir waren<br />

ein Teil von ihr.« 1<br />

Garrett Dash Nelson — »Die STADT, das waren WIR«<br />

1<br />

Der Film ist<br />

hier verfügbar:<br />

vimeo.com/52962432<br />

11


CHRISTIAN PEER, LINA STREERUWITZ<br />

NACHBARschaft<br />

als planungsrelevantes<br />

NETZWERK in innerstädtischen<br />

Neubaugebieten<br />

Nordbahnviertel, Wien, Masterplan,<br />

soziale Mischung, Nutzungsmischung, Freiflächen<br />

Workshop Wir Nordbahnhof Kids & unsere Gstettn veranstaltet von der<br />

IG Lebenswerter Nordbahnhof; November 2016. Foto: Peter Rippl.<br />

Christian Peer, Lina Streeruwitz — NACHBARschaft als planungsrelevantes NETZWERK<br />

in innerstädtischen Neubaugebieten<br />

19


LORENZO TRIPODI<br />

CoMMa<br />

neighbourhood<br />

ATLAS<br />

A collaborative platform for mapping hybrid territories<br />

Neighbourhood, mapping, territory,<br />

collaboration, participation,<br />

knowledge, exploration, commons, everyday urbanism, accessibility<br />

Lorenzo Tripodi — CoMMa neighbourhood ATLAS<br />

25


Kunstinsert<br />

Herwig Turk<br />

Unstable Grounds |<br />

Unsicherer Boden | Terra Mobile |<br />

Majava Tla<br />

Der Foto- und Konzeptkünstler Herwig Turk arbeitet seit vielen Jahren im Spannungsfeld von<br />

Wissenschaft, Biologie und Natur und realisiert Projekte in unterschiedlichen Kontexten. In<br />

großformatigen Fotografien untersucht er u.a. die Komplexität von Landschaftsräumen, die von<br />

den Eingriffen von Technik und Infrastruktur gekennzeichnet sind und somit das widersprüchliche<br />

Verhältnis von naturräumlichen Bedingungen und Fragen der Nutzung sichtbar machen.<br />

2016 setzte Herwig Turk mit seiner Arbeit Linescape in der Galerie Kargl in Wien Robert<br />

Smithsons monumentale Erdskulptur Spiral Jetty zu den Überformungen im benachbarten<br />

militärischen Sperrgebiet in der Wüste im Südwesten der USA, die <strong>für</strong> menschliche Eingriffe<br />

wie Atomversuche oder zielgerichtete Bombardierungen zu Trainingszwecken genutzt werden,<br />

in Bezug. Seit zwei Jahren befasst sich Herwig Turk intensiv mit der Flusslandschaft des<br />

Tagliamento im Norden der friulanischen Tiefebene. Dieses Terrain ist voller Widersprüche und<br />

Gegensätze: Einem scheinbar naturbelassenen Flussbett, dem Lebensraum seltener Tier- und<br />

Pflanzenarten, stehen Uferzonen gegenüber, die im Zeichen der Regulierung stehen und entsprechend<br />

devastiert sind. Viele Brücken und Festungsanlagen zeugen von den Anstrengungen,<br />

den Tagliamento als Hindernis zu überwinden und unter Kontrolle zu bringen. Schleusen,<br />

Kanäle und Rohrleitungen verweisen auf die Ausbeutung seiner Wasserressourcen. In dieser<br />

»Vorvergangenheit einer Landschaft in der Region um Gemona gibt es keine Stabilität. Der<br />

Fluss strömt, der Verkehr rollt, die Berge falten.«<br />

Das meist ausgetrocknete Flussbett des Tagliamento befindet sich im Bereich des durch das<br />

Erdbeben von 1976 immer noch gezeichneten Gebietes, das Friaul erschüttert und entvölkert<br />

hat. Abgesehen von Gemona, das als (zweifelhaftes) Vorzeigebeispiel wiederaufgebaut wurde<br />

und zu einer Touristenattraktion wurde, ist die Gegend weitgehend von Abwanderung betroffen.<br />

Verfallende Gebäude, die provisorisch gestützt werden, erzählen von einer instabilen Situation<br />

und der ungewissen Zukunft dieser Region. Für das Insert wählte Herwig Turk Fotos aus, die<br />

der scheinbaren Leere des Flussbetts gewidmet sind und dabei gleichzeitig von der Fülle angelagerter<br />

