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als PDF - Universitätsklinikum Leipzig

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US-Amerikaner: Das Jagd-U-Boot USS Hampton taucht unter dem Nordpol auf. Die Crew des<br />

Bootes hat ein Banner mit der Aufschrift North Pole (Nordpol) ins Eis gesteckt. Foto: U.S. Navy<br />

Er vermutet: „Es ist wohl ein Politikum.<br />

Die Russen würden es<br />

gern <strong>als</strong> Binnenmeer sehen.“ Sie<br />

wollen demnächst den wissenschaftlichen<br />

Nachweis bringen,<br />

dass der nach dem Universalgelehrten<br />

Michail Wassiljewitsch<br />

Lomonossow benannte 1800 Kilometer<br />

lange Unterwassergebirgskamm<br />

am russischen Festlandssockel<br />

hängt. Und damit<br />

ihr Gebiet ist. Dänemark und<br />

Kanada wollen beweisen, dass<br />

der Tiefseerücken zu ihren<br />

Schollen gehört, weswegen sie<br />

sich vor ein paar Jahren um die<br />

kleine Felseninsel Hans zwischen<br />

Grönland und Ellesmere<br />

stritten. Das kanadische Militär<br />

hisste eine Fahne, musste dafür<br />

sogar Steine mitbringen, damit<br />

ihr Ahornblattbanner auf dem<br />

Felsboden überhaupt hält. Die<br />

Dänen schickten prompt eine diplomatische<br />

Protestnote nach<br />

Ottawa.<br />

Seerechtler Uwe Jenisch von der<br />

Uni Kiel sieht solches Platzhirschgehabe<br />

belustigt und skeptisch.<br />

„Wenn der Lomonossowrücken<br />

zu einem Kontinent gehören<br />

sollte, dann müsste Island Ansprüche<br />

auf Gebiete am Südpol<br />

haben, weil es mit der Antarktis<br />

auf dem selben atlantischen Rücken<br />

liegt“, vergleicht er. Doch er<br />

sagt auch: „Der Besitz von Inseln<br />

ist sehr wertvoll, weil auch eine<br />

Insel immer eine 200-Meilen-Zone<br />

auslöst.“ Wer am Ende welches<br />

Gebiet zugeschlagen bekommt,<br />

entscheidet die Meeresbodenbehörde<br />

in Jamaika. Dort<br />

5<br />

Ausgabe 22 / 2. November 2007<br />

Gesundheit und mehr...<br />

… Großmächte auf der Jagd nach Rohstoffen<br />

begutachten 21 Geologen und Juristen<br />

die Anträge, die bis zehn<br />

Jahre nach Beitritt zum 1994 in<br />

Kraft getretenen Seerechtsübereinkommen<br />

eingereicht werden.<br />

Russland anerkannte 1999 die<br />

Verfassung der Meere, hat <strong>als</strong>o<br />

bis 2009 Zeit. Kanada kann bis<br />

2013 Gebietsansprüche anmelden<br />

und wissenschaftlich belegen.<br />

Die USA sind dem Vertrag<br />

bisher wegen großer Skepsis gegenüber<br />

UN-Behörden noch<br />

nicht mal beigetreten. Der Schritt<br />

steht aber unmittelbar bevor. Zu<br />

groß ist die Gefahr, bei einer<br />

eventuellen Gebietsvergabe leer<br />

auszugehen.<br />

„Bei ihren Ansprüchen müssen<br />

die Staaten mit Gesteinsproben,<br />

Karten und Gutachten den wissenschaftlichen<br />

Nachweis erbringen,<br />

dass das beanspruchte<br />

Gebiet an ihrem Festland<br />

Die 12-Seemeilen-Zone gehört<br />

zum Staatsgebiet, das jeweilige<br />

Land muss die friedliche<br />

Durchfahrt ziviler Schiffe dulden.<br />

Eine Seemeile sind 1852 Meter.<br />

Die Anschlusszone erstreckt<br />

sich bis 24 Meilen. Bis hierhin<br />

gelten Hoheitsrechte wie Zoll-,<br />

Steuer- und Einwanderungsbestimmungen.<br />

Die Ausschließliche Wirtschaftszone<br />

reicht 200 Seemeilen ins<br />

hängt“, erklärt Seerechtler Jenisch<br />

das komplizierte Verfahren.<br />

Trotz allen Säbelgerassels<br />

sei die Entscheidung letztlich eine<br />

geologische, <strong>als</strong>o eine wissenschaftliche<br />

und keine politische.<br />

Die Meeresbodenbehörde und<br />

die Festlandsockelgrenzkommission<br />

in New York sprechen eine<br />

„dringende Empfehlung“ aus, an<br />

die sich die Staaten zu halten<br />

haben. 2001 ist Russland bereits<br />

mit einem Gebietsanspruch auf<br />

den Nordpol abgeblitzt. „Bei<br />

Streitigkeiten entscheidet der<br />

UN-Seegerichtshof in Hamburg“,<br />

benennt der Jurist die letzte Instanz,<br />

