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ELTERN - KED

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BILDUNG HEUTE<br />

GLAUBENleben<br />

„Weg mit den<br />

Fünfen und<br />

Sechsen!“<br />

Dieser sehnliche Wunsch eines wahrscheinlich<br />

jugendlichen Sprayers<br />

schmückte lange Zeit die Hauswand unserer<br />

Jugendbüros in Münster. Die bunte<br />

Wand wurde übermalt, doch der Sprayer<br />

blieb hartnäckig. Inzwischen steht an<br />

dieser Stelle ein anderes Haus. Wenn<br />

ich dort vorbeikomme, erinnere ich mich<br />

gern an die vielen zugedeckten Wünsche.<br />

Hinter dem „Weg mit den Fünfen<br />

und Sechsen“ verbergen sich die Ängste<br />

vor Abwertungen und Niederlagen aller<br />

Art, die Angst vor Kränkung – ganz<br />

unten zu sein – nie auf einen grünen<br />

Zweig zu kommen – nicht geachtet zu<br />

werden – einfach nicht mitzukommen.<br />

Das gilt für Kinder, Jugendliche und<br />

Erwachsene.<br />

Jeder hätte es lieber, wenn er sich mit<br />

1,0 auf dem Siegertreppchen wieder<br />

finden könnte. Doch die Plätze auf dem<br />

Siegertreppchen sind rar. Sie füllen Gedankenwelten,<br />

ermöglichen Schlagzeilen,<br />

prägen Mentalitäten, sind reserviert<br />

für die Erfolgreichen und Schönen.<br />

Die Siegertreppchen und die Fünfen und<br />

Sechsen markieren überdeutlich den<br />

Unterschied zwischen unten und oben.<br />

Nach meiner Meinung wird es weiterhin<br />

Sieg und Niederlage geben. Die große<br />

16 <strong>ELTERN</strong>forum 3-2009<br />

Kunst ist es, damit umzugehen. „In der<br />

Niederlage zeigt sich, was ich für ein<br />

Mensch bin“, sagte mir ein Politiker.<br />

Wenn einer seine innere Unabhängigkeit<br />

nicht verliert, wenn er seine Selbstachtung<br />

bewahrt, nicht mit Geringachtung anderer<br />

reagiert, kann er weiterhin aufrecht<br />

an seinem Platz leben. Aber einfach ist<br />

das nicht! Auch der „Sieger“ bleibt nur<br />

lebendig, wenn er nicht „abhebt“ sondern<br />

in Augenhöhe Mensch unter<br />

Menschen bleibt.<br />

Notwendigkeiten – Fragen –<br />

Wünsche<br />

● Jedes Kind, jeder Schüler braucht die<br />

Chance, das zu entwickeln, was er<br />

kann, was ihm möglich ist. Alles andere<br />

ist unter seiner Würde. Alle Lehrpläne<br />

sind unter dieser Rücksicht mit<br />

Vorsicht zu behandeln.<br />

Eine Schule ist immer<br />

„Ressourcenschule!“<br />

● In der Welt von unten und oben ist es<br />

notwendig, eine Sprache einzuüben,<br />

die Wertschätzung und Achtung atmet,<br />

die ein Klima von Kränkung und<br />

Geringachtung verhindert. Auch – oft<br />

unbedachte – Worte können Waffen<br />

sein.<br />

● Eine hohe Kunst ist es, sich nicht klein<br />

und böse machen zu lassen. Das beschädigt<br />

die Würde und verführt dazu,<br />

anderen in die „Waden zu<br />

beißen“.<br />

● Wie kann ich eine Geisteshaltung einüben,<br />

die mich fühlen lässt, dass alle<br />

Menschen gleich groß und gleich klein<br />

sind? Denn zugewandte Worte ohne<br />

innere Achtung und Wertschätzung<br />

klingen hohl.<br />

● „Jede Fünf macht uns härter!“ – posaunt<br />

der Schüler und verbirgt dahinter<br />

seine Verwundbarkeit. Wie<br />

kann die Aufmerksamkeit wachsen<br />

für das, was sich hinter den Worten<br />

verbirgt? Welche Art von „Härte“ ist<br />

notwendig, welche Verhärtung<br />

verhindert Lebendigkeit?<br />

● „Gewinner“ und „Verlierer“ sind auf<br />

unterschiedliche Weise und in gleichem<br />

Maße bedürftig. Sie brauchen<br />

Wertschätzung, Kontakt, Nähe, um<br />

lebenstüchtige Menschen werden zu<br />

können.<br />

Aus meiner Sicht ist die Bibel ein<br />

kostbarer Schatz, der die Würde des<br />

Menschen und die Gleichheit aller Menschen<br />

in vielen Worten, Liedern und<br />

Bildern zum Ausdruck bringt. Niemals<br />

abgehoben und idealisiert, immer in<br />

Kontakt mit der konkreten, begrenzten<br />

Lebenswirklichkeit.<br />

Als die schwangere<br />

Maria ihre ebenfalls<br />

schwangere Verwandte<br />

Elisabeth besucht, wird<br />

Man kann sich nicht immer auf dem Siegertreppchen wiederfinden. Foto: Hofschlaeger/pixelio<br />

ihr ein Lied in den Mund gelegt. Darin<br />

heißt es u. a.:<br />

„Er vollbringt mit seinem Arm macht<br />

volle Taten: Er zerstreut die im Herzen<br />

voll Hochmut sind;<br />

Er stürzt die Mächtigen vom Thron und<br />

erhöht die Niedrigen.<br />

Die Hungernden beschenkt er mit seinen<br />

Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.<br />

Er nimmt sich seines Knechtes Israel an<br />

und denkt an sein Erbarmen,<br />

das er unsern Vätern verheißen hat,<br />

Abraham und seinen Nachkommen auf<br />

ewig. (Lk 1,51-55)<br />

Heinz Withake<br />

Heinz Withake ist seit Mai 2006 Geistlicher Beirat<br />

der <strong>KED</strong> und war zuletzt stellv. Leiter der<br />

Hauptabteilung Schule im Generalvikariat Münster

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