Aspekte zeugen. Ein Mikrokosmos von Vegetationsinseln nistet sich im Kies ein. Autobahnen<br />

und scheinbar überdimensionierte Brücken führen über das trockene Flussbett des<br />

Tagliamento. Nur in einem Foto zeigt Herwig Turk das seltene Ereignis des wildes Wasser<br />

führenden Stromes. Menschen sind auf seinen Fotografien keine zu sehen. Ihre Präsenz zeigt<br />

sich nur indirekt, in Form der Infrastruktur.<br />

Vom 15. 11. bis zum 9. 12. <strong>2018</strong> findet die Ausstellung Unstable Grounds, produziert<br />

von UNIKUM im Raum <strong>für</strong> Fotografie, www.unikum.ac.at, St. Ruprechter Straße 10,<br />

Klagenfurt, statt.<br />

Barbara Holub/ Paul Rajakovics<br />

32<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>73</strong> — NACHBARSCHAFT


RICARDO VAZ<br />

Selbstverwaltete<br />

Communities<br />

in VENEZUELA<br />

Interview mit Dario Azzellini<br />

»Die Comunas sollen der Raum sein, in dem wir den Sozialismus in<br />

die Welt bringen«, verkündete Hugo Chávez in einer seiner berühmten<br />

Fernsehansprachen. Dario Azzellini, der seit vielen Jahren sowohl<br />

über Venezuela als auch zu Fragen der Selbstverwaltung forscht<br />

und publiziert, spricht im Interview mit Ricardo Vaz über Formen der<br />

Selbstverwaltung auf unterschiedlichen Ebenen der venezolanischen<br />

Gesellschaft, ihre Erfolge, Schwierigkeiten und Widersprüche. Diese<br />

Ebenen reichen von lokalen <strong>Nachbarschaft</strong>sversammlungen bis zu<br />

kommunalen Städten.<br />

In deinem Buch schreibst du, dass es in Venezuela sowohl einen Top-down- als auch einen<br />

Bottom-up-Prozess gibt. Wie erklärst du diese zweigleisige Entwicklung?<br />

Im Allgemeinen ist es so, dass manche Leute die Vorstellung haben, der Wandel käme<br />

von oben. Man müsse die Staatsmacht und die Regierung übernehmen, dann könne<br />

man alles Top-down ändern. Andere widersprechen und verfechten die Ansicht, dass<br />

1<br />

Der Begriff ist vom Spanischen<br />

Empresas Recuperadas<br />

por sus Trabajadores, ERT,<br />

abgeleitet, der in Argentinien<br />

definiert wurde und<br />

von ForscherInnen aus<br />

Brasilien und Uruguay übernommen<br />

wurde. Als RBA<br />

werden Betriebe bezeichnet,<br />

die zuvor als kapitalistische<br />

Unternehmen existierten<br />

und deren Schließung<br />

oder Bankrott zu einem<br />

Kampf der ArbeiterInnen um<br />

eine Übernahme unter kollektiver<br />

ArbeiterInnenselbstverwaltung<br />

geführt hat.<br />

Neben einem Prozess der<br />

Wiederinbetriebnahme sind<br />

also die Anstrengungen von<br />

den ArbeiterInnen zugunsten<br />

einer von kollektiven<br />

Entscheidungsstrukturen<br />

geprägten Unternehmensform<br />

ausschlaggebend. Ein RBA<br />

ist ein sozialer und ökonomischer<br />

Prozess.<br />

eine Basisbewegung von unten agieren muss und auf diese Weise den Staat überwinden<br />

kann.<br />

Ich denke, das Beispiel Venezuela zeigt, dass der Staat da ist, ob man es will<br />

oder nicht. Er verschwindet nicht einfach, indem man ihn ignoriert. Andererseits<br />

haben wir auch gesehen, dass, wenn man versucht, etwas von oben zu verändern,<br />

ohne selbstorganisierte Strukturen in der Gesellschaft zu haben, die sie stützen, sich<br />

das Bewusstsein der Menschen nicht wirklich verändert und alles wie ein Kartenhaus<br />

