die bank 08-2016
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ó FINANZMARKT<br />
Mangelnde Transparenz,<br />
hohe Risiken<br />
BANKENMARKT RUSSLAND Mit dem Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO)<br />
verbanden sich nicht nur für <strong>die</strong> deutsche Industrie, sondern auch für <strong>die</strong> Kreditwirtschaft Hoffnungen<br />
auf eine Verbesserung und Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen zu <strong>die</strong>sem großen<br />
Markt. Abgesehen von den aktuellen politischen Auseinandersetzungen mit Russland, <strong>die</strong><br />
bei den Marktteilnehmern zu größerer Vorsicht geführt haben, zeigt <strong>die</strong>ser Beitrag <strong>die</strong> grundsätzlichen<br />
Entwicklungen und Perspektiven des russischen Bankensektors nach dem WTO-Beitritt<br />
auf. Grigorii Feigin | Mario Straßberger<br />
Keywords: Bankensektor,<br />
Europa, WTO, Strategie<br />
Nach einer sehr langen, fast 19-jährigen<br />
Verhandlungsphase ist Russland am<br />
22. August 2012 Mitglied der Welthandelsorganisation<br />
(WTO) geworden. Seit dem<br />
gelten <strong>die</strong> WTO-Prinzipien auch für <strong>die</strong><br />
russische Volkswirtschaft. Russland hat<br />
<strong>die</strong>sen Schritt im Vergleich zu den meisten<br />
Transformationsländern relativ spät<br />
gemacht. Die meisten mittel- und osteuropäischen<br />
Staaten sind seit der zweiten<br />
Hälfte der 1990er Jahre Mitglieder der<br />
WTO. China ist seit 2001 WTO-Mitglied.<br />
Auch einige ehemalige GUS-Staaten (Kirgisien,<br />
Moldova, Georgien, Ukraine) sind<br />
der WTO deutlich früher beigetreten. Während<br />
der gesamten Verhandlungsphase<br />
gab es in Russland intensive Diskussionen<br />
über <strong>die</strong> Vor- und Nachteile der WTO-Mitgliedschaft<br />
für <strong>die</strong> russische Volkwirtschaft.<br />
Seit dem Beitritt ist noch relativ<br />
wenig Zeit vergangen, sodass momentan<br />
kaum konkrete Auswirkungen und Ergebnisse<br />
identifizierbar sind. Es ist jedoch<br />
von Interesse, <strong>die</strong> längerfristigen Entwicklungsperspektiven<br />
einzelner Branchen für<br />
<strong>die</strong> nächsten Jahre zu analysieren.<br />
Die Spezifik des russischen Bankensektors<br />
besteht darin, dass er im Laufe<br />
der Transformationsphase praktisch neu<br />
aufgebaut werden musste. In der vorherigen<br />
Planwirtschaft <strong>die</strong>nte das Bankensystem<br />
eher als Hilfsmittel zu Erfüllung<br />
der staatlichen Pläne. Die Gestaltung<br />
des neuen Bankensystems ist in erster<br />
Linie durch <strong>die</strong> Verabschiedung des „Gesetzes<br />
über <strong>die</strong> Banken und Banktätigkeit“<br />
vom 2. Dezember 1990 eingeläutet<br />
worden. Seit 1991 kam es zu intensiven<br />
Bankgründungen. So gab es schon 1994<br />
in Russland etwa 2.400 Banken. Viele<br />
davon verschwanden später wieder vom<br />
Markt. Mittlerweile hat sich das System<br />
bei etwa 1.000 und damit auf einer im<br />
Vergleich zu Deutschland geringen Zahl<br />
an Instituten stabilisiert. Dementsprechend<br />
ist der russische Bankenmarkt<br />
heute hoch konzentriert ” 1.<br />
Es ist offensichtlich, dass <strong>die</strong> russischen<br />
Kreditorganisationen den Sektor<br />
deutlich dominieren. Ausländische Institute<br />
sind in vergleichsweise geringem<br />
Maß vertreten. Das gegenwärtige Bankensystem<br />
Russlands ist dabei generell<br />
durch folgende Merkmale gekennzeichnet:<br />
Es weist eine stark oligopolistische<br />
Struktur bei einer ausgeprägten staatlichen<br />
Beteiligung auf. Die russischen<br />
Kreditinstitute leiden im Allgemeinen<br />
unter mangelnder Kapitalisierung. Die<br />
Politik ist in großem Maß auf den Schutz<br />
der Interessen der nationalen Kreditinstitute<br />
ausgerichtet. Eine Kontrollfunktion<br />
wird ausschließlich durch <strong>die</strong> Russische<br />
Zentral<strong>bank</strong> ausgeübt. Hinzu<br />
kommen einige neue Entwicklungstendenzen,<br />
<strong>die</strong> im Kontext des WTO-Beitritts<br />
Russlands relevant sind.<br />
Die Anzahl der bei der Russischen<br />
Zentral<strong>bank</strong> registrierten Banken ist in<br />
den letzten fünf Jahren um etwa 10 Prozent<br />
zurückgegangen. Viele Banken haben<br />
den russischen Markt verlassen,<br />
was auf verschiedene Gründe wie Kapitalabflüsse<br />
wegen der Finanzkrise, Restrukturierungen<br />
des Finanzsektors<br />
durch Fusionen und <strong>die</strong> Stärkung der<br />
Position der staatlichen Banken zurückzuführen<br />
ist. Einige Banken sind wegen<br />
problematischer Kredite nicht in der<br />
Lage, <strong>die</strong> Anforderungen der Zentral<strong>bank</strong><br />
Russlands in Bezug auf Kapitalvolumina<br />
zu erfüllen. Zudem wurden in<br />
den letzten Jahren deutlich weniger<br />
neue Banken gegründet.<br />
Hohe NPL-Quoten<br />
Das Verhältnis der Summe aller Bankaktiva<br />
zum Bruttoinlandsprodukt (BIP)<br />
weist in Russland in den letzten Jahren<br />
zwar eine steigende Tendenz auf, ist mit<br />
22 <strong>die</strong><strong>bank</strong> <strong>08</strong>.<strong>2016</strong>