die bank 08-2016
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ECHTZEITZAHLUNGEN<br />
Betrag erscheint zu gering<br />
óó<br />
Instant Payments, das „next big thing“ im Zahlungsverkehr, soll<br />
ab Ende 2017 blitzschnelle Überweisungen ermöglichen, rund um<br />
<strong>die</strong> Uhr werden maximal 15.000 € in höchstens zehn Sekunden<br />
transferiert. Aber wer braucht das wirklich? Oder, wie es Stefan<br />
Weinfurtner von Ibi Research auf den Punkt brachte: „Wie holt man<br />
den Kunden ins Boot?“ Das dürfte nicht einfach werden, zeigt eine<br />
aktuelle Stu<strong>die</strong> der Regensburger Forscher. Ein knappes Fünftel aller<br />
Befragten kann sich überhaupt nicht vorstellen, wozu man Instant<br />
Payments jemals nutzen sollte. Zwar glaubt eine Mehrheit an<br />
den potenziellen Nutzen von Echtzeitzahlungen, allerdings reicht<br />
den meisten <strong>die</strong> Geschwindigkeit der heutigen Prozesse im Alltag<br />
vollkommen aus. Der Bedarf muss also erst noch geweckt werden,<br />
und das gelingt nach einhelliger Meinung nur über den Point of Sale.<br />
Die vom Ibi befragten Geschäftskunden erkennen zwar zur Hälfte<br />
einen kurz- bis mittelfristigen Handlungsbedarf, für sie ist aber der<br />
verfügbare Betrag viel zu gering. Fraglich ist auch weiterhin, wie mit<br />
Instant Payments Geld ver<strong>die</strong>nt werden kann. Aus technischer Sicht<br />
sollten sich alle Beteiligten schon jetzt darauf einstellen, dass es<br />
nicht bei den aktuellen Modalitäten bleiben werde und direkt eine<br />
für <strong>die</strong> Zukunft geeignete, mengenresistente Infrastruktur aufbauen,<br />
empfiehlt etwa EBA-Generalsekretär Thomas Egner.<br />
ONLINE BANKING<br />
Sicherheitsklauseln wichtig<br />
óó<br />
Der Bundesverband deutscher Banken (BdB), der Bundesverband<br />
der Volks<strong>bank</strong>en und Raiffeisen<strong>bank</strong>en (BVR) sowie der Deutsche<br />
Sparkassen- und Giroverband (DSGV) wehren sich gegen <strong>die</strong> Feststellung<br />
des Bundeskartellamts, dass bestimmte Klauseln in den<br />
Online-Banking-Bedingungen kartellrechtswidrig sein sollen. Diese<br />
sind von den kreditwirtschaftlichen Verbänden ihren Mitgliedsinstituten<br />
zuletzt im Jahr 2009 empfohlen worden. Sie regeln unter<br />
anderem Geheimhaltungspflichten des Kunden hinsichtlich seiner<br />
PIN und TAN. Die Kartellbehörde meint, dass dadurch solche Online-<br />
Bezahl<strong>die</strong>nste am Markt ungerechtfertigt behindert würden, <strong>die</strong> PIN<br />
und TAN des Kunden nutzen. Die betroffenen Verbände werden<br />
Rechtsmittel gegen <strong>die</strong> Feststellungsverfügung vor dem Oberlandesgericht<br />
Düsseldorf einlegen. Die Banken und Sparkassen sind<br />
der Ansicht, dass <strong>die</strong>se Klauseln im Interesse der Kunden und der<br />
Kreditinstitute sind, weil sie alleine der Sicherheit des Online Banking<br />
und dem Datenschutz <strong>die</strong>nen. Sie regeln das Prinzip, dass der<br />
Kunden seine ihm vom Kreditinstitut zur Verfügung gestellte Online-<br />
Banking-PIN und -TAN vor dem Zugriff Dritter schützen soll. Ansonsten<br />