zusammenfallen kann, wenn die Staatsmacht plötzlich verloren geht.<br />

Charakteristisch <strong>für</strong> einige der jüngsten Prozesse in Lateinamerika und insbesondere<br />

in Venezuela mit all seinen Schwierigkeiten und Widersprüchen ist die<br />

Kombination von Veränderungen und Reformen von oben mit einer starken Selbstorganisation<br />

auf lokaler Ebene. Wenn wir uns erfolgreiche Beispiele besonders in Venezuela<br />

ansehen, von den rückeroberten Betrieben unter ArbeiterInnenkontrolle (RBA) 1<br />

bis hin zu den lokalen Selbstverwaltungen durch die kommunalen Räte und<br />

die Comunas, waren es Strukturen, die von der Bevölkerung vor Ort geschaffen und<br />

später von Hugo Chávez aufgegriffen und in Regierungspolitik umgesetzt wurden.<br />

Der zweigleisige Ansatz bedeutet, dass es gleichzeitig Bemühungen um Veränderung<br />

von oben und von unten gibt. Es kann in staatlichen Institutionen eine<br />

Bottom-up-Logik vorherrschen, ebenso wie es in einigen Basisbewegungen eine hierarchische<br />

Top-down-Konzeption gibt. Es ist also komplizierter, als es scheint.<br />

Selbstverwaltung, Stadtteilversammlung, <strong>Nachbarschaft</strong>,<br />

Bottom-up/Top-down, Venezuela, Gender, Sozialismus<br />

Ricardo Vaz — Selbstverwaltete Communities in VENEZUELA<br />

37


LEONHARD PLANK<br />

FOUNDATIONAL<br />

Economy<br />

Die Infrastruktur des alltäglichen Lebens<br />

Alltagsökonomie, Infrastruktur,<br />

kollektiver Konsum, Wertschöpfung, Finanzialisierung,<br />

Commons, Munizipalismus, De-Growth<br />

Crest Hardware Art Show, 2012<br />

(siehe auch den Artikel Die <strong>Nachbarschaft</strong><br />

zusammenschrauben S. 45-52); Foto: Garrett Ziegler<br />

»Paving for Pizza« heißt die marketingtechnisch zweifellos<br />

erfolgreiche Kampagne der seit kurzem weltweit größten Pizza-<br />

Kette Domino’s. Dabei stellen die Pizzabäcker aus Michigan<br />

ausgewählten US-Gemeinden in Aussicht, sich einmalig mit<br />

5.000 US-Dollar an der Reparatur von Schlaglöchern und<br />

anderen Straßenunebenheiten zu beteiligen. Ganz ohne Gegenleistung<br />

geht das freilich nicht: Im Gegenzug müssen die ausgebesserten<br />

Stellen mit dem Logo der Pizza-Kette sowie dem<br />

Spruch »Oh yes we did« versehen werden. Im Gegensatz<br />

zu kreativen Aktionen von BürgerInnen (z.B. Bepflanzung der<br />

Schlaglöcher, Graffiti), die auf das Fehlen regelmäßiger<br />

Instandhaltung von Straßen hinweisen, hat es diese Kampagne<br />

zu nationaler Aufmerksamkeit gebracht. Vermutlich nicht<br />

zuletzt, weil sie exemplarisch die Vorstellungen der Trump-<br />

Administration und ihres Infrastructure Incentives Program verkörpert.<br />

Damit sollen signifikante, private Kapitalströme durch<br />

Public-Private-Partnerships zur Modernisierung der maroden<br />

US-Infrastruktur aktiviert werden.<br />

Aber auch auf dieser Seit des Atlantiks ist im Bereich<br />

der Infrastruktur nicht alles rosig. Dies trifft nicht zuletzt die<br />

kommunale Ebene in Österreich und Deutschland. Am Beispiel<br />

Deutschland lässt sich dies auch grob quantifizieren. Auf Basis<br />

des jüngsten Kommunalpanels <strong>2018</strong> schätzen die Kreditanstalt<br />

<strong>für</strong> Wiederaufbau (KfW) und das Deutsche Institut <strong>für</strong> Urbanistik<br />

