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Nachbarschaft / dérive - Zeitschrift für Stadtforschung, Heft 73 (4/2018)

Ist Nachbarschaft mehr als ein räumliches Nebeneinander? Die Beiträge zum dérive-Schwerpunktheft Nachbarschaft (Heft 73, Oktober-Dezember 2018) setzen sich mit der Frage, welche Potenziale und Chancen auf der Ebene der Nachbarschaft für Demokratisierung und Teilhabe, für die Stärkung der StadtbürgerInnenschaft und des sozialen Zusammenhalts sowie für nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Wandel vorhanden sind, auseinander. Welche politischen, wirtschaftlichen und planerischen Strukturen fördern eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen selbstorganisierten Initiativen, Politik und Verwaltung? Welche KomplizInnenschaften lassen sich auf lokaler Ebene schließen, um gemeinsam lebenswerte Stadtteile zu schaffen? Wie kann eine Ökonomie des Alltags aussehen, die lokale Strukturen stärkt, sinnstiftende Tätigkeit befördert und sich am Bedarf der Nachbarschaften orientiert? Welche Räume braucht eine lebendige Zivilgesellschaft? Die inhaltliche Reise geht vom Nordbahnviertel in Wien über das Kottbusser Tor und den Mehringplatz in Berlin, Brooklyn und die Kleinstädte Neuenglands bis zu den Comunas in Venezuela. Das Heft kann hier https://shop.derive.at/collections/einzelpublikationen/products/heft-73 bestellt werden.

Ist Nachbarschaft mehr als ein räumliches Nebeneinander? Die Beiträge zum dérive-Schwerpunktheft Nachbarschaft (Heft 73, Oktober-Dezember 2018) setzen sich mit der Frage, welche Potenziale und Chancen auf der Ebene der Nachbarschaft für Demokratisierung und Teilhabe, für die Stärkung der StadtbürgerInnenschaft und des sozialen Zusammenhalts sowie für nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Wandel vorhanden sind, auseinander. Welche politischen, wirtschaftlichen und planerischen Strukturen fördern eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen selbstorganisierten Initiativen, Politik und Verwaltung? Welche KomplizInnenschaften lassen sich auf lokaler Ebene schließen, um gemeinsam lebenswerte Stadtteile zu schaffen? Wie kann eine Ökonomie des Alltags aussehen, die lokale Strukturen stärkt, sinnstiftende Tätigkeit befördert und sich am Bedarf der Nachbarschaften orientiert? Welche Räume braucht eine lebendige Zivilgesellschaft? Die inhaltliche Reise geht vom Nordbahnviertel in Wien über das Kottbusser Tor und den Mehringplatz in Berlin, Brooklyn und die Kleinstädte Neuenglands bis zu den Comunas in Venezuela. Das Heft kann hier https://shop.derive.at/collections/einzelpublikationen/products/heft-73 bestellt werden.

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INTERVIEW MIT ULRIKE HAMANN UND SANY KALTENBORN<br />

BASISARBEIT<br />

an der DEMOKRATIE<br />

Ihr kämpft seit vielen Jahren als Teil der Initiative Kotti & Co<br />

gegen Mietsteigerung und Verdrängung am Kottbusser Tor.<br />

Was ist der Kotti eigentlich <strong>für</strong> ein Ort?<br />

Foto — Sandy Kaltenborn<br />

Die Mietergemeinschaft Kotti & Co in Berlin kämpft<br />

seit 2011 <strong>für</strong> bezahlbare Mieten im sozialen Wohnungsbau<br />

und die Re-Kommunalisierung der Sozialbauten<br />

am Kottbusser Tor in Berlin Kreuzberg.<br />

Mit ihrem Gecekondu 1 Protesthäuschen und dem<br />

Slogan I love Kotti ist sie zum Symbol <strong>für</strong> geeinten<br />

Widerstand und vielstimmigen Protest quer durch<br />

soziale und kulturelle Milieus geworden. <strong>dérive</strong> hat<br />

mit den MitbegründerInnen Ulrike Hamann und<br />

Sandy Kaltenborn über die Erfahrungen der Initiative,<br />

das Entstehen von <strong>Nachbarschaft</strong> und die<br />

Selbstermächtigung durch Protest gesprochen.<br />

Sandy Kaltenborn Während die meisten Leute bei Kreuzberg<br />

eher an die Gründerzeitbauten denken, ist das Kottbusser<br />

Tor durch Sozialbauten mit bis zu 12 Stockwerken aus den<br />

1970ern definiert – also einer Gebäudehöhe, die weit über die<br />

klassischen vier Gründerzeit-Etagen hinausgeht. Insgesamt gibt<br />

es hier um die 1.000 Wohnungen, die alle sozialer Wohnungsbau<br />

sind.<br />

Der Kotti ist einer der bekanntesten Orte in Berlin und<br />

über Berlin hinaus – mit einem eher schlechten Ruf. An<br />

diesem Ort, der räumlich durch eine große Kreuzung geprägt<br />

ist, laufen unterschiedliche Stränge zusammen: zum einen<br />

die Geschichte der Migration, sei es Arbeitsmigration oder<br />

Flucht – hier wohnen viele türkische und arabische Leute – und<br />

gleichzeitig ist es ein Ort, der als Tor zur Oranienstraße gelesen<br />

werden kann, einem der ehemaligen Zentren <strong>für</strong> Sub- und<br />

Gegenkultur. Eine starke Kunst- und Off-Kultur-Szene, die<br />

ihre Wurzeln in den 1970er/80er-Jahren hat, hat diesen Ort<br />

gleichermaßen geprägt. Einstürzende Neubauten oder »Schade,<br />

dass Beton nicht brennt« haben hier ihren Ursprung. Die<br />

Geschichte der HausbesetzerInnenbewegung ist ebenso präsent.<br />

Ein, zwei Straßen weiter stehen ehemals besetzte Häuser.<br />

Das Kottbusser Tor ist also ein Ort der Diversität, hier leben<br />

Leute aus verschiedenen Nationen, hauptsächlich arme Leute,<br />

aber auch zunehmend Menschen aus der Mittelschicht und reichere<br />

Leute. All das macht den Ort interessant.<br />

Ulrike Hamann Das Kottbusser Tor war einer der Ausgangspunkte<br />

<strong>für</strong> die geplante Umstrukturierung von Kreuzberg.<br />

Der Ort wird heute von sozialem Wohnbau umfasst,<br />

großen Blöcken, die in den 1970ern im Rahmen der sogenannten<br />

Kahlschlagsanierung gebaut wurden. Damals sollte der<br />

gesamte Altbaubestand abgerissen und durch Neubau ersetzt<br />

werden. Kreuzberg lag direkt am Rande West-Berlins knapp<br />

vor der Berliner Mauer, eine Gegend, die dem Abriss preisgegeben<br />

worden war. Es kam dann bekanntermaßen nicht dazu,<br />

weil sich viele gegen den Abriss der Gründerzeithäuser gewehrt<br />

hatten. Die behutsame Stadterneuerung hat hier ihren<br />

Ursprung. An diesem Punkt in den 1960/70ern beginnt auch<br />

die Migrationsgeschichte des Stadtteils, weil die Häuser leer<br />

standen und die VermieterInnen dachten, sie könnten migrantische<br />

Mieter als ZwischennutzerInnen zu überteuerten Mieten<br />

hereinholen, mit dem Kalkül, dass ihnen die MieterInnenrechte<br />

06<br />

<strong>dérive</strong> N o <strong>73</strong> — NACHBARSCHAFT

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