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Werk6

Ausgabe 2016

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„Im Zentrum steht für mich immer das Generative“,<br />

erklärt Fischer. „Ich möchte mit der Programmierung<br />

von Kunst nicht nur irgendeine Arbeit erschaffen,<br />

sondern ein autonomes System.“ Was nach<br />

Science Fiction klingt, basiert auf einer einfachen Idee:<br />

„Bei einem Gemälde setzt der Künstler einen Strich neben<br />

den anderen. Erschaffe ich eine Software, kann ich<br />

dieser befehlen, sehr viele Striche auf einmal zu setzen.“<br />

Das Programm arbeitet also von alleine. Seine<br />

Software Schwarm zeigt ein feingliedriges, abstraktes<br />

Farbspiel, das durch fließende Bewegung und sekündliche<br />

Weiterentwicklung fasziniert.<br />

Software-Installationen gibt es auch in der DAM<br />

Galerie von Wolf Lieser – ein Loft mit strahlend weißen<br />

Wänden in einem Industriehof in Berlin-Mitte. Ergänzt<br />

wird die Galerie durch das virtuelle DAM Museum, das<br />

als Onlineportal parallel zur Webseite existiert. Dort<br />

präsentiert Wolf Lieser Infos zu seinen Künstlern und<br />

zur Entstehung der Kunstströmung. Denn damit Computerkunst<br />

in Zukunft eine Chance hat, muss auch die<br />

Geschichte dahinter verstanden werden. Erst vor Kurzem<br />

veranschaulichte die Whitechapel Gallery in London<br />

in der Ausstellung Electronic Superhighway die<br />

Entwicklung von digitaler Kunst seit den 60er-Jahren.<br />

„Vier Künstler präsentierten 1965 erstmals Computerkunst“,<br />

erzählt der 58-jährige Galerist. „Sie alle<br />

kamen ursprünglich aus der Wissenschaft.“ Im Februar<br />

1965 zeigte der Nürnberger Informatiker Georg Nees<br />

digitale Kunst an der Technischen Hochschule in Stuttgart.<br />

Eine weitere Ausstellung folgte im November,<br />

gemeinsam mit dem deutschen Mathematiker Frieder<br />

Nake. In New York stellte die Howard Wise Gallery fast<br />

FOTO: WWW.DANIELHOFER.COM (1)<br />

Links:<br />

Ausschnitt aus der Arbeit<br />

„Consume Consume“, zu finden<br />

auf Fischers VIMEO-Kanal<br />

Unten links:<br />

Bild aus der Serie „Brute Force<br />

Approach“ von 2013<br />

Unten rechts:<br />

„Second Nature“ – eine Serie,<br />

bestehend aus Video-Loops<br />

„ALLES, WAS ICH<br />

MACHE, HAT ETWAS<br />

MIT DER FORTLAUF-<br />

ENDEN VERÄNDERUNG<br />

DER GESELLSCHAFT<br />

ZU TUN“<br />

ANDREAS NICOLAS FISCHER<br />

/ DIGITALKÜNSTLER<br />

EINEN PROGRAMMCODE ASSOZIIERT MAN<br />

NICHT UNBEDINGT MIT ÄSTHETIK.<br />

WAS MACHT ALSO DEN REIZ VON DIGITALER<br />

KUNST AUS?<br />

Andreas Nicolas Fischer: Genau das, nämlich die Programmierung.<br />

Ein Code ist so ziemlich das neutralste<br />

Material überhaupt, denn es ist ein rein funktionaler<br />

Text aus Zahlen, Wörtern und Zeichen. Dieser ist<br />

im Gegensatz zu Farbe vorab nicht mit bestimmten<br />

Gefühlen oder Assoziationen aufgeladen.<br />

Erst der fertige Programmiercode, der<br />

das Bild ergibt, erschafft eine einzigartige<br />

und spannende Ästhetik.<br />

WAS BRAUCHT EIN DIGITAL-ART-<br />

KÜNSTLER ZUM ARBEITEN?<br />

Grundvoraussetzung ist natürlich ein großer<br />

Computer mit hoher Leistungsfähigkeit, vielen Grafikkarten<br />

und einem schnellen Prozessor. Ein Grafiktablett<br />

ist zudem von Vorteil. Darauf kann man mithilfe<br />

eines Stiftes malen – wie beim realen Zeichnen,<br />

nur eben digital. Ansonsten brauche ich für meine<br />

Arbeit eine Digitalkamera und einen Scanner.<br />

WAS SIND DIE THEMEN DEINER WERKE?<br />

Alles, was ich mache, hat etwas mit der fortlaufenden<br />

Veränderung der Gesellschaft zu tun. Durch die Industrialisierung<br />

und Digitalisierung wird dem Menschen<br />

die Arbeit immer leichter gemacht. Die zentrale<br />

Frage, die sich daraus ergibt, ist, was das für die Gesellschaft<br />

bedeutet. Das beobachte ich und setze es in<br />

meiner Kunst subversiv um, da ich das Mittel nutze,<br />

das ich gleichzeitig in Frage stelle: die Technik. Dadurch<br />

wird jedes Bild am Ende für mich zu einer Art<br />

Forschungsarbeit.<br />

GEHÖRT DIESE KUNST ZU EINER DIGITALEN<br />

GESELLSCHAFT?<br />

Natürlich. Dadurch, dass Technik in unserem Leben<br />

eine immer größere Rolle spielt, wird es auch in der<br />

Kunst ein immer größeres Thema. Die heutige Gesellschaft<br />

ist stark digitalisiert durch Entwicklungen wie<br />

Smartphones, die schnell zum Mainstream werden.<br />

Und es weiß so gut wie jeder, wie diese Technik funktioniert.<br />

Das führt wiederum parallel zu einem größeren<br />

Verständnis für digitale Kunst.<br />

IST ALSO UNSERE GENERATION DIEJENIGE,<br />

DIE DIGITALE KUNST ETABLIEREN WIRD?<br />

Ja, denn die Leute, die mit Super Nintendo und Co.<br />

aufgewachsen sind, haben ein viel natürlicheres Verhältnis<br />

zur digitalen Welt. Diese wird immer kommerzieller,<br />

sodass Sammler und Kuratoren denken, digitale<br />

Kunst ist der neueste Trend auf dem Kunstmarkt.<br />

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