(Difu) den Investitionsrückstand auf rund 159 Milliarden<br />

Euro. In etwa 48 Milliarden Euro entfallen dabei auf den<br />

Bereich Schulen und Bildungsinfrastruktur. Die notwendigen<br />

Investitionen des Bundes und der Länder (z.B. Breitbandausbau,<br />

Verkehrsinvestitionen <strong>für</strong> eine Mobilitätswende oder Spitäler)<br />

sind hier noch gar nicht berücksichtigt. Auch wenn diese<br />

Investitionsrückstände räumlich unterschiedlich stark ausgeprägt<br />

sind, kann festgehalten werden, dass Deutschland insgesamt<br />

von seiner Substanz lebt.<br />

42<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>73</strong> — NACHBARSCHAFT


SHANNON MATTERN<br />

Die NACHBAR-<br />

SCHAFT<br />

zusammenschrauben<br />

Wie Eisenwarenhandlungen Dinge,<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>en und die physische Welt ordnen<br />

Einzelhandel, Alltag,<br />

Nahversorgung, Kommunikation, <strong>Nachbarschaft</strong>szentrum,<br />

Reparatur, Beratung, DIY<br />

Crest Hardware Art Show, 2012; Foto: Garrett Ziegler<br />

Shannon Mattern — Die NACHBARSCHAFT zusammenschrauben<br />

45


Besprechungen<br />

Freedom, generosity,<br />

pleasure<br />

Elisabeth Haid<br />

Das ArchitektInnenduo Lacaton & Vassal hat<br />

längst internationale Bekanntheit erlangt,<br />

sei es durch ihre (unkonventionellen)<br />

Wohnbauten – vom Einfamilienhaus bis zu<br />

Großwohnsiedlungen –, Kulturbauten wie<br />

das FRAC Nord-Pas de Calais (siehe Abb.)<br />

oder die Adaptierung des Palais de Tokyo<br />

in Paris. In letzterem findet man sich beim<br />

Betreten der Ausstellung inhabiting: pleasure<br />

and luxury for everyone im Innsbrucker<br />

aut wieder: Ein Foto des Innenraums gibt<br />

einen lebhaften, fast maßstabsgetreuen<br />

Eindruck eines der größten Zentren <strong>für</strong><br />

zeitgenössische Kunst. Großzügigkeit,<br />

Freiheit und Vergnügen – <strong>für</strong> das Schaffen<br />

der beiden ArchitektInnen zentrale Begriffe<br />

– treten bereits hier deutlich zutage und<br />

werden greifbar.<br />

Eine Besonderheit des 1999-2001 bzw.<br />

2010-2012 von Lacaton & Vassal adaptierten<br />

Museumsbaus ist die große Freiheit, die<br />

er sowohl BesucherInnen, KünstlerInnen<br />

als auch den ausgestellten Werken zuteil<br />

werden lässt und ihn zu einem Ort der<br />

Begegnung, Diskussion und Aneignung<br />

macht. Dahinter steht die Vision, mit<br />

gezielten, minimalen Eingriffen ein Maximum<br />

an Raum zu bieten, wie auch die<br />

Möglichkeit, die einzelnen Räume flexibel<br />

und unabhängig zu nutzen. »Räumliche<br />

Großzügigkeit ist wesentlich«, schreiben<br />

Anne Lacaton und Jean Philippe Vassal in<br />

einem Text zur Ausstellung. »Uns geht es<br />

darum, zusätzlichen Raum ohne vorgegebene<br />

Funktion zu schaffen, um eine Vielzahl<br />

von Nutzungen und Aneignungsmöglichkeiten<br />

zu bieten. Dies entspricht unserem<br />

Verständnis von Luxus, den wir im Sinn von<br />

Großzügigkeit, freier Verwendung und<br />

Freude neu definieren.« Ein Prinzip, dem<br />

insbesondere auch in den Wohnbauten von<br />

Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal große<br />

Bedeutung zukommt.<br />

FRAC (Regionalfond <strong>für</strong> zeitgenössische Kunst)<br />

Nird-Pas de Calais, Dunkerque,<br />

2013 – 15 – (c) Courtesy Philippe Ruault<br />

Diese bilden einen zentralen Bestandteil<br />

der Ausstellung. Großformatig projizierte<br />

Innenraumansichten geben Einblick in neun<br />

