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Vest im Leben 3

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K U L T U R B U N K E R<br />

guten Konditionen für eine junge Band. Zeit, die Sache selber in die Hand<br />

zu nehmen, befand Mörchen. Der leerstehende Luftschutzbunker, nur einen<br />

Steinwurf vom Jugendcafé Yahoo und der verschlafenen Innenstadt<br />

Waltrops entfernt, wirkte in Jan Mörchens Augen plötzlich nicht mehr wie<br />

eine verfallene Ruine, sondern wie eine Möglichkeit.<br />

Zusammentrommeln war die Antwort<br />

Wenig später schon stand er mit dem Besitzer, einem Essener Bauunternehmer,<br />

<strong>im</strong> Bunker und verhandelte. „Wenn, dann musst du aber den ganzen<br />

Bunker nehmen“, hieß es. Vereinsgründung, Spendensammeln, Leute<br />

zusammentrommeln und Loslegen waren die Antwort. Seitdem läuft die<br />

Kernsanierung.<br />

Wände einreißen, Geldnöte und rohe Z<strong>im</strong>mer zu tauglichen Proberäumen<br />

umwandeln – das sind nicht die einzigen Hürden, die es zu überwinden<br />

gilt. Denn wer in Deutschland bauen will, bekommt es mit einer ganzen<br />

Lawine von Vorschriften und Auflagen zu tun.<br />

Die fangen bei Brand- und Lärmschutzauflagen an und enden mit Parkplatzl<strong>im</strong>itierungen.<br />

„Wir mussten sogar den Bauschutt, den wir hinterm<br />

Gebäude zu einer Sichtmauer für die untersten Wohnungen der Nachbarn<br />

umfunktioniert haben, auf Asbest prüfen.“<br />

Gemeinnützig organisiertes Projekt<br />

Nun könnte man glauben, dass ein gemeinnützig organisiertes Projekt<br />

von und für junge Menschen mit Rückenwind der Lokalpolitik voran getrieben<br />

wird. Weil man froh ist, das sich etwas bewegt. Waltrop aber ist eine<br />

Stadt, in dessen Zentrum Kopfsteinpflaster die durchfahrenden Autos<br />

bremst – die Lokalpolitik ist aus ähnlichem Material geschaffen. „Die<br />

Stadt bietet uns keinen Support. Mehr als <strong>im</strong>mer neue Auflagen kommt<br />

aus der Richtung leider nicht.“<br />

Ähnliches gilt für einige der Nachbarn des Kulturbunkers, die mehr Ressent<strong>im</strong>ents<br />

als Euphorie für das Projekt hegen. „Man hat Angst vor Lärm<br />

und pöbelnden Jugendlichen. Dabei steht schon fest, dass aufgrund der<br />

Parkplatzsituation nur neun Proberäume entstehen, damit nicht zu viele<br />

Autos unserer Besucher die Nachbarschaft vollparken. Außerdem wurden<br />

unsere Öffnungszeiten auf 15 bis 21.30 Uhr beschränkt – damit nach 22<br />

Uhr keine Autotür mehr laut zufällt.“ Ganz normaler Bürokratiewahnsinn<br />

also. „Das ist normal in Deutschland. Ist halt Gesetz“, sagt Jan Mörchen<br />

mit beeindruckender Gelassenheit. „Und auch Skeptiker dürften bald bemerken,<br />

dass, wenn junge Leute zwei, drei Jahre an so ’nem Ding bauen,<br />

das keine Chaoten sein können, die nur einen Ort zum Saufen wollen.“<br />

Auf gute Nachbarschaft<br />

Gegen die Skepsis am Projekt kennt Mörchen ein gutes Mittel. „Einladen,<br />

zeigen, miteinander sprechen. Wir haben zum Tag der offenen Tür geladen<br />

und viele Nachbarn, vor allem viele der älteren Anwohner, zeigten sich begeistert<br />

und haben sich gefreut, dass hier endlich mal was passiert.“<br />

Dass etwas passiert, hat Waltrop dringend nötig, findet der Proberaumbauer.<br />

„Es tut sich schon was, es findet viel statt und es gibt Möglichkeiten<br />

für Bands, zu spielen. Nur gibt es keine Orte, wo diese Bands entstehen<br />

könnten. Eine Stadt braucht so etwas wie offene Proberäume, damit<br />

sich so etwas wie Szene bilden kann.“<br />

Nicht irgendwo, sondern hier in Waltrop<br />

Ein nobles Bestreben, das Jan Mörchen und der Verein Kulturbunker Waltrop<br />

verfolgen. Und auch, wenn man sich für die Verwirklichung des Projektes<br />

die Hände schmutzig machen und sich durch einen Bürokratiedschungel<br />

schlagen muss, ist es seiner Meinung nach die Sache wert.<br />

„Das sind jetzt drei Jahre Arbeit. Wenn in 20 Jahren hier <strong>im</strong>mer noch<br />

Bands Musik machen, bin ich glücklich. Es ist ja so: Die meisten Leute, für<br />

die wir das hier machen, kennen wir noch gar nicht. Aber auch die haben<br />

eine Chance verdient mit ihrer Band. Nicht irgendwo, sondern hier in Waltrop!<br />

Und vielleicht ist eine davon ja auch irgendwann meine Lieblingsband.<br />

Dann kann ich sagen: Die haben bei uns geprobt!“<br />

Alle Infos zu Spenden, Benefiz-Veranstaltungen, Vereinsmitgliedschaft<br />

usw. auf kulturbunker-waltrop.de<br />

Stahlträger werden <strong>im</strong> Bunker zusammengeschweißt<br />

Foto: Sebastian Mielke<br />

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