Nr. 7-8/2016
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INFO<br />
Sanierung eines Mehrfamilienhauses<br />
mit aktiver Glasfassade<br />
«vorher-nachher»: Das innerstädtische Wohnhaus mit integrierter Aktivfassade (Visualisierung mit fassadenintegrierter Photovoltaik) ist das Resultat einer umfassenden Erneuerung mit<br />
Aufstockung des MFH Hofwiesen-, Rothstrasse mit Baujahr 1982; Copyright: Viridén + Partner AG.<br />
Die nachhaltige Erneuerung des Siedlungsbereichs<br />
ist die nächste, grosse Herausforderung<br />
für das Energiesystem der Schweiz.<br />
Der Bund unterstützt daher den Umbau<br />
des innerstädtischen Mehrfamilienhauses<br />
«Hofwiesen-, Rothstrasse» als Leuchtturmprojekt.<br />
Die Gebäudeerneuerung beruht<br />
auf einem energetisch und städtebaulich<br />
gewinnbringenden Konzept; ein mehrjähriger<br />
Praxistest soll zudem aufzeigen, wie<br />
ein urbaner Gebäudebestand davon profitieren<br />
kann. Gemeinsam mit Vertretern des<br />
Bundes und des Kantons Zürich hat ein Konsortium<br />
privater Investoren und Unternehmen<br />
das nationale Leuchtturmprojekt mitten<br />
in der Stadt Zürich vorgestellt.<br />
Die Energiezukunft beginnt auch im urbanen,<br />
dicht besiedelten Kontext: In Sichtweite<br />
des Schaffhauserplatzes, mitten im Zürcher<br />
Stadtkreis 6, wird ein Wohnhaus mit neuartiger<br />
Glasfassade realisiert, die nebenher Energie<br />
produziert. Dafür wird erstmals ein Fassadensystem<br />
verwendet, das Energie in Form<br />
von Solarstrom erzeugt und das zudem optimal<br />
in das Gebäude und die innerstädtische<br />
Siedlungsumgebung integrierbar ist. Kernstück<br />
dieser Schweizer Premiere ist das Photovoltaikmodul<br />
(auf amorpher Silikatbasis) mit<br />
matter Oberfläche, dessen Farbe unterschiedlich<br />
gewählt werden kann. Zwar hebt sich die<br />
Materialisierung von den benachbarten, verputzten<br />
Hauswänden ab; doch der dezente,<br />
grau-grüne Farbton passt die erneuerte Fassade<br />
dennoch optisch in die Umgebung ein.<br />
Auch die Leistungswerte der innovativen Glasfassade<br />
überzeugen: Insgesamt erzeugen Fassaden-<br />
und Dachflächen so viel Solarstrom,<br />
dass die jährliche Energiebilanz für Bereitstellung<br />
des Raumklimas, Beleuchtung und weitere<br />
Anwendungen in den 30 Wohn- und Büroeinheiten<br />
positiv ausfällt und knapp ein<br />
Fünftel der Stromproduktion erwartungsgemäss<br />
als Überschüsse ins Stromnetz von ewz<br />
eingespeist werden kann. Die Fassade kann<br />
auch während den Übergangszeiten im Frühling<br />
und Herbst einen wesentlichen Beitrag<br />
zum Strombedarf der Mieterschaft und für<br />
die Gebäudeversorgung leisten (vgl. Grafik<br />
«Stromproduktion Dach und Fassade»).<br />
Die Herausforderung in der dezentralen und<br />
erneuerbaren Energieversorgung liegt vor allem<br />
darin, dass Solarstrom hauptsächlich in<br />
den Sommermonaten produziert wird, während<br />
der Verbrauch in den Wintermonaten<br />
meist höher liegt. Kombinierte Photovoltaik-Anlagen<br />
mit unterschiedlicher Ausrichtung<br />
können diese Divergenzen ausgleichen:<br />
Dachanlagen haben einen eindeutigen «Ertrags-Peak»<br />
im Sommer. Bei PV-Module an Gebäudefassaden<br />
sind die Einstrahlwinkel dagegen<br />
geringer; sie liefern im Jahresverlauf daher<br />
gleichmässigere Erträge, mit jeweils kleineren<br />
«Peaks» im Frühling respektive Herbst.<br />
Die Photovoltaikanlage auf dem Dach ist<br />
seit April in Betrieb; die Photovoltaikanlage<br />
an allen Gebäudefassaden wird im Mai in Betrieb<br />
genommen.<br />
Genügsames Erneuerungsvorhaben:<br />
Reduktion des Heizwärmeverbrauchs<br />
um 88 %<br />
Der Umbau des Mehrfamilienhauses wird aber<br />
nicht nur für die lokale Energieproduktion genutzt,<br />
sondern ist ebenfalls der passende Anlass,<br />
ein nachhaltiges und genügsames Energie-<br />
und Verdichtungskonzept umzusetzen.<br />
Dank der Erneuerung der Gebäudehülle mit<br />
optimaler Wärmedämmung und einer Wärmeversorgung<br />
mit effizienter Wärmepumpe wird<br />
der Heizenergiebedarf um 88 % reduziert. Das<br />
vierstöckige Eckhaus mit Baujahr 1982 konsumierte<br />
bislang 107 kWh/m², was in einen theoretischen<br />
Heizölbedarf von über 10 l/m² umgerechnet<br />
werden kann. Nach Erneuerung<br />
wird der Kennwert auf 13 kWh/m² gesenkt,<br />
was dem Niveau des Minergie-P-Gebäudelabels<br />
entspricht. Eine Zertifizierung ist jedoch<br />
nicht geplant. Trotz Aufstockung um zwei Geschosse<br />
(mit insgesamt 8 Wohnungen) und der<br />
«Stromproduktion Dach und Fassade»: Die fassadenintegrierten<br />
Photovoltaikpanele ermöglichen einen relativ hohen<br />
Ertrag auch in den Wintermonaten; Darstellung im zeitlichen<br />
Verlauf der Solarstromerzeugung und des Energieverbrauchs<br />
im erneuerten MFH Hofwiesen-, Rothstrasse; Angaben<br />
in kWh als Planungswerte; Quelle: Viridén + Partner AG.<br />
62 BAUEN HEUTE 7 – 8 | <strong>2016</strong>