zwischen 1993 und 2016 realisierte Projekte.<br />

Die Fotografien ermöglichen es, in die<br />

verschiedenen Projekte einzutauchen und<br />

die Wohnräume aus der Perspektive der<br />

Bewohner- und NutzerInnen wahrzunehmen.<br />

Die im Ausstellungsraum platzierten<br />

Möbel laden zum Verweilen ein und wirken<br />

wie Versatzstücke aus den Fotografien.<br />

Zusätzlich werden ebenfalls mittels<br />

Projektionen in Form von (Kurz)Filmen und<br />

Studien weiterführende Informationen<br />

zugänglich gemacht. Da ist zum Beispiel die<br />

Cité Manifeste in Mulhouse. Errichtet wurde<br />

die experimentelle Reihenhaussiedlung<br />

unter der Prämisse, bei gleichbleibenden<br />

Kosten ein Maximum an hochwertigem<br />

(Wohn)Raum zu schaffen. Entstanden sind<br />

14 loft-ähnliche Wohnungen, die nicht<br />

nur aufgrund ihrer Größe (sie weisen fast<br />

das doppelte Raumvolumen des üblichen<br />

Standards im sozialen Wohnbau auf)<br />

das Potenzial der Aneignung und kreativen<br />

Nutzung durch ihre BewohnerInnen in<br />

sich tragen. Durch das »Setzen von<br />

Prioritäten« und die Verwendung einfacher<br />

und kostengünstiger Materialien gelingt es<br />

Lacaton & Vassal »gute Architektur<br />

leistbar zu machen« und hohe (räumliche)<br />

Qualität zu schaffen.<br />

Zu sehen ist auch das Haus Latapie, ein<br />

Einfamilienhaus am Stadtrand von Bordeaux.<br />

Es ist das erste realisierte Projekt der<br />

beiden und nimmt bereits viele der<br />

zentralen Aspekte und Grundzüge ihrer<br />

Arbeit vorweg: Eine Stahlkonstruktion, zum<br />

Garten hin mit durchsichtigem PVC<br />

beplankt, umschließt einen einfachen<br />

hölzernen Kubus, der alle grundlegenden<br />

Funktionen beinhaltet. Sie bildet die<br />

klimatische Hülle aus und definiert zusätzlichen,<br />

flexibel nutzbaren Raum in Form eines<br />

Wintergartens. Je nach Bedarf und<br />

Jahreszeit kann das Gebäude durch Tore,<br />

Fenster und Klappen den Bedürfnissen<br />

der BewohnerInnen angepasst werden. Versatzstücke<br />

und Elemente industrieller<br />

Gewächshausanlagen bilden ein wiederkehrendes<br />

Motiv in den Bauten von Lacaton<br />

& Vassal. Sie ermöglichen es, das Raumklima<br />

zu steuern und gleichzeitig kostengünstig<br />

zusätzlichen Raum zu schaffen.<br />

Eine zentrale Rolle kommt diesen meist frei<br />

programmierbaren Räumen, von der<br />

klimatischen Funktion ähnlich der eines<br />

Wintergarten, auch bei der Transformation<br />

und Erweiterung bestehender Großsiedlungen<br />

zu.<br />

2004 setzen Lacaton & Vassal gemeinsam<br />

mit Frédéric Druot den Plänen der<br />

französischen Regierung, etwa 200.000 in<br />

den 1960er und 1970er Jahren errichtete<br />

Besprechungen<br />

53


Impressum<br />

AutorInnen, InterviewpartnerInnen und KünstlerInnen<br />

dieser Ausgabe: Dario Azzellini, Thomas Ballhausen, Elisabeth<br />

Haid, Ulrike Hamann, Barbara Holub, Sandy Kaltenborn,<br />

Silvester Kreil, Christoph Laimer, Shannon Mattern, Garrett<br />

Dash Nelson, Stepan Nest, Christian Peer, Leonhard Plank,<br />

Paul Rajakovics, Elke Rauth, Lina Streeruwitz, Lorenzo Tripodi,<br />

Herwig Turk, Ricardo Vaz.<br />

Anzeigenleitung & Medienkooperationen<br />

Helga Kusolitsch, anzeigen@derive.at<br />

<strong>dérive</strong> – <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Stadtforschung</strong><br />

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:<br />

<strong>dérive</strong> – Verein <strong>für</strong> <strong>Stadtforschung</strong><br />

