04.08.2016 Aufrufe

die bank 08-2016

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ó BANKING<br />

um. Das trifft nicht nur auf Millennials zu,<br />

sondern auch auf <strong>die</strong> Kundenschichten, <strong>die</strong><br />

über größere Anlagesummen verfügen.<br />

<strong>die</strong><strong>bank</strong>: Anders gefragt: Was spricht dagegen,<br />

mit ein bisschen eigener Finanzkompetenz<br />

und etwas Zeiteinsatz gängige und<br />

bereits kostengünstige ETF-Produkte online<br />

selbst zu ordern, statt einen Robo Advisor<br />

zu konsultieren?<br />

Mellinghoff: Gar nichts. Die Kundengruppe<br />

der Selbstentscheider wird auch weiterhin<br />

eigenständig Produkte ordern. Das ist<br />

aber nur eine sehr geringe Zahl von Kunden.<br />

Robo Advisors sind primär für jene<br />

Kunden gedacht, <strong>die</strong> etwas Anleitung und<br />

Führung wollen oder sich mit der Geldanlage<br />

nicht beschäftigen möchten. Mittelbis<br />

langfristig wird das Kernunterscheidungsmerkmal<br />

bei Robo Advisors nicht<br />

mehr der Preis sein, sondern buchbare Zusatzelemente,<br />

beispielsweise Sonderleistungen.<br />

Die Asset-Allocation-Dienstleistung<br />

wird Commodity – zumindest für<br />

niedrigere Anlagebeträge. Geld ver<strong>die</strong>nt<br />

wird mit Zusatzleistungen. Diese Entwicklung<br />

ist bereits in USA erkennbar.<br />

<strong>die</strong><strong>bank</strong>: Bislang fehlt es vor allem an<br />

Transparenz und konkreten Zahlen, um <strong>die</strong><br />

Geschäftsmodelle der Robo Advisors nachhaltig<br />

beurteilen zu können. Woran liegt<br />

das bzw. wird sich <strong>die</strong>s ändern, falls <strong>die</strong><br />

ersten Spieler eine belastbare Erfolgsgeschichte<br />

nachweisen können?<br />

Mellinghoff: Das ist ein interessanter<br />

Punkt. Robo Advisory steht unter anderem<br />

für Transparenz. Aber was <strong>die</strong> Offenlegung<br />

der Assets under Management angeht, sind<br />

<strong>die</strong> meisten Gründer sehr zurückhaltend.<br />

Das hat vor allem etwas mit Messbarkeit zu<br />

tun. Viele Gründer von Robo-Advisor-Modellen<br />

kommen aus der Finanzindustrie und<br />

hatten in der Vergangenheit eher mit Milliarden<br />

denn mit Millionen zu tun. Daher<br />

rührt <strong>die</strong> aus meiner Sicht falsche Scham,<br />

nun auf einmal mit niedrigen Volumina zu<br />

operieren. Aber selbst heutigen Branchenriesen,<br />

wie beispielsweise der DWS, ist es<br />

in den 1950er Jahren auch nicht mit einer<br />

Gründung aus dem Stand heraus gelungen,<br />

hunderte von Millionen an Anlegergeldern<br />

zu akquirieren. Das Geschäft mit der Geldanlage<br />

braucht Zeit. In den USA müssen <strong>die</strong><br />

Anbieter ihre Assets under Management<br />

und Kundenzahlen offen legen.<br />

<strong>die</strong><strong>bank</strong>: Laut Ihren Angaben beträgt das<br />

weltweit in neue Ansätze der Robo Advisory<br />

investierte Finanzvolumen rund 50 Mrd. US-$.<br />

Wer profitiert davon, wer nicht?<br />

Mellinghoff: Die Zahl von 50 Mrd. US-$ ergibt<br />

sich aus einfacher Addition der weltweit<br />

größten Robo Advisors. Davon profitieren in<br />

erster Linie <strong>die</strong> Kunden – durch erheblich<br />

niedrigere Gesamtkosten in ihrer Vermögensverwaltung.<br />

Wenn man – vereinfachend<br />

– davon ausgeht, dass <strong>die</strong> 50 Mrd.<br />

US-$ ihren Kunden jeweils 1 Prozent an<br />

Kosten sparen, dann sind das 500 Mio. US-$,<br />

fl Robo Advisory steht für Transparenz. Aber was <strong>die</strong> Offenlegung der Assets<br />

under Management angeht, sind <strong>die</strong> meisten Gründer sehr zurückhaltend.<br />