besteht <strong>die</strong> Gefahr, dass <strong>die</strong>se „Schlüssel zum Kundenkonto“<br />
für unberechtigte Zugriffe auf Kundenkontendaten und missbräuchliche<br />
Transaktionen eingesetzt werden.<br />
EINSATZ NEUER TECHNOLOGIEN ERÖFFNET MILLIARDENPOTENZIAL FÜR BANKEN<br />
Mit drei Bausteinen zur höheren Ertragsperspektive<br />
óó<br />
Die Lage der Retail-Banken war bisher privilegiert. Sie hatten<br />
dank eigener Filialnetze und Vertriebsstrukturen exklusiven Zugriff<br />
auf <strong>die</strong> Kundendaten, und der jahrzehntelange Aufbau von Knowhow<br />
sicherte ihnen das Erfahrungsprivileg in Sachen Technologie<br />
und Regulatorik. Die Kraft <strong>die</strong>ser Privilegien ist aber reduziert, denn<br />
<strong>die</strong> Geschwindigkeit, mit der sich Veränderungen durchsetzen, hat<br />
über <strong>die</strong> Jahre enorm zugenommen. Brauchte das Telefon noch 75<br />
Jahre, um bei 50 Millionen Nutzern anzukommen, bewerkstelligte<br />
Apples iPod <strong>die</strong>s in drei Jahren und eine beliebte App schafft solche<br />
Werte heute in nur 35 Tagen. Das Banking-Start-up Number 26<br />
konnte in nur einem Jahr 100.000 Kunden erreichen. Auf <strong>die</strong>se sich<br />
drastisch verändernden Rahmenbedingungen liefern <strong>die</strong> deutschen<br />
Banken bislang noch keine überzeugenden Antworten und haben<br />
zuwenig Ideen für <strong>die</strong> Gestaltung ihrer Zukunft, urteilt <strong>die</strong> Beratungsgesellschaft<br />
BCG in ihrer aktuelle Retail-Banking-Stu<strong>die</strong>. Die<br />
aktive Gestaltung der Zukunft erfordere eine andere Herangehensweise,<br />
schnelles Handeln und Innovationen. Rund zehn Mrd. €<br />
könnten <strong>die</strong> deutschen Retail-Banken allein durch aktive Preisgestaltung,<br />
neue Partnerschaftsmodelle, intelligentere Datennutzung<br />
und flexiblere Strukturen erwirtschaften, so BCG-Partner Holger<br />
Sachse. Die Analyse identifiziert drei Felder für zusätzlichen Ertrag:<br />
Preise, Partnerschaften und Daten. Angepasste Gebühren für Girokonten<br />
und Vorsorgeleistungen würden dabei helfen, Anreize im<br />
Kundenverhalten zu setzen und Einnahmen bis zu fünf Mrd. € versprechen.<br />
Durch neue Kooperationsmodelle mit FinTechs, Retail-<br />
Plattformen, Versicherungen und insbesondere Payments-Anbietern<br />
könnten Banken ihre Angebote ausweiten und den Ertrag steigern.<br />
Viel Hoffnung setzen <strong>die</strong> Berater auch auf <strong>die</strong> massiv gesteigerten<br />
Rechenleistungen und Big Data. Eine Mischung vorhandener<br />
mit weiteren externen Daten zum jeweiligen Kontext sei jederzeit<br />
möglich, und neue Algorithmen können aus anderen digitalen Interaktionen<br />
auf Banken angewendet werden, mit einem geschätzten<br />
Ertragspotenzial von bis zu 3,5 Mrd. €. Die Bemühungen der<br />
deutschen Banken zur Kosteneinsparung sieht Senior Partner Rüdiger<br />
Filbry durchaus, warnt aber, ein reiner Rückbau-Wettbewerb<br />
sei noch keine zukunftsträchtige Strategie: „Wenn <strong>die</strong> deutschen<br />
Banken nicht den Anschluss verlieren wollen, müssen sie jetzt wesentlich<br />
innovativer und agiler werden.“<br />
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