Mayergasse 5/12, 1020 Wien<br />

Vorstand: Christoph Laimer, Elke Rauth<br />

ISSN 1608-8131<br />

Offenlegung nach § 25 Mediengesetz<br />

Zweck des Vereines ist die Ermöglichung und Durchführung<br />

von Forschungen und wissenschaftlichen Tätigkeiten zu den<br />

Themen Stadt und Urbanität und allen damit zusammenhängenden<br />

Fragen. Besondere Berücksichtigung finden dabei<br />

inter- und transdisziplinäre Ansätze.<br />

Grundlegende Richtung<br />

<strong>dérive</strong> – <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Stadtforschung</strong> versteht sich als<br />

interdisziplinäre Plattform zum Thema <strong>Stadtforschung</strong>.<br />

Redaktion<br />

Mayergasse 5/12, 1020 Wien<br />

Tel.: +43 (01) 946 35 21<br />

E-Mail: mail@derive.at<br />

www.derive.at<br />

www.urbanize.at,<br />

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<strong>dérive</strong> – Radio <strong>für</strong> <strong>Stadtforschung</strong><br />

Jeden 1. Dienstag im Monat von 17.30 bis 18 Uhr<br />

in Wien live auf ORANGE 94.0<br />

oder als Webstream http://o94.at/live.<br />

Sendungsarchiv: http://cba.fro.at/series/1235<br />

Chefredaktion: Christoph Laimer<br />

Redaktion: Thomas Ballhausen, Tina Deschu, Andreas Fogarasi,<br />

Barbara Holub, Michael Klein, Andre Krammer, Silvester Kreil,<br />

Axel Laimer, Iris Meder, Erik Meinharter, Sabina Prudic-Hartl,<br />

Paul Rajakovics, Elke Rauth, Manfred Russo, Jacob Scholz<br />

Website: Christian Klettner, Artistic Bokeh, Simon Repp,<br />

Robert Wildling<br />

Grafische Konzeption & Gestaltung:<br />

Atelier Liska Wesle — Wien / Berlin<br />

Lithografie: Branko Bily<br />

Coverfoto: Kottbusser Tor Sandy Kaltenborn<br />

Hersteller: Resch Druck, 1150 Wien<br />

Kontoverbindung / Bank Account<br />

Empfänger: <strong>dérive</strong> – Verein <strong>für</strong> <strong>Stadtforschung</strong><br />

Bank: Hypo Oberösterreich<br />

IBAN AT53 54000 0000 0418749, BIC OBLAAT2L<br />

Abonnement<br />

Standard: 24 Euro (inkl. Versandspesen Inland)<br />

Ermäßigt: 20 Euro (inkl. Versandspesen Inland)<br />

Förder- und Institutionenabo: Euro 50<br />

Ausland jeweils plus 8 Euro Versandspesen<br />

Abonnements laufen ein Jahr (vier <strong>Heft</strong>e). Bestellungen an:<br />

bestellung@derive.at oder per Bestellformular auf www.derive.at<br />

Wir danken <strong>für</strong> die Unterstützung:<br />

Bundeskanzleramt – Kunstsektion,<br />

MA 7 – Wissenschafts- und Forschungsförderung,<br />

INURA – International Network for Urban<br />

Mitgliedschaften, Netzwerke:<br />

Eurozine – Verein zur Vernetzung von Kulturmedien,<br />

IG Kultur, INURA – International Network for Urban<br />

Research and Action, Recht auf Stadt – Wien.<br />

Die Veröffentlichung von Artikeln aus <strong>dérive</strong> ist nur mit<br />

Genehmigung des Herausgebers gestattet.<br />

60<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>73</strong> — NACHBARSCHAFT


»Die Stadtversammlungen<br />

Neuenglands«, schwärmte<br />

Gropius, »bieten ein<br />

gutes Beispiel <strong>für</strong> ein System<br />

solider demokratischer<br />

<strong>Nachbarschaft</strong>en.«<br />

»Die Stadt, das waren wir«, Garrett Dash Nelson, S. 12<br />

Selbstverwaltung, Demokratie, Alltagsökonomie,<br />

Nahversorgung, Mapping, everyday urbanism, kollektiver Konsum,<br />

Munizipalismus, Kottbusser Tor,<br />

Selbstermächtigung, Venezuela, Neuengland, Commons

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