Das hat vor allem etwas mit Messbarkeit zu tun.<br />

<strong>die</strong> den Kunden weniger abgezogen werden<br />

– pro Jahr. Das bedeutet mit der eingesparten<br />

Summe nur eines Jahres könnte<br />

man fünfmal <strong>die</strong> Fassade des Berliner<br />

Stadtschlosses finanzieren. Die 50 Mrd.<br />

US-$ machen aber bisher nicht einmal 0,1<br />

Prozent des weltweiten Anlagevolumens<br />

aus. Das deutet an, wie riesengroß das Potenzial<br />

in <strong>die</strong>sem Segment für <strong>die</strong> Robo Advisors<br />

ist – und wie hoch der Schaden für<br />

bisherige Anbieter sein kann. In erster Linie<br />

profitieren also <strong>die</strong> Kunden. Ein weiterer<br />

Profiteur sind <strong>die</strong> Anbieter von ETF-<br />

Produkten, da <strong>die</strong> meisten der Robo Advisors<br />

ETF-basiert sind. Traditionelle Anbieter<br />

müssen mutig sein und eine Kannibalisierung<br />

ihrer bestehenden Angebote in<br />

Kauf nehmen. Wie groß der Kannibalisierungsgrad<br />

wirklich ist, ist schwer zu ermitteln.<br />

Die hohen Volumina und <strong>die</strong><br />

gleichzeitige Aufrechterhaltung des Angebots<br />

deuten jedoch darauf hin, dass das Geschäft<br />

auch für Banken interessant ist.<br />

<strong>die</strong><strong>bank</strong>: Von den weltweit geschätzt rund<br />

200 vorhandenen FinTechs mit Schwerpunkt<br />

Robo Advisory sind nur rund 50 in<br />

Europa angesiedelt. Gerät <strong>die</strong> europäische<br />

FinTech-Szene erneut in einen unaufholbaren<br />

Rückstand zu den USA?<br />

Mellinghoff: Nein, das sehe ich nicht. In den<br />

USA ist bekanntermaßen <strong>die</strong> Risikobereitschaft<br />

breiter Anlegerschichten höher als in<br />

Deutschland. Insofern ist es nicht überraschend,<br />

dass <strong>die</strong> USA das Robo-Mutterland<br />

sind. In Deutschland gibt es aktuell 15 Anbieter,<br />

<strong>die</strong> am Markt aktiv sind. Eine ähnlich<br />

hohe Zahl befindet sich im Stealth-Modus.<br />

Wir erwarten weiteres Wachstum und halten<br />

den deutschen Markt aus Robo-Sicht für<br />

interessanter als z. B. Großbritannien.<br />

<strong>die</strong><strong>bank</strong>: Wie sieht es mit Asien aus: Wird<br />

<strong>die</strong>ses Marktsegment auch den indischen,<br />

chinesischen und japanischen<br />

Markt erreichen?<br />

Mellinghoff: Absolut. In In<strong>die</strong>n gibt es aktuell<br />

mindestens 20 Robo Advisors. Zu Japan<br />

und China liegen nur lückenhafte Informationen<br />

vor, aber in verwandten Bereichen<br />

(z. B. Social Trading) existiert bereits<br />

eine Vielzahl von Anbietern. Es ist nur eine<br />

Frage der Zeit, bis sich erste Anbieter aus<br />

den USA oder Europa nach Asien aufmachen.<br />

Das Wachstum dort wird gewaltig<br />

sein, da <strong>die</strong> Affinität zu Smartphones um<br />

ein Vielfaches höher ist als bei uns. Der Erfolg<br />

des Alibaba-Geldmarktfonds gibt eine<br />

Indikation, wie das in China laufen kann.<br />

<strong>die</strong><strong>bank</strong>: Kommen wir zu Deutschland: Gibt<br />

es hierzu erste Zahlen, welche Ansätze und<br />

Spieler (z. B. Quirion, Moneymeets etc.) Erfolg<br />

versprechend sind? Oder ist es zu früh,<br />

42 <strong>die</strong><strong>bank</strong> <strong>08</strong>.<strong>2016</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!