die bank 08-2016
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
IT & KOMMUNIKATION ó<br />
Nach „Agile“ kommt<br />
„Devops“<br />
BANKEN-IT Zumindest im Privatkundengeschäft wurde zuletzt immer wieder prognostiziert,<br />
dass <strong>die</strong> klassischen Filial<strong>bank</strong>en auf Dauer nicht mit den innovativen, internetbasierten Ideen<br />
und Lösungen der FinTechs mithalten könnten – zumal ihre über Jahrzehnte gewachsene Software-Entwicklung<br />
schnelle und kundenorientierte Lösungen nicht mehr hervorbringe. Doch <strong>die</strong>ses<br />
Denken übersieht wichtige Punkte. Denn <strong>die</strong> Banken-IT ist weiter als viele denken. Prashant Kelker<br />
Keywords: Informationstechnologie,<br />
Organisation<br />
Ein Exkurs in <strong>die</strong> Automobilindustrie zeigt,<br />
warum Banken <strong>die</strong> Konkurrenz von Internet-Firmen<br />
wesentlich weniger zu fürchten<br />
haben als viele andere Branchen. Autoverkaufsportale<br />
verfügen mittlerweile über<br />
viel mehr Informationen über sämtliche<br />
Fahrzeugmodelle und <strong>die</strong> Käufer als <strong>die</strong><br />
Hersteller selbst, darunter Daten über tatsächliche<br />
Marktpreise, Preistendenzen,<br />
Käufervorlieben, Ausstattungsmerkmale<br />
und vieles mehr. Dieser Schatz an Big-Data-<br />
Informationen steht den Herstellern selbst<br />
nicht zur Verfügung, sodass sie <strong>die</strong>se für<br />
zusätzliche datengestützte Services rund<br />
um ihr eigentliches Produkt auch nicht nutzen<br />
können. Ähnliches gilt für den Entertainment-<br />
und Info-Bereich, in dem Apple<br />
und Google <strong>die</strong> Nase vorn haben und nicht<br />
<strong>die</strong> Insellösungen der Autokonzerne.<br />
Bei Banken hingegen stellt sich <strong>die</strong> Situation<br />
ganz anders dar, denn 80 Prozent des<br />
Bankgeschäfts sind letztlich Transaktionen.<br />
Und <strong>die</strong>se laufen über Hintergrundsysteme<br />
und nicht etwa über <strong>die</strong> Schirme<br />
von Smartphones oder Tablets. Das Gros<br />
der Daten verbleibt also bei den Banken,<br />
während <strong>die</strong> Erstellung mobiler Apps keine<br />
große Herausforderung mehr ist. Auch Finanzkonzerne<br />
stellen <strong>die</strong>se mittlerweile innerhalb<br />
weniger Wochen auf <strong>die</strong> Beine.<br />
FinTechs gehen in Banken auf<br />
Derzeit sind zwei Strategien im Bankenumfeld<br />
zu beobachten: Die einen Institute<br />
versuchen über eigene Easy-to-use-<br />
Angebote, Paypal & Co. das Wasser in<br />
ihren Online-Kanälen abzugraben. Die<br />
anderen kaufen <strong>die</strong> zu den eigenen Geschäftsmodellen<br />
passenden Start-ups<br />
einfach auf, wie es jüngst mehrfach geschehen<br />
ist.<br />
Doch nicht nur aufseiten der Daten<br />
(Big Data) üben Internet Companies<br />
Wettbewerbsdruck auf etablierte Großunternehmen<br />
aus, sondern auch über<br />
ihr abweichendes Vorgehen bei der Software-Entwicklung.<br />
Die jüngste Innovation<br />
in <strong>die</strong>sem Bereich nennt sich „Devops“,<br />
das steht für Development & Operations.<br />
Das Vorgehen erweitert den Ansatz<br />
der agilen Software-Entwicklung<br />
um den Betrieb. Zwar brachte „Agile“<br />
ein großes Plus an Schnelligkeit, Flexibilität<br />
und Kundenorientierung in <strong>die</strong><br />
Software-Entwicklung. Doch ihre eigentliche<br />
Bewährungsprobe bestehen auch<br />
<strong>die</strong> agil entwickelten Software-Produkte<br />
erst, wenn sie in Produktion gehen und<br />
der Markt über ihre Akzeptanz entscheidet.<br />
Wenn <strong>die</strong>ses Feedback allerdings<br />
nur zwei- oder dreimal im Jahr erfolgt,<br />
ist <strong>die</strong> während der Entwicklung gewonnene<br />
Geschwindigkeit und Kundennähe<br />
schon wieder dahin. Diese Erkenntnis<br />
führte zum Entstehen des Devops-Ansatzes,<br />
der neben der Entwicklung auch<br />
den Betrieb „agilisiert“.<br />
Software-Updates jeden Tag<br />
Devops zielt auf <strong>die</strong> radikale Verkürzung<br />
der Entwicklungszyklen, z. B. ein Update<br />
jeden Tag. Kommt eine Funktion am<br />
Markt nicht an, kann sie so am Folgetag<br />
einfach wieder abgeschaltet werden. Umgekehrt<br />
lassen sich Produktideen Schritt<br />
für Schritt erweitern, wenn sie bei den<br />
Anwendern auf Begeisterung stoßen: von<br />
der Idee in <strong>die</strong> Produktion innerhalb von<br />
24 Stunden und <strong>die</strong>s dann durchaus auch<br />
mehrmals. Dass <strong>die</strong>se kurzen Zyklen<br />
möglich sind, zeigen zahlreiche Unternehmen,<br />
darunter Google, Apple oder<br />
Amazon, <strong>die</strong> es zum Teil sogar auf mehrere<br />
Tausend Software-Releases pro Tag<br />
bringen.<br />
Wegen solcher Erfolgsgeschichten<br />
nimmt der Devops-Zug derzeit rasant<br />
Fahrt auf. Gestartet als Technologie, entwickelt<br />
sich Devops zu einer umfassend<br />
neuen Philosophie für <strong>die</strong> gesamte IT.<br />
Am Beispiel IT-Sicherheit lässt sich<br />
<strong>die</strong>s gut beobachten. Was nützen agile<br />
Entwicklung und Betrieb, wenn <strong>die</strong> Sicherheitsrichtlinien<br />
noch dem altbekannten<br />
Wasserfallmodell folgen und sich Sicherheitslücken<br />
erst nach Wochen oder<br />
Monaten schließen lassen? Demgegen-<br />
<strong>08</strong>.<strong>2016</strong> <strong>die</strong><strong>bank</strong> 75