Das Erlebnis Journal 3_2016
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sport interview<br />
Denken Sie die ganze Zeit daran, dass dabei auch etwas Unterhaltsames<br />
rauskommen muss?<br />
Kahn: Der unterhaltende Aspekt gehört einfach dazu. Fußball ist ja auch<br />
Entertainment. Immer wieder eine gute Mischung zu finden aus fachlichen<br />
Aspekten und Unterhaltung für bis zu 30 Millionen Menschen – das ist<br />
nicht immer ganz einfach.<br />
Als Fußballexperte steht man mit seiner Meinung sofort im Fokus.<br />
Wie „gefährlich“ ist der Job eines Experten?<br />
Kahn: Man steht ja nicht nur im Fernsehen im Fokus. Vieles, was ich<br />
sage, wird auch über Social Media begleitet und bewertet. Ich bin da<br />
aber nicht so empfindlich. Möglicherweise hängt es damit zusammen,<br />
dass ich schon während meiner aktiven Zeit viele reale Shitstorms<br />
erlebt habe... Für mich ist das keine besondere Belastung. <strong>Das</strong> Bewerten<br />
ist einfach menschlich. Dem einen gefällt eben die Nase besser, dem<br />
anderen eher weniger. Damit muss man sich arrangieren.<br />
Junge Fußballer, die sich Beleidigungen bei Facebook ausgesetzt<br />
sehen, gehen damit vielleicht nicht so souverän um wie Sie?<br />
Kahn: Die Frage ist doch eher, ob sich die Medienarbeit für Fußballer<br />
der heutigen Generation verbessert oder verschlechtert hat. Also, aus<br />
meiner Sicht ist sie wesentlich unabhängiger geworden. Früher standen<br />
die Spieler in einer gewissen Abhängigkeit von bestimmten Medien.<br />
Da gab es drei, vier Leitmedien, die die Richtung vorgegeben haben.<br />
Heutzutage sind die Spieler von den klassischen Medien ziemlich<br />
unabhängig geworden.<br />
Warum?<br />
Kahn: Weil sie über Social Media mittlerweile ihre eigenen Kanäle<br />
bespielen können. Für manche Fußballer ist es heute wichtiger, was ihre<br />
Community meint, als dass, was die klassischen Printmedien schreiben.<br />
Trotzdem müssen die Spieler auch mit einem Shitstorm umgehen<br />
können. Im Grunde ist ein Shitstorm wie ein Gewitter. Es zieht auf,<br />
dann regnet es sich richtig ab und irgendwann ist es vorbei. Danach ist<br />
wieder blauer Himmel.<br />
Wie wurden Sie in Ihrer aktiven Zeit medial geschult?<br />
Kahn: Bei uns gab es noch keine mediale Schulung. Damals war alles<br />
noch ein bisschen originärer. <strong>Das</strong> heißt, man stand vor den Medien und<br />
hat dann schon mal einen Spruch rausgelassen wie „Wir brauchen Eier!“<br />
<strong>Das</strong> habe ich mal nach einem Spiel gegen Schalke gesagt. Da würde<br />
heute wahrscheinlich jeder Medienberater im Dreieck springen, wenn<br />
ein Spieler sowas sagt... .<br />
Themenwechsel: Ohne Technologie kommt die Euro <strong>2016</strong> nicht aus.<br />
Wie sehr sind Sie an der technologischen Entwicklung der Fußballübertragung<br />
interessiert?<br />
Kahn: Gerade was die Spielanalyse anbelangt, entwickeln sich die<br />
technischen Hilfsmittel permanent weiter. Ich muss aber auch sehr<br />
vorsichtig sein und differenzieren, was mir als Experte im Fernsehen<br />
wirklich etwas nützt. Welche Daten sind wirklich relevant? <strong>Das</strong> ist<br />
die entscheidende Frage nicht nur für mich, sondern auch für Vereine<br />
und Trainer.<br />
Gibt es Ihrer Meinung nach noch etwas zu verbessern bei der<br />
Präsentation von Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften?<br />
Kahn: Was die Übertragung von Fußball anbelangt, befinden wir uns<br />
bereits auf einem sehr hohen Niveau. Es ist erstaunlich, welche Daten<br />
der Zuschauer mittlerweile auch über die Second Screens zur Verfügung<br />
gestellt bekommt. Ich habe mir kürzlich die Übertragung von Augusta<br />
National angeschaut, das weltweit wichtigste Turnier im Golfsport.<br />
Da gab es die Möglichkeit, über einen Second Screen die Spieler zu<br />
beobachten: wie sie sich warmmachen, wie sie auf der Driving Range<br />
üben, wie sie Bälle schlagen. Bei der Verzahnung von dem, was ich im<br />
Fernsehen sehe mit den Second Screens ist noch eine Menge möglich.<br />
Die 37. Zeitlupe aus dem 54. Winkel hingegen hatten wir schon.<br />
Es wird weitere technologische Entwicklungen geben, wie den Chip,<br />
den man im Ball untergebracht hat. Oder Technologien in den Trikots,<br />
die bestimmte Daten von Spielern erheben. Da stellt sich auch wieder die<br />
Frage, was genau kann ich mit diesen Daten wirklich anfangen.<br />
Letzte Frage: Die Fußball-Welt wurde jüngst von etlichen<br />
Skandalen um die Fifa, um Doping-Vorwürfe und um Steuer-Tricks<br />
erschüttert. Sehen Sie es da auch als Ihre Aufgabe, Optimismus zu<br />
verbreiten innerhalb der Fußballnation?<br />
Kahn: Nein. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe, Optimismus zu verbreiten.<br />
Ich sehe es eher als meine Aufgabe, die Geschehnisse in<br />
Bezug auf den Fußball einzuordnen. Die Menschen haben heute Zugang<br />
zu unzähligen Informationen. Da kann es schon helfen, wenn ein<br />
Medium hilft, die Dinge einzuordnen. on<br />
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