die die Aufteilung des<br />

Nordpolgebietes besiegelt oder<br />

ablehnt.<br />

Inwieweit politische Aspekte dabei<br />

herausgehalten werden,<br />

wird sich zeigen. Zweifellos ist<br />

der moderne Ansturm auf den<br />

+++ Stichwort: Seerecht +++<br />

Meer. Die Staaten haben das alleinige<br />

Nutzungsrecht für alles,<br />

was im Meer und am Boden zu<br />

finden ist. Wer diese Ressourcen<br />

ebenfalls nutzen möchte,<br />

muss den Staat fragen.<br />

Unter bestimmten Bedingungen<br />

können bei den UN einige Hoheitsrechte<br />

von den Küstenstaaten<br />

beantragt werden, die sich<br />

auf Gebiete jenseits der Ausschließlichen<br />

Wirtschaftszone<br />

beziehen. Darüber befindet die<br />

Russen: Das Mini-U-Boot Mir (oben) bringt für Propagandazwecke eine russische<br />

Flagge auf den Grund der See unter dem Nordpol. Fotos: dpa<br />

Nordpol auch geostrategisch begründet.<br />

Es soll eine Eroberung<br />

für die Zukunft werden. Schon<br />

jetzt überwachen an den Küsten<br />

viele Militärbasen jede Bewegung<br />

im noch ewigen Eis. Und<br />

schlimmste Befürchtungen prophezeien,<br />

dass das Polarmeer<br />

bis zur nächsten Jahrhundertwende<br />

im Sommer eisfrei ist.<br />

Dann werden neue Schiffsrouten<br />

möglich. Die Strecke für Containerschiffe<br />

zwischen Europa und<br />

China verringert sich um mehr<br />

<strong>als</strong> ein Drittel. Doch trotz Erderwärmung<br />

und Eisschmelze<br />

bleibt der Titanic-Effekt. Die Riesenkähne<br />

müssen von Lotsen<br />

und Eisbrechern begleitet werden.<br />

Damit erschließen sich<br />

neue Geldquellen. Die Kanadier<br />

wollen einen Tiefwasserhafen<br />

bauen und ein Armeetrainingszentrum<br />

einrichten. Neben Containerschiffen<br />

könnten auch<br />

Internationale Meeresboden-Behörde<br />

in Kingston/Jamaika. Diese<br />

Gebiete können sich bis maximal<br />

rund 350 Seemeilen zur<br />

See hin erstrecken und tragen<br />

den Namen Juristischer Kontinent<strong>als</strong>chelf.<br />

In diesen Gebieten<br />

dürfen alle „nicht lebenden Bodenschätze“<br />

sowie alle sesshaften<br />

Arten wie Muscheln ausgebeutet<br />

werden. Den Erweiterungsantrag<br />

können Staaten<br />

stellen, die das Internationale<br />

Seerecht in Kraft gesetzt haben.<br />

Touristendampfer Station auf<br />

dem Weg ins Nordmeer machen.<br />

Es müssen <strong>als</strong>o nicht nur die<br />

Rohstoffe sein, die Menschen und<br />

Staaten im Hohen Norden zu<br />

Reichtum kommen lassen. Dies<br />

bewies der amerikanische Unternehmer<br />

Pat Broe aus Denver. Er<br />

kaufte 1997 den verfallenen Hafen<br />

Churchill in der kanadischen<br />

Hudson Bay. Für sieben Dollar.<br />

Viele erklärten ihn daraufhin für<br />

verrückt. Doch die alte Goldgräberseele<br />

kalkulierte, dass er jährlich<br />

hundert Millionen Dollar verdienen<br />

könne, wenn der Hafen<br />

für die arktische Schifffahrt ausgebaut<br />

sei, die mit dem Klimawandel<br />

zwangsläufig zunehmen<br />

würde. Broe gilt längst <strong>als</strong> Visionär<br />

und zeigt: Schnäppchen sind<br />

noch immer zu machen. Wenn<br />

die Möglichkeiten auch rar sind.<br />

Sie scheinen aber immer noch intelligenter,<br />

<strong>als</strong> auf vermeintlichem<br />

Niemandsland die Fahne<br />

zu hissen und „meins“ zu rufen.<br />

Was die Russen jetzt medienfreundlich<br />

getan haben, hat bisher<br />

in den seltensten Fällen wirklich<br />

zum Erfolg geführt. Zumindest<br />

seit die Vereinten Nationen<br />

die Gebietsansprüche regeln. Juristisch<br />

ist der polare Flaggenkampf<br />

ziemlich unbedeutend.<br />

Der Mount Everest wurde<br />

schließlich auch nicht britisches<br />

Hoheitsgebiet, nur weil Erstbezwinger<br />

Sir Edmund Hillary aus<br />

Neuseeland dort 1953 die Fahne<br />

des Empires am Eispickel flattern<br />

ließ. Andreas Friedrich

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